MSonderdruck aus der Zeitschrift asphalt 4/2009 Affinitätsproblem zwischen Gestein und Bitumen Lösungsansatz: Einsatz von Haftvermittlern Alfred Nehrings, Düren Die moderne Asphaltbauweise hat in vielen Jahren der Entwicklung und dauernder Anpassung an die Erfordernisse der täglichen Praxis einen hohen technologischen Stand erreicht. Das Regelwerk wird regelmäßig an den Stand der Technik und die geltenden Normen und somit an die Erfordernisse des modernen Straßenbaus angepasst. Trotzdem gibt es immer wieder Schäden zu beobachten, die eindeutig auf den Einfluss des Wassers zurückzuführen sind, ohne dass an dieser Stelle auf die unterschiedlichen Mechanismen der Versagenstheorien eingegangen werden soll. [1] Wasser stört die Bindung zwischen Bitumen und Gestein (Stripping) und verringert dadurch die Nutzungsdauer der Asphaltschicht. Das Asphaltmischgut ist vereinfacht ­betrachtet eine Mischung aus Gesteins­ körnern verschiedener Größe, die durch das Bindemittel Bitumen zusammen­ gehalten werden. Es können je nach Art des Mischgutes weitere Zusätze enthalten sein. Der Bindemittelgehalt liegt zwischen 4 (bei Asphalttragschichten) und 7 M.-% (bei Splittmastixasphalt). Damit das Binde­ mittel optimal zur Wirkung kommt, sollte es das Gesteinskorn vollständig umhüllen und das Asphaltmischgut homogen sein. Asphaltmischgut chemisch betrachtet Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, kann Bi­ tumen als ein thermoplastisches Gemisch verschiedener hochmolekularer Kohlen­ wasserstoffe betrachtet werden. Man fin­ det langkettige, ringförmige (zyklische) und aromatische Strukturen, die am Ende der Vakuumdestillation des Erdöls erhal­ ten werden. Aufgrund der beschriebenen organischen Struktur ist Bitumen sehr vis­ Dr. Alfred Nehrings Diplom-Chemiker Anwendungstechnik Tel. +49 (0) 24 21 / 807 – 221 Fax +49 (0) 24 21 / 807 – 320 [email protected] Vertrieb: Edith Smout Tel. +49 (0) 24 21 / 807 – 125 Fax +49 (0) 24 21 / 807 – 320 [email protected] Julius Hoesch GmbH & Co. KG Birkesdorfer Str. 5, 52353 Düren www.julius-hoesch.de kos, in Lösemitteln wie Toluol löslich und unlöslich in Wasser. Der Chemiker nennt es hydrophob, weil es unpolar ist und sich mit Wasser nicht mischt oder darin nicht auflöst. Gestein (hier wird zur besseren Darstel­ lung des Problems auf quarzhaltiges, Sihaltiges Gestein zurückgegriffen) kann sehr polar sein und unter Abspaltung von H+ regelrecht „sauer“ reagieren. Wasser verhält sich ähnlich: es ist ein Di­ pol (2 Pole, positiv und negativ geladen), der ebenfalls H+ abspalten kann. Wegen dieser ähnlichen Reaktionen bzw. Struk­ turen sind quarzhaltige (saure) Gesteine wie auch das Wasser als polar einzustufen. Dieses Gestein kann als hydrophil (Wasser liebend) bezeichnet werden. Da sowohl das Gestein als auch das Was­ ser polare Stoffe sind, haben sie eine hohe Affinität zueinander. Sie gehen eine starke Wechselwirkung (Wasserstoffbrückenbin­ HERSTELLUNG dung) ein, große Kräfte halten sie Gleichem“ taucht das Hölz­ zusammen. Aus diesem Grund chen unseres Streichholzes muss in der Asphaltmischanlage in Bitumen ein bis der polare auch in Form einer hohen Tem­ Kopf die Oberfläche erreicht peratur sehr viel Energie aufge­ und diese positiv auflädt (Ab­ bracht werden, um diese Verbin­ bildung 2). Durch diesen Ef­ dung zu lösen und das Gestein fekt wird die Oberfläche des zu trocknen. Bitumens in ihrer Polarität Wenn nun Bitumen und das vollständig verändert. Gestein in der Mischanlage Durch entsprechende Wahl aufeinandertreffen, wollen sie