Reevaluation nach TNM - Ruhr

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Aus dem
Institut für Pathologie
am Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil
der Ruhr-Universität Bochum
Direktorin: Prof. Dr. med. Andrea Tannapfel
DNA-Methylierung von Line-1 und PTEN bei neuroendokrinen Tumoren
des gastroenteropankreatischen Systems
Reevaluation nach TNM-Klassifikation und WHO-Nomenklatur
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
einer
Hohen Medizinischen Fakultät
der Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt von
Dimitri Tzivras
aus Bochum
2013
Dekan:
Prof. Dr. med. Klaus Überla
Referentin:
Prof. Dr. med. Andrea Tannapfel
Korreferent:
Prof. Dr. med. Annette Müller
Tag der mündlichen Prufung: 03.07.2014
Abstract zur Dissertation
Tzivras
Dimitri
DNA-Methylierung von Line-1 und PTEN bei neuroendokrinen Tumoren des gastroenteropankreatischen Systems.
Reevaluation nach TNM-Klassifikation und WHO-Nomenklatur.
Problem: Neuroendokrine Tumoren (NET) des gastroenteropankreatischen Systems repräsentieren ein breites Spektrum
seltener Neoplasien mit biologisch heterogenem Verhalten, unterschiedlicher Lokalisation, verschiedenartiger klinischer
Symptomatik und variabler Malignität und Prognose. Die WHO-Nomenklatur und TNM Klassifikation von 2010
definiert erstmalig ein Grading und eine eigenständige TNM-Klassifikation für diese Tumoren. Die Einteilung und
Nomenklatur dieser Tumoren war zuvor oft kompliziert und uneinheitlich. In dieser Arbeit erfolgte die Reevaluation
dieser Tumoren anhand der aktuellen WHO 2010-Nomenklatur, der bereits gestellten Diagnosen nach den Kriterien der
WHO 2000, der ENETS und der TNM-Klassifikation von 2010. Anschließend wurde die DNA-Methylierung von LINE1 und PTEN untersucht. Hier wurde beurteilt, ob die Methylierung dieser bei anderen Tumorarten gut erforschten Gene
auch bei NET einen prognostisch relevanten Wert bei entsprechender Lokalisation, Diagnose und T-Kategorie hat.
Methode:
Das
Probenkollektiv
bestand
aus
Paraffinblöcken
von
183
neuroendokrinen
Tumoren
des
gastroenteropankreatischen Systems. Nach immunhistochemischer Bestimmung des neuroendokrinen Markers
Synaptophysin und des Proliferationsmarkers Ki-67 mit anschließender Ermittlung der Proliferationsrate, erfolgte die
Bestimmung des Gradings bzw der Diagnose eines Tumors. Die Diagnosen wurden mit den zuvor gestellten und
bestätigten Diagnosen nach den WHO Kriterien von 2000 verglichen. Die Reevaluation bezüglich der Klassifikation und
Stadieneinteilung der Tumoren erfolgte anhand der Kriterien der ENETS und der TNM-Klassifikation von 2010. Für die
Bestimmung der DNA-Methylierung von LINE-1 und PTEN erfolgte zunächst die Isolierung der DNA, die BisulfidBehandlung und die Amplifikation mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR). Mit Hilfe der Pyrosequenzierung wurde
schließlich die DNA-Methylierung für LINE-1 und PTEN bestimmt und ausgewertet.
Ergebnis:
Nach den Kriterien der WHO von 2010 waren NET-G1 entsprechend einem gut differenzierten
neuroendokrinen Tumor in allen Lokalisationen signifikant am häufigsten. Nach den Kriterien der WHO von 2000
waren gut differenzierte endokrine Karzinome am häufigsten. Tumoren mit einem höheren Grading (NET-G2 oder NEC)
korrelierten zudem signifikant mit Tumorgröße, T-Kategorie, Lymph- und Fernmetastasierung. Sowohl nach ENETS, als
auch nach der TNM-Klassifikation von 2010 waren außer bei Dünndarm-NET kleinere T-Kategorien und Tumorstadien
(T1 und T2, UICC I und UICC II) signifkant häufiger. Unterschiede zwischen beiden Klassifikationen zeigten sich bei
Appendix- und Pankreas-NET. Bei Appendix- und Pankreas-NET waren kleinere Tumorstadien nach TNMKlassifikation im Vergleich zu ENETS signifikant häufiger. Bei Appendix-NET waren zudem kleinere T-Kategorien
signifikant häufiger. Bei LINE-1 zeigte sich im Gegensatz zu Appendix- und Magen-NET eine signifikante
Demethylierung bei Dünndarm-, Kolon- und Pankreas-NET. Bei Pankreas-NET konnte zudem eine signifikante
Demethylierung von NET-G1 zu NET-G2 und von pT1 zu pT2 festgestellt werden. Bei PTEN zeigten sich in allen
Lokalisationen keine signifikanten Methylierungsunterschiede zwischen Tumor und Normalgewebe.
Diskussion: Durch die WHO-Nomenklatur von 2010 lassen sich die zu großem Teil gutartig in Erscheinung tretenden
NET einfacher und adäquater charakterisieren als nach den Kriterien der WHO von 2000. Durch gute Korrelation von
Diagnosen, Tumorgröße, T-, N- und M-Kategorie konnte diese Relevanz unterstrichen werden. NET lassen sich durch
ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 adäquat klassifizieren. Appendix-NET sind nach aktueller TNMKlassifikation besser als nach ENETS mit prognostischen Daten aus der Literatur in Einklang zu bringen, während
Pankreas-NET auf Grund ihrer höheren Metastasierungsrate nach ENETS adäquater charakterisiert werden. Durch die
signifikante LINE-1-Demethylierung bei Dünndarm-, Kolon und Pankreas-NET im Gegensatz zu Magen- und AppendixNET konnte die häufig schlechte Prognose von NET des Dünndarm, Kolon und des Pankreas im Gegensatz zur
überwiegend guten Prognose von NET des Magens und der Appendix bestätigt werden. Für Pankreas-NET konnte die
Korrelation zu Grading und T-Kategorie zudem LINE-1 als guten Prognoseparameter hervorheben. Die
Promotorhypermethylierung von PTEN scheint bei NET im Vergleich zu anderen Tumoren keine Rolle zu spielen.
MEINEN ELTERN
IN DANKBARKEIT GEWIDMET
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................... 3
1.
Einleitung.................................................................................................................. 6
1.1
Neuroendokrine Tumoren .......................................................................................... 6
1.1.1
Ursprung neuroendokriner Tumoren....................................................................... 6
1.1.2
Lokalisation und Epidemiologie neuroendokriner Tumoren .................................. 6
1.1.3
Morphologie neuroendokriner Tumoren ................................................................. 7
1.1.4
Klinik und Prognose neuroendokriner Tumoren..................................................... 8
1.2
Einteilung neuroendokriner Tumoren ........................................................................ 9
1.2.1
Proliferation neuroendokriner Tumoren ................................................................. 9
1.2.2
Zellproliferation und Ki-67-Antigen ..................................................................... 10
1.2.3
Grading neuroendokriner Tumoren....................................................................... 10
1.2.4
Grading und Prognose neuroendokriner Tumoren ................................................ 11
1.2.5
Nomenklatur neuroendokriner Tumoren............................................................... 12
1.2.6
TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung neuroendokriner Tumoren ............... 15
1.3
Epigenetik und DNA-Methylierung ........................................................................ 18
1.3.1
Epigenetik und die Rolle in der Kanzerogenese ................................................... 18
1.3.2
DNA-Methylierung ............................................................................................... 19
1.3.3
DNA-Methylierung und Entstehung von Karzinomen ......................................... 19
1.3.4
DNA-Methylierung bei neuroendokrinen Tumoren ............................................. 21
1.3.5
LINE-1 .................................................................................................................. 21
1.3.6
PTEN ..................................................................................................................... 22
1.4
Zielsetzung der Arbeit ............................................................................................. 23
2
Material und Methoden......................................................................................... 24
2.1
Das Probenkollektiv ................................................................................................. 24
2.2
Ethikvotum............................................................................................................... 24
2.3
Histologisches und immunhistochemisches Verfahren ........................................... 25
2.3.1
Hämatoxylin-Eosin-Färbung ................................................................................. 25
2.3.2
Markierung der Tumorareale ................................................................................ 25
2.3.3
Immunhistochemische Untersuchungen ............................................................... 25
2.3.4
Immunhistochemische Auswertung ...................................................................... 27
2.4
Diagnosen und TNM-Klassifikation ........................................................................ 27
2.4.1
Diagnosen .............................................................................................................. 27
2.4.2
TNM-Klassifikation .............................................................................................. 28
2.4.3
Auswertung und graphische Darstellung der Daten.............................................. 28
2.4
DNA-Methylierung LINE-1/PTEN ......................................................................... 33
2.4.1
DNA-Extraktion .................................................................................................... 33
2.4.2
DNA-Konzentrationsmessung .............................................................................. 34
2.4.3
Bisulfid-Behandlung der DNA ............................................................................. 34
2.4.4
Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ........................................................................ 36
1
2.4.5
2.4.6
3
Pyrosequenzierung ................................................................................................ 37
Statistische Auswertung ........................................................................................ 39
Ergebnisse ............................................................................................................... 40
3.1
Das Patientengut ...................................................................................................... 40
3.1.1
Lokalisation der Tumoren ..................................................................................... 40
3.1.2
Alter....................................................................................................................... 40
3.1.3
Geschlecht ............................................................................................................. 41
3.2
Grading .................................................................................................................... 42
3.3
ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 ............................................................ 48
3.4
3.5
3.6
3.7
Diagnosen, Alter und Geschlecht ............................................................................ 52
Grading und Tumorgröße ...................................................................................... 53
T-Kategorie, Alter und Geschlecht ....................................................................... 53
Grading, T-, N- und M-Kategorie ......................................................................... 55
3.8
DNA-Methylierung .................................................................................................. 57
3.8.1
LINE-1-Methylierung und Lokalisation ............................................................... 57
3.8.2
LINE-1-Methylierung und Diagnosen .................................................................. 59
3.8.3
Korrelation von LINE-1- Methylierung, TNM 2010 und ENETS ....................... 60
3.8.4
LINE-1-Methylierung und Tumorgröße ............................................................... 61
3.8.5
PTEN-Methylierung.............................................................................................. 62
4
4.1
4.2
4.3
4.4
5
Diskussion ............................................................................................................... 64
Lokalisation, Alter und Geschlecht ....................................................................... 64
Grading.................................................................................................................. 68
ENETS und TNM 2010 ........................................................................................ 71
DNA-Methylierung ............................................................................................... 76
Zusammenfassung ................................................................................................. 83
Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 85
2
Abkürzungsverzeichnis
3´UTR
5-HIE
5mdC
5´UTR
Abb.
ADAM23
Akt
Alu
APC
APES
APS
APUD
ATE
ATL
ATP
AW1
AW2
BD
BL
BW
BrdU
CDKN2A
CDX2
CgA
CIMP
CpG
d.h.
dATP
dCTP
Dest.
dGTP
DNA
DNMTs
dNTP
dTTP
EDTA
ENETS
ER
FFPE
G
G1-Phase
G2-Phase
GEP-NET
GI-Trakt
HCL
HE
hMLH1
hMSH2
HPF
3´ untranslated region
5-Hydroxyindolessigsäure
5-Methyldesoxycytidin
5´ untranslated region
Abbildung
ADAM metallopeptidase domain 23
V-akt murine thymoma viral oncogene homolog 1
Alu element
Adenomatöse Polyposis Coli-Gen
3-Aminopropyltriethylsilan
Adenosin 5′-phosphosulfat
Amine Precursor Uptake and Decarboxylation
Eluierungspuffer bei der DNA Extraktion
Lysepuffer bei DNA-Extraktion
Adenosintriphosphat
Wasch- bzw. Denaturierungspuffer bei der DNA-Extraktion
Wasch- bzw. Denaturierungspuffer bei der DNA-Extraktion
Denaturierungspuffer bei Bisulfidbehandlung
Lysepuffer bei Bisulfidbehandlung
Waschpuffer bei Bisulfidbehandlung
Bromodeoxyuridin
Cyclin dependet kinase 2a
Caudal type homeobox 2
Chromogranin A
CpG-Insel-Methylator-Phänotyp
Cytosinphosphat Guanin
Das heißt
Desoxyadenosintriphosphat
Desoxycytosintriphosphat
Destillatum
Desoxyguanosintriphosphat
Deoxyribonucleic acid
DNA-Methyltransferasen
Desoxynukleosidtriphosphat
Desoxythmidinintriphosphat
Ethylendiamintetraacetat
European neeuroendocrine tumor society
Estrogen receptor
Formalin-Fixed, Paraffin-Embedded (tissue)
Grading
Postmitotische Wachstumsphase im Zellzyklus
Postmitotische Vorbereitungsphase im Zellzyklus
Gastroenteropankreatische neuroendokrine Tumoren
Gastrointestinaltrakt
Chlorwasserstoff
Hämatoxylin-Eosin
MutL homolog 1 repair gene
Mismatch repair gene
High power fields
3
ICD-O-C
Kap.
Kard.
kD
Ki-67
Korp.
KRAS
LINE-1
LOH
LTR
m
M-Phase
MAGED2
MCM-2
MEN-1
MGMT
MIB-1
MSP
MTA1
NaCL
NaOH
NAP1L1
NCAM-1
NEC
NET
ns
O(6)-MGMT
o.g.A.
ORF1
ORF2
p14
p16
PCNA
PCR
PI
PI3K
PIP3
PPi
PTEN
RASSF1A
RB
RNA
RT
RUNX3
S-Phase
SATR-1
sog.
THBS 1
TNM
u.a.
TTF-1
UICC
International Classification of Diseases for Oncology
Kapitel
Kardia
Kilodalton
Antigen, Marker der Zellproliferation
Korpus
Kirsten rat sarcoma viral oncogene homolog
Long interspersed nuclear elements 1
Loss of heterozygosity
Long terminal repeat
Männlich
Mitosephase
Melanoma antigen family D, 2
Minichromosome maintance-2
Multiple endokrine Neoplasie-1
Methylated-DNA-protein-cysteine methyltransferase
Maus monoklonaler IgG1-Antikörper gegen Ki-67
Methylation Specific Polymerase Chain Reaction
Metastasis associated 1
Natriumchlorid
Natriumhydroxid
Nucleosome assembly protein 1-like 1
Neural cell adhesion molecule 1
Neuroendokrines Karzinom
Neuroendokrine/r Tumoren/Tumor
Nicht signifikant
Methylated-DNA-protein-cysteine methyltransferase
Ohne genauere Angabe
Open reading frame 1
Open reading frame 2
Tumorsupressorprotein p14
Tumorsupressorprotein p16
Proliferating cell nuclear antigen
Polymerase chain reaction
Proliferationsindex
Phosphatidylinositol3-kinase
Phosphatidylinositol3,4,5-Trisphosphat
Pyrophosphat
Phosphatase and Tensin homolog
Ras association (RalGDS/AF-6) domain family member 1
Retinoblastom-Protein
Ribonucleic acid
Raumtemperatur
Runt-related transcription factor 3
Wachstumsphase im Zellzyklus (Synthese)
Satellite repeat type 1
So genannte
Thrombospondin 1
International einheitliche Tumorklassifikation
Unter anderem
Transcription Termination Factor 1
Union for international cancer control
4
USA
VIP
w
WHO
xG
z.B.
United States of America
Vasoaktives intestinales Peptid
Weiblich
World health organisation
Vielfaches der Gravitation
Zum Beispiel
Die verwendeten physikalisch-technischen Einheiten entsprechen den Basiseinheiten des
internationalen Einheiten-Systems (SI-Einheiten).
5
1.
Einleitung
1.1
Neuroendokrine Tumoren
Neuroendokrine Tumoren (NET) des gastroenteropankreatischen Systems repräsentieren
ein breites Spektrum seltener Neoplasien mit biologisch heterogenem Verhalten,
unterschiedlicher Lokalisation, verschiedenartiger klinischer Symptomatik und variabler
Malignität und Prognose (Schmitt-Gräff et al., 2001, Oberg und Castellano 2011).
1.1.1 Ursprung neuroendokriner Tumoren
Neuroendokrine Tumoren haben ihren Ursprung im sog. diffusen neuroendokrinen
Zellsystem. Dieses Zellsystem, welches früher auch als APUD (Amine Precursor Uptake
and Decarboxylation) -System bekannt war, erfasst die Gesamtheit aller Zellen, die nicht
zu einem makroskopisch kompakten Organ zusammengelagert sind, sondern diffus im
Organismus verteilt vorkommen (Riede et al., 2004, Oberg und Castellano 2011). Die
Zellen des diffusen neuroendokrinen Zellsystems zeichnen sich dadurch aus, dass sie
biogene Amine und/oder Peptide (und andere Transmittersubstanzen wie z.B. Serotonin)
bilden und sezernieren können. Da diese Fähigkeit u.a. dadurch entsteht, dass diese Zellen
Amine und ihre Vorstufen aufnehmen und decarboxylieren können, wurden diese Zellen
zusammen als APUD-Zellsystem bezeichnet. Neuroendokrine Tumoren, welche aus
solchen Zellen hervorgehen, haben somit zum Teil die Fähigkeit Hormone zu sezernieren,
die in Interaktion mit dem Organismus treten können und zu klinischen Symptomen führen
können (Solcia et al., 1998, Riede et al., 2004, Pearse 1968).
Diese, nach Riede et al., 2004 in den Epithelien verschiedenster Organe auftretenden
Zellen, entstammen entgegen früherer Ansichten nicht der Neuralleiste bzw. dem neuralen
Ektoderm, wie Pearse 1968 behauptete, sondern entstehen nach heutigem Wissensstand
aus endodermalen Zellen des embryologischen Vorder-, Mittel- und Enddarms. Zusammen
mit der Expression eines neuroendokrinen Phänotyps haben diese Zellen ihre Funktion im
Rahmen des APUD-Zellsystems angenommen (Schmitt-Gräff et al., 2001, Wick 2000,
Klöppel 2007).
1.1.2 Lokalisation und Epidemiologie neuroendokriner Tumoren
Das ubiquitäre Auftreten von Zellen des diffusen neuroendokrinen Zellsystems in den
Schleimhäuten verschiedenster Organe erklärt nicht nur das relativ häufige Auftreten
neuroendokriner Tumoren im gastroenteropankreatischen System, sondern auch anderer
6
Lokalisationen wie Lunge, Harntrakt, Geschlechtsorgane und Haut (Riede et al., 2004,
Pearse
1968).
Die
größte
Gruppe
neuroendokriner
Tumoren
ist
im
gastroenteropankreatischen System, also im Magen, Darm und Pankreas, anzutreffen. Mit
über 75% stellen die sogenannten GEP-NET (gastroenteropankreatische neuroendokrine
Tumoren) die größte Gruppe neuroendokriner Tumoren dar (Pape et al., 2000). Innerhalb
der GEP-NET ist die prozentuale Verteilung am häufigsten im Dünndarm und am
zweithäufigsten im Pankreas zu sehen (Oberg und Castellano 2011, Stamatakos et al.,
2010).
Bezogen auf den gesamten Körper konnten Yao et al., 2008 in einer großen retrospektiven
Studie mit 35.825 Patienten aus den USA zeigen, dass bei hellhäutigen Patienten die
meisten NET in der Lunge zu finden sind. Entsprechend dieser zusätzlichen ethnischen
Unterscheidung waren bei Menschen mit asiatischer, indischer und afrikanischer Herkunft
die meisten neuroendokrinen Tumoren im Rektum anzutreffen.
NET des gastroenteropankreatischen Systems sind insgesamt seltene Tumoren mit einer
Inzidenz von 2,5-5/100.000 und einer Prävalenz von 35/100.000 (Oberg and Castellano
2011). Bis vor einigen Jahren sind stets kleinere Zahlen von etwa 1-2/100.000 für die
Inzidenz von NET angegeben worden (Tumorzentrum Freiburg 2007, Godwin 1975). Im
Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte ist eine ansteigende Inzidenz für NET zu
beobachten. Immer noch gelten NET jedoch als seltene Neoplasien (Lawrence et al., 2011,
Oberg und Castellano 2011).
1.1.3 Morphologie neuroendokriner Tumoren
Makroskopisch zeigt sich meist ein runder meist scharf abgrenzbarer Tumor mit
graugelber Schnittfläche. Eine bindegewebige, kapselartige Begrenzung dieser meist
soliden Tumoren ist jedoch nicht immer gegeben. Größere Tumoren ulzerieren häufiger als
kleinere (Bosman et al., 2010, Schott et al., 2011). Die feste Konsistenz dieser Tumoren
passt zu einem histologisch nachweisbaren, den Tumor umgebenden, fibrosierten und
gelegentlich auch hyalinem Stroma. Histologisch zeigen sich isomorphe Zellen mit einem
gut entwickelten, oft fein granulierten Zytoplasma. Das Wachstumsmuster kann lobulärsolide, trabekulär-rippenartig, tubulär oder wenig differenziert sein.
NET entstehen typischerweise submukös und infiltrieren zu einem späteren Zeitpunkt die
Muscularis propria. Die Metastasierung erfolgt zunächst lymphogen, dann hämatogen,
wobei die Metastase morphologisch oft größer sein kann als der Primärtumor (Schott et al.,
2011, Riede et al., 2004, Abb. 1).
7
Die Größe dieser langsam wachsenden Neoplasien kann variieren. In der Regel treten diese
Tumoren als solide Raumforderungen in Erscheinung, die je nach Lokalisation, vor allem
im Dünndarm, Kolon und Pankreas, über 5 cm groß sein können. Im Magen sind NET
makroskopisch kleiner und treten häufiger multipel auf (Bosman et al., 2010, Riede et al.,
2004).
Abb. 1: Neuroendokriner Tumor des Ileum. Haematoxylin/Eosin (HE). Isomorphe Zellen
mit klarem, teils fein granuliertem Zytoplasma. Solides, teils trabekuläres
Wachstumsmuster. Tumor solide abgrenzbar, von bindegewebiger kapselartiger Struktur
umgeben.
1.1.4 Klinik und Prognose neuroendokriner Tumoren
Ein Charakteristikum von NET ist die Fähigkeit der Tumorzellen, gemäß ihrer
neuroendokrinen Genese, Peptidhormone und biogene Amine zu sezernieren. Wenn diese
Sekretionsprodukte ein - sich klinisch manifestierendes Hypersekretionssyndrom hervorrufen, werden die Tumoren als funktionell aktiv eingeordnet. Ist diese autonome
Hormonproduktion nicht gegeben, werden NET als nichtfunktionell oder inaktiv
bezeichnet. Etwas weniger als die Hälfte aller NET besitzen die Fähigkeit, hormonell
wirksame biogene Amine oder Peptidhormone zu sezernieren. Das Karzinoidsyndrom
beispielsweise wird durch Freisetzung von Serotonin und anderen vasoaktiven Substanzen
8
ausgelöst und führt zur typischen Manifestation mit Hyperthermie und Gesichtsröte (Flush)
an Gesicht, Hals und Dekolleté, sekretorischen Diarrhöen und Endokardfibrose
(Srirajaskanthan et al., 2010, Arnold 2005, Erikkson et al., 2000, Pape et al., 2000).
Weitere
Beispiele
für
funktionelle
neuroendokrine
Tumoren
sind
Insulinome,
Glukagonome, Gastrinome, VIPome und Somatostatinome, die sich jeweils durch die
Produktion und Sekretion von Insulin, Glukagon, Gastrin, VIP (vasoaktives intestinales
Peptid) und Somatostatin auszeichnen und somit häufig frühzeitig zu klinischen
Symptomen führen, die auf die Sekretion des jeweiligen Hormons zurückzuführen sind
(Klöppel 2003, 2004a, 2007, Schmitt-Gräff et al., 2001).
Des
Weiteren
zeichnen
sich
alle
NET
durch
die
Expression
molekularer
Differenzierungsmarker wie Chromogranin A, Synaptophysin und neuronenspezifischer
Enolase (NSE) aus, welche entscheidend für die Diagnostik sind und immunhistochemisch
nachgewiesen werden können (Tiling et al., 2002, Klöppel et al., 2004a,b, Klöppel et al.,
2005).
Die Prognose bzw. das Potential eines malignen Verlaufs von NET ist schwierig
vorherzusagen. Insgesamt sind NET geringer aggressiv einzuschätzen als Karzinome
(Alexiev et al., 2007). Allerdings ist die Diginität und die damit verbundene Prognose sehr
stark von der Lokalisation abhängig. Nach Garcia-Carbonero et al., 2010 besitzen NET des
Dünndarms mit über 60% eine sehr hohe Metastasierungsrate. Auch Pankreas-NET
metastasieren nach Fischer et al., 2008 mit ca. 40% relativ häufig. Appendix-NET
metastasieren hingegen nur sehr selten (1,3%) und auch Magen-NET haben eine
überwiegend gute Prognose (Garcia-Carbonero et al., 2010, La Rosa et al., 2011).
Selbst innerhalb der einzelnen Organe gibt es zum Teil große Unterschiede bezüglich der
Diginität, je nachdem, in welchem Teil eines Organs der Tumor lokalisiert ist. So sind z.B.
NET des Magens insbesondere im Magenkorpus und -fundus eher durch einen benignen
Verlauf gekennzeichnet, während sie im Antrum wesentlich aggressiver in Erscheinung
treten (Burkitt und Pitchard 2006, Massironi et al., 2009).
1.2
Einteilung neuroendokriner Tumoren
1.2.1 Proliferation neuroendokriner Tumoren
Verschiedene Studien zeigen Unterschiede in der Proliferation neuroendokriner Tumoren.
Bei schlecht differenzierten NET konnte gezeigt werden, dass auch die Proliferationsrate
meist erhöht ist (Erler et al., 2011, Rindi et al., 1999). Gut differenzierte NET hingegen
9
zeigen im Vergleich zu schlecht differenzierten NET eine geringere Proliferation (Rindi et
al., 2003, Solcia et al., 1998).
Auch bezüglich der Lokalisation konnten La Rosa et al., 2011 bei Magen-NET eine
überwiegend geringe Proliferation feststellen. Eine Korrelation zwischen Tumorgröße und
Ki-67-Proliferation konnten Sökmensüer et al., 2001, Ekeblad et al., 2008 und Scarpa et
al., 2010 zeigen.
