Quartetto 2 Borodin Quartet Dienstag 2. Februar 2010 20:00

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Quartetto 2
Borodin Quartet
Dienstag 2. Februar 2010 20:00
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händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus.
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Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir
Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir
bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause
einnehmen.
Sollten Sie einmal das Konzert nicht bis zum Ende hören können,
helfen wir Ihnen gern bei der Auswahl geeigneter Plätze, von denen
Sie den Saal störungsfrei (auch für andere Konzertbesucher) und ohne
Verzögerung verlassen können.
Quartetto 2
Borodin Quartet
Ruben Aharonian Violine
Andrei Abramenkov Violine
Igor Naidin Viola
Vladimir Balshin Violoncello
Dienstag 2. Februar 2010 20:00
Pause gegen 20:45
Ende gegen 21:45
2
Dmitrij Schostakowitsch 1906 – 1975
Streichquartett Nr. 1 C-Dur op. 49 (1938)
Moderato
Moderato
Allegro molto
Allegro
Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110 (1960)
Largo
Allegro molto
Allegretto
Largo
Largo
Pause
Alfred Schnittke 1934 – 1998
Streichquartett Nr. 3 (1983)
Andante
Agitato
Pesante
Ludwig van Beethoven 1770 – 1827
Streichquartettsatz B-Dur op. 133 (1825 – 26)
»Große Fuge«
Ouvertura – Allegro – Fuga
3
Zu den Werken des heutigen Konzerts
»Gibt es nur einen einzigen musikalischen Gedanken oder viele parallele
Gedanken gleichzeitig? Handelt es sich um ein Ensemble gleich gesinnter
Instrumente oder um verschiedene miteinander diskutierende Stimmen?
Hier im Gebiet der Kammermusik gibt es öfter ein Ensemble von Gleichgesinnten, die zu einem gemeinsamen Ziel gehen […]«
Alfred Schnittke
Unterhaltend
Zur Geschichte des Streichquartetts
Das Streichquartett bildete sich im 18. Jahrhundert aus Divertimento,
Sonata a quattro und Kammerkonzert heraus. Anfangs wurde es sogar
stehend gespielt. Mit den Werken Haydns und Mozarts avancierte es
zur anspruchsvollsten Kammermusik-Gattung. Konzerte mit Streichquartetten besuchten hauptsächlich »Kenner«, die bereits um 1800
Studienpartituren zur Hand hatten und während des Vortrags aufmerksam mitlasen. Seit den 1820er Jahren wurden Quartette meist
parallel als Einzelstimmen für die Musiker und als kleinere Partitur für
die Zuhörer publiziert. Ein kritisches und an Kunstdebatten reiches
bürgerliches Zeitalter war angebrochen. Den ersten Höhepunkt markierten Beethovens Spätwerke. Neben der Reinheit des homogenen
Streicherklangs veredelte die Symbolzahl Vier den Quartettsatz. Sie
stand als perfekte Naturzahl für die vier Elemente, Himmelsrichtungen und Jahreszeiten. Johann Wolfgang von Goethe charakterisierte
die Gattung folgendermaßen: »Man hört vier vernünftige Leute sich
untereinander unterhalten, glaubt ihren Diskursen etwas abzugewinnen und die Eigentümlichkeiten der Instrumente kennen zu lernen.« Aus dem harmonischen Gespräch wurde im 20. Jahrhundert
allerdings immer öfter ein sich reibender Disput. Doch gerade in der
experimentellen Wandlungsfähigkeit steckt die ewige Aktualität des
Streichquartetts.
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Frühlingshaft
Dmitri Schostakowitsch: Streichquartett Nr. 1 C-Dur op. 49
Als »lyrisches Intermezzo« nach der monumentalen fünften Sinfonie
wurde Dmitrij Schostakowitschs erstes Streichquartett von der russischen Presse bezeichnet. Doch ganz so harmlos ist es bei näherer
Betrachtung nicht. Freilich leistete Schostakowitsch der problemlosen
Einschätzung seines Werks selbst Vorschub, indem er von »vier kleinen
Sätzen« sprach. Zudem äußerte er sich über das 1938 komponierte
Werk: »Ich begann es ohne irgendwelche besonderen Gedanken oder
Gefühle zu schreiben und ging davon aus, dass nichts daraus wird. Ein
Quartett ist nämlich eine der schwierigsten musikalischen Gattungen.