des Haftvermittlers kann man eigentlich nichts bis wenig mit­ nicht nur die Polarität der einander zu tun haben, weil sie Abbildung 1: Schematische Darstellung eines Haftvermittlers Bitumenoberfläche beeinflus­ unterschiedlich polar sind. Es sen, sondern eine chemische tritt eine große Oberflächen­ Bindung des Bitumens an die spannung an der Grenzfläche Gesteinsoberfläche ausbilden: auf. So wie sich ungleich geladene Nur wegen der hohen Viskosität Pole eines Magneten anziehen, des Bitumens im kalten Misch­ wirken hier starke Anziehungs­ gut und weiterer Faktoren (die kräfte (so genannte Coulombhier nicht diskutiert werden Kräfte). Die negative Ladung sollen) bleibt das Bitumen unbe­ der Gesteins­oberfläche und die weglich auf dem Gestein liegen. positive Ladung des Haftver­ Es bildet keine oder nur eine mittlers an der Bitumenober­ schwache chemische Bindung fläche ziehen sich gegenseitig zum Gestein. an (Abbildung 3). Wäre Bitumen bei Raumtem­ Abbildung 2: Wechselwirkung Haftvermittler - Bitumen Die Veränderung der Ober­ peratur beweglicher und gäbe es flächenspannung erleichtert nicht weitere Beiträge zur Adhä­ die Benetzung der Gesteinssion, würde es sich wie Wasser auf einem Was Haftvermittler leisten oberfläche und führt zu einem homogeneren mit Wachs konservierten, hochglanzpo­ Mischgut. Gleichzeitig wirkt der Haftver­ lierten Autodach verhalten: Es würde zu Durch Verringerung der Oberflächenspan­ mittler wie ein Dübel (Abbildung 4) und nung kann man die oben geschilderten ne­ verbessert die Haftung des Bitumens an der gativen Effekte vermeiden oder mindern. Oberfläche des Gesteins. Da Stickstoff (N) Zu diesem Zweck können grenzflächen­ im Haftvermittler eine höhere Affinität zur aktive Stoffe in geringen Aufwandsmen­ Gesteinsoberfläche hat als das Sauerstoff­ gen eingesetzt werden: Haftvermittler oder atom des Wassers, ist seine Bindung stär­ Haftverbesserer. ker als die des Wassers. So vermag er sogar In Abbildung 1 ist eine grenzflächenaktive Wasser zu verdrängen (aktive Haftung) und Verbindung schematisch dargestellt: Solche wenn der Dübel fixiert worden ist, dem An­ Stoffe werden auch als Emulgatoren oder griff des Wassers einen Widerstand entge­ Tenside bezeichnet bzw. verwendet und genzusetzen. Der Haftvermittler reduziert dienen u.a. zur Herstellung von Bitumen­ den Einfluss des Wassers: Die Ablösung des emulsionen. Sie enthalten in einem Molekül Bitumens von der Gesteinsoberfläche wird sowohl einen unpolaren oder hydrophoben deutlich verringert (Antistripping-Effekt, als auch einen polaren oder hydrophilen Teil. passive Haftung). Man könnte sie von der Form her mit einem Das oben beschriebene Modell soll die wir­ Streichholz vergleichen, dessen Kopf eine kenden Effekte beschreiben. Es ist jedoch nicht nur ein theoretischer Ansatz, sondern Abbildung 3: Wechselwirkung Haftvermittler positive Ladung trägt. Nach dem Prinzip „Gleiches löst sich in kann experimentell bestätigt werden. - Gestein kleinen Tröpfchen zusammenlaufen, um das Gestein nur minimal zu berühren. Dieser Effekt kann über eine Kontaktwinkelmes­ sung beobachtet und quantifiziert werden. Wünschenswert ist genau das Gegenteil: Es ist daher nicht nur anzustreben, dass das Gesteinskorn komplett von Bitumen umhüllt ist, sondern dass auch eine Bin­ dung zwischen Gesteinsoberfläche und Bitumen entsteht, damit Wasser, das durch verschiedene Wege in die Hohlräume ge­ langt, nicht zerstörerisch wirken kann. 04 | 2009 Abbildung 4: Chemische Bindung zwischen Binder und Gestein durch Haftvermittler 