Interview mit Peter Kromminga, Geschäftsführer, UPJ – Netzwerk für Corporate Citizenship und CSR zum Thementag „Engagement von kleinen und mittleren Unternehmen“ anlässlich der Woche des bürgerschaftlichen Engagements 2014 1. Welchen Anteil hat das Engagement von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) schätzungsweise im Verhältnis zum gesamten Engagement in Deutschland und wie engagieren sich mittelständische Unternehmen? Der Engagementbericht der Bundesregierung hat valide Aussagen zum gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen und auch von kleinen und mittleren gemacht, die auch von Untersuchungen etwa des Instituts für Mittelstandsforschung gestützt werden. Der weitaus überwiegende Teil der kleinen und mittleren Unternehmen ist gesellschaftlich engagiert und das Engagement ist so vielfältig wie der Mittelstand selbst. Das reicht vom traditionellen und nach wie vor umfangreichen finanziellen Engagement in Form von Spenden, Sponsoring, Stiftungen und der Bereitstellung von Sachspenden, der Infrastruktur des Unternehmens über den Einsatz von Zeit, Know How und Wissen der Inhaberinnen und Inhaber und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis hin zum Einsatz von Verbindungen, um sich gemeinsam mit anderen für eine gute Sache einzusetzen. Mittelständische Unternehmen leisten also über ihre eigentliche Geschäftstätigkeit hinaus einen erheblichen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt. 2. Unterscheiden sich die Rahmenbedingungen und die Formen des Engagements von KMU von denen von Großunternehmen? Offensichtlich ist, dass die wenigsten Mittelständler über eigene CSR-Verantwortliche und ein systematisches Management des Engagements verfügen, wie es inzwischen bei den meisten großen Unternehmen der Fall ist. Zudem ist der Großteil der kleinen und mittleren Unternehmen inhaber- bzw. familiengeführt. Das Engagement wird in vielen Fällen intuitiv gesteuert und persönliche Überzeugungen, also intrinsische Motive, spielen eine weitaus größere Rolle bei der Entscheidung, wie und in welchem gesellschaftlichen Feld sich ein Unternehmen engagiert. Beim Konzept von Corporate Citizenship geht es darum, dass sich beim Engagement von Unternehmen der wirtschaftliche Nutzen, der Business Case, und der gesellschaftliche Nutzen, der Social Case, treffen. Dass das Engagement bei mittelständischen Unternehmen oftmals intuitiv gemanaged wird, heißt aber nicht, dass dies bei ihrem Engagement nicht der Fall ist. Die Beziehung des Unternehmens zum gesellschaftlichen Umfeld, die Kenntnis dessen, was Vorort auf den Nägeln brennt, ist sehr unmittelbar, und wird mit den Bedarfen des Unternehmens verknüpft. Sehr deutlich wird das vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels am wachsenden Engagement mittelständischer Unternehmen in den Bereichen Bildung, Beschäftigungsfähigkeit und lebenslangem Lernen. Und der, intrinsisch motivierte, starke Rückhalt in der Geschäftsführung der KMU muss nicht erst hergestellt werden, wie es in vielen großen Unternehmen der Fall ist. 3. Können KMU mit ihrem Engagement eine Lücke füllen und Aufgaben übernehmen, für die staatliche Stellen oder Großunternehmen weniger geeignet sind? Das ist meines Erachtens die falsche Fragestellung. Es geht beim gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen nicht darum, irgendwelche Lücken zu füllen. Das geht schon Interview mit Peter Kromminga, Geschäftsführer, UPJ – Netzwerk für Corporate Citizenship und CSR zum Thementag „Engagement von kleinen und mittleren Unternehmen“ anlässlich der Woche des bürgerschaftlichen Engagements 2014 rein quantitativ betrachtet nicht, ganz abgesehen davon, ob das überhaupt wünschenswert wäre. Ziel kann es nur sein, Angebote von NPO für ihre Adressaten zu ergänzen durch solche Beiträge, die gerade Unternehmen sinnvoll einbringen können - wie das exemplarisch bspw. bei Patenschaften, Kompetenzspenden oder den vielfältigen Projekten zur Berufsorientierung der Fall ist - und dafür neue Bündnisse, neue Kooperationen von Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und der öffentlichen Hand zu schmieden. So können neue Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen entstehen, soziale Innovationen in den Unternehmen und im Gemeinwesen. Der Berliner Aufruf des UPJNetzwerks formuliert es so: „Nach einer Ära der einseitigen Shareholder Value Orientierung geht es darum, zu einer neuen, zukunftsfähigen Balance im ökonomischen Handeln zu finden, um wieder Vertrauen zu schaffen – bei Kunden, Partnern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, im gesellschaftlichen Umfeld und in der Öffentlichkeit, durch Interaktion mit dem Gemeinwesen und im Einklang mit der Umwelt.