Andere Studien konnten keine Korrelation zwischen Proliferationsrate und Faktoren wie
Tumorgröße und Lokalisation zeigen (Zimmermann und Bosman 2003, Alexiev et al.,
2007, Volante et al., 2013). Der Zusammenhang zwischen Proliferation, Tumorgröße und
Prognose ist immer noch Gegenstand aktueller Forschung.
1.2.2 Zellproliferation und Ki-67-Antigen
Durch verschiedenste Methoden kann die Zellproliferation nachgewiesen werden. Der
Nachweis von BrdU (Bromodeoxyuridin), PCNA (proliferating cell nuclear antigen),
MCM-2 (minichromosome maintance-2), die Auszählung von Mitosen und der Nachweis
des Ki-67-Antigens stellen einige dieser Methoden dar (Guzińska-Ustymowicz et al., 2009,
Ben-Izhak et al., 2002, Kubben et al., 1994,). Als immunhistologisch zuverlässiger Marker,
der zudem den besten prognostischen Wert bei vielen Tumorentitäten besitzt, gilt das Ki67-Antigen (Rose et al., 1994, Bosman et al., 2010).
Das Ki-67-Antigen ist entscheidend für die Beurteilung der Zellproliferation. Dieses als
„nicht histonisch“ zu charakterisierende Protein befindet sich im Zellkern und hat eine
Größe von 350 kD. Seine Expression kann vom späten Zeitpunkt der G1-Phase über die Sund G2-Phase bis zur M-Phase des Zellzyklus verfolgt werden. Durch die Expression des
Ki-67-Antigens während der Zellteilung besteht eine gute Korrelierbarkeit mit dem
Zellzyklus und der Zellproliferation (Gerdes et al., 1991, Zimmermann und Bosman 2003,
Duchrow et al., 1994).
Eine der häufigsten Methoden zur Bestimmung des Ki-67-Antigens ist, die
Wachstumsfraktion eines Tumors immunhistochemisch zu bestimmen (Zimmermann und
Bosman 2003, Key et al., 1993). Durch die Reaktion des monoklonalen Mäuseantikörpers
MIB-1 mit dem Ki-67-Antigen wird die proliferierende Zelle markiert und in Relation zur
Gesamtzahl der Zellpopulation gestellt (Scholzen und Gerdes 2000).
1.2.3 Grading neuroendokriner Tumoren
Das Grading bzw. das Maß der Differenzierung von NET erfolgt gemäß der von der
ENETS (European Neuroendocrine Tumor Society) im Jahre 2006 und 2007
10
veröffentlichten und bis heute geltenden Grenzwerte für den Proliferationsmarker Ki-67
(Pape et al., 2008b, Rindi et al., 2006b, Wittekind und Meyer 2010). An dieses 3-gliedrige
Gradingsystem angelehnt ist ein NET mit einer Ki-67-Proliferatiosrate von 0-2% ein G1
Tumor. Befindet sich dieser Wert zwischen 3 und 20% so handelt es sich um einen G2
Tumor.
Dementsprechend
ist
ein
neuroendokriner
Tumor
mit
einer
Ki-67-
Proliferationsrate von über 20% ein G3 Tumor. Der Buchstabe „G“ steht für Grading
(Bosman et al., 2010, Rindi et al., 2006a,b, 2007, Plöckinger et al., 2004, Wiedenmann
2004).
In der aktuellen Ausgabe der TNM-Klassifikation von 2010, in der erstmalig
neuroendokrine Tumoren als eigene Entität erfasst werden, ist als einzige Neuerung
bezüglich des Gradings - im Unterschied zur vorherigen ENETS Empfehlung - kein
histopathologisches Grading für NET der Appendix vorgesehen. Stattdessen werden
histopathologische Merkmale, wie eine erhöhte Mitoserate und fokale Nekrosen
entsprechend typischer und atypischer Karzinoide, angegeben. Gleiches gilt für NET der
Lunge (Rindi et al., 2007a,b, Wittekind und Meyer 2010). Zusätzlich zur Angabe der Ki-67
Proliferationsrate wird von der WHO Klassifikation von 2010 die Auszählung von Mitosen
in 10 High Power Fields (HPF) entsprechend < 2 für G1-, 2–20 für G2- und > 20 für G3Tumoren empfohlen (Bosman et al., 2010).
Der Ki-67-Proliferatiosmarker wird in aktueller Literatur vorrangig verwendet und
insbesondere in Bezug auf den Gebrauch als Prognoseparameter hervorgehoben (GarciaCarbonero et al., 2010, Chatzipantelis et al., 2009, Jamali und Chetty 2008, Bosman et al.,
2010).
1.2.4 Grading und Prognose neuroendokriner Tumoren
Der Grad der Zelldifferenzierung, die Tumorgröße, Angioinvasion, Mitosenzahl und die
funktionelle Aktivität spielen in Zusammenhang mit der Ki-67-Proliferation eine wichtige
Rolle bei der histopathologischen Beurteilung von NET, worauf auch die Kriterien für die
Entwicklung einer eigenständigen TNM-Klassifikation aufbauen (Rindi et al., 2007b).
Schlecht differenzierte neuroendokrine Tumoren, bei denen eine erhöhte Proliferationsrate
festgestellt werden konnte, wachsen schnell und aggressiv, was für eine schlechte
Prognose spricht (Erler et al., 2011, Rindi et al., 1999). Umgekehrt konnten La Rosa et al.,
2011 bei Magen-NET-G1 mit geringer Proliferationsrate und niedrigerem Grading eine
gute Prognose feststellen.
Das Ki-67-Antigen ist ein wichtiger Faktor zur Einstufung von NET und kann mit der
Langzeitprognose und der Überlebensrate oft hinreichend gut korreliert werden (Faggiano
11
et al., 2008, Boo et al., 2007, Erler et al., 2011, Pelosi et al., 1996, Gentil Perret et al.,
1998, Bosman et al., 2010). Scarpa et al., 2010 bezeichneten kürzlich das Ki-67-Grading
als unabhängigen Langzeitprognoseparameter. Jedoch werden diese Zusammenhänge
nicht in allen Studien gesehen (Jamali und Chetty 2008). Eine eindeutige Relevanz der Ki67-Proliferationsrate als Marker für die Überlebensrate von Patienten wird in einigen
Studien angezweifelt (Mengel et al., 2002, DeLellis 1997, Volante et al., 2013)
Ein Zusammenhang zwischen Proliferationsrate und Stadieneinteilung von NET konnte in
einigen Studien nicht nachgewiesen werden (Zimmermann und Bosman 2003, Alexiev et
al. 2007). Goh et al., 2011 und Volante et al., 2013 konnten aktuell sogar zeigen, dass das
Grading der ENETS nicht in statistisch relevantem Maße mit dem krankheitsspezifischen
Überleben zusammenhängt. Obwohl das Grading mit Hilfe der Ki-67 Proliferationsrate
nach aktueller WHO 2010, ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 umgesetzt wird und
weitgehend anerkannt ist, wird in der Literatur bezüglich der prognostischen Relevanz
nicht immer eine positive Korrelation angegeben.
Weitergehend wird bezüglich der Unterschiede, die innerhalb von NET verschiedener
Lokalisationen (foregut und midgut) zunehmend ersichtlich werden, die Rolle des Ki-67
Antigens vordergründig diskutiert (Bordi et al., 2006, Bosman et al., 2010).
1.2.5 Nomenklatur neuroendokriner Tumoren
Die Nomenklatur neuroendokriner Tumoren orientiert sich entsprechend der WHOKlassifikation von 2010 an dem von der ENETS (European Neuroendocrine Tumor
Society) im Jahre 2006 und 2007 eingeführten Grading (Bosman et al., 2010, Tabelle 1).
Ein G1 Tumor mit einer Ki-67 Proliferationsrate von 0-2% erhält hiernach die Diagnose
„NET-G1“ entsprechend einem gut differenzierten neuroendokrinen Tumor. Als „NETG2“ wird ein G2 Tumor mit einer Proliferationsrate von 3-20% bezeichnet, entsprechend
einem mäßig differenzierten neuroendokrinen Tumor. Als „NEC“ (aus englisch:
neuroendocrine carcinoma) wird ein G3 Tumor mit einer Proliferationsrate über 20%
bezeichnet, entsprechend einem schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinom. Statt
NET-G1, NET-G2 und NEC wurden vor Einführung der WHO-Klassifikation von 2010 in
Zusammenhang mit dem ENETS-Grading die Begriffe „gut differenzierter endokriner
Tumor“ für einen G1 Tumor, „gut differenziertes endokrines Karzinom“ für einen G2
Tumor und „schlecht differenziertes endokrines Karzinom“ für einen G3 Tumor aus der
WHO-Klassifikation von 2000 verwendet (Solcia et al., 2000, Bosman et al., 2010, Tabelle
1).
12
Tabelle 1: WHO Klassifikation von 2000 und aktuelle Nomenklatur der WHO von 2010.
WHO 2000
WHO 2010
Gut differenzierter
NET-G1
endokriner Tumor
(Gut differenzierter neuroendokriner Tumor)
Gut differenziertes
NET-G2
endokrines Karzinom
(Mäßig differenzierter neuroendokriner Tumor)
Schlecht differenziertes
NEC
endokrines Karzinom
(Schlecht differenziertes neuroendokrines Karzinom)
Durch strenge Anlehnung an das Grading der ENETS konnten komplizierte und oft
unzureichende klinikopathologische Einteilungen ungangen und somit der bei Pathologen
und Klinikern als unbefriedigend erscheinende Begriff der „unsicheren Malignität“
vermieden werden. Des Weiteren war nun durch das neue Grading die Möglichkeit
stadiengerechterer Informationen gegeben, welche durch die davor verwendeten WHOKlassifikationen nur unzureichend darzustellen waren (Bosman et al., 2010).
In der WHO-Klassifikation von 2000 wurden neuroendokrine Tumoren jeglicher
anatomischer Lokalisation des Vorder-, Mittel- und Hinterdarms in drei Kategorien entsprechend ihres Malignitätsgrades - unterteilt. Gut differenzierte endokrine Tumoren
mit gutartigem oder unsicherem Verhalten wurden von gut differenzierten endokrinen
Karzinomen mit niedrigmalignem Verhalten und schlecht differenzierten endokrinen
Karzinomen mit hochmalignem Verhalten unterschieden (Solcia et al., 2000, Rindi et al.,
2004).
Die
Klassifikation
histopathologischen
Kriterien
baute
auf.
auf
morphologischen,
Grundlegende
Kriterien
biologischen
waren
und
Tumorgröße,
Angioinvasion und die Ki-67 Proliferationsrate. Die histologische Differenzierung, die
Anwesenheit von Metastasen und die Invasion von Nachbarorganen bildeten
weitergehende Kriterien. Nachgeordnete Faktoren der Beurteilung stellten die hormonelle
Aktivität und das gemeinsame Auftreten mit anderen Erkrankungen oder Syndromen dar
(Solcia et al., 2000, Bajetta et al., 2005).
Rückblickend war es auf Basis der von Klöppel et al., 2004a,b letztmalig bestätigten und
nochmals aktualisierten WHO-Klassifikation von 2000, aufgrund sich kontinuierlich
entwickelnder klinisch pathologischer Klassifikationsversuche und nicht hinreichend
definierter Kriterien, schwierig, eine eindeutige, präzise Diagnose bei NET zu geben.
Hinzu kommt, dass lange Zeit nur wenige Studien die prognostische Relevanz dieser
WHO-Kriterien konfirmierten (Pape et al., 2008b). Schmitt et al., 2007 zeigten
diesbezüglich eine Relevanz für Pankreas-NET.
13
Eine Ursache für Missverständnisse bei der Nomenklatur neuroendokriner Tumoren ist der
häufig synonym verwendete Begriff des Karzinoids (Bosman et al., 2010). 1907 führte
Obendorfer erstmals den Begriff des Karzinoids ein, um dadurch die weniger aggressiven
Eigenschaften und das eher gleichförmige Aussehen solcher epithelialen Darmtumoren
gegenüber anderen Karzinomen zu charakterisieren (Obendorfer 1907, Turaga und Kvols
2011). 1963 teilten Williams und Sandler Karzinoide nach embryologischem Ursprung ein.
Demnach unterteilten sie Karzinoide in solche des foregut (Vorderdarm), midgut
(Mitteldarm) und hindgut (Enddarm). Als Foregut-Karzinoide wurden alle in Lunge,
Magen, Duodenum, oberem Jejunum und Pankreas vorkommenden Karzinoide bezeichnet.
Als Midgut-Karzinoide galten diejenigen des unteren Jejunums, Ileums, des Appendix und
des Magens, während unter dem Begriff des Hindgut-Karzinoids alle im Kolon und
Rektum lokalisierten Karzinoide zusammengefasst wurden (Williams und Sandler 1963,
Pape et al., 2008a). Der Begriff des Karzinoids wurde im Laufe der Zeit zunehmend durch
die Begriffe „endokriner“ oder „neuroendokriner“ Tumor ersetzt, um dem gesamten
Tumorspektrum vom klassischen, langsam wachsenden Karzinoid mit guter Prognose zu
schlecht differenzierten Tumoren mit hochmalignem Charakter gerecht zu werden
(Schmitt-Gräff et al., 2001).
1980 erschien erstmals eine WHO-Klassifikation für neuroendokrine Tumoren, in welcher
alle neuroendokrinen Tumoren - außer jenen der Schilddrüse und des Pankreas, den
Paragangliomen, kleinzelligen Tumoren der Lunge und den Merkelzellkarzinomen - als
Karzinoide bezeichnet wurden (Williams et al., 1980, Klöppel et al., 2004b).
Diese WHO-Terminologie verursachte viele Missverständnisse, vor allem zwischen
Pathologen und Klinikern. Ein Hauptgrund vieler Unklarheiten war, dass Pathologen alle
Tumoren mit neuroendokriner Differenzierung als Karzinoide bezeichneten, während
Kliniker diesen Begriff benutzten, um einen serotoninproduzierenden Tumor zu
bezeichnen, der das sogenannte Karzinoidsyndrom verursacht. Eine weitere Ursache für
terminologische Schwierigkeiten war, dass in der wissenschaftlichen Literatur weitere
Differenzierungen innerhalb dieser bereits heterogenen und vielfältig lokalisierten
Tumorgruppe getroffen wurden und man schließlich nicht mehr alle neuroendokrinen
Tumoren des GI-Traktes (z.B. des Magens und Kolons) zusammen als Karzinoide
bezeichnen konnte (Klöppel et al., 2004b, Solcia et al., 2000). In der im Jahre 2000
erschienenen WHO-Klassifikation, die sich eng an die 1995 erschienene klinisch
pathologische Einteilung von Capella et al. anlehnt (Pape et al., 2008a), wurden die
Begriffe „endokriner Tumor“ und „endokrines Karzinom“ eingeführt. Diese lösten die
Problematik des Begriffes „Karzinoid“ insofern auf, als dass die neue Terminologie
14
neutraler war und man so umfassend alle NET terminologisch mit einbeziehen konnte
(Solcia et al., 2000, Klöppel et al., 2004b, Turaga und Kvols. 2011).
Doch wurde zu diesem Zeitpunkt der Begriff des Karzinoids noch nicht vollständig aus der
pathologischen Terminologie entfernt, sondern bezeichnete fortan gut differenzierte NET
des gastroenterischen Systems. Entsprechend wurden die Begriffe „malignes Karzinoid“
und „gut differenziertes neuroendokrines Karzinom“ zu Synonymen (Klöppel et al.,
2004b).
In der WHO Klassifikation von 2010 wird schließlich darauf hingewiesen, dass sog.
Karzinoide mit dem Begriff NET bzw. NET-G1 und NET-G2 abgedeckt werden und
somit die Nomenklatur eindeutig ist (Bosman et al., 2010). Ausgenommen von dieser
Nomenklatur sind NET der Appendix und der Lunge. Hier gilt weiterhin die Terminologie
für typische und atypische Karzinoide, die sich jeweils durch 0-1 Mitosen bzw. 2-11
Mitosen pro 10 HPF (High Power Field) unterscheiden (Wittekind und Meyer 2010).
1.2.6 TNM-Klassifikation und Stadieneinteilung neuroendokriner Tumoren
Die Klassifikation von Tumoren erfolgt mit Hilfe der TNM-Klassifikation. Bei einer
TNM-Klassifikation, deren Kriterien je nach Entität und Lokalisation eines Tumors jeweils
spezifisch sind, gibt die T-Kategorie, die bei T1, T2, T3 oder T4 liegen kann, ein Maß für
die Größe und Ausdehnung bzw. Invasivität des Primärtumors vor. Die N-Kategorie gibt
mit N1 bzw. N0 den positiven bzw. negativen Lymphknotenbefall an. Die M-Kategorie
gibt dabei mit M1 bzw. M0 das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein von
Fernmetastasen an. Aus der Kombination der T-, N- und M-Kategorie ergibt sich dann die
Stadieneinteilung. Ein Tumor in den Kategorien T1, N0 und M0 zum Beispiel erhält dabei
das Stadium I, was eher für eine gute Prognose des Tumors spricht, während ein T4, N1,
M1-Tumor mit einer eher schlechten Prognose in Stadium IV eingeteilt wird (Wittekind
und Meyer 2010, Tabelle 2).
Für neuroendokrine Tumoren wurde im Jahre 2006 von der ENETS, neben der oben
erwähnten Empfehlung für ein Grading von NET, erstmals auch ein Vorschlag für eine
eigenständige Klassifikation veröffentlicht (Pape et al., 2008b, Rindi et al., 2006a,b,
2007a,b, Plöckinger et al., 2004, Wiedenmann 2004). Bis zu diesem Zeitpunkt gab es für
neuroendokrine Tumoren noch keine Möglichkeit, diese Tumoren nach einer für diese
Tumorentität bestimmten Klassifikation einzuteilen, was die Einschätzung dieser seltenen
Tumoren insbesondere für Klinikärzte schwierig machte (Bosman et al., 2010). Als grobe
Orientierung für Klinikärzte wurde zu dieser Zeit von einigen Pathologie-Instituten, wegen
15
noch nicht existierender TNM-Klassifikation, deshalb für NET die entsprechende TNMKlassifikation für Adenokarzinome mit angegeben.
Maßgeblich bei der Definition der T-Kategorie ist für die ENETS-Einteilung insbesondere
die Tumorgröße, weshalb auch eine unbedingte Angabe der Größe eines Tumors gefordert
wird. Kleinere Tumoren werden je nach Lokalisation als T1 oder T2 klassifiziert, während
große Tumoren als T3 oder T4 klassifiziert werden (Rindi et al. 2006a,b, 2007a,b).
Zahlreiche Studien konnten bisher den insgesamt guten prognostischen Wert der ENETS
anhand der 5- und 10-Jahres-Überlebensraten bei Pankreas-, Magen- und Appendix-NET
bestätigen (Scarpa et al., 2010, Fischer et al., 2008, Pape et al., 2008 a,b , La Rosa et al.,
2011, Rindi et al., 2012, Volante et al., 2013).
Tabelle 2: Vergleich der Kriterien der T-Kategorie der ENETS und der TNMKlassifikation von 2010 bei NET des Pankreas.
T
ENETS
TNM 2010
T1
Tumor begrenzt auf Pankreas, < 2cm
Tumor begrenzt auf Pankreas, < 2cm
T2
Tumor begrenzt auf Pankreas, 2-4cm
Tumor begrenzt auf Pankreas, > 2cm
T3
Tumor begrenzt auf Pankreas, > 4cm, Tumor breitet sich jenseits des Pankreas
oder Infiltration von Duodenum oder aus, jedoch ohne Infiltration des Truncus
Gallengang
coeliacus
oder
der
A.
mesenterica
superior
T4
Infiltration von Nachbarorganen oder Tumor infiltriert Truncus coeliacus oder
großen Gefäßen
A. mesenterica superior
Tabelle 3: Vergleich der Kriterien der T-Kategorie der ENETS und der TNMKlassifikation von 2010 bei NET der Appendix.
T
ENETS
TNM 2010
T1
Tumor ≤ 1cm; Infiltration der
T1a, ≤ 1cm
Muscularis propria
T1b, > 1-2cm
≤ 2cm und < 3mm Infiltration von
> 2-4cm oder Infiltration des Zökum
T2
Subserosa/ Mesoappendix
T3
> 2cm oder > 3mm Infiltration von
> 4cm oder Infiltration des Ileum
Subserosa/ Mesoappendix
T4
Infiltration von Peritoneum oder
Infiltration von Peritoneum oder anderer
anderer Organe
Organe
16
Im Jahre 2010 ist schließlich die offizielle TNM-Klassifikation für neuroedokrine Tumoren
erschienen (Wittekind und Meyer 2010, Wittekind 2010, Klöppel et al., 2010).
Ein wichtiger Unterschied zwischen der neuen TNM-Klassifikation und der bisherigen
ENETS-Empfehlung ist, dass NET des Pankreas, analog der Kriterien für Karzinome, an
deren Lokalisation klassifiziert werden und für Pankreas-NET nunmehr keine
eigenständige Klassifikation vorgesehen wird (Wittekind 2010). Des Weiteren ist in der
TNM 2010 festgelegt worden, dass neuroendokrine Karzinome (NEC) nicht nach der
neuen TNM-Klassifikation für neuroendokrine Tumoren eingeteilt werden, sondern, wie
auch Pankreas-NET, anhand der entsprechenden Klassifikation für Karzinome zu
klassifizieren sind. Die TNM-Klassifikation von 2010 gilt somit für alle NET außer für
Pankreas-NET und für alle NEC jeglicher Lokalisation. Für diese Tumoren gilt die
Empfehlung der Klassifikation nach den Kriterien für Karzinome (Klöppel et al., 2010,
Wittekind und Meyer 2010).
Als weitere Neuerung in der TNM-Klassifikation von 2010 von NET sind die Änderungen
bei Pankreas und Appendix zu nennen. Bei den nach der Klassifikation für exokrine
Pankreastumoren eingeteilten Pankreas-NET ist, im Gegensatz zur ENETS-Empfehlung,
bei
der
Unterscheidung
von
T2-
und
T3-Tumoren
die
peripankreatische
Bindegewebsinvasion unabhängig vom genauen Tumordurchmesser entscheidend (Klöppel
et al., 2010, Tabelle 2).
Bei Appendix-NET ist bei der TNM-Klassifikation von 2010 neben den weiter gefassten
Grenzen für T1- und T2-Tumoren nicht mehr die Invasion der Mesoappendix
entscheidend, sondern die Infiltration von Ileum und Zökum (Klöppel et al., 2010, Tabelle
3).
In der TNM-Klassifikation von NET des Magens ist zu erkennen, dass im Vergleich zur
ENETS-Empfehlung T3-Tumoren eine Subserosainfiltration aufweisen, während dieses
Kriterium bei der ENETS bereits für T2-Tumoren gilt. (Rindi et al., 2006b, Wittekind und
Meyer 2010).
Bei Tumoren des Kolons und des Rektums sowie der Ampulle, des Duodenums und des
Dünndarms sind dagegen keine Unterschiede zu erkennen. Ein kleiner Unterschied ist nur
bei NET des Kolons und des Rektums anzumerken. Die Empfehlung der ENETS, Kolonund Rektumtumoren, die kleiner 1 cm oder zwischen 1 und 2 cm groß sind, jeweils als T1a
bzw. T1b einzustufen, ist in der TNM-Klassifikation von 2010 aufgehoben. Hiernach sind
alle Kolon- und Rektum-NET kleiner als 2 cm als T1 einzustufen (Rindi et al., 2006b,
2007a,b, Wittekind und Meyer, 2010).
17
In der UICC-Stadieneinteilung sind Unterschiede in der neuen TNM-Klassifikation bei
Appendix- und Pankreas-NET auf der einen Seite und bei Kolon- und Rektum-Tumoren
auf der anderen Seite zu sehen. Die Stadieneinteilung für Appendixtumoren ist stark
vereinfacht worden, wobei es nur die Stadien I, II, III und IV gibt. T2- und T3-Tumoren
sind hier zum Stadium II und T4-N0- und T4-N1-Tumoren zum Stadium III
zusammengefasst worden. Die Stadieneinteilung für Kolon- und Rektumtumoren ist
ebenfalls vereinfacht worden, allerdings nicht so gravierend wie bei Appendixtumoren.
Hier sind lediglich das Stadium IA und IB jeweils von T1a- und T1b-Tumoren zu einem
Stadium I zusammengefasst worden.
Bei Pankreas-NET sind Tumoren nach TNM erst ab höheren T-Kategorien und bei
positivem Befund für Lymphknotenbefall (N1) bzw. Fernmetastasierung (M1) in höhere
Tumorstadien einzuordnen. Beispielsweise sind nach ENETS alle T-Kategorien mit
positivem Lymphknotenbefall (N1) als Stadium IIIB, während nach TNM-Klassifikation
Tumoren mit T1, T2 oder T3 und N1 nur als Stadium IIB einzuteilen sind. Entsprechend
ist ein T2-N0-Tumor nach ENETS als Stadium IIA einzuteilen und nach TNMKlassifikation nur als Stadium IB (Rindi et al., 2006b, 2007a,b, Wittekind und Meyer
2010).
1.3
Epigenetik und DNA-Methylierung
1.3.1 Epigenetik und die Rolle in der Kanzerogenese
Als Epigenom werden alle Modifikationen auf Ebene des Genoms definiert, die zwar nicht
die Basensequenz selbst, jedoch die DNA-Konformation ändern können, was
unterschiedliche Auswirkungen auf die Expression von Genen haben kann. Die Epigenetik
beschäftigt sich mit genau diesen Modifikationen (Costa 2010, Esteller 2008).
Epigenetische Regulationsmechanismen, die Einfluss auf die Chromatinstruktur haben,
werden in 4 Kategorien unterteilt: 1.) die kovalente Modifikation von Histonproteinen, 2.)
nichtkovalente Mechanismen, wie die Inkorporation von Histonvarianten und das
Nukleosomremodelling, 3.) nichtkodierende RNAs einschließlich microRNAs, die in
verschiedenster Form Einfluss auf die Regulation der Genexpression haben können und 4.)
die Methylierung von DNA (Sharma et al., 2010, Costa 2010).