Ich schrieb die erste Seite als eine Art Übung und dachte überhaupt
nicht daran, es zu beenden oder gar zu publizieren […]. Die Arbeit
hat mich aber so in den Bann gezogen, dass ich den Rest unglaublich
schnell fertig hatte. In diesem meinem ersten Quartett sollte man
nicht nach besonderer Tiefgründigkeit suchen. Es ist fröhlich, heiter
und lyrisch. Ich würde es als ›frühlingshaft‹ bezeichnen.«
Dass der 32-jährige Schostakowitsch mit diesem Werk seine epochale Serie von 15 Streichquartetten eröffnete, konnte er damals kaum
ahnen. Die Uraufführung am 10. Oktober 1938 erfolgte in Leningrad
durch das Glasunow-Quartett. Einen Monat später wurde das Werk
vom Beethoven-Quartett auch in Moskau vorgestellt. Die Reaktionen
waren durchweg positiv. Klassisch ist die Anlage mit einem Variationensatz und einem Scherzo in der Mitte. Die beiden Rahmensätze
hat Schostakowitsch während der Kompositionsphase allerdings
vertauscht. So stand das Allegro-Finale ursprünglich am Anfang. Die
»ungebrochene Harmonie« des Quartettes erinnerte den Pianisten
Heinrich Neuhaus an die »kluge Einfachheit« der Gedichte Alexander Puschkins. Schostakowitsch selbst fand sein Werk – in der für ihn
typischen Mischung aus Bescheidenheit und Ironie – »nicht gerade
umwerfend«. Viele Kollegen wären allerdings froh, hätten sie ein solch
ausgewogenes Werk überhaupt vorgelegt.
5
Tragisch
Dmitrij Schostakowitsch: Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110
Auslöser für die Komposition des achten Streichquartetts waren Eindrücke, die Schostakowitsch von dem deutsch-sowjetischen Film Fünf
Tage – fünf Nächte empfing, der von der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg handelt. In Gohrisch bei Dresden arbeitete er 1960 an
einer Filmmusik. In drei Tagen skizzierte er zwischendurch ein neues
c-Moll-Streichquartett, das er nachträglich – unter dem Druck der
kommunistischen Partei – mit der Widmung An die Opfer des Faschismus und des Krieges überschrieb. Doch war das am 2. Oktober 1960 in
Leningrad durch das Beethoven-Quartett uraufgeführte Werk auch
als sein persönliches Requiem gedacht. Die Komposition überschrieb
Schostakowitsch mit »zu meinem Gedächtnis« und versah gleich die
ersten Takte des einleitenden Largo mit seinem Tonmonogramm D-EsC-H. Eine Klangchiffre, die er auch in sein erstes Violinkonzert und die
zehnte Sinfonie einbezog.
Das Streichquartett ist in den Rahmenteilen ganz von einem kontemplativen Atem geprägt, vorherrschend ist die langsame Satzbezeichnung Largo (ein breites Tempo, noch langsamer als Adagio). Nur
in der Mitte steigert sich die Musik kurz zu einem motorisch-wilden
Scherzo (zweiter Satz) und einem geheimnisvoll-verschatteten Walzer (dritter Satz). In den fünf nahtlos aneinander gereihten Sätzen
finden sich zahlreiche Zitate aus eigenen Werken. Dieser Rückblick
wird geschickt mit der neu erfundenen Musik verbunden. Schostakowitsch schließt sich mit dem Quartett außerdem großen Werken der
Musikgeschichte an, die c-Moll zur »Schicksalstonart« stilisierten. Dazu
gehören etwa Beethovens fünfte Sinfonie, Liszts Sinfonische Dichtung
Tasso und Richard Strauss’ Tod und Verklärung, aber auch – innerhalb
der russischen Tradition – Rachmaninows zweites Klavierkonzert,
Skrjabins zweite Sinfonie und Prokofjews dritte Sinfonie.
