Kategorischer Imperativ..............................................................................................................2 Inhaltsverzeichnis...........................................................................................................2 Selbstverständnis des kategorischen Imperativs..............................................................2 Der menschliche Wille als Adressat des Kategorischen Imperativs ..............................3 Kants Pflichtbegriff ................................................................................................................3 Die verschiedenen Formeln des kategorischen Imperativs .............................................4 Hypothetischer Imperativ .....................................................................................................5 Vernunftwesen ........................................................................................................................5 Parallelen und Ableitungen ..................................................................................................6 Kritik ........................................................................................................................................6 Zu Kant äußert sich Adorno in "Dialektik der Aufklärung" wie folgt:.......................6 Horkheimer kommentiert in "Materialismus und Moral": ..........................................7 Weblinks...................................................................................................................................7 Sophies Ausflug in die Philosophie......................................................................................7 Kant, Sophie und der kategorische Imperativ ...............................................................7 Folge 1 - Ethik und Pflicht ................................................................................................8 Folge 2 - Legalität und Moralität.....................................................................................9 Folge 3 - Hypothetisch oder kategorisch? .....................................................................10 Folge 4 - Maximen auf dem Prüfstand ..........................................................................11 Folge 5 - Freiheit und Sittlichkeit..................................................................................12 Der kategorische Imperativ - Glossar............................................................................13 Folge 1 - Ethik und Pflicht ..........................................................................................13 Folge 2 - Legalität und Moralität ...............................................................................14 Folge 3 - Hypothetisch oder kategorisch? .................................................................14 Folge 4 - Maximen auf dem Prüfstand ......................................................................14 Folge 5 - Freiheit und Sittlichkeit..............................................................................14 Die Kritik der reinen Vernunft.......................................................................................15 Folge 1 - Metaphysik ....................................................................................................15 Folge 2 - Kopernikanische Wende ..............................................................................16 Folge 3 - Verstand und Sinne......................................................................................17 Folge 4 - Grenzüberschreitung ...................................................................................18 Folge 5 - Zielpunkt Vernunft.......................................................................................19 Kritik der reinen Vernunft - Glossar.............................................................................20 Folge 1 - Metaphysik ....................................................................................................20 Folge 2 - Kopernikanische Wende ..............................................................................20 Folge 3 - Verstand und Sinne......................................................................................20 Folge 4 - Grenzüberschreitung ...................................................................................20 Folge 5 - Zielpunkt Vernunft.......................................................................................21 Freier Geist mit festem Wohnsitz ..................................................................................21 "Kritische Periode" in Königsberg.....................................................................................22 Projekt Gutenberg ................................................................................................................22 Zum 200. Todestag des Philosophen..................................................................................22 Immanuel Kant - Aufklärer und preußischer Pedant ..............................................................22 Der "Kategorische Imperativ" ...............................................................................................22 Weltweite Wirkung ...............................................................................................................23 zum Thema ...........................................................................................................................23 Kategorischer Imperativ Seite 1 von 24 Kategorischer Imperativ aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Der kategorische Imperativ ist die ethische Grundnorm in der Philosophie Immanuel Kants. Er gelte für alle vernunftbegabten Wesen (Mensch). Er gebietet, Handlungen zu vollbringen, die nicht Mittel zu einem Zweck, sondern an sich gut sind. Im zweiten Abschnitt der 'Grundlegung zur Metaphysik der Sitten' (fortan: "GMS") erläutert Kant, wie der bloße Begriff eines kategorischen Imperativs auch die Formel desselben an die Hand gebe (vgl. GMS, Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 420, 18-20): da der Imperativ außer dem Gesetze nur die Notwendigkeit der Maxime enthält, diesem Gesetze gemäß zu sein, das Gesetz aber keine Bedingung enthält, auf die es eingeschränkt war, so bleibt nichts als die Allgemeinheit eines Gesetzes überhaupt übrig, welchem die Maxime der Handlung gemäß sein soll, und welche Gemäßheit allein der Imperativ eigentlich als notwendig vorstellt (vgl. GMS, AkademieAusgabe Kant Werke IV, S.420, 27 - 421, 5) Somit ergibt die Bedingung der Allgemeingültigkeit auch schon den Inhalt des kategorischen Imperativs, da dieser von keiner weiteren Bedingung abhängig ist. Dies wird unter anderem in der folgenden Formel des kategorischen Imperativs deutlich: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. Kant entwickelt im zweiten Abschnitt der GMS noch weitere Formeln des kategorischen Imperativs. Bei einigen von diesen ist es zumindest fraglich, ob die Bedingung der Allgemeingültigkeit allein ausreicht, um deren Inhalt zu bestimmen. Inhaltsverzeichnis * 1 Selbstverständnis des kategorischen Imperativs * 2 Der menschliche Wille als Adressat des Kategorischen Imperativs * 3 Kants Pflichtbegriff * 4 Die verschiedenen Formeln des kategorischen Imperativs * 5 Hypothetischer Imperativ * 6 Vernunftwesen * 7 Parallelen und Ableitungen * 8 Kritik * 9 Weblinks Selbstverständnis des kategorischen Imperativs Der kategorische Imperativ ist nach Kants Verständnis keine von ihm aufgestellte Moral, sondern laut seiner Analyse die Funktionsweise jeder praktischen Vernunft – das heißt auf Praxis, also auf Handlungen, nicht auf reine Überlegungen abzielende Vernunft. Kant untersucht die praktische Vernunft, insofern sie ein a priori enthält, also ein jeder realen Moral vorhergehendes Grundprinzip, das Moral überhaupt erst möglich macht, und das im Menschen selbst natürlicherweise vorhanden