Schaubilder

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Lehre vom lauteren Wettbewerb (1)
Ausgangspunkt § 3 UWG:
a) Geschäftliche Handlung, die nicht der fachlichen Sorgfalt des
Unternehmers entspricht (Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 7) und
b) die Fähigkeit des Verbrauchers, sich an anhand von
Informationen, zu entscheiden, beeinträchtigt (Abs. 2 Satz 1),
wobei
c) der
Horizont
eines
durchschnittlichen
Verbrauchers
maßgeblich ist (Abs. 2 Satz 2) und
d) eine spürbare Beeinträchtigung eintreten muss (§ 3 Abs. 1 und
Abs. 2 Satz 1 UWG).
Norm setzt u.a. Vorgaben von Art. 5 Abs. 2 UGP-Richtlinie
2005/29/EG
(eigene
Folie)
um.
RL
regelt
die
unlauteren
Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern (deshalb UGP) und
beruht auf dem Prinzip der Vollharmonisierung (Art. 4): Das UWG
darf deshalb bei der Regelung der von der RL erfassten
Geschäftspraktien weder über die Regelung der RL hinausgehen, noch
hinter diesen zurückbleiben.
1
Lehre vom lauteren Wettbewerb (2)
Problem: Was ist der Gegenstand der in Art 5 Abs. 2 UGP-RL
und § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG bezeichneten Sorgfaltspflicht?
Legaldefinition in § 2 Nr. 7 UWG ist bis auf den Bezug zu den
„Marktgepflogenheiten“ wenig aussagekräftig. Daher kommt es
auf die allgemeine Zwecksetzung des UWG nach § 1.
Das
UWG
ist
ein
Marktordnungsrecht
(vglb.
dem
Kapitalmarktrecht). Durch Kontrolle des Marktverhaltens sollen
Wohlfahrtseffekte
sichergestellt
werden:
Das
effizienteste
Angebot, dh. die qualitativ höchste, preiswerteste und auch
ansonsten für die Nachfrageseite wertvollste Leistung, soll im
Wettbewerb obsiegen.
Wenn über den Erfolg des Angebotes aber die Nachfrageseite
(Verbraucher) entscheidet, darf diese nicht an der Verwendung
rationaler ökonomischer Kriterien (Qualität, Preis, Service usw.)
gehindert werden, indem
a) sie von einer Entscheidung nach Leistungskriterien abgelenkt
wird (etwa durch Irreführung) oder
b) ein Konkurrent erst gar nicht auf den Markt gelangt oder sich
dort halten kann, weil ihn der Unternehmer entgegen
Wettbewerbsprinzipien behindert.
2
Lehre vom lauteren Wettbewerb (3)
! Sorgfaltsverstoß iSd. § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG = Verstoß gegen
eine
Verhaltenspflicht,
die
eine
informierte
Verbraucherentscheidung ermöglichen oder eine gezielte
Behinderung von Mitbewerbern unterbinden will.
Von
der
Sache
geht
es
um
Verhaltenspflichten
mit
unterschiedlicher Schutzzweck (dazu grundlegend Axel Beater,
Wettbewerbsrecht):
! Keine Manipulation der Verbraucher (Irreführung, Belästigung,
Ablenkung von Merkmalen des Leistungswettbewerbs);
! Keine gezielte Behinderung des Konkurrenten (Vergleichende
Werbung, Belästigung in Betrieb);
! Keine Ausbeutung der Leistung anderer (§ 4 Nr. 9 UWG) und
! Beachtung der Marktverhaltensregeln im Verkehr (§ 4 Nr. 11
UWG).
3
Lehre vom lauteren Wettbewerb (4)
Bis 2004 und galt unter der alten Generalklausel des § 1 UWG aF.
die Lehre vom Leistungswettbewerb (Hans Carl Nipperdey).
Beachte: Diese Lehre ist in der UGP-RL nicht erwähnt und
deshalb wegen des Prinzips der Vollharmonisierung in der UGPRL nicht unbesehen anwendbar. Sie kann heute höchstens
hilfsweise herangezogen werden. Sie erklärt jedoch besonders
bildlich, worum es beim Lauterkeitsrecht geht.
Leistungswettbewerb: Die Konkurrenten machen einander nur
mit ihren eigenen Leistungen Wettbewerb (Qualität und Preis).
Gegenteil: Behinderungswettbewerb = Wettbewerb nicht durch
eigene Leistung, sondern gezielte Bekämpfung des Konkurrenten.
Nichtleistungswettbewerb = Wettbewerb mit
Parametern, die
gerade nichts mit den Leistungsmerkmalen des Angebots zu tun
haben (Gefühle, Ausnutzung von Süchten (Spieltrieb) usw.).
4
Fazit: Konkretisierung der Unlauterkeit
Ausgangspunkt: Marktordnungszweck des UWG = Ermöglichung
von Wettbewerb um die Leistungsmerkmale der Waren und
Dienstleistungen (vgl. auch § 1 Satz 2 UWG).
! Keine Beeinträchtigung der Fähigkeit von Verbrauchern, sich
aufgrund von Informationen zu entscheiden, also eine
informierte Entscheidung zu treffen (§ 3 Abs. 2 Satz 1
UWG).
(1) Information: Alle Angaben, die nach rationalen Kriterien
überprüfbar sind und einen Bezug zur Leistung haben.
(2) Maßgeblich ist die Fähigkeit eines durchschnittlichen
Verbrauchers (§ 3 Abs. 2 Satz 2 UWG), der bestimmte
Werbepraktiken,
insbesondere
Übertreibungen
und
marktschreierische Anpreisungen durchschaut.
(3) Vgl. auch die Ausnahmen in § 3 Abs. 2 Satz 3 UWG.
Etwa BGH GRUR 2006, 776 – Werbung für Klingeltöne:
Werbung für Download von Klingeltönen in „Bravo
Girl“ gegenüber Jugendlichen
! Keine Behinderung der Konkurrenten, die diese daran hindert,
ein Angebot auf dem Markt unterbreiten zu können:
- Herabsetzende vergleichende Werbung
- Ausbeutung fremder Leistungen
- Verleitung zum Vertragsbruch
- Vorsprung durch Rechtsbruch
5
Richtlinien der EU
1. Zentrale Bedeutung: Richtlinie 2005/29/EG über unlautere
Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie):
a) Zweck: Verbraucherschutz (Art. 1 UGP-RL) und Verhinderung
von
Wettbewerbsverzerrungen
durch
unterschiedliche
Verbraucherschutzniveaus auf dem Binnenmarkt.
b) Zentrale Konsequenz: Prinzip der Vollharmonisierung in Artt.
3
Abs.
5
und
4
UGP-RL.
Die
Normen
des
nationalen
Wettbewerbsrechts dürfen von den Vorgaben der RL in keine
Richtung abweichen => Soweit der Verbraucherschutz betroffen ist,
darf das UWG nicht hinter der UGP-Richtlinie zurückbleiben, es darf
aber auch keine schärfere Regelung treffen.
2. Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende
Werbung (Werberichtlinie)
a) Zweck: Mindestschutz der Gewerbetreibenden vor irreführender
Werbung (Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 RL).
b) Vollharmonisierung der vergleichenden Werbung: Schaffung
verlässlicher Verhaltensregeln für alle Unternehmer im Binnenmarkt
(Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 2 RL).
3. Richtlinie 1998/6/EG über Preisangaben: Gewährleistung von
Preistransparenz
6
Verhältnis zum GWB
Tendenz: Das GWB schützt das „Ob“ des Wettbewerbs, das UWG
das „Wie“.
Beachte im Einzelnen:
a) Verstöße gegen das GWB führen nicht zu einem Anspruch aus
§§ 8 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG, weil die Aktivlegitimation in § 33
Abs. 2 GWB abschließend geregelt ist.
b) Beide Rechtsgebiete sind durch Europarecht beeinflusst (Artt.
101 ff. AEUV, UGP-Richtlinie). Diese Vorgaben dürfen nicht
durch das jeweils andere Rechtsgebiet unterlaufen werden.
c) Vorfeldthese von Peter Ulmer: Das UWG schützt auch das
„Ob“ des Wettbewerbs im Vorfeld des GWB (sehr umstritten)
d) Überschneidungsbereiche
aa) Verkauf unter Einstandspreis kann unter § 4 Nr. 4 UWG
fallen; vgl. auch § 20 Abs. 3 GWB.
bb) Verdrängungswettbewerb durch kostenloses Verteilen von
Originalware unter § 4 Nr. 10 UWG.
7
Aufbau eines Unterlassungsanspruchs aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG
1. Aktivlegitimation des Anspruchstellers nach § 8 Abs. 3 UWG
2. Vorliegen einer geschäftlichen Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1
UWG.
3. Unlauterkeit der geschäftlichen Handlung nach § 3 oder § 7
UWG (vgl. den Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG)
a) § 3 Abs. 1 UWG
aa)
Konkretisiert durch Spezialtatbestände des § 4 UWG
bb) Konkretisiert durch Schwarzes Liste (§ 3 Abs. 3 iVm.
Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG).
cc)
Konkretisierung durch §§ 5 ff. UWG
dd) Unlauterkeit der geschäftlichen Handlung nach § 3
Abs. 1 UWG
b) § 7 UWG: Unzumutbare Belästigung
4. Wiederholungsgefahr bzw. drohende Wiederholungsgefahr (§ 8
Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 UWG) und
5. Fehlende Verjährung nach § 11 UWG.
Die Durchsetzung des Anspruchs richtet sich nach den §§ 12 ff. UWG
(dazu später).
