-1- 3 ERSTER HAUPTSATZ DER THERMODYNAMIK 3.1 Arbeit und Wärme 3.1.1 Definition und allgemeine Beschreibung der Arbeit Klassische Punktmechanik: Ein Massenpunkt bewegt sich im dreidimensionalen Raum G G G G von rA nach rB längs einer Bahn, die durch die Ortskoordinate r = r ( t ) beschrieben wird. Dabei wirkt eine Kraft auf den Punkt. Die Arbeit, die notwendig ist den Massenpunkt von A nach B zu bringen, ist G rB W AB = ∫ G rA G G G rB F ⋅ dr = Fx dx + F y dy + Fz dz ∫( G rA ) G F G rA G dr G r (t ) G rB Allgemeine Definition: Die Definition für den Massenpunkt lässt sich verallgemeinern. In der Mechanik kann man in vielen Fällen einen Prozeß durch Angabe einer OrtskoorG dinate r beschreiben. Diese Ortskoordinate gibt die Lage oder Position einesGKörpers G an. Sie hängt i.a. von der Zeit ab. Während des Prozesses wirkt eine Kraft F ( r ) auf den Körper. Diese Kraft kann den Prozeß behindern oder ihn beschleunigen. Die Arbeit, die ich aufwenden muss, um den Prozeß vom Ort (oder Zustand) A zum Ort (oder Zustand) B durchzuführen, beträgt G G W AB = F ⋅ dr B ∫ A Konservative Kraftfelder: Ein wichtiger Spezialfall ist das konservative Kraftfeld. Kann man die Kraft durch eine potentielle Energie ϕ (auch kurz „Potential“ genannt) beschreiben, so dass gilt G ⎛ ∂ϕ ∂ϕ ∂ϕ ⎞ G ⎟⎟ , F = − gradϕ (r ) = −⎜⎜ , , ⎝ ∂x ∂y ∂z ⎠ dann nennt man das Kraftfeld konservativ. „grad“ wird oft durch das Symbol „∇“ ausgedrückt. Konservative Kräfte sind beispielsweise die Schwerkraft oder die CoulombKraft. Eine nicht-konservative Kraft ist die Reibungskraft. Satz der Vektoranalysis: Kann man die Kraft als den Gradienten eines Potentials darstellen, dann vereinfacht sich das Integral PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -2B B G G B ⎛ ∂ϕ G G ∂ϕ ∂ϕ ⎞ W AB = F ⋅ dr = − grad (ϕ (r ) ) ⋅ dr = − ⎜⎜ dx + dy + dz ⎟ ∂x ∂y ∂z ⎟⎠ ⎝ A A A ∫ ∫ ∫ B = − dϕ = −(ϕ B − ϕ A ) = ϕ A − ϕ B ∫ A ϕA ist die potentielle Energie des Systems am Ort (oder im Zustand) A, ϕB ist die potentielle Energie des Systems am Ort (oder im Zustand) B. Die Beziehung ist extrem wichtig! Man kann jetzt nämlich Kraft (solange sie konservativ ist) und potentielle Energie ineinander umrechnen: G G F = − gradϕ (r ) B und G G ϕ A − ϕ B = − ∫ F ⋅ dr A Beispiel: Verschiebe eine Masse m wie in der Abbildung dargestellt gegen die Schwerkraft. hB z A B x ϑ hA Fg=mg B B G G B W AB = F ⋅ dr = (Fx dx + Fz dz ) = (0 ⋅ dx − mg ⋅ dz ) = mg ⋅ (h A − hB ) ∫ ∫ ∫ A A A G Da F = ( 0,0,− mg ) = − grad ( mgz ) , d.h. ϕ = mgz kann man das Ergebnis auch gleich hinschreiben. 3.1.2 Arbeit in der Wärmelehre Im Prinzip behandelt die Thermodynamik alle möglichen Arbeiten und Energien. Einige davon sind: Volumenarbeit Bei Kraftmaschinen ist die Volumenarbeit wichtig. Das ist die Arbeit, die notwendig ist, ein Volumen gegen einen Druck zu verändern. Beispiel: Zylinder der mit einem Kolben verschlossen ist. xA F x xB P dx PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -3- Wird der Kolben um dx in den Zylinder gedrückt ist damit eine Arbeit δWVol = − PdV verbunden. Bei einer