Über das Quartett bemerkte Schostakowitsch in einem Brief: »Mir
kam in den Sinn, dass mir bei meinem Tod wohl kaum jemand ein Erinnerungswerk schreiben wird. So beschloss ich selbst ein solches Stück
zu verfassen. Man könnte sogar auf das Deckblatt schreiben: ›Dem
Autor dieses Quartetts gewidmet‹. Das Grundthema dieses Quartetts
bilden meine Initialien. Es verwendet Themen meiner Werke und das
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Revolutionslied ›In Kerker zu Tode gemartert‹. Meine eigenen Themen
sind folgende: aus der 1. Sinfonie, der 8. Sinfonie, dem Klaviertrio
[Nr. 2], dem (ersten) Cellokonzert und aus Lady Macbeth. Es gibt auch
Anklänge an Wagner (der Trauermarsch aus Götterdämmerung) und an
Tschaikowsky (das zweite Thema des ersten Satzes der 6. Sinfonie). Ja,
ja! … und dann noch ein Thema aus meiner 10. Sinfonie. Ein ziemliches
Mischmasch. Die Pseudotragödie dieses Quartetts ist derartig, dass
mir, als ich es schrieb, die Tränen so reichlich flossen wie Urin nach
einem halben Dutzend Bieren. Zu Hause versuchte ich zweimal das
Quartett zu spielen, und schon wieder flossen die Tränen. Aber schon
nicht mehr bloß wegen der Pseudotragik des Quartetts, sondern aus
Verwunderung über die wunderschöne Klarheit der Form. Vielleicht
spielte hier eine Art Begeisterung für die eigene Person eine Rolle,
wie sie wohl rasch vorbeigeht und einen Kater in Form von Selbstkritik
hinterlässt.«
Aus dieser privaten Äußerung geht noch einmal hervor, dass das
Quartett für Schostakowitsch neben der allgemeinen Widmung (»an
die Opfer des Faschismus«) eine ganz persönliche Bedeutung hatte.
Er schrieb es zugleich für seinen eigenen Leidensweg im Stalinismus.
Genau in die Entstehungszeit des Werkes fiel die größte Beugung vor
dem diktatorischen Regime, dass ihn ein Leben lang gemaß regelt
hatte: Der Komponist wurde – zum Schrecken vieler Freunde – Mitglied
der Kommunistischen Partei. »Sie haben mich gehetzt, sie haben mich
immer verfolgt«, soll er damals einem Freund weinend erzählt haben.
Nun hatte er nachgegeben. Gerade vor diesem Hintergrund bekommt
die Dramaturgie des vierten Satzes einen Sinn: Nach Wagners Trauermarsch und dem Revolutionslied »Im Kerker zu Tode gemartert« folgt
das Zitat aus der Oper Lady Macbeth von Mzensk (1934), einem Werk,
für das Schostakowitsch vom Regime mit größter Polemik und Verachtung gestraft wurde. Dann schließt sich im letzten Largo der Bogen
zum ersten Satz. Es entfaltet sich ein Fugato über das persönliche
Tonmonogramm D-Es-C-H. So endet auch diese in höchster Niedergeschlagenheit verfasste Komposition mit einem mutigen »und
trotzdem«.
7
Philosophisch
Alfred Schnittke: Streichquartett Nr. 3 (1983)
In Alfred Schnittkes drittem Streichquartett werden zwei Stücke des
heutigen Programms kreativ einbezogen: Es handelt sich um Schostakowitschs Tonmonogramm D-Es-C-H aus dem achten Streichquartett und das Hauptthema aus Beethovens Großer Fuge op. 133. In den
Takten 5 bis 8 werden sie als logische Konsequenz miteinander verschmolzen und bilden so ein neues Thema. Vorbereitet wird es von
einer kleinen Schlussfloskel des Renaissance-Komponisten Orlando
di Lasso aus dessen Stabat Mater. Alle drei Motive mutieren zu einer
zwölftönigen Reihe, die in den Takten 11 bis 16 vorgestellt wird. Bei
genauerer Analyse lassen sich weitere Zitate von Gesualdo und Beethoven sowie versteckte Monogramme finden.