Von all diesen miteinander interagierenden Mechanismen, die zusammen wie eine Art
epigenetische Landkarte die Art und Weise regulieren, wie sich das Säugetiergenom in
verschiedenen
Zelltypen,
Entwicklungsstufen
18
und
Krankheitstadien
einschließlich
Tumoren manifestiert, ist die DNA-Methylierung am besten erforscht (Sharma et al.,
2010).
1.3.2 DNA-Methylierung
DNA-Methylierung bei Säugetieren tritt hauptsächlich an Position 5 des Cytosins auf,
welches sich in einem CpG- (CytosinphosphatGuanin) Dinukleotid befindet. Das Resultat
ist ein 5-Methyldesoxycytidin (5mdC) (Zaina et al., 2010). Dieser Transfer von
Methylgruppen ist eine replikationsgebundene Reaktion, die von sogenannten DNAMethyltransferasen (DNMTs) katalysiert wird, welche in der Replikationsgabel der SPhase anwesend sind (Taby und Issa 2010, Klose und Bird 2006). CpG-Dinukleotide, an
denen für gewöhnlich die DNA-Methylierung stattfindet, sind in geringer Menge über das
gesamte Genom verteilt vertreten. In einigen Bereichen des Genoms, den sogenannten
CpG-Inseln, sind solche CpG-Dinukleotide gehäuft anzufinden. Diese CpG-Inseln sind
vorwiegend an Promotorregionen von Genen anzutreffen. Diese vergleichsweise
geschützten Regionen sind eher unmethyliert, während CpGs im restlichen Genom eher
hypermethyliert in Erscheinung treten (Taby und Issa 2010, Glass et al., 2007, Illingworth
und Bird 2009). Hinsichtlich der Aufgabe von Methylierungen konnten zum Beispiel
DNA-Methylierungen in Promotorregionen mit permanentem Genexpression-Silencing im
inaktiven X-Chromosom bei Frauen korreliert werden (Taby und Issa 2011, Klose und
Bird 2006).
1.3.3 DNA-Methylierung und Entstehung von Karzinomen
Eine große Zahl von Studien konnte zeigen, dass epigenetische Veränderungen in
Tumorzellen signifikant mit Tumorentstehung, Invasion, Metastasenbildung und der
Resistenz gegenüber Chemotherapien einhergehen (Zuo et al., 2009, Jones und Baylin
2002, Feinberg und Tycko 2004). Insbesondere im Bereich der DNA-Methylierungen
konnte ein „Silencing“ von Tumorsupressorgenen durch Promotorhypermethylierung in
einer großen Zahl verschiedener Tumoren wie Kolon-, Blasen-, Magen-, Brust-, Uterusund Nierenkarzinomen beobachtet werden (Zuo et al., 2009, Jones und Baylin 2002, Jones
und Baylin 2007, Esteller 2008).
Einerseits ist globale Hypomethylierung ein frühes Ereignis in der Kanzerogenese,
welches, wie kürzlich bei Mammakarzinomen beschrieben, zu chromosomaler Instabilität
führen kann, wenn es in repetitiven Regionen des Genoms auftritt (Costa 2010). Es wird
angenommen, dass Hypomethylierungen zur Aktivierung der Expression von sonst nicht
exprimierten Genen einschließlich Protoonkogenen führen kann (Haluskova 2010).
19
Andererseits können Hypermethylierungen in Promotorregionen von verschiedenen Genen
zur Herunterregulierung der Expressionen von Genen führen, was eine der Ursachen für
die Tumorentstehung sein kann (Costa 2010, Jones und Baylin 2002). Aufgrund
epigenetischen Silencings durch Promotorhypermethylierung kann bei Betroffenheit eines
Allels durch LOH (loss of heterozygosity) eine Inaktivierung von Tumorsupressorgenen
wie beispielsweise PTEN, RB, APC oder CDKN2A erfolgen. In diesem Zusammenhang
sind darüber hinaus auch Mutationen in Onkogenen wie KRAS festgestellt worden (Ellis et
al., 2009).
Epigenetische Veränderungen, einschließlich DNA-Methylierungen, treten in den frühen
Stadien der Karzinogenese (Haluskova 2010) und in benignen Tumoren in Erscheinung
(Ellis et al., 2009, Esteller 2007). Eines der wichtigsten Merkmale in der Veränderung von
DNA-Mehylierungen in Tumoren ist, dass sie gewebs- und tumorspezifisch sind, was sie
hinsichtlich der Tumordiagnostik und Klassifikation nützlich erscheinen lässt (Haluskova
2010, Paluszczak und Baer-Dubowska 2006).
Zurzeit werden viele Gene erforscht, die potentiell als spezifische Marker für Diagnostik
und Prognose von Tumoren in Frage kommen. Aktuelle Kandidaten für solche Marker, die
auf eine verminderte Genexpression durch Hypermethylierung von Promotorregionen
hinweisen, sind zum Beispiel das Rb1-Gen bei Blasenkarzinomen (Malekzadeh et al.,
2009), hMLH1 und hMSH2 bei Ovarialtumoren (Zhang et al., 2008) oder ADAM23 bei
Kolonkarzinomen (Choi et al., 2009, Haluskova 2010).
Auf globaler Ebene, in der Tumor-DNA oft durch Hypomethylierung zur Onkogenese
beiträgt, weisen aktuelle Studien auf Zusammenhänge zwischen verschiedenen
hypomethylierten Genen und bestimmten Tumorentitäten hin. So stellten beispielsweise
Seifert et al., 2007 eine frühe globale Hypomethylierung bei Blasenkarzinomen fest.
Hypomethylierte SATR-1-Sequenzen gehen gehäuft mit Frühstadien von Brustkrebs einher
(Costa et al., 2006). Die Hypomethylierung von LINE-1 (Long-Interspearsed Nuclear
Element 1) und Alu wurde mit einer genomischen Instabilität in kleinzelligen
Lungenkarzinomen verbunden, was als Indikator für potentiell vertauschbare Elemente in
Lungenneoplasien dargestellt wurde (Daskalos et al., 2009, Haluskova 2010).
Therapeutisch fanden die Erkenntnisse aus der DNA-Methylierungsforschung bereits
klinische Anwendung bei der Entwicklung von Medikamenten wie Decitabin oder 5-aza2´-Deoxycytidin, welche mit DNMTs interferieren und dadurch hypermethylierte DNA in
einen hypomethylierten Zustand überführen. Solche Medikamente werden zum Beispiel in
niedrig dosierter Form bei myelodysplastischen Syndromen verwendet, um den Zeitraum
der Transfusionsunabhängikeit und das Überleben zu verlängern (Zuo et al., 2009).
20
Wichtig erscheint auch, dass epigenetische Therapien dazu in der Lage sind, andere
Therapieeffekte zu potenzieren (Ellis et al., 2009).
Allerdings sind die heute verwendeten Medikamente noch sehr unspezifisch und mit
zahlreichen Nebenwirkungen verbunden. Die Erforschung spezifischerer Biomarker, vor
dem Hintergrund epigenetischer Erkenntnisse, ist für die Entwicklung eines besseren
individualisierten Tumor-Profilings daher essentiell (Costa 2010).
1.3.4 DNA-Methylierung bei neuroendokrinen Tumoren
In den letzten Jahren ist molekularpathologisch mehr und mehr die Erforschung dieser
seltenen NET in den Vordergrund getreten. Die klassischen Onkogene wie KRAS scheinen
im Gegensatz zu anderen Tumorentitäten des gastroenteropankreatischen Systems keine
entscheidende Rolle in der Karzinogenese zu spielen (Bosmann et al., 2010, Grabowski et
al., 2006). Neben den etablierten serumbiochemischen Markern wie Chromogranin A
(CgA), 5-Hydroxyindolessigsäure (5-HIE) und anderen immunhistochemischen Markern
wie Ki-67, Synaptic Vesicle Glycoprotein 2, Synaptobrevin 1, NCAM-1, CDX2,
Transcription Termination Factor 1 (TTF-1) und Peptidhormonrezeptoren (Turaga und
Kvols 2011, Modlin et al., 2008) scheint hingegen die Methylierung verschiedener Gene
und DNA-Abschnitte eine Rolle in der Karzinogenese, Tumordifferenzierung und
Aggressivität von GEP-NET zu spielen. Beispielsweise konnten Chan et al., 2003 zeigen,
dass p14, p16, THBS 1 und MGMT bei „Karzinoidtumoren“ und ER bei Pankreas-NET
tumorspezifisch methyliert waren. 2008 konnten Arnold et al., weiterhin zeigen, dass
neben Hypermethylierung in den RUNX3- und O(6)-MGMT-Genen, das Auftreten des
sog. CIMP (CpG-Insel-Methylator-Phänotyp), bei dem mehr als 2 der untersuchten Gene
hypermethyliert sind, mit Ki-67 und dem Überleben von Patienten korreliert.
Neben weiteren Studien, welche die Wichtigkeit einiger Gene bezüglich ihrer
Hypermethylierung zeigen (Liu et al., 2005, Zhang et al., 2006, Habbe et al., 2007,
Rahman et al., 2010), konnten Choi et al., 2007 im Sinne einer globalen DNADemethylierung eine signifikante Demethylierung von LINE-1 in NET des Pankreas und
des Darms feststellen.
1.3.5 LINE-1
LINE-1 (Long-Interspersed Nuclear Element 1) stellen die bekannteste Familie der sog.
Nicht-LTR-(Long terminal repeat)-Retrotransposons im menschlichen Genom dar. Sie
umfassen ca 17% des Genoms (Phokaev et al., 2008), sind breit im Genom verstreut und
über die Evolution in über 500.000 durch Retroposition entstandenen Kopien vertreten.
21
Neben der Tatsache, dass die größte Zahl der LINE-1 verkürzt und nicht aktiv sind, werden
etwa 80–100 als retropositionsfähig gesehen, wovon nur 6 allen historischen
Retropositionsereignissen unterliegen (Brouha et al., 2003, Aporntewan et al., 2011). Das
gesamte LINE-1-Retrotransposon umfasst in seiner Länge etwa 6.000 Basenpaare und
wird charakterisiert durch ein 5´UTR, ein 3´UTR als Polyadenylierungssignal und durch 2
sogenannte open reading frames (ORF1 und ORF2), welche für zwei Proteine, die für die
Retrotransposition erforderlich sind, kodieren (Kazazian und Moran 1998, Rouchka et al.,
2010, Aporntewan et al., 2011). Über 2000 solcher LINE-1 sind intragenisch und befinden
sich innerhalb von ca. 1000 Genen (Aporntewan et al., 2011). LINE-1 präsentieren sich
durch charakteristische Hypomethylierungsmuster in verschiedenen Neoplasien (Lander et
al., 2001, Kazazian 2004, Chalitchagorn et al., 2004) und bewahren ihre Fähigkeit, im
menschlichen Genom aktiv zu bleiben. Durch ihre Hypomethylierung kann es zur
Aktivierung der Transkription intakter LINE-1-Elemente kommen, was dann, durch
Retrotransposition, zu genetischer Instabilität beitragen kann (Symer et al., 2002, Kazazian
und Goodier 2002, Estecio et al., 2007). In GEP-NET konnten Choi et al. (2007) in ihrer
Studie darstellen, dass LINE-1-Hypomethylierung gehäuft bei Patienten mit Chromosom18-Verlusten
und
RASSF1A-Methylierung
sowie
in
Zusammenhang
mit
Lymphknotenmetastasierung auftritt. Die LINE-1-Methylierung wurde in verschiedenen
Studien mit dem Outcome und der Prognose unter anderem von Patienten mit Ovarial-,
Lungen- und Leberkarzinomen korreliert und als Prognoseparameter vorgeschlagen
(Pattamadilok et al., 2008, Tangkijvanich et al., 2007, Saito et al., 2010).
1.3.6 PTEN
Das PTEN-Gen (phosphatase and tensin homolog) stellt ein Tumorsupressorgen dar,
welches sich auf dem Chromosom 10q23 befindet (Hino et al., 2009, Li et al., 1997). Es
kodiert eine nicht redundante Phosphatase, die dem Phosphatidylinositol3-kinase(-PI3K)/Akt-Signaltransduktionsweg,
einem
der
entscheidendsten
tumorinduzierenden
Signalwege, entgegenwirkt. In aktuellen Studien konnte veranschaulicht werden, wie breit
PTEN in seiner nicht pathologischen Funktion als dephosphoryliertes Phosphatidylinositol3,4,5-Trisphosphat (PIP3) Einfluss auf genomische Instabilität, DNA-Reperatur,
Stammzellenselbsterneuerung, Zellalterung, Zellmigration und/oder Zellmetastasierung
nimmt (Zhang und Yu 2010). Ein durch Mutation, LOH (loss of heterozygoty) oder
Promotorhypermethylierung eingetretener Funktionsverlust des PTEN-Gens kann zur
Verstärkung antiapoptotischer und/oder mitogener Signalwege führen (Hino et al., 2010,
Sansal et al., 2004). In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass die Mutation
22
des PTEN-Gens eine entscheidende Rolle bei unterschiedlichen Tumoren wie
Endometriumkarzinom,
Melonom,
Prostata-,
Blasen-,
Lungen-,
Ovarial-
oder
Kolonkarzinom spielt (Sansal et al., 2004). Ebenfalls konnte vor allem in aktuellen Studien
die entscheidende Rolle der Promotorhypermethylierung von PTEN in verschiedensten
Tumoren aufgeklärt werden (Mirmohammadsadegh et al., 2006, Fan et al., 2010, Ho et al.,
2009, Kim et al., 2010, Lathz et al., 2010, Muggerud et al., 2010).
Bei NET dagegen konnten Perren et al., 2000 in nur einem von 33 NET des Pankreas eine
Mutation feststellen. Arnold et al., 2007 konnten in einer Studie an NET des Vorder- und
Mitteldarms mittels MSP (Methylation Specific Polymerase Chain Reaction) ebenfalls
keine gehäufte PTEN-Methylierung feststellen, sodass davon auszugehen ist, dass PTEN
bei der Entstehung von NET eine geringe Rolle spielt. Krausch et al., 2011 konnten jedoch
kürzlich immunhistochemisch auf eine verminderte Expression von PTEN bei NET des
Pankreas hinweisen, sodass die Rolle von PTEN bei NET noch nicht abschließend geklärt
scheint.
1.4
Zielsetzung der Arbeit
In dieser Arbeit soll ein Probenkollektiv bestehend aus 183 neuroendokrinen Tumoren des
gastroenteropankreatischen Systems bezüglich Diagnose und Klassifikation untersucht
werden. Zunächst soll die Reevauluation der Tumoren anhand der aktuellen WHO 2010Nomenklatur, der bereits gestellten Diagnosen nach den Kriterien der WHO 2000, der
ENETS und der TNM-Klassifikation von 2010 erfolgen. Die Verteilungen werden
gegenübergestellt und anhand vorhandener Daten aus der Literatur bewertet, um
herauszufinden welche Nomenklatur und Klassifikation sich als geeigneter darstellt, um
die Prognose bzw. das Diginitätsbild der einzelnen Tumoren widerzuspiegeln.
Anhand von Korrelationen zwischen Lokalisation, Alter, Geschlecht, Diagnosen, T-, Nund M-Kategorie sollen diese Tumoren weiterhin genauer charakterisiert werden und die
prognostische Relevanz der WHO 2010 Diagnosen und der TNM-Klassifikation von 2010
dargestellt werden.
In Anlehnung an die ermittelten Daten für Lokalisation, Diagnosen und TNMKlassifikation wird anschließend die Methylierung von LINE-1 und PTEN untersucht und
verglichen. Hier wird beurteilt, ob die Methylierung dieser bei anderen Tumorarten gut
erforschten Gene einen prognostisch relevanten Wert bei entsprechender Lokalisation,
WHO-Diagnose oder TNM-Klassifikation hat.
23
2
Material und Methoden
2.1
Das Probenkollektiv
Das Probenkollektiv bestand aus Paraffinblöcken von 183 neuroendokrinen Tumoren des
gastroenteropankreatischen Systems des Instituts für Pathologie der Ruhr-Universität
Bochum am Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil. Die
Fallauswahl erfolgte mit Hilfe des im Institut verwendeten digitalen Befundsystems dcPathos (DC-SYSTEME, Heiligenhaus, Deutschland).
Mit Hilfe einer implementierten Volltextrecherche wurden die Befundnummern sämtlicher
neuroendokriner Tumoren aus den Jahren 2002 bis 2008 herausgefiltert. Anhand der so
gewonnen Befundtexte wurden folgende Daten anonymisiert erfasst und in einer ExcelTabelle zusammengetragen:
Befundnummer, Geschlecht, Geburtsdatum, Alter zum Diagnosezeitpunkt, Lokalisation
inklusive ICD-O-C Kodierung, Tumorgröße und Proliferationsrate sowie Daten über einen
Lymphknotenbefall und Fernmetastasen.
Die Diagnosen für die einzelnen Tumoren wurden jeweils eindeutig gestellt und im
Verlauf der Untersuchungen anhand der zu diesem Zeitpunkt geltenden Diagnosekriterien
der WHO 2000 bestätigt.
Von den zusammengetragenen 183 neuroendokrinen Tumoren waren 48 (26%) im
Dünndarm, 28 (15%) im Kolon, 36 (20%) im Magen, 40 (22%) im Pankreas und 31 (17%)
im Appendix lokalisiert (Tabelle 4).
Tabelle 4: Anzahl der Tumoren nach Lokalisation.
Lokalisation
Magen
Dünndarm
Kolon
Appendix
Pankreas
Gesamt
2.2
Anzahl
36
48
28
31
40
183
Ethikvotum
Es erfolgte die Zulassung der Studie durch das Votum der örtlichen Ethik-Kommission der
medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum am 13.04.2011 unter der
Registriernummer 3980-11.
24
2.3
Histologisches und immunhistochemisches Verfahren
Ausgangspunkt für die Untersuchungen waren formalinfixierte und in Paraffin eingebettete
Gewebeproben. Für konventionell histologische und immunhistochemische Färbungen
wurden von den Paraffinblöcken mit Hilfe eines Schlittenmikrotoms 2 µm dicke Schnitte
angefertigt. Diese wurden für die Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE-Färbung) auf
Objektträger (Standardobjektträger) und auf speziell beschichtete Objektträger (mit 2%
APES/ Ethanol Lösung) aufgezogen. Insgesamt wurden 5 Objektträger angefertigt, einer
für die HE-Färbung, zwei für die immunhistochemischen Untersuchungen und 2 als
Reserve. Weitere 10 Schnitte mit einer Schichtdicke von 10 µm wurden für die spätere
Untersuchung der DNA-Methylierung angefertigt.
2.3.1 Hämatoxylin-Eosin-Färbung
Die HE-Färbung erfolgte im standardisierten Färbeverfahren. Durch den Kernfarbstoff
Hämatoxylin und der Kontrastierung mit Hilfe des Plasmafarbstoffes Eosin wird die
Darstellung von Gewebsstrukturen ermöglicht.
Nach Entparaffinierung der auf Objektträger aufgezogenen Schnitte mit Xylol und
anschließender Rehydrierung in einer Alkoholreihe absteigender Konzentration (100%,
96%, 80%, 70%) wurden die Objektträger mit Aqua dest. gespült. Es folgte die Färbung
mit Hämatoxylin für 8 min. Nach erneuter Spülung mit Aqua dest. und 10 min Spülen
unter Leitungswasser (Bläuen) erfolgte die Gegenfärbung mit Eosin 1% für 30 s. Nach 3
min Spülen mit Aqua dest. wurden die Schnitte in aufsteigender Alkoholreihe dehydriert
(70%, 80%, 96%, 100%). Die so entwässerten Schnitte wurden mit Xylol für 10 min
geklärt. Zuletzt erfolgte das Eindecken der Schnitte mit Eukitt® (O. Kindler Gmbh & Co.,
Freiburg) und das Abdecken mit einem Deckgläschen.
2.3.2 Markierung der Tumorareale
Die neuroendokrinen Tumoren wurden im Vier-Augen-Verfahren (zusammen mit Dr. med.
Ingo Stricker) auf dem Objektträger markiert. Mit Hilfe der so markierten Tumorareale
konnte im Verlauf das Entfernen von Tumorgewebe von den 10 µm Schnitten erfolgen,
was für die Untersuchung der DNA-Methylierung erforderlich war.
2.3.3 Immunhistochemische Untersuchungen
Die immunhistochemischen Untersuchungen wurden unter Verwendung des Leica BONDMAX™ autostainer und des Bond Polymer Refine Red Detection™ System (beide Leica
Microsystems, Wetzlar, Deutschland) durchgeführt. Die einzelnen Schritte waren sowohl
25
für die Markierung von Ki-67 als auch für Synaptophysin identisch. Unterschiede
bestanden lediglich hinsichtlich der Antikörper und unterschiedlichen Positiv- bzw.
Negativkontrollen.
Die Schnitte wurden zunächst für 10 min bei 100 °C in einem Brutschrank inkubiert.
Im BOND-MAX erfolgte dann die Entparaffinierung zunächst mit Bond Dewax Solution
für 3 x 30 s bei 72 °C; anschließend erfolgte die Rehydrierung in Alkohol (100%, 96%,
80%, 70%). Mit Bond Wash Solution wurde die Entparaffinierung abgeschlossen.
Zur Vorbehandlung für die beiden Färbeverfahren wurde - als Alternative zu einem
enzymabhängigen Verfahren - ein Hitzeverfahren angewandt. Hierfür wurde zunächst für
20 min mit Bond ER Solution 2 bei 100 °C inkubiert, um ggf. Epitope zu demaskieren.
Anschließend wurde erneut mit Bond Wash Solution gewaschen.
Mit Antikörperlösung wurde für je 20 min inkubiert (Primärantikörper Ki-67, # M7240,
Dakocytomation, MIB-1, mouse monoclonal, 1:2.000; Synaptophysin-Antikörper, #
AM363-5M, Snp88, Biogenex, mouse monoclonal, 1:5.000).
Die weiteren Schritte waren für beide Verfahren identisch und erfolgten jeweils mit
biotinfreien, mit alkalischer Phosphatase gebundenen Polymeren des Bond Polymer Refine
Red Detection™ System. Nach der 20 min Inkubation wurden die Schnitte 3-mal mit Bond
Wash Solution gewaschen. Im Anschluss erfolgte für 10 min die Inkubation des Post
Primary AP (Bond Refine Red Kit) gefolgt von 3 Waschschritten für 2 min mit Bond
Wash Solution. Nach Zugabe von Bond Polymer AP (Bond Refine Red Kit) für 20 min
und erneuter Bond Wash Solution Spülung für 5 x 2 min wurden die Proben mit Aqua dest.
gespült.
Die chromogene Rotfärbung der Antikörper-Antigen-Komplexe der Kerne erfolgte durch
Zugabe von Bond Mixed Refine Fast Red chromogene (Bond Refine Red Kit) für 2 x 5
min mit nachfolgender 3-maliger Spülung mit Aqua dest.. Die blaue kontrastverstärkende
Gegenfärbung erfolgte nach gründlicher Aqua-dest.-Spülung mit Hämatoxylin (Bond
Refine Red Kit) für 5 min. Beendet wurde die Gegenfärbung durch gründliche Spülung mit
Aqua dest., Bond Wash Solution und erneut mit Aqua dest..
Nach Entnahme der Objektträger aus dem Leica BOND-MAX™ autostainer wurden die
Schnitte zur permanenten Eindeckung außerhalb des Gerätes vorbereitet. Hierfür wurden
Diese zunächst mit Hilfe einer aufsteigenden Alkoholreihe (70 %, 80%, 96 %, 100 %)
dehydriert und anschließend mit Xylol behandelt. Das abschließende Eindecken erfolgte
nach Zugabe von Eukitt® (O. Kindler Gmbh & Co., Freiburg) und Lufttrocknung.
Als Positivkontrollen dienten Schnitte von Tonsillen bzw. Pankreasgewebe. Die
Negativkontrollen wurden ohne Primärantikörper gefahren.
26
Tabelle 5: verwendete Antikörper.
Antigen
Antikörper
Klonalität
Verdünnung
Ki-67
MIB-1
monoklonal
1:2.000
Synaptophysin
Snp88
monoklonal
1:5.000
2.3.4 Immunhistochemische Auswertung
Die Auswertung der Ki-67 markierten Tumorpräparate erfolgte quantitativ durch
Auszählung der Zellkerne im Bereich des markierten Tumorareals. Um sicher zu stellen,
dass ausschließlich Tumorareale untersucht werden, erfolgte jeweils ein Vergleich mit dem
Synaptophysin-markierten
Parallelpräparat,
in
dem
neuroendokrine
Zellen
bzw.
Tumorareale entsprechend markiert sind. Die Auszählung wurde sowohl durch Dimitri
Tzivras und davon unabhängig von Dr. med Ingo Stricker durchgeführt. Bei Diskrepanzen
erfolgte eine erneute Auszählung mit Auswahl des warscheinlichsten Wertes.
Als Mikroskop für die Auszählung der Proliferationsrate diente das Axioplan 2 imaging
system der Firma Zeiss. Bei 400-facher Vergrößerung, entsprechend einem High Power
Field (HPF), wurden pro Schnitt alle Zellkerne und die Ki-67 positiven Tumorzellkerne
ausgezählt und dokumentiert.
Bei kleinen Tumoren, bei denen weniger als 10 HPFs ausgewertet werden konnten,
erfolgte die Auswertung am gesamten Tumorareal. Bei großen Tumoren wurden 10 HPFs
aus dem Areal der stärksten Anfärbung ausgezählt und der Proliferationsindex (PI) nach
folgender Formel bestimmt:
PI ( %)=
Ki-67 positiv markierte Zellkerne
Gesamtzahl der Zellkerne
*100
Pro Tumorprobe wurden somit bis zu 5.000 Zellkerne gezählt.
2.4
Diagnosen und TNM-Klassifikation
2.4.1 Diagnosen
Die Diagnosen wurden anhand der vorhandenen HE-, Synaptophysin- und der Ki-67Schnitte gestellt. Alle Proben waren Synaptophysin-positiv.