8
Aktivlegitimation aus § 8 Abs. 3 UWG
Zweck der Regelung: Das UWG stellt ein Marktordnungsrecht dar,
beinhaltet also Regelungen im öffentlichen Ordnungsinteresse und
nicht subjektive Rechte der Betroffenen. Deshalb kann sich auf UWGNormen nur derjenige berufen, dem nach § 8 UWG die Befugnis dazu
verliehen ist (Aktivlegitimation).
(1) § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG: Mitbewerber. I.d.R., aber nicht notwendig
Konkurrent des Schuldners. Beachte den Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr.
3 UWG („der mit einem Unternehmer...“). Es genügt, dass Schuldner
mit Dritten in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. Arg. e
§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG folgt aber: Stets eigenes Intressen des
Gläubigers an der Geltendmachung = keine Popularansprüche.
(2) § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG: Wirtschafts- und Berufsverbände;
Grund: Sie setzen kollektiv die Interessen von Mitbewerbern wie
unter Nr. 1 durch: Voraussetzung: (1) Mindestzahl an Mitgliedern, (2)
seriöse Ausstattung, die Gefahr einer rein an Erwerbszwecken
orientierten Abmahnpraxis entgegensteht und (3) Interesse der
Mitglieder
(3) § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG: Verbraucherschutzverbände, sofern sie
qualifizierte Einrichtungen nach § 4 Unterlassungsklagengesetz sind
(4) § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG: Industrie- und Handelskammern.
Wichtig: Verbraucher sind nicht aktivlegitimiert.
9
Wettbewerbszentrale (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG)
Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs e.V.
(Sitz: Bad Homburg, Registergericht: Frankfurt)
" 1912 gegründet durch Privatunternehmen zum Zweck
der Selbstkontrolle der Wirtschaft im Hinblick auf die
Einhaltung des Wettbewerbsrechts.
" Mehrere 1000 Mitglieder und setzt das UWG durch
eigenständiges Vorgehen gegen Verletzer durch.
" Aktivlegitimiert nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, nicht nach
Nr. 3!
10
Geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG (1)
Normzwecke:
1. Abgrenzung des UWG ggü. §§ 823 ff. BGB => Liegt eine
geschäftliche Handlung vor, ist die Lehre vom eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht anwendbar (keine
Regelungslücke).
2. Ausnahme
von
grundrechtlich
geschützten
Bereichen
(Meinungs-, Pressefreiheit usw.).
Beachte
auch
die
Vorgabe
in
Art.
2
lit.
d
UGP-RL:
„Geschäftspraktik“; vom deutschen Gesetzgeber nicht im UWG
verwendet, da der Begriff im Deutschen angeblich eine negative
Tendenz hat.
Voraussetzungen:
a) Verhalten eines Trägers
b) zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens
Unternehmensbezug: Nicht Handeln von Verbrauchern oder
hoheitliches Handeln. Unternehmensbegriff vglb. § 1 HGB:
jede dauernde, erlaubte, selbständige, nach außen gerichtete und
auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit.
c) vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss
Nicht nur das eigentliche Marktverhalten (Werbung um Kunden,
Kampf mit Konkurrenten) wird erfasst, sondern auch das
Verhalten nach Vertragsschluss (Erfüllung usw.)
11
Geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG (2)
d) Verhalten, das mit der Förderung des Absatzes oder Bezugs von
Waren oder Dienstleistungen oder dem Abschluss bzw. der
Durchführung
eines
Vertrages
über
Waren
objektiv
zusammenhängt
aa) Marktbezug = Verhalten muss auf die Marktgegenseite, die
Wettbewerber oder sonstige Marktbeteiligte einwirken.
Beispiel: Bank erteilt ihren Kunden Kontoauszüge, die über den
Kontostand in die Irre führen, weil noch ausstehende Wertstellungen
nicht angezeigt werden. Marktbezug? Bejaht von BGH GRUR 2007,
805 – Irreführender Kontoauszug, Rn. 16: Die mit der Praktizierung
dieses Verfahrens verbundene Kostenersparnis kann Wettbewerber,
die sich um einen differenzierteren Ausweis bemühen, benachteiligen
=> Bezug zum Markt für Zahlungsdienstleitungen.
bb) Keine unternehmensinterne Handlungen (innerhalb des
Konzerns,
Unternehmensmitteilungen,
auch
verbandsinterne
Mitteilungen); hier ist der Marktordnungsgedanke nicht berührt.
12
Geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG (3)
cc) Bezug zum Absatz von Waren oder Dienstleistungen:
Nicht:
journalistische
Tätigkeit,
Äußerung
von
politischen
Meinungen, wissenschaftliche Tätigkeit.
Aber: Eine Äußerung eines Journalisten über ein Produkt, die den
journalistischen
Mindeststandards
nicht
entspricht,
stellt
eine
geschäftliche Handlung dar.
=> Hier hat die journalistische Recherchepflicht große Bedeutung.
Wird dieser überhaupt nicht genügt und eine ungeprüfte Behauptung
über eine Ware oder Leistung aufgestellt, liegt eine geschäftliche
Handlung vor.
Nicht: Mitgliederwerbung von Vereinen, Spendensammlung.
=> Beachte ferner: Erhält der Verleger und Veranstalter ein Entgelt
für
die
Berichterstattung,
ist
die
Grenze
regelmäßig
auch
überschritten.
dd) Objektiver Bezug zum Warenabsatz
Es kommt nicht auf die subjektive Absicht des Handelnden an,
sondern auf die objektive Förderung bzw. Behinderung des eigenen
Absatzes oder des Absatzes Dritter.
13
Unlauteres Verhalten - Überblick
Das unlautere Verhalten beruht auf der Verletzung einer Norm des
Wettbewerbsrechts.
Wie alle übrigen Normen verfolgen auch diese jeweils einen
sachlichen und einen persönlichen Schutzzweck (Lehre vom
Schutzzweck der Norm).
Ausgehend von diesem Schutzzweck lassen sich die vielfältigen
Rechtsnormen in folgende Regelungskomplexe unterteilen:
1. Normen, die eine unsachliche Beeinflussung des Verbrauchers
bzw. der Marktgegenseite verhindern wollen (zB. Irreführungsverbot
§§ 5 f. UWG).
2. Normen, die eine Behinderung des Konkurrenten verhindern
wollen (zB. Abwerbung der Arbeitnehmer des Konkurrenten durch
Verleitung zum Vertragsbruch)
3. Die Ausbeutung der Leistung des Konkurrenten (zB. durch
Nachahmung seiner Leistungen),
4. Die Verletzung von Marktverhaltensregeln (§ 4 Nr. 11 UWG),
die dem Rechtsbrecher einen Vorsprung im Wettbewerb verschaffen.
14
Erste Normgruppe: Unsachliche Verbraucherbeeinflussung (1)
I. Irreführung
1. Generalklausel: §§ 5 f. UWG
2. Getarnte Werbung (§ 4 Nr. 3 UWG)
3. Verschleierung von Rabatten (§ 4 Nr. 4 UWG)
4. Intransparente Teilnahmebedingungen bei Preisausschreiben (§ 4
Nr. 5 UWG)
5. Täuschung darüber, einem Verhaltenskodex beigetreten zu sein (SL
Nr. 1)
6. Täuschung über Billigung eines Verhaltenskodex durch öffentliche
Stelle (SL Nr. 3)
7. Täuschung über eine öffentliche Billigung oder Genehmigung der
eigenen Tätigkeit (SL Nr. 4)
8. Lockvogelangebote, bei denen nur geringe Warenmengen gehalten
werden = Täuschung über Günstigkeit des Gesamtangebots (SL Nr. 5)
9. Erfüllung mit anderer als beworbener Ware (SL Nr. 6)
10. Täuschung über Verkehrsfähigkeit der Ware (SL Nr. 9)
11. Täuschung über gesetzlichen Umfang der Verbraucherrechte (SL
Nr. 10)
12. Verstoß gegen das Prinzip der Trennung von Werbung und
redaktionellem Inhalt (SL Nr. 11)
13. Täuschung über die Sicherheit der Sache (SL Nr. 12)
14. Herkunftstäuschung (SL Nr. 13)
15. Täuschung über Geschäftsaufgabe (SL Nr. 15)
15
Erste Normgruppe: Unsachliche Verbraucherbeeinflussung (2)
I. Irreführung (Fortsetzung)
16. Täuschung über die Beeinflussungsmöglichkeit eines Glückspiels
(SL Nr. 16)
17. Täuschung über das Gewinnen eines Preises (SL Nr. 17)
18. Täuschung über die Eignung einer Ware, Krankheiten zu heilen
(SL Nr. 18)
19. Täuschung über den Marktpreis bzw. die Marktbedingungen (SL
Nr. 19)
20. Veranstaltung eines Preisausschreibens, bei dem die Preise nicht
vergeben werden (SL Nr. 20)