Kompression von A nach B ist die Arbeit W AB = xB xB xB xA xA xA ∫ F ⋅ dx = ∫ PA ⋅ dx = − ∫ P ⋅ dV nötig. A ist die Querschnittsfläche des Kolbens. Beachte: Adx = −dV . Bemerkung: Das Vorzeichen kann man sich im Zusammenhang mit dem ersten Hauptsatz merken. Bei einer Volumenvergrößerung verliert das System innere Energie, deshalb minus. Wird das System komprimiert, vergrößert sich seine innere Energie, deshalb plus. Bei der Volumenarbeit handelt es sich nicht um eine Zustandsfunktion. Das kann man leicht an einem Beispiel zeigen. Ein ideales Gas werde von einem Zustand A in einen Zustand C gebracht (siehe Abbildung). Das geschehe auf zwei Wegen: p A T konstant C B V Weg 1: Isotherme, reversible Expansion C I W AC C ∫ = − PdV = −nRT A ⎛ VC ⎞ ∫ V dV = −nRT ⋅ (ln VC − ln V A ) = −nRT ⋅ ln⎜⎜⎝ V A ⎟⎟⎠ 1 A Weg 2: Reversible isochore Druckverminderung (A→B) plus reversible isobare Expansion (B→C) II WAC B C C A B B = − ∫ PdV − ∫ PdV = 0 − PC ∫ dV = − PC ⋅ (VC − V A ) =− ⎛ V ⎞ nRT ⋅ (VC − V A ) = − nRT ⋅ ⎜ 1 − A ⎟ VC ⎝ VC ⎠ I II Beide Wege führen zum gleichen Endzustand, aber WAC ≠ WAC . Oberflächenarbeit Eine andere mögliche Arbeit tritt bei der Vergrößerung von Ober- oder Grenzflächen auf. Vergrößert man die Oberfläche um dA, so ist dazu die Oberflächenarbeit γ ⋅ dA notwendig. γ wird Ober- bzw. Grenzflächenspannung genannt. Elektrische Arbeit Transportiere ich die Ladung dQ vom elektrischen Potential UA zum Potential UB dann ist dazu folgende Arbeit notwendig: dWel = (U B − U A ) ⋅ dQ PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -4- 3.1.3 Wärme Bringt man zwei Körper unterschiedlicher Temperatur in Kontakt, fließt Wärme vom heißen zum kalten Körper: Nach einiger Zeit haben beide die gleiche Temperatur. Erhöht man die Temperatur eines Körpers um dT, ist dazu eine Wärme erforderlich, die proportional zur Wärmekapazität C des Körpers ist: δQ = C ⋅ dT 3.2 Formulierung des ersten Hauptsatzes Der erste Hauptsatz der Thermodynamik ist der Energieerhaltungsatz. Eine mögliche Formulierung lautet: Man kann jedem System eine Zustandsfunktion "innere Energie" U zuordnen. Sie ist definiert über ihre infinitesimale Änderung: dU = δW + δQ D.h. es gibt eine Funktion U, die nur vom Zustand des Systems abhängt, nicht aber davon, auf welchem Weg dieser Zustand erreicht wurde. Die Änderung von U ist gleich der an dem System verrichteten Arbeit (Volumenarbeit, elektrische Arbeit, Strahlung, usw.) plus der zugeführten Wärme. Was kann man sich anschaulich unter der „inneren Energie“ vorstellen? Sie ist die Summe vieler Beiträge, z.B. der kinetischen Translations- und Rotationsenergie der Moleküle, möglicher Schwingungsenergien, der Wechselwirkungsenergien der Moleküle untereinander usw. Andere Formulierungen des ersten Hauptsatzes sind: • Energie kann nicht vernichtet oder geschaffen werden. • Man kann keine Maschine konstruieren (Perpetuum Mobile erster Art) die nichts weiter tut, als Energie zu erzeugen. Historisch gesehen war entscheidend zu sehen, dass Wärme eine Form der Energie ist. Dies wurde 1842 von Mayer1 