Einführung in die Astrophysik (I) Physik der Sterne Helmut Meusinger, TLS Tautenburg 0.1 Skalen kosmischer Objekte Entfernung: kleinste: Planck-Länge (kleinste Länge der RT) lP lanck ≈ 10−35m größte: entfernteste Galaxien(z = 5...6) r ≈ 1027cm (modellabhängig) −→ 62 Größenordnungen Zeit: kleinste: Planck-Zeit τP lanck = lP lanck /c ≈ 10−43s größte: Alter der ältesten Sterne: τmax ≈ 1018s −→ 61 Größenordnungen Masse: kleinste häufig benutzte: e− -Masse, me ≈ 10−30kg größte: Galaxienhaufen m ≈ 1045kg −→ 75 Größenordnungen =⇒ angepaßte Maßeinheiten sinnvoll! 1 pc = 3.086 1016 m 1 yr = 3.154 107 s 1 M⊙ = 1.989 1030 kg Energie: Kosmos bei t = 10−43s (Planck-Zeit) 1019 GeV Kosmos bei t = 10−35s (Symm.br. stark-el.schwach) 1014 GeV Beschleuniger (Fermi-Lab) 5 102 GeV 0.2 Die Unterteilung der Astronomie ...nach Zielsetzung und Methode “Klassische” (“fundamentale”) Astronomie: untersucht Licht von Gestirnen insbesondere bzgl. Positionen, fragt nicht nach physikalischen Ursachen der Strahlungsemission -Astrometrie (sphärische Astronomie, Positionsastronomie): Koordinatensysteme untersuchen Örter und Bewegungen der Gestirne am Himmel bestimmen -Himmelsmechanik: Bewegung der Himmelskörper unter Wirkung der Gravitationskräfte Astrophysik: Messung von Qualität und Quantität der Strahlung (Helligkeit, spektrale Zusammensetzung, Polarisationsgrad) → Aussagen über physikalische Zustände, chemische Zusammensetzung und Entwicklung (!) der Himmelskörper und des Kosmos ... nach Spekralbereich etabliert: Radioastronomie Infrarot- (Raumfahrt) optische - (z.T. Raumfahrt) Ultraviolett- (Raumfahrt) Röntgen- (Raumfahrt) Gamma- (Raumfahrt) im Kommen: NeutrinoGravitationswellen- ... nach Objekten Planetensystem: Planetologie, Entstehung Sonnensystem Sonne: nahester Stern Stellarastronomie: Sternphysik Aufbau und Entwicklung der Sterne Stellarstatistik Statist. Untersuchung d. Verteilung d. Sterne Interstellare Materie: Gas, Staub, Magnetfelder, Strahlungsfeld,... → WW mit Sternphysik (Materiekreislauf) Extragalaktik: Räumliche Anordnung, Aufbau (physikalische Zustände) und Entwicklung der Sternsyteme (Galaxien) Kosmologie: Struktur und Entwicklung (!) des Weltalls als Ganzes Astroteilchenphysik/Teilchenastrophysik 0.3 Einige aktuelle Forschungsschwerpunkte • Struktur des Universums - Physikalische Kosmologie (kosmologische Parameter) - Astro-Teilchenphysik (Woraus besteht das Universum?) - Gravitations-Astronomie • Große Struktureinheiten - Galaxienhaufen - Struktur und Entwicklung von Galaxien - Aktive Galaxienkerne und Schwarze Löcher • Materiekreislauf - interstellares Medium und junge Sterne - Sonne und Sterne - astrophysikalische Laboratorien - Endstadien der Sternentwicklung • Urspünge - der frühe Kosmos (Urknall) - kosmische Strukturbildung und Galaxienentstehung - Sternentstehung, global: sternbildende Systeme - Sternentstehung, lokal: Wie macht man Felsen aus Wolken? - protoplanetare Scheiben und Entstehung von Planeten - Entstehung von Leben, habitable extrasolare Planeten? Erstes Bild eines extrasolaren Planeten: der Begleiter (b) des Sterns GQ Lup A. Aufgenommen mit VLT im Juni 2004 (Neuhäuser, Günther, Wuchterl, et al.) 0.4 Überblick Vorlesung Sternpysik Schwerpunkte: • stellare Zustandsgrößen (Beobachtung) • Theorie der Sternatmosphären (Überblick) • Theorie des inneren Aufbaus der Sterne • Sternentwicklung, veränderliche Sterne • Spätstadien der Sternentwicklung, stellare Reste • Entstehung von Sternen und Planetensystemen Physik der Sterne integriert insbesondere: - Strahlungstheorie: WW Strahlung-Materie - Thermodynamik - Hydrodynamik der Strömungsvorgänge - Magnetohydrodynamik und Plasmaphysik - Kernphysik, Energieerzeugung, Materie bei hohen Dichten - Hochenergieastrophysik (Röntgen, Gamma) - Neutrino-, Gravitationswellenphysik Literaturempfehlungen: 1. Sternphysik Ostlie D. A., Carroll B. W., Modern Stellar Astrophysics (Adison-Wesley, 1996) 2. Astronomie allgemein Dorschner, J. et al., Handbuch der experimentellen Physik. Astronomie - Astrophysik - Kosmologie (Aulis Verlag, 2011) Bennett, J., et al., Astronomie. Die kosmische Perspektive (Pearson Studium, 2009) Unsöld A., Baschek B., Der neue Kosmos 6. Auflage (Springer, Berlin usw., 1999) Karttunen et al., Astronomie – Eine Einführung (Springer, Berlin usw., 1990) 3. Geschichte der Sternphysik Hearnshaw J.B., The Analysis of Starlight (Univ. Press, Cambridge, 1986) 0.5 Stellarstronomie: kurzer historischer Abriss 1838 erste trigonometrische Sternparallaxen (F.W. BESSEL, T. HENDERSON, F.G.W. STRUVE) um 1850 Grundlegung der astronomischen Fotometrie um 1860 Spektralanalyse (G.R. KIRCHHOFF, R.W. BUNSEN) =⇒ eigentlicher Beginn der Astrophysik um 1890 Beginn der Sternspektroskopie (H.C. VOGEL,...) um 1910 2-dimensionale Klassifikation der Sterne (Riesen, Zwerge) (E. HERTZSPRUNG, H.N.RUSSELL) um 1910 - Stabilität von Gaskugeln (R. EMDEN) - Energietransport in ∗-Atmosphären (K. SCHWARZSCHILD) - Innerer Aufbau der Sterne (A.S. EDDINGTON) um 1920 Theorie der Ionisation und Anregung (M.N. SAHA,...) um 1930 Verbindung von Theorie des Strahlungsstransports mit Quantentheorie (Abs.koeffizienten) und Hydrodynamik 1938 Kernreaktion für solare Energieerzeugung (B-W-Prozess) um 1960 numerische Berechnung von Sternmodellen (L. HENYEY) 1967 1. Entdeckung eines Neutronensterns (A. HEWISH) 1987 SN 1987 a in Großer Magellanscher Wolke um 1995 Protoplanetare Scheiben, 1. “Exo-Planet” (zweifelsfrei) 1. Sternkoordinaten 1.1 Astronomische Koordinatensysteme 1.1.1 Die Himmelskugel Ort = Richtung (Entfernung unbestimmt) =⇒ Projektion auf Sphäre mit r → ∞ ≡ “Himmelskugel” (Erde ≡ Punkt, d.h. Verhältnisse für alle Beobachter auf der Erde identisch) Großkreis Schnittlinie einer Ebene, die MP der Kugel enthält, mit der Sphäre (teilt Sphäre in 2 Hemisphären) Kleinkreis ... analog für Ebene, die nicht MP enthält Pol Durchstoßpunkt einer Linie, die ⊥ auf Großkreis steht, durch Sphäre sphärisches Dreieck auf Sphäre, dessen Seiten Bogen von Dreieck Großkreisen sind (Winkelsumme> 180o !) 1.1.2 Allgemeines zu Koordinatensystemen rechtwinkliges sphärisches Koord.Syst. ist definiert durch • Grundebene, die Sphäre in Großkreis schneidet (Grundkreis=GK) • Leitpunkt auf dem Grundkreis Ein Halbgroßkreis durch beide Pole und das Gestirn schneidet den GK im Fußpunkt. =⇒ Koordinaten: • ⊥ Abstand vom GK • Abstand Fußpunkt-Leitpunkt 1.1.3 Horizontsystem Grundebene = Tangentialebene an Erdkugel (Lot) Grundkreis = wahrer (mathemat.) Horizont Leitpunkt = N (oder S) Pole Zenit ⊥ über Beob. Nadir ⊥ unter Beob. Koord. Azimut a in o (N→O→S) Höhe h in o (GE→Z > 0) Zenitdistanz z ≡ 90o − h Punkte gleichen Azimuts = Vertikal a = 0o , 180o (NSZ): Meridian a = 90o, 270o (OZW): 1. Vertikal Vorteile: Koordinaten einfach und genau bestimmbar (Lot) Nachteile: Koordinaten abhängig von Ort und Zeit 1.1.4 Äquatorsystem Grundebene = Ebene des Erdäquators Grundkreis = “Himmelsäquator” Pole: Durchstoßpunkte der Erdachse durch die HiKu Ruhendes Äquatorsystem Leitpunkt = Schnittpunkt HÄ-Meridian (des Beob.ortes!) Koordinate Zählweise Stundenwinkel τ in Richtg. scheinb. tägl. Beweg. i.a. in Zeiteinheiten 0h ...24h Deklination δ in o (GE→NP > 0) Für ⋆, das Position an der HiKu nur infolge Erdrot. verändert (Fixstern), gibt τ die Zeit an, die seit letztem Meridiandurchgang des ⋆ vergangen ist. Nachteile: eine Koordinate (τ ) abhängig von Ort und Zeit Rotierendes Äquatorsystem Leitpunkt = Fixpunkt auf HÄ, der an scheinbarer tägl. Beweg. teilnimmt → Ort der Sonne zur Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche (-Äquinoktium) ≡ Frühlingspunkt oder Widderpunkt Υ Sternzeit t ≡ Stundenwinkel der Frühlingspunktes τΥ Koordinate Zählweise Rektaszension α entgegen d. tägl. scheinb. Beweg. Deklination δ i.a. in Zeiteinheiten 0h ...24h (Υ →W→N) in o (GE→NP > 0) Stundenwinkel τ = Sternzeit t - Rektaszension α Vorteil: Leitpunkt ist von der Erdrotation unabhängig → Koordinaten sind unabhängig vom Beobachtungsort und somit geeignet zur Positionsbestimmung von Himmelskörpern, die nicht dem Sonnensystem angehören Wie findet man ein Gestirn am Himmel? gegeben: Teleskop mit äquatorialer Montierung: Drehung um Achse k Erdachse (Stunden-A.) zur Einstellung von τ Drehung um Achse ⊥ Erdachse (Deklinations-A.) zur Einstellung von δ α, δ aus Katalog, t von Sternzeituhr → τ = t − α für Teleskopeinstellung 1.1.5 Galaktisches Koordinatensystem Grundebene = Symmetrie-Ebene des Milchstraßensystems Grundkreis = galaktischer Äquator (angedeutet durch Milchstraße) Pole = galaktischer Nordpol PG , Südpol PG′ Leitpunkt = Richtung galaktisches Zentrum Koordinate Zählweise galaktische Länge l in o entgegen Uhr von PG aus gesehen galaktische Breite b in o (GE→ PG > 0) galakt. Zentrum: α1950 = 17h42min δ1950 = −28.9o (Sagittarius) galakt. Nordpol: α1950 = 12h49min δ1950 = +27.4o (Coma Berenices) 1.1.6 Koordinatentransformationen Relationen der sphärischen Trigonometrie rechtwinklige Koordinaten des Punktes P im System xyz bzw. x′ y ′ z ′ : x = cosΨ cosΘ y = sinΨ cosΘ z = sinΘ x′ = cosΨ′ cosΘ′ y ′ = sinΨ′ cosΘ′ z ′ = sinΘ′ Zusammenhang beider Systeme: Drehung um x = x′ x′ = x y ′ = z sinχ + y cosχ z ′ = z cosχ − y sinχ Daraus folgt der Zusammenhang: cosΨ′ cosΘ′ = cosΨ cosΘ ′ ′ sinΨ cosΘ = sinΘ sinχ + sinΨ cosΘ cosχ sinΘ′ = sinΘ cosχ − sinΨ cosΘ sinχ Überführung in Relationen im sphärischen Dreieck: A = 90o + Ψ → Ψ = A − 90o Θ + b = 90o → Θ = 90o − b B = 90o +Ψ′ → Ψ′ = B−90o Θ′ + a = 90o → Θ′ = 90o − a Damit ergibt sich: cos(B − 90o)cos(90o − a) = cos(A − 90o ) cos(90o − b) sin(B − 90o)cos(90o − a) = sin(90o − b) sinc + cosc sin(A − 90o ) cos(90o − b) sin(90o − a) = sin(90o − b) cosc − sinc sin(A − 90o ) cos(90o − b) wegen sin(90o − x) = cosx, cos(90o − x) = sinx, sin(x − 90o ) = −cosx cos(x − 90o ) = sinx folgt schließlich: sinBsina = sinA sinb cosBsina = cosb sinc − cosc cosA sinb cosa = cosb cosc + sinc cosA sinb (Sinussatz) (Sinus-Cosinus-Satz) (Seiten-Cosinus-Satz) Umrechnung zwischen Horizont- und Äquatorssytem Nautisches Dreieck: Zenit-Himmelsnordpol-Gestirn A = 360o − a (a ist Azimut!) B=τ a = 90o − δ (a ist Seite!) b=z c = 90o − ϕ sinτ cosδ = −sina sinz cosτ cosδ = cosz cosϕ − sinϕ cosa sinz sinδ = cosz sinϕ + cosϕ cosa sinz analog für Umrechnung äquatorialer in horizontale Koordinaten: sina sinz = cosδ sinτ cosz = sinϕ sinδ + cosϕ cosδ cosτ −cosa sinz = cosϕ sinδ − sinϕ cosδ cosτ beachte: Zählweise des Azimuts a (hier von N); Vorzeichenumkehr in Termen mit a, wenn a von S gezählt wird (a → a − 180o )! Äquatoriale in galaktische Koordinaten cosb cos(l − 33o) = cosδ cos(α − 282.25o) cosb sin(l − 33o) = sinδ sin62.6o + cosδ cos62.6o sin(α − 282.25o) sinb = sinδ cos62.6o − cosδ sin62.6o sin(α − 282.25o) 1.2 Präzession • “Äquatorwulst” der Erde • Käfte durch Sonne und Mond liegen in der Ekliptikebene und Y > X > Z • Bezug auf Erd-MP und Komponentendarstellung → Kräfte versuchen, Äq. in Ekliptik zu drehen aber: Erde rotiert (→ Kreisel); Drehimpulsvektor S (in Rot.achse) reagiert auf Drehmoment M gemäß dS/dt = M (weicht aus) Himmelspol (S) beschreibt in ca. 26 000 a (Platonisches Jahr) Kreis an d. Sphäre um Pol d. Ekliptik (Radius = Schiefe d. Ekliptik) → Υ wandert längs Ekliptik entgegen jährl. Sonnenbewegung ≡ Lunisolarpräzession p1 = 50.37′′ pro Jahr (infolge Sonne und Mond, ca. 30” vom Mond!) weiterhin: Bahnebene der Erde nicht identisch mit Hauptebene der großen Planeten → Drehmoment, das Erdbahnebene in Hauptebene der Planeten ziehen will → Erde (über Bahn “verschmiert”) reagiert als Kreisel → Verschiebung der Erdbahnebene (Ekliptik) an der Sphäre ≡ Planetenpräzession p2 = 0.125′′ pro Jahr zusammen: Ä1, Ä2 E1 , E2 Υ1 , Υ2 Υ1Υ′2 Υ′2Υ2 Äquator bei t1 , t2 Ekliptik ... Frühlingspunkt... Lunisolar-Präzess. p1 Planeten-Präzess. p2 näherungsweise ebene Dreiecke (kleine Strecken) → Präzessionskonstanten: m = p1 cos ǫ − p2 n = p1 sin ǫ m, n, ǫ sind zeitlich veränderlich; Werte (2000.0): m = 3.07419 s/a, n = 1.33589 s/a = 20.0383′′/a Koordinatenänderungen: dα = m + nsin α1 tan δ1 ǫ = 23o 26′21.4′′ dδ = ncos α1 Nutation (Bradley 1747) ≡ period. Störungen der Präzession → Wellenlinie, die Kreisbahn des Himmelspols überlagert ist (Amplitude ≈ 9′′) N. ändert Lage des Frühlingspunktes (Nutation in Länge) und Schiefe der Ekliptik (Nutation in Schiefe) hauptsächliche Einflüsse vom Mond, insbesondere: Mondbahn um ca. 5o gegen Ekliptik geneigt → Sonne versucht Mondbahn in Ekliptik zu ziehen → Kreiselbewegung der Mondbahn (Bewegung der Mondknoten), Periode 18.6 a → period. Richtungsänderung des max. Drehmoments des Monds auf Erde → wahrer Himmelspol beschreibt Nutationsellipse um mittleren Pol 1.3 Sternnamen (a) Eigennamen (z.B. Sirius, Capella, Wega, Beteigeuze, Deneb,...) (b) nach Sternbildern - griech. Buchstabe + Genitiv des lateinischen Namens des Sternbilds - Reihenfolge d. Buchstaben entspricht i.allg. Reihenfolge d. Helligkeit - nach griech. Buchstaben Zahlen oder lat. Buchstabe Eigenname Deneb Sirius Polarstern Sternbild Schwan gr. Hund kl. Bär lt. Name Cygnus Canis Major Ursa Minor Sternname α Cygni α Canis Majoris α Ursae Minoris Abk. α Cyg α CMa α UMi (c) nach Katalogen z.B. Capella = α Aur = BD +451 077 = HD 34 029 (Nebel: z.B. M 31, NGC 1275, IC 1613) (d) Besonderheiten: - Doppelsterne (Mehrfach-): Sternname+A (B,...); z.B. Sirius A, Sirius B [beachte aber: Radioquelle durch Sternbild+A (B,...); z.B. Perseus A] - Veränderliche: besondere Namen wie RR Lyrae, RW Aurigae,... 1.4 Himmelsdurchmusterungen, Datenbanken Palomar Observatory Sky Survey (POSS) • zunächst POSSI: Nordhalbkugel (δ > −20): 935 Felder (6.6o × 6.6o), • jeweils im blauen und roten Spektralbereich • mit 1.2-m-Schmidt-Teleskop des Mt. Palomar Observatoriums • Beginn: 50er Jahre • später erweitert auf Südhalbkugel (ESO, UKST) • Neuauflage mit empfindlichen Platten in 90er Jahren (POSSII) • ESO Online Digitized Sky Survey: http://archive.eso.org/dss/dss USNO-B1.0 Catalog (Monet+ 2003) • enthält Positionen, Eigenbewegungen und optische Helligkeiten • basiert auf Digitaisierung der Himmelsdurchmusterungsplatten • 1 045 913 669 Objekte, 3 648 832 040 separate Beobachtungen SIMBAD Astronomical Database • http://simbad.u-strasbg.fr/Simbad • enthält grundlegende Daten, Kreuzidentifikationen, Bibliographie • ermöglicht Suche nach Objektnamen, Koordinaten, Eigenschaften (Filter), oder Listen • Oktober 2011: 5 446 342 Objekte, 8 313 370 Zitationen in Literatur • außerdem: 9 332 Kataloge verschiedenster Typen (VizieR) • Tool für Visualisierung (Aladin) 2. Beobachtbare fundamentale Eigenschaften der Sterne 2.1 Helligkeiten, Farben, Leuchtkraft Grundbegriffe Intensität I: Betrag der Energie, die pro Zeit dt im Frequenzbereich [ν, ν + dν] in den Raumwinkel dω fließt: dEν = Iν cos θ dA dν dω dt Iν = spezif. Intensität (J m−2 s−1 Hz−1 sr−1) R I = 0∞ Iν dν = Intensität (J m−2 s−1 sr−1) Flussdichte Φ (Strahlungsstrom): Strahlungsleistung pro Flächeneinheit (J m−2 s−1) R monochromatisch Φν = ω Iν cos θ dω R R integral Φ = ν ω Iν cos θ dω dν radioastron. Einheit d. Flussdichte: 1 Jy (Jansky) = 10−26 J m−2 s−1 beachte: 1.) für isotrop strahlende Quelle gilt (z.B. außerhalb des Sterns): Φ ∝ 1/A und wegen A ∝ r2 −→ Φ ∝ r−2 2.) im isotropen Strahlungsfeld gilt (z.B. innerhalb Stern): I = const (unabh. von Richtung) Φ = I = I Zπ Z2π θ=0 φ=0 Zπ sin θ cos θ dθ dφ sin θ cos θ dθ θ=0 Z2π φ=0 dφ ≡ 0 → Im isotropen Strahlungsfeld ist der Netto-Strahlungsstrom identisch 0. Helligkeiten scheinbare Helligkeit m gebräuchliches Maß für Strahlungsstrom m1 − m2 = −2.5 log Φ1/Φ2 Erklärung: (1.) psychophysisches Grundgesetz: Empf indung ∝ log(Reiz) (Weber & Fechner, 1859) (2.) Vorfaktor: Anpassung an Helligkeitsskala von Pogson (1856) Fm /Fm+1 = 1000.2 Bemerkungen: (1.) Richtung: je kleiner m, desto heller!!! (historisch (Hipparch): 1m ...6m ) (2.) Nullpunkt: Katalog von Standardsternen (3.) Schreibweise: z.B. m = 19.m 36, aber ∆m = 0.25 mag (4.) Richtwerte: Sirius: −1.5m , Sonne: −26.8m , Vollmond: −12.5m , schwächste Objekte ≈ 25m ...30m Flächenhelligkeit µ (für ausgedehnte Objekte sinnvoll) ...bezieht sich auf Strahlungsleistung pro Raumwinkel µ ∝ log(AΦ), wobei A die dem Raumwinkel ω entsprechende strahlende Fläche ist (am Ort der Quelle) beachte: µ ist unabhängig von der Entfernung, da 1. für Flussdichte gilt Φ ∝ 1/r2 2. für Fläche, die festem Raumwinkel ω entspricht, gilt A ∝ r2 → ΦA = const. Farbsysteme Erdatmosph. und Beob.technik wirken als spektrale Filter → gemessener Strahlungsstrom f (λ) 6≡ Φ(λ), sondern: f (λ1, λ2) = Z λ 2 λ1 Φ(λ) A(λ) D(λ) E(λ) dλ = Z λ 2 λ1 Φ(λ) G(λ) dλ G(λ): fotometrische Gewichtsfunktion (Filterfunktion) Charakterisierung der Farbbereiche durch G(λ), λ1 , λ2 oder durch: - charakterist. (mittlere, effektive, isophote) Wellenlänge - Halbwertsbreite scheinbare Helligkeit im Farbbereich: mλi = −2.5 log Z λ 2 λ1 Φ(λ)G(λ) dλ+const. → Helligkeiten beziehen sich immer auf zu definierende Farbsysteme (λi, HB) ! visuelle Helligkeit mv : entsprechend Empfindlichkeit des Auges fotografische H. mpg : Empfindlichkeitsmaximum im Blauen bolometrische H. mbol : integrale Flussdichte (außerhalb Erdatmosphäre) standardisiertes Farbsystem: Bereich λi /nm HWB/nm U 368 70 B 445 100 V 546 90 R 720 220 I 900 240 J 1 250 380 K 2 200 700 L 3 500 1 200 M 4 800 5 700 Bezeichnung: U ≡ mu , B ≡ mB , ... Festlegung: U ≡ B ≡ V ≡ ... für α Lyr (A0) Farbenindizes Farbenindex: Differenz der Helligkeiten eines Objekts in 2 verschiedenen Spektralbereichen: wobei (λ1 < λ2 ) F I = mλ1 − mλ2 U BV System: (U − B), (B − V ) Bemerkung: Im UBV-System sind für α Lyr die Helligkeiten in allen Farbbereichen gleich → (U − B) = (B − V ) = ... = 0. interstellare Extinktion A: A = f (λ) → Verfärbung (Verrötung) → Farbexzess E: EB−V = (B − V ) − (B − V )0 EU−B = (U − B) − (U − B)0, wobei (U − B)0 und (B − V )0, die wahren Farbindizes des Sterns sind. empirischer Befund in unserer Galaxis: im Mittel (!) gilt EU−B /EB−V ≈ 0.72 und AV ≈ 3 EB−V . Zwei-Farbenindex-Diagramm (ZFD): • für meiste Sterne eindeutiger Zus.hang zwischen U − B und B − V • Vergleich mit Schwarzen Strahler: Differenz: → Sternatmosphären Einschub: Schwarzer Körper als Strahlungsnormativ Schwarzer Körper: Körper mit Absorptionsvermögen = 1 Modell: Hohlraum im Wärmebad der Temperatur T → thermodynamisches GG mit Umgebung spektrale Energieverteilung: Planck-Kirchhoff-Funktion Bλ (T ) = 2hc2 1 λ5 exp(hc/λkT ) − 1 Stefan-Boltzmann-Gesetz Φ = πB(T ) = σT 4 vspace6cm Wiensches Verschiebungsgesetz λmax T = b = const absolute Helligkeit M M = scheinbare Helligkeit m im Abstand r = 10 pc vom Stern am Ort der Erde: Entfernung r → m, Φ1 = Φ(r) im Abstand r = 10 pc vom Stern: → M, Φ2 = Φ(10pc) Φ ∝ 1/r2 Φ1/Φ2 = (10/r)2 m − M = −2.5 log (10/r)2 m − M = 5 log r[pc] − 5 Berücksichtigung der interstellaren Extinktion A: m − M = 5 log r[pc] − 5 + A (= Entfernungsmodul) absolute bolometrische Helligkeit Mbol und Leuchtkraft L Leuchtkraft L (Gesamtfluss): L = 4π r2 Φ ≡ integraler Fluss durch die Oberfläche einer die Quelle umgebenden Kugel beachte: L ist unabhängig von der Entfernung (→ Zustandsgröße der Quelle) sei Φ10 die integrale Flussdichte des Sterns im Abstand 10 pc vom Stern sei Φ10,⊙ die integrale Flussdichte der Sonne im Abstand 10 pc von Sonne Mbol − Mbol Φ10/Φ10,⊙ = −2.5 log(Φ10/Φ10,⊙) = (L/4π(10 pc)2)/(L⊙/4π(10 pc)2) ⊙ → Mbol − Mbol ⊙ = −2.5 log(L/L⊙) bolometrische Korrektur, Bestimmung der Leuchtkraft bolometrische Korrektur BC: mbol = mv − BC für sonnenähnliche Sterne ist BC = 0, sonst BC > 0 Bestimmung: Messung von Φν (Problem: int.st. Ext. im UV!) + Modellatmosphären Bestimmung der Leuchtkraft L: sei B, V, r und AV gegeben (Beob.) → MV = V − 5 log r + 5 − AV → BC = f (B − V, MV ) tabelliert → Mbol = MV − BC → log L/L⊙ = −0.4 (Mbol − Mbol,⊙ ) 2 mit L⊙ = 4πr⊙ S = 3.85 1023 kW (S: Solarkonstante) und MV,⊙ = 4.m 