ist. Dieses a priori bestimmt den kategorischen Imperativ, das heißt, er gilt absolut und überall. Jeder Mensch auf der Welt kann ihn immer anwenden. Er Kategorischer Imperativ Seite 2 von 24 wird auch als „das gute Gewissen“ umschrieben und sei eine notwendige, aber keine hinreichende Grundlage für gutes Handeln. Er bedürfe im Zweifelsfall der Ergänzung durch andere ethische Prinzipien. Im Gegensatz zum Regel-Utilitarismus, bei dem eine Handlungsregel bewertet wird nach dem, was sie als größte Anzahl von positiven Lust-Werten hervorbringt oder im Gegensatz zum Konsequentialismus, der danach bewertet, welche Folgen eine Handlung hat, ist der Kategorische Imperativ deontologisch. D. h. es wird eben nicht bewertet, was die Handlung bewirkt, sondern wie die Absicht beschaffen ist. Wenn der Wille gut ist, dann ist auch die Handlung moralisch gerechtfertigt. Der Wille zum Guten allein ist das, was moralisch gut ist. Der menschliche Wille als Adressat des Kategorischen Imperativs Gesetzt den Fall, der Mensch als vernünftiges Wesen ist, wie Kant behauptet, immer schon als unter einem allgemeinen Gesetz stehend aufzufassen, warum handelt er dann oft nicht den Vorgaben des Gesetzes gemäß, vielmehr pflicht- und vernunftwidrig? Die Antwort hierauf ergibt sich aus der spezifischen Konstitution des menschlichen Willens. Dieser wird von Kant als "das Vermögen, nach der Vorstellung der Gesetze, d.i. nach Prinzipien zu handeln" (412) definiert. Hätte die Vernunft das Vermögen, den Willen vollständig zu bestimmen, d.h. wäre sie alleiniger Ursprung der Prinzipien, nach welchen sich der Wille bestimmt, wie es für reine Vernunftwesen gilt, so wäre das von der Vernunft objektiv (für alle vernünftigen Wesen notwendige) für moralisch gut Erkannte auch das, was dasjenige Vernunftwesen subjektiv für sich als moralisch gut erkennen und demzufolge wollen würde. Der Mensch jedoch schöpft die Bestimmungsprinzipien seines Willens nicht allein aus Vernunft, er ist kein rein vernünftiges Wesen, sondern ein teilvernünftiges, ein mit einem sinnlich-affizierten Willen ausgestattetes partielles Vernunftwesen. Das, was außer der Vernunft noch seinen Willen bestimmt, sind nach Kant die Neigungen, Komponenten unserer sinnlichen Veranlagung, die auf dem "Gefühl der Lust und Unlust beruhen" (427). Aufgrund dieser Diskrepanz zwischen subjektivem Wollen und objektivem Vernunftgesetz wird der Mensch zum Adressaten einer "Nötigung", durch welche die Anerkennung und Beachtung der absoluten Verbindlichkeit objektiver Vernunftprinzipien und deren Priorität vor allen neigungsabhängigen Bestimmungen vom Subjekt eingefordert wird. Das, worin die Nötigung zum Ausdruck kommt, quasi ihr "Transportmittel", ist der Imperativ. Imperative drücken immer ein "Sollen" aus und bringen appellativ zum Ausdruck, "dass etwas zu tun oder zu unterlassen gut sein würde" (413). (Alle Zitate aus: GMS, hrsg. v. Kraft/Schönecker (Meiner)) Kants Pflichtbegriff Kant definiert den Begriff der Pflicht folgendermaßen: Pflicht ist die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz (vgl. GMS Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 400, 18f.). Die Vernunft ermöglicht uns, das Sittengesetz zu erkennen. Eine Handlung aus Pflicht ist also eine Handlung aus Achtung für das Gesetz. Pflicht soll das Motiv für das Handeln sein, nicht Freude, Abwendung von Übel oder Kategorischer Imperativ Seite 3 von 24 Ähnliches. Wem das Gewissen gebietet, auf eine bestimmte Weise zu handeln, hat auch die Pflicht, so zu handeln. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass der Mensch nicht nur pflichtgemäß (nach Pflicht), sondern durch die Achtung vor dem Gesetz motiviert (aus Pflicht) handeln soll. Die verschiedenen Formeln des kategorischen Imperativs Je nachdem ob man die sog. Universalisierungs-Formel als identisch mit der Allgemeinen-Formel oder mit der Autonomie-Formel betrachtet erscheint der kategorische Imperativ (KI) bei Kant in fünf bzw. sechs (für Kant gleichwertigen) Formeln in zwei Werken, nämlich der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten und der Kritik der praktischen Vernunft (fortan: "KdpV"). Die Formeln werden von Kant ständig umformuliert, erklärt und miteinander verknüpft, was eine Abgrenzung schwierig macht. Die hier angegebenen Formulierungen sind also nicht die einzig existenten. 1) Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. (Universalisierungs-Formel) vgl. GMS AkademieAusgabe Kant Werke IV, S. 421, 6. (auch Handle stets so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne. (Als § 7 Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft in der KdpV S. 36)) 2) Handle nach der Maxime, die sich selbst zugleich zum allgemeinen Gesetze machen kann. (Allgemeine Formel) vgl. GMS, Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 436, 30 - 437, 1 3) [Handle so], dass dein Wille durch seine Maxime sich selbst zugleich als allgemein gesetzgebend betrachten könne. (Autonomie-Formel) vgl. GMS, Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 434, 12-14 (Kant erklärt dies unter anderem so: Autonomie, d.i. die Tauglichkeit der Maxime eines jeden guten Willens, sich selbst zum allgemeinen Gesetze zu machen, ist selbst das alleinige Gesetz, das sich der Wille eines jeden vernünftigen Wesens selbst auferlegt; vgl. GMS, Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 444, 30-33) 4) Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst. (Zweck-an-sich-Formel) vgl. GMS, Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 429, 10-12 5) Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetze werden sollte. (Naturgesetz-Formel) vgl. GMS, Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 421, 18-20 6) Demnach muss ein jedes vernünftige Wesen so handeln, als ob es durch seine Maximen jederzeit ein gesetzgebendes Glied im allgemeinen Reich der Zwecke Kategorischer Imperativ Seite 4 von 24 wäre. (Reich-der-Zwecke-Formel) vgl. GMS, Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 438, 18-21 Hypothetischer Imperativ Kant ist der Meinung, dass nur der gute Wille das einzig Gute ist. Begabung, Charakter oder günstige Umstände können auch zu schlechten Zwecken verwendet werden, aber der gute Wille ist an sich positiv zu bewerten und daher das höchste Gut. Sein Ausgangspunkt ist, dass eine Handlung durch praktische Vernunft bedingt sei. Weiter seien die Faktoren, welche das Handeln bedingen, keine Naturgesetze, sondern praktische Grundsätze: * Maximen (subjektive Grundsätze): selbstgesetzte Handlungsregeln, die ein Wollen ausdrücken * Imperative (objektive Grundsätze): durch praktische Vernunft bestimmt; Ratschläge, moralisch relevante Grundsätze. (Zitat: "..., das Gesetz aber ist das objektive Prinzip, gültig für jedes vernünftiges Wesen, und der Grundsatz, nach dem es handeln soll, d.i. ein Imperativ.") Bei Kant gibt es noch weitere Imperative, die aber nicht kategorisch sind, die so genannten hypothetischen Imperative. Diese funktionieren nach dem Prinzip: „wer den Zweck will, der will auch das zugehörige Mittel, diesen Zweck zu erreichen“. Hypothetische Imperative können allerdings seiner Meinung nach nicht als Grundlage einer moralischen Handlung dienen. Der hypothetische Imperativ verfolgt einen bestimmten individuellen Zweck und stellt eine Mittel-ZweckRelation her. Ein hypothetischer Imperativ ist demnach lediglich eine Vorschrift, in der ein Ziel und die dazu notwendigen Mittel bestimmt werden. ("Lerne, damit du später einen Arbeitsplatz bekommst.") Der kategorische Imperativ unterwirft das Handeln formal einem allgemein gültigen Gesetz ohne Rücksicht auf einen bestimmten Zweck. ("Du sollst lernen.") Vernunftwesen Der Inhalt des kategorischen Imperativs als Grundprinzip der Moral lässt sich laut Kant allein aus der Vernunft herleiten. Der Mensch ist zwar vernunftbegabt, aber nicht allein durch Vernunft motiviert. Diese Möglichkeit der Zuwiderhandlung gegen die Vernunft macht das objektive moralische Prinzip