gezeigt. Er konnte Wärme in mechanische Arbeit überführen und umgekehrt. Joule2 hat dies kurz danach und unabhängig von Mayer genauer nachgewiesen. Mechanische Arbeit→Wärme: Historischer Versuch: Ein rotierendes Paddel erwärmt einen mit Flüssigkeit gefüllten Behälter. Das Paddel wird angetrieben durch ein Gewicht, welches man ein Stück fallen lässt. Der Behälter muss gut wärmeisoliert sein, damit die entstandene Wärme nicht gleich wieder abfließt. Wärme→mechanische Arbeit: Beispiel: Man erwärmt einen mit Gas gefüllten Zylinder der oben durch einen Kolben geschlossen ist. Die Temperaturerhöhung führt zu einer Expansion des Gases. Damit kann ein Gewicht gehoben werden. Der erste Hauptsatz ist ein empirisches Gesetz. Man kann ihn nicht aus anderen, fundamentaleren Gesetzen herleiten. Bemerkung: Der erste Hauptsatz legt keinen Absolutwert von U fest. Nur über Änderungen wird etwas ausgesagt! 3.2.1 Wärmekapazität bei konstantem Volumen Die Wärmekapazität (engl. heat capacity) war bisher etwas lax definiert über die Wärme, die einem System zugefügt werden muss, um eine bestimmte Temperatur1 2 Julius Robert Mayer, 1814-1878, deutscher Arzt, Tübingen. James Prescott Joule, 1818-1889, engl. Amateur-Naturwissenschaftler. PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -5- erhöhung hervorzurufen. Dabei muss man festlegen, auf welche Art und Weise die Wärme zugeführt wird. Zwei wichtige Fälle sind die Wärmekapazität bei konstantem Volumen CV und die Wärmekapazität bei konstantem Druck Cp. Definition: CV ≡ ∂U ∂T V Der vertikale Strich mit dem Index „V“ bedeutet, dass bei dem Prozess das Volumen konstant sein soll. 3.3 Die Enthalpie Bei einem isochoren Prozess (V konstant) wird keine mechanische Arbeit verrichtet. Eine Änderung der inneren Energie des Systems ist also gleich der bei konstantem Volumen aufgenommenen Wärme: V konstant ⇒ ΔU = Q V Hält man dagegen den Druck konstant und wird keine Arbeit außer Volumenarbeit verrichtet, dann gilt ΔU = U 2 − U 1 = Q P − P(V2 − V1 ) = Q P − PΔV Q P ist die bei konstantem Druck aufgenommene Wärme. Man definiert die Zustandsfunktion Enthalpie (engl. enthalpy): H ≡ U + PV H ist eine Zustandsfunktion, da U, P und V Zustandsfunktionen sind. Bei einem isobaren Prozeß gilt ΔH = ΔU + PΔV = Q P D.h. eine Änderung der Enthalpie des Systems ist also gleich der bei konstantem Druck aufgenommenen Wärme: P konstant ⇒ ΔH = Q P Diese Tatsache bewog 1909 Kamerlingh Onnes3 der Größe H den Namen „Enthalpie“, von griechisch „en“, in, und „thalpos“, Wärme, zu geben. 3.3.1 Wärmekapazität bei konstantem Druck Aus der allgemeinen Definition der Wärmekapazität (δQ = C ⋅ dT ) und der Definition der Enthalpie erhält man unmittelbar CP ≡ ∂H ∂T P Diese Gleichung wird als Definition der Wärmekapazität bei konstantem Druck verwendet. CP unterscheidet sich im Allgemeinen von CV. Es gilt CP ≥ CV, da bei konstantem Druck ein Teil der dem System zugeführten Wärme in Volumenarbeit umgesetzt wird. 3 Heike Kamerlingh Onnes, 1853-1926, niederl. Physiker, NP 1913. PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -6- 