Gemäß der WHO-Kriterien von 2010 konnten, analog zu den jeweils bestimmten
Proliferationsraten, die entsprechenden Diagnosen gestellt werden. Tumoren mit einer
27
Proliferationsrate von 0-2% entsprechen einem gut differenzierten neuroendokrinen Tumor
(NET G1), bei einer Proliferationsrate von 3-20% einem mäßig differenzierten
neuroendokrinen Tumor (NET-G2) und bei einer Proliferationsrate über 20% einem
schlecht differenzierten neuroendokrinen Karzinom (NEC).
2.4.2 TNM-Klassifikation
Aus den gesammelten Daten in Zusammenschau mit den durchgeführten Untersuchungen
konnte an Hand der Kriterien der ENETS (Rindi et al., 2006a,b, 2007) und der TNM
Klassifikation von 2010 (Wittekind und Meyer 2010) jeweils eine Klassifikation und
Stadieneinteilung angegeben werden und diese beiden Klassifikationen gegenübergestellt
werden. Eine T-Kategorie konnte in 129 von 183 Fällen vergeben werden, da hier das
Resektionsausmaß des Tumors ausreichend goß war. Bei kleineren Biopsien konnte keine
T-Kategorie vergeben werden.
2.4.3 Auswertung und graphische Darstellung der Daten
Mit Hilfe von Excel-Diagrammen wurden die Unterschiede in den verschiedenen
Diagnose- und Klassifikationsarten und die jeweiligen Auffälligkeiten verdeutlicht und
gegenübergestellt.
Neben den beiden neu erstellten Klassifikationen wurden die aktuellen Diagnosen
ebenfalls in der Datenbank erfasst. Die auf diese Weise erstellte Excel-Tabelle diente als
Grundlage für die Auswertung des Tumorprobenkollektivs.
Die Befundnummer wurde anonymisiert und durch eine fortlaufende Nummer ersetzt.
Verschiedene Gruppen wie Alter, Geschlecht und Tumorlokalisation wurden teilweise
zusammengefasst und anhand der Fragestellung verglichen. Die Zusammenstellung,
Auswertung und graphische Darstellung der Daten erfolgte durch Dimitri Tzivras.
Ein Teil der Arbeit wurde 2012 publiziert:
Stricker, I., Tzivras, D., Nambiar, S., Wulf, J., Liffers, S.T., Vogt, M., Verdoodt, B.,
Tannapfel, A., Mirmohammadsadegh, A. (2012). Site- and grade-specific diversity of
LINE1 methylation pattern in gastroenteropancreatic neuroendocrine tumours. Anticancer
Res.; 32(9): 3699-706.
28
Tabelle 6: gesamtes Tumorprobenkollektiv neuroendokriner Tumoren
Fall
Jahr
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
Geschlecht Alter
w
m
w
m
w
m
w
m
m
w
w
m
w
w
m
m
w
w
m
m
m
w
m
w
w
m
w
m
m
w
m
m
w
m
w
m
w
m
m
m
m
m
82
63
74
71
81
67
81
70
76
80
69
82
86
67
49
52
82
10
83
56
44
70
50
77
47
68
81
56
55
65
58
73
81
71
62
38
60
72
38
47
70
71
Organ
Darm
Darm
Magen
Magen
Darm
Magen
Magen
Darm
Magen
Darm
Darm
Darm
Magen
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Pankreas
Pankreas
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Magen
Magen
Pankreas
Darm
Darm
Pankreas
Pankreas
Pankreas
Pankreas
Darm
Magen
Darm
Magen
Pankreas
29
genauere
Lokalisation
Duodenum o.g.A.
Appendix
Korpus
Antrum
Hemikolon rechts
Antrum
Korpus
Rektum
Antrum
Dünndarm o.g.A.
Mesenterialwurzel
Ampulla vateri
o.g.A.
Ileum
Schwanz
Appendix
Ileum
Appendix
Hemikolon rechts
Schwanz
Rektum
Ileum
Schwanz
Korpus + Schwanz
Korpus +Schwanz
Sigma
Duodenum o.g.A.
Appendix
o.g.A.
Korp./Fund./Kard.
Schwanz
Dünndarm o.g.A.
Ileum
Korpus + Schwanz
Schwanz
o.g.A.
Schwanz
Rektum
Antrum
Duodenum o.g.A.
Korpus
o.g.A.
Durchmesser
in cm
Biopsie
0,4
Biopsie
2
1,5
Biopsie
Biopsie
Biopsie
0,6
3
Biopsie
2
Biopsie
1,6
5,3
1,2
1,8
1,6
0,2
8
1
2
0,3
0,4
1,4
0,8
Biopsie
0,3
Biopsie
Biopsie
4,3
0,5
4
10,5
0,6
1,5
0,7
10
Biopsie
Biopsie
Biopsie
Biopsie
Fortsetzung Tabelle 6: gesamtes Tumorprobenkollektiv neuroendokriner Tumoren
Fall
Jahr
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2008
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2007
2006
2006
2006
2006
2006
2006
2006
2005
2005
2008
2008
2008
2008
2008
2008
Geschlecht Alter
m
w
w
m
m
m
w
m
m
w
m
w
w
w
m
w
w
w
m
m
m
m
m
w
w
w
w
m
m
w
w
w
m
m
m
m
m
w
w
m
m
w
w
w
w
m
m
m
53
52
67
60
55
18
71
73
73
70
74
55
69
31
27
70
52
69
59
82
72
67
65
88
82
15
29
76
59
71
35
55
48
51
14
85
33
78
39
57
68
58
74
25
75
63
78
48
Organ
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Magen
Magen
Darm
Magen
Pankreas
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Darm
Pankreas
Pankreas
Darm
Pankreas
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Magen
Darm
Darm
Magen
Darm
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Pankreas
Pankreas
Pankreas
Darm
Magen
Darm
Darm
30
genauere
Lokalisation
Schwanz
Duodenum o.g.A.
Appendix
Appendix
Rektum
Appendix
Korpus
Antrum
Ileum
Korpus
Kopf
Rektum
Kopf
Appendix
Appendix
Duodenum o.g.A.
Ampulla vateri
Korpus
Schwanz
Bulbus duodeni
Kopf
Korpus
Dünndarm o.g.A.
Ileum
Duodenum o.g.A.
Appendix
Appendix
Korpus
Dünndarm o.g.A.
Dünndarm o.g.A.
Antrum/ Korpus
Appendix
Rektum
Kopf
Appendix
Ileum
Appendix
Schwanz
Appendix
Appendix
Dünndarm o.g.A.
Kopf
o.g.A.
o.g.A.
Ileum
Korpus
Duodenum o.g.A.
Rektum
Durchmesser
in cm
0,4
0,6
0,7
0,8
0,9
0,3
Biopsie
Biopsie
1
Biopsie
2,6
0,6
2,5
0,5
0,6
Biopsie
1,3
4
9
1,2
0,2
6
1,7
Biopsie
Biopsie
1,6
0,8
1,8
1,5
2,2
0,7
2,5
Biopsie
4,5
1,2
1
0,3
2,8
1,1
0,4
1,9
2
2,6
6,1
4
Biopsie
Biopsie
Biopsie
Fortsetzung Tabelle 6: gesamtes Tumorprobenkollektiv neuroendokriner Tumoren
Fall
Jahr
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
120
121
122
123
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
134
135
136
137
138
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2005
2004
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2004
2003
2003
2003
2003
2003
2002
2002
2002
2002
2002
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2008
Geschlecht Alter
w
w
w
m
m
m
m
w
w
m
w
m
w
w
w
w
m
m
m
m
m
w
m
w
m
w
w
m
w
m
m
w
w
m
m
w
m
m
w
w
w
w
m
w
w
m
m
w
41
74
59
24
75
68
62
51
91
57
57
86
69
80
72
83
69
69
77
82
76
18
18
37
68
79
13
46
68
55
66
62
86
65
41
59
77
52
62
19
57
74
17
72
62
60
69
9
Organ
Darm
Magen
Darm
Darm
Darm
Magen
Magen
Magen
Magen
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Magen
Darm
Darm
Magen
Darm
Pankreas
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Darm
Magen
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Magen
Pankreas
Pankreas
Darm
31
genauere
Lokalisation
Appendix
Korpus
Appendix
Appendix
Sigma
Kardia
Korpus
Korpus
o.g.A.
Bulbus duodeni
Rektum
Ileum
Dünndarm
Rektum
Dünndarm.
Duodenum o.g.A.
Appendix
Ileum
Rektum
Dünndarm o.g.A.
Fundus
Appendix
Appendix
Korpus/ Antrum
Appendix
Schwanz
Appendix
o.g.A.
Dünndarm o.g.A.
Appendix
Rektum
Ileum
Fundus
Dünndarm o.g.A.
Appendix
Rektum
Rektum
Rektum
Rektum
Appendix
Rektum
Schwanz
Appendix
Rektum
Korpus
Kopf
o.g.A.
Appendix
Durchmesser
in cm
2,2
Biopsie
0,4
0,9
Biopsie
Biopsie
Biopsie
0,7
Biopsie
0,3
Biopsie
9,5
1,8
0,5
0,8
0,6
1
1,5
0,4 (R1)
2
Biopsie
2
1,3
Biopsie
0,4
1,7
0,7
4,5
0,6
0,4
Biopsie
1,1
Biopsie
2,5
0,3
0,4
Biopsie
0,3
Biopsie
0,3
0,7
3,7
1
Biopsie
Biopsie
0,4
0,3
0,3
Fortsetzung Tabelle 6: gesamtes Tumorprobenkollektiv neuroendokriner Tumoren
Fall
Jahr
139
140
141
142
143
144
145
146
147
148
149
150
151
152
153
154
155
156
157
158
159
160
161
162
163
164
165
166
167
168
169
170
171
172
173
174
175
176
177
178
179
180
181
182
183
2008
2008
2008
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2004
2008
2008
2008
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2007
2007
2007
2007
2007
2007
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2006
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2005
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2004
2004
2004
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2002
2002
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2005
2004
2004
Geschlecht Alter
m
w
m
w
m
m
m
m
w
m
w
w
w
m
w
m
m
m
w
w
m
m
m
w
m
w
w
w
m
w
m
w
m
m
w
m
m
m
m
m
m
m
w
w
w
51
23
67
64
54
65
42
68
51
78
64
56
74
78
68
89
65
71
57
59
54
40
46
58
73
80
57
69
72
62
72
56
78
78
83
36
41
65
55
74
51
58
80
96
67
Organ
Darm
Pankreas
Darm
Magen
Darm
Magen
Magen
Magen
Darm
Darm
Darm
Pankreas
Darm
Pankreas
Pankreas
Pankreas
Pankreas
Pankreas
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Darm
Pankreas
Magen
Darm
Magen
Darm
Darm
Pankreas
Darm
Darm
Pankreas
Magen
Magen
Pankreas
Darm
Magen
Magen
Darm
Darm
Magen
Darm
Darm
Darm
32
genauere
Lokalisation
Ileum
Schwanz
Ileum
Antrum
Rektum
Korpus
Korpus
Korpus
Rektum
Duodenum o.g.A.
Appendix
Schwanz
Rektum
Kopf
o.g.A.
o.g.A.
o.g.A.
o.g.A.
Rektum
o.g.A.
Rektum
Duodenum o.g. A.
Ileum
o.g.A.
Korpus
Bulbus duodeni
Antrum
Ileum
Ileum
Korpus
Ileum
Appendix
Schwanz
Antrum
Antrum
o.g.A.
Bulbus duodeni
Korpus + Antrum
Korpus
Ileum
Rektum
o.g.A.
Ileum
Ileum
Rektum
Durchmesser
in cm
0,9
1,3
1
1,4
0,1
0,1
Biopsie
0,4
0,8
Biopsie
0,4
1,1
Biopsie
0,7
3,5
1,5
12,3
Biopsie
Biopsie
0,6
0,5
1,5
0,9
0,7
Biopsie
Biopsie
Biopsie
Biopsie
1,5
5
6,7
0,1
1,3
0,9
Biopsie
2,2
0,6
Biopsie
Biopsie
Biopsie
Biopsie
Biopsie
4,5
2,5
Biopsie
2.4
DNA-Methylierung LINE-1/PTEN
Die folgenden Untersuchungen DNA-Extraktion, DNA-Konzentrationsmessung, BisulfidBehandlung der DNA, Polymerase-Kettenreaktion, Pyrosequenzierung und die statistische
Auswertung erfolgten jeweils durch Dimitri Tzivras.
2.4.1 DNA-Extraktion
Um eine Kontaminierung von Tumorgewebe mit gesunder Vergleichsmukosa zu
minimieren, wurde bei den jeweiligen HE-Schnitten der Tumor anhand der Histologie und
der Synaptophysinfärbung unter dem Mikroskop genau eingezeichnet. Zusammen mit den
entsprechenden, mit Synaptophysin gefärbten Schnitten, konnte dann unter dem
Lichtmikroskop (Zeiss Axiophot), mit Hilfe eines sterilen Skalpells, der Tumor bzw. die
gesunde Vergleichsmukosa makrodisseziert und in ein 1,5ml-Eppendorf-Reaktionsgefäß
überführt werden. In die Gefäße wurden je 700 µl Xylol gegeben.
Die DNA-Extraktion erfolgte mittels QIAmp DNA FFPE Tissue Kit (Qiagen, Hilden,
Deutschland). Hierfür wurden die Proben für 20 s mit Hilfe des Touch-Vortexers (Glas
Col®, USA) gemischt und 5 min bei 20000 xG und RT zentrifugiert (mit 5424R,
Eppendorf, Hamburg). Der Überstand wurde verworfen. Um Xylolreste zu entfernen,
wurde 100%iger Alkohol zugegeben, gevortext, für 5 min (20000 xG, RT) zentrifugiert
und der Überstand verworfen. Die Pellets wurden für 10 min bei 56 °C im Heizblock
Thermostat 5320 (Eppendorf, Hamburg) getrocknet.
Die getrockneten Pellets wurden anschließend mit 180 µl ATL-Gewebslysepuffer
resuspendiert, bevor der Proteinase K-Verdau mit 20 µl Proteinase K (> 600 mAU/ml)
erfolgte. Nach Vortexen wurden die Gefäße mit geschlossenem Deckel bei gestarteter
Schüttelfunktion über Nacht in den Heizblock (56 °C) gestellt.
Nach Anzentrifugation (6.000 xG, RT) wurde 200 µl AL-Präparationspuffer zugegeben.
Wieder wurden die Proben kurz gevortext, 200 µl Ethanol (100 %) zugefügt, leicht
gevortext und kurz bei 6.000 xG und RT zentrifugiert.
Das gesamte Lysat wurde nun auf die QIAmp MinElute column gegeben und bei 6.000 xG
und RT 1 min lang zentrifugiert. Der Durchfluss wurde verworfen und die Säulen für den
ersten Waschschritt mit 500 µl AW1-Wasch- bzw. Denaturierungspuffer beladen und für 1
min bei 6.000 xG und RT zentrifugiert. Wieder wurde der Durchfluss verworfen.
Die Säulen wurden nun für den zweiten Waschschritt mit AW2-Wasch- bzw.
Denaturierungspuffer beladen und 1 min bei 6.000 xG und RT zentrifugiert. Erneut wurde
33
der Durchfluss verworfen und die Säulen 3 min lang bei 20.000 xG und RT zentrifugiert,
um die Säulenmembran vollständig von Zellrückständen außer DNA zu befreien.
Zum Eluieren der DNA wurden die QIAmp Min elute columns in 1,5-ml-EppendorfReaktionsgefäße gesetzt und mit 24 µl ATE-Eluierungspuffer beladen. Nach 5-minütiger
Inkubation bei RT wurden die Säulen bei 20000 xG und RT für 1 min zentrifugiert, um die
DNA von der Säulenmembran zu lösen.
In den Reaktionsgefäßen befanden sich nun die DNA der Gewebsproben in ATE-Puffer
gelöst, welche nun kurzfristig bei 4 °C oder längerfristig bei −20 °C aufbewahrt werden
konnte.
2.4.2 DNA-Konzentrationsmessung
Nach Isolation der DNA erfolgte die Messung der DNA mittels Tecan® infinite 200
(Tecan Group Ltd., Schweiz). Zunächst wurden die Testfelder der Tecan Nano Quant Plate
mit 2 µl des bei der DNA-Eluierung verwendeten ATE-Puffers beladen. Im Tecan®
infinite 200 erfolgte nun ein Blanking für die einzelnen Testfelder. Anschließend wurden
die Testfelder mit Millipore (aus Millipore DQ3, Sysmatec®, Schweiz) abgewaschen,
abgetrocknet und 2 µl der zu untersuchenden Proben aufgetragen. Für die DNAKonzentrationsbestimmung erfolgten drei Messungen aus denen der Mittelwert für die
endgültige DNA-Konzentration bestimmt wurde.
2.4.3 Bisulfid-Behandlung der DNA
Für die Bisulfidbehandlung wurde das EpiTect® Bisulfite Kit (Qiagen Gmbh, Hilden,
Deutschland) verwendet und entsprechend dem Protokoll verfahren. Durch Bisulfid
(HSO3¯) katalysiert, wird dabei unmethyliertes Cytosin zu Uracil desaminiert.
Methyliertes Cytosin bleibt dabei unverändert. In einem Gen können somit methylierte und
nicht methylierte Sequenzen durch die Bisulfidbehandlung unterschieden werden, welche
nach Amplifikation mittels Polymerasekettenreaktion und Pyrosequenzierung quantifiziert
werden können.
Um eine adäquate Menge Bisulfid behandelter DNA zu erhalten, war für jede Probe eine
konstante Menge von 1.000 ng DNA erforderlich. Hierfür war in den DNA-Proben eine
Konzentration von mindestens 50 ng/µl sicherzustellen, da das DNA-Volumen zuzüglich
der von der DNA-Konzentration abhängigen, zu ergänzenden Menge an RNase-freiem
Wasser maximal 20 µl betragen durfte. Die Berechnung des für die Bisulfid-Behandlung
erforderlichen DNA-Volumens erfolgte nach der Formel:
34
Gesuchtes Volumen in µl =1000ng/[DNA] ng/µl
Die entsprechende Menge an RNase-freiem Wasser konnte dann durch Subtraktion des
errechneten DNA-Volumens von 20 µl Gesamtvolumen errechnet werden.
Nun wurde die 20 µl DNA-Lösung zusammen mit 85 µl Bisulfite-Mix und 35 µl DNA
Protect Buffer in ein 200-µl-PCR-Reaktionsgefäß gebracht, kurzes Vortexen und
Platzierung im My CyclerTM Thermal Cycler (BIORAD, USA) zur Bisulfid-Reaktion
(Tabelle 7).
Tabelle 7: Ablauf der Bisulfid-Reaktion.
Schritt
Zeit
Temperatur
Denaturierung
5 min
99 °C
Inkubation
25 min
60 °C
Denaturierung
5 min
99 °C
Inkubation
85 min
60 °C
Denaturierung
5 min
99 °C
Inkubation
175 min
60 °C
Bei abgeschlossener Reaktion für unbestimmte Zeit bei 20 °C
Nach abgeschlossener Bisulfid-Reaktion, kurzes Anzentrifugieren, Einbringen des
Reagenzinhaltes in 1,5 ml-Eppendorf-Reaktionsgefäße und Zugabe von 560 µl BL-Buffer.
Diesem wurde zuvor in RNase-freiem Wasser gelöste und mit 1 µg/µl konzentrierte
Carrier RNA in der Menge zugegeben, dass die Konzentration von Carrier RNA im BLBuffer 10 µg/µl betrug.
Nun erfolgte nach kurzem Vortexen und Anzentrifugieren das Beladen mit 560 µl
100%igem Ethanol, 15 s Vortexen und kurzes Anzentrifugieren. 630 µl der zuvor
zubereiteten Lösung wurden in die in Collection Tubes gesetzten EpiTect spin columns
gegeben und für 1 min bei 20000 xG und RT zentrifugiert. Der Überstand wurde
verworfen und die Restlösung auf die Epitect spin columns gegeben und erneut für 1 min
bei 20.000 xG und RT zemtrifugiert. 500 µl BW-Waschpuffer konnten nun auf die spin
columns aufgetragen und 1 min bei 20.000 xG und RT zentrifugiert werden. Anschließend
wurden 500 µl BD Desulfonierungspuffer zugegeben. Für 15 min fand nun die Inkubation
bei RT statt, worauf wieder für 1 min bei 20.000 xG und RT zentrifugiert wurde. Zweimal
nacheinander wurde dann 500 µl BW-Waschpuffer aufgetragen und 1 min bei 20.000 xG
35
und RT zentrifugiert. Die so noch ein weiteres Mal in einem neuen 2-ml-Collection Tube
zentrifugierten Spin Columns wurden dann in 1,5-ml-Eppendorf-Gefäße gesetzt und mit
20-µl-EB-Eluierungspuffer beladen. Nach einminütigem Zentrifugieren bei 15.000 xG
konnten die spin columns verworfen werden und die 1,5-ml-Reaktionsgefäße mit der sich
darin befindendlichen Bisulfid-behandelten DNA bei -20 °C aufbewahrt werden.
2.4.4 Polymerase-Kettenreaktion (PCR)
Die PCR (polymerase chain reaction), die nun der in-vitro-Vervielfältigung der gesuchten
DNA-Sequenz dient, erfolgte in diesem mehrstufigen Verfahren mit Hilfe einer
hitzestabilen DNA-Taq-Polymerase, welche die temperaturabhängige Amplifikation
katalysiert (Mullis und Falcoona 1987).
Für die Amplifikation von LINE-1 und PTEN wurde der Mastermix in Tabelle 8
verwendet.
Tabelle 8: Mastermix für die Amplifikation von LINE-1 und PTEN.
10x Puffer-Mix (Qiagen)
2,5 µl
deoxyNTP-Mix (100 mM)
0,5 µl
Forward-Primer (jeweils für PTEN oder LINE-1)
0,5 µl
Reward-Primer (jeweils für PTEN oder LINE-1)
0,5 µl
Hot Star Taq-Polymerase
0,2 µl
bis-DNA (50 ng/µl)
1 µl
Wasser
19,8 µl
In dem Thermocycler My CyclerTM Thermal Cycler (BIORAD, USA) erfolgte
anschließend die PCR mit der so erstellten Lösung. Der erste Schritt der Reaktion, nämlich
das Aufschmlezen der DNA, erfolgte durch die Erhitzung auf 95 °C. Das darauffolgende
Annealing, das die komplementäre Anlagerung des spezifischen Primers an das 3´-Ende
des zu amplifizierenden DNA-Stranges darstellt, erfolgte für PTEN und LINE-1 jeweils
bei unterschiedlichen Temperaturen. Die spezifische Annealing-Temperatur betrug bei
LINE-1 50 °C und bei PTEN 55 °C.
Die nun folgende Elongation, nämlich die Synthese des komplementären Stranges durch
die thermostabile DNA-Polymerase mit Hilfe von Oligonukleotiden, fand sowohl für die
PTEN- als auch für die LINE-1-PCR bei 72 °C statt. Nach 40 facher Wiederholung von
Denaturierung, Annealing und Elongation und somit wiederholter Amplifizierung der
36
gesuchten DNA-Sequenzen, erfolgt die finale einmalige Elongation bei 72 °C für 5 min.
Nach Ablauf der finalen komplettierenden Elongation wurden die Proben bei 4 °C gekühlt
(Tabelle 9).
Tabelle 9: Polymerasekettenreaktion LINE-1 und PTEN.
Denaturierung
95 °C
10 min
Denaturierung
95 °C
40 sec
Annealing
50 °C (LINE-1), 55 °C (PTEN)
40 sec
Elongation
72 °C
40 sec
Elongation
72 °C
5 min
Kühlung
4 °C
unbestimmt
40 Zyklen
2.4.5 Pyrosequenzierung
Im Anschluss an die Amplifikation erfolgte die Pyrosequenzierung mit dem PyroMark24
(Qiagen Gmbh, Hilden, Deutschland). Mit Hilfe einer DNA-Polymerase wird von einem
Primer ausgehend der Gegenstrang des zuvor in der PCR entstandenen biotinylierten
Amplifikates synthetisiert und detektiert, welches zuvor separiert und aufgereinigt wurde.
Die Pyrosequenzierung basiert auf der Detektion von Pyrophosphat, welches während der
Sequenzierung bzw. der DNA Synthese gebildet wird. Hierbei werden die Nukleotide
nacheinander in der Reihenfolge dATP, dTTP, dCTP und dGTP zugegeben. Durch den
Einbau der dNTPs werden äquimolare Mengen an anorganischem Pyrophosphat (PPi)
freigesetzt. Zusammen mit adenosin 5′-phosphosulfat (APS) wird das PPi mit Hilfe der
ATP-Sulfurylase zu ATP umgewandelt. Das auf diese Weise gewonnene ATP kann für die
durch die Luciferase katalysierte Reaktion von Luciferin zu Oxyluciferin genutzt werden.
Durch diese Reaktion entsteht ein Lichtsignal, welches mit Hilfe eines Detektors
intensitätsabhängig analysiert werden kann. Nicht verwendete Nukleotide werden durch
die Apyrase abgebaut (Abb. 2).
37
Abb. 2: Prinzip der Pyrosequenzierung (England und Pettersson 2005)
Die Sequenzprimer mussten mit dem zuvor erstellten PCR-Produkt korrelieren; d. h., nach
erfolgter LINE-1-PCR mussten LINE-1-Sequenzprimer zugegeben werden und nach
PTEN-PCR entsprechende PTEN-Sequenzprimer (Tabelle 10).
Für die Pyrosequenzierung wurden aus der PCR-Reaktion 12 µl entnommen und mit 40 µl
Bindungspuffer (10 mM Tris-HCL, pH 7,6, 2 M NaCL, 1 mM EDTA, 0,1 % Tween 20),
25 µl H2O und 3 µl Streptavidin SepharoseTM gemischt. Streptavidin Sepharose TM wird
dabei benötigt, um mit Hilfe des Biotinrestes das PCR-Produkt zu binden und beim
Absaugen die PCR-Produkte auf die Absaugkopfmembran zu binden. Das Waschen und
Denaturieren erfolgte nun durch kurzzeitiges Eintauchen des angeschalteten Absaugkopfes
in H 2 0, Ethanol (70%) Wasch- (10 mM Tris Acetat, pH=7,6) und Denaturierungspuffer
(0,2 M NaOH). Auf die zuvor mit jeweils 25 µl Sequenzierprimer pro Feld beladene 24Well-Sequenzierplatte wurde nun die Probe überführt und in den Pyro MarkQ24 zur
Sequenzierung gegeben.