82, BC⊙ = 0.07 mag → Mbol,⊙ = 4.m75 (Böhm-Vitense 1989) Mbol = 0 für log(L/L⊙) = 0.4Mbol,⊙ d.h. für L = 3 1028 W Farben-Helligkeits-Diagramm (FHD) der sonnennahen Sterne entfernungsbegrenzte Stichprobe von Sternen unterschiedliche Entfernungen r ≈ 1...20 pc (Sonnenumgebung) 1. meiste Sterne entlang “Hauptreihe” (main sequence) 2. für Hauptreihe MV = f (B − V ) (eineindeutig) 3. für B − V ≥ 0.7 (einige) hellere Sterne Tef f etwa gleich → R größer! → “Riesen” (giants) 4. für B − V ≈ 0 einige viel schwächere → “Weiße Zwerge” (white dwarfs) Farben-Helligkeits-Diagramm (FHD) von Sternhaufen Sternhaufen: Gruppen physisch zusammengehöriger Sterne → r etwa gleich offene Sternhaufen - lockerer Verbund (“offen”) - ca. 10...103 Sterne - Konzentration zur galakt. Ebene Kugelstenhaufen - sphärisch, kompakt - ca. 104...105Sterne - sphär. Verteilung um gal. Zentrum MS (main sequence) = HR Hauptreihe TO (turnoff) = “Abknickpunkt” der HR SGB (subgiant branch) = Unterzwerge RGB (red giant branch) = Rote Riesen AGB (asymptotic giant branch) = asymptotischer Riesenast HB (horizontal branch) = Horizontast P-AGB (post horizontal branch) BS (blue stragglers) - Hauptreihe i.a. lang - (B − V )TO klein (blau) - i.a. wenig Riesen (Ausnahmen!) - Hauptreihe kurz - (B − V )TO groß (rot) - viele Riesen 2.2 Temperatur effektive Temperatur Tef f : Temperatur des Schwarzen Strahlers mit gleichem Strahlungsstrom Φ wie Stern 4 Schwarzer Strahler (Stefan-Boltzmann-Gesetz): σTef f = Φ(0) (= wobei Φ(0) Strahlungsstrom an der Oberfläche des Sterns L 4πR2 ) sei R Radius des Sterns (Str.strom Φ(0)) und r Entfernung (Str.strom Φ(r)) → Φ(0)/Φ(r) = r2/R2 → Φ(0) = Φ(r)/δ 2 4 2 → σTef f = Φ(r)/δ mit δ = R/r (Winkelradius in Bogenmaß) R Code et al. (1976): Φ(ν)dν für 32 Sterne → Tef f ν (Problem: Φν im UV – siehe BC) einige Zahlenwerte: (B − V )0 -0.32 -0.20 0.0 0.30 0.60 1.00 1.5 2.0 Tef f (K) 37000 17700 9489 7300 5900 4840 3500 2700 andere Temperaturdefinitionen Strahlungs-Temperatur: = T. des SS, der in ∆λ(λi) gleichen integralen Strahlungsstrom hat wie Stern Farb-Temperatur: = T. des SS, der in ∆λ(λi) gleiche spektrale Energieverteilung hat wie Stern Ionisations-, bzw. Anregungs-Temperatur: = T., die Verteilung der Ionisations- bzw. Anregungszustände im Stern entspricht 2.3 Spektralklassifikation Grundlagen 1666 I. Newton spektrale Zerlegung des Sonnenlichts 1814 J. Fraunhofer Entdeckung der Fraunhofer-Linien 1859 G.R.Kirchhoff, R. Bunsen Begründung der Spektralanalyse Abbildung 1: Grundversuch der Spektralanalyse nach Kirchhoff und Bunsen Kirchhoffsche Gesetze: • Heiße, dichte (!) Gase und heiße Festkörper emittieren ein kontinuierliches Spektrum ohne dunkle Linien. • Heiße, diffuse Gase erzeugen helle Emissionslinien. • Kühle, diffuse Gase vor der Kontinuumsquelle erzeugen dunkle Spektrallinien (Absorptionslinien) im Kontinuumsspektrum. Spektrographen Grundtypen von Astro-Spektrographen: - Objektivprismen-Kamera (spaltlose Spektroskopie): viele Spektren gleichzeitig, geringe spektrale Auflösung - Spalt-Spektrograph mit Gitter oder Grism: hohe Auflösung möglich, in der Regel für Einzelspektroskopie, Multiobjekt-Spektroskopie durch Verwendung von vielen Glasfasern Abbildung 2: Grundaufbau eines Astro-Gitter-Spektrographen spektrale Auflösung hängt ab von: - Auflösungsvermögen (Strichzahl, Größe) des Gitters - Auflösungsvermögen des Detektors (Pixelgröße) - Breite des Eingangsspalts (Helligkeit des Objekts) Sternspektren Abbildung 3: Ausschnitt aus einem Sternspektrum. Oben: zweidimensionales Bild auf dem Detektor. Unten: Registierter (normierter) spektraler Intensitätsverlauf. Komponenten von Sternspektren: • Kontinuum • unterschiedliche Absorptionslinien • in seltenen Fällen Emissionslinien Die exakte Messung der Linien geht über die Bestimmung des Linienprofils (abhängig von: natürlichem Profil, Verbreiterungsmechanismen, instrumentellem Profil). Vielfach ist es ausreichend, die Stärke von Linien durch ihre Äquivalentbreiten zu beschreiben (Abb. rechts). Eindimensionale Spektralklassifikation (Harvard-Sequenz) Klass.kriterien: Auftreten und Stärke bestimmter Linien O − B − A − F − G − K − M − L (“Oh be a fine girl/guy, kiss me ...”) Feinstruktur: O3...O9 B0...B9 A0...A9, .... Berücksichtigung der spektralen Energieverteilung im Kontinuum: → Spektralsequenz entspricht Temperatur-Sequenz Zweidimensionale Spektralklassifikation (MK-, Yerkes-System) Beobachtung: Im Vergleich zu HR-Sternen sind in Spektren der Riesen: - Balmer-Linien schärfer - Linien ionisierter (neutraler) “Metalle” stärker (schwächer) - Zyan (CN)-Absorptionsbanden vorhanden Theorie: Oberflächenschicht (Linienentstehung) durch 2 Parameter bestimmt: 1.) effektive Temperatur Tef f (Spektralsequenz = T -Sequenz) 2.) Gravitationsbeschleunigung an Oberfläche g (bzw. ρ̄ oder P ) g = Gm/R2 (G: Gravit.konstante, m: Masse, R: Radius) g = g(R) → g(L) → neben Tef f -Klassifizierung auch L-Klassifizierung nötig! L-Kriterium: stark g-abhängige Linien Ia Iab,Ib II III IV V helle Überriesen Überriesen helle Riesen (normale) Riesen Unterriesen Hauptreihen-Sterne (Zwerge) VI Unterzwerge D (Präfix) Weiße Zwerge z.B. Sonne G2V Hertzsprung-Russell-Diagramm (HRD) 1910 E. Hertzsprung, H.N.Russell Untersuchung des Zusammenhangs zwischen absoluten Helligkeiten und Spektraltypen der Sterne eine der wichtigsten empirischen Grundlagen für Theorie des Sternaufbaus und der Sternentwicklung Abbildung 4: Modernes HRD für 15630 Sterne der Sonnenumgebung (innerhalb 100 pc) mit ∆r/r < 0.1 und ∆(B − V ) < 0.025 (Perryman). Verschiedene Formen der Darstellung des Inhalts des HRD: (a) Verschiedene Zustandsgrößen: Abbildung 5: Gleiche Stichprobe von Sternen, aber drei verschiedene Darstellungen. (b) Verschiedene Stichproben von Sternen: Abbildung 6: HRD für scheinbar hellste Sterne am Himmel (Kreuze) und für die Sterne innerhalb von 10 pc von der Sonne (Punkte). 2.4 Methoden der Entfernungsbestimmung Geometrische Parallaxen (Messung von Winkeln) 1. Trigonometrische (jährliche) Parallaxe Messung der scheinbaren Positionsveränderung naher Sterne (im Vergleich zu fernen Sternen) infolge Relativbewegung zwischen Beobachter und Stern hier: Bewegung der Erde um Sonne Basis: Entfernung Erde-Sonne = Astronomische Einheit Messung: Sonnensystem: KIII + Radarecho-Methode → r̄E−S = 149.6 106 km Beispiel: Jährliche Parallaxe des Sterns Ross248 (rechts) sin θ ≈ θ[BM] = 1AE/d[AE] → d[AE] = 1/θ[BM] Definition des Parsec: d[pc] = 1/θ[′′] mit 1 pc = θ[′′]/θ[BM] AE dh. 1 pc = (360 3600/2π) AE = 3.09 1013 km = 2 · 105 AE Abschätzung der Reichweite der Methode: d θ ∆d 1 = → dmax = ∆d ∆θ d ∆θmin für Forderung ∆ d/d < 0.05: erdgebunden: ∆θmin > 0.01′′ → d < 5 pc → nur mittlere + untere HR, WZ HIPPARCOS: ∆θmin > 0.002′′ → d < 25 pc → keine OB-Sterne, Sternhaufen Ergebnis: die unmittelbare Sonnenumgebung • NStar database (Northern Arizona University): d < 25 pc, ca 2 600 Sterne • Astronomisches Rechen-Institut Heidelberg: Katalog sonnennaher Sterne • Centre de Donnés astronomiques de Strasbourg (CDS): viele Kataloge Abb. rechts: Verteilung der Fehler der Parallaxen der sonnennahen Sterne Die Sterne innerhalb 3 pc von der Sonne: 2. Sternstrom-Parallaxe Sterngruppe einheitlicher Raumbewegung (z.B. Hyaden, Pleiaden, UMa-Strom) Def.: Eigenbewegung (EB) µ = projizierte Winkelgeschwindigkeit (′′/a) Sternstrom: EB-Vektoren konvergent → K (Konvergenzpunkt) vr = v cos ω (vr aus Doppler-Effekt) vt = v sin ω = r tan µ = rµ → r[pc] = vr [km/s] tan ω 4.74 µ[′′/a] . Fotometrische Parallaxen Entfernungsmodul: ∆m = m − M = 5 log r − 5 + A Prinzip: 1. m und A messen 2. M auf indirektem Wege abschätzen Insbesondere: • spektroskopische Parallaxe: M aus spektroskopisch ermittelten Spektraltypen • Veränderlichen-Parallaxe: M aus Eigenschaften veränderlicher Sterne, z.B.: - Periode-Leuchtkraft-Relation von δ Cephei-Sterne, RR-Lyrae-Sterne, ... - maximale Helligkeit von Supernovae,... • Sternhaufen-Parallaxe: Entfernungsmodul aus der Fotometrie von Sternhaufen (Hauptreihe, Riesenast) Kombiniertes FHD für verschiedene Sternhaufen: Bestimmung der insterstellaren Extinktion Aλ (a) Farbexzess (interstellare Verfärbung) EB−V , EU−B aus ZFD (b) interstellare Extinktionskurve “normierte Extinktion”: Fλ = Eλ−V Aλ − AV = EB−V AB − AV Für λ → ∞ (λ−1 → 0) ist: (1.) Fλ→∞ ≈ −3 (2.) Für kleine Staubteilchen ist Aλ → 0 für λ → ∞ Somit folgt: Fλ→∞ = −AV ≈ −3 EB−V Abb.: Beobachtetes normiertes Verfärbungsgesetz (Punkte) und Modelle für Annahme kugelförmiger Wassereisteilchen (nach N.C. Wickramasinghe) und damit AV ≈ 3 EB−V und Aλ ≈ AV + Fλ · EB−V = (3 + Fλ ) · EB−V 2.5 Radius R 4 Bei Annahme von Schwarzkörper-Strahlung gilt Φ = σTeff = L/(4πR2 ) → R aus Teff und L hier aber direkte Messung (Prinzip: Winkeldurchmesser) 2.5.1 Bedeckungsveränderliche Doppelsterne nichtaufgelöste DS mit Sichtlinie in Bahnebene (z.B. β Per = Algol) (t4 − t1 )/U = (D1 + D2 )/u (t3 − t2 )/U = (D1 − D2 )/u U : Umlaufperiode; u : Bahnumfang Vorgehen: - t1 , ...t4 und U aus Lichtkurve - u aus Bahnkurve (z.B. Kreisbahn: u = vU ) mit v aus Doppler-Effekt → D1 , D2 2.5.2 Hochauflösende Beobachtungen (A) Allgemeines für Entfernungen > 1 pc ist Winkeldurchmesser sonnenähnlicher Sterne ≤ 0.