Inkontinenz, tröpfchenweise Verlust an Lebensqualität

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Inkontinenz, tröpfchenweise Verlust an Lebensqualität
Ein Update vom EAU 2012 in Paris, OA Anton Stangelberger
Definition, Epidemiologie, Risikofaktoren
Inkontinenz ist mit einer signifikanten Reduktion an Lebensqualität verbunden.
Die Inzidenz der Inkontinenz steigt mit dem Lebensalter an. Bei einer ständig alternden Bevölkerung bedeutet das
auch ständig steigende Kosten für das Gesundheitssystem, die durch Inkontinenzversorung verursacht sind.
Inkontinenz ist nach wie vor oft ein Tabuthema, deshalb ist die Dunkelziffer der Betroffenen hoch und viele
Menschen bleiben ohne Therapie. Je stärker die Beschwerden sind, desto eher sind Patienten bereit, professionelle
Hilfe zu suchen.
Unwillkürlicher Harnverlust wird von 5–69% der Frauen und 1–39% der Männer angegeben.
Die starke Schwankung der Inzidenzzahlen ist unter anderem dadurch bedingt, dass der Begriff Inkontinenz
unscharf definiert ist (von Harnverlust 1x im letzten Jahr bis mehrmals pro Woche oder Tag). Außerdem ist die
Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse und Methoden der Evaluationen
(Telefoninterviews, Fragebögen,
Untersuchungen, Alter der Patienten) oft sehr unterschiedlich.
39% der Frauen klagen über de novo Inkontinenz in Schwangerschaft, 50% sind vorübergehend inkontinent und 33
% klagen 3 Monate nach der Geburt noch über Inkontinenz. Spontane Remissionen von bis zu 13% werden aber
beschrieben.
Zu den Risikofaktoren der Inkontinenz zählen genetische Komponenten, vaginale Geburten und Schwangerschaft,
Adipsitas und Diabetes. Wenn auch Inkontinenz bei älter werdenden Frauen zunehmend auftritt, ist die Menopause
selbst kein Risikofaktor.
Östrogensubstitution und Gewichtsabnahme sind die wichtigsten modifizierbaren Risikofaktoren bei Inkontinenz.
Risikofaktoren für Inkontinenz beim Mann stellen steigendes Alter, LUTS (Beschwerden des unteren Harntraktes),
kognitive Defizite und radikale Prostatektomie dar.
Als Stressinkontinenz wird ein unwillkürlicher Harnabgang bei körperlicher Anstrengung, Husten oder Niesen
bezeichnet.
Von der reinen Stressinkontinenz ist die Dranginkontinenz mit überaktiver Blase zu unterscheiden. Eine überaktive
Blase wird bei 10-26% der Männern und bei 8% bis 42% der Frauen beschrieben. Obwohl die Prävalenz einer
Dranginkontinenz bei Männern ähnlich häufig ist suchen diese seltener Hilfe. Die Häufigkeit der überaktiven Blase
steigt mit zunehmendem Altern an und ist beim Mann oft mit LUTS verbunden. Ein Alterungsprozess der
sensorischen und muskulären Strukturen wird als Ursache dafür diskutiert.
Auch chronische Krankheiten wie Depression, Konstipation, neurologische Erkrankungen und erektile Dysfunktion
haben einen klaren Zusammenhang mit den Beschwerden einer überaktiven Harnblase.
Eine Vorfall der Beckenorgane (pelvic organ prolaps=POP >2) ist häufig mit Inkontienenz verbunden und findet sich
bei 5–10% bei inkontinenten Patientinnen.Das Risiko steigt mit der Zahl der vaginalen Geburten, nicht aber der
Geburten durch Sectio caesarea an. Ebenso scheinen Hysterektomie und andere Beckenoperationen einen späteren
Organvorfall zu begünstigen. Ein Prolaps der Beckenorgane (POP) wird bis zu 56% der Patientinnen 3-6 Monate
nach der Geburt beschrieben. Geburtsverletzungen von Beckenbodenmuskeln, Bindegewebe, Nerven (N pudendus)
und Gefäße düften bei der Entstehung des Prolaps und der Inkontinez nach Geburten beteiligt sein. Es konnte
gezeigt werden, dass Forceps und Vakuumentbindungen das Risiko für Sphinkterverletzungen reduzieren.