38
Tabelle 10: Primer, Sequenz und dispension order für Pyrosequenzierung.
Gen
Primer
Sequenz
LINE-1
-Forward
5´-TTT TGA GTT AGG TGT GGG ATA TA-3´
-Reverse
5´-Biotin-AAA ATC AAA AAA TTC CCT TTC-3´
-Sequenz
5´-AGT TAG GTG TGG GAT ATA GT-3´
-Forward
5´-GGA TGT GGG TTT GTG TAA TTA-3´
-Reverse
5´-Biotin-AAT TCC CAC TCC CCC AAT AAT AAC-3´
-Sequenz
5´-TTT GTG TAA TTA GTT TTT TTA-3´
PTEN
Gen
Sequenz/ Dispension order
Sequenz
LINE-1
Zu analysierende Sequenz
5´-TTY GTG GTG YGT YGT TTT TTA AGT
YGG TTT-3´
5´-ATC AGT GTG TCA GTC AGT TAG TCT
G-3´
5´-AGY GTT AGT TTY GAT AGY GTT TTT
TYG GGA GGT TGG TTY GAG T-3´
5´-GAT GTC GTA TGT TCG ATA TGT CAG
TTC GAG TAG TCG AG-3´
Dispension order
PTEN
Zu analysierende Sequenz
Dispension order
2.4.6 Statistische Auswertung
Für den Vergleich von Häufigkeiten wurde der chi-quadrat-test verwendet. Werte von
p<0,05 galten bei beiden Testarten dabei als statistisch signifikant.
Aus den Methylierungsdaten für die 4 LINE-1 CpG-Positionen und für die 5 PTEN CpGPositionen wurden die jeweiligen Gesamtmittelwerte für die statistische Berechnung
gewählt. Je nach Lokalisation, Grading oder TNM-Einteilung wurden Werte für Mukosa
und Tumor in den entsprechenden Gruppen miteinander in Boxplot-Form verglichen. Zur
Prüfung der Signifikanz der Werte wurde der zweiseitige ungepaarte Student-t-Test
gewählt.
Um Aussagen über einen linearen Zusammenhang zwischen Tumorgröße und
Methylierungsstatus
machen
zu
können,
wurde
der
Pearson-Product-Moment-
Korrelations- Koeffizient (r) bestimmt. Die prozentuale Varianzaufklärung r²x100 wurde
anschließend hierfür berechnet, um die Signifikanz eines möglichen Zusammenhanges
darzustellen.
39
3
Ergebnisse
3.1
Das Patientengut
3.1.1 Lokalisation der Tumoren
Im gesamten Tumorprobenkollektiv waren 107 von 183 Proben (58%) im Darm, 40 (22%)
im Pankreas und 36 (20%) im Magen lokalisiert.
Innerhalb der einzelnen Organe befanden sich von den 107 NET des Darms 28 Tumoren
(26%) im Kolon, 31 (29%) im Appendix, 32 (30%) im Ileum und Jejunum und 16
Tumoren (15%) im Duodenum.
Von den 40 NET des Pankreas war bei 27 Tumoren eine genaue Lokalisationsangabe
dokumentiert. 14 dieser 27 Tumoren (52%) waren im Pankreasschwanz, 7 (26%) im
Pankreaskopf, 3 (11%) im Pankreaskorpus und weitere 3 sowohl in Korpus und Schwanz
lokalisiert.
Von den 36 NET des Magens war bei 32 Tumoren die genaue Lokalisation dokumentiert.
16 dieser 32 Tumoren (50%) waren im Korpus, 9 (28%) im Antrum, 2 (6%) im Fundus
und 1 Tumor (3%) in der Kardia gelegen. Weitere 3 Tumoren (9%) lagen im Übergang
zwischen Korpus und Antrum und ein Tumor (3%) in Korpus/Fundus und Kardia (Tabelle
9).
Tabelle 11: Die Lokalisation der 183 NET. Darm, Pankreas und Magen.
Darm
Anzahl
Anzahl
Pankreas
Magen
Anzahl
Kolon
28
Pankreasschwanz
14
Magenkorpus
16
Appendix
31
Pankreaskopf
7
Magenantrum
9
Jejunum/Ileum
32
Pankreaskorpus
3
Magenfundus
2
Duodenum
16
Korpus/ Schwanz
3
Magenkardia
1
o.g.A.
13
> 1 Lokalisation
4
o.g.A.
4
Gesamt Magen
36
Gesamt Darm
107
Gesamt Pankreas
40
3.1.2 Alter
Patienten mit einem Appendix-NET waren signifikant jünger als Patienten mit einem NET
anderer Lokalisation (p<0,001).
40
Die Patienten der 183 NET hatten ein Durchschnittsalter im Mittel von 61 Jahren mit einer
Spannbreite von 9 bis 96 Jahren. Der Median lag bei 65 Jahren.
40 Patienten mit einem Pankreas-NET hatten ein Durchschnittsalter im Mittel von 61
Jahren mit einer Spannbreite von 23 bis 89 Jahren. Der Median lag bei 62 Jahren.
36 Patienten mit einem Magen-NET hatten ein Durchschnittsalter im Mittel von 66 Jahren
mit einer Spannbreite von 35 bis 91 Jahren. Der Median lag bei 68 Jahren.
48 Patienten mit einem Dünndarm-NET hatten ein Durchschnittsalter im Mittel von 71
Jahren mit einer Spannbreite von 40 bis 96 Jahren. Der Median lag bei 72 Jahren.
28 Patienten mit einem Kolon-NET hatten ein Durchschnittsalter im Mittel von 63 Jahren
mit einer Spannbreite von 44 bis 83 Jahren. Der Median lag bei 61 Jahren.
Bei Appendix-NET unterscheidet sich die Altersverteilung im Vergleich zu Magen,
Pankreas, Dünndarm und Kolon. 31 Patienten mit einem Appendix-NET hatten ein
Durchschnittsalter im Mittel von 39 Jahren mit einer Spannbreite von 9 bis 69 Jahren. Der
Median lag bei 39 Jahren (Abb. 3).
Altersverteilung der NET
Anzahl der NET
50
44
40
34
31
30
23
20
11
9
10
1
2
3 5
3 5
20-30
30-40
7
2
6
0
0
0 2
0
0-9
10-20
40-50
50-60
60-70
70-80
80-90
90-100
Alter in Jahren
Appendix
Andere
Abb. 3 Alter der Patienten mit NET im Appendix und im restlichen Patientengut.
3.1.3 Geschlecht
Die Patienten der NET waren sowohl für das gesamte Kollektiv als auch für die jeweils
einzelnen Organe betrachtet gleichmäßig auf beide Geschlechter verteilt. Es gab keine
signifikanten Unterschiede (Tabelle 12).
41
Tabelle 12: Geschlechterverteilung der NET
Anzahl
weiblich
männlich
Signifikanz
Magen
16 (44%)
20 (56%)
p=ns
Dünndarm
24 (50%)
24 (50%)
p=ns
Kolon
12 (43%)
16 (57%)
p=ns
Appendix
15 (48%)
16 (52%)
p=ns
Pankreas
18 (45%)
22 (55%)
p=ns
Gesamt
85 (46%)
98 (54%)
p=ns
Lokalisation
3.2
Grading
Das Grading eines neuroendokrinen Tumors erfolgte an Hand der Kriterien der WHO 2010
(Bosman et al., 2010).
Wie im Kapitel 2.2.4 erläutert, wurde für jeden Tumor zunächst immunhistochemisch die
Positivität für Synaptophysin verifiziert. Die Abbildung 4 zeigt beispielhaft einen NET mit
positiver Reaktion gegenüber Synaptophysin in der Immunhistochemie.
Abb. 4 Immunhistochemisch positive Reaktion gegenüber Synaptophysin in einem NETG2 des Pankreas (Vergrößerung 400x).
42
Die Einordnung des Gradings erfolgte gemäß der Kriterien der WHO 2010 (Bosman et al.,
2010)
durch
Ermittlung
der
Proliferationsrate.
Diese
erfolgte
mit
Hilfe
der
immunhistochemischen Bestimmung und anschließender Auswertung des Ki-67-Antigens.
Dabei zeigten 144 der 183 Tumoren (79%) eine Proliferationsrate zwischen 0% und 2%.
Dies entspricht einem gut differenzierten neuroendokrinen Tumor (NET-G1).
Bei 31 NET (17%) lag die Ki-67 Proliferationsrate zwischen 3 und 20% entsprechend
einem mäßig differenzierten neuroendokrinen Tumor (NET-G2).
Bei 8 NET (4%) lag die Ki-67 Proliferationsrate über 20% entsprechend einem schlecht
differenzierten neuroendokrinen Karzinom (NEC).
NET mit einer geringeren Proliferationsrate (NET-G1) waren sowohl bei allen Patienten
als auch in den Untergruppen betrachtet signifikant häufiger vertreten als Tumoren mit
einer höheren Proliferationsrate (NET-G2 oder NEC) (p<0,001) (Tabelle 13).
Tabelle 13: Grading der NET nach den Kriterien der WHO 2010.
Anzahl
NET-G1
NET-G2
NEC
Signifikanz
Magen
29 (80%)
5 (14%)
2 (6%)
p<0,001
Dünndarm
36 (75%)
7 (15%)
5 (10%)
p<0,001
Kolon
23 (82%)
4 (14%)
1 (4%)
p<0,001
Appendix
29 (94%)
2 (6%)
0 (0%)
p<0,001
Pankreas
27 (68%)
13 (32%)
0 (0%)
p<0,001
Gesamt
144 (79%)
31 (17%)
8 (4%)
p<0,001
Lokalisation
Die Abbildungen 5 bis 7 zeigen exemplarisch die immunhistochemische Bestimmung des
Proliferationsmarkers Ki-67 bei einem NET-G1, NET-G2 und NEC im Vergleich, welche
u.a. jeweils als Grundlage für die Reevaluation dienten.
43
Abb. 5 Gut differenzierter neuroendokriner Tumor (NET-G1) der Appendix mit einer
Proliferationsrate von 1%. (Immunhistochemie mit Ki-67, Vergrößerung 400fach)
Abb.6 Mäßig differenzierter neuroendokriner Tumor (NET-G2) des Pankreas mit einer
Proliferationsrate von 3%. (Immunhistochemie mit Ki-67, Vergrößerung 400fach)
44
Abb. 7 Schlecht differenziertes neuroendokrines Karzinom (NEC) im Rektum mit einer
Proliferationsrate von 55%. (Immunhistochemie mit Ki-67, Vergrößerung 400fach)
Neben der Reevaluation der Tumorproben nach den aktuell geltenden Kriterien der WHO
2010 wurden die zuvor gestellten und im Rahmen dieser Studie bestätigten Diagnosen
nach den Kriterien der WHO 2000 ausgewertet. Gut differenzierte endokrine Karzinome
waren insgesamt signifikant häufiger vertreten als gut differenzierte endokrine Tumoren
und schlecht differenzierte endokrine Karzinome (p<0,001).
Dieser Unterschied zu den Kriterien der WHO 2010 lässt sich im Wesentlichen auf
Folgendes zurückführen: Tumoren mit einer geringen Proliferationsrate unter 2%,
unabhängig von einer Angioinvasion, werden nach den WHO Kriterien von 2010 als NETG1 bezeichnet, während die gleichen Tumoren bei bestehender Angioinvasion nach den
WHO Kriterien von 2000 als gut differenzierte endokrine Karzinome und nicht als gut
differenzierte endokrine Tumoren eingeteilt werden (Tabelle 14).
45
Tabelle 14: Grading der NET nach den Kriterien der WHO 2000.
Gut
differenzierter
endokriner
Tumor
Gut
differenziertes
endokrines
Karzinom
Schlecht
differenziertes
endokrines
Karzinom
Signifikanz
Magen
16 (44%)
18 (50%)
2 (6%)
p<0,001
Dünndarm
6 (13%)
38 (79%)
4 (8%)
p<0,001
Kolon
14 (50%)
13 (46%)
1 (4%)
p<0,001
Appendix
10 (32%)
21 (68%)
0 (0%)
p<0,001
Pankreas
9 (22%)
30 (75%)
1 (3%)
p<0,001
Gesamt
55 (30%)
120 (66%)
8 (4%)
p<0,001
Anzahl
Lokalisation
Tabelle 15 zeigt eine Gegenüberstellung der Diagnosen nach den Kriterien der WHO 2000
und WHO 2010. Gut differenzierte endokrine Karzinome waren nach den Kriterien der
WHO 2000 am häufigsten, während NET-G1 nach den Kriterien der WHO 2010 am
häufigsten waren.
46
Tabelle 15: Diagnosen nach Kriterien der WHO 2000 und Diagnosen gemäß WHO 2010.
Anzahl
∑
WHO 2000
Gut
differenziertes
endokrines
Karzinom
18 (50%)
Schlecht
differenziertes
endokrines
Karzinom
2 (6%)
NET-G1
WHO 2010
NET-G2
NEC
29 (80%)
5 (14%)
2 (6%)
Lokalisation
Magen
36
Gut
differenzierter
endokriner
Tumor
16 (44%)
Dünndarm
48
6 (13%)
38 (79%)
4 (8%)
36 (75%)
7 (15%)
5 (10%)
Kolon
28
14 (50%)
13 (46%)
1 (4%)
23 (82%)
4 (14%)
1 (4%)
Appendix
31
10 (32%)
21 (68%)
0 (0%)
29 (94%)
2 (6%)
0 (0%)
Pankreas
40
9 (22%)
30 (75%)
1 (3%)
27 (68%)
13 (32%)
0 (0%)
Gesamt
183
55 (30%)
120 (66%)
8 (4%)
144 (79%)
31 (17%)
8 (4%)
47
3.3
ENETS und TNM-Klassifikation von 2010
Anhand der Kriterien der ENETS und der TNM-Klassifikation von 2010 erfolgte die
Reevaluierung bezüglich T-, N-, und M-Kategorie bzw. Stadieneinteilung der Tumoren
(vgl. Kapitel 2.3). Auf Grund identischer Klassfikationskriterien gab es bei Dünndarm-,
Kolon- und Magen-NET keine Unterschiede in T-Kategorie und Tumorstadium (p=1). Nur
bei Pankreas- und Appendix-NET ergaben sich Unterschiede. Bei Betrachtung der NET
gemäß ENETS erwies sich Folgendes:
Insgesamt waren außer bei Dünndarm-NET bei allen Patienten als auch in den
Untergruppen betrachtet niedrigere T-Kategorien (T1 und T2) und Tumorstadien (UICC I
und II) signifikant häufiger vertreten als höhere T-Kategorien (T3 und T4) und
Tumorstadien (UICC III und IV) (p<0,05) (Tabelle 16 und 17).
Tabelle 16: T-Kategorie nach ENETS.
T1
T2
T3
T4
Signifikanz
Magen
7 (70%)
3 (30%)
0 (0%)
0 (0%)
p<0,001
Dünndarm
8 (22%)
14 (39%)
11 (31%)
3 (8%)
p=ns
Kolon
13 (87%)
0 (0%)
2 (13%)
0 (0%)
p<0,05
Appendix
20 (64%)
7 (23%)
3 (10%)
1 (3%)
p<0,001
Pankreas
17 (46%)
10 (27%)
9 (24%)
1 (3%)
p<0,05
Gesamt
65 (50,5%)
34 (26%)
25 (19,5%)
5 (4%)
p<0,001
Anzahl
Lokalisation
Tabelle 17: UICC Stadium nach ENETS.
UICC I
UICC II
UICC III
UICCIV
Signifikanz
5 (50%)
3 (30%)
0 (0%)
2 (20%)
p<0,05
Dünndarm
7 (19,5%)
9 (25%)
13 (36%)
7 (19,5%)
p=ns
Kolon
13 (87%)
0 (0%)
1 (6,5%)
1 (6,5%)
p<0,001
Appendix
20 (64%)
8 (26%)
3 (9,5%)
0 (0%)
p<0,001
Pankreas
16 (42%)
11 (29%)
6 (16%)
4 (11%)
p<0,05
Gesamt
61 (47%)
31 (24%)
23 (18%)
14 (11%)
p<0,001
Anzahl
Lokalisation
Magen
48
Die Reevaluierung der NET nach den Kriterien der TNM-Klassifikation von 2010 bei
Magen-, Kolon-, und Dünndarm-NET war sowohl für die T-Kategorie als auch für die
Stadieneinteilung identisch mit der Auswertung nach den Kriterien der ENETS. Für das
gesamte Patientengut, für Pankreas-NET und für Appendix-NET gab es nach den Kriterien
der TNM-Klassifikation von 2010 Unterschiede im Vergleich zur ENETS. Auch hier
waren außer bei Dünndarm-NET signifikant mehr niedrigere T-Kategorien und
Tumorstadien vertreten als Höhere (p<0,05) (Tabelle 18 und 19).
Tabelle 18: T-Kategorie nach TNM-Klassifikation von 2010.
T1
T2
T3
T4
Signifikanz
Magen
7 (70%)
3 (30%)
0 (0%)
0 (0%)
p<0,001
Dünndarm
8 (22%)
14 (39%)
11 (31%)
3 (8%)
p=ns
Kolon
13 (87%)
0 (0%)
2 (13%)
0 (0%)
p<0,05
Appendix
29 (94%)
1 (3%)
0 (0%)
1 (3%)
p<0,001
Pankreas
17 (46%)
12 (32%)
8 (22%)
0 (0%)
p<0,001
Gesamt
74 (57,5%)
30 (23%)
21 (16,5%)
4 (3%)
p<0,001
Anzahl
Lokalisation
Tabelle 19: UICC Stadium nach TNM-Klassifikation von 2010.
UICC I
UICC II
UICC III
UICCIV
Signifikanz
5 (50%)
3 (30%)
0 (0%)
2 (20%)
p<0,05
Dünndarm
7 (19,5%)
9 (25%)
13 (36%)
7 (19,5%)
p=ns
Kolon
13 (87%)
0 (0%)
1 (6,5%)
1 (6,5%)
p<0,001
Appendix
28 (90%)
1 (3%)
2 (6%)
0 (0%)
p<0,001
Pankreas
26 (68,5%)
7 (18,5%)
0 (0%)
4 (11%)
p<0,001
Gesamt
79 (61%)
20 (16%)
16 (12%)
14 (11%)
p<0,001
Anzahl
Lokalisation
Magen
Bei der weiteren Unterteilung der T1-Appendix-NET in T1a und T1b wie für die TNM
2010 und nicht für die ENETS vorgesehen fallen 24 von 29 T1-Appendix-NET (83%) in
die T-Kategorie T1a und 5 von 29 T1-Appendix-NET (17%) in die T-Kategorie T1b.
Dieser Unterschied war signifikant (p<0,01).
49
Vergleicht man die Ergebnisse der Reevaluation der Tumoren nach ENETS und nach der
TNM-Klassifikation von 2010 zeigten sich bei Betrachtung aller Patienten, bei Pankreasund Appendix-NET Unterschiede:
Insgesamt waren nach der TNM-Klassifikation von 2010 Tumoren mit der T-Kategorie T1
häufiger vertreten als T2-, T3- und T4-klassifizierte Tumoren. Dieser Unterschied war für
alle Patienten betrachtet und für NET des Pankreas nicht signifikant (p=0,73 und p=0,75).
Bei Appendix-NET war dieser Unterschied signifikant (p<0,05). Bei Dünndarm-, Kolon
und Magen-NET gab es keine Unterschiede (Tabelle 20).
Die genaueren Unterschiede bei Pankreas-NET zwischen ENETS und TNM waren bei 4
T2-NET (nach TNM), die nach ENETS T3 einzuteilen waren, 1 T3-Tumor (nach TNM),
der nach ENETS T2 einzuteilen war, und 1 T3-NET (nach TNM), der als T4 nach ENETS
einzustufen war. In 5 von 37 Fällen (14%) gab es T2-/T3-Unterschiede und in einem Fall
(3%) T3-/ T4-Unterschiede.
Bei Appendix-NET waren 7 ENETS-T2- und 2 ENETS-T3-Tumoren, die nach TNM als
T1 und 1 ENETS-T3-Tumor, der nach TNM als T2 eingestuft wurde.
Bezüglich der Stadieneinteilung waren nach der TNM-Klassifikation von 2010 als UICC I
klassifizierte NET entsprechend der T-Kategorie häufiger als nach ENETS, während UICC
II, UICC III und UICC IV-klassifizierte Tumoren nach ENETS häufiger waren. Der
Unterschied war nicht signifikant bei Betrachtung aller Patienten (p=0,11). Bei Pankreasund Appendix-NET war dieser Unterschied signifikant (p<0,05). Bei Dünndarm-, Kolon
und Magen-NET gab es keine Unterschiede (Tabelle 21).
50
Tabelle 20: Klassifikation neuroendokriner Tumoren nach ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 im Vergleich. T-Kategorie.
Anzahl
ENETS
TNM-Klassifikation von 2010
T2
T3
Signifikanz
∑
T1
T2
T3
T4
T1
Lokalisation
Magen
10
7 (70%)
3 (30%)
0 (0%)
0 (0%)
7 (70%)
3 (30%)
0 (0%)
0 (0%)
p=ns
Dünndarm
36
8 (22%)
14 (39%)
11 (31%)
3 (8%)
8 (22%)
14 (39%)
11 (31%)
3 (8%)
p=ns
Kolon
15
13 (87%)
0 (0%)
2 (13%)
0 (0%)
13 (87%)
0 (0%)
2 (13%)
0 (0%)
p=ns
Appendix
31
20 (64%)
7 (23%)
3 (10%)
1 (3%)
29 (94%)
1 (3%)
0 (0%)
1 (3%)
p<0,05
Pankreas
37
17 (46%)
10 (27%)
9 (24%)
1 (3%)
17 (46%)
12 (32%)
8 (22%)
0 (0%)
p=ns
Gesamt
129
65 (50,5%)
34 (26%)
25 (19,5%)
5 (4%)
74 (57,5%)
30 (23%)
21 (16,5%)
4 (3%)
p=ns
T4
Tabelle 21: Klassifikation neuroendokriner Tumoren nach ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 im Vergleich. UICC-Stadieneinteilung.
Anzahl
ENETS
UICC II
UICC III
∑
UICC I
Lokalisation
Magen
10
5 (50%)
3 (30%)
Dünndarm
36
7 (19,5%)
Kolon
15
Appendix
TNM-Klassifikation von 2010
UICC II
UICC III
UICC IV
Signifikanz
UICC IV
UICC I
0 (0%)
2 (20%)
5 (50%)
3 (30%)
0 (0%)
2 (20%)
p=ns
9 (25%)
13 (36%)
7 (19,5%)
7 (19,5%)
9 (25%)
13 (36%)
7 (19,5%)
p=ns
13 (87%)
0 (0%)
1 (6,5%)
1 (6,5%)
13 (87%)
0 (0%)
1 (6,5%)
1 (6,5%)
p=ns
31
20 (64%)
8 (26%)
3 (9,5%)
0 (0%)
28 (90%)
1 (3%)
2 (6%)
0 (0%)
p<0,05
Pankreas
37
16 (42%)
11 (29%)
6 (16%)
4 (11%)
26 (68,5%)
7 (18,5%)
0 (0%)
4 (11%)
p<0,05
Gesamt
129
61 (47%)
31 (24%)
23 (18%)
14 (11%)
79 (61%)
20 (16%)
16 (12%)
14 (11%)
p=ns
51
3.4
Diagnosen, Alter und Geschlecht
In allen Altersgruppen betrachtet war der Anteil von NET-G1 im Vergleich zu NET-G2
und NEC stets größer oder gleich 60%. NET-G2 bildeten in jedem Alter den zweitgrößten
Anteil und NEC den kleinsten Anteil.
Patienten mit einem NET-G2 oder NEC waren nicht signifikant älter oder jünger als
Patienten mit einem NET-G1 (p=0,4382 für NET-G1 zu NET-G2, p=0,2092 für NET-G2
zu NEC und p=0,189 für NET-G1 zu NEC).
Der Anteil von NEC war im höheren Alter größer als bei jungen Patienten. Bei jüngeren
Patienten waren vermehrt NET-G1 vertreten. Bei allen Patienten, jünger als 20 Jahre, war
die Diagnose NET-G1. 7 von 8 Patienten (88%) mit einem NEC waren älter als 50 Jahre, 1
von 8 (12%) war jünger als 50 und älter als 40 Jahre (46 Jahre) (Abb. 8).
Alter und Diagnosen
40
35
Anzahl der NET
35
32
31
30
25
NET-G1
17
20
15
9
10
5
100
00
32
0
2
4
0
NEC
9
8
6
NET-G2
5
1
2
5
1
2
4
2
2
00
0
0-9
10-20 20-30 30-40 40-50 50-60 60-70 70-80 80-90 90-100
Alter der Patienten in Jahren
Abb. 8 Diagnosen nach Altersgruppen
Bei Vergleich der Häufigkeit der Diagnosen bezogen auf das Geschlecht gab es keine
signifikanten Unterschiede. Von allen 183 NET waren 85 (46%) bei weiblichen und 98
(54%) bei männlichen Patienten vertreten (p=0,337). Bei Korrelation von Grading und
Geschlecht zeigte sich kein signifikanter Unterschied von weiblichen zu männlichen
Patienten (p=0,53), ebenso wenig bei Betrachtung der entsprechenden Lokalisationen
(Tabelle 22).
52
Tabelle 22: Diagnosen bei weiblichen und männlichen Patienten.
Anzahl
NET-G1
NET-G2
NEC
Signifikanz
w
m
w
m
w
m
Magen
14
15
2
3
0
2
p=ns
Pankreas
14
13
4
9
0
0
p=ns
Dünndarm
17
19
4
3
3
2
p=ns
Kolon
10
13
2
2
0
1
p=ns
Appendix
15
14
0
2
0
0
p=ns
Gesamt
70
74
12
19
3
5
p=ns
Lokalisation
3.5
Grading und Tumorgröße
Sowohl 23 NET-G2 als auch 5 NEC hatten einen jeweils signifikant größeren
Tumordurchmesser im Vergleich zu 101 NET-G1 mit jeweils p<0,001. Zwischen NET-G2
und NEC war jedoch kein signifikanter Unterschied zu sehen (p=0,4534) (Abb. 9).