Dieses kompositorische Prinzip umschrieb Schnittke mit dem
Schlagwort »Polystilistik«, als Vorbild darf Schostakowitschs achtes
Streichquartett gelten. Der am Moskauer Konservatorium ausgebildete und anschließend von westlicher serieller Musik beeinflusste
Schnittke erklärte die Technik als »Dialog mit der Vergangenheit«. Der
»Komponist der Gegenwart kann nicht an der täglich sich darbietenden musikalischen Vergangenheit vorbeigehen. […] Wir sind fähig, in
verschiedenen Zeiten zu leben.« Schnittke gab sich nicht als Erfinder
dieses Prinzips aus, sondern beschrieb die »Polystilistik« praktisch als
»Zusammenwirken von verschiedenen Zitaten aus ganz verschiedenen Musiken. Es gibt aber auch Quasi-Zitate, die wie Zitate scheinen,
aber keine sind. In allen Fällen ist es eine Zulassung von eigener Musikwelt und gespiegelter, objektiv existierender Musikwelt.« Die nahtlose
Zusammenführung von Personalstil und fremder Stilistik hat der Komponist seit seiner zweiten Violinsonate (1968) und der ersten Sinfonie
(1972) konsequent weiterentwickelt. Schnittke ist seiner Technik bis
zum Tod treu geblieben, auch nach seiner Emigration in den Westen
Anfang der 1990er Jahre und in seiner Zeit als Lehrer an der Hamburger Musikhochschule.
Sein drittes Streichquartett wurde von der Gesellschaft für Neue
Musik Mannheim in Auftrag gegeben. Erste Aufführungen erfolgten
1984 in der Kunsthalle Mannheim durch das Budapester Eder Quartett
und in Moskau durch das Beethoven-Quartett. Schnittke arbeitete an
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dem Werk 1983. Für die dreisätzige Folge langsam-schnell-langsam
gibt es mehrere Vorbilder, so etwa bei Prokofjew. Im Kopfsatz prallen nach einer kurzen Exposition der zentralen Zitate die Welten di
Lassos und Schostakowitschs aufeinander: Die fein verästelte Polyphonie der Alten Meister trifft auf den expressiven Leidenstopos der
russischen Nachkriegsmusik. Die Zitate sind auch im mittleren Agitato
präsent und ziehen sich bis ins schwerfällige Finale (Pesante) hinein.
Die Motive werden innerhalb der dreisätzigen Gesamtform des Quartetts als wiedererkennbare Leitmotive verwendet. Ihre Neukombination und variierende Fortspinnung zieht allerdings immer tiefer in
den Sog von Schnittkes eigener Tonsprache. »In einer Ausweitung
der musikalischen Ausdrucksmittel« sah Schnittke daher die Vorteile
dieses Kompositionsstils. »In der Tat wäre es schwierig, eine andere
musikalische Technik zu finden, die so geeignet für den Ausdruck der
philosophischen Idee der Kontinuität wäre wie die Polystilistik.«
Kompromisslos
Ludwig van Beethoven: Große Fuge op. 133
»Wie chinesisch« kam schon dem Rezensenten der Uraufführung die
Große Fuge op. 133 vor. Damals bildete sie noch das Finale von Ludwig
van Beethovens Streichquartett B-Dur op. 130, das am 21. März 1826
in Wien auf dem Programm stand. Der ungewöhnliche Zuschnitt dieses Streichquartettsatzes stellte jedoch auch die Ausführenden, das
renommierte Schuppanzigh-Quartett, vor unlösbare Probleme. »Die
Fuge ist so schwer«, stöhnten die Musiker während der Proben. Die
Triolen machten ihnen zu schaffen, »weil es vorzüglich auf Deutlichkeit im haarscharfen Zusammentreffen ankommt.« Außerdem war es
knifflig, »im geschwinden Tempo mit dem Bogen auszukommen und
»die Sprünge über eine Saite« auszuführen. Von Anfang an verlangte
diese Komposition ein spieltechnisches Niveau, das weit über die Zeit
hinaus ging. Wie so oft war dies Beethoven egal. Hatte Mozart seine
Werke noch verfasst, um gleichermaßen »Kenner« und »Liebhaber«
zufriedenzustellen, richtet sich Beethoven mit dieser anspruchsvollen
Musik rücksichtslos an den Fachmann. Dieser sollte sich am besten in
mehreren Schritten dem Werk nähern und es ausgiebig analysieren.