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Genetische Komponenten mit hoher Penetranz für die Entwicklung eines Organprolaps im kleinen Becken wurden
beschrieben und dürften auf einen Defekt auf Chromosom 9q21 zurückzuführen sein. Ebenso wurden bei
Prolapspatienten vermehrt Kollagenmutationen nachgewiesen (COL3A1). Somit kann bei bestimmten genetischen
Konstellationen ein Organprolaps im kleinen Becken familiär gehäuft vorkommen.
Abklärung, Diagnose
Zu den wichtigsten Punkten der Abklärung bei Inkontinenzpatienten zählen:
-Anamnese (Geburten, Operationen, Medikamente) und Symptomerhebung
-klinische Untersuchung (Ausschluß eines Harnwegsinfektes)
-Stresstests
-Pad Test
-Überprüfung der Reflexe
-Restharnmessung bei Va POP
Bei der Diagnose Inkontinenz
ist die komplizierte von der unkomplizierten Form zu unterscheiden. Unter
komplizierter Inkontinenz versteht man wiederkehrende Inkontinenz nach erfolgter operativer Sanierung sowie
Inkontinenz , die mit Schmerzen, Hämaturie, rezidivierenden Infekten, Miktionssymptomatik, sowie bei Zustand
nach Bestrahlung und radikaler Beckenchirurgie auftreten. Je nach klinischem Erscheinungsbild unterscheidet man
reine
Stressinkontinenz
(Harnverlust
bei
physischer
Aktivität),
gemischte
Inkontinenz
mit
Stress-
und
Drangsymtomatik oder eine Drangsymtomatik ohne Inkontinenz.
Bei Patienten mit überaktiver Blase und Dranginkontinenz haben rezente Brain mapping Studien gezeigt, dass der
Rhabdosphinkter unter Kontrolle des Hirnstammes, Cortex, des
pontinen Miktionszenrums und auch des
Frontalcortex steht. Bei Patienten mit Urgeinkontinenz konnten mittels Bildgebung im Vergleich zu gesunden
Vergleichspatienten Alterationen der neuronalen Aktivitäten im Frontalkortex und Rückenmark gefunden werden.
Denervierung entsprechender Areale im zentralen Nervensystem bei Affen führte zu Prolaps und Urgeinkontinenz.
Diese brain mapping Studien haben bis dato rein experimentellen Charakter.
Besonders wichtig bei der körperlichen Untersuchung ist der Ausschluss eines Organprolaps. Ein Organprolaps
(Entero-, Cystocele) kann aber muss nicht mit Inkontinenz einhergehen.
Bei der Abklärung von POP (pelvic organ prolaps) spielt zunehmend vor allem bei komplexen Fällen auch die
Bildgebung mittels MRI und Endoskopie eine Rolle (80% Sensitivität für die Diagnose einer Zystozele, Rektozele
etc).
Die Behandlung des Prolaps sollte in das Inkontinenzmanagement eingeplant werden.
Bei unklaren Befunden oder dem Verdacht
auf eine neurogene Blasenentleerungsstörung, sollte bei der
Inkontinenzabklärung jedenfalls eine urodynamische Untersuchung durchgeführt werden.
Therapie:
Männer und Frauen mit Stressinkontinenz, Mischinkontinenz und Drangbeschwerden, stehen zahlreiche
Therapieansätze wie Lifestylemodifikationen, Gewichtsabnahme, pysikalische Therapie, Blasenentleerung nach
Zeitplan (timed voiding), Verhaltenstherapie und Beckenbodentraining (Biofeedback) zur Verfügung. Bevor ein
Beckenbodentraining empfohlen wird, sollte die Funktion der Beckenbodenmuskulatur überprüft werden.