2 HERSTELLUNG Die Messung des Kontaktwinkels Katrin Hunstock [2] hat mit ihrem be­ eindruckenden Vortrag beim diesjährigen DAV-DAI-Asphaltseminar in Willingen gezeigt, dass die Messung des Kontakt­ winkels grundsätzlich als Methode geeig­ net ist, Informationen über die Wechsel­ wirkung zwischen Bitumen und Gestein zu erhalten. In naher Zukunft sollte mit interessanten, quantitativen Ergebnissen zu rechnen sein. In einer dem Verfasser vorliegenden Di­ plomarbeit [3] aus November 2007 wurde zum Zwecke einer vergleichenden Unter­ suchung verschiedener haftverbessernder Zusätze u.a. die Messung des Kontakt­ winkels eingesetzt. Als Bindemittel wurde handelsübliches Bitumen 50/70 verwen­ det. Dabei wurde über den Kontaktwinkel die Qualität der Benetzung beurteilt (Ab­ bildung 5). Bei Winkeln kleiner 90° wird die Benetzung als gut bezeichnet. Zu diesem Zweck wurde in Anlehnung an S. Korn [4] Bitumen auf 150°C erhitzt und anschließend die heißen Bitumentropfen auf den Gesteinsplatten abgelegt. Nach Temperung für 10 min oberhalb des Er­ weichungspunktes im Trockenschrank bei 75°C wird der Kontaktwinkel gemessen. Eine weitere Messung erfolgte nach La­ gerung in entionisiertem Wasser (2 h bei mind. 5°C unter Erweichungspunkt Ring und Kugel). Aus beiden Messungen kann ein Differenzwinkel berechnet werden, der das Adhäsionsvermögen unter Wasserein­ fluss widerspiegelt. Abbildung 6 zeigt die Ergebnisse der Mes­ sungen nach der Temperung im Trocken­ schrank. Es sind kaum Unterschiede zu erkennen: Mit und ohne Haftverbesserer werden Kontaktwinkel zwischen 30 und 40° gemessen, die als gute Benetzung bezeichnet werden können. Nach der Wasserla­ gerung (Abbildung 7) wird der negative Einfluss des Wassers sichtbar: Undotiertes Bitumen (Referenz) zeigt einen stark ge­ stiegenen Kontakt­ winkel, die Benet­ zung ist aufgrund von Haftungsverlusten deutlich schlechter. Abbildung 6: Kontaktwinkel nach Temperung im Trockenschrank Werden die Differenzwinkel (Abbildung 8) betrachtet, wird es noch deutlicher: Ohne Haftverbes­ serer wird bei undo­ tiertem Bitumen der Kontaktwinkel verdoppelt (Anstieg um 39°), während Bi­ tumen mit Haftver­ mittler nur Anstiege bis max. 5,5° zeigt. Es gibt sogar negative Differenzwerte (Pro­ dukt F), gleichbedeu­ tend mit geringerem Abbildung 7: Kontaktwinkel nach Wasserlagerung Kontaktwinkel nach Wasserlagerung. Dies bedeutet eine mess­ bare Verbesserung des Kontaktwinkels trotz Wasserlagerung (Spreitung, aktive Haftung) durch Ein­ fluss des Haftver­ mittlers. Produkt F Abbildung 8: Differenzwinkel nach Wasserlagerung Abbildung 5: Kontaktwinkel 3 ist ein Produkt der AkzoNobel und wird nachfolgend auch H4 genannt. Die Produkte der AkzoNobel wer­ den in Deutschland und der Schweiz von der Julius Hoesch GmbH & Co. KG aus Düren vertrieben. Durch die Messung des Kontaktwinkels wurde also demonstriert, dass undo­ tiertes Bitumen von der Gesteinsober­ fläche verdrängt wurde (Anstieg des Kontaktwinkels), während Bitumen mit Haftvermittler weniger oder auch gar nicht abgelöst wurden und in einigen Fällen diesem Einfluss sogar widerstan­ den hatten. Die positive Wirkung der Haftvermittler wurde durch die Mes­ sung des Kontaktwinkels demnach ein­ deutig bewiesen. 