zu einem kategorischen Imperativ, also zu einem allgemein gültigen Prinzip der Sittlichkeit. Die Vernunft ist nicht gebunden an körperliche oder geistige Unterschiede, die zwischen den Menschen oder zu irgendwelchen anderen vernunftbegabten Wesen bestehen. Obschon Kant nicht behauptet, dass es außer dem Menschen noch andere vernunftbegabte Wesen gäbe, ließen sich doch rein vernunftgeleitete Wesen vorstellen. Da der Inhalt des kategorischen Imperativs (das objektive moralische Prinzip) sich aus der Vernunft ergibt, würden rein vernunftgeleitete Wesen sozusagen automatisch danach handeln, weshalb für solche Wesen dessen Prinzip keine Vorschrift, also kein Imperativ sein könnte. Kategorischer Imperativ Seite 5 von 24 Alle Imperative werden durch ein Sollen ausgedrückt und zeigen dadurch das Verhältnis eines objektiven Gesetzes der Vernunft zu einem Willen an, der seiner subjektiven Beschaffenheit nach dadurch nicht notwendig bestimmt wird (eine Nöthigung) vgl. GMS, Akademie-Ausgabe Kant Werke IV, S. 413, 12 Durch seine Vernunft ist der Mensch autonom (selbstgesetzgebend), wobei er sich aus Vernunft der "Nötigung"(s.o.) des kategorischen Imperativs unterwirft. Durch diese Autonomie besitzt der Mensch Würde und ist Zweck-an-sich. Der kategorische Imperativ verlangt, ihn immer auch als solchen zu behandeln (Zweck-an-sichFormel, s.o.). Parallelen und Ableitungen Der kategorische Imperativ wird häufig als „Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem anderen zu!“ erklärt. Diese so genannte Goldene Regel ist nicht mit der philosophischen Konstruktion des kategorischen Imperativs Kants verwandt – es ist ja eine moralische Regel, die jemand aufstellt – nicht wie bei Kant das Ergebnis einer Analyse der bereits vorhandenen menschlichen Moral. Die goldene Regel ist ein hypothetischer Imperativ. Kritik Der kategorische Imperativ ist zwar ein rein logischer Grundsatz, das Problem ist jedoch die Subjektivität der Maxime. Kant versucht diese zu objektivieren, indem er (sinngemäß) sagt, der Wille des eigenen Subjekts würde dadurch zum objektiven praktischen Gesetz, wenn der eigene Wille für den Willen jedes vernünftigen Wesens als gültig erkannt wird. Das ist für die Handlung richtig. Aber das Erkennen bleibt subjektiv. Und nun kann man aus reiner Vernunft sagen, dass man nicht aufgrund der subjektiven Sicht, was mein "vernünftiger Wille" sein soll, von einem anderen mit "seinem" Gesetz behandelt werden will. Indem man das kund gibt, dürfte niemand mehr, der diesen Einwand kennt, nach dem kategorischen Imperativ handeln, ohne die Betroffenen vorher nach Zustimmung gefragt zu haben. Andernfalls würde er sich mit seiner Handlung performativ selbst widerlegen. Zu Kant äußert sich Adorno in "Dialektik der Aufklärung" wie folgt: "Sein Unterfangen, die Pflicht der gegenseitigen Achtung, wenn auch noch vorsichtiger als die ganze westliche Philosophie, aus einem Gesetz der Vernunft abzuleiten, findet keine Stütze in der Kritik. Es ist der übliche Versuch des bürgerlichen Denkens, die Rücksicht, ohne welche Zivilisation nicht existieren kann, anders zu begründen als durch materielles Interesse und Gewalt, sublim und paradox wie keiner vorher und ephemer wie sie alle. Der Bürger, der aus dem kantischen Motive der Achtung vor der bloßen Form des Gesetzes allein einen Gewinn sich entgehen ließe, wäre nicht aufgeklärt, sondern abergläubisch - ein Narr." Kategorischer Imperativ Seite 6 von 24 Horkheimer kommentiert in "Materialismus und Moral": "(...) Damit, dass jeder nach seinem Gewissen handelt, hört weder das Chaos noch das Elend auf, welches daraus hervorgeht. Die formale Anweisung, mit sich selbst im Reinen zu bleiben, einen widerspruchslosen Willen zu haben, bildet keine Richtschnur, welche den Grund der moralischen Unruhe beheben könnte. Gibt es auch nur eine Schandtat, die nicht schon einmal mit gutem Gewissen begangen worden wäre? Nicht dass die Einzelnen ihr Handeln mit dem Naturgesetz der Allgemeinheit für vereinbar halten, sondern inwieweit es auch in Wirklichkeit damit vereinbar ist, gibt den Ausschlag für das Glück der Menschheit. Die Ansicht, dass der gute Wille - ein wie wichtiger Impuls er immer sein mag - das einzige Gute sei, die Bewertung der Handlung nur nach dem, was sie meint, und nicht nach dem, was sie im jeweiligen historischen Augenblick real bedeutet, ist idealistischer Wahn." Weblinks * Sendereihe über Kant und den Kategorischen Imperativ bei br-alpha (mit RealVideos) Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorischer_Imperativ“ http://www.br-online.de/wissen-bildung/thema/kant/index.xml Sophies Ausflug in die Philosophie "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen." Mit diesem berühmten Appell krönte Immanuel Kant seine Definition der Aufklärung. BR-alpha nähert sich dem schwierigen Werk des Meisterphilosophen auf einem außergewöhnlichen Weg: Anstatt über Kant zu reden, redet die Philosophiestudentin Sophie in unseren Spielserien lieber mit dem schrulligen Professor aus Königsberg persönlich. In der ersten Staffel stand Kants "Kritik der reinen Vernunft" im Mittelpunkt. Seit dem 3. Januar geht es um den kategorischen Imperativ: "Kant, Sophie und der kategorische Imperativ" ist wieder eine humorvolle Serie, die sich höchst unterhaltsam mit so komplexen Themen wie Ethik, Prinizipien, Vernunft, Moral, Liebe und vor allem: der Philosophie Immanuel Kants auseinander setzt. Im Internet können Sie alle Folgen nach der Ausstrahlung im Fernsehen noch einmal anschauen. Sie finden die Videos jeweils auf den Unterseiten zum Thema. Kant, Sophie und der kategorische Imperativ Kategorischer Imperativ Seite 7 von 24 "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne." Kant und Sophie © BR Kant erklärt Sophie seinen kategorischen Imperativ. Immanuel Kants kategorischer Imperativ, 1788 entstanden, hat Gültigkeit bis heute. Nur: Was sagt dieser kategorische Imperativ aus? Was bedeutet er konkret für unser heutiges Leben? Fragen, mit denen sich auch die junge Philosophiestudentin Sophie auseinander setzen muss. Erstens arbeitet sie an einem Vortrag über Kant und zweitens ist sie verliebt - in einen verheirateten Mann. Darf sie diese Liebe leben oder sollte sie dem "obersten Prinzip der Moralität" der Kantschen Philosophie folgen? Doch dann trifft sie jemanden, der ihr vielleicht weiterhelfen kann: Professor Immanuel Kant höchstpersönlich … Folge 1 - Ethik und Pflicht Lukas will Sophie für einen Vortrag gewinnen. Sophie muss ein Referat für ihr Seminar über den kategorischen Imperativ vorbereiten. Als síe sich in der Bibliothek gerade in ihre Lektüre vertiefen will, tritt Kant persönlich zwischen den Bücherregalen hervor - und stellt sich bereitwillig ihren Fragen zur Moralphilosophie und Ethik, dem Herzstück seiner Philosophie. Im Seminar wird Sophies Referat dann durch das Eintreten des gut aussehenden Lukas gestört: Er sucht eine Referentin, die in seiner Firma einen Vortrag über Moralfragen halten kann. Im Park trifft Sophie Kant wieder. Er erzählt ihr, wie ein Spaziergang in Königsberg seine Gedanken auf die Fragen von Moral und Ethik lenkte: Kant und die Moral der Schwalben Kant: Sie wollen wissen, wie ich auf den kategorischen Imperativ gekommen bin? Sophie: Ja! Kant: Vielleicht hilft es Ihnen, werte Sophie, wenn ich Ihnen einmal von einem Spaziergang erzähle, den ich eines Tages unternommen habe, um mich von meiner täglichen Arbeit zu erholen. Sophie: Ihr täglicher Nachmittagsspaziergang? Kant: Ja ... Sophie: Der, nach dem die Königsberger ihre Uhr stellen konnten? Kant: Ja, wahrscheinlich ... Es war in einem kühlen Sommer, in dem es wenig Insekten gab. Ich erging mich nach dem Mittagsmahle in der schönen Natur und fröstelte ein wenig. Auf einmal blieb ich erschrocken stehen. Da lagen einige junge Schwalben zerschmettert am Boden. Erstaunt untersuchte ich die Sache und fand heraus, dass die Schwalben selbst ihre Jungen aus den Nestern geworfen hatten! Voll Verwunderung