“ 4. Kennen Sie KMU, die in Bezug auf ihr Engagement für Unternehmen Vorbilder sein können? Es gibt unendlich viele Beispiele des sinnvollen und überzeugenden Engagements mittelständischer Unternehmen und inzwischen auch etliche bundesweite, landesweite oder kommunale Auszeichnungen für dieses vorbildliche Engagement. Meines Erachtens liegt ein wichtiger Entwicklungsschritt darin, dass sich mittelständische Unternehmen lokal oder regional zusammentun, um sich gemeinsam für eine Sache zu engagieren, um eine spürbare Wirkung zu erzielen. Dafür gibt es etliche Ansätze - wie etwa im Rahmen des UPJNetzwerks der Runde Tisch Jugend und Wirtschaft im Land Brandenburg, oder die Initiative Unternehmen aktiv im Schelmengraben, ein Modellprojekt im Rahmen der nationalen Stadtentwicklungsstrategie, in dem sich eine Gruppe von vor allem mittelständischen Unternehmen aus Wiesbaden vorgenommen hat, sich gemeinsam für den Stadtteil Schelmengraben, einem Stadtteil mit besonderem Entwicklungsbedarf, einzusetzen. 5. Haben KMU Ihrer Meinung nach einen besonderen Förderungs- oder Nachholbedarf? Die Begriffe „Förderungs- oder Nachholbedarf“ sind an dieser Stelle meiner Meinung nach auch nicht passend. Das klingt so, als müsste den Mittelständlern auf irgendeine Weise auf die Sprünge geholfen werden. Es geht sicher darum, und das machen wir z.B. im Projekt CSR Regio.Net, mittelständische Unternehmen bei einer systematischeren Herangehensweise an das Engagement im Rahmen einer umfassenden CSR Strategie in den Handlungsfeldern Markt, Umwelt, Mitarbeiter und Gemeinwesen zu unterstützen. Bezogen auf das Engagement im Gemeinwesen und mit Blick auf die internen Ressourcen von mittelständischen Unternehmen für das Management von Engagement-Projekten sind sicher regionale Mittlerorganisationen hilfreich, die KMU hier unterstützen können. Etwa 30 solcher Mittlerorganisationen haben sich im UPJ-Netzwerk zusammengeschlossen. Sie verbreiten und vertiefen Corporate Citizenship, das Engagement von Unternehmen im Gemeinwesen, und stellen fachlich ausgewiesene Kooperationen her. Als regional verankerte Kümmerer, Geburtshelfer, Übersetzer, Brückenbauer, Grenzgänger Protagonisten im Gemeinwesen, stellen sie Informationen bereit, bringen die Akteure vor Ort zusammen, qualifizieren und initiieren und begleiten Unternehmensengagement. Um die Potenziale Sozialer Kooperationen auszuschöpfen und am Ziel sozialer Innovationen auszurichten, müssen die Aufgaben von Mittlern als Entwicklungsagenturen und als Interview mit Peter Kromminga, Geschäftsführer, UPJ – Netzwerk für Corporate Citizenship und CSR zum Thementag „Engagement von kleinen und mittleren Unternehmen“ anlässlich der Woche des bürgerschaftlichen Engagements 2014 Dialogplattformen weiter konturiert und Konzepte, Methoden und Geschäftsmodelle entwickelt und erprobt werden. Nahe liegende Entwicklungsaufgaben bestehen z.B. darin, schon bestehende Programme und Instrumente mit den Bedarfen an Problemlösung vor Ort abzugleichen und zu übertragen und Unternehmen dabei anstelle vieler Einzelmaßnahmen bei der Professionalisierung ihres Engagements zu unterstützen und zu kooperativen Projekten zu bewegen, in denen mehrere Unternehmen ihre Ressourcen und Kompetenzen bündeln und damit die Chancen steigen, tatsächlich einen „Unterschied“ zu machen und die Lücke zwischen dem Anspruch an Problemlösung und dem tatsächlichen Investment ins Gemeinwesen zu verringern. Der öffentlichen Hand kommt hier die Aufgabe zu, diese MittlerTätigkeiten als notwendige Infrastrukturaufgaben für die Entwicklung des Gemeinwesens anzuerkennen und gemeinsam mit den Akteuren vor Ort tragfähige Finanzierungsmodelle zu entwickeln. Herzlichen Dank! Peter Kromminga ist Geschäftsführer von UPJ – Netzwerk für Corporate Citizenship und CSR, und Mitglied im CSR Forum der Bundesregierung. UPJ ist das Netzwerk engagierter Unternehmen und gemeinnütziger Mittlerorganisationen in Deutschland. Im Mittelpunkt stehen Projekte, die zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen, indem sie neue Verbindungen zwischen Unternehmen, gemeinnützigen Organisationen und öffentlichen Verwaltungen schaffen. Diese Akteure unterstützt der gemeinnützige UPJ e.V. darüber hinaus mit Informationen und Beratung bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Corporate Citizenship und Corporate Social Responsibility Aktivitäten. www.upj.de