04 | 2009 HERSTELLUNG Abbildung 9: Einfluss des Bitumens auf den Umhüllungsgrad nach 24 h Rolldauer Abbildung 10: Einfluss der Haftvermittler bei Quarzit nach 24 h Rolldauer Der Rolling-Bottle-Test Es sind zwar verschiedene Prüfverfahren zur Bestimmung der Haftung zwischen Bitumen und Gestein bekannt, aber keine dieser Methoden erlaubt alle Einflussfak­ toren zu erfassen. [1] Prof. Michael P. Wistuba [5] hat in seinem Vortrag auf dem DAV-DAI-Asphaltsemi­ nar 2009 in Willingen verschiedene Ver­ fahren betrachtet und den Rolling-BottleTest trotz bekannter Schwächen als geeig­ nete Methode bezeichnet. Von Vorteil ist eine photometrische Auswertung der Um­ hüllung des Gesteinskorns mit Bitumen anstelle der visuellen Auswertung. Die AkzoNobel erteilte 2006 einen Auftrag zur Untersuchung der Wirksamkeit von Haftvermittlern. Es wurden 4 verschiedene Haftvermittler der AkzoNobel (H1 bis H4, Dosierung: jeweils 0,5% bezogen auf Bitumen), 5 verschiedene in Deutschland eingesetzte Normbitumen (50/70) unter­ schiedlicher Provenienz und 3 Gesteine 04 | 2009 (haftunkritsch bis haftkritisch) untersucht. Ein wesentlicher Teil der Ergebnisse wur­ de 2007 von Prof. K.-W. Damm [7] auf dem DAV-DAI-Asphaltseminar in Wil­ lingen präsentiert. Von den ausgewählten Bitumenproveni­ enzen wurde aufgrund der Unterschiede bezüglich Paraffin- und Asphaltengehalt und der Säurezahl ein unterschiedliches Haftverhalten erwartet. Diabas wurde als Gestein mit guter, Granit als Gestein mit mittelmäßiger Haftung und Quarzit als haftkritisches Gestein ausgewählt. Auf die Angabe von Details zum Prüfverfahren wird an dieser Stelle verzichtet und auf die Norm [6] verwiesen. Nach entsprechender Rolldauer wurde der Umhüllungsgrad un­ abhängig von 5 Laboranten visuell unter Anwendung einer Kalibriertabelle ermit­ telt. Als Voruntersuchung wurden die 5 Bitu­ men mit den 3 Gesteinen ohne Zusatz von Haftvermittlern dem Rolling Bottle Test unterzogen. Das Ergebnis ist in Abbil­ dung 9 dargestellt. Dieser Vergleich zeigt bereits interessante Ergebnisse: Wie der Abbildung 9 zu entnehmen ist, sind beim haftunkritischen Gestein Diabas bereits nach 24 h Rolldauer sehr unterschied­ liche Umhüllungsgrade (zwischen 15 und 40%) zu erkennen. Dieses Ergebnis lässt den eindeutigen Schluss zu, dass nicht nur das Gestein, sondern auch das Bitumen ei­ nen erheblichen Einfluss auf die Haftung hat. Bei Quarzit werden schlechtere Werte erwartet und mit Werten zwischen 5 und 10% auch bestätigt. Für die folgende Untersuchung der Haft­ vermittler wurden die Normbitumen A und D (für „gutes“ und „schlechtes“ Bitu­ men) eingesetzt. Obwohl die oben genann­ ten Gesteine für die weitere Untersuchung eingesetzt wurden, werden hier ausschließ­ lich die Ergebnisse für das haftkritische Gestein Quarzit präsentiert. Bei allen Gesteinen wird durch Einsatz der Haftvermittler unabhängig vom Bi­ tumen eine deutliche Verbesserung der Umhüllung und somit der Haftung des Bitumens am Gestein erreicht. Abbildung 10 zeigt hervorragende Werte für Quarzit: Die Umhüllungsgrade liegen zwischen 70 und 85%, während ohne Haftverbesserer nur Umhüllungsgrade von 10% ermittelt werden. Da zwischen den 4 Haftvermittlern kaum Unterschiede in der Wirksamkeit festzu­ stellen sind, wurde die Rolldauer deutlich verlängert und damit gleichzeitig eine ex­ treme Beanspruchung simuliert. Durch die Verlängerung der Prüfzeit auf 72 h zeigen sich unabhängig von der Gesteinsart deut­ liche Unterschiede zwischen den Haftver­ mittlern: Abbildung 11 ist zu entnehmen, dass bei Anwendung des „guten“ Bitumens der Haftvermittler H2 die bessere Umhül­ lung und somit Haftung bietet. Abbildung 12 zeigt, dass bei „schlechtem“ Bitumen D der Haftvermittler H4 das beste Ergebnis liefert. Entgegen der allgemeinen Meinung, dass das Gestein allein für die Haftprobleme verantwortlich