3.3.2 Molwärme und spezifische Wärme Die Wärmekapazität ist eine extensive Größe. Dividiert man die Wärmekapaziät durch die Masse bzw. Molzahl des Körpers erhält man die spezifische Wärmekapazität bzw. die Molwärme: Molwärme cP = CP n bzw. cV = CV n Spezifische Wärme cP = CP m bzw. cV = C V m 3.4 Die Versuche von Gay-Lussac und Joule-Thomson 3.4.1 Der Binnendruck Oft kann man die innere Energie als Funktion von T und V angeben. Beim idealen Gas ist P dann nicht mehr unabhängig, sondern fest vorgegeben (bei konstanter Molzahl). Die Änderung der inneren Energie ist dann dU = ∂U ∂T ⋅ dT + V ∂U ∂V ⋅ dV T Der erste Term entspricht der Wärme die fließt. Der zweite Term ist die mechanische Arbeit. Wie der erste Koeffizient (Wärmekapazität CV) hat auch der zweite Koeffizient eine besondere Bedeutung. ∂U dV T wird auch „Binnendruck“ (engl. internal pressure) genannt. Er wird bestimmt durch die Wechselwirkung der Moleküle miteinander. 3.4.2 Der Versuch von Gay-Lussac Man lässt eine feste Menge Gas von einem kleinen Volumen V1 auf ein großes Volumen V2 ausdehnen. Gay-Lussac hat dies durch Herausziehen einer Trennwand zwischen einem gasgefüllten und einem evakuierten Volumen erreicht. Der Prozeß soll adiabatisch (in einem wärmeisolierten Gefäß) ablaufen, d.h. es fließt keine Wärme nach außen. Die Temperatur vor und nach der Expansion wird gemessen. Der Vorgang ist irreversibel, denn er läuft nicht durch Quasigleichgewichtszustände. Während des Versuchs treten im System unterschiedliche Drücke und Temperaturen auf; schließlich wird aber ein neuer Gleichgewichtszustand erreicht. V1 V2 Da bei dem Versuch keine Arbeit verrichtet wird und keine Wärme in das System fließt, kann sich die innere Energie des Gases nicht ändern. Das experimentelle Resultat war: Die Temperatur eines idealen Gases ändert sich bei dem Prozeß nicht. Mit dT = 0 , dU = 0 und dV ≠ 0 kann man aus der letzten Gleichung folgern, dass bei einem idealen Gas der Binnendruck verschwindet: ∂U ∂V =0 T Dies ist plausibel, da im idealen Gas die Moleküle nicht miteinander wechselwirken. Die innere Energie eines idealen Gases ist von seinem Volumen unabhängig. PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -7- Ausgehend von dU = ∂U ∂T V ⋅ dT + ∂U ∂V T ⋅ dV kann man eine weitere wichtige Aus- sage über das ideale Gas treffen: Die innere Energie des idealen Gases hängt nur von der Temperatur ab. Denn: U (T ) = U 0 + T T 0 0 ∂U ∫ ∂T ' V ⋅ dT ' = U 0 + ∫ CV ⋅ dT ' T T Kennt man also CV, kann man die innere Energie berechnen. Man nennt diese Gleichung auch die kalorische Zustandsgleichung. Bitte beachten: CV kann von der Temperatur abhängen! 