Fallbeispiel Schräubling Die Firma Karosseriebau Schräubling GmbH stellt seit 30 Jahren Wohnmobile und Wohnanhänger her. Neben der Kleinserienfertigung werden auch individuelle Aufbauten in Auftragsfertigung produziert. Die Firma Schräubling beschäftigt 30 Mitarbeiter, das Durchschnittsalter liegt bei 52 Jahren. Die Mitarbeiter in der Fertigung gelten als zuverlässig und werden als Könner in ihren Bereichen angesehen, sind aber im Hinblick auf Überstunden nicht besonders flexibel. Interesse an Weiterbildung ist kaum vorhanden. Seit zwei Jahren stagnieren die Umsätze und das Betriebsergebnis entwickelt sich ebenfalls rückläufig. Daher spielt Firmeninhaber Hans Schräubling mit dem Gedanken, das Angebot des Unternehmens auf technisches Fahrzeugtuning und Effektlackierung auszuweiten. Das benötigte Know-How ist momentan in dem Unternehmen noch nicht vorhanden. Aufgabe 1 Vor einer evtl. Einführung der neuen Leistungen möchte Herr Schräubling die Erfolgsaussichten einschätzen. Welche Kriterien sollte Herr Schräubling prüfen? Aufgabe 2 Auf welche Weise kann Herr Schräubling an diese Informationen gelangen? Aufgabe 3 Wie könnte eine SWOT- Analyse für die Schäubling GmbH in diesem Fall aussehen? Weiterführende Aufgabe (nach Bearbeitung der Module 3 und 4): Aufgabe 4 Beschreiben Sie anhand des Phasenschemas den Weg zu einer Entscheidung in diesem Fall und geben Sie eine Empfehlung für konkrete Maßnahmen. Lösungsansatz Aufgabe 1 Unternehmensinterne Kriterien: Finanzbedarf, Liquidität, KnowHow und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter... Mikroumfeld: Lieferanten, bisherige und zukünftige Wettbewerber, Kunden, Marktpotential... Makroumfeld: Wirtschaftliche Situation/Beschäftigung in der Region, Gesetze/Umweltauflagen... Aufgabe 2 Primärforschung: Befragungen, Anfragen, eigene Schätzung bezügl. der Erfolgsaussichten Sekundärforschung: Veröffentlichungen von Berufsverbänden, Brancheninfo, Tagespresse, Internet, Geschäftsberichte, Preislisten, aktuelle Umsatzzahlen Eigenmarktforschung mit SWOT-Analyse, Portfolioanalyse, Konkurrenzanalyse... Aufgabe 3 SWOT-Analyse mit Strategie-Ansätzen: Opportunities/Chancen - Wachstumsmöglichkeiten - neue Zielgruppen/Märkte Threats/Risiken - sinkende Umsätze - Gefährdung der Liquidität Strengths/Stärken - bekannt am Markt - Qualität der Mitarbeiter - Zuverlässigkeit SO-Strategien - Produktentwicklung - Diversifikation (horizontal) ST-Strategien - Marktdurchdringung, Steigerung der Marketingaufwendungen für bisheriges Angebot - neue Gesellschafter - Fremdfinanzierung der neuen SGE Weakness/Schwächen - Mitarbeiter unflexibel - kein Interesse an Schulungen - hohes Durchschnittsalter WO-Strategien - Schulungsanreize - Verjüngung des Personals WT-Strategien - sinkende Umsätze - Gefährdung der Liquidität Extern (Umwelt) Intern (Unternehmen Aufgabe 4 (bitte begründen und Fallbezug herstellen!) 1. Marktforschung: siehe Aufg. 1 - 3 2. Zielbildung/Marketingziele: Standortsicherung, Produkteinführung, Erschließung eines neuen Marktes, langfristiges Wachstum (ökonomisch), Image-Änderung (psychografisch) 3. Strategien: Wachstumsstrategie: horizontale Diversifikation; Marktstimulierung evtl. Präferenzstrategie; Verhaltensstrategie: Anpassung/Imitator, auch andere Strategien bei entsprechender Begründung möglich) 4. Marketing-Mix: Produktpolitik: Aufbau der Produktion, Weiterbildung, Einstellen von Spezialisten Preispolitik: Festlegen der Preise (Kalkulation) in Abstimmung mit der bisherigen Preisstrategie, evtl. Einführungspreise, Rabatte für bisherige Kunden, Ratenzahlung Kommunikationspolitik: Gezielte Werbung für neue SGE, PR (Kunden müssen umfassend informiert werden Distributionspolitik: Kein Bedarf, da Auftragsfertigung im Handwerk Servicepolitik: Evtl. Hol- und Bringdienst, 5. Durchführung und 6. Kontrolle auf Zielerreichung (nicht vergessen!) Fallbeispiel Lignax Die Firma Lignax Holzbearbeitungsmaschinen AG stellt für den gewerblichen Bereich Kreissägen, Förderbandsägen Holzspalter und Kettensägen her. Die Produkte liegen im Premium-Segment und zeichnen sich durch hohe Ergonomität, Zuverlässigkeit und Verarbeitungsqualität aus. Der Vertrieb erfolgte bisher durch Reisende an Fachhändler sowie direkt an Großkunden wie Kommunen und größere Forstbetriebe. Wegen der stark