sei, hat der Rolling-BottleTest gezeigt, dass Bitumen ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf die Haftung hat. Die Haftvermittler bewirken generell und unabhängig vom Typ eine erhebliche Ver­ besserung der Haftung und ermöglichen, die Nachteile eines haftkritischen Paares Gestein – Bitumen relativ einfach und ef­ fektiv zu kompensieren. Prüfung der Wasserempfindlichkeit Auch diese Prüfmethode [8, 9] untersucht den Einfluss des Wassers auf die Haftung 4 HERSTELLUNG Tabelle 1: Einfluss des Haft­vermittlers auf den Spaltzugfestigkeitsabfall zwischen Gesteinskörnern und Bindemit­ tel. Anhand von Marshall-Probekörpern [10] wird mit und ohne Wasserlagerung mittels indirektem Zugversuch [11] die Spaltzugfestigkeit ermittelt und ins Ver­ hältnis gesetzt (ITSR). Die Prüfung erfolgte an Asphaltbeton AC 16. Das Mischgut [12] wurde mit den Normbitumen 50/70 A und D (Bin­ demittelgehalt 4,8%) und dem Gestein gleichen Typs hergestellt, das für den Rol­ ling-Bottle-Test genutzt wurde. Als Haft­ vermittler wurden die Typen H2 und H4 eingesetzt. In allen Fällen wurde für die Fraktion 0/2 mm Kalkstein eingesetzt. Generell ist anzumerken, dass die gemes­ senen Höchstlasten durch Zugabe der Haftvermittler sowohl für nasse als auch trockene Probekörper angestiegen sind. Die Ergebnisse dieser Prüfung sind in Tabelle 1 zusammengefasst. In Abbildung 13 wurden die Daten für Quarzit grafisch aufbereitet. Grundsätzlich ist zu erkennen, dass bei allen Gesteinen die Spaltzugfestigkeit an­ steigt, die Belastbarkeit des Asphaltbetons und somit die Standfestigkeit des Asphaltes also durch Zugabe der Haftvermittler bei jedem Gestein deutlich gesteigert wird. Beim haftkritischen Gestein Quarzit wird durch beide Haftvermittler H2 und H4 ein Anstieg von 25% ermittelt, bei Granit ist er mit 23% etwas geringer und bei Diabas am kleinsten, aber immer noch deutlich. Bei Betrachtung der Bruchfläche der Marshall-Probekörper wird offensichtlich, dass ohne Haftvermittler beim Auseinan­ derbrechen die Haftung zwischen Gestein und Bitumen versagt (Adhäsionsbruch), während das Korn intakt bleibt. Bei Pro­ bekörpern mit Haftvermittlern ist die Zahl 5 der gebrochenen Gesteinskörner deutlich erhöht (Kohäsionsbruch). [3] Es kann bisher festgehalten werden, dass Haftvermittler die Benetzung des Gestein­ korns verbessern und über die verbesserte Haftung sowohl die Standfestigkeit als auch den Widerstand gegen die schäd­ lichen Wirkungen des Wassers erhöhen. Dieser Faktor ist besonders wichtig für Asphalte mit hohem Hohlraumgehalt, also auch für Asphaltbinder- und Trag­ schichten und erst recht für offenporige Asphalte, die dem Einfluss des Wassers besonders ausgesetzt sind. Diesen Umstand belegt sehr deutlich Ab­ bildung 14: Christian Schulze [13] hat im November 2008 in Aachen in seinem Vortrag über eine Einrichtung zur Mes­ sung des Kornausbruches (ARTe) bei offenporigen Asphalten berichtet. Man hatte beobachtet, dass eine Konditionie­ rung des 2-lagigen OPA (obere Schicht OPA 4/8) durch Wasserlagerung (5 Tage) einen Anstieg des Kornausbruchs auf das Doppelte bewirkt. Dieses Ergebnis stützt Messergebnisse (Tabelle 2), die mit dem Rolling-Bottle-Test an Grauwacke erhal­ ten wurden. Auch hier wurde ein Bitu­ men 50/70 mit bekannter, guter Haftung (GH50/70), einem PmB 45A und einem Bitumen 50/70 mit schlechter Haftung (SH 50/70) gegenübergestellt. Wie Tabel­ le 2 zu entnehmen ist, zeigt Grauwacke mit Bitumen guter Haftung ohne Haft­ Abbildung 11: Verlängerte Rolldauer bei „gutem“ Bitumen A und Quarzit Abbildung 12: Verlängerte Rolldauer bei „schlechtem“ Bitumen D und Quarzit 04 | 2009 HERSTELLUNG Zusatz des Haftvermittlers H2 (0,5 M.