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Die Therapie sollte jedenfalls mit der „am wenigsten invasiven Methode“ beginnen. Falls erste Maßnahmen nach 812 Wochen nicht den gewünschten Erfolg bringen sollten, muss weiter abgeklärt werden (Zytologie, Bildgebung,
Urodynamik).
Die medikamentöse Therapie der Stressinkontienz ist durch ausgeprägte Nebenwirkungen stark eingeschränkt.
Medikamente für Stressinkontinenz (Duloxetin, Imipramin, Midorin etc.) verbessern den urethralen Verschlussdruck
durch ihre Wirkung am Tonus der glatten und quergestreiften Muskulatur sowie an der Schleimhaut. Die genaue
Wirkung der Medikamente auf die Muskulatur ist noch nicht geklärt, jedoch ist eine Erhöhung des Harnröhrenverschlussdrucks durch Verstärkung des Tonus der glatten und quergestreiften Sphinktermuskulatur über eine
Stimulation der alpha Adrenorezeptoren in der urethralen glatten Muskulatur durch Noradrenalin zu erklären.
Die anticholinerge Therapie bei Dranginkontinenz und überaktiver Harnblase ist dagegen weit verbreitet, muss
jedoch wegen der zu erwartenden anticholinergen Nebenwirkungen sehr individuell eingestellt und überwacht
werden. Gerade wegen der Nebenwirkungen ist die Patientenkompliance bei dieser Therapie oft deutlich
beeinträchtigt. Die Therapie muss individuell je nach Begleiterkrankungen, anderen Medikamenten des Patienten
und Verträglichkeit gestaltet werden. Besondere Vorsicht ist bei dementen Patienten mit einer anticholinergen
Therapie geboten, da sich die kognitive Funktion verschlechtern kann, eine Aggravierung der bestehenden
Obstiptaion kann sich wiederum negativ auf die Blasenentleerung und Kontinenz auswirken.
Die Therapie sollte sich nach dem Leidensdruck des Patienten sowie dessen Lebenserwartung richten. Auf jeden Fall
sollten M3 selektive Anticholinergika heute bevorzugt verordnet werden, da diese bei intakter Blut Hirnschranke
nicht zentral wirksam sind.
Bei Versagen der anticholinergen Therapie bei überaktiver Harnblase können Injektionen von Botulinum Toxin A in
den Detrusormuskel minimal invasiv und sehr effektiv Symtomerleicherung bringen. Diese Therapie der überaktiven
Harnblase ist derzeit nur zum off-label Gebrauch zugelassen.
Sakrale Neuromodulation ist eine weitere Therapiemöglichkeit der überaktiven Blase. Bei überaktiver Blase werden
im Vergleich 90% Erfolgsrate nach sakraler Neuromodulation und 79% Erfolgsrate nach Botoxinjektion berichtet.
Die Therapie der überaktiven Blase mit sakraler Neuromodulation bringt zwar initial hohe Kosten, ist jedoch schon
nach nach 5 Jahren kosteneffizient und schneidet nach 10 Jahren im Vergleich mit BOTX ingesamt besser ab.
Blasenaugmentation mit Darm und das Anbringen einer künstlichen Harnableitung gilt als ultima ratio bei Versagen
anderer Therapiemöglichkeiten.
Wenn die Inkontinenz mit einer Detrusorunteraktivität und mangelnder Blasenentleerung verbunden ist, sollte
intermittierender Selbstkatheterismus durchgeführt werden.
Findet sich eine Obstruktion des Harnausflusstraktes, so muss diese zuerst saniert werden.
Bei Patienten mit überaktiver Harnblase bei subvesikaler Obstruktion die zB. durch benigne Prostatahyperplasie
bedingt ist, wird heute eine kombinierte Therapie von Antimuskarinika und alpha Blockern empfohlen.
Bei Mischinkontinenz sollte die Urgekomponente zuerst behoben werden, extended release Anticholinergika sind zu
bevorzugen.
Auch
ein
Östrogendefizit
dürfte
bei
postmenopausalen
Frauen
ein
Kofaktor
für
Inkontinenz
sein.