21. Täuschung über die Unentgeltlichkeit der Warenabgabe (SL Nr.
21)
22. Täuschung über einen vermeintlichen Vertragsschluss, der
tatsächlich noch nicht stattgefunden hat (SL Nr. 22)
23. Täuschung des Unternehmers, Verbraucher zu sein (SL Nr. 23)
24. Täuschung über die Existenz eines Kundendienstes in einem
anderen Mitgliedstaat als dem Verkaufsort (SL Nr. 24)
25. Erweckung des Eindrucks, der Verbraucher könne eine
Räumlichkeit nur bei Abschluss eines Vertrages verlassen (SL Nr. 25)
16
Erste Normgruppe: Unsachliche Verbraucherbeeinflussung (3)
II. Druckausübung auf Verbraucher
1. Generalklausel (§ 4 Nr. 1 UWG)
2. Zeitdruck auf Verbraucher (SL Nr. 7)
3. Sprachbarrieren gegen Verbraucherrechte (SL Nr. 8)
4. Erwecken des Eindrucks, der Verbraucher könne eine Räumlichkeit
nur bei Abschluss eines Vertrages verlassen (SL Nr. 25)
5. Maßnahmen, durch die der Verbraucher davon abgehalten wird,
seine Rechte aus einem Versicherungsverhältnis geltend zu machen
(SL Nr. 27)
5. Vertrieb nicht bestellter Ware (SL Nr. 29)
6. Drohung mit der Gefährdung des Arbeitsplatzes, wenn Ware nicht
abgenommen wird (SL Nr. 30)
III. Ausbeutung von Schwächen des Verbrauchers
1. Geistige Schwächen ausbeuten (§ 4 Nr. 2 UWG)
2. Spieltrieb (§ 4 Nr. 6 UWG)
3. Spieltrieb bei Schneeball-Systems (SL Nr. 14)
4. Aufforderungen an Kinder, Waren zu erwerben oder ihre Eltern
zum Erwerb zu veranlassen (SL Nr. 28)
17
Erste Normgruppe: Unsachliche Verbraucherbeeinflussung (4)
IV. Belästigung
1. Generalklausel (§ 7 UWG): Darunter fällt Spam-Werbung, aber
auch Telefonwerbung.
2. Beim Haustürbesuch: Nichtbeachtung der Aufforderung, das Haus
zu verlassen (SL Nr. 26)
18
Zweite Normengruppe: Schutz vor Behinderung des
Konkurrenten
Beachte: Hier trifft die UGP-Richtlinie keine abschließende Regelung
(vgl. Erwägungsgrund 6), sondern hier ist die Werberichtlinie
anwendbar.
1. Verunglimpfung von Kennzeichen, Waren usw. eines Mitbewerbers
(§ 4 Nr. 7 UWG)
2. Falsche Tatsachenangaben über die Angebote des Mitbewerbers (§
4 Nr. 8 UWG)
3. Gezielte Behinderung des Mitbewerbers (§ 4 Nr. 10 UWG);
darunter auch Verleitung zum Vertragsbruch.
4. Vergleichende Werbung (§ 6 UWG)
5. Herkunftstäuschung bei Ware (SL Nr. 13)
19
Dritte Normengruppe: Schutz des Konkurrenten vor Ausbeutung
seiner Leistungen
1. Grundtatbestand (§ 4 Nr. 9 UWG). Beachte indes: Das Markenrecht
ist nach der Rechtsprechung abschließend und spezieller.
2. Vergleichende Werbung mit anlehnendem Charakter (§ 6 Abs. 2
Nr. 4 UWG).
3. Zeichenverwendung ohne Genehmigung des Inhabers (SL Nr. 3).
Vierte Normengruppe: Marktverhaltensregeln
Verletzung von Marktverhaltensregeln (§ 4 Nr. 11 UWG)
20
Ausbeutung von irrationalen Handlungsweisen des Verbrauchers
(§ 4 Nr. 1 UWG)
Zweck der Norm:
In der Sache geht es um die Verhinderung einer uninformierten
Entscheidung des Verbrauchers entgegen § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG.
Zur Auslegung:
(1) Die in § 4 Nr. 1 UWG ausdrücklich genannten Regelbeispiele
greifen sehr massiv in die Selbstbestimmung des Verbrauchers ein.
=> Die Norm ist deshalb auch in anderen Fällen nur anwendbar, wenn
der Druck hin zu einer irrationalen Entscheidung ganz erheblich ist.
(2) Maßgeblich für die Empfänglichkeit des Adressaten gegenüber
dem Einfluss ist der Durchschnittsverbraucher (§ 3 Abs. 2 Satz 2
UWG); beachte aber auch die Sonderhorizonte nach § 3 Abs. 2 Satz 3
UWG.
(3) § 4 Nr. 6 UWG (Ausbeutung des Spieltriebs) stellt Sonderfall dar.
Unsachliche Gefühle:
- positive (Mitleid, weltanschauliche Einstellungen), aber auch
- negative (Ekel, Hass).
21
Psychologischer Kaufzwang nach § 4 Nr. 1 UWG
Zentrales Tatbestandsmerkmal: Unsachlicher Einfluss
(a) Systematisches Argument aus § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG =
Beeinträchtigung oder Verhinderung einer informierten
Entscheidung durch Ablenkung der Verbraucher von den
Leistungsmerkmalen durch Ausbeutung irrationaler Gefühle
wie Verlegenheit, Dankbarkeit, Höflichkeit usw.
(b) Systematik des § 4 Nr. 1 UWG: Wegen der anderen
Regelbeispiele
muss
der
psychologische
Zwang
ganz
erheblich wirken.
! Psychologischer Kaufzwang kommt nur in Betracht,
wenn Dankbarkeits-, Verlegenheits- oder Schamgefühle
in einer Weise angestachelt werden, die keinen Raum
mehr für eine informierte Entscheidung lässt.
! Denkbar bei erhöhtem Druck auf eine der in § 3 Abs. 2
Satz 3 UWG genannten Gruppen (Kinder, ältere, in der
Gesundheit beeinträchtigte Menschen). Dann aber auch
§ 4 Nr. 2 UWG.
22
Wertreklame (§ 4 Nr. 1 UWG)
Sachproblem: Beeinflussung der Verbraucherentscheidung durch
Zuwendungen,
die
von
den
Wettbewerbsmerkmalen
des
Hauptangebotes ablenken.
Grundsatz: Werkreklame ist erlaubt. Der deutsche Gesetzgeber hat
bewusst
eine
vormals
geltende
Zugabeverordnung
und
ein
Rabattgesetz aufgehoben; kein Verbot in UGP-RL.
Wieder greift ein Umkehrschluss aus § 4 Nr. 1 UWG: Der Anreiz
von einer Zuwendung ist regelmäßig nicht so stark wie die dort
bezeichneten Wirkungen.
Grenzfälle:
a) Schaffung eines psychologischen Kaufzwangs nach § 4 Nr. 1
UWG (s. oben)
b) Verschleierung des Wertes von koppelnder und gekoppelter
Ware und daher Irreführungstendenz iSd. § 5 UWG sowie § 3
Abs. 3 UWG iVm. SL Nr. 19 und Nr. 21.
23
Unlautere Beeinflussung nach § 4 Nr. 2 UWG
Norm setzt eine geschäftliche Handlung voraus, die geeignet ist,
geistige oder körperliche Gebrechen, das Alter, die geschäftliche
Unerfahrenheit, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage
von Verbrauchern auszunutzen.
Problem: Was bedeutet Zwangslage?
" systematischer Bezug zu § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG: Verhinderung
einer informierten Entscheidung durch äußere Einschränkung
des Entscheidungsspielraums oder dadurch Ausnutzung einer
bereits bestehenden Beschränkung dieser Art.
" Stets kommt es bei Ausübung von Zwang darauf an, ob die
Zwangsausübung gerechtfertigt ist (vgl. §§ 123 Abs. 1 BGB
240 StGB): Entscheidend ist die Mittel-Zweck-Relation, d.h.
(1) das eingesetzte Mittel muss rechtmäßig sein,
(2) der erstrebte Zweck muss rechtmäßig sein und
(3) das Verhältnis von Mittel und Zweck darf nicht
rechtswidrig sein (Verhältnismäßigkeit, Konnexität usw.)
24
Verschleierung des Werbecharakters (§ 4 Nr. 3 UWG)
Vorgabe in Art. 7 Abs. 2 UGP-RL:
Als irreführende Unterlassung gilt es auch, wenn ein Gewerbetreibender wesentliche
Informationen gemäß Absatz 1 unter Berücksichtigung der darin beschriebenen
Einzelheiten verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder
nicht rechtzeitig bereitstellt oder wenn er den kommerziellen Zweck der
Geschäftspraxis nicht kenntlich macht, sofern er sich nicht unmittelbar aus den
Umständen ergibt, und dies jeweils einen Durchschnittsverbraucher zu einer
geschäftlichen Entscheidung veranlasst oder zu veranlassen geeignet ist, die er
ansonsten nicht getroffen hätte.
Aufbau:
1. Werbemaßnahme = Äußerung, deren zentraler Zweck in der
Absatzförderung liegt.
2. Verständnis der Verbraucher nach § 3 Abs. 2 Satz 2 UWG =>
Werbecharakter nicht erkennbar. Nicht erforderlich ist das aktive
Verschleiern, sondern (vgl. Wortlaut RL) die Nichoffenbarung
des Werbecharakters, wenn eine Informationspflicht besteht.
Diese entsteht idR. aus der für den Unternehmer objektiv
erkennbaren Gefahr von Missverständnissen
3. Abwägung:
Interesse
Gestaltungsspielräume
an
Freihaltung
und
Interesse
Verbraucherentscheidung
25
unternehmerischer
an
informierter
§ 4 Nr. 6 UWG
Teilnahme am Preisausschreiben u.ä. muss vom Erwerb von Waren
oder Leistungen abhängig gemacht werden.