steigenden Zahl an privaten Holzwerbern möchte das Unternehmen auch auf diesem Markt aktiv werden. Dort werden insbesondere kleine Kettensägen für die gelegentliche Nutzung nachgefragt. Allerdings müssen die Produkte dort ubiquitär verfügbar sein. Die Lignax AG hat in diesem Zusammenhang ein Leichtstart-System entwickelt, das auch Laien den Umgang mit der Säge erleichtert. Dieses System stellt ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb dar. Aufgabe 1 Welche Wachstumsstrategie verfolgt die Lignax AG mit der neuen kleinen Kettensäge? Begründen Sie Ihre Antwort. Aufgabe 2 Geben Sie eine begründete Empfehlung für eine Marktstimulierungsstrategie. Aufgabe 3 Zeigen Sie für diesen Fall den Weg zu einer Marketingentscheidung auf (Phasenschema) und machen Sie einen begründeten Vorschlag für einen umfassenden Marketing-Mix für das neue Produkt unter der Voraussetzung, dass das Image der Lignax AG als Anbieter für Profis nicht verwässert wird. Welche Folgen ergeben sich dabei für die einzelnen Funktionsbereiche der Unternehmung? Aufgabe 4 Auf welche Weise kann die Lignax AG sich gegenüber dem Wettbewerb mittelfristig diesen technischen Vorsprung sichern? Lösungsansatz Aufgabe 1 Wachstumsstrategie (Ansoff) hier: Horizontale Diversifikation. Neue Produkte (kleine Kettensägen) für neue Zielgruppe (private Holzwerber), gleiche Produktionsstufe. Aufgabe 2 Marktstimulierungsstrategie hier: Präferenzstrategie. Die neue Säge ist wie das bisherige gesamte Angebot hochpreisig und von hoher Qualität. Zudem besitzt die neue Säge ein USP (Leichtstart), der vom Wettbewerb vermutlich so schnell nicht nachgebaut werden kann. Aufgabe 3 1. Marktforschung /Situationsanalyse Lignax bisher mit Präferenzstrategie/Qualitätsführerschaft, Zielmarktbearbeitungsstrategie ist Marktsegmentierung bei partieller Marktabdeckung (konzentriertes Marketing), Wachstumschancen auf dem Markt „Private Holzwerber“, die Maschinen müssen von Laien leicht zu bedienen sein, Qualitätsanforderungen nich so hoch wie im Profibereich. Mehr ist der Aufgabenstellung nicht zu entnehmen. 2. Marketingziele Einführung einer neuen Produklinie. Erschließung des Marktes „Private Holzwerber“. Dabei soll das Image als Profi-Anbieter nicht verwässert werden. 3. Marketingstrategien (siehe Aufg. 1 und 2) Wachstumsstrategie: horizontale Diversifikation. Markterschließung. Markenbildung. Marktstimulierung: Präferenzstrategie. Ebenfalls möglich: Wettbewerbsstrategie: Qualitätsführerschaft; Verhaltensstrategie: Anpassung/Imitator (Begründung/Fallbezug nicht vergessen!) 4. Marketing- Mix Produktpolitik Techn. Funktionsbereitschaft herstellen; Design/Ergonomie/Handling; Einrichtung der Fertigung Markierung/Name, dabei Abgrenzung zum Profi-Angebot bei gleichzeitiger Nutzung des bisherigen Images, z. B. durch eine eigene Markefür diese Produktlinie mit dem Hinweis „aus dem Hause Lignax“, besondere Gerätefarbe (vgl. Bosch) Distributionspolitik Erschließung neuer Vertriebskanäle (Baumärkte, Warenhäuser) Preispolitik Evtl. Einführungsrabatte für die Handelsbetriebe (z. B. Baumärkte), da diese die Produkte neu ins Sortiment aufnehmen und bisher noch keine Vertriebspartner waren. Kommunikationspolitik Die neue Zielgruppe und die Händler müssen wissen, dass es die Säge gibt und dass sie gut ist. Daher: Werbung, VKF (Händlerschulung, Vorführungen...), PR, insbes. Verweis auf USP und Qualität Servicepolitik Verlängerte Garantiezeiten, Sägeschein-Angebote, Geld-Zurück-Garantie... 5. Durchführung und 6. Kontrolle auf Zielerreichung (nicht vergessen!) Auswirkungen auf die Funktionsbereiche, z. B. Beschaffung: Auswahl der Lieferanten für die benötigten Bauteile in der entsprechenden Qualität (weniger intensive Nutzung), Verhandlungen über Einkaufspreise, Lieferzeiten, Mengen, Beschaffung der Produktionsanlagen Produktion: Einrichtung der Produktionsanlagen für die neuen Produkte, Aufbau der Serienfertigung Absatz: Erschließung der Vertriebswege, Aufbau des Händlernetzes, Schulung des eigenen Verkaufspersonals und der Händler, Bereitstellung von Produktinformation Aufgabe 4 Anmeldung des Leichtstart-Systems zum Patent (wenn es sich um eine tatsächliche Erfindung handelt), zumindest aber Gebrauchsmusterschutz, um schnellen Nachbau des Systems durch den Wettbewerb zu verhindern.