Tumorgröße in mm
Grading und Tumorgröße
28
30
8
NET-G1 NET-G2 NEC
Abb. 9 Diagnosen bezogen auf die Tumorgröße
3.6
T-Kategorie, Alter und Geschlecht
Der Anteil höherer T-Kategorien (TNM Klassifikation von 2010) nahm im Alter zu,
niedrigere T-Kategorien waren häufiger im jüngeren Alter (Abb. 10). Dieser
53
Zusammenhang war jedoch nicht signifikant (p=0,12). Während in der Gruppe der 30- bis
60-Jährigen der Anteil von T1-NET bei 68% lag (32 von 47 NET), war der T1-Anteil bei
60- bis 100-Jährigen noch bei 41% (27 von 66 NET). In der Gruppe der 0- bis 30-Jährigen
war der Anteil von T1-NET mit 93% (14 von 15 NET) am größten, was begründet ist
durch den Altersgipfel der Appendix-NET (größtenteils T1) im jungen Alter.
Alter und T Kategorie
Anzahl der NET
35
30
1
5
25
4
1
4
5
20
T4
T3
T2
T1
7
15
11
10
5
9
1
4
1
0
0-9
10--20
20-30
1
3
5
1 1
5
30-40
3
3
3
5
22
14
9
40-50
50-60
60-70
70-80
1
80-90
90-100
Alter in Jahren
Abb. 10 T-Kategorie in den verschiedenen Altersklassen
Bei Korrelation von T-Kategorie und Geschlecht ergab sich kein signifikanter Unterschied
zwischen männlichen und weiblichen Patienten (p=0,32), ebenso wenig bei Betrachtung
der einzelnen Lokalisationen. Nur bei Pankreas-NET hatten Männer eine signifikant
höhere T-Kategorie (p<0,05) (Tabelle 23).
Tabelle 23: T-Kategorien nach Geschlecht; w=weiblich, m=männlich
Anzahl
T1
T2
T3
T4
Signifikanz
w
m
w
m
w
m
w
m
Lokalisation
Magen
3
4
1
2
0
0
0
0
p=ns
Pankreas
9
8
9
4
0
7
0
0
p<0,05
Dünndarm
4
4
5
8
5
7
2
1
p=ns
Kolon
5
8
0
0
1
1
0
0
p=ns
Appendix
13
16
1
0
0
0
1
0
p=ns
Gesamt
34
40
16
14
6
15
3
1
p=ns
54
3.7
Grading, T-, N- und M-Kategorie
Von 129 Tumorresektaten waren 101 NET-G1, 23 NET-G2 und 5 NEC. Innerhalb der 101
NET-G1 waren nach TNM 65 T1 (64%), 23 T2 (23%), 12 T3 (12%) und 1 T4 (1%).
Innerhalb der 23 NET-G2 waren 8 T1 (35%), 7 T2 (30%), 7 T3 (30%) und 1 T4 (5%).
Unter den 5 NEC war 1 Tumor T1 (20%), 0 T2 (0%), 2 T3 (40%) und 2 T4 (40%).
Der Anteil höherer T-Kategorien war mit höherem Grading signifikant höher (p<0,001)
(Abb. 11).
Abb. 11 Grading in Korrelation mit der T-Kategorie.
Von den 129 Resektaten waren 27 Tumoren N1, 37 N0 und der Rest, also 65 Tumoren, mit
Nx nicht angegeben. Von 101 NET-G1 waren 16 N1 (16%), 30 N0 (30%) und 55 Nx
(54%). Von 23 NET-G2 waren 8 N1 (35%), 7 N0 (30%) und 8 Nx (35%). Von 5 NEC
waren 3 N1 (60%), 0 N0 (0%) und 2 Nx (40%). Der Anteil von N1-Tumoren war mit
höherem Grading höher, jedoch nicht im signifikantem Maße (p=0,052) (Abb. 12).
55
relativer Anteil
Grading und Lymphknotenmetastasierung N
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
16
8
3
30
N1
7
0
55
NET- G1
8
2
NET- G2
NEC
N0
Nx
Diagnose
Abb. 12 Grading in Korrelation mit Lymphknotenmetastasierung N
Von 101 NET-G1 waren 7 M1 (7%) und 94 M0 (93%); auch die als Mx notierten Fälle mit
unklarer Metastasierung waren per conventionem (Wittekind und Meyer 2010) hier als
M0 erfasst. Von 23 NET-G2 waren 6 M1 (26%) und 17 M0 (71%). Von 5 NEC war 1 M1
(20%) und 4 M0 (80%). Der Anteil hämatogener Metastasierung war mit höherem Grading
signifikant höher (p<0,05) (Abb.13).
Abb. 13 Grading in Korrelation mit Fernmetastasierung M.
56
3.8
DNA-Methylierung
3.8.1 LINE-1-Methylierung und Lokalisation
Die Mittelwerte der Methylierung der 4 CpG-Inseln für jede Probe wurden bestimmt und
für die statistische Berechnung gewertet. Abb. 18a zeigt den Grad der Methylierung in
gesunder Mukosa und Tumorgewebe in allen Tumorproben (n=58). Der Tumor war im
Vergleich zu gesundem Gewebe im Median mit 64% zu 69,5% demethyliert. Der
Unterschied war signifikant (p<0,001). 51 dieser 58 NET (88%), welche im Bereich von
47%
bis
69%
methyliert
waren,
erschienen
dabei
im
Vergleich
zu
den
Normalgewebsproben, welche eine Methylierung zwischen 65% und 76% aufwiesen,
hypomethyliert. Bei genauerer Aufteilung der Proben auf Magen, Pankreas und
Dünndarm/Kolon und Appendix trifft die Demethylierung nur für Pankreas- und
Dünndarm-/Kolon-NET zu, nicht jedoch für Magen- und auch nicht für Appendix-NET.
7 von 14 Magen-NET (50%), welche eine LINE-1-Methylierung zwischen 47% und 67%
aufwiesen, waren im Vergleich zu Normalproben (zwischen 64% und 70% methyliert)
hypomethyliert. 7 Magen-NET waren im Bereich von 68% bis 73% höher methyliert. Die
mediane LINE-1-Methylierung in Magen-NET lag bei 67,5% im Vergleich zu 68 % in
Normalgewebe und war nicht signifikant (p=0,26).
Dagegen waren alle 15 Pankreas-NET (100%), welche zwischen 56% bis 72% methyliert
waren, hypomethyliert im Vergleich zu Normalmukosa, welche zwischen 64% und 76%
methyliert war. Bei diesen Pankreas-NET lag die mediane Methylierung bei 64% und
damit signifikant niedriger im Vergleich zu 73% bei Normalgewebe (p<0,001).
Auch bei Dünndarm-NET lag die mediane LINE-1-Methylierung mit 63% bei
Tumorgewebe im Vergleich zu 69,5% bei Normalmukosa mit ebenfalls p<0,05 signifikant
niedriger. 14 von 17 Dünndarm-NET (82%) waren dabei insgesamt zwischen 49% und
68% hypomethyliert im Vergleich zu Normalmukosa, welche eine LINE-1-Methylierung
von 67% bis 73% aufwies. 3 Dünndarm-NET waren hypermethyliert (Methylierung von
71% bis 76%).
7 von 8 Appendix-NET (von 62% bis 67% methyliert) waren geringer methyliert als die
von 63% bis 76% methylierten Normalproben. Ein Tumor war höher methyliert (69%).
Die mediane LINE-1-Methylierung war jedoch mit 65,5% bei Tumorproben und 68% bei
Normalproben nicht signifikant unterschiedlich (p=0,0739).
Alle 4 kolorektalen NET (von 60% bis jeweils 67% methyliert) waren signifikant geringer
methyliert als Normalproben (67% bis 73%, p<0,05).
57
Ebenfalls signifikant war die Demethylierung bei gemeinsamer Betrachtung der 21
Dünndarm- und Kolon-NET ohne Appendix-NET (p<0,001). Die Methylierung betrug
63,5% bei Tumorgewebe im Vergleich zu 69,5% bei Normalgewebe (Abb. 14a und b).
Abb. 14a Vergleich der Methylierung zwischen gesunder Mukosa und Tumorgewebe für
alle Proben, Magen und Pankreas; ns= nicht signifikant.
Abb. 14b Vergleich der Methylierung zwischen gesunder Mukosa und Tumorgewebe für
Dünndarm, Appendix und Kolon mit Dünndarm ohne Appendix.
58
3.8.2 LINE-1-Methylierung und Diagnosen
Außer bei Magen-NET waren sowohl NET-G1 (n=38), NET-G2 (n=16) als auch NEC
(n=4) im Vergleich zu Normalgewebe hypomethyliert (Abb 15). Bei 21 Dünndarm/Kolon-NET, die in Normalgewebe bei 69% methyliert waren, war die mediane LINE-1Methylierung für NET-G1 bei 62% (p<0,001) und für NET-G2 bei 64% (p<0,05).
Auch bei Pankreas-NET, bei denen 10 NET-G1 mit 66,5% und 5 NET-G2 mit 63%
medianer Methylierung jeweils mit p<0,001 im Vergleich zu 73% bei Normalgewebe
signifikant demethyliert waren, konnte die LINE-1-Hypomethylierung beobachtet werden
(Abb. 15).
Abb. 15 LINE-1 Methylierung und Grading für alle Patienten, Kolon/Dünndarm und
Pankreas.
Während im Magen- (11 NET-G1, 1 NET-G2 und 2 NEC), Dünndarm-/Kolon- und
Appendix-NET (7 NET-G1 und 1 NET-G2) kein signifikanter Unterschied zwischen NETG1, NET-G2 und NEC festgestellt werden konnte, bestand bei 5 Pankreas-NET-G2
(Methylierung von 56% bis 64%) eine mit p<0,05 signifikante Hypomethylierung im
Vergleich zu 10 NET-G1, die in einer Breite von 61% und 72% methyliert waren. Die
mediane Methylierung für NET-G2 betrug dabei 63% und 66,5% bei NET-G1 (Abb. 16). 9
Dünndarm-/Kolon-NET-G2 waren entsprechend im Vergleich zu 9 NET-G1 (beide
Gruppen in einer Breite von 57% bis 71% methyliert) mit p=0,12 nicht signifikant
demethyliert.
59
Abb. 16 Unterschiede in LINE-1-Methylierung bei Pankreas NET-G1 und NET-G2.
3.8.3 Korrelation von LINE-1- Methylierung, TNM 2010 und ENETS
Sowohl nach der TNM Klassifikation von 2010 als auch nach ENETS gab es zwischen
pT1-, pT2- und pT3-Kategorie keinen signifikanten Unterschied bezüglich der
Methylierung von LINE-1. Nach TNM waren 22 NET als pT1 klassifiziert und von 57%
bis 72% methyliert, 15 NET waren pT2 und insgesamt von 54% bis 73% methyliert und 7
Tumoren waren als pT3 eingeteilt und von 49% bis 67% methyliert. Die mediane
Methylierung von pT1, pT2 und pT3 betrug dabei 66%, 63% und 64% und war mit
p=0.121417 für pT1 und pT2 und p=0.439 für pT2 und pT3 nicht signifikant. Ein pT4Tumor war dabei bei 76 % methyliert.
Nach ENETS waren 19 NET als pT1, 15 NET als pT2 und 10 als pT3 einzuteilen.
Zwischen pT1-NET und pT2-NET gab es mit p=0,2853 und zwischen pT2- und pT3-NET
mit p=0,265 ebenfalls keinen signifikanten Methylierungsunterschied.
Auch bei Betrachtung von Dünndarm- und Kolon-NET war keine signifikante
Demethylierung bei T1-, T-2 und T3-NET zu erkennen. Bei Betrachtung der einzelnen
Organe war der einzige signifikante Unterschied zwischen T1- und T2-Pankreas-NET zu
sehen. 5 T2-Pankreas-NET, die von 56% bis 67% methyliert waren, erschienen im
Vergleich zu 9 T1-Pankreas-NET, die von 57% bis 72% methyliert waren, mit p=0,02654
nach TNM signifikant demethyliert, mit Medianen bei 66% für T1 und 63% für T2.
60
Nach ENETS war dieser Unterschied nicht signifikant. 4 nach ENETS als T2 klassifizierte
Pankreas-NET (unter TNM sind 5 T2) waren im Vergleich zu 9 nach ENETS als T1
klassifizierten Pankreas-NET mit p=0,2211 nicht signifikant demethyliert. Eine
signifikante Korrelation zwischen LINE-1-Methylierung war also nur bei Pankreas-NET
zu sehen.
11 Primärtumoren mit bekannten Lymphknotenmetastasen (pN1) zeigten eine signifikante
Demethylierung im Vergleich zu Tumoren ohne Lymphknotenmetastasierung (pN0) mit
p<0,05.
Die 11 pN1-Tumoren waren dabei von 49% bis 67% methyliert und die 12 pN0-Tumoren
von 56% bis 73%, die mediane Methylierung lag jeweils bei 67% und 62% (Abb.17).
Abb. 17 LINE-1-Methylierung und T-Kategorie (links), LINE-1-Methylierung bei
Primärtumoren mit pN0 und mit nachgewiesener Lymphknotenmetastasierung pN1
(rechts).
3.8.4 LINE-1-Methylierung und Tumorgröße
Der Pearson Product-Moment Correlation Coefficient (r) für LINE-1-Methylierung in
Beziehung zu Tumorgröße für Magen-, Dünndarm-/Kolon-/Appendix- und Pankreas-NET
betrug −0,02, −0.31 und −0.28. Die daraus resultierende Explained Variance (r2 x 100)
war dabei 0.07%, 10.09% und 8.24%. Es bestand also kein signifikanter Zusammenhang
zwischen LINE-1-Methylierung und der Tumorgröße.
61
3.8.5 PTEN-Methylierung
47 NET mit einer Methylierung zwischen 1,81% und 14,47%, waren im Vergleich zu
Normalgewebe nicht signifikant hypermethyliert (p=0,4515). Die mediane Methylierung
lag dabei bei 6,31% bei Normalgewebe und 5,82% bei Tumorgewebe.
Auch in den Gruppen „Magen“, „Pankreas“ und „Dünndarm/Kolon“ konnten keine
signifikanten Methylierungsunterschiede festgestellt werden. Bei 11 Magen-NET, die in
einer Breite von 1,81% bis 12,5% methyliert waren, konnte mit einem Median von 3,2%
bei
Tumorgewebe
und
5,02%
bei
Normalgewebe
kein
signifikanter
Methylierungsunterschied festgestellt werden (p=0,3363).
Auch bei 14 Pankreas-NET, die von 5,37% bis 14,47% methyliert waren, gab es im
Vergleich zu Normalgewebe keinen signifikanten Unterschied in der Methylierung
(p=0,3411). Die Mediane von Tumorgewebe und Normalgewebe waren entsprechend bei
8,82% und 9,91%.
Bei 22 Dünndarm-/Kolon-/Appendix-NET, die eine Methylierung von 2,5% bis 11,1%
aufwiesen, lagen die Mediane für Normalgewebe und Tumorgewebe bei 6,31% und
5,72%. Dieser Unterschied war mit p=0,48 ebenfalls nicht signifikant.
Auch bezüglich der Diagnose ist in allen 3 betrachteten Gruppen keine signifikante PTENHypermethylierung zu erkennen.
8 Magen-NET-G1 erschienen sogar mit p<0,05 im Vergleich zu Normalgewebe signifikant
demethyliert. Die Mediane waren dabei für Tumorgewebe 2,98% und für Normalgewebe
5,02%. Auch 2 Magen-NEC und 1 Magen-NET-G2 (Median bei 3,97%) wiesen zusammen
betrachtet keinen signifikanten Methylierungsunterschied im Vergleich zu Normalmukosa
(p=0,2824) und zu 8 Magen-NET-G1 (p=0,7248) auf.
8 Pankreas NET-G1 (von 5,86% bis 14,47% methyliert) und 6 Pankreas NET-G2 (von
5,37% bis 11,34% methyliert) wiesen jeweils mit p=0,3994 und p=0,2946 im Vergleich zu
Normalgewebe keinen signifikanten Methylierungsunterschied auf. Auch NET-G1 waren
im Vergleich zu NET-G2 mit p=0,4165 nicht signifikant unterschiedlich in ihrer
Methylierung. Die Mediane für Normalgewebe, NET-G1 und NET-G2 lagen dabei bei
9,91%, 8,6% und 8,82%.
Ähnliches war bei Dünndarm-/Kolon-/Appendix-NET zu beobachten. 15 NET-G1 (von
2,5% bis 11,1% methyliert) und 6 NET-G2 (von 5,25% bis 9,3% methyliert) mit Medianen
von 6,06% und 4,94% im Vergleich zu 6,31% bei Normalgewebe wiesen mit p=0,3436
und p=0,3063 keinen signifikanten Methylierungsunterschied auf. Auch zwischen NETG1 und NET-G2 bestand mit p=0,265 kein signifikanter Unterschied.
62
Abb. 18 PTEN-Methylierung bei allen Patienten.
Abbildung 18 zeigt, dass NET im Vergleich zu Normalgewebe keine PtenHypermethylierung aufwiesen.
63
4
4.1
Diskussion
Lokalisation, Alter und Geschlecht
Neuroendokrine Tumoren sind seltene Tumoren (Oberg und Castellano 2011). Mit über
75% stellen die so genannten GEP-NET (gastroenteropankreatische neuroendokrine
Tumoren) die größte Gruppe von neuroendokrinen Tumoren dar (Pape et al., 2000).
Innerhalb der GEP-NET sind die meisten Tumoren im Dünndarm lokalisiert. NET des
Pankreas bilden die zweitgrößte Gruppe (Oberg und Castellano 2011, Stamatakos et al.,
2010). Ähnlich findet sich dies auch in dem untersuchten Patientenkollektiv wieder. Die
größte Anzahl von NET sind im Dünndarm, die Zweitgrößte im Pankreas lokalisiert (siehe
auch Kapitel 3.1.1).
Die Betrachtung der genaueren Lokalisation innerhalb der einzelnen Organe ist
entscheidend, da Tumoren innerhalb eines Organs mit unterschiedlicher Lokalisation eine
unterschiedliche Prognose haben können.
Burkitt und Pritchard 2006 und Massironi et al., 2009 beispielsweise stellten bei MagenNET heraus, dass die meisten Magen-NET in Korpus und Fundus als sogenannte Typ 1
Karzinoide oft in Verbindung mit einer Typ A-Gastritis lokalisiert sind und hier eine eher
gute Prognose haben, während ein wesentlich geringerer Anteil von Magen-NET mit einer
eher schlechteren Prognose im Antrum meistens als sog. Typ 3 Karzinoide zu finden sind.
Auch in dem untersuchten Patientenkollektiv sind die meisten Magen-NET in Korpus,
Fundus und Kardia lokalisiert (19 von 29 bzw. 68%), während 9 (32%) im Antrum gelegen
sind.
Bei Pankreas-NET ist die genaue Lokalisation ebenfalls von prognostischer Bedeutung.
Wie auch bei anderen Tumorentitäten des Pankreas werden NET des Pankreaskopfes in der
Regel früher diagnostiziert als Tumoren des Korpus oder Schwanzes. Grund dafür sind die
in der Regel früher auftretenden Symptome wie z.B. ein Verschlussikterus bei
Kompression des Gallengangs. Ebenso sind eher bösartige NEC gehäuft im Pankreaskopf
lokalisiert (Bosman et al., 2010).
Größtenteils finden sich NET zu etwa 2/3 im Pankreaskopf (Bosman et al., 2010). In
einigen aktuellen Studien ist der überwiegende Teil von NET jedoch im Korpus und
Schwanz lokalisiert (Wang et al., 2011, Fernandez-Cruz et al., 2008, Bettini et al., 2008).
64
In dem untersuchten Patientenkollektiv ist der überwiegende Teil (74% bzw. 20 von 27)
ebenfalls im Korpus und Schwanz lokalisiert. 7 NET (26%) sind im Pankreaskopf zu
finden.
Die genaue Angabe der Lokalisation bei NET spielt auch bei Dünndarm-, Kolon- und
Appendix-NET eine entscheidende Rolle, da eine große Diskrepanz besteht zwischen der
Malignität von NET des Dünndarms (Ileum und Jejunum), die nach Garcia-Carbonero et
al., 2010 in über 60% der Fälle metastasieren, und NET des Appendix, die nur in 1,3% der
Fälle metastasieren.
Am häufigsten sind NET im Dünndarm lokalisiert. In einer epidemiologischen Studie mit
11.427 Patienten von Maggard et al., 2004 waren 44,7% der NET im Dünndarm, 30,2% im
Kolon und Rektum, 16,7% im Appendix und 7,2% im Magen zu finden. Auch hier besteht
eine Korrelation zu unserer Studie. Hier sind 45% der NET im Dünndarm-, 26% in Kolonund Rektum und 29% im Appendix lokalisiert (siehe Kapitel 3.1.1.).
Ein Grund dafür, dass NET der Appendix seltener metastasieren ist neben dem insgesamt
weniger aggressivem Wachstum auch die Tatsache, dass hohe Appendektomieraten dazu
führen, dass Appendix-NET als Zufallsbefund häufiger und früher diagnostiziert werden
als in anderen Organen (Bosman et al., 2010).
Interessanterweise zeigt eine epidemiologische Studie mit 35.825 betrachteten NETPatienten von Yao et al., 2008 aus den USA, dass die Lokalisation eines NET auch nach
Herkunft und Ethnie variieren können. So sind nach dieser Studie Lungen-NET die
häufigsten neuroendokrinen Tumoren bei hellhäutigen Menschen, während bei Menschen
asiatischer, indischer und afrikanischer Herkunft NET des Rektums am häufigsten
anzutreffen sind.
Insgesamt lässt sich also das Probenkollektiv dieser Studie gut in die aktuelle Literatur
eingliedern
und
trägt
dazu
bei,
einige
aktuelle
relevante
Studien
in
deren
epidemiologischen Daten zu bekräftigen. Ein möglicher Orientierungspunkt für die
Herausarbeitung exakterer epidemiologischer Daten könnten die oben genannten Hinweise
auf unterschiedliche Häufungen bezüglich Ethnie und Herkunft (Yao et al., 2008) sein.
Durch weitere Ein- und Ausschlusskriterien könnten noch repräsentativere Vergleiche
zwischen NET verschiedener Lokalisationen gemacht werden. Die Daten verschiedener
Institute müssten, wie in einigen Studien bereits erfolgt, überregional zusammen betrachtet
werden, um bei einer größeren Anzahl von Ein- und Ausschlusskriterien wie Ethnie,
65
Herkunft usw. noch ausreichend hohe repräsentative Patientenzahlen zu haben. Die
Motivation noch genauere große epidemiologische Studien durchzuführen könnte sich u.a.
aus der oben herausgearbeiteten Tatsache ergeben, dass die exakte Lokalisation eines NET
auch
innerhalb
eines
Organs
Entartungswahrscheinlichkeit
bereits
eines
wichtige
Tumors
Aussagen
geben
kann
über
die
und
eine
maligne
exakte
Lokalisationsangabe somit sehr wichtig ist. Weiterhin könnte dann z.B., wie im nächsten
Abschnitt herausgearbeitet, die abweichende Alters- und Geschlechterverteilung bei
Appendix-NET ein weiteres Ein- bzw. Ausschlusskriterium für die exakte Datenerhebung
bezüglich der Häufigkeiten von NET in den entsprechenden Lokalisationen sein (Bosman
et al., 2010).
Zu klären sei nun die Frage, ob es einen Unterschied gibt, in welchem Alter ein NET einer
bestimmten Lokalisation gehäuft auftritt. NET jeglicher Lokalisation außer AppendixNET treten gehäuft im höheren Alter auf.
So wird überwiegend für GEP-NET aller Lokalisationen außer Appendix-NET ein
Durchschnittsalter von etwa 60 Jahren angegeben (Maggard et al., 2004, Modlin et al.,
2003, Bettini et al., 2008, Bergestruen et al., 2009).
Appendix-NET dagegen treten in einem wesentlich jüngeren Alter auf. Hier wird je nach
Literatur ein Durchschnittsalter von etwa 32 bis 43 Jahr angegeben (Niederle et al., 2010,
Bosmann et al., 2010).
In unserer Studie sind alle Patienten mit einem NET des Dünndarms, Kolon, Pankreas und
Magen im Durchschnitt älter als 60. Bei Appendix-NET liegt das Durchschnittsalter bei 39
Jahren. Insgesamt korreliert die Altersverteilung von NET in der eigenen Studie folglich
auch gut mit der, in der Literatur.
Gründe dafür, dass Appendix-NET in einem weit früheren Alter auftreten als NET anderer
Lokalisationen sind u.a. die hohen Appendektomieraten im jungen Alter, insbesondere bei
jungen Frauen, bei denen im Rahmen einer klinischen Appendizitis häufig ein NET als
Zufallsbefund diagnostiziert wird (Bosmann et al., 2010). Darüber hinaus sei in diesem
Rahmen aber auch die Frage zu klären, in wie weit ein Entzündungsprozess im Appendix
einen molekularpathologischen Einfluss auf die Entstehung eines NET haben kann. Loss of
heterozygoty (LOH) im MEN 1 Genlokus scheinen hierbei im Gegensatz zu anderen NET
eine eher geringe Rolle zu spielen (Toliat et al.,1997). Eine Überexpression von NAP1L1,
MAGED2 und MTA1 scheint bei dem überwiegenden Teil nicht metastasierter AppendixNET, im Gegensatz zu den seltenen metastasierenden Appendix-NET, ebenfalls keine
Rolle zu spielen (Perren et al., 2007, Stancu et al., 2003).
66
Neben der genauen Kenntnis der Lokalisation scheint somit auch die exakte Kenntnis des
Alters von NET-Patienten zur genaueren epidemiologischen Datengewinnung beizutragen,
was für die immer verschiedenartiger in Erscheinung tretenden NET innerhalb des
gastroenteropankreatischen Systems als wichtig anzusehen ist.