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Erst nach wiederholtem Hören erschließe sich der Sinn, meinten
damals die »Musikkenner« im Publikum. Die »Liebhaber« aber »wünschen dass es ausbliebe«, berichtete der Bruder Johann dem Komponisten wenige Tage nach der Uraufführung. Aber immerhin: Ganz Wien
sprach vom neuen Quartett.
Dennoch trennte Beethoven die Große Fuge – allerdings schweren
Herzens – nach einem halben Jahr vom Quartett. Damit entsprach er
dem Wunsch seines Verlegers Artaria, der verkaufstechnisch dachte
und das Stück 1827 lieber separat druckte. Wie die Missa solemnis
ist der Quartettsatz dem Kardinal Erzherzog Rudolph von Österreich
gewidmet, einem glühenden Verehrer und treuen Förderer. Mit der
Überschrift Grande Fugue tantôt libre, tantôt recherchée ist das Manuskript der Großen Fuge überschrieben, auf Deutsch: Große Fuge, bald
frei, bald streng gestaltet. Damit spricht Beethoven den Aufbau seines
Meisterwerks an und erklärt seine Meinung zum Thema Kontrapunktik. Nur die Verschmelzung von strenger Satzkunst und freier Fantasie kam für ihn in Betracht, ebenso eine Übereinanderschichtung
von Prinzipien der klassischen Sonatenform und der barocken Fuge.
Was Mozart im Finale seiner Jupiter-Sinfonie andeutet, spinnt Beethoven mutig weiter. Eine gravitätische Overtura (Einleitung) exponiert
zunächst – rüde hintereinander gereiht – alle vier Varianten des späteren Fugenthemas in den unterschiedlichen Tonarten G-Dur, C-Dur,
F-Dur und B-Dur. Dann folgen drei unterschiedliche Hauptteile, bei
denen es sich um jeweils eigenständige Fugen handelt. Gemäß dem
klassischen Sonatensatz kann man sie als Hauptsatz, Seitensatz und
Durchführung deuten, muss es aber nicht.
In zackigen Punktierungen eilt der erste Abschnitt (Allegro) dahin,
der zweite mäßigt das Tempo, während der umfangreichste dritte die
Durchführung auf die Spitze treibt. Die Dekonstruktion des Themas
in kleinste Motivpartikel wird permanent vorangetrieben. Kurz vor
Schluss werden alle vier Varianten des Fugenthemas in gewandelter Reihenfolge kurz aufgegriffen und in der Coda noch einmal neu
kombiniert. In der Tat erschließt sich die Größe dieser Komposition
erst im Detail und bei genauem Studium der Partitur. Vielen Ersthörern kommt die Große Fuge auch heute noch »wie chinesisch« vor,
zumal Beethoven ohne Rücksicht auf Verluste komponiert. Die radikale Linearität, mit der er alle vier Musiker ganz zum Diener einer
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übergeordneten Idee macht, schreckt auch vor schroffen Dissonanzen
und einer unglaublich rauen Behandlung der Streichinstrumente nie
zurück. Der 742 Takte umfassende Satz gehört zu den kompromisslosesten Werken des späten Beethoven. Von einem so hellsichtigen
Zeitgenossen wie dem befreundeten Verleger Maurice Schlesinger
wurde die Musik allerdings als »wahre Kunst der Fuge« gepriesen.
