PORTRAIT Den Beruf des Augenoptikers kann man bekanntlich auf unterschiedlichste Weise ausüben. Viele machen vieles gleich oder ähnlich, aber manche gehen neue und andere Wege, mit Mut zum Risiko und dem Willen, ausgetretene Pfade zu verlassen. Solche Unternehmerpersönlichkeiten portraitiert EYEBizz in jeder Ausgabe. Dieses Mal ist es STEFAN LAUERMANN, FÜRTH RICHTUNGS LESHCEW 66 E Y E B I Z Z // 1 . 2 0 1 2 DAS KASTNER BRILLEN HAUS in Fürth ist ein Traditionsbetrieb mit 150-jähriger Geschichte. In den vergangenen fünf Jahren wurde das Unternehmenskonzept erfolgreich vom Generalisten zum Qualitätsführer in der fränkischen Städteregion Nürnberg-Fürth-Erlangen umgebaut. Gerade noch rechtzeitig - denn zuvor hätte sich das renommierte Unternehmen beinahe in einer Billig- und Massenmarktstrategie verirrt. Als sich Stefan Lauermann im Jahr 2005 entschied, den Beruf des Augenoptikers zu ergreifen und als Auszubildender in das väterliche Unternehmen eintrat, war vieles noch anders als heute. Bis dahin hatte sein Vater und Inhaber Peter Lauermann noch gehofft, mit dem traditionell-generalistischen Auftritt des Geschäfts sämtlichen Kundengruppen gerecht werden zu können. Als er jedoch merkte, dass er immer mehr Aufwand treiben musste, um preisorientierte Kunden bei der Stange zu halten, wurde er nachdenklich. Was war passiert? „Die letzte Gesundheitsreform mit ihrer endgültigen Herausnahme der Brille aus der Kassenleistung hat Ende 2003 der Polarisierung des Augenoptikmarktes den entscheidenden Stoß versetzt“, erinnert sich Juniorchef Stefan Lauermann. „Damals redete man uns noch ein, dass wir unsere Position dauerhaft nur mit preisaggressiven Angeboten sichern könnten, zum Beispiel mit individuell gefertigten Lesebrillen für 9,90 Euro. Das brachte zunächst zwar Frequenz, aber die Rendite litt jedoch spürbar.“ Die Werbekosten explodierten - was nicht weiter störte, solange der Laden voll war. Dieser Effekt ließ im Laufe der Zeit jedoch bedrohlich nach. Also wurde eben die Werbung intensiviert. „Aber ab da war uns klar, f „MAN REDETE UNS EIN, DASS WIR UNSERE POSITION DAUERHAFT NUR MIT PREISAGGRESSIVEN ANGEBOTEN SICHERN KÖNNTEN, ZUM BEISPIEL MIT INDIVIDUELL GEFERTIGTEN LESEBRILLEN FÜR 9,90 EURO“ dass das auf Dauer nicht funktionieren würde“, erinnert sich der Fürther Unternehmer. Stefan Lauermann beschreibt damit eine Angebotstaktik, die viele Augenoptikbetriebe bis heute verfolgen – in der Hoffnung, damit einstige Auftragsmengen zurückerobern zu können. Denn auffällige Massenwerbung im Verbund mit preisaggressiven Angeboten Die Brille für Männer MAN MUSS SICH EINE MENGE EINFALLEN LASSEN, UM AN EINEM STANDORT WIE DIESEM ERFOLGREICH ZU SEIN Jürgen Klopp Fußballtrainer WWW.EYEBIZZ.DE 67 PORTRAIT AUFFÄLLIGE MASSENWERBUNG IM VERBUND MIT PREISAGGRESSIVEN ANGEBOTEN ERWECKT DURCHAUS DEN ANSCHEIN EINES ERFOLGSKONZEPTES, DAS DEN AUGENOPTIKMARKT ZU BEHERRSCHEN SCHEINT „WIR ERZIELEN VERKAUFSERFOLGE, VON DENEN WIR FRÜHER NICHT EINMAL ZU TRÄUMEN WAGTEN“ erweckt durchaus den Anschein eines Erfolgskonzeptes, das den Augenoptikmarkt zu beherrschen scheint – aber das ist im wahrsten Sinne des Wortes eine optische Täuschung. Auch wenn solche Konzepte bei reinen Handelsunternehmen wie den bekannten Elektronikriesen funktionieren mögen, sieht die Realität in einer dienstleistungsintensiven Branche wie der Augenoptik anders aus: Unprofitable Preisschlachten zum Gewinnen von Neukunden strapazieren die Werbebudgets mittelständischer Einzelbetriebe ganz erheblich. Diese Kosten treiben die betriebswirtschaftliche Bilanz unaufhaltsam in die Verlustzone, denn die Dosis für die gewünschte Wirkung muss ständig erhöht werden – vom schwer zu reparierenden und oft dauerhaften Imageschaden einmal ganz abgesehen. Das Fürther Brillen Haus hat glücklicherweise noch rechtzeitig den Absprung aus dieser Spirale geschafft – und ist nach einem intensiven Wandlungsprozess heute erfolgreicher denn je. Zugute kam dem aus Vater und Sohn bestehenden Führungsduo, dass grundlegende traditionelle Werte wie Einsatzbereitschaft, Anspruch und Kundenorientierung auch während der Billigangebotsphase nie verloren gegangen waren. Schon immer habe der Traditionsbetrieb mit all seinen Mitarbeitern vornehmlich für Qualität und Leistung gestanden. Stefan Lauermann fügt schmunzelnd hinzu: „An sichtbaren Merkmalen wie Außenfassade und Ladeneinrichtung hat sich noch nicht viel geändert, in unseren Köpfen jedoch vieles.