über diesen verstandesähnlichen Naturtrieb, der die Schwalben lehrte, beim Mangel von Nahrung einige aufzuopfern, um alle übrigen erhalten zu können, stand mein Verstand still. Mein Angesicht glühte vor hoher Andacht, ich musste meine Hände falten, und es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre auf meine Knie gesunken. Kategorischer Imperativ Seite 8 von 24 Kant sieht Sophie eindringlich an. Auf ihrem Gesicht macht sich allmähliche Verständnis breit, sie nickt, lächelt verstehend. Kant: Da wollte ich ein Gesetz finden, das den Menschen ebenso untrüglich und sicher leitet, wie der Instinkt das Tier. Sophie: Das klingt aber schon ein bisschen kompliziert, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten. Wir sind doch keine Tiere, die ihre Kinder töten, nur weil wir zu viele auf der Welt sind. Kant: Sie haben vollkommen recht, verehrte Sophie. Ich musste auch ziemlich lange daran arbeiten ... Folge 2 - Legalität und Moralität Lukas und Sophie kommen sich in einer Bar näher. Bei einem Besuch in seinem Büro erklärt Lukas Sophie, wie er sich ihren Vortrag vorstellt: Auf einer Veranstaltung für Kunden und Mitarbeiter soll sie über "Ethik im Unternehmen" sprechen. Die beiden verabreden sich auf einen Drink, um Details zu klären. In der Bar knistert es gehörig zwischen ihnen. Doch dann muss Lukas Sophie gestehen, dass er verheiratet ist - sich aber trennen möchte. Sophie legt ihm nahe, die Maximen seines Handelns auf den Prüfstand zu stellen. Inzwischen hat Sophie auch Kant wieder getroffen. Der erklärt ihr, warum das Streben nach Glück nicht dazu taugt, eine Ethik zu begründen. Entscheidend ist für ihn vielmehr allein der gute Wille. Über den Begriff der "Pflicht" kommt Kant schließlich auf den grundlegenden Unterschied von Legalität und Moralität zu sprechen: Kant erklärt Sophie den sittlichen Wert von Handlungen Sophie: Ich habe in einem Kommentar gelesen, Sie unterscheiden zwischen Legalität und Moralität. Kant: Richtig. Der Legalität entspricht das Pflichtmäßige und der Moralität die Handlung "aus Pflicht".- Schauen Sie, da sitzt ein Bettler. Warten wir mal, was geschieht. Ein Liebespärchen nähert sich. Der Mann greift lässig in die Tasche und wirft dem am Boden sitzenden Bettler selbstzufrieden eine Münze in den Hut. Kant: Schauen Sie, Sophie. Mit Sicherheit können wir nichts über die Motive des Mannes sagen. Was aber glauben Sie, warum er seine Mildtätigkeit ausübte? Sophie: Mildtätig war es wahrscheinlich nicht. Vielleicht, um seiner Freundin zu imponieren? Kant: Ich meine auch, dass hier Eitelkeit und Eigennutz am Werke waren. Ich behaupte, dass dergleichen Handlung, so pflichtmäßig, so liebenswürdig sie auch für den Bettler ist, dennoch keinen wahren sittlichen Wert hat. Sophie: Aber wann hat ein Almosen einen sittlichen Wert? Da, sehen Sie, da kommt eine alte Frau vorbei ... Sie will ihm auch etwas geben! Was ist Ihre Meinung? Hat sie das jetzt - aus Pflicht getan? Eine alte Frau nähert sich. Sie schmeißt etwas in den Hut und geht weiter. Kant: Ob sie das aus Pflicht getan hat? Das kann auch niemand mit Bestimmtheit sagen. Ich denke es einmal, obzwar das letztlich unseren Sinnen nicht zugänglich ist. Kategorischer Imperativ Seite 9 von 24 Sophie: Ich glaube, ich verstehe: wenn ihr ein Priester bei der Beichte ein Almosen als Bußleistung auferlegt hat, dann wäre es wiederum eine pflichtgemäße Handlung und hätte somit keinen moralischen Wert. Kant: Exakt. Sophie: Kann ich auch nicht erkennen, wann meine Handlung einen moralischen Wert hat und wann nicht? Kant: Doch, werte Sophie, das ist eindeutig! Eine Handlung aus Pflicht hat ihren moralischen Wert nicht in einer Absicht oder Wirkung, die es zu erreichen gilt, sondern in der Maxime, nach der sie beschlossen wird. Sophie: Was genau ist eine Maxime? Kant: Eine Maxime ist ein Prinzip des Willens oder Wollens. Lesen Sie nach, Sophie! Folge 3 - Hypothetisch oder kategorisch? Lukas lädt Sophie zu einem Konzert ein: Angeblich hat ein Geschäftspartner abgesagt. Als sie nach dem Konzert durch den Park schlendern, nimmt er sie in die Arme und sie küssen sich. Doch dann macht Sophie einen Rückzieher - eine Affäre mit einem verheirateten Mann ist ihr zu riskant. Als sie an ihrem Vortrag weiterarbeitet, trifft Sophie auch Kant wieder. Der erklärt ihr, warum Maximen immer auf den Prüfstand gehören - und warum Erfahrungen und Neigungen gänzlich ungeeignet sind, ein moralisches Gesetz zu begründen. Bei einem Treffen im Biergarten kann Sophie schließlich an einem praktischen Beispiel den Unterschied zwischen hypothetischen und kategorischen Imperativen festmachen: Philosophie im Biergarten Sophie sitzt mit ihrer Freundin Eva und ihrem Kommilitonen Sebastian im Biergarten. Sophie und Sebastian trinken Bier, Eva Wasser mit einem Diätmittel. Sebastian: Das hast du doch echt nicht nötig! Eva: Die Hose kneift. Also ist es nötig. Sophie: Das ist es! Eva, danke! Schau, Kant schreibt: "Alles in der Natur wirkt nach Gesetzen." Weiter schreibt er: "Nur ein vernünftiges Wesen kann nach Prinzipien handeln ..." Eva, was du da gerade machst mit deiner Diät ..., ich meine, du nimmst die Möglichkeit wahr, als Vernunftwesen deinem Willen ein eigenes Gesetz vorzustellen, d. h. ein Prinzip aufzustellen, in diesem Fall für deinen Speiseplan. Prost! Eva: Wie bitte? Sophie: Befolgst du deinen Diätplan, ist dies das Vorstellen eines eigenen Gesetzes. Sebastian: Sophie hat Recht. Sophie: In der Natur kommt dieses Gesetz nicht vor. Die Natur des Tieres kennt nur den Hungertrieb. Dazu aber ist keine Vernunft nötig, im Gegensatz zu deiner Handlung. Ohne Vernunft - keine Diät! Sebastian: Tiere hungern, Menschen fasten! Eva: Gut. Ich bin also kein Tier. Das ist schön. Und was hat das alles mit deinem kategorischen Imperativ zu tun? Kategorischer Imperativ Seite 10 von 24 Sophie: Noch nichts. Aber es ist ein Imperativ, hör zu: "Wenn nun die Handlung bloß wozu anders, als Mittel, gut sein würde, so ist der Imperativ hypothetisch ..." Sebastian: Ich glaube auch, Kant meint hier genau Eva: Deine Handlung, das Diät-Zeug einzunehmen, ist ein Mittel zu etwas anderem, nämlich dem Abnehmen. Sophie, darf ich mal? Sebastian nimmt Sophies Kant-Lektüre. Sebastian: (liest) "Wird die Handlung als an sich gut vorgestellt, mithin als notwendig in einem an sich der Vernunft gemäßen Willen, als Prinzip desselben, so ist der Imperativ kategorisch." Sophie: Siehst du, Eva: Weil deine Diät nicht an sich gut ist, nicht allgemein gültig, "mithin nicht notwendig", ist sie nicht kategorisch, sondern hypothetisch. Eva: Super. Das hilft! Ich gehorche also einem ... hypothetischen Imperativ? Und jetzt? Sebastian: Hier steht es: "Der hypothetische Imperativ sagt also nur, dass die Handlung zu irgend einer möglichen oder wirklichen Absicht gut sei." Deine Absicht ist eben, abzunehmen. Sophie: Ein Mittel zum Zweck. Sebastian: Darauf trinke ich. Zum Wohl! Folge 4 - Maximen auf dem Prüfstand Sophie muss sich über ihre Gefühle für Lukas im Klaren werden: Soll sie sich nach dem Motto "Du lebst nur einmal" mit einem verheirateten Mann einlassen - oder soll sie aus Angst vor den Konsequenzen einen Rückzieher machen? Als sich Lukas spontan bei ihr meldet, ist Sophie hin- und hergerissen. Erst weicht sie ihm aus, dann liegen sie sich doch wieder in den Armen. Ob Kants Moralvorstellungen Sophie weiterhelfen können? Als sie den Professor wiedersieht, zitiert der jedenfalls seine eigene Formulierung des kategorischen Imperativs: "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne." Ob und wie sich das praktisch anwenden lässt, versucht Sophie bei einem Abendessen mit ihrer Freundin Eva und ihrem Kommilitonen Sebastian herauszufinden: Kant und die Moral der Schwarzfahrer Sophie: Also, Eva. Dürfen wir dich als Testobjekt benutzen? Eva will protestieren, aber Sebastian unterbricht sie. Sebastian: Sophie will anhand von konkreten Beispielen klären, wie so ein kategorischer Imperativ von Kant