Problem: Was ist ein Preisausschreiben i.S.d. Norm?
Normzweck = Keine Verhinderung einer informierten Entscheidung
durch Ausbeutung des Spieltriebes der Verbraucher.
! Norm setzt voraus:
a) Anstachelung des Spieltriebs und
b) als Junktim Warenabsatz und Spielveranstaltung
c) Aber (EuGH): Erheblichkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 UWG.
Der Anreiz muss so groß sein, dass er eine informierte
Verbraucherentscheidung ernsthaft gefährdet.
26
§ 4 Nr. 9 UWG
Praktisch bedeutend vor allem: § 4 Nr. 9 lit. b UWG
a) Nachahmung?
aa) Entscheidend: Nachgeahmt kann eine fremde Ware nur werden,
wenn sie über wettbewerbliche Eigenart verfügt, die man kopieren
kann. Diese liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder
bestimmte Merkmale der Ware geeignet sind, die interessierten
Verkehrskreise auf ihre betriebliche Herkunft oder auf ihre
Besonderheiten hinzuweisen.
Beachte: Es geht nicht um den Schutz der ästhetischen Gestaltung als
solcher, sondern um den verbotenen Imagetransfer.
bb) Zur wettbewerblichen Eigenschaft gehören nicht die technisch
zwingend erforderlichen Teile der Ware. Denn diese muss jeder
Anbieter verwenden können, ohne in den Anwendungsbereich des § 4
Nr. 9 lit. b UWG zu kommen:
b) Ausbeutung der Wertschätzung der fremden Ware
aa) Wertschätzung
Beachte: Je stärker die wettbewerbliche Eigenart, umso größer ist der
Ruf auf den Märkten und umso problematischer ist die Annäherung an
diese.
bb) Unangemessene Ausbeutung?
Abwägung zwischen technischen Notwendigkeiten (Kompatibilität)
und Schutz der Markterschließungsvorteile des Mitbewerbers.
27
§ 4 Nr. 10 UWG
a) Behinderung = Einschränkung der wettbewerbsrechtlichen
Entfaltungsmöglichkeit des Konkurrenten.
Beachte: Darin liegt gerade auch der Gegenstand und die Zielrichtung
von Wettbewerb. Eine Behinderung ist deshalb nie als solche
verboten.
b) Gezieltheit = Die objektive Zielrichtung der Täterhandlung darf
nicht im eigenen Fortkommen liegen, sondern muss auf die
Einschränkung
der
wettbewerbsrechtlichen
Freiräume
des
Konkurrenten zielen: Behinderung nicht nur als Reflex eigenen
wettbewerblichen Fortkommens, sondern unmittelbare Folge der
Handlun (vgl. Behinderungswettbewerb nach Nipperdey).
Indizien:
-) Schwerpunkt der Wirkung der Maßnahme nicht im eigenen
Fortkommen, sondern in der Störung des anderen;
-) Verletzung von Normen, die den anderen schützen (dann auch § 4
Nr. 11 UWG).
-) subjektive Motive. Der Nachweis einer Absicht ist nicht
erforderlich, kann aber als Indiz herangezogen werden.
28
Verleitung zum Vertragsbruch (§ 4 Nr. 10 UWG)
Problemstellung: Der Täter verleitet einen Vertragspartner seines
Konkurrenten, den Vertrag mit einem Konkurrenten zu brechen und
mit ihm zusammenzuarbeiten. Möglicher Fall der Behinderung nach §
4 Nr. 10 UWG, aber strenge Voraussetzungen:
Ausgangspunkt: Schuldrechtliche Verträge (zB. Arbeitsverträge)
gelten nur inter partes, dh. zwischen den Vertragsparteien. Ein
Dritter kann daher vertragliche Pflichten nicht verletzen, weil sie nicht
an seine Adresse gerichtet sind.
Konsequenz: Anknüpfungspunkt für die Unlauterkeit ist nicht die
Verletzung der Vertragspflicht durch den Partner des Konkurrenten,
sondern die Handlung, durch die der Täter den Partner dazu verleitet.
Verleiten bedeutet: aktives Bestimmen des Partners, Eingriff in
dessen Entscheidung (Anstiftung, Erleichterung des Vertragsbruchs
durch
Übernahme
von
Schadensersatzpflichten).
Das
bloße
Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs ist nicht unlauter.
Unlauter ist auch nur das Verleiten zum Vertragsbruch, dh. zur
Verletzung bestehender vertraglicher Pflichten, nicht aber zur
Geltendmachung vertraglicher Rechte (Kündigung).
29
Marktverhaltensregel (§ 4 Nr. 11 UWG)
Rechtsgedanke: Ein Konkurrent erlangt auf dem Markt einen
Vorsprung durch Rechtsbruch, wenn er sich nicht an Normen hält, die
das Marktverhalten aller Wettbewerber regeln. Deshalb haben die
anderen Wettbewerber ein Kontrollrecht nach § 8 Abs. 3 Nr. 1
UWG.
1. Verhaltensbezogene Regelung
Beachte: Liegt nicht vor, wenn es nicht um das Verhalten auf dem
Markt,
sondern
den
Zugang
zu
diesem
geht,
etwa
Produktsicherheitsrecht.
2. Marktbezug
Die Norm muss Bezug zum Markt und seinen Teilnehmern haben
(Marktbezug). Fehlt etwa bei Hinterziehung von Einkommensteuer,
nicht aber, wenn es darum geht die Umsatzsteuer in Netto-,
Bruttobetrag und Steuersatz bei einem Warenangebot auszuweisen.
3. Spürbarkeit nach § 3 Abs. 1 UWG
Erfasst sind (Beispiele):
a) Sämtliche Verbraucherschutznormen (Widerrufsbelehrung)
b) Impressumspflicht nach § 5 TMG
c) Preisangabepflichten
30
Rechtsanwaltswerbung
§ 43b BRAO: Werbung ist dem Rechtsanwalt nur erlaubt, soweit sie
über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet
und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist.
Bedeutend: BVerfG WRP 2008, 492 –Versteigerung anwaltlicher
Leistungen
1. Werbung: Verhalten, das planvoll darauf angelegt ist, andere dafür
zu gewinnen, die Leistungen des anbietenden Rechtsanwalts in
Anspruch zu nehmen (BVerfG Rn. 16)
2. Sachlicher Bezug zur anwaltlichen Tätigkeit (BVerfG Rn 20)
verletzt, wenn Kommunikationsform gewählt, die die Öffentlichkeit
belästigt und sich dieser aufdrängt; auch müssen die sonstigen
Wettbewerbsregeln (Irreführungsverbot) gewahrt bleiben. Beachte:
Werbung in eigener Sache ist nie so sachlich wie journalistische
Berichterstattung.
3. Keine Werbung um Erteilung eines Auftrages im Einzelfall:
(BVerfG Rn. 15 ff.). Werbung zielt immer auf Gewinnung von
Mandanten. Deshalb ist hier nur der Fall gemeint, dass der
Rechtsanwalt den Beratungsbedarf einer Person genau kennt und diese
für sich gewinnen will (Ambulance Chasing), nicht Gewinnung von
Mandanten schlechthin.
Vgl. die §§ 6 ff. BORA. Diese sind Marktverhaltensregeln iSd. § 4
Nr. 11 UWG
31
Dogmatische Struktur der Irreführungstatbestände
Beachte: Die Irreführungstatbestände des § 3 Abs. 3 UWG iVm. der
SL bzw. die Irreführungstatbestände des § 4 UWG sind dem
allgemeinen Tatbestand des § 5 UWG gegenüber spezieller.
Allgemeiner Aufbau des Anspruchs aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG:
1. Aktivlegitimation nach § 8 Abs. 3 UWG
2. Geschäftliche Handlung nach § 2 Nr. 1 UWG
3. Unlauterkeit durch Irreführung
4. Irreführung (Aufbau):
a) Angaben über einen der in § 5 f. UWG bzw. § 3 Abs. 3 iVm. SL
bzw. § 4 UWG genannten Gegenstände. Diese müssen dem
Beweis und der Überprüfung zugänglich sein.
b) Fehlvorstellung auf der Seite der Verbraucher, wobei der
Horizont des § 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 UWG maßgeblich ist.
c) Bei der Konkretisierung des normativen Verbraucherhorizonts
muss eine Gesamtbetrachtung der Interessen sämtlicher
Marktbeteiligter stattfinden, in die ua. auch die Grundrechte
eingehen können, vor allem aber auch die Schutzzwecke des
UWG = Bewegungsfreiheit des Werbenden
d) Beachte auch das Erfordernis der Spürbarkeit nach § 3 Abs. 1
UWG (BGH: Spürbarkeit ist in § 5 UWG mitgeregelt; Zweifel)
32
Trennungsprinzip (1) – Allgemeines
Prinzip des Medienrechts, redaktionelle Inhalte gegenüber Werbung
klar zu unterscheiden; Schutzzweck:
- Verhinderung von Irreführung über den werblichen Charakter;
- Eindämmung
des
Einflusses
von
Finanziers
auf
die
journalistische Berichterstattung.
Spezialregelungen
in
den
Landespressegesetzen
und
dem
Rundfunkstaatsvertrag.