Östrogensubstitution bessert jedoch eine Stressinkontinenz nicht. Eine systemische Gabe von Östrogenen kann
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sogar eine bestehende Inkontinenz verschlechtern und Frauen, die Östrogene einnehmen sollte darauf hingewiesen
werden, dass eine Inkontinenz entstehen kann. Andererseits sind Harndrang und erhöhte Miktionsfrequenz häufig
Symtome von postmenopausalen Frauen mit genitaler Atrophie und lokale Gabe von Östrogen verbessert hier die
Beschwerden durch die überaktive Blase.
Bei hohen Restharnmengen und Inkontinenz sollte immer auch an POP gedacht werden da Vorfälle eine häufige
Ursache von obstruktiver Miktionssymtomatik bei Frauen sind.
Nach POP Reparatur benötigen bis zu 30% zu einem späteren Zeitpunkt eine Inkontinenzoperation, eine
gleichzeitige Operation bei der auch die Inkontinenz behoben wird sollte deshalb durchgeführt werden. Wichtig ist
es auch zu beachten dass bis zu 80% der Patienten mit POP okkulte Inkontinenz zeigen. Eine Studie hat auch
gezeigt, dass bis zu 22% der Patienten nach Prolapsreparatur an Stressinkontinenz leiden.
Bei Detrusorüberaktivität und Spinkterinkompetenz ist eine urodynamische Untersuchung angebracht.
Die Gabe von Desmopressin führt zu einer Symptomverbesserung bei vermehrter nächtlicher Harnbildung und
Inkontinenz und verbessert damit die Schlafqualität dieser Patienten.
Zu beachten sind allerdings Nebenwirkungen von Desmopressin wie Hyponatraemie und als weitere Folge
Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Anorexie bis zur Bewusstlosigkeit.
Das Risko eine Hyponatriämie nimmt mit steigendem Alter, kardialen Erkrankungen und hohem 24h Harnvolumen
zu.
Operative Lösungen:
Eine operative Lösung sollte erst angestrebt werden, wenn alle konservativen Maßnahmen keinen Erfolg bringen.
Obwohl fortgeschrittenes Alter selbst keine Kontrandikation für Inkontinenzoperationen darstellt, sollte der Einfluss
der Operation auf die Lebensqualität und Lebenserwartung dieser Patienten in Betracht gezogen werden.
Bei der Entscheidung zu einer Operation müssen die Beeinträchtigung der Lebensqualität sowie die
objektivierbaren, messbaren
Symtome und Beschwerden eingehend untersucht und dokumentiert werden
(präoperative Urodynamik).
Die Zufriedenheit der Patienten nach einer Inkontinenzoperation hängt von der empfundenen Verbesserung der
Lebensqualität durch die Operation ab.
Je stärker die Inkontinenz vor der Operation ist, desto höher ist auch die Erfolgschance durch eine Operation eine
Verbesserung der Kontinenz zu erzielen.
Bei komplizierter Inkontinenz sollte auch eine Urethrozystoskopie, Zytologie und Bildgebung des Harntrakts sowie
eine Urodynamik durchgeführt werden.
Auch die Testung des Urethradruckprofiles und der sogenannten leak-point pressure kann bei der Auswahl der
Operationmethode hilfreich sein (TVT vs TOT siehe später)
Ein Vorfall von Beckenorganen (POP) sollte in jedem Fall mitkorrigiert werden, obwohl ein Prolaps nicht immer mit
Inkontinenz verbunden sein muss. Auch kann nach erfolgter Prolapschirurgie eine eventuelle Inkontinenz
weiterbestehen.
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Die Mechanismen zur Schaffung einer Kontinenz sind dabei die retropubische Suspension sowie die Blasenhals/oder
suburthralen Schlingen
Wegen der uneinheitlichen Angabe von Komplikationen in den verfügbaren Studien zum Thema Inkontinenzbänder
ist ein fairer Vergleich über Nutzen /Risiko schwierig.