Matthias Corvin
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Borodin Quartet
Das Borodin Quartet zählt zu den bedeutendsten Streichquartetten unserer Zeit. Es wurde
1945 von Studenten des Moskauer Konservatoriums gegründet. Seinen ersten Namen
– Moskauer Philharmonisches Quartett – änderte es 1955 in Borodin Quartet. Andrey
Abramenkov trat dem Quartett 1975 bei. Ruben Aharonian und Igor Naidin spielen seit
1996 im Borodin Quartet. 2007 kam Vladimir Balshin hinzu (als Nachfolger des Cellisten
Valentin Berlinsky, der noch Gründungsmitglied des Quartetts war). Die spezielle Affinität
zum russischen Repertoire wurde stark durch die Zusammenarbeit mit Dmitrij Schostakowitsch beeinflusst, der persönlich die Einstudierung seiner Streichquartette durch das
Borodin Quartet betreute. Das Borodin Quartet spielte den Schostakowitsch-Zyklus, dessen
Interpretation weltweit als maßgebend angesehen wird, in vielen großen Musikzentren
wie Wien, Zürich, Madrid, Lissabon, London, Paris, Sevilla und New York. In jüngerer Zeit
ist das Ensemble mit einem weiter gefassten Repertoire weltweit zu hören. Neben reinen
Quartettabenden spielt das Borodin Quartet regelmäßig auch mit anderen hervorragenden
Musikern in erweiterten kammermusikalischen Besetzungen. Zu den Partnern des Quartetts zählen u. a. Yuri Bashmet, Elisabeth Leonskaja und Christoph Eschenbach. Mit einem
Zyklus sämtlicher Beethoven-Quartette im Amsterdamer Concertgebouw und im Wiener
Musikverein, mit Galakonzerten in Moskau, London (Wigmore Hall) und Paris (Théâtre
des Champs-Elysées) sowie zahlreichen weiteren Konzerten weltweit feierte das Borodin
Quartet 2005 sein 60-jähriges Bestehen. Die Aufnahmen des Borodin Quartets umfassen
u. a. sämtliche Streichquartette von Beethoven, Quartette von Borodin, Schubert, Webern
und Rachmaninow, Tschaikowskys Souvenir de Florence, Schuberts Streichquintett, Haydns
Sieben letzte Worte sowie eine CD mit russischen Miniaturen. Die Einspielungen erhielten
alle hervorragende Kritiken. Die Aufnahme der Tschaikowsky-Quartette wurde 1994 mit
dem Gramophone Award ausgezeichnet. In der Kölner Philharmonie war das Borodin
Quartet zuletzt im Februar 2005 zu Gast.
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KölnMusik-Vorschau
05.02.2010 Freitag 20:00
Nach dem Konzert direkt vom
Foyer ins Café-Restaurant
»Ludwig im Museum«
»Ludwig im Museum« ist der Name des
Café-Restaurants im Museum Ludwig, zu
dem Sie ab sofort über die Wendeltreppe
im Foyer direkten Zugang haben.
Lassen Sie Ihren Konzertbesuch bei einem
Essen oder aber auch nur bei einem Glas
Wein gemütlich ausklingen!
Das Café-Restaurant hat bis auf montags
an allen Wochentagen zwischen 10 Uhr und
23 Uhr geöffnet.
Weitere Informationen auf
ludwig-im-museum.de
Jiang Kemei Huqin
Zhou Dongchao Suona
China Broadcasting Traditional Orchestra
Pang Kapang Dirigent
Chinesisches Neujahrskonzert
»Ins Jahr des Tigers«
Mit farbenprächtigen Kostümen und
exotischen Instrumenten entführt das
China Traditional Orchestra in das Reich
der Mitte. Bildhafte chinesische Klänge und
Bearbeitungen berühmter westlicher Werke
geleiten durch das chinesische Neujahrsfest.
07.02.2010 Sonntag 11:00
FF – Fastelovend Ferkeet
Karnevalistische Matinee zugunsten der
Schull- un Veedelszöch
04.02.2010 Donnerstag 12:30
PhilharmonieLunch
WDR Sinfonieorchester Köln
Wolfgang Lischke Dirigent
30 Minuten kostenloser Musikgenuss beim
Probenbesuch: Eine halbe Stunde vom Alltag
abschalten, die Mittagspause oder den Stadtbummel unterbrechen und sich für kommende
Aufgaben inspirieren lassen.
PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik
gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester
Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln
ermöglicht. Medienpartner Kölnische
Rundschau.
KölnMusik gemeinsam mit dem WDR
Sinfonieorchester Köln
Eintritt frei
KölnMusik gemeinsam mit
»Freunde und Förderer des
Kölnischen Brauchtums e.V.«
07.02.2010 Sonntag 18:00
Kölner Sonntagskonzerte 4
Christian Zacharias Klavier und Leitung
Orchestre de Chambre de Lausanne
Ludwig van Beethoven
Ouvertüre aus:
Die Geschöpfe des Prometheus D-Dur op. 43
Konzert für Klavier und Orchester
Nr. 1 C-Dur op. 15
Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
13
12.02.2010 Freitag 20:00
13.02.2010 Samstag 20:00
14.02.2010 Sonntag 20:00
Helge Schneider
Pete York dr
Sandro Giampietro git
Jochen Bosak p
Rudi Olbrich b
Volker Bertzky sax
Bodo Oesterling perc
Karnevalsshow – Komm hier haste ne Mark!