-%) hergestellt. Das (aromatische) Bin­ demittel F charakterisiert sich durch eine kleine Säu­ rezahl, eine Penetration von 57 (0,1 mm), einen Er­ weichungspunkt Ring und Kugel von 66°C und eine elastische Rückstellung von 78%. Als Gestein mit unterschiedlichem Haft­ verhalten und Quarzanteil wurden Hornfels, Andesit und Diabas entsprechend der Daten aus Tabelle 3 verwendet. Um den ge­ Bild 1: Wasserschäden im tropischen Regenwald forderten Siebdurchgang einzustellen, wurde Kalk­ vermittler bereits nach 24 h Rolldauer nur stein für die Fraktion 0/2 mm gewählt und noch einen Umhüllungsgrad kleiner 25%. entsprechend zugegeben. Um die Wirkung Bei Verwendung von PmB wird noch ein des Haftvermittlers zu prüfen, wurden der Umhüllungsgrad von ca. 40% ermittelt. Rolling-Bottle-Test, die Prüfung der Was­ Werden allerdings Haftvermittler ein­ serempfindlichkeit durch indirekten Spalt­ gesetzt, so ist nach 24 h Rolldauer – wie zugversuch und die Prüfung des Kornver­ schon in Abbildung 9 gezeigt – kaum ein lustes (trocken und nass) nach DIN EN Unterschied in der Wirksamkeit der Haft­ 12697-17 [14] und dem NLT 362 Test vermittler zu erkennen. Der Umhüllungs­ „Cantabro Test“ durchgeführt. grad ist deutlich höher als bei PmB. PmB Die Ergebnisse wurden in Tabelle 4 zu­ verbessert zwar die Haftung im Vergleich sammengefasst: Bei allen 3 Gesteinsarten zu undotierten Normbitumen, zeigt aber wird durch Zugabe des Haftvermittlers ein nicht den Widerstand gegen den Wasser­ besserer Umhüllungsgrad (Rolling-Bottleeinfluss wie Bitumen mit Haftvermittler­ Test), ein deutlich geringerer Kornverlust zusatz. und ein Anstieg der Spaltzugfestigkeit und somit eine höhere Belastbarkeit bzw. Prüfungen an Offenporigen höhere Standfestigkeit des offenporigen Asphaltes erhalten. Asphalten PA16 [9] Die Spaltzugfestigkeiten des Asphalt­ Unter Berücksichtigung der bereits vor­ betons AC 16 und des offenporigen As­ liegenden Ergebnisse wurde im Labor ein phaltes PA 16 steigen bei Einsatz von offenporiger Asphalt PA 16 auf Basis PmB Diabas und Haftvermittler H2 beinahe um 45/80-65 (Tabelle 3, 4,5%) mit und ohne den gleichen Betrag, nämlich um ∆R 13 Abbildung 13: Einfluss der Haftvermittler H2 und H4 04 | 2009 bzw. 15 oder um 17 bzw. 19%, wie aus den Tabellen 1 und 4 zu entnehmen ist. Dies ist eine sehr gute Übereinstimmung der Messwerte zur Wirkung des Haftvermittlers. Teststrecke im Regenwald von Malaysia [15] In einer Bergregion von Malaysia entstehen durch regelmäßige, starke Monsunregen­ fälle (236 Regentage und 2,7 m Wassersäu­ le pro Jahr) immer wieder Schäden durch Wasser. Die Straßen trocknen schlecht ab, weil sie durch den Regenwald im Schatten liegen. Durch Gemüse- und Blumenanbau sowie Tourismus werden die Straßen von Lkw und Bussen stark befahren. Alle 2 bis 3 Jahre müssen diese Straßen instand ge­ setzt werden (Bild 1). Mitte 2006 mussten abermals 5 km durch dünne Schichten im Heißeinbau (DSH) auf Basis Bitumen 80/100 (5%) und Granit saniert werden. Auf einer Länge von 400 m wurde für einen Feldtest das verwendete Bitumen mit 0,3% des Haftvermittlers Wetfix BE der AkzoNobel dotiert. Vierteljährlich wurde dieses Teilstück überprüft und 3 weiteren, vergleichbaren Teilstrecken gegenübergestellt. Nach 18 Monaten war die Haftvermittlerdeck­ schicht noch in Ordnung, während alle 3 Vergleichsstrecken ohne Haftvermittler wieder das bekannte