′′01 → lassen sich so kleine Winkel mit direkt abbildenden Verfahren messen? Auflösungsvermögen A: geringster Abstand (Winkel), der gerade noch getrennt werden kann theoretisches Auflösungsvermögen: • Abbildung mit Teleskop: Beugung an kreisförmiger Öffnung D • → Punktquelle wird als kreisförmige Beugungsstruktur abgebildet • zentrales Maximum = Beugungs- oder Airy-Scheibchen • Analogon: Beugung am Einzelspalt: Minima bei Θ = mλ/D • hier: Beugung am Kreis (komplizierter) m 0. Maximum 0.000 1. Minimum 1.220 2. Maximum 1.635 2. Minimum 2.233 3. Maximum 2.679 3. Minimum 3.238 Imax/I0 1.0000 0.0175 0.00416 • A ≡ Θmin : Winkelabstand, bei dem die Beugungsscheibchen von zwei gleichhellen Punktquellen 1 und 2 gerade noch getrennt wahrgenommen werden können • Rayleigh-Kriterium: Trennung gerade noch möglich, wenn 0.Max. von 1 mit 1.Min. von 2 zusammenfällt: A [BM] = 1.22 λ/D A [′′] = 0.25 λ [µm]/D[m] für visuellen Bereich λ = 0.55 µm ist theoret. Auflösungsvermögen Ath : D [m] 0.1 1.0 2.4 10 Ath [′′] 1.4 0.14 0.06 0.014 tatsächliches (praktisches) Auflösungsvermögen: Helligkeitsverteilung im Objekt O(x, y) Beugung an atmosphärischen Turbulenzzellen Point Spread Function (PSF) P (x, y) Beugung an Teleskop-Öffnung Deformation durch Abweichung von idealer Optik Helligkeitsverteilung im Bild B(x, y) B(x, y) = Z Z x′ y ′ O(x′ , y ′) P (x′ − x, y ′ − y) dx′ dy ′ Auflösungsvermögen bestimmt durch: • Öffnung D (→ Größe) des Teleskops → beugungsbegrenztes (theoret.) A. (prinzipielle Grenze) • atmosphärische Turbulenz (Seeing) verschmiert Beugungsscheibchen → ganz wichtiger Aspekt der Standortwahl für große Teleskope (site testing): gutes Seeing! (laminare Strömungen, wenig Turbulenz) beste Beobachtungsstandorte: 0.5′′ für 50% der Zeit, 0.25′′ für beste Nächte (Cerro Paranal, chilenische Anden; Mauna Kea, Hawaii; La Palma, Kanarische Inseln) → für D > 0.6 m ist die Auflösung nicht beugungs- sondern seeing-begrenzt! Ausweg: (a) Weltraum, (b) adaptive Optik, (c) Interferometrie Beobachtung aus dem Weltraum: Seeing vermieden, dafür aber zahlreiche andere Probleme → sehr teuer Hubble Space Telescope • 2.4 m Primärspiegel • optisches System für 1 200 ...10 000 Å ausgelegt • so konstruiert, dass bei ca. 6 000 Å Beugungsbegrenzung erreicht wird → Ath = 0.06′′ • Start 1990, zunächst starke sphärische Aberration; 1993 mit Korrektur-Optik (COSTAR) überwunden • zahlreiche Verbesserungen im Laufe der Zeit • erprobte Technologie Perspektive: größere Öffnung James Webb Space Telescope (früher Next Generation Space Telescope) • Start ∼ 2010 • 6 m-Spiegel, Leichtbauweise • feste Position: Langrange-Punkt L2 des Erde-Mond-Systems • Einsatz vor allem im IR (beugungsbegrenzt bei 2 µm) • stabile PSF, da keine starken Temperaturschwankungen Abbildung (rechts): Simulierte PSF des JWST bei 1 µm (links) und 2 µm (rechts) in logarithmischer (oben) bzw. linearer (unten) Skala. In der logaritmischen Darstellung ist der Effekt der hexagonalen Form des Hauptspiegels zu erkennen. Adaptive Optik: Schritt zu beugungsbegrenzter Beobachtung mit Teleskopen auf der Erde • Wellenfront nach Weg durch Atmosphäre um einige µm verbogen • diese Verbiegungen werden mit hoher Frequenz ( 1 kHz) mittels deformierbarem Spiegel auf ca. 20 nm genau korrigiert • deformierbarer Spiegel i.d.R. nicht Primärspiegel sondern kleinerer Spiegel (in der Nähe der Brennebene) SM: Servo-Mechanismus gestörte Wellenfront deformierbarer Spiegel Strahlteiler WS: Wellenfront-Sensor DP: Datenprozession (Polynom-Darstellung der Wellenfront) kompensiertes Bild weitere Schwierigkeit: Referenzsignal • atmosph. Turbulenzzellen, in denen Deformation gleich ist, sind klein (∼ 20′′ bei 2 µm, ∼ 5′′ bei 0.6 µm) “isoplanatisches Feld” • in diesem Abstand von der Quelle muss Referenzstern gefunden werden, der hell genug ist für Messung der Wellenfront • AO-Systeme gegenwärtig zumeist im NIR und auf geringen Teil des Himmels begrenzt (selbst bei 2,2 µm nur für ∼ 1% des Himmels hinreichend helle Referenzsterne) • mögliche Lösung: künstlicher Referenzstern mit Laser zur Zeit: zahlreiche AO-Systeme in Betrieb bzw. in Konstruktion für Teleskope mit D > 3.5 m ... aber noch Front der Technik! zum Beispiel NAOS-CONICA (NACO) NIR Adaptive Optics System der CONICA-Kamera am VLT Unit Telescope 4 (Yepun) erfolgreiches first light im Nov. 2001: - mit NAOS: ... 0.068′′ bei 2.2 µm (K-Band) ... 0.040′′ bei 1.2 µm (J-Band) - ohne NAOS: Durchmesser Bild-Scheibchen ca. 0.5′′ - NIR-Referenzstern etwa 17. Größe Vergleich NAOS–HST: - VLT-Bild ist etwa genauso scharf... - ... aber tiefer (da VLT größer) Aktive Optik: Ziel: Korrektur der Abweichung der Spiegelform von optimaler Form → Aktuatoren führen Spiegeloberfläche langsam nach (∼ 0.05 Hz) weniger aufwendig als adaptive Optik, aber keine Korrektur bzgl Verformung der Wellenfront durch Atmosphäre zum Beispiel New Technology Telescope (NTT) der ESO • 3.6-m-Spiegel • erstmals aktive Optik (1989) • NTT kostete 13 , wiegt 31 , braucht 3.6-m-Teleskops der ESO (1976) 1 3 der Integrationszeit des klassischen • ... und hat die 3fach bessere Auflösung • Konzentration von 80% des Lichts in Scheibchen von 0.125′′ → Auflösung durch Seeing bestimmt Durchmesser praktisch alle modernen Teleskope sind mit aktiver Optik ausgestattet Interferometrie: Interferenzprinzip: Licht einer Punktquelle interferiert mit dem Licht der gleichen Quelle, das anderen Weg zurückgelegt hat. Grundversuch: Young’s Doppelspalt-Experiment kohärente Quelle, 2 parallele Spalte, Abstand D → 2 zylindrische Wellenfronten → Wegdifferenz ∆s = γD (Fraunhofer Näherung) Wellenfronten interferieren miteinander → erzeugen Streifenmuster auf entferntem Schirm γD = λ → 1. Maximum γD = λ/2 → 1. Minimum wichtige Messgröße: Sichtbarkeit (Visibility) V = Imax − Imin Imax + Imin = Kontrast des Interferenzstreifenmusters Imax = Imin → V = 0 Imin = 0 →V =1 V ist die Fourier-Transformierte der Helligkeitsverteilung des Objekts bei der ~ Fourier-Koordinate |D/λ| (van Cittert-Zernicke-Theorem) für D fest (und nicht zu groß) ist - V groß für kleine Quellen - V klein für große Quellen → V ist Maß für Größe des Objekts Bemerkung: Genau genommen ist Visibility eine komplexe Größe V eiφ (φ: Phase = Verschiebung des Streifenmusters). Für Rekonstruktion des Bildes aus interferometrischer Messung ist φ erforderlich. wichtigste Methoden der Interferometrie in der Astronomie: • Ziel: Ausnutzung der theoretischen Auflösung eines Einzelteleskops: - Phasen-Interferometrie (Michelson) - Speckle-Interferometrie (Labeyrie) • Ziel: wesentliche Verbesserung des Auflösungsvermögens durch Vergrößerung der Basislänge D durch Zusammenschaltung von zwei oder mehreren Teleskopen: - Intesitäts-Interferometrie (Hanbury-Brown, Twiss) - Phasen-Interferometrie Was erreicht man mit welcher Basislänge? Teleskop opt. Klein-T. opt. Groß-T. opt. Interferometer Radio-Interferometer Radio-VLBI D [m] Sterne Gas/Staub HI λ = 0.5 µm λ = 10 µm λ = 21 cm 1 0.1′′ 2′′ ′′ ′′ 10 0.01 0.2 2 ′′ ′′ 10 0.001 0.02 4 ′′ 10 5.2 107 0.005′′ (B) Phasen-Interferometer (Michelson 1920) Hintegrund: Interferenz am Doppelspalt 1.) Eine Punktquelle ∆s = γD γD = λ → 1. Maximum γD = λ/2 → 1. Minimum 2.) Zwei Punktquellen für δ = γmin = λ/(2D) 1 2 is γmax = γmin → Auslöschung Prinzip: - Stern aus 2 Hälften gedacht = 2 Punktquellen - Spiegelabstand D variieren bis Auslöschung erfolgt (V → 0) D = DA → δ = λ/(2DA ) für Doppelspalt bzw. δ = 1.22λ/D für Kreis 2.5-m-Hooker-Teleskop (Mt. Wilson) −→ 11 nahe Riesen (δ ≥ 0.′′01) (C) Intensitäts-Interferometer (Hanbury Brown & Twiss 1954) Hintergrund: Korrelation des von zwei Empfängern registrierten Photonenrauschens einer Punktquelle Modell: Stern = 2 Punktquellen für ∆t < 10−8 s → feste Phasendifferenz ω → Interferenz Von Detektoren registrierte Signale: Det. 1: Φ1 = 2 Φ0(1 + cos ω) Det. 2: Φ2 = 2 Φ0(1 + cos (ω + ∆ω)) ∆ω = R sin γ = DR/r = Dδ Korrelationskoeffizient: Γ12 =< Φ1Φ2 >t =< Φ1Φ2 >ω Γ12 = 2π R 0 Φ1 (ω)Φ2(ω)dω/ Γ12 = 2Φ0[2 + cos (Dδ)] 2π R 0 dω Vergleich mit Phasen-Interferometer: Analogie: Interferenzfähigkeit des Lichts in Abhängigkeit von Spiegelabstand Unterschied: ... nicht aus Interferenzmuster, sondern aus Korrelation der Intensit.schwankungen Vorteile: geringe Anforderungen an Spiegel, Genauigkeit von D und seeing → 32 Sterne mit B ≤ 2.m5, Genauigkeit ≤ 0.0001′′ (D) Optische Phasen-Interferometer mit zwei oder mehr Teleskopen Im Optischen sind große Interferometer wesentlich komplizierter als im Radiobereich! Voraussetzung: Kompensation der Wellenfront-Störungen (→ adaptive Optik) Es gibt mittlerweile eine größere Anzahl (> 10) bodengebundener optischer Interferometer mit langen Basislängen D Programm (Nation) NB Dmax DEl Jahr GI2T (F) 3 65 1.52 1985 ISI (USA) 1 35 1.65 1988 COAST (GB) 6 100 0.40 1992 ... ... ... ... ... VLTI (EUR) 6/3/6 128/200 8/1.8 2001 KeckI+II (USA) 1/6/15 75/180 10/1.5 2001 Magellan (USA) 1 60 6.5 2005 LBT (USA/I/D) 1 20 8 2005 NB : Anzahl simultaner Basen, Dmax : maximale Basislänge [m], DEl : Element-Durchmesser [m] VLTI • sowohl theoretisch als auch praktisch sehr komplex • 2001: 2 UTs, keine Bilder • 2003: 3 UTs, Bilder, aber Bildfeld nur 2′′ • etwa 20 Reflexionen im Strahlengang • Ausgleich der optischen Wegunterschiede mittels Delay Lines • erreichte Auflösung: 1.5 mas (E) Speckle-Interferometrie (Labeyrie 1970) tBel ≤ 10−2 s, Teleskop großer Öffnung → fleckiges Bild von Interferenzmustern = speckle (dsp = Atheor ) Labeyrie-Verfahren: - Fourier-Trafo der einzelnen Speckle-Bilder - Mittelung der Fourier-Transformierten vieler Speckle-Bilder - Rück-Trafo in Bildraum → Objektstruktur (F) Sternbedeckungen (durch Mond) Beugung an einer Kante → Interferenzmuster auf Erde → zeitliches Intensitätsmuster (→ Fotometrie im ms-Bereich!) Amplitudendifferenz = f (δ) → δ durch Anpassung von Modellkurven 2.5.3 Ergebnisse Werte: LK I: 500 R⊙ WZ: 0.01 R⊙ LK V: ca. 0.5...10 R⊙ allg. Probleme: - Randverdunklung der Sternatmosphären - Sternhüllen 2.6 Masse m generell nur über Gravitationswirkung bestimmbar! → Doppelsterne! (A) Allgemeines zu Doppelsternen Primärkomponente S1(m1 , m1) Sekundärkomponente S2 (m2 , m2) (i.a. m1 < m2 ) Abstand: einige R∗ ...einige AE (enge DS) ...ca. 10...100 AE (weite DS) absolute Bahn: Zwei-Körper-Problem → Ellipsenbahnen um Schwerpunkt a2 m1 = m2 a1 (Schwerpunktsatz) relative Bahn: Ellipsenbahn von S2 um S1 mit a = a1 + a2 4π 2 a3 m1 + m2 = G U2 (KIII) (B) Visuelle DS beide Komponenten sichtbar (z.B. Speckle-Interferometrie) relative Bahn (S2 bzgl. S1 ) → a[′′ ] absolute Bahn (S1 und S2 bzgl. Hintergrund∗∗) → a1 , a2[′′] (Korrektur