3.4.3 Unterschied zwischen CV und CP Nach den Definitionen gilt C P −C V = ∂H ∂T − P ∂U ∂T V Einsetzen von H = U + PV ergibt C P −C V = ∂U ∂T +P P ∂V ∂T − P ∂U ∂T V Jetzt schreibe ich U als Funktion von V und T. Man könnte auch z.B. P und T als freie Variable wählen, das bringt uns aber in diesem Zusammenhang nicht weiter. Das totale Differential von U ist dann dU = ∂U ∂V dV + T ∂U ∂T dT V „Division“ durch dT unter der Voraussetzung, dass die Änderung von U isobar abläuft ergibt ∂U ∂T = P ∂U ∂V ⋅ T ∂V ∂T + P ∂U ∂T V Das setzt man jetzt in die obige Gleichung ein: C P −C V = ∂U ∂V ⋅ T ∂V ∂T ⎛ ∂U = ⎜⎜ P + ∂V ⎝ + P ∂U ∂T ⎞ ∂V ⎟⋅ ⎟ T ⎠ ∂T +P V ∂V ∂T − P ∂U ∂T =P V ∂V ∂T + P ∂U ∂V ⋅ T ∂V ∂T P P Die Klammer enthält also Druck plus Binnendruck. Bei Flüssigkeiten und Festkörpern ist der Binnendruck durch starke Kohäsionskräfte groß und oft dominierend. D.h. bei ihnen wird C P − C V allein durch die Volumenabhängigkeit der inneren Energie bestimmt. Anders ist das bei Gasen. Dort dominiert normalerweise P. Der zweite Faktor ist der Ausdehnungskoeffizient α (multipliziert mit dem Volumen). α ist groß bei Gasen, aber oft verschwindent gering bei Festkörpern oder Flüssigkeiten. Für Wasser bei 4°C gilt α=0. Dort verschwindet der Unterschied zwischen CV und CP. Beim idealen Gas vereinfacht sich die Gleichung, da dort der Binnendruck verschwindet. Beim idealen Gas gilt für die Molwärmen c P − cV = R PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -8- da ∂V ∂T P = nR P . Die experimentell bestimmbaren Wärmekapazitäten sind auf diese Weise mit einer universellen Naturkonstante verknüpft! 3.4.4 Der Joule-Thomson-Versuch In einem anderen „Entspannungsversuch“ lässt man ein Gas von einem hohen Druck P1 durch eine Drossel (z.B. ein kleines Loch oder ein poröses Material) in einen Bereich kleineren Drucks P2 expandieren. Die Drücke sollen dabei konstant sein. Der Behälter ist wärmeisoliert. Es handelt sich um einen irreversiblen Prozeß. P1, V1 P2, V2 Wie sieht bei dem Prozeß die Energiebilanz aus? Beim Eintritt des Gases in die Drossel wird von der nachdrängenden Strömung an ihm die Arbeit P1V1 verrichtet. Bei Austritt aus der Drossel leistet das Gas gegen den Druck P2 die Volumenarbeit P2V2. Beim Transport von 1 mol wird die Arbeit V2 0 ∫ W = − P1dV − V1 ∫ P2 dV = P1V1 − P2V2 0 in innere Energie umgewandelt W = U 2 − U 1 (kein Wärmefluss). Daraus folgt U 1 + P1V1 − (U 2 + P2V2 ) = H 1 − H 2 = 0 Die Enthalpie ändert sich also nicht. • Gay-Lussac: Innere Energie konstant • Joule-Thomson: Enthalpie konstant Zwischenfrage: Was sind die prinzipiellen Unterschiede zwischen dem JouleThomson- und dem Gay-Lussac-Versuch? Beim Joule-Thomson-Versuch sind die Drücke konstant. Quantitativ erfaßt man das Verhalten eines Gases bei Entspannung durch den JouleThomson-Koeffizienten: μ≡ ∂T ∂p H Ist μ>0 dann kühlt ein Gas bei Entspannung ab, bei μ<0 erhöht sich seine Temperatur bei Entspannung. Für ein ideales Gas ist μ=0. Beispiel: μ beträgt 1,11 K/atm für CO2, -0,06 K/atm für He und 0,25 K/atm für N2 bei 298 K. μ hängt von der Temperatur und vom Druck ab. Beispiel: Für N2 gilt μ>0 bei niedrigen Drücken. Oberhalb von etwa 400 atm kehrt sich das Vorzeichen um und es gilt μ<0. Eine Anwendung des Joule-Thomson-Effekts sind Linde-Kühlschränke, die zur Gasverflüssigung eingesetzt werden. PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -9- Komprimiertes Gas bei Normaltemperatur Kühles Gas bei niedrigem Druck Q Kompressor