Schadensbild durch Wassereinwirkung zeigten. Die obere Reihe in Bild 2 zeigt das Vergleichsstück mit Haftvermittler Wetfix BE nach 6, 14 und 17 Monaten, die untere Reihe eine Vergleichsstrecke ohne Wetfix in gleichen zeitlichen Abständen. Nach den eindeutigen, positiven Ergeb­ nissen der oben angeführten Laborprü­ fungen, demonstriert dieser Härtetest Abbildung 14: Einfluss der Wasserlagerung auf den Kornausbruch bei OP 6 HERSTELLUNG durch extreme Wasserbelastung in der Praxis äußerst anschaulich die Vorteile in der Nutzungsdauer durch Einsatz des Haftvermittlers. Dosierung und Temperaturstabilität Haftvermittler können auf verschiedenen Wegen dem Bindemittel zugefügt werden. Die Zugabe zum Bitumen kann in der Raffinerie oder in der Asphaltmischanlage erfolgen. Zugabe in der Raffinerie Ordert man Bitumen, dem bereits ­Haftvermittler zugegeben worden ist, wird der Hersteller eventuell nicht den Typ bzw. das zugegebene Material nennen. Wird bei verschiedenen Lieferanten eingekauft, ist nicht ausreichend sichergestellt, dass immer der gleiche und bevorzugte Haftvermittler zugegeben worden ist. Die Konzentration des Haftvermittlers könnte unterschiedlich hoch sein. Dies könnte zu Schwankungen in der Qualität des Mischgutes führen. Der Haftvermittler muss in diesem Fall temperaturstabil sein, damit man in den Genuss der vollen Wirksamkeit kommt, denn bei der Lagerung im Bitumentank kann durch die hohe Lagertemperatur die Wirksamkeit nachlassen. Tabelle 3: Die eingesetzten Gesteine Zusätzlich ist zu beachten, dass bei der Verwendung von Ausbauasphalt, also der Zugabe von Granulat (über die Paral­ leltrommel) die Menge an Frischbitumen schwanken kann. Ohne Dosiereinrichtung Tabelle 2: Rolling-Bottle-Test mit Grauwacke und PmB an der Mischanlage wäre im Frischbitu­ men eine höhere Konzentration an Haft­ vermittler notwendig. Dies ist nicht immer einfach zu realisieren. Zugabe in der Mischanlage Aus diesen Gründen geht der Königs­ weg über eine Dosiereinrichtung an der Mischanlage. Man kann je nach Bedarf oder Rezeptur dosieren. Mit der Dosiereinrichtung an der Mischanlage verfügt man über die notwendige Flexibilität, um den For­ derungen des Marktes zu folgen. Dies kann durch­ aus ein Wettbewerbsvorteil sein. Optimal ist die Injek­ tion des Haftvermittlers in die Bitumenleitung oder in die Bitumenwaage, denn der Haftvermittler sollte im Mischgut homogen verteilt sein. Dies ist ein wichtiger Aspekt, da die Aufwandsmenge gering ist: 0,5% Haftvermittler bezogen auf Bitumen bedeuten bei 6% Bitumen pro Tonne As­ phalt absolut gesehen nur 300 g Haftver­ mittler pro Tonne Mischgut. Lagerung Haftvermittler sind in der Regel Gefahr­ stoffe, die sachgerecht zu lagern und zu verarbeiten sind. Die Forderungen des Umwelt- und Arbeitsschutzes sind rela­ tiv einfach zu erfüllen. Die Lagerung des Materials im Fass oder Container kann in bauartgeprüften Regalsystemen erfol­ gen. Diese können verschlossen werden, bei Bedarf sind sie isoliert oder sogar be­ heizbar und verfügen über die notwendige Auffangwanne. Bei Einsatz dieser bauartgeprüften Sys­ teme ist das Genehmigungsverfahren re­ lativ einfach, weil die Forderungen an den Umweltschutz bereits beachtet wurden. Es bietet sich an, die notwendige Pumpe innerhalb des Regals zu installieren. So be­ findet sie sich in einer Umhausung und bei einer theoretisch möglichen Leckage be­ findet sich auch diese innerhalb bzw. ober­ halb der Auffangwanne. Die Forderungen an die persönliche Schutzausrüstung der Mitarbeiter sind ohne großen Aufwand zu erfüllen. Zusammenfassung Tabelle 4: Ergebnisse für PA 16 7 Sowohl das Bindemittel als auch das Ge­ stein haben einen erheblichen Einfluss auf die Haftung. Haftvermittler verbessern die Haftung zwischen Gestein und Normbitumen bzw. PmB. Haftvermittler verbessern in allen Fällen die Qualität des Mischgutes im Sinne Benetzung (Kontaktwinkel), Haftung (RBT) und Standfestigkeit (ITSR). 