bzgl. Bahnneigung!) + Entfernung → a1 , a2 → m1 , m2 (C) Spektroskopische DS nicht in Komponenten aufgelöst aber periodische DopplerVerschiebung der Spektrallinien → v sin i, abeob = a sin i 4π 2 a3beob → (m1 + m2 ) sin i = G U2 3 Abbildung oben: System mit Kreisbahnen rechts: exzentrische Bahnen nur statistisch auswertbar! mit Annahme, dass i zufällig verteilt →< sin3 i >= 0.59 (D) Bedeckungsveränderliche DS i ≈ 900 → Bedeckungslichtwechsel → genaue m-Abschätzung falls Zwei-Spektren-Systeme (E) Astrometrische DS nur Bewegung von S1 sichtbar → a1 falls m1 anders abschätzbar (Helligkeit, Spektrum) → a2 , m2 aus KIII + Schwerpunktsatz (F) Ergebnisse (a) Masse-Leuchtkraft-Beziehung Massen überdecken Bereich m ≈ 0.08...100 m⊙ (größte Masse: 120 m⊙ für O3-Stern HD 93 250) Für Sterne der Hauptreihe: L∝ m2.5 m4.0 für log(m/m⊙) < 0.5 für log(m/m⊙) ≥ 0.5 Näherung: L ∝ m3 (b) Pulsare in Doppelsternsystemen Pulsar: im Optischen i.a. nicht sichtbar, sendet (frequenzstabilen) Radiopuls aus, zumeist Einzelsterne, aber auch DS periodische Verschiebung der Pulsfrequenz → hochgenaue Messung von vrad 1974 Entdeckung des Doppel-Pulsars PSR 1913+16 extreme Bahnelemente, z.B. a ≈ 1.3 R⊙ → Test der Allgemeinen Relativitätstheorie Abbildung: Radialgeschwindigkeitskurve von PSR 1913+16. Die starke Abweichung von der Sinuskurve rührt von der großen Bahnexzentrizität e = 0.62 her. (c) Substellare Begleiter Suche nach substellaren Begleitern mittels Radialgeschwindigkeitsvariationen. → Erfolg versprechendste Methode für Suche nach extrasolaren Planeten hohe Messgenauigkeit benötigt (m/s!) (“Jodzelle” mit sehr scharfen Vergleichslinien im Strahlengang; Korrelationen zahlreicher Linien) erste Rad.geschw.-Detektion eines Exoplaneten: Mayor & Queloz (1995): Planet mit mPl ≈ 0.5 mJup/sin i um 51 Peg später weitere Entdeckungen durch Marcy, Butler, Hatzes,... Abbildung: Radialgeschwindigkeitskurve des sonnenähnlichen Sterns 51 Peg. Aus der nahezu sinusförmigen Kurve lässt sich auf eine nahezu Kreisbahn (e = 0) schließen 2.7 Mittlere Dichte und Schwerebeschleunigung m/m⊙ ρ̄ = ρ¯⊙ (R/R⊙)3 g m/m⊙ = g⊙ (R/R⊙)2 ρ¯⊙ = 1.41 g cm−3 g⊙ = 2.74 102 m s−2 (a) Weiße Zwerge: m ≈ 0.6 m⊙, R ≈ 10−2 R⊙ → ρ̄ ≈ 106 g cm−3, g ≈ 6 103 g⊙ (zum Vergleich: Dichte von Blei ρPb ≈ 10 g cm−3) (b) späte Überriesen: m ≈ 20 m⊙, R ≈ 500 R⊙ → ρ̄ ≈ 2 10−7 g cm−3, g ≈ 7 10−5 g⊙ (zum Vergleich: Dichte von Luft ρLuft ≈ 10−3 g cm−3) . 2.8 Rotation Rotationsverbreiterung von Spektrallinien → vrot sin i aus Linienprofil Prinzip: Abbildung oben: berechnete Linienprofile für verschiedene äquatoriale Rotationsgeschwindigkeiten vrot sin i ohne Rotation mit Rotation Ergebnisse • Genauigkeit ≈ ±20 km s−1 • frühe Spektraltypen nahe Rotationsinstabilität (z.B. für B5V vrot,max ≈ 500 km s−1) • vrot ↓ mit (B − V )0 ↑ Interpretation: vrot ↓ mit Alter ↑ (Bremsmechanismus: Sternwind ?) 2.9 Magnetfeld Zeeman-Effekt: Aufspaltung von Metall-Linien im Magnetfeld → ∆λH ∆λH ∝ λ2 H ↓ longitudinaler Z.effekt Observer transversaler Z.effekt Problem: i.a. ∆λrot > ∆λH → Linienaufspaltung direkt sichtbar nur für sehr starkes Feld (H > 100 G), kleines vrot sin i Babcock-Analysator: - misst longitudinalen Zeeman-Effekt (nur 2 Komponenten) → 2 Spektren entgegengesetzter zirkularer Polarisation Ergebnisse: • starke Felder vor allem bei B-, A-Sternen (→ Ap-Sterne, Am-Sterne) i.a. korreliert mit Spektrumsanomalitäten • i.a. kein messbares Feld für sonnenähnliche Sterne (Messgenauigkeit!) • wenig Daten für OB-Sterne (Metall-Linien schwach und v sin i groß!), aber Anzeichen für sehr starke Felder in B-Sternen mit ungewöhnlich starken He-Linien • i.a. ist H-Feldstärke zeitlich variabel • Sonne: integral: ∼ 1 G, Sonnenflecken: ∼ 2 kG (Erde, nahe Oberflche ∼ 0.6 G) Abbildung: maximale H-Feldstärke in Anhängigkeit vom Spektraltyp. Solares Magnetfeld und solare Aktivitätserscheinungen Entstehung eines bipolaren aktiven Gebiets durch das Auftauchen eines dicken Bündels magnetischer Feldlinien. Beim Aufsteigen infolge des Auftriebs gelangt das Bündel in Gebiete geringeren Gasdrucks und dröselt in dünne Flussröhren auf (links). Diese erzeugen nach dem Auftauchen ein bopolares Fleckengebiet (Mitte), die sich zu Poren und schließlich zu Sonnenflecken vereinigen (rechts), durch die Turbulenz des Plasmas aber wieder aufgelöst werden. Da das Magnetfeld im Plasma “eingefroren” ist (keine Diffusion), führen turbulente Plasmabewegungen zu magnetischer Neuverknüpfungëntgegengesetzt gerichteter Feldlinien → Energiefreisetzung Modellvorstellung für die magnetische Halterung von Protuberanzen. Abbildung: Magnetischer Dynamo. (a) Das solare Magnetfeld ist anfangs poloidal. (b) Differenzielle Rotation zieht die “eingefrorenen” Feldlinien in äquatorialer Richtung auseinander und wandelt das poloidale in ein toroidales Feld. (c) Turbulente Bewegung verdrillt Magnetfeldlinien (→ magnetische Schlaufen; Aufstieg an Oberfläche → Sonnenflecken). (d) Sonnen- fleckengruppen wandern Richtung Äquator; magnetische Neuverknüpfungen stellen wieder ein poloidales Feld her, aber mit umgekehrter Polarität. 2.10 Chemische Zusammensetzung Äquivalentbreite Wλ bestimmt durch wirksame Konzentration der Absorber quantitative Spektralanalyse → Häufigkeitsverteilung der Elemente Angabe der Häufigkeiten für chem. Element El: " N (El) [El/H] = log N (H) # " N (El) − log N (H) ∗ # ⊙ Ergebnisse: - mittlere Massenanteile von Wasserstoff (X), Helium (Y ), “Metalle” (Z): Population I: X = 0.70, Y = 0.28, Z = 0.02 Population II: X = 0.80, Y = 0.20, Z = 0.001 - grundlegende Übereinstimmung für Sterne der gleichen Population → “kosmische Häufigkeiten” Population II typische Objekte Population I Kugelsternhaufen (Halo-Typ), offene Sternhaufen, Unterzwerge, OBA-Sterne, Überriesen, langperiod. Veränderliche T Tau-Sterne Konzentration zum gal.Zentrum stark keine-schwach Konzentration zur gal.Ebene keine-schwach stark dominantes irregulär, Bewegungsverhalten große Geschw.streuung Rotation, kleine Geschw.streuung Z/Z⊙ 0.01...0.1 0.1... > 1 Alter (Jahre) ≈ 1010 < einige 109 2.11 Zusammenfassung der wichtigsten Zustandsgrößen 3 Sternatmosphären = diejenige äußere Schicht eines Sterns, aus der Strahlung in den Weltraum austreten kann mehrere Schichten, meiste Strahlung aus Fotosphäre (vgl. Sonne); im weiteren: Atmosphäre = Fotosphäre Ziel der Theorie der Sternatmosphären: Modell des physikal. & chem. Zustands aufstellen (T (r), P (r), χ(r)), das beob. Spektrum (Kontinuum + Linien) widergibt 3.1 Anregungs- und Ionisationszustände in der Atmosphäre Darstellung möglicher Anregungszustände: Grotrian-Diagramm (Termschema) E ≤ 0: diskrete Zustände → Linien E > 0: kontinuierliche Zustände → Kontinuum (A) Besetzungszahlen der Anregungszustände nl,m(X): Anzahl der Ionen (Atome) des Elements X je cm3 • des l-ten Ionisationszustands l = 0, 1, ..., (Ion.energie Il+1) • im m-ten Anregungszustand m = 1, 2, ...., (Anregungsenergie χl,m ) Annahme: in einer lokalen Umgebung sei hinreichend gut thermodynamisches Gleichgewicht realisiert (LTE = local thermodynamical equilibrium) → statistische Thermodynamik (Boltzmann-Statistik) liefert: nl,m (X) = e−χl,m /kT , k : Boltzmann-Konstante nl,1(X) zu brücksichtigen: Anregungszustände m spalten in gl,m einzelne Zustände auf, z.B. bei Existenz eines Magnetfeldes, (Zustand ist “entartet”) → statistische Gewichte gl,m für Anzahl der möglichen Anregungszustände bei l, m (aus Theorie der Spektren) nl,m(X) gl,m −χl,m /kT = e nl,1(X) gl,1 (3.1) (Boltzmann-Gleichung) Gesamtzahl der Ionen im Zustand l: ∞ n (X) X nl (X) l,s = nl,1(X) s=0 nl,1(X) adäquate Formulierung mit Bezug auf Gesamtzahl der Ionen im Zustand l: nl,m(X) gl,m = e−χl,m /kT , nl (X) Ql (X; T ) (da nl,m (X) nl,1 (X) nl,m (X) = = ...), nl (X) nl,1 (X) nl (X) Ql (X; T ) = ∞ X gl,se−χl,s /kT s=0 Ql : Zustandssumme (B) Besetzungszahlen der Ionisationszustände Verhältnis 1fach ion./neutraler Atome im Grundzustand (GZ)? n1,1(X) gion+el −I1 /kT = e n0,1(X) g0,1 nach Boltzmann-Gl. (I1 : Ionisationsenergie) statist, Gewicht für Ion (GZ) + freies e− : gion+el (X) = g1,1 (X) |{z} 2 (2πme kT )3/2/h3 ne | {z 1 } 2 | {z 3 } h : Plancksches Wirkungsquantum, ne : El.dichte, me : El.masse 1: statist. Gewicht für 1fach ionis. Atom im GZ 2: statist. Gewicht für Spin des Elektrons 3: statist. Gewicht für Bewegungsenergie des freien Elektrons (= Zahl der Quantenzellen h3 pro e− ) → Saha-Gleichung (M.N.Saha, 1921): g1,1(X) (2πme kT )3/2 −I1 /kT n1,1(X) ne = 2 e n0,1(X) g0,1(X) h3 (3.2) (entspricht dem Massenwirkungsgesetz der Reaktion X ←→ X + + e− ) andere Formulierung (benachbarte Ion.zustände): n1(X) Q1(X; T ) (2πme kT )3/2 −I1 /kT ne = 2 e n0(X) Q0(X; T ) h3 allgemeine Formulierung: Ql+1(X; T ) (2πme kT )3/2 −(Il+1 −Il )/kT nl+1(X) ne = 2 e nl (X) Ql (X; T ) h3 (C) T -Abhängigkeit der Besetzungszahlen Beispiele für nl,m(X)/n(X) (Zustände, die zu starken Abs.linien im sichtbaren Spektrum gehören) charakter. Verlauf: - zunächst Anstieg mit T - dann: Ion. beginnt; wächst mit T → Zahl der Atome ↓ → Besetzungszahlen für Atome ↓ (D) P -Abhängigkeit der Besetzungszahlen e− bilden ideales Gas → Zustandsgleichung: Pe = ne kT Saha-Gl. → Ionis.grad ∝ 1/Pe Vergleich von Sternen unterschiedlicher Größen bei sonst gleichen Bedingungen: d.h. R1 < R2 , M1 = M2 , T1 = T2 → ne,1 > ne,2 → Ion.grad1 <Ion.grad2 → In Riesensternen können Linien neutraler Atome unterdrückt werden. (z.B. CaII λ 422.7 nm: in Zwergen ca. 90% Ca in CaI, in Riesen ca. 40%) 3.2 Grundlagen der Strahlungstheorie (A) Begriffe Intensität Iν [W m−2 Hz−1 sr−1] Energiemenge pro Frequenzeinheit, die pro Zeiteinheit und pro Raumwinkeleinheit eine Flächeneinheit senkrecht zum Strahlungsbündel durchfließt (sr: Raumwinkeleinheit) Strahlungsstrom Φν [W m−2 Hz−1] Energiemenge pro Frequenzeinheit, die pro Zeiteinheit eine Flächeneinheit in allen Richtungen durchströmt → Integration von Iν über alle Raumrichtungen (Vollraum Ω); Winkels