Düse zur Entspannung des Gases Flüssigkeit Das Gas wird in einem Kompressor verdichtet. Die dabei entstehende Wärme wird durch eine Kühlung nach außen abgegeben. Das komprimierte Gas lässt man anschließend durch einen Düse in einem wärmeisolierten Behälter entspannen. Dabei kühlt es sich ab. Das abgekühlte Gas wird in einem Gegenstromverfahren genutzt, um das ankommende komprimierte Gas vorzukühlen. Durch die Temperaturerniedrigung kondensiert ein Teil des Gases. Die Flüssigkeit kann durch einen Hahn aus dem Behälter entnommen werden. Das Verfahren funktioniert natürlich nur für Gase mit positivem μ. 3.5 Adiabatische und isotherme Expansion Adiabatische und isotherme Prozesse sind wichtig, da praktisch alle in der Realität ablaufenden Vorgänge zwischen diesen beiden idealisierten Bedingungen ablaufen. Mit isothermen Prozessen hat man es zu tun, wenn entstehende Wärme sehr schnell im Vergleich mit der Dauer des Prozesses abgeführt wird. Kann entstehende Wärme nur langsam abfließen, d.h. ist der Prozess beendet bevor der Wärmeaustausch mit der Umgebung stattfindet, hat man es praktisch mit adiabatischen Vorgängen zu tun. Ziel ist es, Beziehungen zwischen den verschiedenen Zustandsgrößen U, V, T und P für verschiedene Prozesse aufzustellen. Insbesondere interessieren die bei den Prozessen verrichtete Arbeit, die damit verbundene Änderung der inneren Energie sowie die Temperaturänderung. Damit es einfacher ist, soll nur das ideale Gas bei konstanter Molzahl besprochen werden. 3.5.1 Isotherme Expansion ΔT=0 Klar, ist ja isotherm. ΔU=0, da die innere Energie des idealen Gases nur von der Temperatur abhängt. Die verrichtete Arbeit hängt von der Art des Prozesses ab. Drei Fälle: • Expansion gegen Pext=0. Dabei wird keine Arbeit verrichtet. • Expansion gegen konstanten externen Druck Pext. Dabei muss Pext kleiner sein als der interne Druck P. Sonst läuft der Prozess nicht ab. Die verrichtete Arbeit beträgt V2 ∫ W = − Pext ⋅ dV = − Pext ⋅ ΔV V1 • Reversible Expansion, d.h. zu jedem Zeitpunkt sind interner und externer Druck gleich (wurde oben schon berechnet): ⎛V W = − nRT ⋅ ln⎜⎜ 2 ⎝ V1 ⎞ ⎟⎟ ⎠ PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -10- Die verrichtete Arbeit ist gleich der ausgetauschten Wärme. Dies folgt direkt aus dem ersten Hauptsatz und ΔU=0. Bemerkung: Die bei einem irreversiblen Vorgang verrichtete Arbeit ist immer kleiner als die bei einem reversiblen Prozess verrichtete Arbeit. Grund: Beim irreversiblen Prozeß ist der externe Druck kleiner als der interne Druck; sonst würde das System nicht expandieren. D.h. P ⋅ dV rev > Pext ⋅ dV irrev 3.5.2 Adiabatische Expansion Q=0 Per Definition fließt keine Wärme. Die Änderung der Zustandsgrößen hängt wieder von der Art des Prozesses ab: • Expansion gegen Pext=0. Dabei wird keine Arbeit verrichtet. Da auch keine Wärme fließt, ändern sich gemäß des ersten Hauptsatzes auch die innere Energie und die Temperatur nicht. • Expansion gegen konstanten externen Druck Pext, wobei Pext kleiner sein muss als der interne Druck P. Die verrichtete Arbeit