Von der »Singenden Herrentorte« der achtziger
Jahre über den »Telefonmann« der neunziger
und den Helden von »I brake together« oder
»Akopalüze nau«: Multiinstrumentalist,
Hardcore-Komiker und Träger des »Goldenen
Schlitzohr« Helge Schneider kehrt zurück.
KölnMusik gemeinsam mit
meine SUPERMAUS GmbH
18.02.2010 Donnerstag 12:30
PhilharmonieLunch
Gürzenich-Orchester Köln
Jun Märkl Dirigent
30 Minuten kostenloser Musikgenuss beim
Probenbesuch: Eine halbe Stunde vom Alltag
abschalten, die Mittagspause oder den Stadtbummel unterbrechen und sich für kommende
Aufgaben inspirieren lassen.
PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik
gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester
Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln
ermöglicht. Medienpartner Kölnische
Rundschau.
KölnMusik gemeinsam mit
dem Gürzenich-Orchester Köln
Eintritt frei
18.02.2010 Donnerstag 20:00
Lang Lang Klavier
Ludwig van Beethoven
Sonate für Klavier Nr. 3 C-Dur op. 2, 3
Sonate für Klavier Nr. 23 f-Moll op. 57
»Appassionata«
Isaac Albéniz
Ibéria. Buch 1
Sergej Prokofjew
Sonate für Klavier Nr. 7 B-Dur op. 83
18.02.2010 Donnerstag 21:00
Alter Wartesaal
TRIPCLUBBING
Solisten der musikFabrik
Nicolas Tribes Moderation und DJing
Musikmaterie.
»Das Auge hört mit.« – Das ist nicht nur eine
Variante einer bis aufs Äußerste strapazierten
Floskel, denn wer mit offenen Augen einem
Musikstück folgt, der sieht, wie Musiker
miteinander kommunizieren, ohne zu
sprechen; der sieht Klänge; der sieht, dass
Musik eine bildliche Sprache ist. In diesem
Konzert der musikFabrik werden Musik und
Klangereignisse mit sparsam-effektvollem
Licht und schlichtem Bühnenbau in eine
fast greifbare Form versetzt. Musik wird zur
Materie.
Präsentiert von StadtRevue – Das Kölnmagazin
TRIPCLUBBING ist ein Projekt im Rahmen
von ON – neue Musik Köln. ON – Neue Musik
Köln wird gefördert durch das Netzwerk neue
Musik, ein Förderprojekt der Kulturstiftung des
Bundes, sowie durch die Stadt Köln und die
RheinEnergieStiftung Kultur.
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19.02.2010 Freitag 20:00
21.02.2010 Sonntag 20:00
Orgel plus … 3
Köln-Zyklus der Wiener Philharmoniker 2
Iveta Apkalna Orgel
Wiener Philharmoniker
Lorin Maazel Dirigent
Sergej Prokofjew / Jean Guillou
Toccata d-Moll op. 11 für Klavier
Transkription für Orgel
Georges Bizet / Jörg Abbing
L’Arlésienne-Suite
Transkription für Orgel
Joseph Jongen
Toccata op. 104
für Orgel solo
Anton Bruckner
Sinfonie Nr. 3 d-Moll WAB 103
Igor Strawinsky
Le Sacre du printemps
Bilder aus dem heidnischen Russland
in zwei Teilen
ON – Schlüsselwerk der neuen Musik
Sonata eroïca op. 94
für Orgel solo
KölnMusik gemeinsam mit der Westdeutschen
Konzertdirektion Köln – Kölner Konzert Kontor
Heinersdorff
Franz Liszt / Jean Guillou
Prometheus S 99
Transkription für Orgel
25.02.2010 Donnerstag 12:30 Uhr
PhilharmonieLunch
20.02.2010 Samstag 20:00
Thomas Quasthoff voc
Bruno Müller g
Dieter Ilg b
Wolfgang Haffner perc
Frank Chastenier p
Tell It Like It Is
Thomas Quasthoff ist berühmt für Schubertlieder, Mahlerklänge, Bachkantaten – und
für Jazz. Und er sagt selbst: »Wenn ich Jazz
singe, dann klingt das nach Jazz und nicht
nach Klassik im Jazzgewand«. Ein Abend mit
Jazzstandards.