funktioniert. Eva: Wieso sollte mich das überhaupt interessieren? Sophie: Ich möchte gern wissen, ob Kants Ethik oder Moralgesetz für einen Laien wie dich verständlich gemacht werden kann oder ob Philosophen an der Wirklichkeit vorbeireden. Sebastian: Also, welche Formel des kategorischen Imperativs sollen wir nehmen? Ich für meine Person bevorzuge die Naturgesetz-Formel. Eva: Stopp! Frage 1: Was ist die Naturgesetzformel? Kategorischer Imperativ Seite 11 von 24 Sophie Es gibt mehrere Formulierungen des kategorischen Imperativs, und die, die Sebastian favorisiert, heißt: "Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte." Eva: Stopp. Was heißt das auf Deutsch? Sebastian: Also... Ich denke meine beabsichtigte Handlung versuchsweise als Vorschrift, die nicht nur für mich und für heute gilt, sondern die als angenommenes Gesetz für alle widerspruchsfrei gelten kann. Eva: Wie wäre es mit einem aktuellen Beispiel, z.B mit dem Problem, das ich heute hatte. Ich bin in die U- Bahn gestiegen und hatte keine Lust, zwei Euro für die kurze Fahrt auszugeben. Warum bitte soll ich zahlen, die Bahn muss doch sowieso fahren, ob ich jetzt eine Karte gekauft habe oder nicht? Eva: Das Beispiel ist gut. Also: Zuerst einmal legen wir nicht deine Handlung auf den Prüfstand, denn hinter deinem Schwarz-Fahren steckt ja vermutlich eine Haltung. Formulieren wir das mal als Maxime: Wann immer ich Geld sparen möchte, fahre ich auf Kosten anderer schwarz. Kann ich das wollen? Eva: Ja. Sophie: Richtig. Das kann ich wollen, weil ich Geld sparen will. Jetzt verallgemeinere ich die Maxime. Eva: Du meinst: Kann ich wollen, dass alle schwarz fahren? Sebastian: Da haben wir's schon wieder. Nein! Es muss heißen: Kann ich wollen, dass es ein Gesetz gibt, dass Leute auf Kosten anderer U-Bahn fahren? Gäbe es ein solches Gesetz, käme meine Vernunft zu dem Ergebnis, dass andere auch auf meine Kosten leben können ... Sophie: Nein! Dass andere auf meine Kosten leben sollen. Es ist doch ein Gesetz! Folge 5 - Freiheit und Sittlichkeit Sophie konfrontiert Kant mit ihrer Kritik am kategorischen Imperativ: Der sei zu rigoros, unerbittlich und erbarmungslos - kurz gesagt, "ohne Herz". Kant verteidigt sich: Er habe ein neues Moralprinzip entwickeln wollen, das für alle Menschen zu jeder Zeit und in jeder Situation gültig sein könne, ganz unabhängig von jeglichem Eigennutzdenken. Damit aber bringt er Sophie in ein moralisches Dilemma. Denn wenn sie sich für ihre Gefühle und Lukas entscheidet, handelt sie gegen die Kantsche Ethik. Folgt sie dagegen Kant und ihrem Verstand, muss Lukas erst einmal seine Eheangelegenheiten klären. Als ihr Lukas einen Strauß rote Rosen schickt, verabredet sich Sophie noch einmal mit ihm. Sie versucht ihm klar zu machen, dass es bei ihrer Affäre nicht nur um Gefühle, sondern auch um Prinzipien geht. Lukas gibt Sophie zwei Wochen Bedenkzeit, dann will er sich wieder melden. Beim nächsten Treffen mit Kant erklärt der Sophie schließlich, was ihre Entscheidung mit der menschlichen Freiheit zu tun hat. Wie kann Sophie eine autonome Entscheidung fällen? Sophie: Gott sei Dank, da sind Sie ja! Kant: Nanu, gibt es denn ein Problem? Sophie: Kann man wohl sagen. Kant: Wenn ich helfen kann, bitte. Kategorischer Imperativ Seite 12 von 24 Sophie: Es geht um Ihr Modell von der Bestimmung menschlichen Handelns allein durch die Vernunft. Irgendwie ist das ja auch imponierend. Es ist doch so, dass die Kopernikanische Wende auch für das Sittengesetz gilt? Kant: Sie wissen noch, was die Kopernikanische Wende bedeutet? Sophie: Ja: Der Verstand schreibt unseren sinnlichen Eindrücken die Gesetze vor, in denen wir sie wahrnehmen können. Kant: Richtig. In der praktischen Philosophie gilt dasselbe! Wir machen die Gesetze, denen wir gehorchen, selbst. Das nenne ich Autonomie des Willens! Sophie: Eine Frage: Wenn sich jemand scheiden lassen will, oder eine dritte Person will, dass sich jemand scheiden lässt, wäre das auch eine autonome Entscheidung? Kant: Nein. Autonomie heißt nicht, ich kann machen, was ich will. Sophie: Aber was sonst? Kant: Autonomie heißt, ich gehorche einem selbst aufgestellten Gesetz, und nicht empirischen Faktoren wie Lust und Neigung. Sophie: Und wie ginge das im Falle der Scheidung? Kant: Indem die Form und nicht die Materie des Willens entscheidend ist! Und diese Form kann nur durch die Vernunft gefunden werden ... Sophie: ... und da nur der Mensch Vernunft besitzt, kann er im Gegensatz zum Tier die kausalen Abläufe in der Natur hinter sich lassen. Kant: Exakt. Und diese Unabhängigkeit von Naturgesetzen heißt Freiheit: Die Sittlichkeit hat somit ihren Ursprung in der Freiheit. Sophie: Die Sittlichkeit hat ihren Ursprung in Freiheit. Okay ... Der kategorische Imperativ - Glossar Hier werden die wichtigsten Begriffe zu Kants Philosophie knapp erklärt - in der Reihenfolge, wie sie in der Sendung auftauchen. Folge 1 - Ethik und Pflicht Moralphilosophie: Kants Begriff für Ethik Moralgesetz: Anderer Begriff für Sittengesetz oder praktisches Gesetz; oberster Begriff von Sittlichkeit, der im kategorischen Imperativ seinen Ausdruck findet. Hedonismus: Die ethische Grundhaltung, deren oberstes Prinzip der Lebensgenuss ist. Motto: Gut ist, was mir Lust verschafft. Utilitarismus: Die ethische Grundhaltung, deren oberstes Prinzip der Nützlichkeitsgedanke ist. Motto: Gut ist, was nützlich ist; nützlich nicht nur für mich, sondern für eine größtmögliche Anzahl von Menschen. Eudämonismus: Die ethische Grundhaltung, deren oberstes Prinzip das Glück ist. Motto: Gut ist, was glücklich macht, abgestuft vom oberflächlichen Glücksstreben bis hin zur obersten Stufe, der sittlich wertvollen Handlung. Heteronome Gebotsethik: Die ethische Grundhaltung, deren oberstes Prinzip ein Fremdgebot oder -verbot ist. Motto: "Es steht geschrieben:..." (im Talmut, dem Koran, der Bibel, o.a.) Kategorischer Imperativ Seite 13 von 24 Pflichtethik: Die ethische Grundhaltung, deren oberstes Prinzip aus der Gesinnung, dem guten Willen, entspringt: Wenn die Handlung "aus Pflicht" und nicht nur "pflichtgemäß" geschieht. Folge 2 - Legalität und Moralität Glückseligkeit: Als das natürliche Streben des Menschen darf Glück nicht zur materialen Willensbestimmung dienen, sondern ist Folge der sittlichen Anstrengung. Guter Wille : Er ist das "summum bonum", das höchste Gut als Ausdruck der Gesinnung. Alle anderen Tugenden können zwar gut sein, sind aber nicht ausschließlich gut. Zwei-Welten-Theorie: Die Welt des Phainomenon (sichtbare Welt) und die Welt des Noumenon (die gedachte Welt der Vernunft). Sittlichkeit ist nie in der sichtbaren Welt ablesbar, d.h. auch nicht an meiner Handlung. Pflicht: Sie ist mit Zwang verbunden. Kommt der Zwang von außen und bewegt meinen Willen, ist dieser fremdbestimmt; kommt der Zwang von mir selbst und bewegt meinen Willen, geschieht Freiheit. Pflichtgemäße (pflichtmäßige) Handlung: Sie entspricht der Legalität. Handlung aus Pflicht: Sie entspricht der Moralität. Folge 3 - Hypothetisch oder kategorisch? Maximen: Dieser Schlüsselbegriff in Kants Ethik meint ein Prinzip des Willens bzw. Wollens. Sie sind eine beabsichtigte Handlungsweise mit dem Anspruch, über die singuläre Verwirklichung hinauszugehen. Nur sie gehören auf den Prüfstand des kategorischen Imperativs, nicht die Handlungen. Erfahrung (Empirie) und Neigung: Da sie der Zufälligkeit unterworfen sind, taugen sie nicht, Moral zu begründen. Hypothetischer Imperativ: Er liegt vor, wenn eine Handlung als Mittel zur Erreichung eines Zwecks geboten ist. Kategorischer Imperativ: Er liegt vor, wenn eine Handlung an sich gut ist und wenn sie allgemein und notwendig geboten ist. Folge 4 - Maximen auf dem Prüfstand Materie der Handlung: Sie wird durch den hypothetischen Imperativ geboten, die Nötigung erfolgt durch einen Zweck oder eine Absicht. Form der Handlung: Sie wird nach der Prüfung durch den kategorischen Imperativ geboten, die Nötigung ist allgemein und notwendig und nicht