04 | 2009 HERSTELLUNG Ganz besonders positiv ist die Wirkung des Haftvermittlers, wenn „schlechtes“ Bitumen und haftkritisches Gestein zum Einsatz kommen. Haftvermittler reduzieren wirksam den Kornverlust von offenporigen Asphalten (OPA). Dies wurde bereits an einer nicht veröffentlichten Teststrecke in der Praxis beobachtet [16]. Trotz der Mehrkosten für das Mischgut durch Einsatz des Haftvermittlers sollte durch eine Verlängerung der Nutzungsdau­ er (Lebensdauer) und somit Einsparungen beim Erhaltungsaufwand durch den Ein­ satz des Haftvermittlers ein ­signifikanter Kostenvorteil zu erzielen sein. Der Einsatz von Haftvermittlern ist dringend zu empfehlen bzw. von den ausschreibenden Stellen zu fordern und sollte Eingang finden in das technische Regelwerk. Bild 2: Asphaltstrecken mit und ohne Haftvermittler Die Arbeitsgruppe Asphalttech­ nik des DAV hat „Hinweise zur Verwendung von Haftmitteln im Asphaltstraßenbau“ erarbeitet, in denen auch auf die Problematik der Lagerstabilität sowie des Umweltund Arbeitsschutzes eingegangen wird. Die Hinweise werden in Kürze in dieser Zeitschrift veröffentlicht. 04 | 2009 Literatur [1] Steffi Sander – Haftung zwischen Gestein und Bitumen und dort zitierte Literatur, asphalt 7/2007 [2] Katrin Hunstock, Kontaktwinkel – ein Maß für das Haftverhalten? Vortrag DAV-DAI-Asphaltseminar Willingen 2009 [3] vertrauliche, private Mitteilung: Diplomarbeit November 2007 [4] S. Korn, „Beurteilung der Benetzbarkeit und des Adhäsionsvermögens von Bitumen mittels Kontaktwinkelmessung“, Diplomarbeit 2004, Hamburg, Hochschule für angewandte Wissenschaften [5] Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael P. Wistuba, Techn. Universität Braunschweig, „Haftverhalten Bitumen – Gestein“, Vortrag DAV-DAI-Asphaltseminar Willingen 2009 [6] DIN EN 12697 – 11, Asphalt – Prüfverfahren für Heißasphalt, Bestimmung der Affinität von Gesteinskörnungen und Bitumen, 2005 [7] Prof. Dr. Ing. K.-W. Damm, Heidenlabor für Baustoff- und Umweltprüfungen, „Haftung von Bitumen an Gestein – Theorie und Erfahrungen“, Vortrag DAV-DAI-Asphaltseminar Willingen 2007 [8] DIN EN 12697 – 12, Asphalt – Prüfverfahren für Heißasphalt, Bestimmung der Wasserempfindlichkeit von Asphalt-Probekörpern [9] Dieser Teil der Studie wurde in Zusammenarbeit der AkzoNobel und dem Zentrallabor der „ELSAN-Grupo OHL“ (Spanien) erstellt [10] DIN EN 12697 – 30, Asphalt – Prüfverfahren für Heißasphalt, Probevorbereitung, Marshall-Verdichtungsgerät [11] DIN EN 12697 – 23, Asphalt – Prüfverfahren für Heißasphalt, Bestimmung der indirekten Zugfestigkeit von Asphalt-Probekörpern [12] DIN EN 12697 – 35, Asphalt – Prüfverfahren für Heißasphalt, Labormischung [13] Dipl.-Ing. Christian Schulze, Inst. F. Straßenwesen, RWTH Aachen, „Kornausbrüche bei Offenporigen Asphalten“, Vortrag Aachener Straßenbau- und Verkehrstage Aachen 11/2008 [14] DIN EN 12697 – 17, Asphalt – Prüfverfahren für Heißasphalt, Kornverlust von Probekörpern aus offenporigem Asphalt [15] AkzoNobel, Asphalt Applications, Americas Newsletter, Spring 2008 [16] persönliche Mitteilung über einen bisher nicht veröffentlichen Test in der Praxis 8