21.02.2010 Sonntag 15:00
Filmforum
W. A. Mozart: DON GIOVANNI
(D/A 2008, 180 Min. · ita.OmU)
Salzburger Festspiele 2008 · Wiener
Philharmoniker, Bertrand de Billy
Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor,
Thomas Lang · Inszenie rung: Claus Guth ·
Bildregie: Brian Large · Mit: Christopher
Maltman, Erwin Schrott, Annette Dasch,
Dorothea Röschmann, Ekaterina Siurina
KölnMusik gemeinsam mit
Kino Gesellschaft Köln
WDR Sinfonieorchester Köln
Marin Alsop Dirigentin
30 Minuten kostenloser Musikgenuss beim
Probenbesuch: Eine halbe Stunde vom Alltag
abschalten, die Mittagspause oder den Stadtbummel unterbrechen und sich für kommende
Aufgaben inspirieren lassen.
PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik
gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester
Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln
ermöglicht. Medienpartner Kölnische
Rundschau.
KölnMusik gemeinsam mit dem
WDR Sinfonieorchester Köln
Eintritt frei
15
Ihr nächstes
Abonnement-Konzert
25.02.2010 Donnerstag 20:00
Dienstag 09.03.2010 20:00
Klassiker! 4
Philharmonie für Einsteiger 4
Quartetto 3
Mahler Chamber Orchestra
Edward Gardner Dirigent
Benjamin Britten
Four Sea Interludes op. 33a (1945)
für Orchester. Aus der Oper »Peter Grimes«
Dawn
Sunday Morning
Moonlight
Storm
Béla Bartók
Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug
und Celesta Sz 106
Sergej Prokofjew
Romeo und Julia, Auszüge aus den
Sinfonischen Suiten op. 64a und b
Bedauerlicherweise musste Seiji Ozawa
aufgrund einer Erkrankung alle Konzerte in
der ersten Jahreshälfte absagen. Wir danken
Edward Gardner für die Übernahme des
Dirigats.
Förderer der MCO Residenz NRW:
KUNSTSTIFTUNG NRW, DER MINISTERPRÄSIDENT DES LANDES NORDRHEINWESTFALEN
ON – Schlüsselwerk der neuen Musik
28.02.2010 Sonntag 16:00
Sonntags um vier 4
Viviane Hagner Violine
Moskauer Solisten
Yuri Bashmet Viola und Leitung
Joseph Haydn
Sinfonie f-Moll Hob. I:49
»La Passione«
Alfred Schnittke
Monolog
für Viola und Streicher
Wolfgang Amadeus Mozart
Sinfonia concertante für Violine, Viola und
Orchester Es-Dur KV 364
Igor Strawinsky
Concerto en Ré für Streichorchester
Emerson String Quartet
Eugene Drucker Violine
Philip Setzer Violine
Lawrence Dutton Viola
David Finckel Violoncello
Charles Ives
Streichquartett Nr. 1 (1897-1909)
»From the Salvation Army«
Lawrence Dillon
Streichquartett Nr. 5 (2009)
»Through the Night«
Uraufführung
Samuel Barber
Adagio
aus: Streichquartett h-Moll op. 11 (1936)
Antonín Dvořák
Streichquartett Nr. 12 F-Dur B 179 op. 96 (1893)
»Amerikanisches«
Philharmonie Hotline +49.221.280280
koelner-philharmonie.de
Informationen & Tickets zu allen Konzerten
in der Kölner Philharmonie!
Kulturpartner der Kölner Philharmonie
Herausgeber: KölnMusik GmbH
Louwrens Langevoort
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Geschäftsführer der KölnMusik GmbH
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koelner-philharmonie.de
Redaktion: Sebastian Loelgen
Corporate Design: Rottke Werbung
Textnachweis: Der Text von Matthias Corvin
ist ein Originalbeitrag für dieses Heft.
Fotonachweis: Keith Saunders S. 11
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