Beachte daneben vor allem: § 3 Abs. 3 UWG iVm. SL Nr. 11:
Verboten ist der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller
Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser
Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder
akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte
Werbung).
Problem: Ist SL Nr. 11 analog auf andere Fälle anwendbar wie z.B.
Product Placement in Kinofilmen? Nein, wegen Art. 4 UGP-RL
(Vollharmonisierung). Hier kommt in Ausnahmefällen nur § 4 Nr. 3
UWG (getarnte Werbung) in Betracht, dessen Voraussetzungen aber
vergleichsweise hoch sind.
33
Trennungsprinzip (2) SL Nr. 11
Zweck der Nr. 11 SL: Die Adressaten treten der Werbung auf Grund
der Verschleierung unkritischer gegenüber und messen dem
Werbetext größere Bedeutung bei, als sie dies bei offenkundiger
Werbung tun würden.
1. Redaktionelle Inhalte: Inhalte, die typischerweise Gegenstand
journalistischer
Berichterstattung
sind
(politisch,
ökonomisch,
kulturell). Entscheidend: § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG = Warte des
durchschnittlichen Verbrauchers, der diese Abschnitte in der
Erwartung liest, journalistisch aufbereitete Informationen zu erhalten
und nicht Werbung.
=> Werbecharakter darf nicht erkennbar sein. Maßgeblich ist der
Horizont nach § 3 Abs. 2 Satz 2 UWG. Auch der flüchtige Leser
(Passant, der am Kiosk schmökert) darf nicht getäuscht werden!
2. Finanzierung durch einen Unternehmer zu Zwecken der
Verkaufsförderung. Jede Art der Unterstützung; es muss nicht
nachgewiesen werden, dass der Unternehme eine bestimmte Aussage
erkauft hat.
3.
Erheblichkeit:
Fehlt
bei
Finanzierungsbeitrag.
34
völlig
unwesentlichem
Heilmittelwerbung (Irreführungsverbot)
§ 3 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG): Unzulässig ist eine
irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor,
1. wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen,
Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit
oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben,...
Anspruchsgrundlage: §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 3, 5 Abs. 1 Satz 1
UWG iVm. § 3 Abs. 1 Satz 2 HWG.
1. Herstellerbehauptung
2. Verständnis durch die angesprochenen durchschnittlichen
Verbraucher (§ 3 Abs. 2 Satz 2 UWG); beachte hier: Ärzte
und Patienten.
3. Unrichtigkeit (Abwägung): Wegen Gesundheitsbezugs
gelten strenge Anforderungen bei der Vermeidung von
Missverständnnissen.
Die
behauptete
Heilwirkung
des
Präparats muss durch eine anonymisierte, randomisierte
Doppelblindstudie nachgewiesen sein.
35
Vergleichende Werbung nach § 6 UWG (allgemein)
Ausgangspunkt
=
Erwägungsgrund
8
der
Werberichtlinie
2006/114/EG: „Vergleichende Werbung kann, wenn sie wesentliche,
relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften vergleicht und
nicht irreführend ist, ein zulässiges Mittel zur Unterrichtung der
Verbraucher über ihre Vorteile darstellen.“
Vergleichende Werbung liegt unter den Voraussetzungen des § 6
Abs. 1 UWG vor: Erkennbarmachen des Mitbewerbers oder seiner
Waren (=Bezugnahme im positiven oder negativen Sinn).
Begriff des Mitbewerbers entspricht nicht vollständig dem des § 2
Abs. 1 Nr. 3 UWG; denn diese Norm geht auf die UGP-Richtlinie
zurück, § 6 Abs. 1 UWG aber auf die Werberichtlinie (Art. 2 lit. c RL
2006/114/EG).
=> EuGH: Gemessen an den Zwecken des Verbots vergleichender
Werbung kommt es auf einen gewissen Grad an Substiutierbarkeit
der Angebote des Mitbewerbers mit dem des Täters an.
36
Fehlender objektiver Bezug nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG
Zweck: Erwägungsgrund 8 der Werberichtlinie 2006/114/EG:
„Vergleichende Werbung (als) ... ein zulässiges Mittel zur
Unterrichtung der Verbraucher über ihre Vorteile darstellen.“
! Nur, wenn ein Bezug zu nachprüfbaren Eigenschaften der
Leistung des Mitbewerbers besteht, können sich die Vorteile
vergleichender Werbung – nämlich die Förderung einer
informierten Entscheidung – entfalten.
! Entscheidend ist der Maßstab des § 3 Abs. 2 Satz 2 UWG.
! Objektiver
Bezug
wissenschaftliche
übertriebene,
bei
Werbung
Überprüfbarkeit,
über
das
hinausgehende Verzerren.
37
bedeutet
sondern
marktschreierische
nur
nicht
keine
Anpreisen
Ausnutzen und Beeinträchtigen von Kennzeichen (§ 6 Abs. 2 Nr.
4 UWG) - I
a) Erfasste Kennzeichen
Darunter fallen nach Art. 4 lit. d und f RL 2006/114/EG zunächst die
echten Marken, Handelsnamen oder Unternehmenskennzeichen.
Aber auch: alle anderen Symbole und Zeichen, die aus Sicht der
angesprochenen Verkehrskreise (§ 3 Abs. 2 Satz 2 UWG) einen
Schluss auf die Herkunft von einem bestimmten Unternehmen
stammend erkennen lassen (Herkunftsfunktion). Nicht erfasst:
Allerweltsmotive.
b) Unlautere Ausnutzung des Rufs
Beachte: Vergleichende Werbung macht den Mitbewerber stets
kenntlich (arg. e § 6 Abs. 1 UWG). Die unlautere Ausnutzung muss
daher über diese Art von Bezugnahme hinausgehen.
38
Ausnutzen und Beeinträchtigen von Kennzeichen (§ 6 Abs. 2 Nr. 4
UWG) - II
Vgl.
in
diesem
Zusammenhang
auch
RL
2006/114/EG
(Werberichtlinie), Erwägungsgrund 15: Eine solche Benutzung von
Marken, Handelsnamen oder anderen Unterscheidungszeichen eines
Mitbewerbers verletzt nicht das Ausschließlichkeitsrecht Dritter, wenn
sie unter Beachtung der in dieser Richtlinie aufgestellten Bedingungen
erfolgt
und
nur
eine Unterscheidung
bezweckt,
durch
die
Unterschiede objektiv herausgestellt werden sollen.
Ob eine bloße Bezugnahme zum Zwecke des Vergleichs oder eine
Rufausbeutung
vorliegt,
bestimmt
sich
aufgrund
einer
Interessenabwägung: Wirkt die Bezugnahme wie ein Verweis auf
die Artikelnummer eines fremden Produkts oder gerät sie in die
Sogwirkung des fremden Kennzeichens?
39
Herabsetzung und Verunglimpfung nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG
Angriff auf die allgemeine Achtung im Verkehr bzw. auf den vom
Unternehmen geschaffenen Good Will, sein Image bzw. das seiner
Erzeugnisse.
! Beachte: Nicht jede kritische Darstellung wird erfasst; immerhin
handelt es sich um Werbung. Erforderlich: ein deutliches
Überschreiten der Grenzen sachlicher Erörterung.
! Entscheidend ist der Maßstab des § 3 Abs. 2 Satz 2 UWG,
wobei ferner beachtet werden muss, dass die Werbung und die
Werbesprache sehr häufig auf Übertreibungen beruhen. Ein
gewisses Maß an Hyperbolik und Überspitzungen muss daher
hingenommen werden.
40
Warenimitation (§ 6 Abs. 2 Nr. 6 UWG)
Ware als Imitation oder Nachahmung einer unter einem gesetzlich
geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware.
1. Ware, die unter einem gesetzlichen Kennzeichen vertrieben wird.
2. Problem: Imitation/Nachahmung oder Leistungsvergleich?
• BGH/EuGH: Wichtig ist die Abgrenzung zwischen der
Imitationsbehauptung
und
der
Behauptung
der
Gleichwertigkeit zwischen den Waren.
• Vergleichende Werbung soll ja einen Leistungsvergleich durch
Gegenüberstellung
ermöglichen
(Erwägungsgrund
8
RL
2006/114/EG); dieser ist also nicht verboten.
• Entscheidend ist daher, dass die Behauptung aufgestellt wird,
die Ware sei ein Nachbau, ein technisches Äquivalent usw.
(deutliche Imitationsbehauptung) und nicht nur gleich
leistungsfähig.
• Abgrenzung im Wege der Interessenabwägung
41
Belästigung (§ 7 Abs. 1 UWG)
Die Norm beruht allein auf deutschem Recht und schöpft eine
Regelungslücke in der UGP-Richtlinie aus.
Vgl. dazu UGP-RL, Erwägungsgrund 7, Sätze 3 bis 5: 3Sie (die UGPRichtlinie, Anm. J.O.) bezieht sich nicht auf die gesetzlichen Anforderungen in
Fragen der guten Sitten und des Anstands, die in den Mitgliedstaaten sehr
unterschiedlich sind. 4Geschäftspraktiken wie beispielsweise das Ansprechen
von Personen auf der Straße zu Verkaufszwecken können in manchen
Mitgliedstaaten aus kulturellen Gründen unerwünscht sein. 5Die Mitgliedstaaten
sollten daher im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht in ihrem Hoheitsgebiet
weiterhin Geschäftspraktiken aus Gründen der guten Sitten und des Anstands
verbieten können, auch wenn diese Praktiken die Wahlfreiheit des Verbrauchers
nicht beeinträchtigen.