zweckgebunden. Verallgemeinerung: Nicht Handlungen gehören nach Kant verallgemeinert, sondern Maximen. Folge 5 - Freiheit und Sittlichkeit Zweck an sich: Nach dem Moralgesetz soll ein Mensch nicht nur als Mittel zum Zweck behandelt werden, sondern auch als Zweck an sich. Kategorischer Imperativ Seite 14 von 24 Reich der Zwecke: Es ist ein moralisches Ideal: eine Gemeinschaft vernünftiger Wesen, wo keiner den anderen als Mittel zu einem Zweck betrachtet, sondern jeder dem anderen die Würde des Selbstzweckes zubilligt. Kopernikanische Wende: Die Erkenntnis richtet sich nicht nach den sinnlichen Eindrücken, sondern der Verstand schreibt den sinnlichen Eindrücken die Gesetze vor, mit denen wir sie erkennen können. Autonomie des Willens: Damit ist nicht gemeint, wir könnten machen, was wir wollen, denn damit würden wir empirischen Faktoren wie Lust und Neigung folgen. Sondern: Wir machen die Gesetze, denen wir gehorchen, selbst. Freiheit: Sie ist der Gegenbegriff vom Naturgesetz, bzw. die Unabhängigkeit von ihm. Somit hat die Möglichkeit der Sittlichkeit ihren Ursprung in der Freiheit. Die Kritik der reinen Vernunft "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen." Kant erklärt Sophie seine Philosophie Mit diesem berühmten Appell krönte Immanuel Kant seine Definition der Aufklärung. Am 12. Februar 2004 jährte sich zum 200. Mal der Todestag des Meisterdenkers. Seine "Kritik der reinen Vernunft" gilt vielen als Höhepunkt der abendländischen Philosophie - andere halten sie schlicht für unlesbar. Was steht drin, in diesem Text des großen Aufklärers Immanuel Kant? Was war das für ein Mensch, jener Königsberger Philosoph, der Jahrzehnte an diesem Buch geschrieben hat? Warum ist das Buch heute so aktuell wie nie zuvor? Sophie, eine junge Journalistik- Studentin, will Antworten finden auf diese Fragen. Sie fängt an zu recherchieren und trifft auf jemanden, der ihr bestens Auskunft geben kann: Professor Immanuel Kant höchstpersönlich. Denn wer kann besser über den Sinn der langen und schwer verdaulichen Sätze Auskunft geben als der Verfasser selbst? Folge 1 - Metaphysik Kant und Sophie © BR Um sich auf die Prüfung für ein Stipendium der Kantstiftung vorzubereiten, trifft Sophie sich mit ihrem ehemaligen Lehrer. Der gibt ihr den Ratschlag, sich in der Bibliothek in Kants Bücher zu vertiefen. Dort lernt sie Sebastian kennen, einen Philsophiestudenten, der ihr viele hilfreiche Tipps geben kann - und von Sophie sehr angetan ist. In der Bibliothek trifft Sophie auch zum ersten Mal auf Professor Kant. Sie begleitet ihn in die Traumwelt, in der er ihr bei einem Spaziergang im Park die Metaphysik am Beispiel der Natur erklärt: Kant erklärt Sophie die Metaphysik Kant wirft einen Ball hoch. Kategorischer Imperativ Seite 15 von 24 Kant: Was sehen Sie? Sophie: Der Ball fällt von oben nach unten. Kant: Exakt. Die Schwerkraft. Ein physikalisches Gesetz. Hinter den Vorgängen der Natur stecken gewisse Gesetzmäßigkeiten. Gibt es solche Gesetzmäßigkeiten außer in der Natur auch in jedem anderen Sein? Sophie: Das ist also die Frage, um die es in der Metaphysik geht ... Kant: Mir ging es darum herauszufinden, wie die Grenzen meiner Erkenntnis abgesteckt werden. Der Rationalismus zum Exempel sagt: Die Sinneserfahrung kann keineswegs die Grundlage oder Grenze der Erkenntnis sein. Wahr ist nur, was die Vernunft über die Welt aussagt. Sophie: Aber ist nicht auch Erfahrung wichtig? Kant: So argumentiert der Empirismus: Allein die Erfahrung ist Quelle und Grenze allen Erkennens. Kennen Sie John Locke? Sophie: Den Namen habe ich schon mal gehört. Kant: Er sagt: Es ist nichts im Verstand, was nicht zuvor in den Sinnen gewesen wäre. Ihm zufolge wäre eine Metaphysik nicht möglich. Sophie: Wer hat nun recht? Kant: Ich wollte Rationalismus und Empirismus miteinander versöhnen. Zu diesem Zweck habe ich das gesamte menschliche Denken einer Prüfung unterzogen. Folge 2 - Kopernikanische Wende Kant und Sophie © BR Eva, Sophies Mitbewohnerin, macht sich schon lustig über Sophie und ihren Professor. Die lässt sich davon nicht beirren und nutzt die Hilfe von Sebastian, der ihr bereitwillig neue Bücher zeigt und ihre Fragen beantwortet. Sophie begegnet Kant zum zweiten Mal. Diesmal führt er sie in die Sternwarte und erklärt ihr das berühmte "Ding an sich" anhand dessen, was sie im Teleskop sieht. Bei einem Spaziergang erfährt Sophie auch ein wenig über das Leben Kants. Erschrocken wacht sie dann aber aus ihrer Traumwelt auf: Ihr Kater ist verschwunden! Kant erklärt Sophie das "Ding an sich" Kant: Bisher nahm man an, alle unsere Erkenntnis müsse sich nach den Gegenständen richten. Man versuche es daher einmal, ob wir nicht in den Aufgaben der Metaphysik besser fortkommen, wenn wir annehmen, die Gegenstände müssen sich nach unserer Erkenntnis richten. Sophie: Aha! Wenn ich also jetzt die Erde mit dem Menschen gleichsetze und die Sonne mit dem Gegenstand, den ich erkennen will, ja ... dann dreht sich meine Erkenntnis um den Gegenstand. Kant: Nein, nein. Anders herum, werte Sophie! Der Verstand ist das zentrale Maß aller Erkenntnis. Um das drehen sich die erkannten Gegenstände und zwar so, wie wir sie sehen und nicht wie auch immer sie in Wirklichkeit sein mögen. Sophie: Der Verstand ist die Sonne? Kant richtet ein altes Spiegelteleskop aus. Kategorischer Imperativ Seite 16 von 24 Kant: Würden Sie freundlicherweise durch dieses Teleskop blicken? Was sehen Sie? Sophie: Einen Fleck. Einen blass-blauen runden Fleck. Ein leuchtender Stern? Nein, da sind Schatten ... Ah! Ein Planet ... Moment, da sind so Ausbuchtungen, nein das sind Ringe ... Ah, das ist der Saturn! Kant: Sehen Sie: Die Begriffe Fleck, Stern, Planet, Ringe und auch der Name Saturn hat Ihr Verstand produziert. Das, was Sie als Saturn bezeichnen, hat sich nach Ihrem Verstand gerichtet. Der Saturn an sich hat sich nicht geändert. Sophie: Ist das das berühmte "Ding an sich"? Kant: Exakt. Wir können über die Gegenstände an sich nichts Sicheres sagen. Sie gehören zu den Dingen an sich, die dem Menschen nie zur Verfügung stehen werden. Sophie: Heißt das, der Mensch kann sie weder mit seinen Sinnen noch mit seiner Vernunft je begreifen? Kant: Ja. Die Vernunft kann nur das an der Natur erkennen, was sie vorher in sie hineindenkt! Folge 3 - Verstand und Sinne Eva und Sophie hängen Suchplakate für den entlaufenen Kater Schröder auf. Sophie bleibt deswegen lieber zu Hause und lernt. Als sie sich gerade in die "Kritik der reinen Vernunft" vertieft hat, taucht Kant wieder auf. Er erklärt ihr den Begriff "Ästhetik" und seinen zentralen Satz: "Gedanken ohne Inhalt sind leer und Anschauungen ohne Begriffe sind blind." Als Sophie Kant zum Tee einlädt, demonstriert der ihr auf einer Küchentafel die transzendentale Analytik. Währenddessen klingelt es plötzlich an der Tür und Sebastian steht mit dem Kater auf dem Arm von Sophie. Gemeinsam wird auf Schröders Heimkehr angestoßen! Kant erklärt Sophie den Zusammenhang von Verstand und Sinnen Kant: Jede Erkenntnis besteht aus Sinnlichkeit und Verstand, denn die Sinnlichkeit ist auf den Verstand angewiesen, und der Verstand ist auf unsere fünf Sinne angewiesen. Daher: Gedanken ohne Inhalt sind leer. Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Sophie: Gedanken ohne Inhalte sind leer? Kant: Sprechen Sie Russisch? Sophie: Nein. Leider nicht. Kant: Gut. Nehmen wir den Begriff "kniga". Sagt Ihnen das Wort etwas? Sophie: Nichts. Kant: Es entsteht kein Bild in Ihrer Vorstellung? Sophie schüttelt den Kopf. Kant: "Kniga" heißt Buch auf Russisch. Erst dieser Hinweis füllt den Begriff mit der Vorstellung eines Buches aus, das Sie aufschlagen, umblättern und lesen können. Sophie: Und Anschauungen ohne Begriffe sind blind? Kant: Was halten Sie in Ihrer rechten Hand? Kategorischer Imperativ Seite 17 von 24 Sophie: Einen Kugelschreiber. Kant: Eine Kugel, die schreibt? Faselei! Das gibt es nicht. Sophie: Äh dann ... ein Schreibgerät. Kant: Jetzt verstehe ich. Die Anschauung dieses Dings ist für mich ein undefinierbarer Gegenstand, eine blinde Anschauung. Just, da Sie sagen, das sei zum Schreiben, obgleich keine Feder drin ist, just, da Sie den Begriff Schreibgerät einführen, ergibt die Anschauung dieses Dings für mich einen Sinn. Sophie: Ich verstehe: Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Kant: Exakt. Die Anschauungen, die wir täglich machen, sind voller Zufälligkeiten. Deshalb müssen wir in der Anschauung nach reinen Formen suchen. Folge 4 - Grenzüberschreitung Sophie wird langsam nervös, da es nur noch ein paar Tage bis zu ihrer Prüfung sind. Deswegen trifft sie sich noch einmal mit ihrem ehemaligen Lehrer und lässt sich von ihm die transzendentale Deduktion erklären. Danach gleitet Sophie wieder in die Traumwelt und trifft Kant. Der erklärt ihr am Beispiel von zwei Hunden das transzendentale Schema. Sophie ist so in die Materie eingetaucht, dass sie zu spät zur Verabredung mit Sebastian kommt. Der ist anfangs etwas beleidigt, lässt sich dann aber doch zur Pizza einladen ... Kant erklärt Sophie das transzendentale Schema Kant: Das transzendentale Schema ist der, na ja, der Vermittler zwischen Wahrnehmung und Denken, zwischen Anschauung und Begriff! Sophie: Eine Art Bild? Kant: Kein Bild, ein Schema! Zwei Spaziergänger mit Hunden laufen an den beiden vorbei. Kant: Sehen Sie den kleinen Hund? Und dort den großen? Sophie: Hmm, ja. Kant: Wenn Sie den kleinen Hund jetzt zeichnen würden ... Sophie malt auf ihrem Notizblock einen Hund. Sophie: Malen war noch nie meine Stärke. Kant: Nur keine falsche Bescheidenheit. Sophie: Naja. Immerhin kann man erkennen, was es ist. Kant: Richtig. Ein kleiner Kläffer. Dabei gibt es so viele verschiedene Hunde. Sophie: Ach so, Sie meinen, mein Bild kann nie die Allgemeinheit aller Hunde erfassen. Egal wie gut ich zeichnen kann. Kant: So ist es, werte Sophie. Erst das Schema in ihrer Einbildungskraft kann diese Zeichnung als Darstellung eines Hundes erkennen, ohne durch die besondere Form, sagen wir eines Dackels, eingeschränkt zu sein. Ein Gruppe von Studenten kommt den beiden entgegen. Kant: Sehen Sie, die Leute da. Und schauen Sie mich an! Unterscheide ich mich mit meiner Zopfperücke und dem Gehrock nicht frappant von all den Herrschaften? Kategorischer Imperativ Seite 18 von 24 Sophie: Ich verstehe: Erst das Schema in meiner Einbildungskraft kann in diesem ungewöhnlich gekleideten Mann einen ganz gewöhnlichen Menschen erkennen. Wollen Sie darauf hinaus, dass unserem Denken eine Art Erkennungsmuster zu Grunde liegt? Kant: Es ist ein Schematismus, eine verborgene Kunst in den Tiefen unserer Seele, die uns hilft, dass der Verstand nicht wahllos in fantastischen Begriffen herumstreunt, denn er muss den richtigen Begriff treffen. Folge 5 - Zielpunkt Vernunft Der Tag der Prüfung. Sophie trifft sich kurz vorher noch mit Sebastian an der Uni. Von ihm bekommt sie den Vorschlag, sich vorzustellen, dass Kant mit in der Prüfung sitzt und Sophie alles vorsagt. Mit dieser Methode schafft es Sophie, alle Fragen zur Kopernikanischen Wende, dem transzendentalen Schema, den Antinomien und der transzendentalen Dialektik zu beantworten. Nach der Prüfung wird Sophie gespannt von Eva und Sebastian erwartet. Sie geht aber noch einmal zurück in die Bibliothek, um sich bei Professor Kant zu bedanken und sich von ihm zu verabschieden. Kant erklärt Sophie, wie Freiheit und Kausalität zusammenhängen Kant: Gehen wir zur Vernunft und deren Schwierigkeiten. Sophie: Die Vernunft verwickelt sich in Widersprüche, wenn sie Fragen in einer Absolutheit beantworten will. Deshalb greift sie zu den transzendentalen Ideen von Welt, Mensch und Gott, die vorausgesetzt werden müssen ... Kant: ... die gedacht werden müssen, obwohl ... Sophie: ... obwohl sie nicht bewiesen werden können. Kant: Exzellent, werte Sophie. Darf ich Sie noch mit den Antinomien der transzendentalen Dialektik behelligen? Sophie: Wie wäre es mit der dritten? Kant: Freiheit und Kausalität in der Natur. These? Sophie stockt. Kant: Es gibt neben der Kausalität in der Natur auch Freiheit, eine Kausalität durch Freiheit. Sophie: Gäbe es keine Freiheit, etwas neu anzufangen, müsste ein voriger Zustand vorausgesetzt werden. Da in der Natur nie etwas ohne Ursache passiert, gäbe es somit keinen ersten Anfang. Kant: Antithese: Es gibt keine Freiheit .... Sophie: ... sondern alles geschieht nach den Gesetzen der Natur. Gäbe es Freiheit, würde Kausalität anfangen. Kant: Somit ginge nichts vorher, bzw. ein Zustand wäre vorausgesetzt, der mit dem vorigen Zustand in keinem Zusammenhang steht. Sophie: Sehe ich das richtig, dass in der dritten Antinomie These und Antithese, Freiheit und Naturkausalität, als Gegensätze zusammen existieren? Kant: Natürlich. Ich kann doch Freiheit nur retten, wenn es in der Welt beides gibt: Freiheit und Naturkausalität. Kategorischer Imperativ Seite 19 von 24 Sophie: Das heißt, bei einer Handlung muss beides stattfinden? Kant: Nein, stattfinden können. Haben Sie herfür ein Exempel parat? Sophie: Wenn ich einen Ertrinkenden aus dem Wasser herausziehe, ist als Grund beides möglich: die Kausalität, weil ich als Rettungsschwimmer dafür bezahlt werde, aber auch die spontane Freiheit, die sittlich motivierte Freiheit, ihm das Leben zu retten. Aber an der Handlung als solcher, ich meine, an der Rettungsaktion, kann ich weder die sittliche Freiheit noch Kausalität ablesen. Kant: Und was folgern Sie daraus? Sophie: Dass Freiheit nicht bewiesen werden kann? Kant: Keine der transzendentalen Ideen ist beweisbar. Sophie: Aber gedacht werden müssen sie. Kritik der reinen Vernunft - Glossar Hier werden die wichtigsten Begriffe zu Kants Philosophie knapp erklärt - in der Reihenfolge, wie sie in der Sendung auftauchen. Folge 1 - Metaphysik Metaphysik: Die Grundform abendländischer Philosophie; die Wissenschaft von dem Sein, das dem Seienden zu Grunde liegt. Rationalismus: Er untersucht, was die Vernunft über die Welt aussagt, ohne die Erfahrung zu Hilfe zu nehmen. Empirismus: Er untersucht, was Erfahrungen und Experimente über die Welt aussagen. Kritik: Bei Kant wörtlich als "Untersuchung", "Prüfung" verwendet. Folge 2 - Kopernikanische Wende Reine Vernunft: Ihr Thema ist die Selbsterkenntnis der Vernunft ohne Zuhilfenahme der Erfahrung. Kopernikanische Wende: Nicht mehr die Gegenstände der Welt, sondern der Verstand ist das Maß der Erkenntnis. Ding an sich: Als Gegenteil von "Erscheinung" das, was hinter den Gegenständen ist und dem Menschen nie zur Verfügung steht. A priori: Von vornherein, unter Absehung von aller Erfahrung, auch: rein. A posteriori: Im Nachhinein, unter Zugrundelegung der Erfahrung. Analytisches Urteil: Ein zergliederndes Urteil, das allgemein und notwendig gilt (Beispiel: Der Schimmel ist ein weißes Pferd). Synthetisches Urteil: Ein erweiterndes Urteil, das auf unterschiedlicher Erfahrung beruht (Beispiel: Herr Müller ist Beamter). Folge 3 - Verstand und Sinne Transzendental: Nach der Bedingung der Möglichkeit fragend. Ästhetik: Bei Kant die Wissenschaft von der Wahrnehmung. Apriorische Anschauung: Die allgemeine und notwendige Anschauung von Raum und Zeit. Kategorien: Ordnungsfaktoren, die Begriffe zu Urteilen verknüpfen. Folge 4 - Grenzüberschreitung Transzendentale Deduktion: Untersuchung der Frage, wie subjektive Bedingungen des Denkens objektive Gültigkeit haben. Transzendentales Schema: Kupplungsstück zwischen Wahrnehmung und Denken. Phänomenon: Das Erscheinende, die sinnlich wahrnehmbare Welt. Kategorischer Imperativ Seite 20 von 24 Noumenon: Das, was an der Welt nicht erkannt werden, aber gedacht werden muss. Das, für das es keine Anschauung gibt = das Ding an sich. Ideen: Notwendige Vernunftbegriffe, für die es in der Natur keine Anschauung gibt, die aber gedacht werden müssen: Unsterblichkeit, Freiheit und Gott. Transzendentales Ideal: Das Prinzip aller Ideale, Gott. Folge 5 - Zielpunkt Vernunft Antinomie: Scheinbare Gegengesetzlichkeit, die aber