Wie ein Norn denkt - Open Creatures Stuff License

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Wie ein Norn denkt
Erstmal ein paar Hinweise: Dies ist nur eine kurze Übersicht über die grundlegende
Funktion eines Nornhirns. Ich werde hier weder auf die Feinheiten eingehen, noch den
Grund für einige Verhaltensweisen genau beschreiben. Wer eine ausführlichere
“Dokumentation” sucht und der englischen Sprache mächtig ist, dem kann ich nur das
Buch “Creation - Life and how to make it” von Steve Grand empfehlen (ISBN 0-75381277-0).
Die Bausteine eines Nornhirns...
Neuronen: Ein Neuron ist zunächst einmal eine Speicherstelle im Arbeitsspeicher des
Computers. Es kann verschiedene Zustände annehmen (alle Zahlen von 0 bis 255). Um
die Sache etwas komplizierter zu machen kann ein Neuron ab Creatures 2 (?) mehrere
solcher Werte bzw. Zustände haben. Es entspricht also quasi mehreren herkömmlichen
Neuronen übereinander. Ein Neuron alleine macht nicht sonderlich viel Sinn. Diesen
bekommt es nur in Gruppen und in Verbindung mit...
Dendriten: Dendriten sind gewissermaßen “Kabel”, welche Neuronen untereinander
verbinden. In der Praxis bedeutet das, dass ein Dendrit, welcher Neuron A mit Neuron B
verbindet, in dieser Richtung eine Art “Weitergabe” der Zustände von Neuron A bewirkt.
Wird ein Zustand von Neuron A auf einen hohen Wert wie zum Beispiel 200 gesetzt, so
wird auch der entsprechende Wert von Neuron B um einen bestimmten Faktor
multipliziert mit 200 (in diesem Fall) erhöht. Wenn Neuron B bereits vorher aktiv war (=
einen Wert > 0 hatte), dann wird der Wert 200 mal den Faktor zu der aktuellen Aktivität
addiert (wie diese Rechenoperationen genau aussehen weiß ich nicht, die Multiplikation
und Addition kommt dem echten Verhalten aber nah). Der “bestimmte Faktor” hängt
dabei ab von der Stärke des Dendrits. Je stärker ein Dendrit also ist, desto stärker wird
auch die Aktivität der verbundenen Neuronen weitergeleitet. Solch eine Weiterleitung
funktioniert übrigens immer nur in einer Richtung. Der Wert von Neuron B würde in
unserem Beispiel also nicht verändert werden.
Lobes: Eine Lobe ist eine Ansammlung von Neuronen. Die verschiedenen Lobes sind
untereinander mit Dendriten verbunden. Die genauen Eigenschaften der Neuronen wird
jeweils für eine Lobe festgelegt, sie sind innerhalb dieser also immer gleich.
...und deren Verhalten
Neuronen: Neuronen werden, wenn sie durch mit ihnen verbundenen Dendriten angeregt
werden, auf ein höheres Aktivitätslevel gehoben. Auf diesem bleiben sie nicht unbegrenzt
lang, sondern dieses Aktivitätsniveou sinkt mit der Zeit wieder. Es kann außerdem
Neuronen geben, welche nur dann aktiviert werden, wenn ALLE mit ihm verbundenen
Dendriten eine Aktivität zeigen. Man spricht dann von einer UND-Logik.
Dendriten: Das genaue Verhalten der Dendriten ist nicht immer gleich. Besonders ab
Creatures 3 kann dieses extrem individuell konfiguriert werden. Der häufigste Typ von
Dendriten verhält sich aber folgendermaßen: Ein Dendrit hat einen wesentlichen Wert:
Die Stärke. Die Stärke eines Dendrits gibt an, wie stark ein Signal durch ein Dendrit
abgeschwächt oder verstärkt wird. Bei Creatures kann diese Stärke auch Negativ sein.
Dadurch kann ein aktives Dendrit die Aktivität des mit ihm verbundenen Neurons auch
verringern, also mit einem negativen Wert addieren. Die Stärke der Dendriten verändert
sich ständig. Hierzu existieren die beiden Chemikalien “Belohnung” und “Bestrafung”.
Diese lassen sich bei Norns auch “manuell erzeugen”, indem man den Norn kitzelt oder
ihm einen Klapser gibt. Außerdem werden sie von verschiedenen so genannten Stimuli
und durch die Senkung bzw. Steigerung von (negativen) Trieben wie zum Beispiel
Hunger hervorgerufen. Im Normalfall führt nun die Chemikalie “Belohnung” dazu, dass
die Stärke der Dendriten erhöht wird. Die Chemikalie “Bestrafung” verringert diese, bis
sie schließlich einen Wert von unter Null erreicht hat. Um es nicht ganz so einfach zu
machen (und um die Intelligenz der Norns wesentlich zu erhöhen) wird die Stärke nur
dann auf diese Weise verändert, wenn der Dendrit vor kurzer Zeit noch aktiv war. Die
“Empfindlichkeit” auf diese Chemikalien steigt also bei einer Aktivität des Dendrits und
sinkt dann langsam wieder mit der Zeit.