ϑ zwischen Flächeneinheit und Strahlungsnormalen: Φν = Z Iν cos ϑdω = Zπ Z2π Iν cos ϑ sin ϑ dϑdφ (3.3) 0 0 Ω mittlere Strahlungsintensität Jν [W m−2 Hz−1] über alle Raumrichtungen gemittelte Intensität (an einem Ort) Jν = Z Iν dω/ Ω Z Ω 1 Zπ Z2π dω = Iν sin ϑ dϑdφ 4π 0 0 (3.4) Ergiebigkeit Sν [W m−2 Hz−1 sr−1] Verhältnis von Emissions- zu Absorptionsvermögen Sν = jν /κν (3.5) jν [W kg−1 Hz−1 sr−1]: Emissionskoeffz., κν [m2 kg−1]: Absortionskoeffz. Kirchhoff ’scher Satz: Sν = Bν (T ) Bν (T ): Intensität der Strahlung eines Schwarzen Strahlers (Planck-Funktion) Schwarzer Strahler (Hohlraumstrahler) Strahlungsquelle mit Absorptionsvermögen = 1 (1.) → Folgerung aus Kirchhoffschem Satz: Der SS hat das maximal mögliche Emissionsvermögen und dieses ist (bei gegebenem ν) nur von T abhängig (nicht von Materialeigenschaften) (2.) Im Hohlraum sind Emission und Absorption eines beliebigen Volumenelements gleich → td. GG Effektive Temperatur Tef f [K] Stefan-Boltzmann-Gesetz: Gesamtstrahlungsstrom Φ eines Schwarzen Strahlers variiert mit T 4 Φ= Z∞ Φν dν = σ T 4, σ = const. (3.6) 0 Über den Strahlungsstrom an der Sternoberfläche, Φ∗(0) wird die effektive Temperatur definiert als die Temperatur des Schwarzen Strahlers mit dem Strahlungsstrom Φss = Φ∗ (0) Tef f = (Φ∗/σ)1/4 (3.7) optische Tiefe τ [-] Betrag der Lichtschwächung entlang der Strecke r durch das Medium der Dichte ρ und mit Abs.koeffz. κν : τν (r) = Zr κν ρds; dτν = κν ρds (3.8) 0 im weiteren: planparallere Schichtung der Atmosphären angenommen (Begründung: Hatm ≪ R∗ ) 3.3 Graue Modellatmosphären zu lösen ist Gl.system: STG, SGG, Randbedingungen Annahme: κν = κν (“grau”) Beispiel für Ansatz mit Bezug zu realen Sternatmosphären: Rosslandscher Mittelwert 1 = κ̄ mit I := Z∞ 0 1 dBν (T ) . dν κν dT R∞ 0 Iν dν, J := Z∞ 0 dBν (T ) dν dT R∞ 0 Jν dν, cos ϑ S := R∞ 0 Sν dν (3.14) folgt für STG: dI(τ, ϑ = I(τ, ϑ) − S(τ ) dτ und für SGG wegen κ 6= f (ν) und Gl.(3.12) Z2π 1 Zπ 1 Zπ 1 Z I(τ, ϑ)dω = I(τ, ϑ)sin ϑdϑ dφ = I(τ, ϑ)sin ϑdϑ S(τ ) = J(τ ) = 4π Ω 4π 0 2 0 0 1 Zπ dI(τ, ϑ) I(τ, ϑ)sin ϑdϑ = I(τ, ϑ) − =⇒ cos ϑ dτ 20 (3.15) Eddington’sche Näherungslsg. (für I(τ, ϑ) = I(τ ), dh. Isotropie): S(τ ) = 3/4π(τ + 2/3)Φ(0) exakte Lsg.: S(τ ) = 3/4π(τ + q(τ ))Φ(0), q(τ ) = 0.577...0.710 (Hopf-Funktion) einsetzen in Lsg. der STG für Sternoberfläche → Randverdunklung der Sonne: Vergleich Beobachtung-Modell: → Annahme, daß Energie durch Strahlung transportiert wird, ist gut (K. Schwarzschild, 1906) T -Schichtung wegen Kirchhoff’schen Satz und Stefan-Boltzmann-Gesetz gilt (für LTE): S(τ ) = Z∞ Sν (τ )dν = Z∞ Bν (T [τ ])dν = 0 0 σ 4 T (τ ) π 4 wegen SGG (Φ = Φ(0) = σTef f ) gilt folglich für graue Atmosphären: 3 T (τ ) = [ (τ + q(τ )]1/4Tef f 4 (3.17) insbesondere ist T (0) ≈ 0.84Tef f und Tef f = T (τ ≈ 2/3) P -Schichtung hydrostatisches GG: dFP,gas = dFgrav dFgrav = [GM∗ /R∗2 ]ρ(z) dA dz dFP,gas = Pg (z + dz)dA − Pg (z)dA = dPg /dz dA dz → dPg = gρ(z) dz → dPg g = dτ κ(τ ) (3.18) g = GM∗ /R∗2 Schwerebeschleunigung an Oberfläche Rechenschritte für graue Modellatmosphären - Parameter (Tef f , g, χ) der Atm. bestimmen (Spektrum) - Tef f legt T -Schichtung fest - χ → κ̄ als Fkt. von T, Pg berechnen (beachte: Beiträge von allen Ion.- u. Anreg.zuständen! → Boltzmann-Gl., Saha-Gl.) - mit κ̄(T, Pg ; χ) aus Gl. (3.17) Pg (τ ) → ρ(τ ) (id. Gasgl.: Pg = ρkT /m̄) - wegen dτ = κ(τ )ρ(τ )dz → τ (z) bestimmbar ⇒ Schichtung der physik. Parameter mit geometr. Tiefe Eigenschaften grauer Modellatmosphären - mathematisch einfach - grobe Näherung (i.allg. zu grob, aber als 0. Näherung brauchbar) 3.4 Nichtgraue Modellatmosphären (A) Prozedur - graues Modell als 0. Näherung → T (τ ), P (τ ), ρ(τ ) - χ vorgeben → κτ (T, P ; χ) berechnen - Übergang zu monochromatischen opt. Tiefen τν → T (τν ) → damit Ergiebigkeit Sν (τν ) bestimmen (z.B. für LTE: Sν = Bν (T [τν ])) → damit Lsg. der STG (3.10) für jedes ν → damit Strahlungsstrom Φν ermitteln → Test der SGG; wenn nicht erfüllt −→ Beginne von vorn...! (C) Ergebnisse Modelle berücksichtigen: - Einfluß der Linienabsorption (ca. 106 Linien) - bei kühleren Modellen in unterer Atmosphäre Konvektion statt Strahlungstransport - Abweichungen vom LTE 3.5 Der kontinuierliche Absorptionskoeffizient Kenntnis der Abs.prozesse nötig für Berechnung von - mittlerem Abs.koeefizient für graue Atmosphären - nichtgraue Atmosphären (A) Wichtige kontinuierliche Absorptionsprozesse (a) g-f Übergänge Abs. (Fotoionisation) (λ(abs) < λ(bind) ) Em.: (λ(em) 6= λ(abs) ) (b) f-f Übergänge e−1(Ekin,1) + hν → e− (Ekin,2) (c) Thomson-Streuung (Photonen an freien e−1 ); λ-unabhängig (d) Rayleigh-Streuung (Photonen an Atomen/Molek.) Streukoeffz. ∝ λ−4 (a) und (b) abhängig von Energieverteilung der freien e− , dh. lokaler T (c) und (d) nicht durch T bestimmt (B) Absorptionseigenschaften von Wasserstoff H wichtigstes Element bzgl. κν (a) atomarer Wasserstoff HI gesamter Abs.koeffz. von H bei ν ist κν (H) = P n(νn <ν) nn agf (n, ν) nn : statist. Gewichte (= Besetzungszahlen der Ausgangszustände) → Boltzmann-Gl. agf (H; n, ν) : atomerer Absorptionsquerschnitt des Ausgangszustands (aus quantenmechanischen Rechnungen) (b) Das H− -Ion sehr viel seltener als HI, aber großer Abs.querschnitt! maximaler Beitrag zu κν (H) bei λ ≈ 850 nm Vergleich der Absorptionseigenschaften kühler und heißer Sternen nahe der Balmer-Grenze (λBG = 364.7 nm): 1.) T = 6 000 K, P = 1 Pa (etwa Sonne) n0,2/n0,1(H) = 1.2 10−8 (Boltzmann-Gl.) n(H −)/n0(H) = 1.2 10−8 (Saha-Gl.) → H− bedeutsam (a(H − , λ2) ≈ 1.5 a(HI, λ2) → H− -Abs. “überdeckt” Balmersprung → Balmersprung nicht stark ausgeprägt weitere Prozesse: - g-f Übergang bei Metallen (λ klein) - Rayleigh-Streuung an Metallatomen - f-f Übergänge freier e− (λ groß) 2.) T = 28 000 K (τ Sco, B0V) n0,2/n0,1(H) = 3.1 10−5 (Boltzmann-Gl.) n(H −)/n0(H) = 1.8 10−9 (Saha-Gl.) → H− ist unbedeutend → Balmersprung stark ausgeprägt weitere Prozesse: - g-f Übergänge bei He, He+ - Thomson-Streuung (hohe Ionisation!) 4 Innerer Aufbau der Sterne Grundlegung: “The internal constituation of the stars” (A. Eddington, 1926) 4.1 Grundgleichungen des inneren Aufbaus 4.1.1 Voraussetzungen Kugelsymmetrie stationärer Zustand → T, P, ρ, ... = f (r) 4.1.2 Hydrostatisches GG dFgrav = G mr ρ(r) dA dr r2 dFP = P (r)dA − P (r + dr)dA = − dFgrav = dFP dP dA dr dr (hydrostat.GG) mr dP = −G 2 ρ(r), dr r P = Pg + Pstr (+...) (4.1) (1. Grundgleichung) wobei mr = Zr 4πr̃2ρ(r̃)dr̃ 0 dmr = 4πr2 ρ(r) dr (2. Grundgleichung) (4.2) Abschätzung des Zentraldrucks → P (0) ∝ m2 /R4 Abschätzung der Zentraltemperatur → T (0) ∝ m/R 4.1.3 Energetisches GG Hydrostat.GG → gesamte im Sterninneren freigesetzte Energie an Oberfläche abgestrahlt Energiefreisetzung dLr innerhalb Kugelschale dr: dLr = 4πr2 drρ(r)ε(r) → dLr = 4πr2 ρ(r)ε(r) dr (4.5) (3. Grundgleichung) ε [J s−1 kg−1]: spezifische Energiefreisetzungsrate ∂up ∂u + ∂t ∂t (εi: innere Quellen; up : potentielle Energie, u: innere Energie des Gases) allgem. Fall: innere Quellen + Kontraktion: ε = εi + Kann Energieabstrahlung der Sonne aus Kontraktionsenergie gespeist werden? Annahmen: 1. langsame Kontraktion (→ Virial-GG ) 2. L = const 3. dT /dr = const - gesamte abgestrahlte Energie EStr - Zeitskala für Abstrahlung der Kontraktionsenergie τHK = Estr /L (Helmholtz-Kelvin-Zeitskala) - Virialsatz: Ekin = 21 Epot , dh. Hälfte der bei der Kontraktion freiwerdenden Energie geht in kinetische Energie, andere Hälfte wird abgestrahlt EStr = Ekin = T̄ ≈ → EStr 3 3 m k T̄ N = k T̄ , 2 2 m̄ m̄ : mittlere Teilchenmasse 1 1 m̄Gm [T (0) + T (R)] ≈ T (0) = , 2 2 4kR wegen (4.4) 3 Gm2 ≈ 8 R τHK ≈ 3 Gm2 8 LR → τHK,⊙ ≈ 4 1015 s ≈ 107 a 4.1.4 Energietransport - Leitung (infolge ungeordneter Teilchenbewegung) → i.a. unbedeutend - Strahlung (Em. → Abs. → Em. ....) - Konvektion (Bewegung von “Massenpaketen”) (A) Strahlungstransport STG: cos ϑ → cos ϑ dI = I −S dτ mit dτ = −κρdr 1 dI = S−I κρ dr Multiplikation mit cos ϑ und Integration über Ω ergibt: Z Ω cos2 ϑ 1 dI dω = κρ dr Z Ω cos ϑ S dω − Z cos ϑ I dω Ω wegen Isotropie folgt: Z Z 1 dI Z 2 cos ϑ dω = S cos ϑ dω − I cos ϑ dω κρ dr Ω Ω Ω 4π 1 dI = −Φ 3 κρ dr Φ σT 4 ac 4 mit I = = = T , π π 4π =− wobei a = Lr 4πr2 4σ , c folgt dI ac 3 dT = 4T dr 4π dr Lr 4π 1 ac 3 dT T = − 3 κρ π dr 4πr2 3 Lr κρ dT = − dr 4ac 4πr2 T 3 (4. Grundgleichung, für Strahlungstransport) (4.6) und damit: Einschub: Ist das Strahlungsfeld im Sterninnern isotrop? Nettostrahlungsstrom durch Fläche dA: − Φν (r) = Φ+ ν (r) + Φν (r) mit Φ+ ν (r) = Φ− ν (r) = π/2 Z Z2π 0 0 Zπ Z2π Iν (r, ϑ, ϕ) cos ϑ sin ϑ dϑ dϕ Iν (r, ϑ, ϕ) cos ϑ sin ϑ dϑ dϕ π/2 0 Schwarzer Strahler: isotropes Strahlungsfeld Iν (r, ϑ, ϕ) = Iν (r) − → Φ+ ν (r) = −Φν (r) = πIν (d.h. Φν (r) = 0) austretender Gesamtstrahlungsstrom: Φ+(r) = σT 4 Betrachtung der Sonne bei r = 0.5R⊙; Annahme: Energiequellen im Innern (a) Nettostrahlungsstrom: Φ(R⊙/2) = L⊙ ≈ 2.6 108 W m−2 2 4π(R⊙ /2) (b) vom Volumenelement abfließender Strahlungsstrom: Φ+(R⊙/2) = σT 4(R⊙ /2) T (R⊙/2) ≈ 1 1 [T (0) + T (R)] ≈ T (0) 2 2 1 → Φ (R⊙/2) ≈ σ T (0) 2 + !4 ≈ 5.5 1018 W m−2 ≫ Φ(R⊙/2) dh. Φ+ ≈ −Φ− → nahezu perfekte Isotropie! Schlussfolgerung aus Gleichung (4.6): Masse-Leuchtkraft-Relation (B) Konvektiver Energietransport ungestörte Umgebung (Strahlungs-GG) → |dT /dr|S Vol.element mit TE (r) > TS (r) und |dT /dr|E < |dT /dr|S : TE (r + dr) = TS (r + dr) = dT TE (r) − dr dr E dT TS (r) − dr dr S =⇒ TE (r + dr) > TS (r + dr) → Vol.element bleibt wärmer als Umgebung → Auftrieb (konvektive Instabilität) Annahmen bzgl. aufsteigendem Vol.el.: 1. adiabatische Expansion (kein Wärmeaustausch mit Umgebung bis Stillstand) 2. Druck-GG mit Umgebung PE = PU 3. ideales Gas PG = ρkT /m̄ Adiabatengleichung: ρ = const Pg1/Γ ; dρ → dr ! ad (Γ = Cp /Cv Adiabatenexponent) Pg1/Γ−1 dPg 1 ρ dPg = const = Γ dr Γ Pg dr aus Zustandsgleichung idealer Gase folgt der Druckgradient zu dPg kT dρ ρk dT 1 dPg 1 dρ 1 dT = + → = + dr m̄ dr m̄ dr Pg dr ρ dr T dr einsetzten von (dρ/dr)ad und umstellen nach dT /dr: 1 dT − T dr ! dT dr ! = ad = ad 1 1 ρ dPg 1 dPg − ρ Γ Pg dr Pg dr ! 