Es geht um Belästigungen der Verbraucher als solche, ohne dass eine
informierte Entscheidung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG verhindert
wird.
Beachte bei der Auslegung: § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG setzt eine
Erheblichkeitsschwelle
voraus
(„unzumutbar“),
während
die
Sondertatbestände des Abs. 2 diese nicht kennen.
Anwendungsfälle:
- Fälle unerwünschter Werbung, die von Abs. 2 nicht erfasst werden
(Briefkastenwerbung trotz Aufklebers „Bitte keine Werbung einwerfen“.
- Haustürvertrieb; beachte: Aus § 312b BGB folgt nicht, dass der
Haustürvertrieb generell erlaubt.
- Werbeansprache auf öffentlichen Plätzen (vgl. UGP-RL oben).
42
Hartnäckige Ansprache nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG (2)
1. Tatbestand ist subsidiär gegenüber § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG,
weil beide Normen bereits Sonderfälle der hartnäckigen Ansprache
erfassen. Für den Fernabsatz geeignetes Mittel der Kommunikation =>
§ 312c Abs. 2 BGB
2. Hartnäckige Ansprache:
a) Anhang I Nr. 26 UGP-Richtlinie („persistent, répété, ripertute“), =>
wiederholte Ansprache, nicht eine besonders intensive oder sonst
aggressive.
b) Verbraucher muss diese Art der Werbung ausdrücklich nicht
wünschen. Grund: § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG setzt anders als § 7 Abs. 1
Satz
1 UWG keine Erheblichkeitsschwelle voraus, so dass jede
unter die Norm fallende Begehungsform per se verboten ist => Der
entgegenstehende Wille des Verbrauchers muss also ohne jeglichen
Interpretationsspielraum und unmissverständlich sein.
43
Telefon- und E-Mail-Werbung (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 TMG) – I
Der Belästigungseffekt beruht auf folgenden Faktoren:
1. Die Werbenachricht erreicht den Adressaten unmittelbar und
persönlich, was Werbung sonst nicht gelingt.
2. Der Adressat wird von Telefonwerbung überrumpelt, weil er
auf sie nicht gefasst ist.
3. Der Adressat bringt die Kosten für eine Telefonanlage nicht
auf, um einem Unternehmen eine Werbeplattform zu bieten.
4. Die Funktionsfähigkeit der Telefonanlage leidet darunter,
wenn sämtliche Interessenten zu dieser Art der Werbung
übergehen können.
Deshalb ist stets eine Einwilligung erforderlich, als Opt-in im Falle
der Telefonwerbung § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG und als Opt-out im Falle
der E-Mail-Werbung (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 sowie Abs. 3 Nr. 3 und 4
UWG)
44
Telefonwerbung (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) - II
Die Norm dient der Umsetzung der Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG
=>
Zentrales
Tatbestandsmerkmal:
Vorherige
ausdrückliche
Einwilligung.
a) Ausdrücklichkeit
Der Kunde muss eindeutig erkennen können, dass er in Werbeanrufe
und
eine
entsprechende
Kontaktaufnahmen
einwilligt.
Die
Einwilligung muss in Kenntnis der Sachlage abgegeben werden.
Dabei greift ein Umkehrschluss aus Abs. 3 => Wenn der Kunde mit
bestimmten Werbekontakten in einem Kontext rechnen muss, ist er
nicht so schutzwürdig.
b) Konkretheit
Der Gegenstand der Anrufe (Person des Werbetreibenden, Gegenstand
der Werbung) müssen vor Erteilung der Einwilligung konkretisiert
werden und dürfen später nicht überschritten werden.
45
Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs
Abmahnung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 UWG): Aufforderung an die andere
Seite, innerhalb einer bestimmten Frist die Unterlassung des
beanstandeten Verhaltens zu erklären und eine vorgegebenes
Vertragsstrafeversprechen (§§ 336 ff. BGB) für den Fall des
Zuwiderhandelns abzugeben.
a) Nimmt der Gegner die Abmahnung durch strafbewehrte
Unterlassungserklärung an, endet die in § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG
vorausgesetzte Wiederholungsgefahr. Eine einstweilige Verfügung
wäre deshalb unbegründet!
b) Der Abmahnende hat einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen
Aufwendungen aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG (Abmahngebühr);
früher auch aus § 683 Satz 1 BGB und § 9 UWG begründet. Bei
missbräuchlicher Abmahnung greift § 8 Abs. 4 UWG.
c) Lehnt der Gegner die Abmahnung ganz oder teilweise ab, betreibt
der
Anspruchsteller
die
Sache
im
Rechtsschutzes (§§ 935, 940 ZPO) weiter.
46
Wege
des
einstweiligen
Notwendiger Inhalt der Abmahnung
1. Aufforderung zur Unterlassung eines genau bezeichneten
unlauteren Verhaltens oder zur Beseitigung seiner
Folgen.
2. Setzung einer angemessenen Frist gegenüber der anderen
Seite mit der Drohung, bei Verstreichen Klage zu
erheben.
3. Aufforderung an die Gegenseite, den Anspruch aus § 8
Abs.
1
Satz
1
UWG
anzuerkennen
und
ein
Vertragsstrafeversprechen nach §§ 339 ff. BGB in einer
bestimmten Höhe für den Fall der erneuten Verletzung
abzugeben. Denn andernfalls bleibt das Anerkenntnis
folgenlos.
4. Forderung von Aufwendungsersatz nach § 12 Abs. 1 Satz
2 UWG.
47
Strafbewehrte Unterlassungserklärung
1. Die Vertragsstrafe nach § 339 BGB ist eine Nebenabrede zu
einem Vertrag, die zwei Zwecke verfolgt:
a) Sie setzt einen Anreiz zur Wahrung der Vertragstreue und
b) sie pauschalisiert den Schaden des Gläubigers. Dieser braucht
im Falle einer Pflichtverletzung der Vertragsgegenseite nicht
nachzuweisen, in welcher Höhe die Vertragsstrafe entstanden ist.
2. Anspruchsgrundlage auf die Vertragsstrafe ist in den UWG-Fällen
§ 339 Satz 2 BGB
3. Die Unterlassungserklärung bedeutet die Annahme eines in der
Abmahnung angetragenen Angebots. Es kommt ein Vertrag mit
Vergleichscharakter (§ 779 BGB) zustande.
a) Verstößt der Schuldner gegen seine vertragliche Pflicht, kann er
deshalb nicht geltend machen, diese stelle keinen UWG-Verstoß dar.
b) Streitpunkt liegt häufig darin, ob das aktuelle Verhalten gegenüber
der Unterlassungsverpflichtung neu ist und nicht erfasst wird oder
„kerngleich“ ist und unter diese fällt.
48
Missbrauch der Abmahnung
Ausgangspunkt: Das UWG ist ein Marktordnungsrecht (arg e § 1
Satz 2 UWG). Die Aktivlegitimation zur Geltendmachung des
Anspruchs dient der Durchsetzung der Marktordnung durch Private.
Ein Missbrauch liegt daher vor, wo nicht die Durchsetzung der
Prinzipien des lauteren Wettbewerbs im Vordergrund steht, sondern
Eigennutz oder Schädigungsabsicht.
Konsequenz: Ein Missbrauch nach § 8 Abs. 4 UWG liegt vor, wenn
das zentrale Motiv der Abmahnung nicht in der Abstellung des
Wettbewerbsverstoßes liegt, sondern es dem Abmahnenden
1. um Einnahmeerzielung oder
2. um die Belastung des Abgemahnten mit Abmahnkosten geht.
Vgl. dazu BGH (BGH MMR 2013, 244, Rn. 19) : „Die Stellung
mehrerer nahezu identischer Unterlassungsanträge, die sich auf
kerngleiche Verletzungshandlungen beziehen, und ohne inhaltliche
Erweiterung des begehrten Verbotsumfangs zu einer Vervielfachung
des
Streitwerts
Rechtsmissbrauch
führen,
sein,
kann
weil
daher
dem
ein
Kläger
Indiz
im
für
Einzelfall
einen
ein
schonenderes Vorgehen durch Zusammenfassung seines Begehrens in
einem Antrag möglich und zumutbar ist.“
49
Auskunftsanspruch aus § 8 Abs. 5 UWG
Norm verweist auf § 13 UKlaG (Schönfelder Nr. 105, Taschenbuch
Nr. 4). Dieser Anspruch steht nach § 13 Abs. 1 UKlaG zu:
a) den qualifizierten Einrichtungen,
b) den Verbänden zur Förderung gewerblicher und selbständiger
Interessen und
c) den Industrie- und Handelskammern.
Die Mitbewerber (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) sind gerade nicht
aktivlegitimiert. Grund: Keine Ausforschung von Konkurrenten;
Auskunftsanspruch soll kein Mittel im Wettbewerb sein.
Beachte: Auskunftsansprüche stellen in der Zivilrechtsordnung
seltene
Ausnahmefälle
dar
(Datenschutzpflichten
der
Auskunftspflichtigen):
§ 13a UKlaG: Zusendung unbestellter Ware oder der Erbringung
unbestellter Dienstleistungen
§ 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG: Der Inhaber von Urheberrechten
kann vom Verbindungsnetzbetreiber Auskunft über die Identität eines
Kunden des Providers verlangen, der sein Urheberrecht verletzt hat.