Lobes: Hier will ich nur eine besondere “Funktion” von Lobes in Creatures beschreiben:
Die so genannte “Winner takes it all” oder kurz WTA Funktion. Die bewirkt, dass immer
nur ein einziges Neuron in einer Lobe aktiv sein kann. Dieses Neuron ist immer das,
welches die höchste “eigentliche” Aktivität aufweist. Die Aktivität aller anderen
Neuronen wird dann unterdrückt, so dass nur ein Neuron als aktiv verbleibt (deshalb der
Begriff “eigentliche” Aktivität, also die Aktivität, die ein Neuron hätte, wenn es nicht
unterdrückt werden würde).
Aufbau und Funktionsweise
Sense
Conception
Decision
Verb
Noun
Attention
Senselobe: Hier kommen alle Sinneseindrücke und Wahrnehmungen des Norns an. Ein
bestimmtes Neuron könnte zum Beispiel bedeuten “ich sehe ein Spielzeug” oder “ich
habe Hunger”. Insbesondere bei Creatures 3 ist diese Lobe in mehrere kleinere Lobes
aufgeteilt. Bei Creatures 1 hatte sie 128 Neuronen, was 128 verschiedenen
Sinneseindrücken entspricht. Inzwischen dürften es noch deutlich mehr sein.
Decisionlobe: Diese Lobe ist für die Entscheidungsfindung zuständig. Sie nutzt dazu die
“Winner takes it all”-Funktion. Ein Neuron in dieser Lobe steht zum Beispiel für “essen”,
“näherkommen” oder “schlafen”.
Attentionlobe: Hier wird festgelegt worauf der Norn gerade achtet. Auch diese Lobe
nutzt die WTA-Funktion. Immer wenn ein Objekt in der Nähe des Norns irgend ein
Signal auslöst (das kann ein Geräusch oder eine Bewegung sein), dann wird in dieser
Lobe ein Neuron aktiviert. Ein Neuron hier steht somit zum Beispiel für “Spielzeug”,
“Nahrung” oder “Fahrstuhl”.
Noun- und Verblobe: Sicherlich ist auch dir schon aufgefallen, dass Norns immer
(ähemm) super gehorchen. Das liegt an diesen beiden Lobes. Sie reagieren auf
Äußerungen der Hand in der Nähe des Norns und beeinflussen damit die Entscheidungsund Attentionlobe. Dass Norns in der Realität doch nicht immer gehorchen liegt an den
Dendriten, die diese Lobes mit der Attention- bzw. Entscheidungslobe verbinden. Gibt
man dem Norn nämlich häufig schlechte Ratschläge (Chemikalie “Bestrafung” wird
produziert), so werden diese Verbindungen geschwächt und der Norn hört nicht mehr auf
einen.
Conceptlobe: Wieso diese Lobe ganz am Schluss? Weil sie am kompliziertesten ist und
einige Besonderheiten hat. Sie nimmt die verschiedenen Inputs aus der
Wahrnehmungslobe (Senselobe) entgegen und verknüpft diese (UND-Verknüpfung!). Bei
Creatures 1 und 2 (bei 3 bin ich mir nicht sicher) kann ein Neuron in dieser Lobe mit 1-3
Neuronen aus der Wahrnehmungslobe verbunden sein. Es werden also maximal drei
Ereignisse logisch verknüpft. Ein Neuron in dieser Lobe bedeutet dann zum Beispiel “ich
sehe Nahrung UND ich habe Hunger” oder “ich sehe ein Wesen UND es kommt näher
UND es ist ein Grendel”. In letzterem Fall wäre es zum Beispiel sinnvoll wegzulaufen,
während in ersterem die Aktion “essen” eine gute Reaktion darstellen würde. Hierzu ist
jedes Neuron aus der Conceptlobe wiederum mit mindestens einem Neuron der
Entscheidungslobe verbunden. Diese Dendriten können auch negative Stärkewerte
annehmen um so auszudrücken was in einer Situation NICHT getan werden soll/darf. In
dieser Verbindung liegt gleichzeitig die Fähigkeit der Norns zu verallgemeinern. Da es
immer auch ein paar Neuronen gibt, welche nur mit einem Neuron der
Wahrnehmungslobe verbunden sind, können diese Neuronen für eine Art “Idee was zu
tun ist” in neuen bisher unbekannten Situationen dienen. Diese Lobe umfasst bei C1 640
Neuronen und ist damit die mit Abstand größte Lobe. Leider ist das immer noch deutlich
zu wenig um alle möglichen Situationen im Leben eines Norns zu speichern. Hier kommt
eine weitere Besonderheit dieser Lobe zum Zuge: Von der Senselobe kommende
Dendriten können, wenn sie eine Stärke ähnlich 0 haben, abgebaut werden und durch
andere Verbindungen ersetzt werden. So werden Situationen (bzw. Kombinationen von
Wahrnehmungen), die nicht sonderlich wichtig zu sein scheinen, aus dem Gedächtnis
verbannt und nur diejenigen, welche mit hoher emotionaler Regung (= “Belohnung” oder
“Bestrafung”) verbunden sind, auf Dauer behalten.
Copyright (C) 2003 by Daniel Mewes
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