1 T dPg 1− Γ Pg dr (4. Grundgleichung, Konvektion) (4.8) konvektives Gleichgewicht: sei zunächst Strahlungs-GG |dT /dr|S wenn zusätzlich Konvektion → Energietransport verstärkt → T -Gradient kleiner als bei Strahlungs-GG: |dT /dr| < |dT /dr|S → kleinerer T -Gradient hat verminderten Energietransport zur Folge → stellt sich GG ein mit Φ = ΦS + Φkonv (konvektives GG) dabei gilt |dT /dr|ad < |dT /dr|elem < |dT /dr| < |dT /dr|S Wann tritt Konvektion auf? Wenn sich infolge Konvektion ein kleinerer T -Gradient einstellen würde als infolge reinen Strahlungstransports entsteht Konvektion. Problem: keine hydrodynamische Konvektionstheorie → |dT /dr| nicht streng berechenbar! Näherung: dT dr = dT dr Allgemeine Konvektionsbedingung: ad ! 1 T dP = 1− Γ P dT dT dr ad < dT dr S (Vorteil der Konvektionsbedingung: einfach für jedes r zu berechnen) Konvektion tritt insbesondere insbesondere wenn: 1. |dT /dr|S groß (Energiestau bei Strahlungstransport) • starke Absorption (κs groß) • starke Zentrumskonzentration der Energiefreisetzung (Φ groß) 2. |dT /dr|ad klein (konvektiver Transport besonders effektiv) • teilweise Ionisation in äußeren Schichten kühlerer Sterne • Moleküldissoziation in Atmosphären kühler Sterne Zusammenfassung Energietransport: heiße Sterne (Tef f > 9 000 K) - Kernkonvektionszonen - außen Strahlungs-GG kühle Sterne (Tef f < 7 600 K) - dünne Oberflächenschichten mit Strahlungs-GG - darunter H-Konvektionszonen - darunter Strahlungs-GG sehr kühle Sterne (Tef f < 4 000 K) - H-, He-Konvektionszonen sehr tief (evtl. bis Zentrum) - Konv.zonen an Oberfläche (H2-Dissoziation) - dazwischen: Strahlungs-GG 4.2 Materialgleichungen für die Sternmaterie 4.2.1 Zustandsgleichung P = P (T, ρ, chem. Zusammensetzung) P = PG + PS , PS = 31 aT 4 für Isotropie (s. Kap. 4.1.4)) (A) ρ ≤ 104 g cm−3 → ideales Gas PG = nkT, n = nion + ne (Ionen- bzw. Elektronendichte) Mit n = ρ/m̄ (ρ: Massendichte, m̄: mittl. Teilchenmasse) µ̄ = m̄/mp : mittl. Molekulargewicht (mp : Protonenmasse) ℜ = k/mp : Gaskonstante folgt PG = ℜT ρ/µ̄. mittleres Molekulargewicht: 1 µ̄ = mp m̄ = mp ρ (nion + ne ) Sternmaterie aus verschiedenen Elementen i mit P - relativem Massenanteil Xi (wobei i Xi = 1) - relativer Atommasse Ai (≈ Anzahl der Nukleonen) - Kernladungszahl Zi nion = → 1 µ̄ = P i n(Ai ) = P Xi (Zi +1) i Ai vollst. Ionisation P Xi ρ i mi,ion bzw. Xi ρ i Ai mp , = P 1 µ̄ = ne = P i n(Ai )Zi P Xi i Ai neutrales Gas wenn 1 H und 4He überwiegen, gilt für Rest Zi + 1 ≈ Ai /2 → → 1 µ̄ 1 µ̄ = 2XH + 43 XHe + 12 XRest 1 = XH + 41 XHe + 16 XRest vollst. Ion. neutr. Gas = P Xi ρZi i Ai mp massemäßig wichtigste chemische Elemente: i Element Ai Zi 1 1 H 1 1 4 2 He 4 2 12 6 C 12 6 14 7 N 14 7 16 8 O 16 8 solare chemische Zusammensetzung: → µ̄ = 1.30 (neutr. Gas) bzw. 0.62 (vollst. Ion.) Bem.: Abweichung vom idealen Gas wegen Coulomb-WW wird berücksichtigt durch Einführung eines Coulomb-Drucks PCoul (B) ρ > 104 g cm−3 → entartetes Gas Entartung: Abweichung quantenmechanischer Systeme von den Gesetzen der klassischen (Boltzmann-) Statistik (wirksam bei tiefen T und/oder großem ρ) z.B.: Fermionen (Teilchen mit halbzahligem Spin z.B. p,e) “ideales Fermi-Gas” genügt Fermi-Dirac-Verteilung: ni(Ei) = gi 1 + e(Ei −χ)/kT wobei gi = 2 für Fermionen; χ : “chem. Potenzial”. Spezialfall: Ei − χ ≫ kT → ni ∝ e−Ei /kT → “klassischer Grenzfall” allgemein: Ei − χ ≫ | kT → Entartung 0 für Ei < χ ∞ für Ei > χ gi für Ei < χ 0 für Ei > χ lim e−(Ei −χ)/kT = T →0 lim ni = T →0 Fermi-Grenzenergie (Fermi-Kante) h2 3n EF = 2m 8π !2 3 analog: Impulsverteilung (E = p2 /2m) Bei vollständiger Entartung ist für alle Fermionen der Impuls dem Betrag nach kleiner als der Grenzimpuls |p| ≤ pF (“Fermi-Kugel” mit Vimp = 43 πp3F ) Fowler (1926): vollständige Entartung in Weißen Zwergen (außer in der sehr dünnen Atmosphäre) Druck der Elektronen in Vort = 34 πR3 , Vimp = 34 πp3F → Übergang zu 6-dim. Phasenraum (PR) (x, y, z, px, py , pz ) (Quantenmechanik: Teilchen → Zelle in PR, Vzell = h3 ) Pauli-Prinzip: Eine PR-Zelle kann nicht mit zwei oder mehreren identischen Teilchen (Fermionen) besetzt werden. → maximale Gesamtzahl der Elektronen in Vort : Ne = 2 Nzell = 2 VP R /Vzell = 2 Vort Vimp/h3 dem entspricht die Anzahldichte ne = Ne /Vort = 2 Vimp/h3 = El.dichte im Imp.intervall p...p + dp (p < pF ) dne = 2 4 3 h3 3 πpF (∗) 8 πp2 dp h3 Druck des Elektronengases = Impuls, der durch Elektronen pro Zeiteinheit durch Einheitsfläche transportiert wird Betrachtung der Elektronen, die sich auf das Flächenelement dA zu bewegen: - in dt legen El. Strecke ds = v dt zurück → während dt treffen auf dA alle El. aus dA ds (eine Raumrichtung) - im Intervall p...p + dp beträgt die Anzahl dieser El. dne dA ds - Gesamtimpuls dieser El. auf dA ist 1 p dne dA ds = 13 p dne dA v dt 3 (wegen 3 Raumrichtungen) - ...pro Flächeneinheit, pro Zeiteinheit: 31 p dne v p dp/dt 1 Z F dFP p v dne = = Druck Pe durch Impulsübertrag : Pe = dA dA 3 p=0 p 8π Z F p4 8π Mit v = p/me , dne von oben folgt: Pe = 3 dp = p5F 3 3h p=0 me 15h me 3 bzw. mit Gl.(∗) Pe = 8π !2/3 h2 5/3 n 5me e andere Schreibweise: mit νe := np /ne = ρ/(mp ne ) → ne = ρ/(νe mp ) folgt 3 Pe = 8π !2/3 h2 5/3 5me mp ρ νe !5/3 Pe = f (ρ; chem.Zus.setzung, Vertlng. d. Ion.zustände); keine T -Abhängigkeit! Vergleich von thermischer Energie der Elektronen Eth = 32 kT mit kinetischer Energie, die pF entspricht (Fermi-Energie) EF = p2F /(2 me): ne klein Übergangsgebiet ne groß EF ≪ Eth EF ≈ Eth EF ≫ Eth ...EF ≫ E0 = me c2 ideales Gas teilweise entartet vollständig...relativistisch entartet Zustandsgleichung für relativistische Entartung: Pe,rel 3 = π !1/3 hc 4/3 8 mp ρ νe !4/3 Bemerkungen: 1. Wenn Elektronengas entartet, ist Ionengas noch ideal (mion ≫ me → EF,ion ≪ EF,e ) 2. Partialdruck des idealen Ionengases vernachlässigbar 3. Berechnung von 1/νe : X Xi Z i 1 mp mp X Xi ρ 1 1 = ne = Zi = = XH + XHe + XRest νe ρ ρ i Ai mp Ai 2 2 i 1 (XH + 1), (da XRest ≈ 0, XHe ≈ 1 − XH ) ≈ 2 Weiße Zwerge: ρ bis 107 g cm−3 noch größere Dichten: beschriebene Theorie der ZG reicht nicht! 1012...1014 g cm−3 → Neutronengas (Näherung: ZG eines Fermi-Gases freier Neutronen) 4.2.2 Kernreaktionen im Sterninnern Nukleare Zeitskala τn Massenbilanz für Reaktion 4 ×1 H →4 He: 4 × 1.007825 u(= 4.031280 u) → 4.002603 u (1) −→ Massendiskrepanz ∆m = 0.028677 u Ursache: freigesetzte Bindungsenergie EB (He) = ∆m c2 = 4 10−12 J = 26.7 MeV (2) d.h. Energievorrat pro H-Atom für He-Fusion: EH = 10−12 J gesamter nuklearer Energievorrat der Sonne: En,tot = NH EH , wobei Anzahl der H-Atome: NH = m⊙/mp Zeitspanne τn , für die En,tot ausreicht, damit kontinuierliche Energieabstrahlung mit L⊙ möglich ist: τn = EH m⊙ 10−12 J 2 1030 kg En,tot = ≈ ≈ 3 1018 s ≈ 1011 a 26 −27 L⊙ L⊙ mp 4 10 J/s 1.7 10 kg Bindungsenergie je Nukleon in Abhängigkeit von Massezahl: Abbildung: Bindungsenergie von Atomkernen, gerechnet pro Nukleon, in Abhängigkeit von der Massenzahl A. Der Kurvenverlauf macht die energetische Sonderstellung des PP-Prozesses deutlich. 1 2 atomare Masseneinheit 1u = 1.660540 10−24 g = 1 eV = 1.602 10−19 J 1 12 12 m( C) Sind Kernreaktionen im Sterninnern möglich? Coulomb-Abstoßung für r > R Coulomb-Potential U (r) = Ze/r Kern K1 (Z ′e) im Coulomb-Feld eines Kerns K2 (Ze) im Abstand r → Epot(r) = U (r)Z ′e = ZZ ′ e2 /r Kernanziehung für r < R (Kernradius) → Verschmelzung erfordert r → R wenn K1, K2 Protonen sind (Rp = 1.4 10−13 cm), ist Epot (R) = e2 /R ≈ 1 MeV bei T = 107 K ist Ēkin (= 32 kT ) ≈ 1.3 keV ≪ Epot(R) !!! ...trotzdem möglich, da • Energieverteilung (Maxwell) → auch Ekin > Ēkin (allerdings nicht signifikant!) • quantenmechanischer Tunneleffekt: Teilchen mit Ekin < Epot(R) haben Wahrscheinlichkeit pT > 0, den Po′ tenzialwall zu “durchtunneln”; pT ∝ e−ZZ /v allgemein: K1 + K2 → “Zwischenkern” → K3 + R (K3, R) können sein: 1.) K3 = K1 (K2 wird ausgestoßen; Streuung) 2.) R = K4, m(K4) 6= m(K2) (d.h. Aufbau oder Abbau) 3.) R = γ-Quant, m(K3) > m(K1), m(K2) (d.h. Aufbau) 4.) spontane β-Umwandlung m(K3) > m(K1), m(K2) (d.h. Aufbau) Wichtige Reaktionsketten (a) Proton-Proton-Reaktion (4 1H→4He) wichtigste Kette (PP I): (1) 2× (2) 2× (3) 1× 1 H +1 H → 2 D +1 H → 3 3 He + He → 2 D + e+ + νe + 1.44 MeV − 0.263MeV τ̄1 = 1.4 109 a 3 He + γ + 5.493 MeV τ̄2 = 6 sec 4 1 He + 2 H + 12.859 MeV τ̄3 = 106 a ∆E = (2 1.44 + 2 5.493 + 12.859 − 2 0.263) MeV = 26.2 MeV mittlere Prozeßdauer durch τ̄1 bestimmt τ̄1 so groß weil während p-p-Begegnung (10−21 s!) spontane β-Reaktion erfolgen muß! alternative Schreibweise von Kernreaktionen: K1 + b → K2 + d + e ≡ K1(b, de)K2 K1 → K2 + d ≡ K1(d)K2 −→ für PP I: 1 H(p, e+ νe )2D(p, γ)3He(3 He, 2p)4He + 26.2 Mev anstatt (3) auch zwei andere Nebenketten möglich (PP II, PP III): 3 PP II: He(α, γ)7Be(e−, νγ)7Li(p, α)4He 3 PP III: He(α, γ)7Be(p, γ)8B(e+ ν)8Be(α)4 He (b) CNO-Zyklus 12 C(p, γ)13N (e+ νe )13C(p, γ)14N (p, γ)15O(e+ νe )15N (p, α)12C + 25.0 MeV geschlossener Zyklus, C als Katalysator zum Aufbau von 4He aus 4 H-Kernen (Bethe & Weizsäcker, 1938) Bemerkung: Freisetzung von Neutrinos bei (a) und (b) → beobachtet? Ja! (solares Neutrinoproblem; 2002 gelöst) (c) 3α-Prozeß (He-Brennen: 3 4He →12 C) T > 108 K 2 × 4He ⇐⇒ 8Be(α, γ)12C + 7.3 MeV 8 Be instabil → wenige Kerne; trotzdem wichtiger Prozeß im Anschluß möglich: 12 C(α, γ)16O + 7.2 MeV, 16 O(α, γ)20N e (d) Aufbau schwererer Elemente T = (6...7) 108 K → C-Brennen → 16O, 20N e, 23N a, 24Mg,... T = (1.5...2) 109 K → O-Brennen → 28Si,... auch Spaltprozesse T > 3.5 109 K → Synthese und Spaltung im GG wichtig für Aufbau schwerer Kerne: Anlagerung von Neutronen → n-Quellen nötig (z.B. 12C(12C, n)23Mg) wenige n → s-Prozeß (slow) → Elemente in Mitte des PSE viele n → r-Prozeß (rapid) → Elemente am Ende des PSE Spezifische Energiefreisetzungsraten εn [J kg−1 s−1] εn = rad