Auch kommt zunehmend mehr die Rolle der bulking agents und der artifiziellen Sphincetr in Diskussion.
Inkontinenz nach radikaler Prostatektomie
Risikofaktoren für Inkontinenz nach radikaler Prostatektomie sind hohes Alter, Prostatavolumen, Komorbiditäten,
nervenerhaltende Operationstechniken, Blasenhalsenge, Tumorstadium, und preoperative Funktion der Blase und
des Sphinkterappartes. Kürzlich wurde auch beschrieben, dass der präoperative Testosteronspiegel beim
Wiedererlangen nicht nur der Potenz sondern auch der Kontinenz eine wichtige Rolle spielt.
Die Technik der Prostatektomie (radikal vs nervenerhaltend, laparoskopisch vs offen vs Roboter) spielt nach derzeit
verfügbaren Studienergebnissen zu keinem signifikanten Unterschied in den Kontinenzraten.
Sollte der Sphinctermechanismus 6-12 Monaten nach einer radikalen Prostatektomie nicht suffizient funktionieren
ist der AMS Sphincter immer noch der Goldstandard der Therapie.
Bei geringgradiger Inkontinenz können auch Inkontinenzschlingen bei Männern zum Einsatz kommen. Allerdings
sollte bei Patienten, bei denen die Inkontinenztherapie mittels Schlinge erwogen wird, keine vorherige
Radiotherapie stattgefunden haben.
Die Therapie mit sogenannten “Bulking agents” ist weniger effektiv, kann jedoch bei geringradiger Inkontinenz
erwogen werden. Bei frühen Erfolgsraten von ca 50% nimmt der Effekt der bulking agents mit der Zeit wieder ab
und erfordert evtl eine neuerliche Operation.
Sogenannte adjustierbare Ballons (PRO ACT) sind ebenfalls eine Therapieoption, die jedoch noch in größeren
Studienserien untersucht werden muss.
Maßgeschneiderte, individuelle Inkontinenztherapie
Während der letzten Jahre hat sich ein Wandel in der operativen Inkontinenztherapie vollzogen. Stand noch vor
wenigen Jahren die sogenannten vorderen Reparaturen wie die Coloposuspension nach Burch und Nadelsuspension
im Vordergrund, so wandelte sich das operative Spektrum über autologe Schlingen zu retropubischen mid
urethralen Schlingen (TVT= tension free vaginal tape, und TOT=transobturator tape) bis zu sogenannten „single
incizion“ Schlingen (minislings).
Heute gelten retropubische TVT und transobruratorische TOT Schlingen als Standard in der operativen
Inkontinenztherapie. Retropubische und mid urethrische Schlingen haben vergleichbare Erfolgsraten zur
Kolposuspension bei deutlich niedrigeren Kompliktaionsraten. Die Operation mit TVT scheint etwas bessere
objektive Kontinenzraten zu erreichen als TOT (88vs 84 %). Die Stichrichtung scheint insofern eine Rolle für den
Erfolg zu spielen als beim Einstich Haut zur Vagina schlechtere Ergebnisse als beim Einstich in umgekehrter
Richtung (Vagina zur Haut) beschrieben werden. Dies gilt für retropubische aber nicht für transobturartorische
Schlingen.
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Inkontinenz, tröpfchenweise Verlust an Lebensqualität
Ein Update vom EAU 2012 in Paris, OA Anton Stangelberger
Transobturatorischen Schlingen haben weniger Komplikationen als die retropubischen Schlingen. Zu den häufigsten
Komplikationen
der
TVT
Schlingen
zählen:
Hämatome
im
kleinen
Becken,
Blasenperforation,
Blasenentleerungsprobleme bis hin zum notwendigen Katheter nach der Operation. Bei TOT Schlingen werden
seltener Koplikationen beschrieben, diese sind dann Komplikationen wie Bandarrosionen, Harnwegsinfekte,
Reoperation und Schmerzen in der Leiste.