notwendig ist. Freier Geist mit festem Wohnsitz In einer Bühnenkomödie wäre Immanuel Kant die Idealbesetzung des deutschen Stubengelehrten gewesen: Jeden Nachmittag um Punkt halb vier soll der schmächtige Gelehrte im grauen Rock genau acht Mal die nahe gelegene Lindenallee rauf und runtergestiefelt sein. Seine Runden drehte er bei jedem Wetter und so pünktlich, dass die Nachbarn ihre Uhren nach ihm stellen konnten. Um sich bei seinem flotten Spaziergang bloß nicht zu erkälten, hielt er seinen Mund die ganze Zeit fest verschlossen. Armer Hauslehrer mit Allüren Der große Denker war als Mensch wohl ein wenig kauzig. Auf seinem klein gewachsenen Körper trug er einen großen Kopf. Vor seinen Studenten versprach er sich oft und redete viel zu leise, als dass man seiner Vorlesung gänzlich hätte folgen können. Doch mit seinen Ideen und Gedanken hat er europäische Geschichte geschrieben. Er selbst kam aus armen Verhältnissen. Sein Vater verstarb früh und Immanuel musste bereits mit 22 Jahren als Hauslehrer arbeiten, um den Lebensunterhalt der kinderreichen Familie sicherzustellen. Mit 31 Jahren wurde er Privatdozent und lehrte vor allem Mathematik, Geografie, Naturrecht, Theologie und Philosophie. Doch von seinem mageren Einkommen konnte er sich selbst als ordinierter Professor für Metaphysik und Logik kaum über Wasser halten. Sperrige Lektüre für Querdenker 1781 veröffentlichte er dann seinen knapp 900-Seiten Wälzer "Die Kritik der reinen Vernunft". Es war der ganz große Wurf. Kant wurde damit berühmt und verdrehte der europäischen Denkerelite den Kopf - auch wenn seine Zeitgenossen mit der sperrigen Lektüre ihre Schwierigkeiten hatten. Sein Grundgedanke hat den "Deutschen Idealismus" ausgelöst, die wohl größte Epoche der deutschen Philosophie, die in Fichte, Schelling und Hegel ihre wichtigsten Vertreter fand. Der Mensch rückt in den Mittelpunkt In seiner "Kritik der reinen Vernunft" untersuchte er die nur aus sich selbst schöpfende, sich nichts aus der Erfahrung holende Vernunft. Er stellt fest, dass die äußeren Gegenstände nicht an sich gegeben sind, sondern erst in unserer Wahrnehmung entstehen: Nur durch das erkennende Subjekt und durch die Rahmenbedingungen von Raum und Zeit erscheinen die Dinge. Dabei unterscheidet er aber zwischen der "Welt der Erscheinungen" und dem "Ding an sich". Nur die "Welt der Erscheinungen" kann der Mensch begreifen. Die "Dinge Kategorischer Imperativ Seite 21 von 24 an sich" - wozu er die Fragen nach einem Gott und dem Wesen der Seele zählt kann der Mensch hingegen nur denken, aber nicht erkennen. "Kritische Periode" in Königsberg Mit dem Werk begann seine "kritische Periode", wobei zu Kants Zeit der Begriff "Kritik" eher "Analyse" bedeutete. Es folgten - neben zahlreichen weiteren Schriften - "Die Kritik der praktischen Vernunft" und "Die Kritik der Urteilskraft". Den Großraum Königsberg, das heutige Kaliningrad, hat der Philosoph wohl nie verlassen. 1724 in der Stadt an der Ostsee geboren, ist er dort am 12. Februar 1804 im Alter von 79 Jahren im Schlaf verstorben Projekt Gutenberg Einstiegsseite zu Immanuel Kant beim deutschsprachigen Ableger des Projekts Gutenberg: gutenberg.spiegel.de/autoren/kant.htm Der komplette Text von Kants "Kritik der reinen Vernunft" beim Projekt Gutenberg: gutenberg.spiegel.de/kant/krva/krva.htm http://www.mdr.de/kultur/literatur/1189686.html Zum 200. Todestag des Philosophen Immanuel Kant - Aufklärer und preußischer Pedant Sein kritischer Blick auf die Vernunft und Erkenntniskraft des Menschen ist auch heute noch aktuell und anregend, auch wenn viele seiner Werke nicht gerade leichte Lesekost sind. Etliche neue Bücher sind pünktlich zum Jubiläum erschienen, darunter gleich drei Biographien. Doch warum sollte man Kant heute lesen? Am 12. Februar jährte sich der Todestag des Philosophen Immanuel Kant zum 200. Mal. Mehrere Monographien sind zum Jubiläum diesem so folgenreichen wie unbekannten Philosophen gewidmet: So erschienen gleich drei Biographien - "Kant" von Manfred Kühn (C. H. Beck), "Kants Welt" von Manfred Geier (Rowohlt), "Immanuel Kant" von Steffen Dietzsch (Reclam Leipzig). Die Digitale Bibliothek wartet mit einer preisgünstigen Studienausgabe der Hauptwerke Kants als Jubiläums-CD auf. Kaum eine Universität, die dieser Tage nicht einen KantKongress veranstaltet. Eine Tageszeitung bringt seit Wochen sogar in jeder Ausgabe ein Kant-Zitat. Der "Kategorische Imperativ" Der Königsberger Philosoph scheint in aller Munde zu sein. Doch wird er auch gelesen? Der Zugang zu Kants Philosophie ist versperrt von unangenehmen Begriffen wie "Pflicht" oder dem "Du sollst" eines kategorischen Imperativs. Kenner warnen: Kant ohne gründliche philosophische Schulung lesen zu wollen, sei wie der Versuch, den Mount Everest barfuß zu besteigen. Bei aller Strenge der Kategorien Kategorischer Imperativ Seite 22 von 24 und Maximen tritt zum Jubiläum auch das Bild des geselligen und genießerischen Immanuel Kant stärker ins Bewusstsein: Der Oberlehrer aus Königsberg war auch ein Liebhaber guter Witze. Natürlich auch aus Verstandesgründen - das Lachen als Verdauung förderndes Mittel. Preußische Disziplin: Geniale Gedanken im monotonen Alltag? Sein Leben begann immer "punkt 5 Uhr früh". Seine Spaziergänge nach dem Essen soll er so regelmäßig absolviert haben, dass die Hausfrauen in Königsberg ihre Uhren stellten, wenn er an ihrem Fenster vorbeikam. Seine Maxime: "Disziplin oder Zucht ändert die Tierheit in die Menschheit um". Geniale Gedanken im monotonen Alltag? Das Klischee hängt ihm bis heute an. Doch neuere Biographien zeichnen ein anderes Bild. Der junge Philosoph spielte gern Karten, ging ins Theater oder Konzert. Als "eleganter Magister" achtete er auf sein Äußeres. Er veranstaltete Tischgesellschaften mit Gesprächen über Alltägliches und Politik. Er verfolgte das Weltgeschehen und war keineswegs eine isolierte komische Figur, nur weil er über seine Geburtsstadt Königsberg nie mehr 100 Kilometer hinauskam. Weltweite Wirkung Kants epochale Bedeutung liegt darin, die Perspektiven der Philosophie verändert zu haben. Er nahm den Wahlspruch der Aufklärung auf: "Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen." Und er ging darüber hinaus, in dem er zu den Schranken der "reinen Vernunft" vorstieß. Als oberste und allgemeinste Maxime, als "kategorischen Imperativ" formulierte er: "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte." Die Wirkung seine Maximen reichte u.a. bis nach Japan, wo man den Gelehrten zusammen mit Konfuzius und Buddha auf einem Bild verewigte. Das Zeitalter der Globalisierung verdankt ihm das Modell einer weltweit gültigen Rechts- und Friedensordnung. zuletzt aktualisiert: 15. Februar 2004 | 20:52 zum Thema Immanuel Kant - Aufklärer und preußischer Pedant http://www.mdr.de/kultur/literatur/1189686.html Stichwort: Der kategorische Imperativ http://www.mdr.de/kultur/literatur/1193136-hintergrund-1189686.html Biografie und Werke Immanuel Kants http://www.mdr.de/kultur/literatur/1193210-hintergrund-1189686.html Audio Die Unfreiheiten der Ehe http://www.mdr.de/mdr-figaro/journal/1205172.html Die Bürden des Lebens nach Maximen http://www.mdr.de/mdr-figaro/journal/1203509.htm Kants berühmte Tischgesellschaft oder Über das Lachen http://www.mdr.de/mdr-figaro/journal/1203505.html Lohnt es sich heute noch, nach Kants Maximen zu leben? Kategorischer Imperativ Seite 23 von 24 http://www.mdr.de/mdr-figaro/journal/1206912.html Kategorischer Imperativ "Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte." Zum ewigen Frieden Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines anderen Staates gewalttätig einmischen." Kritik der reinen Vernunft Gott ist ein "Postulat" der reinen praktischen Vernunft. Das heißt: Seine Existenz ist zwar unbeweisbar, aber die Vernunft nötigt, an Gott zu glauben." Über die Natur des Menschen "Aus so krummen Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden." Kategorischer Imperativ Seite 24 von 24