50
Schadensersatzanspruch aus § 9 Satz 1 UWG iVm. § 6 Abs. 1
Satz 1 MPG
1. Aktivlegitimation § 9 S. 1 UWG: Mitbewerber nach § 2 Abs. 1
Nr. 3 UWG
2. Geschäftliche Handlung § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG
3. Unlauterkeit nach § 3 oder § 7 UWG.
4. Haftungsbegründende Kausalität: Der Wettbewerbsverstoß muss
zurechenbar kausal zu einem Grundschaden führen.
5. Verschulden nach § 276 Abs. 1 BGB
6. Haftungsausfüllende Kausalität: Aus dem Grundschaden müssen
sich konkret bezifferbare Vermögensschäden ergeben.
Beachte:
Das zentrale Problem des § 9 UWG liegt in der haftungsausfüllenden
Kausalität.
Der UWG-Verstoß beeinflusst zwar die Wettbewerbsverhältnisse. Der
davon Betroffene kann jedoch häufig den Schaden nicht konkret
beziffern,
der
ihm
so
entstanden
ist
(sog.
Marktverwirrungsschaden).
Beispiel: B betreibt eine gegen § 4 Nr. 6 UWG verstoßende Werbung.
Konkurrent kann beweisen, dass dies sich im Wettbewerb ausgewirkt
hat (= haftungsbegründende Kausalität = Marktverwirrung). Nicht
beweisen kann er jedoch, wieviel Umsatz genau ihm wegen dieser
Vorkommnisse iSd. § 252 BGB entgangen ist (= haftungsausfüllende
Kausalität).
51
Einstweiliger Rechtsschutz
Antrag nach §§ 935, 940 der Zivilprozeßordnung (ZPO) auf
einstweilige Verfügung bei besonderer Eile.
A. Zulässigkeit
I. Zuständigkeit
1) Sachlich das Landgericht nach § 13 UWG
2) Örtlich: Niederlassung des Beklagten bzw. Begehungsort (§ 14
UWG). Gilt für Klagen, aber auch für einstweilige Verfügungen über
§ 937 ZPO.
II. Behauptung eines Verfügungsanspruchs
Bloße Möglichkeit eines Anspruchs aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG
i.V.m. §§ 3 bzw. 7 UWG.
III. Verfügungsgrund
Eigentlich: Eilbedürftigkeit; wird nach § 12 Abs. 2 UWG für
Unterlassungsansprüche widerleglich vermutet. Vermutung entfällt,
wenn
Antragsteller
selbst
sich
mit
der
Antragstellung
ab
Kenntniserlangung Zeit lässt.
B. Begründetheit
Prüfung des Verfügungsanspruchs (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG);
Verfügungsgrund besteht stets nach § 12 Abs. 2 UWG.
52
Schutzschrift (gelegentlich auch Abwehrschreiben)
Ausgangspunkt: Im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz muss
das Gericht den Gegner nicht anhören (§ 940 i.V.m. § 936 i.V.m.
§ 921 ZPO). Grund: Die Anhörung verzögert das Verfahren und gibt
der Gegenseite die Möglichkeit, wirkungsvolle Maßnahmen zu
vereiteln. Es steht also im freien Ermessen des Gerichts, auf die bloße
eidesstattlich versicherte Behauptung des Anspruchsberechtigten und
Antragstellers hin zu entscheiden.
! Gefahr
für
den
Unternehmer,
von
einer
einstweiligen
Verfügung überrascht zu werden.
! Lösung: Hinterlegung einer Schutzschrift bei den nach §§ 13,
14 UWG zuständigen Gerichten. Formloses Schreiben, in dem
Tatsachenbehauptungen
und
Rechtsansichten
zur
Rechtmäßigkeit seines Verhaltens niedergelegt sind. Wird bei
einem dieser Gerichte ein Antrag auf einstweilige Verfügung
gestellt, ist das Gericht verpflichtet, das Schutzschreiben zu
berücksichtigen, auch wenn es den Gegner nicht anhört. Dies
gebietet der verfassungsrechtliche Grundsatz des rechtlichen
Gehörs (Art. 103 Absatz 1 GG); denn in diesem Fall ist mit der
Kenntnisnahme vom gegnerischen Standpunkt nicht die Gefahr
einer Vereiteilung des Verfügungsanspruchs verbunden. Dann
gewinnt aber das in Art. 103 Abs. 1 GG angelegte Prinzip die
Überhand.
53
Abschlussschreiben
Nach Erlass der einstweiligen Verfügung kann ein weiteres
langwieriges Verfahren dadurch verhindert werden, dass der Gegner
die einstweilige Verfügung auf ein Abschlussschreiben hin anerkennt.
Abschlussschreiben = Sonderform der Abmahnung zur Erwirkung
einer
strafbewehrten
Annahmeerklärung
und
zum
Rechtsmittelverzicht.
Nimmt der Gegner durch Abschlusserklärung an, ist das Verfahren
praktisch beendet: Der Gegner verzichtet auf weitere Rechtsmittel
gegen die einstweilige Verfügung, und der Anspruchsberechtigte kann
nicht weiter klagen, weil keine Wiederholungsgefahr mehr besteht.
54
Feststellungsklage nach § 256 ZPO (1)
1. Örtliche Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1
UWG.
2. Sachliche Zuständigkeit nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG.
3. Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO:
a) Behauptung eines feststellbaren Rechtsverhältnisses = Anspruch
aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG.
b) Behauptung eines rechtlichen Interesses an der Feststellung.
aa) Wenn dem Grunde nach ein Schaden entstanden ist, der jetzt noch
nicht beziffert werden kann.
bb) Wenn dem Kläger eine aktuelle Gefahr droht (z.B. Abmahnung
bei der negativen Feststellungsklage).
Beachte: negative Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Feststellung
des Klägers, dass kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1
UWG gegen ihn gerichtet ist. §§ 13, 14 UWG finden hier umgekehrte
Anwendung (Sitz des Klägers, weil potenziellen UWG-Täters, nicht
des Beklagten). Grund: Zweck der Normen, das möglichst tatortnahe
Gericht zu befassen.
55
Feststellungsklage nach § 256 ZPO (2)
1. Rügelose Einlassung nach auf das unzuständige Gericht nach § 39
Satz 1 ZPO möglich?
Nein, da § 14 UWG ausschließliche Gerichtsstände begründet (vgl.
Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 1 UWG „nur“)
2. Verhältnis von negativer Feststellungsklage und Widerklage
Bsp.: Nach Erhebung der negFK durch K, erhebt B Klage auf
Unterlassung, gestützt auf § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG.
Das Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO entfällt, wenn über
die Widerklage mündlich verhandelt wurde. Denn dann kann sie
nicht mehr einseitig von B nach § 269 Abs. 1 ZPO zurückgezogen
werden => K ist sicher, dass das Gericht über das Bestehen eines
Anspruchs nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG entscheidet.
Konsequenz: Einseitige Erledigungserklärung durch K; Entscheidung
über die Kosten analog § 91a ZPO!
56
Internationaler Anwendungsbereich des UWG
1. Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte
= Sonderform der örtlichen Zuständigkeit. Gem. Art 5 Nr. 3 EuGVO
das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist
oder einzutreten droht.
! Beachte: UWG ist ein Marktordnungsrecht.
! Das Gericht, das örtlich für d. betroffenen Markt zuständig ist.
2. Anwendbarkeit des deutschen UWG (IPR)
Beachte: Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO: Auf außervertragliche
Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten ist das
Recht
des
Staates
anzuwenden,
Wettbewerbsbeziehungen
Verbraucher
oder
beeinträchtigt
die
worden
in
dessen
kollektiven
sind
oder
Gebiet
die
Interessen
der
wahrscheinlich
beeinträchtigt werden (Marktortregel = das am betroffenen Marktort
geltende Recht ist im Zweifel berufen)
3. Herkunftslandprinzip (§ 3 Abs. 2 TMG)
Kein Prinzip des IPR, sondern des materiellen Rechts. Im Verhältnis
der Staaten, in denen die e-Commerce-Richtlinie (2000/31/EG) und
die
Fernsehrichtlinie
(89/552/EWG)
anwendbar
ist,
gilt
das
Herkunftslandprinzip. Deutsches UWG ist anwendbar; es darf aber in
seinen Rechtsfolgen nicht über das UWG am Sitzort des
ausländischen Unternehmens hinausgehen. Notfalls: Einschränkung
der Rechtsfolgen des UWG, so dass es mit dem UWG am
Herkunftsort übereinstimmt! Ausnahmen nach § 3 Abs. 5.
57
System des Leistungsschutzes im deutschen Recht
1. Persönliche geistige Schöpfungen von großer Schöpfungshöhe
(Roman, Film, Song) => Urheberrechtsgesetz.
2. Erfindungen
(=
technische
Lösungen
eines
technischen
Problems; Bsp: ABS-Bremssystem) => Patentgesetz.
3. Kleinere
Erfindungen
(Sicherheitsgriff
von
bei
geringer
einer
Erfindungshöhe
Heckenschere)
=>
Gebrauchsmustergesetz.