“ Was aber hat die beiden Unternehmer in ihrem Entschluss zum Strategiewechsel be- BEI UNPROFITABLEN PREISSCHLACHTEN ZUM GEWINNEN VON NEUKUNDEN MUSS DIE DOSIS FÜR DIE GEWÜNSCHTE WIRKUNG STÄNDIG ERHÖHT WERDEN stärkt? „Natürlich haben eigene Erkenntnisse und finanzieller Leidensdruck dazu geführt, den Kurs zu ändern – aber nicht nur“, bilanziert der ruhige Franke. „Damals kamen wir mit der Firma Tameling Consulting aus der 68 E Y E B I Z Z // 1 . 2 0 1 2 OPTIK KASTNER GMBH MOSTSTR. 1, 90762 FÜRTH TEL. 0911-776673, FAX 0911-776545 WWW.KASTNER-BRILLEN.DE; EMAIL: [email protected] KENNEN SIE... Nähe von Köln in Kontakt, die auf die Unterstützung augenoptischer Qualitätsbetriebe spezialisiert ist. Schon in den ersten Gesprächen gewannen wir die nötige Sicherheit, die neue Strategie auch geradlinig zu verfolgen.“ Die Zusammenarbeit begann zunächst jedoch nicht beim Marketing, sondern bei der Mitarbeiterführung: „Stärken nutzen, Potenziale ausschöpfen, Leistungen anerkennen“ waren zu Anfang die wichtigsten Themen. Plötzlich wehte ein neuer Geist durch die Räume, alle Mitarbeiter trugen dieses Konzept voll und ganz mit; jeder Einzelne war mit seinem Wissen und Können wieder viel gefragter als zuvor. STRATEGIEWECHSEL SIND ERFOLGREICH, WENN SIE RECHTZEITIG, KONSEQUENT UND MIT KLAREN ZIELEN ERFOLGEN „Schrittweise haben wir uns dann vom Massenmarketing verabschiedet und auf gezieltes Marketing umgestellt“, erläutert Lauermann. Die Billigkäufer seien dann zwar mehr und mehr weggeblieben. Sie hatte in den Jahren zuvor nur der Preis gelockt, nicht aber die besonderen Fähigkeiten und Leistungen des Unternehmens. Aber damit konnten sich die Mitarbeiter wieder viel intensiver auf die Qualitätskäufer konzentrieren. Der Umsatz wuchs von Jahr zu Jahr. Unterm Strich wirkte sich der Strategiewechsel messbar aus; die Rendite stimmt seitdem wieder. Ein Strategiewechsel ohne Umsatz- und Gewinneinbußen hört sich unglaublich an. „Aber genau das war der Fall“, freut sich der kaum 30 Jahre alte Jungunternehmer. „Wenn wir das vorher geahnt hätten, wären wir schon früher umgestiegen. Es macht richtig Spaß! Wir haben Erfolg und bleiben weiter am Ball. Seit zwei Jahren planen wir mithilfe unserer Berater auch unser Sortiment und fördern damit das qualitative Wachstum unseres Fassungsangebotes. So erzielen wir Verkaufserfolge, von denen wir früher nicht einmal zu träumen wagten.“ WWW.EYEBIZZ.DE ...auch einen Kollegen, dessen außergewöhnliche unternehmerische Leistungen so interessant sind, dass sie in EYEBizz vorgestellt werden sollten? Oder sind Sie am Ende selbst einer? Schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an: Tel. +49 7735-9191957 oder eMail: [email protected] Die Inanspruchnahme externer Unterstützung sieht Stefan Lauermann jedenfalls nicht als Beweis eigener unternehmerischer Unzulänglichkeit, sondern als Vorteil: „Einzigartig sind die umfassende Beratung und das perfekte Coaching zu sämtlichen Themen der Betriebsführung“, fasst er zusammen. „Unsere langjährigen Berater haben unsere Anforderungen als Qualitätsführer mit viel Knowhow und Erfahrung erfüllt.“ Im Jahr 2011 führte Kastner Brillen Haus erstmals eine systematische Kundenbefragung durch, um herauszufinden, welche Stärken die Brillenkäufer an diesem Unternehmen besonders schätzen. Das so erworbene Wissen über die Kompetenzen, die bei den Kunden hoch im Kurs stehen, soll künftig noch gezielter für strategische Maßnahmen eingesetzt werden. Auf der Basis der Befragungsergebnisse hat der Betrieb überdies sein neues Leitbild formuliert, an dem selbstverständlich auch alle Mitarbeiter beteiligt sind. Das gibt genügend Motivation, auch die Herausforderungen der nächsten Jahre positiv anzunehmen. Die Erkenntnis der Fürther AugenoptikUnternehmer nach vielen Gesprächen und Maßnahmen kann beispielhaft auch für viele Kollegen gelten: Strategiewechsel sind erfolgreich, wenn sie rechtzeitig, konsequent und mit klaren Zielen erfolgen. Stabile Säulen in diesem Prozess entstehen durch das Besinnen auf ureigene Fähigkeiten und Stärken sowie durch verlässliche Kooperation mit branchenerfahrenen Experten. // Perfekter Durchblick für Sportler mit Sehschwäche Von +6,00 bis -8,00 bietet b-thin active design optische Lösungen für 99% aller Brillenträger Gläser bis zu 45% leichter und 72% dünner HANS-ULRICH MEISSNER (57 ist Fachautor für betriebswirtschaftliche Themen. Darüber hinaus ist er auf Beiträge zum Zeit- und Aufgabenmanagement für Selbständige und Unternehmer spezialisiert, die regelmäßig in den Publikationen eines deutschen Wirtschaftsverlages erscheinen. Kontakt: [email protected] 69 www.bolle.com