Neben der oben erwähnten Relevanz des Alters bei NET verschiedener Lokalisationen ist
auch die Frage zu klären, ob, und wenn ja, warum bei einem bestimmten Geschlecht ein
NET häufiger oder seltener in Erscheinung tritt.
Bei NET ist allgemein in der Literatur keine eindeutige vermehrte Häufigkeit eines
bestimmten Geschlechts in einer bestimmten Lokalisation zu erkennen (Burkitt and
Pritchard 2006, Bosman et al., 2010, Maggard et al., 2004, Bettini et al., 2008). Einen
Hinweis auf unterschiedliche Überlebensraten bei NET abhängig vom Geschlecht geben
Garcia-Carbonero et al., 2010. Sie konnten bei 907 Patienten zeigen, dass NET bei
weiblichen Patienten eine bessere Prognose aufwiesen als bei männlichen. Minimale
Unterschiede sind ebenfalls bei Magen-NET dokumentiert, wo bei insgesamt
ausgeglichener Geschlechterverteilung eine leichte Häufung für das weibliche Geschlecht
zu verzeichnen ist (Burkitt and Pritchard 2006, Bosman et al., 2010), während sich bei
Patienten mit einem NET des Dünndarms oder des Kolon oder Rektum eine leichte
Häufung beim männlichen Geschlecht zeigt (Maggard et al., 2004, Bosmann et al., 2010).
Für Pankreas- und Appendix-NET ist eher keine Geschlechterdominanz zu sehen, wobei in
der Literatur eine oftmals erwähnte Häufung von Appendix-NET bei Frauen mit einer
entsprechend höheren Appendektomierate diskutiert wird (Bosman et al., 2010, Bettini et
al., 2008).
Auch in dieser Studie ist die Geschlechterverteilung bei allen Organen als gleichmäßig zu
beurteilen. Nur bei Pankreas-NET sind bei Männern in unserer Studie signifikant höhere
T-Kategorie vertreten, was bei Männern für eine schlechtere Prognose spricht und mit
Garcia-Carbonero et al., 2010 übereinstimmt. Dieses Ergebnis ist angesichts mit der im
Vergleich zu größeren epidemiologischen Studien geringeren Fallzahl zu relativieren.
Die
gewonnenen
Ergebnisse
bezüglich
der
Lokalisation,
Alters-
und
Geschlechterverteilung lassen sich insgesamt gut mit der vorhandenen Literatur korrelieren
und weisen somit auch auf ein repräsentatives Patientengut hin, welches eine
aussagekräftige Basis für weitere statistische und experimentelle Versuche darstellt. Des
Weiteren stellen diese Daten ein demographisches Abbild für das Einzugsgebiet des
Institutes für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum am berufsgenossenschaftlichen
67
Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum dar und lassen somit wichtige
Erkenntnisse über die Häufigkeitsverteilung in den oben diskutierten Parametern bei NET
dieser Region zu, sodass in Zukunft in Anlehnung an diese Studie zukünftig einkommende
NET anhand dieser Verteilungen und Daten eingeordnet und mit den Daten anderer
Regionen und anderer Einzugsgebiete verglichen werden können. Beispielhaft haben dies
Garcia-Carbonero et al., 2010 gezeigt, die ebenfalls auf die Wichtigkeit der heterogenen
Betrachtung von NET nach möglichst vielen Unterscheidungskriterien hinweisen und
anhand von 907 Patienten in der spanischen Bevölkerung ähnliche Resultate wie in dieser
Studie, insbesondere bezüglich Alter und Lokalisation, darlegen.
Es scheint also empfehlenswert, die Heterogenität der NET in den einzelnen Organen auch
bei der Erhebung epidemiologischer Daten genau zu erfassen, um dadurch gegebenenfalls
auf neue Erkenntnisse und Zusammenhänge stoßen zu können.
4.2
Grading
Die Diagnose eines NET erfolgte nach den Kriterien der WHO von 2010 mit
immunhistochemischem
Nachweis
einer
neuroendokrinen
Differenzierung
(Synaptophysin) und der Bestimmung der Proliferationsrate mittels Ki-67 (siehe Kapitel
2.3.1). Zu klären sei nun wie häufig nach den aktuellen WHO-Kriterien von 2010 der
Anteil eher geringradig proliferierender NET mit einem langsamen Wachstum wie NETG1 im Vergleich zu hochgradig proliferierenden neuroendokrinen Tumoren mit
aggressivem Wachstum, wie NEC ist. Nach aktueller Literatur sind NET-G1 am
häufigsten, NET-G2 werden etwas seltener diagnostiziert und NEC stellen im Vergleich
eher eine Seltenheit dar (Niederle et al., 2010, Bosman et al., 2010, Jann et al., 2011).
Die Verteilung der reevaluierten Diagnosen nach WHO 2010 in dieser Studie korreliert gut
mit den in der Literatur angegebenen Verteilungen. NET-G1 mit einer geringen
Proliferationsrate sind am häufigsten vertreten, NET-G2 am zweithäufigsten und NEC
stellen auch hier eine Seltenheit dar (siehe auch Kapitel 3.2, Bosman et al., 2010, Rindi et
al., 2012, Garcia-Carbonero et al., 2010, Chatzipantelis et al., 2009).
Die in unserer Studie reevaluierten NET-Diagnosen nach den Kriterien der WHO 2010
wurden mit den zuvor gestellten Diagnosen nach den Kriterien der WHO 2000 verglichen.
Nach den aktuellen Kriterien der WHO 2010 ist der überwiegende Teil der Tumoren NETG1, während nach den Kriterien der WHO 2000 der überwiegende Teil als gut
differenziertes
neuroendokrines
Karzinom
einzuordnen
ist.
Gut
differenzierte
neuroendokrine Tumoren und schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome sind
hiernach seltener vertreten.
68
Der Unterschied zwischen den Diagnosen nach WHO 2000 und nach WHO 2010 ist
dadurch zu erklären, dass bei den WHO Kriterien von 2010 das Grading bei der Diagnose
den entscheidenden Faktor darstellt, während nach den Kriterien der WHO 2000 mehrere
histopathologische Kriterien zur Diagnosefindung gleichwertig beitragen (siehe Kapitel
1.2.5).
Dieser Unterschied ist relevant, da hiermit auch seitens der klinischen Ärzte diese
Tumoren
direkt
anhand
ihrer
Diagnose
und
der
damit
verbundenen
Auftretenswahrscheinlichkeit besser bezüglich ihrer Malignität, Häufigkeit und Prognose
eingeordnet werden können. Therapieentscheidungen hängen maßgeblich von der
Diagnose, vom Grading und der Stadieneinteilung ab, zumal in der aktuellen Literatur das
Grading mit Hilfe des Ki-67 Proliferationsmarkers weitgehend
als relevanter
Prognoseparameter für NET anerkannt ist und nach WHO 2010 eng mit der Nomenklatur
verbunden ist. (Garcia-Carbonero et al., 2010, Chatzipantelis et al., 2009, Jamali und
Chetty 2008, Bosman et al., 2010). Durch die Diagnose eines NET mittels aktueller WHO
2010 lassen sich NET somit adäquater und unkomplizierter charakterisieren als mittels der
Kriterien der WHO 2000.
Die Besonderheit in der neuen TNM-Klassifikation von 2010, für Appendix-NET kein
eigenes Grading mehr vorzusehen (Wittekind und Meyer 2010), findet seine
Rechtfertigung in der überwiegend gutartigen Prognose von Appendix-NET, weshalb auf
ein Grading vezichtet werden kann (Niederle et al., 2010, Bosmann et al., 2010). Neben
der überwiegend gutartigen Prognose bei Appendix-NET kann seit Kurzem ein weiteres
Argument ergänzt werden. Eine aktuelle Studie von Volante et al., 2013 bestätigt erstmals,
dass bei Appendix-NET ein Grading mit Hilfe des Ki-67 Proliferationsmarkers statistisch
nicht signifikant mit der Überlebenswarscheinlichkeit der Patienten korreliert. AppendixNET würden somit durch ein Grading nicht adäquat charakterisiert.
In unserer Studie wurde bei Appendix-NET allerdings zu Vergleichszwecken ein Grading
durchgeführt. Das Argument der überwiegend gutartigen Prognose von Appendix-NET
kann durch das sehr deutliche Ergebnis unserer Studie gestützt werden. Im Gegensatz zu
allen anderen NET waren bei Appendix-NET 29 von 31 Tumoren NET-G1. Nur zwei
Tumoren mit einer Proliferationsrate von jeweils 3% und 4%, knapp über der Grenze von
2% für NET-G1, waren NET-G2, wenn man ein entsprechendes Grading durchführen
würde.
69
Eine signifikante Häufung bestimmter Diagnosen in einem bestimmten Alter oder einem
bestimmten Geschlecht konnte anhand der oben beschriebenen Literatur nicht identifiziert
werden. Auch in dieser Studie ist kein signifikanter Unterschied zwischen Patienten mit
einem NET-G2 oder NEC im Vergleich zu Patienten mit einem NET-G1 bezüglich des
Alters oder des Geschlechts zu sehen, wobei zu beobachten ist, dass viele Patienten mit
einem Appendix-NET, die fast alle als NET-G1 zu klassifizieren wären, jünger sind.
Allerdings sind im höheren Alter absolut gesehen mehr Tumoren mit einer schlechteren
Diagnose und schlechterer Prognose zu sehen, was den Ergebnissen von Niederle et al.,
2010 entspricht, die NET mit unklarerer bzw. schlechterer Diginität ebenfalls häufiger im
Alter sehen.
Die Tumorgröße ist ein wichtiges Kriterium für die Klassifikation von NET nach ENETS
und nach der TNM-Klassifikation von 2010 und somit essentiell für die Einschätzung der
Prognose. Der Proliferationsmarker Ki-67 ist in einigen Studien positiv mit der
Tumorgröße korreliert worden (Sökmensüer et al. 2001, Ekeblad et al., 2008). Scarpa et
al., 2010 stellten sogar fest, dass Pankreas-NET mit einem Tumordurchmesser über 4 cm
und dementsprechend meist mit einem höheren Grading trotz nicht vorhandener
Lymphknoten- und Fernmetastasierung eine signifikant schlechtere Prognose aufwiesen.
Entsprechend konnten Shields et al., 2010 bei Kolon-NET über 10 mm eine signifikant
schlechtere Prognose bezüglich Metastasierung und Überleben erkennen.
Die in dieser Studie nach neuen Grading- bzw. Diagnosekriterien betrachteten
Tumorgrößen ergaben ebenfalls signifikant größere NET-G2 und NEC im Vergleich zu
NET-G1. Der zwischen NET-G2 und NEC nicht vorhandene Unterschied müsste
diesbezüglich gegebenenfalls anhand einer größeren Fallzahl reevaluiert werden.
Nichtsdestoweniger ist in dieser Studie die Aussage zu vertreten, dass NET-G2 und NEC
größer als NET-G1 sind und somit größere NET eine schlechtere Prognose haben. Aktuell
haben Rindi et al., 2012 bei einer sehr großen Zahl von Pankreas-NET Patienten (n=1072)
erneut bestätigt, dass das Grading einen effektiven Prognoseparameter darstellt und ein
Zusammenhang zur Tumorgröße besteht.
Der nicht signifikante Unterschied zwischen NET-G2 und NEC bezüglich der
Tumorgrößen ist neben der geringen Fallzahl vielleicht auch unter dem Gesichtspunkt
einiger anderer Studien zu sehen. In einer aktuellen Studie von Goh et al., 2011 bei 53
Pankreas-NET-Patienten konnte das Grading der ENETS, welches als Basis für die WHO
2010 Kriterien gilt, nicht als geeigneter Prognoseparameter herausgestellt werden. Auch
70
Volante et al., 2013 konnten kürzlich Tumorgröße und Grading bei Appendix-NET nicht
als signifikanten Prognoseparameter feststellen.
Somit müsste anhand von wesentlich höheren Fallzahlen, insbesondere von NEC, in
überregionalen Studien für jede Lokalisation die Korrelation zwischen Tumorgröße und
jeweiliger Diagnose geprüft werden, um einen Zusammenhang noch deutlicher
herauszuarbeiten.
Weitere Faktoren, die in Studien mit der Prognose von NET korrelieren sind unter anderem
eine Überexpression von p21 und eine Reduktion von E-Cadherin bei NET des Rektum,
Dünndarm, Magen und der Appendix (Kawahara et al., 2002), sowie eine Überexpression
von Geminin bei Pankreas-NET (Aizawa et al., 2012).
4.3
ENETS und TNM 2010
Die Klassifikation und Stadieneinteilung von Tumoren erfolgt mit Hilfe der TNMKlassifikation und der UICC-Stadieneinteilung. Seit 2010 werden NET erstmals auch
offiziell nach einer eigenständigen TNM-Klassifikation eingeteilt. Zuvor gab es erstmalig
seitens der ENETS im Jahre 2006 einen Vorschlag zur eigenständigen Klassifikation von
NET (siehe Kapitel 1.2.4). Eine Antwort auf die Frage, inwieweit diese beiden in neuester
Zeit beschlossenen Klassifikationssysteme einen adäquaten prognostischen Wert haben
und inwieweit sich die von Wittekind 2010 beschriebene mögliche aufkommende
Diskrepanz zwischen den beiden bestehenden Parallelsystemen offenbaren könnte, ist
Gegenstand momentaner Forschung.
Den prognostischen Wert der ENETS-Empfehlung bezogen auf ein jeweiliges untersuchtes
Patientengut konnten mehrere Studien in verschiedenen Organen insbesondere bei NET
des Pankreas bereits herausarbeiten.
Scarpa et al., 2010, Fischer et al., 2008 und Pape et al. 2008a,b konnten an Hand von 5und 10-Jahres-Überlebensraten einen relevanten prognostischen Wert der ENETSEmpfehlung bestätigen. Mit höheren Werten in der T-Kategorie und höheren Tumorstadien
war das Überleben signifikant schlechter. La Rosa et al., 2011 konnten diese
Zusammenhänge speziell für NET des Magen bestätigen, Pape et al. 2008b für NET des
Magens und des Duodenums. Goh et al., 2011 und Rindi et al., 2012 zeigten einen
Zusammenhang für NET des Pankreas. Volante et al., 2013 konnten kürzlich bei
Appendix-NET für die ENETS-Empfehlung die Korrelation zwischen höheren TKategorien und Tumorstadien und einem schlechteren Überleben zeigen. Gleiches stellten
Niederle et al., 2010 für eine innerhalb eines Jahres inzidente GEP-NET-Zahl prospektiv
71
mit ebenfalls signifikantem Prognosewert dar. Jann et al., 2011 arbeiteten neben der
prozentualen Verteilung von 270 Midgut- und Hindgut-NET auf die einzelnen ENETSStadien auch die diesbezüglich vorhandene gute prognostische Relevanz der ENETS
heraus.
Neben dem guten prognostischen Wert der ENETS konnten bei Pankreas-NET allerdings
auch Schwachstellen herausgestellt werden. Scarpa et al., 2010 konnten herausarbeiten,
dass Pankreas-NET, die größer als 4 cm waren, eine schlechte Prognose aufwiesen, auch
wenn keine Lymphknoten und Fernmetastasen vorhanden waren, was die ENETSEmpfehlung allerdings nicht adäquat widerspiegelt.
Mboti et al., 2010 empfehlen für Pankreas-NET, dass mit größter Sicherheit als benigne
einzuordnende kleinere Tumoren nicht mit Hilfe der ENETS-Empfehlung klassifiziert
werden sollten, da dies die Aussagekraft der ENETS verzerren würde und so insgesamt zu
viele kleinere Tumorstadien in die Bewertung mit eingehen, was dann kein repräsentatives
Bild der Pankreas-NET mehr darstellt.
Auch bei Appendix-NET konnte mit Hilfe einer klinischen Studie von Alexandraki et al.,
2011 auf Nachteile der ENETS hingewiesen werden. Hier konnte gezeigt werden, dass sich
bei einigen Patienten, bei denen bei einem Appendix-NET rechtsseitig eine
Hemikolektomie durchgeführt wurde, negative klinische Prognoseparameter zeigten, die
mit Hilfe der ENETS-Kriterien nicht ausreichend erfasst wurden.
Insgesamt jedoch wird aktuell die ENETS-Empfehlung als Klassifikation mit guter
prognostischer Relevanz dargestellt.
Der prognostische Wert der aktuellen TNM-Klassifikation von 2010, auch im Vergleich zu
anderen Klassifikationen, wird intensiv erforscht. Bisher wurden dabei besonders NET des
Pankreas berücksichtigt (Liszka et al., 2011, Goh et al., 2011, Rindi et al., 2012). Sellner et
al., 2011, Ito et al., 2010 und Wang et al., 2011 konnten kürzlich bestätigen, dass bei
Pankreas-NET die aktuelle TNM-Klassifikation von 2010 einen guten prognostischen
Wert hat und, dass eine Korrelation zwischen T- und M-Kategorie besteht.
Goh et al., 2011 verglichen diese beiden Klassifikationssysteme in Hinblick auf die
Überlebensraten und stellten bei beiden Systemen eine gute prognostische Bedeutung fest.
Liszka et al., 2011 wiesen auf regelmäßig zu erkennende Unterschiede dieser beiden
Systeme hin, die stets herausgestellt werden sollten, um einheitliche Angaben zur Prognose
machen zu können. Rindi et al., 2012 stellen aktuell erstmalig sogar heraus, dass die
ENETS-Empfehlung
bei
Pankreas-NET
72
statistisch
sogar
besser
mit
der
Überlebenswarscheinlichkeit von Patienten zu korrelieren ist als die aktuelle TNMKlassifikation von 2010 und im klinischen Alltag daher eher verwendet werden sollte.
Studien, die bei Appendix-NET eine Einordnung eines jeweiligen Patientenguts in die
aktuelle TNM-Klassifikation von 2010 vornehmen, sind erst seit Kurzem bekannt. Da die
Unterschiede zwischen TNM-Klassifikation von 2010 und ENETS insbesondere bei
Appendix-NET sehr markant sind, ist ein Vergleich sehr wichtig. Volante et al., 2013
konnten kürzlich zeigen, dass die Invasion nach extramural (einschließlich Mesoappendix)
mit einem schlechten klinischem Outcome korreliert, die Tumorgröße jedoch nicht. Die
subseröse Infiltration ist ein zentrales Klassifikationskriterium bei Appendix-NET nach
ENETS, die Tumorgröße ist das entscheidende Kriterium nach der TNM-Klassifikation
von 2010. Hiernach scheint die ENETS auch bei Appendix-NET die adäquatere
Klassifikation zu sein.
Durch den Vergleich der beiden Klassifikationen bei Appendix-NET in unserer Studie
sollen die zu erwartenden Unterschiede hinsichtlich der von Wittekind 2010 erwähnten
Problematik von zwei Parallelsystemen herausgearbeitet werden.
In unserer Studie sind über das gesamte Patientengut betrachtet, sowohl nach ENETS als
auch nach der TNM-Klassifikation von 2010 betrachtet, kleinere T-Kategorien und
Tumorstadien häufiger vertreten, was sich gut mit Daten aus der Literatur korrelieren lässt.
Genauer betrachtet haben Pankreas- und Dünndarm-NET zu einem größeren Teil höhere
T-Kategorien und Tumorstadien, im restlichen Kolon, in Appendix und im Magen
überwiegen jedoch kleinere T-Kategorien und Tumorstadien, was für die gute Prognose
von Magen- und Appendix-NET auf der einen Seite und für die eher schlechte Prognose
von Dünndarm- und Pankreas-NET auf der anderen Seite spricht (Niederle et al., 2010,
Burkitt and Pitchard 2006, Cernaianu et al., 2010, Bosman et al., 2010).
Wichtig erscheint nun, den in der Literatur herausgearbeiteten guten prognostischen Wert
der ENETS soweit möglich zu bekräftigen und darüber hinaus neue Erkenntnisse vor allem
seitens der TNM-Klassifikation von 2010 aus dieser Studie herauszuarbeiten.
Unterschiede zwischen ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 sind bei Appendix- und
Pankreas-NET zu sehen.
Bei der T-Kategorie und dem Tumorstadium ist bei NET des Magen, des Dünndarms und
des Kolons (außer Appendix) kein Unterschied zwischen den beiden Klassifikationen zu
erkennen, was zu erwarten war, da sich die beiden Klassifikationen diesbezüglich wenig
unterscheiden (T1a- und T1b-Unterteilung bei ENETS ist hier nicht berücksichtigt).
73
Bei Pankreas-NET ist ein Unterschied zwischen ENETS und TNM-Klassifikation
bezüglich der T-Kategorie, ähnlich wie von Liszka et al., 2011, auch hier zu beobachten
und auch als regelmäßig zu bewerten. Wie bei Liszka et al., 2011 sind in unserer Studie in
fast exakter relativer Verteilung T2-/T3- und T3-/T4-Diskrepanzen zu erkennen (14%
T2/T3-Unterschiede sowohl bei Liszka et al., 2011 als auch in unserer Studie und 3%
T3/T4-Diskrepanzen in unserer Studie und 4% bei Liszka et al., 2011).
Der Unterschied zwischen ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 bei Betrachtung der
T-Kategorie ist bei Pankreas-NET insbesondere in Anbetracht der geringen Fallzahl
gering.
Bei Betrachtung der Tumorstadien bei Pankreas-NET nach ENETS und TNMKlassifikation von 2010 ist die Häufigkeit einzelner Tumorstadien nach ENETS ähnlich
mit derer von Rindi et al., 2012 zu vergleichen, wo das Stadium I am häufigsten, das
Stadium II und III etwa gleichwertig am zweithäufigsten und das Stadium IV am seltensten
vertreten ist. Im Vergleich zur ENETS ist nach der TNM-Klassifikation von 2010 in
unserer Studie der Anteil des Stadium I viel größer und kleinere Tumorstadien sind
insgesamt häufiger vertreten. Diese Tatsache bestätigt die Aussage von Rindi et al., 2012,
dass die ENETS bei Pankreas-NET geeigneter als die TNM-Klassifikation erscheint die
Prognose von Pankreas-NET wiederzugeben, zumal Pankreas-NET zu einem hohen
Prozentsatz (40%) metastasieren (Fischer et al., 2010), was durch die TNM-Klassifikation
von 2010 nicht so gut wiedergegeben wird wie durch die ENETS.
Die Tatsache, dass in dieser Studie häufiger kleinere Tumorstadien vertreten sind, ist
allerdings auch in dem Zusammenhang der vielen kleinen Tumoren zu sehen. Mboti et al.,
2010 stellten heraus, dass gutartig verlaufende und demnach auch kleinere Pankreas-NET
aus der Stadieneinteilung entfernt werden sollten, um ein repräsentativeres Abbild der
ENETS-Stadieneinteilung bezüglich der Prognose zu erhalten. In unserer Studie ist
demnach auch anzumerken, dass 17 von 37 Pankreas-NET (46%) kleiner als 1,5 cm sind,
was zu einem ähnlichen Schluss führt wie bei Mboti et al., 2010. Aufgrund dieser Tatsache
ist der prognostische Wert der Stadieneinteilung dieser Studie bei Pankreas zu relativieren.
Insgesamt ist dabei noch zu berücksichtigen, dass der große Anteil an kleinen Tumoren in
dieser Studie nach aktueller TNM-Klassifikation wohl noch stärker zum Tragen kommt, da
nach aktueller TNM-Klassifikation von 2010 äquivalent zur Klassifikation für
Adenokarzinome klassifiziert wird und hierbei erst ab einer Einteilung von T4, N1 und
schlechter ein Tumorstadium von III und schlechter vergeben wird. Somit erscheint der
Anteil kleinerer Tumorstadien nach der TNM-Klassifikation von 2010 immer höher als
nach ENETS. Vor diesem Hintergrund erscheint die Empfehlung von Mboti et al., 2010,
74
alle kleineren und mit großer Sicherheit als eher gutartig einzuschätzende Pankreas-NET
nicht mit in die ENETS-Stadieneinteilung einfließen zu lassen, in besonderem Maße wohl
auch für die TNM-Klassifikation von 2010 zu gelten.
Die Aussage von Rindi et al., 2012, dass bei Pankreas-NET die ENETS eine bessere
prognostische Relevanz hat als die TNM-Klassifikation von 2010 und somit eher im
klinischen Alltag verwendet werden sollte, kann insgesamt durch unsere Studie gestützt
werden.
Was als bisher unbeschriebene Neuheit scheint, ist der Unterschied im Vergleich der
Appendix-NET. Hierbei verbessert sich die T-Kategorie in der TNM-Klassifikation von
2010 im Vergleich zur ENETS in 7 von 31 Appendix-NET-Fällen von T2 auf T1 (23%), in
zwei Fällen von T3 auf T1 (6%) und in einem Fall von T3 auf T2 (3%). Dieses Ergebnis
legt den Schluss nahe, dass sich die Änderungen in der neuen TNM-Klassifikation von
2010 im Vergleich zur ENETS seitens der T-Kategorie noch stärker im Patientengut als im
Falle der Pankreas-NET bemerkbar machen, was jedoch stets in Anbetracht der relativ
geringen Fallzahl betrachtet werden sollte. Ähnliches gilt für die Stadieneinteilung (siehe
auch Kapitel 3.3)
Zudem erscheinen die kleineren T-Kategorien und Tumorstadien bei der TNMKlassifikation gut mit der bereits herausgehobenen außerordentlich guten Prognose von
NET des Appendix im Vergleich zu anderen NET zu korrelieren. Dies führt zu dem
Ergebnis, dass besonders bei Appendix-NET die neue TNM-Klassifikation von 2010
adäquater die außerordentlich gute Prognose der Tumoren widerspiegelt als die ENETS.
Allerdings ist dieser Behauptung jedoch die bereits erwähnte aktuelle Studie von Volante
et al., 2013 entgegenzusetzen, die ein wichtiges Klassifikationskriterium der ENETS (die
subseröse Invasion) als prognostisch relevant im Gegensatz zum Hauptkriterium der TNMKlassifikation von 2010 (die Tumorgröße) sieht.