beträgt wieder V2 ∫ W = − Pext ⋅ dV = − Pext ⋅ ΔV V1 Dies entspricht der Änderung der inneren Energie, da keine Wärme fließt. D.h. ΔU = − Pext ⋅ ΔV . Um die Temperaturänderung zu berechnen, geht man von 2 ∫ ΔU = CV ⋅ dT 1 aus. In den meisten Fällen ist CV relativ unabhängig von der Temperatur. Dies gilt für monoatomare Edelgase, oft aber auch für andere Gase. Dann vereinfacht sich die Gleichung zu ΔU = CV ⋅ ΔT . Gleichsetzen ergibt ΔT = − Pext ΔV CV Bei Expansion erniedrigt sich die Temperatur, bei Kompression erhöht sie sich. Zwischenfrage: CV ΔT ist doch so etwas wie die Wärme die fließt. Wir haben es hier jedoch mit einem adiabatischen Prozeß zu tun und Q=0. Was also ist CV ΔT ? Es stimmt: Um das System um ΔT zu erwärmen, müsste ich die Wärme CV ΔT zuführen. Alternativ kann die Temperaturerhöhung aber auch durch eine Kompression erreicht werden. • Reversible Expansion. Zu jedem Zeitpunkt sind interner und externer Druck gleich. Die verrichtete Arbeit ist gleich der Änderung der inneren Energie und die ist wieder gegeben durch ΔU = CV ⋅ ΔT = W . Um die Temperaturänderung zu berechnen, geht man aus von CV ⋅ dT = − P ⋅ dV = − dV dT nRT = −nR ⋅ dV ⇒ CV ⋅ V T V Setzt man wieder voraus, dass CV näherungsweise konstant ist, kann man zwischen End- und Anfangszustand integrieren: PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -11T2 V2 T1 V1 dT = − nR ⋅ CV ⋅ T ∫ Mit der Konstanten c ≡ ⎛T c ln⎜ 2c ⎜T ⎝ 1 dV ∫V ⎛T ⎞ ⎛V ⎞ ⇒ CV ⋅ ln⎜⎜ 2 ⎟⎟ = −nR ⋅ ln⎜⎜ 2 ⎟⎟ ⎝ T1 ⎠ ⎝ V1 ⎠ CV erhält man nR ⎞ ⎛ ⎞ ⎟ = ln⎜ V1 ⎟ ⇒ V2T2c = V1T1c ⎜V ⎟ ⎟ ⎝ 2⎠ ⎠ Damit lässt sich die Temperaturänderung eines idealen Gases vorhersagen, welches adiabatisch von V1 auf V2 expandiert wird: 1c ⎛V ⎞ T2 = ⎜⎜ 1 ⎟⎟ ⎝ V2 ⎠ ⋅ T1 Für reversible Prozesse kann man noch eine wichtige Beziehung ableiten. Für ideale Gase gilt allgemein P1V1 T = 1 P2V2 T2 T ⎛V ⎞ Auf der Adiabaten gilt außerdem 1 = ⎜⎜ 2 ⎟⎟ T2 ⎝ V1 ⎠ 1c P1V1 ⎛ V2 ⎞ =⎜ ⎟ P2V2 ⎜⎝ V1 ⎟⎠ 1+ ⇒ P1V1 Jetzt setzt man γ = 1 + 1 c 1+ = P2V2 1c . Gleichsetzen 1 c nR CV + nR 1 = 1+ = c CV CV Für ein ideales Gas gilt C P = CV + nR . Einsetzen γ ≡ CP CV Diese Gleichung definiert den Koeffizienten γ. Eine Adiabate im P-V-Diagramm ist also durch P ⋅ V γ = konstant beschrieben. Zur Erinnerung: Für eine Isothereme gilt P ⋅V = konstant. Im P-V-Diagramm verlaufen Adiabaten steiler als Isothermen da CP im Allgemeinen größer ist als CV. P Adiabate Isotherme V PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009 -12- 3.6 Fragen Wie lautet der 1. Hauptsatz? Welche Formen der Arbeit gibt es? Welche Arbeit wird bei isothermer und adiabatischer Expansion verrichtet? Wie ist die Enthalpie definiert? Wozu wird sie eingeführt? Welche Wärmekapazitäten kennen Sie? Was ist der Unterschied zwischen CP und CV. Wie sind die beiden definiert? Wie groß ist ihr Unterschied bei einem idealen Gas? Beschreiben Sie den Versuch von Gay-Lussac. Wie ändert sich die Temperatur eines idealen Gases dabei? Beschreiben Sie den Joule-Thompson-Versuch. Wie funktioniert ein Linde-Kühlschrank? PCIII-03.DOC MASKOS/BUTT 23.04.2009