4. Kleinere ästhetische Gestaltungen (Design) => Designgesetz.
5. Schutz der Kennzeichnung einer Ware => Markengesetz.
Jenseits
dieses
Spezialschutzes
Nachahmungsfreiheit:
gilt
Wissenschaftlicher
das
Prinzip
der
und
künstlerischer
Fortschritt beruhen regelmäßig auf der Auseinandersetzung mit einer
fremden Leistung. Nachahmungen sind deshalb prinzipiell erlaubt,
sofern der Gesetzgeber sie nicht spezialgesetzlich verboten hat.
=>
Grundsatz:
Über
das
UWG
darf
kein
weitergehender
Leistungsschutz betrieben werden.
Umstritten: Ob das UWG bestimmte Formen der Nachahmung über
§ 4 Nr. 9 UWG auf der Grundlage des § 3 Abs. 1 UWG verbieten
darf, wenn andernfalls ein Marktversagen droht.
58
Überblick über das Markenrecht
1. Zentrale Unterscheidung
a) Marken iSd. § 3 MarkenG = Zeichen zur Unterscheidung von
Waren => Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 6 MarkenG
b) Geschäftliche Bezeichnungen (§ 5 MarkenG):
Abs. 2 Name, Firma und sonstige Bezeichnungen eines
Unternehmens.
Abs. 3: Titel von Druck-, Film- und Bühnenwerken
2. Entstehung des Schutzes
a) Marken:
• durch Eintragung im Markenregister (§ 4 Nr. 1
MarkenG),
•
mittels
Verkehrsgeltung
innerhalb
beteiligter
Verkehrskreise (§ 4 Nr. 2 MarkenG)
• wenn es sich um eine Weltmarke handelt (§ 4 Nr. 3
MarkenG; Beispiel: „Coca Cola“)
b) Geschäftliche Bezeichnungen: Durch das Führen derselben im
Verkehr
59
Ansprüche wegen Markenverletzung (1)
Wichtig: Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 Satz 1 MarkenG
Setzt voraus:
1. Kennzeichenmäßige Benutzung der Marke (Marke wird zur
Warenunterscheidung und Herkunftsbezeichnung eingesetzt)
2. Verletzung des § 14 Abs. 2 MarkenG
3. Wiederholungsgefahr
Tatbestände des § 14 Abs. 2 MarkenG:
Nr. 1 (doppelte Identität):
-) ein mit der Marke identisches Zeichen wird
-) zur Kennzeichnung der identischen Ware benutzt.
Nr. 2 (Verwechselungsgefahr):
-) ein mit der Marke identisches/ähnliches Zeichen wird
-) zur Kennzeichnung einer identischen/ähnlichen Ware benutzt
-) es besteht Verwechselungsgefahr im engeren Sinne (Irrtum
über die Herkunft der Ware) oder im weiteren Sinne
(Missverständnisse über einen möglichen Sachzusammenhang
der Ware mit der Originalware).
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Ansprüche wegen Markenverletzung (2)
Nr. 3 (Rufausbeutung/-beeinträchtigung)
-) ein mit der Marke identisches/ähnliches Zeichen wird
-) zur Kennzeichnung einer nicht identischen, nicht ähnlichen
Ware benutzt und
-) die Marke ist im Inland bekannt (Bekanntheitsgrad größer als
50%) und
-) die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke
wird
ohne
rechtfertigenden
beeinträchtigt.
61
Grund
ausgenutzt
oder
Ansprüche wegen Verletzung einer geschäftlichen Bezeichnung
Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 4 MarkenG:
Voraussetzungen:
Kennzeichenmäßige
Benutzung,
verbotene
Benutzung nach Abs. 2 oder 3 und Wiederholungsgefahr.
1. Fall der Verwechselungsgefahr = § 15 Abs. 2 MarkenG
2. Fall der Rufausbeutung = § 15 Abs. 3 MarkenG
62
Die Störerhaftung des Providers im Internet - I
Bsp. BGH 12. Juli 2007 – I ZR 18/04 – Jugendgefährdende Medien
bei eBay: Bei eBay werden Filme ohne Alterskontrolle angeboten, die
an Jugendliche nach dem Jugendschutzmedienstaatsvertrag nicht
abgegeben werden dürfen. Problem: Verantwortlichkeit von eBay?
1. Störerhaftung im engeren Sinne
a) Rechtsgrundlage
Grundlage ist § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Wortlaut). Provider ist
als Störer verantwortlich, wenn er zumutbare Prüfungspflichten
verletzt. Zumutbar ist ihm die Prüfung, wenn ein offensichtlicher
Rechtsverstoß des Kunden vorliegt. Offensichtlichkeit bedeutet
tatsächliche und rechtliche Evidenz.
b) Anwendungsbereich
Der BGH wendet die Grundsätze der Störerhaftung nicht auf reine
UWG-Fälle an, bei denen es nur um eine wettbewerbswidrige
Handlung geht (z.B. Verstoß gegen § 4 Nr. 6 UWG), sondern nur,
wenn sich die Verletzungshandlung gegen ein absolut geschütztes
Rechtsgut
richtet.
Rechtswidrigkeit
und
Grund:
höhere
Deutlichere
Erkennbarkeit
Schutzwürdigkeit
Rechtsguts.
63
des
der
berührten
Die Störerhaftung des Providers im Internet - II
1. Providerhaftung (Fortsetzung)
c) Rechtsfolge
Der Provider muss seine Website nicht ständig nach Rechtsverstößen
durchsuchen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 TMG, Text unten).
Er muss jedoch, wenn er auf eine offensichtliche Rechtsverletzung
aufmerksam gemacht wird, diese abstellen.
Im Beispiel ist das Persönlichkeitsrecht der Jugendlichen als absolut
geschütztes Rechtsgut berührt. eBay muss allerdings nur auf Zuruf
tätig werden.
d) Folgeproblem
Der Rechtsgutsträger kann sich nur gegen die einzelne Tat wehren und
muss diese jeweils beim Provider anzeigen. Ist er hier erfolgreich
vorgegangen, kann sich der Rechtsverstoß gleich schon wiederholen.
e) Bedeutung der Normen des TMG
Der BGH wendet die §§ 8 bis 10 TMG nicht auf negatorische
Ansprüche (Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche) an. Grund:
§ 7 Abs. 2 Satz 2 TMG enthält eine entsprechende Öffnungsklausel
und die §§ 8 ff. TMG setzen Verschuldenselemente voraus, die nur
auf Schadensersatzansprüche und Straftaten passen.
64
Die Störerhaftung des Providers im Internet - III
2. Erfolgsabwendungspflichten
Anspruch des Rechtsgutsträgers, dass der Provider nicht nur eine
konkrete Rechtsverletzung abstellt, sondern in Zukunft ähnliche
Rechtsgutsverletzungen
abstellt.
Geht
über
die
einfache
Störerhaftung deutlich hinaus.
Zwei Begründungsansätze:
a) Spezifische Gefährdung
Sofern der Provider den Rechtsgutsträger durch seine geschäftliche
Tätigkeit in spezifischer Weise in bestimmten Rechtsgütern gefährdet,
trifft ihn hinsichtlich dieser auch eine Erfolgsabwendungspflicht. Passt
im eBay-Fall, weil über diese Plattform verbotene Filme leichter
erhältlich.
b) Implementierung einer Filtersoftware
Sofern
der
Provider
künftige
Rechtsgutsverletzungen
durch
Implementierung einer einfachen Filtersoftware verhindern kann, trifft
ihn ebenfalls eine Erfolgsabwendungspflicht (str.: aA EuGH in den
Entscheidungen Scarlet Extended und Sabam).
65
Zurechnungsregeln nach dem Telemediengesetz (TMG)
Gehen zurück auf die e-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG. Beachte
auch § 7 Abs. 2 TMG: 1Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind
nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten
Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die
auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.2Verpflichtungen zur
Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den
allgemeinen
Gesetzen
bleiben
auch
im
Falle
der
Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10
unberührt.
! Aus § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG folgert die Rechtsprechung, dass
§ 1004 Abs. 1 BGB (Störerhaftung) neben den §§ 8 bis 10
TMG anwendbar ist.
! BGH
wendet
die
§§
8
verschuldensabhängige
bis
10
Institute
TMG
nur
auf
(Schadensersatz,
Straftatbestände) an, nicht auf Unterlassungsansprüche.
! Bei Unterlassungsansprüchen wegen Verletzung eines
absolut
geschützten
Rechtsguts
gilt
die
allgemeine
Störerhaftung, in reinen UWG-Fällen (bloße unerlaubte
Handlung wie Irreführung) greift die Störerhaftung nicht.
66
§§ 8 bis 9 TMG
§ 8 Durchleitung von Informationen (Access-Provider)
(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem
Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung
vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
1. die Übermittlung nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem
Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.
(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des
Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung
dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im
Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert
werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.
§ 9 Zwischenspeicherung zur beschleunigten Übermittlung von Informationen (CacheProvider)
Diensteanbieter sind für eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung,
die allein dem Zweck dient, die Übermittlung fremder Informationen an andere Nutzer
auf deren Anfrage effizienter zu gestalten, nicht verantwortlich, sofern sie
1. die Informationen nicht verändern,
2. die Bedingungen für den Zugang zu den Informationen beachten,
3. die Regeln für die Aktualisierung der Informationen, die in weithin anerkannten und
verwendeten Industriestandards festgelegt sind, beachten,
...
67
§ 10 TMG
§ 10 Speicherung von Informationen (Host-Provider)
Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie für einen
Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern
sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der
Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus
denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich
wird, oder
sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu
entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese
Kenntnis erlangt haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter
untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.
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