Die Einteilung mittels ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 trägt in dieser Studie
dazu bei, ein repräsentatives Abbild der relativen Verteilung von bestimmten
Tumorkategorien und Stadien zu bekommen, welches sich gut mit Daten aus der Literatur
korrelieren lässt. Bei Vergleich von ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 wird
deutlich, dass die TNM-Klassifikation bei Appendix-NET akkurater als die ENETS scheint
die überwiegend gute Prognose dieser Tumoren zu repräsentieren.
Bei Pankreas-NET scheint dagegen die ENETS die geeignetere Klassifikation zu sein die
in vielen Fällen schlechte Prognose dieser Tumoren zu repräsentieren. Der Anteil kleinerer
75
Tumorstadien ist nach der TNM-Klassifikation von 2010 im Vergleich zur ENETS
deutlich höher, was dem Bild der Pankreas-NET, die zu einem großen Teil eine schlechte
Prognose haben (Bosman et al., 2010), nicht mehr genau entspricht. Nach ENETS sind in
unserer Studie bei Pankreas-NET insgesamt vermehrt höhere Tumorstadien vertreten als
nach der TNM-Klassifikation von 2010. Hiernach ist die Aussage von Rindi et al., 2012 zu
stützen, dass die ENETS bei Pankreas-NET eine höhere prognostische Relevanz hat als die
TNM-Klassifikation von 2010, da sie das maligne Potential dieser Tumoren besser
widerspiegelt.
Gegebenenfalls sollten, wie bei Mboti et al. 2010 vorgeschlagen, kleinere Pankreas-NET
aus der Klassifikation entfernt werden, um der Malignität pankreatischer NET gerechter zu
werden.
Beobachtet man nun abschließend die Diagnosen in Korrelation mit der T-, N- und MKategorie (TNM-Klassifikation von 2010), erkennt man in allen Bereichen, dass bei
Diagnose eines NET-G2, oder gar eines NEC, sowohl die T-Kategorien relativ gesehen
höher sind, der Anteil von Lymphknotenmetastasen zunimmt als auch Fernmetastasen
häufiger aufzufinden sind. Die Tatsache, dass bei den 5 NEC der Anteil von
Fernmetastasen relativ gesehen nicht steigt, ist vermutlich nicht repräsentativ und das
Ergebnis wäre bei höherer Fallzahl wahrscheinlich zu widerlegen.
Schließlich kann festgestellt werden, dass die Diagnosen in Verbindung mit der TNMKlassifikation von 2010 insgesamt einen guten Prognoseparameter darstellen, die für die
Beurteilung von NET als sinnvoll erscheinen.
4.4
DNA-Methylierung
Bei den Methylierungsergebnissen für LINE-1 erscheint es wichtig die Ergebnisse anhand
der Diagnosen, der Lokalisationsverteilung und der TNM bzw. der ENETS zu bewerten.
Wie bereits dargestellt scheint genomische Hypomethylierung bei vielen Tumoren
einschließlich GEP-NET eine entscheidende Rolle zu spielen. Obwohl in vielen Studien
epigenetische Methylierungsmuster von Genen bei GEP-NET untersucht worden sind und
auch lokalisationsbedingte Unterschiede von NET herausgearbeitet wurden (Bosman et al.,
2010, Dumortier et al., 2000), bleibt es bisher noch aus, die LINE-1-Methylierung auf die
in dieser Studie herausgearbeiteten Lokalisationen, die Diagnosen und auf die geltenden
Klassifikationen (TNM-Klassifikation von 2010 und ENETS) zu beziehen, um auf neue
spezifische Zusammenhänge zu schließen.
76
Bezüglich der Lokalisation konnte in unserer Studie eine signifikante Demethylierung von
LINE-1 bei Dünndarm-, Kolon- und Pankreas-NET festgestellt werden. Appendix- und
Magen-NET waren dabei nicht signifikant demethyliert.
Dieses Ergebnis lässt sich gut mit der Tatsache vereinbaren, dass laut Literatur im Magen
und vor allem Appendix eher NET mit einer guten Prognose vorkommen, während im
Pankreas, Kolon und Dünndarm zum großen Teil NET vorkommen, die metastasieren und
eine schlechtere Prognose haben (La Rosa et al., 2011, Bosman et al., 2010, Burkitt und
Pritchard 2006, Dumortier et al., 2000). Anhand dieser Ergebnisse unserer Studie
bezüglich der unterschiedlichen LINE-1-Demethylierung je nach Lokalisation lässt sich
nun sagen, dass die LINE-1-Methylierung ein Prädiktor für die Tumorprogression bei
Dünndarm-, Kolon- und bei Pankreas-NET sein kann, nicht aber bei Magen- und
Appendix-NET.
Man sieht also eine Korrelation zwischen der in der Literatur dargestellten Prognose von
GEP-NET einzelner Lokalisationen und der Methylierung von LINE-1. Somit scheint nun
die Möglichkeit gegeben die LINE-1-Methylierung als einen Prognoseparameter für NET
anzunehmen. Neben anderen Tumoren wie beim Ovarial-, Lungen- und Leberkarzinomen,
wo LINE-1 bereits als Prognoseparameter vorgeschlagen wurde (Pattamadilok et al., 2008,
Tangkijvanich et al., 2007, Saito et al., 2010), scheint LINE-1 nun auch bei NET des
Pankreas, des Dünndarms und Kolons eine Aussage über die Prognose eines Tumors
zuzulassen.
Zur Deutung dieser Resultate ist neben der komplizierten Frage nach dem genauen
molekularpathologischen Profil und dem exakten zellulären Ursprung von NET einzelner
Lokalisationen zunächst der Einfluss von gesundem umgebendem Normalgewebe auf die
Tumorprogression zu klären. In diesem Zusammenhang sind die Studien von
Chalitchagorn et al., 2004 und Dumortier et al., 2000 zu nennen. Chaltchagorn konnte
zeigen, dass sich der Methylierungsstatus von LINE-1 in Normalgewebe verschiedenster
Organe unterscheidet und, dass sogar verschiedene Tumorentitäten innerhalb eines Organs
ein völlig unterschiedliches Methylierungsmuster aufweisen können. Insbesondere wurde
gezeigt, dass sich Kolonkarzinome in ihrer LINE-1-Methylierung signifikant von
Adenomen des Dickdarms unterscheiden.
Dumortier et al., 2000 konnten zuvor an Mäusen zeigen, dass sich NET des
Gastrointestinaltrakts
in
verschiedenen
Bindegewebsumgebungen
unterschiedlich
entwickeln. Diese, je nach Bindegewebe unterschiedlichen, Tumorprogressionsverhalten
wurden auf eine, je nach Lokalisation verschiedenartige, Epithel-Mesenchym-Interaktion
zurückgeführt. Somit scheint es nahe liegend, die Erkenntnisse von Dumortier et al., 2000
77
auf unsere Studie zu übertragen und zusätzlich eine sich unterschiedlich auswirkende
Epithel-Mesenchym-Interaktion bei Magen- und Appendix-NET auf der einen Seite und
Dünndarm- und Pankreas-NET auf der anderen Seite als Ursache für das unterschiedliche
Diginitätsverhalten anzunehmen, was mit der unterschiedlichen LINE-1 Demethylierung je
nach Lokalisation korreliert.
In einem zukünftigen, spezifischeren Mäuseexperiment könnten Tumoren mit bekannter
Diginität und Lokalisation in verschiedenen Organen entwickelt und beurteilt werden. Bei
Bestätigung der Hypothese, dass sich z. B. maligne NET des Pankreas oder Dünndarms in
einer magen- oder appendixähnlichen Umgebung anders verhalten, könnte anschließend
anhand dieser Proben das epigenetische Profil im Detail untersucht werden, um durch
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen bestimmten molekularen Mustern bei
Normalgewebe und Tumorgewebe die Ursache der unterschiedlichen Epithel-MesenchymInteraktion zu finden.
Weiterhin ist es möglich, dass die lokalisationsspezifische LINE-1-Demethylierung bei
NET die von Wang et al., 2005 beschriebenen lokalisationsspezifischen Unterschiede von
genomischer Instabilität und Loss of Heterozygosity (LOH) der Chromosomen 11q, 16q
und 18q bei NET unterstützt. In diesem Zusammenhang scheint interessant, dass sowohl
bei kolorektalen Karzinomen, als auch bei NET, eine Assoziation zwischen globaler
Hypomethylierung und Loss of Heterozygosity bei 18q besteht (Matsuzaki et al., 2005,
Ogino et al., 2007, Choi et al., 2007). In ähnlicher Weise ist auch bei Prostatakarzinomen
ein Zusammenhang mit LINE-1-Demethylierung und Veränderungen im Chromosom 8
beschrieben worden (Schulz et al., 2002).
Eine Korrelation zwischen LINE-1-Demethylierung und LOH, sowie chromosomalen
Veränderungen müsste lokalisationsspezifisch bei NET untersucht werden, um neben einer
möglichen Epithel-Mesenchym-Interaktion gegebenenfalls einen Zusammenhang mit LOH
und chromosomalen Veränderungen zu erfassen.
Neben der Bedeutung der LINE-1-Demethylierung in Abhängigkeit von der Lokalisation
wurde in unserer Studie als nächstes die LINE-1-Demethylierung in Zusammenhang mit
einer bestimmten Diagnose (NET-G1, NET-G2 oder NEC) beurteilt.
Über alle Tumoren betrachtet waren sowohl NET-G1, NET-G2 als auch NEC im
Vergleich zu Normalgewebe demethyliert. Nun galt es herauszufinden in wie weit
signifikante Unterschiede in der LINE-1-Methylierung zwischen den jeweiligen Diagnosen
NET-G1, NET-G2 oder NEC vorlagen.
78
Während bei Dünndarm- und Kolon-NET kein signifikanter Unterschied zwischen der
LINE-1-Methylierung bei NET-G1 und NET-G2 vorlag, waren NET-G2 des Pankreas
signifikant zu NET-G1 des Pankreas demethyliert.
Eine progrediente Demethylierung von NET-G1 zu NET-G2 war also nur bei PankreasNET festzustellen.
Die eindeutige Korrelation von LINE-1 und Grading bei NET des Pankreas kann anhand
einer Studie von Espada et al., 2007 zunächst gut nachvollzogen werden. Hier konnte
gezeigt werden, dass bei Zellen ohne DNA-Methyltransferase 1 (DNMT 1) die Zellkerne
instabiler waren und eine höhere Ki-67-Expression aufwiesen. DNMT 1 ist dabei für die
Methylierung von DNA verantwortlich.
Die nicht progressive LINE-1-Demethylierung von NET-G1 zu NET-G2-Dünndarm/Kolon-NET ist jedoch auch nachvollziehbar. Sunami et al., 2011 beschrieben zwar
kürzlich, dass auch bei Kolonkarzinomen LINE-1 mit fortgeschrittener Progression stärker
demethyliert erscheint, Estecio et al., 2007 konnten jedoch insbesondere bei
Kolonkarzinomen darstellen, dass die LINE-1-Hypomethylierung sehr variabel ist und
nicht immer proportional und gleichmäßig verläuft, was auf den Einfluss unterschiedlicher
und komplexer Signalwege auf die Tumorprogression hinweist. Verantwortlich hierfür
könnten unterschiedliche Einflussfaktoren bei der Progression von NET des Pankreas im
Vergleich zu NET des Kolons und Dünndarms sein. In einer weiteren Studie könnten somit
spezifische Signalwege von Pankreas-NET-G2 und Dünndarm-/Kolon-NET-G2 untersucht
werden, um unterschiedliche Muster zu identifizieren, welche das in den letzten Jahren
immer stärker erscheinende differenzierte Bild von GEP-NET entscheidend erweitern.
Ein weiteres interessantes Ergebnis unserer Studie bei der Betrachtung der Methylierung
bei Magen-NET zu sehen. Fast alle Magen-NET dieser Studie waren NET-G1 (11 von 14)
und sogar noch weniger signifikant methyliert als die ohnehin als benigne einzustufenden
Appendix-NET (p=0.26 im Vergleich zu p=0,739). Die LINE-1-Ergebnisse unserer Studie
stützen die Schlussfolgerung von La Rosa et al., 2011, dass Magen-NET-G1 eine
exzellente Prognose haben, selbst wenn sie metastasieren.
Nach Beurteilung der Beziehung zwischen der Line-1-Methylierung und den Diagnosen
stellt sich die Frage nach einem Zusammenhang zwischen der LINE-1-Methylierung und
der TNM-Klassifikation. Zwischen ENETS und der TNM-Klassifikation von 2010 gab es
keine signifikanten Unterschiede.
Insgesamt ist eine Tendenz zur Demethylierung von T1- zu T2- und T3-NET zu erkennen.
Diese ist aber insgesamt nicht signifikant. Nur innerhalb Pankreas-NET ist eine inverse
79
Korrelation zwischen LINE-1-Demethylierung und T1- bzw. T2-Kategorie zu sehen. Diese
Demethylierung von T2-Pankreas-NET im Vergleich zu T1-Tumoren spiegelt auch die
progrediente Demethylierung von Pankreas-NET mit schlechterer Diagnose (NET-G2 oder
NEC) wider.
Die Feststellung von Cho et al., 2009 und Sunami et al., 2011, dass jeweils bei
Prostataneoplasien und Kolonkarzinomem eine inverse Korrelation zwischen LINE-1Hypomethylierung und TNM-Klassifikation besteht, kann bei NET in unserer Studie nur
bei Pankreas-NET bestätigt werden.
LINE-1 kann insbesondere bei Pankreas-NET sowohl aus Sicht der gestellten Diagnosen,
als nun auch aus Sicht der TNM-Klassifikation von 2010, als guter Prognosemarker
verwendet werden.
Bei Dünndarm-/Kolon-NET, kann die Verwendung von LINE-1 als Prognoseparamter nur
eingeschränkt
vorgeschlagen
werden,
da
bei
diesen
NET
keine
signifikante
Demethylierung zwischen T1-, T2- und T3-Tumoren zu erkennen ist. Dieser im Gegensatz
zu Pankreas nicht signifikante Unterschied kann vielleicht auch mit der von Estecio et al.,
2007 erwähnten Tatsache zusammenhängen, dass die LINE-1-Methylierung bei Tumoren
des Kolon hoch variabel sein kann.
Weiterhin zeigte unsere Studie, dass die LINE-1-Methylierung nicht in einem signifikanten
Maße mit der Tumorgröße zusammenhängt. Eine bei manchen Autoren beobachtete
Korrelation zwischen Tumorgröße und Prognose eines Tumors konnte somit nicht durch
die LINE-1-Demethylierung bestätigt werden (Sökmensüer et al. 2001, Ekeblad et al.,
2008, Scarpa et al., 2010).
Die LINE-1-Demethylierung korreliert jedoch in unserer Studie in einem signifikanten
Maße mit dem Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen. Choi et al., 2007 konnten den
Zusammenhang von Lymphknotenmetastasierung und geringerer LINE-1-Methylierung
zuvor ebenfalls feststellen. Somit kann, wie bei anderen Tumorentitäten bereits bestätigt,
auch bei NET ein Zusammenhang zwischen globaler Hypomethylierung und dem
Auftreten von Metastasen bekräftigt werden (Zuo et al., 2009, Jones und Baylin 2002,
Feinberg und Tycko 2004).
Neben der auch von Choi et al., 2007 gemachten Aussage, dass die LINE-1Demethylierung mit Lymphknotenmetastasierung in Zusammenhang gebracht werden
kann und der weitgehenden Unabhängigkeit von RASSF1A-Methylierung auf der einen
Seite und der inversen Korrelation mit der MGMT-Methylierung auf der anderen kann in
Zusammenschau ein solches Modell in Einklang mit der Rolle der epigenetischen
80
Plastizität bei der Tumorprogression gebracht werden (Sadikovic et al., 2008, Feinberg et
al., 2006, Lotem und Sachs 2006, Rodenhiser 2009).
Insgesamt suggerieren die lokalisations-, T-Kategorie- (nur bei Pankreas-NET) und
diagnosenabhängige
LINE-1-Demethylierung,
sowie
die
signifikant
größere
Demethylierung von Primärtumoren mit Lymphknotenmetastasierung im Vergleich zu
Primärtumoren
ohne
gleichzeitige
Lymphknotenmetastasierung,
dass
LINE-1-
Demethylierung zu klonalen Veränderungen und Entwicklungen bei GEP-NET beiträgt.
Zusammenfassend präsentiert also diese Studie zum ersten Mal ein Lokalisations- und
diagnosespezifisches und T-Kategorie-spezifisches LINE-1-Methylierungsmuster in GEPNET.
Wie in der Einleitung bereits herausgearbeitet, kann in der Literatur sowohl bei PankreasNET anhand von Mutationsanalytik (Perren et al., 2000) wie auch bei verschiedenen GEPNET mittels MSP (Arnold et al., 2007) kein Hinweis auf relevante Mutationen oder
Promotorhypermethylierungen bei PTEN festgestelltwerden. Die Ergebnisse dieser Studie
bestätigen zum ersten Mal mittels Pyrosequencing die Ergebnisse anderer Verfahren. Auch
hier konnte in keiner Weise eine signifikante PTEN-Promotorhypermethylierung
festgestellt werden. Diese in Einklang mit der Literatur stehenden Ergebnisse bestätigen
somit auf der einen Seite die Korrektheit und Adäquatheit der in dieser Studie verwendeten
Proben, Materialien und Methoden, während sie andererseits zum ersten Mal Ergebnisse
über die Methylierung von PTEN mit Hilfe der zum Zeitpunkt der Studie aktuellsten
Methodik dargestellen. Die Wichtigkeit der Weiterentwicklung von Methoden zur
Untersuchung von
DNA-Methylierungen
auf aktuellstem
Stand
zur Erlangung
entscheidender Erkenntnisse und Fortschritte in der Tumorforschung wird von Costa 2010
anhand der neuen Verfahren wie des Pyrosequencing und des Next Generation Sequencing
im Vergleich zu älteren Verfahren wie den DNA Methylation Arrays dargestellt.
In diesem Zusammenhang lässt sich zusätzlich anmerken, dass in dieser Studie die
Methylierung für PTEN in gleichmäßiger Form sowohl bei Normal- als auch bei
Tumorgewebe bei Pankreas stets um etwa 3-4% höher liegt als bei Magen und Dünndarm
bzw. Kolon. Dies korreliert mit Ergebnissen von Chalitchargon et al., 2004, die bei LINE-1
eine gewebespezifische Methylierung sowohl bei Normalgewebe unterschiedlicher
Organe, als auch bei Tumorgewebe unterschiedlicher Entitäten und Lokalisationen,
aufführen.
81
Insgesamt ist jedoch auch aus neuer methodischer Sicht wohl kein relevanter Einfluss von
Promotorhypermethylierung bei PTEN auf die Pathogenese von NET zu sehen. Allerdings
konnten Krausch et al., 2011 bei Pankreas-NET immunhistochemisch nachweisen, dass die
Expression von PTEN bei Pankreas NET im Vergleich zu Normalgewebe signifikant
geringer ist, was zeigt, dass die Rolle von PTEN bei NET noch nicht abschließend geklärt
ist.
82
5
Zusammenfassung
GEP-NET sind trotz beobachteter gestiegener Inzidenz in den letzten Jahren immer noch
seltene Neoplasien, die durch ihre Heterogenität und ihr nicht immer eindeutiges
prognostisches Verhalten einen hohen Stellenwert in der aktuellen Forschung haben. Nach
einer Empfehlung zur Klassifikation und Grading von NET der ENETS von 2006 und
2007 ist erstmals 2010 eine offizielle TNM-Klassifikation für NET herausgegeben worden.
Ebenfalls im Jahre 2010 hat die WHO eine offizielle Festlegung für eine Nomenklatur
herausgegeben mit genauer Definition eines Gradings.
In dieser Studie wurde erstmals anhand eines 183 Proben messenden Kollektivs aus
Magen-, Dünndarm-, Kolon-, Appendix- und Pankreas-NET die Verteilung der Diagnosen
nach den Kriterien der WHO 2000 und WHO 2010 untersucht. Für die Reevaluierung der
Diagnosen nach aktueller WHO-Nomenklatur von 2010 war die Bestimmung des Ki-67
Proliferationsindex essentiell. Anhand von 129 Resektatfällen wurden weiterhin die
Tumorkategorien und Stadien nach ENETS und TNM- Klassifikation von 2010 bestimmt.
Sowohl die gestellten Diagnosen als auch die ENETS und die TNM-Klassifikation geben
die Häufigkeitsverteilung in einzelnen Stufen und Kategorien in Zusammenhang mit
vorhandenen Daten zur Prognose und Überlebenswahrscheinlichkeit gut wieder. Durch
gute Korrelation von Diagnosen, Tumorgröße, T-, N- und M-Kategorie konnte diese
Relevanz unterstrichen werden.
Die WHO Nomenklatur von 2010 scheint dabei durch die zentrale Rolle des
Proliferationsmarkers Ki-67 NET adäquater und einfacher zu charakterisiern als die
Kriterien der WHO von 2000.
Der Vergleich von ENETS und TNM-Klassifikation von 2010 ergab Unterschiede in der
Klassifikation bei Appendix- und Pankreas-NET. Insbesondere fällt auf, dass AppendixNET nach aktueller TNM-Klassifikation noch besser als nach ENETS mit prognostischen
Daten aus der Literatur in Einklang zu bringen sind. Pankreas-NET werden dagegen nach
ENETS adäquater charakterisiert als nach TNM, jedoch ist darüber nachzudenken, ob
besonders kleine Tumoren zwecks besserer Korrelierbarkeit mit dem maligneren Bild von
Pankreas-NET in der Literatur von der Klassifizierung auszunehmen sind, was auch Mboti
et al. 2010 empfehlen,
Anhand der entsprechenden Lokalisationen, der erarbeiteten Diagnosen und der TKategorien der ENETS und TNM Klassifikation von 2010 sollte nun festgestellt werden,
83
inwieweit globale DNA-Methylierungen von LINE-1 und Promotorhypermethylierung für
PTEN unterschiedlich in Erscheinung treten und inwieweit eine Korrelierbarkeit mit
Lokalisation,
Diagnosen,
und
TNM-Klassifikation
zwecks
prognostischer
Aussagefähigkeit besteht.
Eine signifikante LINE-1-Demethylierung bei Dünndarm-, Kolon und Pankreas-NET
konnte im Gegensatz zu Magen- und Appendix-NET festgestellt werden. Hierdurch konnte
die häufig schlechte Prognose von NET des Dünndarm, Kolon und des Pankreas im
Gegensatz zur überwiegend guten Prognose von NET des Magens und der Appendix
bestätigt werden. Für Pankreas-NET konnte eine signifikante Demethylierung von NETG1 zu NET-G2 und von pT1 zu pT2 festgestellt werden, was bei Pankreas- NET LINE-1
als guten Prognoseparameter hervorhebt.
Bei Dünndarm- und Kolon-NET konnte zwischen NET-G1 und NET-G2 und zwischen
den T-Kategorien kein signifikanter Methylierungsunterschied festgestellt werden, was die
Annahme von LINE-1 als Prognoseparameter hier etwas relativiert und sich mit einer von
Estecio et al., 2007 beobachteten variablen Methylierung bei Kolontumoren erklären lässt.
Im
Gegensatz
zu
LINE-1
konnte
bei
PTEN
insgesamt
keine
signifikante
Hypermethylierung festgestellt werden.
Insgesamt wird durch die WHO-Nomenklatur und die TNM-Klassifikation von 2010
bezogen auf das untersuchte Tumorkollektiv ein repräsentatives Abbild der NET
wiedergegeben. Durch die Diagnose eines NET mittels aktueller WHO-Nomenklatur von
2010 lassen sich NET einfach und adäquat charakterisieren.
Appendix-NET werden wohlmöglich zutreffender durch die TNM-Klassifikation von 2010
als durch die ENETS klassifiziert. Pankreas-NET werden besser durch die ENETS
charakterisiert.
Die Demethylierung von LINE-1 ist lokalisationsspezifisch und korreliert insbesondere im
Pankreas invers proportional mit Diagnosen und T-Kategorien, was LINE-1 insbesondere
bei Pankreas als Prognoseparameter in Frage kommen lässt, während die Methylierung von
PTEN keinerlei prognostischen Wert hat.
84
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TABELLARISCHER LEBENSLAUF
Persönliches:
Geburtsdatum:
10.05.1985
Geburtsort:
D- Bochum
Staatsangehörigkeit: Deutsch und Griechisch
Konfession:
Griechisch-orthodox
Familienstand:
Ledig
Eltern:
Drs. med. Ioanna und Gerasimos Tzivras
Geschwister:
Schwester, Miranta Tzivras
Schulbildung:
1991- 1995:
Grundschule Max-Grewe in Bochum
1991- 2001:
Besuch mit Schulabschluss im muttersprachlichen
Ergänzungsunterricht (griechisch)
1995- 2004:
Otto-Hahn-Gymnasium Herne
Medizinische Ausbildung:
2004- 2005:
Zahnmedizinstudent an der Universität Witten/ Herdecke mit
Vorphysikum 2005
2006- 2012:
Medizinstudium an der Ruhr-Universität Bochum
2008:
1. Abschnitt der ärztlichen Prüfung
2001/2012:
Praktisches Jahr:
-
Abteilung für Chirurgie, Universitätsklinikum Marienhospital
Herne
-
Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie,
Berufsgenossenschaftliches Universitätsklinikum Bergmannsheil
Bochum
-
Abteilung für Innere Medizin Universitätsklinikum
Marienhospital Herne
2012:
2. Abschnitt der ärztlichen Prüfung
13.12.2012:
Approbation als Arzt
Seit 15.01.2013:
Assistenzarzt in der chirurgischen Abteilung am
Evangelischen Krankenhaus in Herne
(Prof. Dr. med. U. Eickhoff/ Prof. Dr. med. M. Kemen)
Publikationen:
Stricker, I., Tzivras, D., Nambiar, S., Wulf, J., Liffers, S.T., Vogt, M., Verdoodt, B.,
Tannapfel, A., Mirmohammadsadegh, A. (2012). Site- and grade-specific diversity of
LINE1 methylation pattern in gastroenteropancreatic neuroendocrine tumours. Anticancer
Res. 32(9), 3699-706
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