Riskikofaktoren bei denen schlechtere Ergebnisse durch eine midurethrale Schlingen erreciht werden sind
intrinsische Sphinkterdefizienz, Detrusorüberaktivität vor der Operation, Urgeinkontinenz, höhergradiger Prolaps
Grad 3/4, gleichzeitige Prolapsoperation, vorherige Inkontinenzoperation. Kontrovers der
Einfuss des
Bodymassindex auf den Erfolg einer Inkontinenzoperation diskutiert. So konnte in einer Studie gezeigt werden, dass
der BMI nicht unbedingt mit den postoperativen Kontinenzergebnissen korreliert.
Welche Schlinge sollte bei wem eingesetzt werden:
Retropubische Schlinge werden bei Frauen empfohlen, die bereits eine erfolglose Inkontinenzoperation hatten,
einen niedrigen urethalen Verschlussdruck/Valsalva leakpoint pressure haben oder die eine intrinsiche
Sphinkterdefizienz zeigen.
Die transobturatorische Schlinge wird bei Mischinkontinenz und Detrusorüberaktivität empfohlen.
Sehr erfolgversprechend sind die sogenannten single incision slings. Wie Oliveira et al 2011 in einer prospektiven
Studie zeigen konnten, waren 80% der Operationen mit dieser Schlinge kontinent. Es kam kaum zu Schmerzen und
postoperativen Harnverhalten, nur ein Patient brauchte eine Schlingenresektion., 6% der Frauen klagten über de
novo Drangsymtome.
Höhergradige Inkontinenz konnte durch diese Schlinge jedoch weniger erfolgreich behandelt werden. 70 % der
Frauen, die mehr als 5 Vorlagen pro Tag präoperativ benötigten vs 94% der Patientinnen, die weniger als 2
Vorlagen vor der OP brauchten, waren kontinent.
BMI und Alter hatten keinen Einfluss auf die Erfolgsrate bei dieser Schlinge.
Eine Kolposuspension ergibt Kontinenzraten von 85-90% nach einem Jahr und 80% nach 5 Jahren, und hat ein
niedrigeres Risiko von Komplikationen als autologe Schlingen (Harnwegsinfekte und Miktionsprobleme).
Nachbeobachtung bei TVT Patientinnen über 10 Jahre zeigten sehr gute Ergebnisse. In einer Studie mit 7 Jahren
follow up waren bis zu 80% der Patientinnen kontinent.
Auch der Vergleich TVT-O, TVT Secur und MINI ARC zeigte Heilungsraten von 67% bei TVT secur bis 87% bei Mini
ARC Schlingen
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Zusammenfassend lässt sich festhalten: Ein TOT Band ist wegen der geringeren Gefahr einer Blasenperforation zu
bevorzugen, Langzeitfolgen wie Schmerzen beim Geschlechtsverkehr wurden jedoch berichtet. Die Burch Operation
und das TVT Band zeigen zwar bessere Ergebnisse in Bezug auf Kontinenz jedoch mehr Komplikationen. Ein
wichtiges Entscheidungskriterium ob nun ein TVT oder TVT Band verwendet werden soll ist der maximale
Urethraverschlussdruck. Ist dieser kleiner als 43cmH2O sollte kein TOT verwendet werden, da gezeigt wurde, dass
in dieser Situation bessere Ergebnisse mit TVT erzielt wurden.
Was tun wenn die Inkontienzoperation nicht den gewünschten Erfolg brachte ?
Empfehlung Francesco Cruz EAU2012 Paris
Zur Verfügung stehen folgende Optionen: eine andere retropubische Schlinge , Burch Colposuspension offen oder
laparoskopisch, künstlicher Sphinkter, Bulking agents ?
Mini Sling:
young, middle age
good urethra-sphincter
keine Urgeinkontinenz
keine vorherige Inkontinenzoperation
kein POP
normales Körpergewicht
TVT,TOT:
Alt
Mischinkontinenz
Überaktiver Detrusor
Niedriger Valsalva leak point pressure
Vorherige Inkontinenzoperation
POP
Adipositas
Burch: alle Versager der Vorherigen
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