Qad /ρ für Reaktion a(b, c)d mit rad : Reaktionsrate (m−3 s−1), abhängig von - Relativgeschwindigkeit vab - Dichte der Stoßpartner na , nb - kernphysik. Wirkungsquerschnitt - Tunnelwahrscheinlichkeit pT (vab) Qad : Energiegewinn der Reaktion allgemein: εn = f (ρ, T, χ) näherungsweise gilt: εpp ∝ ρ T 5 (T ≈ 107 K) εCN O ∝ ρ T 17 (T ≈ 2 107 K) ε3 α ∝ ρ2 T 30 (T ≈ 2 108 K) 4.2.3 Der Absorptionskoeffizient (Opazitätskoeff.) κs [m2 kg−1] Vielzahl atomarer Einzelprozesse; im Wesentlichen: (a) gf-Übergänge (Fotoionisation) agf (i, l; λ): gf-Abs.koeff. eines Teilchens (Elem. i, Ion.zust. l, Anteil Xi,l ) κgf (λ) ρ = XX i n(Xi,l ) agf (i, l; λ); n(Xi,l ) = l ρ Xi,l Ai mp (Summation über alle Elemente i und deren Ionisationszustände l) T -Abhängigkeit: zunächst κgf ↑ mit T ↑ (solange Ionisationsgrad schwerer Elemente ↑) dann κgf ↓ mit T ↑ (bis zur vollst. Ionisation) (b) ff-Übergänge af f (i, l; v, λ): ff-Absorptionskoeff. pro Vol.einheit, bezogen auf ein e− der Geschwindigkeit v im Feld eines Ions (Element i, Ion.zustand l) κf f (λ) ρ = ∞ XXZ i n(Xi,l ) af f (i, l; v, λ) ne(v) dv l 0 (b) Elektronenstreuung (Thomson-Streuung; λ-unabhängig) κe ρ = σe ne; σe = 0.665 10−28 m2 : Streukoeffizient eines freien Elektrons gesamt: κs (λ) = κgf (λ) + κf f (λ) + κe → für unterschiedliche Elementenmischungen bestimmbar Mittelwert κ¯s hinreichend (statt κs (λ)) (Rosseland’sches Mittel, tabelliert) Bemerkung: ρ groß → entartetes El.gas → Wärmeleitung dominierend (sehr groß! → geringer T -Gradient → nahezu isotherm) . Der Weg eines Photons vom Zentrum der Sonne zur Oberfläche “random walk” (hier: 2-dimensional): Em - Abs - Em - Abs - .... → mittlere freie Weglänge d, Richtungen zufällig 1ter Schritt: ∆x1 = d cos θ1, ∆y1 = d sin θ1 2ter Schritt: ∆x2 = d cos θ2, ∆y2 = d sin θ2 ........ Nter Schritt: ∆xN = d cos θN , ∆yN = d sin θN Abstand zum Anfangspunkt (0,0): 2 r = x2N N X + 2 yN cos θi i=1 N X i=1 sin θi !2 !2 →r 2 = N X ∆xi i=1 = 2 N X cos θi + N X sin2 θi + 2 i=1 = + i=1 = d " N 2 X 2 N X ∆yi i=1 2 =d N X cos θi cos θj , N X sin θi sin θj i6=j | {z =0 i6=j | {z =0 2 (cos θi + sin θi) i=1 2 " N X cos θi i=1 !2 + N X i=1 sin θi !2 # } # } →r=d √ N mittlere freie Weglänge d = 1/(κs ρ) 3 mittlere solare Bedingungen: κ¯s = 10 m2/kg; ρ̄ = m⊙/( 34 π R⊙ ) −4 → d = 10 m !!!! (Sternmaterie ist extrem undurchsichtig!) Anzahl der Absorptionsprozesse vom Zentrum bis zur Oberfläche: N = (R⊙/d)2 = (109/10−4)2 = 1026 → dafür benötigte Zeit: t = s/c = N d/c = 106 a (thermischer Zeitskala) . 4.3 Sternmodelle 4.3.1 Zur Lösung der Grundgleichungen Grundgleichungen eines Sterns im hydrostatischen Gleichgewicht: dP dr dmr dr dLr dr dT dr dT dr = −γ mr ρ r2 = 4π r2 ρ = 4π r2 ρ εN Lr 3 κ¯s ρ 4π r2 !4ac T 3 1 T dP 1− Γ P dr = − für Stahlungstransport = für Konvektion Materialgleichungen: P = P (ρ, T, χ) (Strahlungsdruck, Gasdruck: ideales oder entartetes Gas) εN = εN (ρ, T, χ) κ¯s = κ¯s (ρ, T, χ) Randbedingungen: Zentrum: (r = 0) : mr = 0, Lr = 0 Oberfl.: (r = rA ) : P = PA , T = TA (Untergrenze der Atmosphäre) → 7 Gleichungen, 9 Variable → Lösung hat 2 freie Parameter → man gibt sich m und χ vor und löst dafür das Gleichungssystem; Lösung (r) = “Sternmodell (m, χ)” numerische Methode (Henyey-Verfahren): - Problem: Gl.n (2) und (3) von innen nach außen, Gl.n (1) und (4) nicht! - → Annahme (willkürlich) über Verlauf von T (r), ρ(r)(→ P (r)) - Stern in konzentrische Kugelschalen dr eingeteilt für jede Schale Variable berechnen und testen: hydrostat. GG?, energet. GG?, Konvektion? → Korrekturen...iterative Verbesserung Eindeutigkeit der Lösung: Vogt-Russell-Theorem (1926/27): Zu jeder vorgegebenen Kombination (m, χ) gibt es maximal eine Gleichgewichtskonfiguration. → für festes χ → L = L(m), Tef f = Tef f (m) → L = L(Tef f ) bzw.Mv = Mv (Sp) → Hauptreihe = Ort der chemisch homogenen Sterne mit gleichem χ, aber unterschiedlicher Masse in GG-Konfiguration. Vogt-Russell-Theorem nicht streng gültig! Es gibt Kombinationen (m, χ) mit mehreren Lösungen, aber diese Lösungen liegen nicht beliebig dicht. → Lokales Vogt-Russell-Theorem: In der unmittelbaren Umgebung einer Lösung existiert keine weitere Lösung, sofern der Stern sich im Gleichgewicht (oder Quasi-GG) befindet. (Keine Eindeutigkeit weitab vom GG, dh. in explosionsähnlichen Phasen). Entwicklungsfolgen von Sternmodellen: Kernprozesse → Änderung Ẋi der chem. Zusammensetzung (1) (0) Xi = Xi + Ẋi δ t → neues Modell (Vogt-Russell-Theorem) → Entwicklungssequenz χ(0) , χ(1) , ... für Umwandlung Xi → Xk ist Ẋi = − rik mk Masse der pro sec pro Vol. neugebildeten Elemente k =− Gesamtmasse pro Volumen ρ rik = Reaktionsrate i → k (Anzahl Reaktionen pro sec pro Vol.) mk = Ak mp 4.3.2 Modelle für Hauptreihensterne Alter-Null-Hauptreihe, zero age main sequence (ANHR, ZAMS) Vorstellung: - Sterne entstehen durch Kontraktion (chem. homogener) interstellarer Materie - während der Kontraktion keine chemische Entmischung - Aufheizung des Protosterns durch Kontraktionsenergie (Virialsatz) - T (0) ↑→≈ 107 K → Beginn des H-Brennens → stationärer Zustand stellt sich ein → Beginn der Entwicklung mit chemisch homogenen Sternen (“Alter Null”) Sternmodelle für “Alter Null” in HRD: = Alter-Null-Hauptreihe Population I (χ wie Sonne) Population II (wenig “Metalle”) Sternmodell-Entwicklungsfolgen (später) → im Kern stationäres H → He Brennen → Stern durchläuft langsam Hauptreihe wenn H im Kern verbraucht → HR beendet (mKern ≈ 0.1 m∗) HR-Entwicklungszeiten τHR Dauer des (quasi-)stationären Zustands der Hauptreihe: τHR EH→He m/mp m/m⊙ m ≈ 0.1 τN ≈ 0.1 ≈ 0.1 τN,⊙ ≈ 7 109 a L L/L⊙ m⊙ Bem.: detailliertes Sonnenmodell → τHR,⊙ ≈ 9...10 109 a HR-Entwicklungszeitskalen in Abhängigkeit vom Spektraltyp: Spektraltyp O5 B0 A0 F0 G0 K0 M0 6 7 8 9 9 9 τHR [a] 2 10 2 10 6 10 2 10 5 10 9 10 2 1010 !−2 ANHR: Vergleich von Modellen und Beobachtung (a) HRD empirische ANHR offener Sternhaufen ( = untere Einhüllende der Gesamtheit der HR offener Sternhaufen) Beobachtung: V, B − V, r → L, Tef f , (Problem: genaue Entfernungen r!) Hyaden: Sternstromparallaxen → r = 44 pc (genau) Haufen mit OB-Sterne: Sternhaufen-Parallaxen (einige 100 pc...kpc) weitere Probleme: interstellare Extinktion, Verfärbung, Zugehörigkeit zum Haufen, Doppelsterne, Rotation, chem. Inhomogenitäten theoretische ANHR Abbildung: Vergleich von empirischer ANHR (gestrichelt) und Modell-AHNR (Kreuze) für XH = 0.70 XHe = 0.27 Xrest = 0.03 l = 1.5 hP (b) Masse-Leuchtkraft-Beziehung Abbildung: Vergleich von empirischer MLR (gestrichelt) und Modelldaten (Kreuze) Unsicherheiten bei späten Sp (> K5) Ursache u.a.: Moleküle (H2O, TiO,...) (Molek.dissoz. → |dT /dr| ↓) Innerer Aufbau von HR-Sternen (a) oberes Ende der HR (m ≥ 1.4 m⊙) - Tc > 18 106 K → CNO-Brennen → Kernkonvektionszone - relat. Größe der Kernkonv.zone nimmt mit größerer m zu - ρc ↓ mit m ↑ ! (b) unteres Ende der HR (m ≤ 1.4 m⊙) - i.w. pp-Reaktion, innen Strahlungstransport - Tef f ↓ mit m ↓ → außen teilweise Ionisation → κs groß → äußere Konv.zone - relat. Größe der äußeren Konv.zone nimmt mit abnehmender Masse m zu Der Massenbereich der HR-Sterne - untere Grenze: m ≈ 0.08 m⊙ für m < 0.08 m⊙ ist Tc < Tpp → kein stationäres Kernbrennen, Energie aus Kontraktion (Braune Zwerge) - obere Grenze: m ≈ 100 m⊙ für m > 100 m⊙ ist Pstr sehr groß → Pulsationsinstabilität (Abblasen äußerer Hüllen in ∆t ≪ τHR ) Überprüfung des Standard-Sonnenmodells (A) Helioseismologie: Prinzip: Transportvorgänge im Innern → Ausbreitung von Wellen (akkustische Wellen [Druck, Schall], Schwerewellen [Gravitation]) Interferenzen → Eigenfrequenzen λE werden ausgefiltert (stehende Wellen) λE abhängig von T, P, χ → Eigenfrequenzspektrum ermöglicht “Einblick” ins Sonneninnere (insbesondere c = vschall(r), vrot(r)) Beobachtung: 1960: 5-min-Oszillation der Sonne (Leighton et al.) 1988: Iphir-Experiment an Bord von Phobos (über 160 Tage ununterbrochene Beobachtung) Modell ↔ Beobachtung für c = vschall(r) links: Vergleich verschiedener Modelle. rechts: relative Abweichung für Standard-Sonnenmodell (B) Neutrinoastronomie: 1931 Neutrinos theoretisch vorausgesagt (W. Pauli) 1956 1. Nachweis von Neutrinos aus Kernreaktoren (Cowan, Reines) 1955 R. Davies schlägt vor, N. durch 37Cl →37 Ar Reaktion nachzuweisen, → Nachweis von N. mit E > 0.814 MeV N. aus p-p-Reaktion haben aber nur E ≈ 0.4 MeV! 1958 Cameron, Fowler: PP III-Kette (→ N. mit E > 10 MeV aus 8 B-Zerfall) 1968 R. Davies: 1. Nachweis von N. aus PP III (Homestake Mine, 400 000 l C2Cl4) aber: nur ≈ 31 des vorausgesagten Flusses für Standardmodell (T (0) = 15.7 106 K) ... im wesentlichen durch alle späteren Exprimente bestätigt 90er Jahre: Nachweis mit Super-Kamiokande (Richtungsdetektoren!), dass hochenergetische Neutrinos tatsächlich aus der Sonne kommen. ⇒ Problem der solaren Neutrinos !!! Entweder ist (a) das Sonnenmodell oder (b) das Neutrinomodell falsch! (a) erforderliche Modifikation des Standardmodells: T (0) um 6% kleiner! → inakzeptabel wegen Ergebnissen aus Helioseismologie! (b) Neutrino-Oszillationen: Umwandlung von νe in die zwei anderen N.typen (Myon-N.,Tau-N.)? → nur möglich, wenn N.-Ruhemasse > 0. 1998 N.-Oszillationen mit Super − Kamiokande nachgewiesen (allerdings nicht für solare Neutrinos!) 2002 Subdury Neutrino Obs.: Nachweis der Oszillationen solarer Neutrinos! Fluss von Elektron-N.s aus 8B-Zerfall: 1.76 106 cm−2 s−1 Gesamt-Neutrino-Fluss aus 8B-Zerfall: 5.07 106 cm−2 s−1 =⇒ Neutrino-Problem gelöst !!! 5. Sternentwicklung 5.1 Entwicklung zum Roten Riesen (A) 5 m⊙-Stern Prinzipielle Abfolge der Prozesse nahe Zentrum: (H) H-Brennen (τN ) Tc ≈ const Kontraktion (τHK ) Tc ↑ (R ↑→ Tef f ↓) (He) He-Brennen (τN ) Tc ≈ const Kontraktion (τHK ) Tc ↑ ... (C) (He) (H) mit τN > τN > τN ... (A) 5 m⊙ -Stern (A) ANHR XH = 0.73, XHe = 0.25, XRest = 0.02 (Population I) Tef = 17 500 K, Sp=B5, Mbol = −2.44m Tc = 24.6 106 K, ρc = 16.4 g cm−3 → CNO-Brennen Brennzone: mKB = 0.07 m∗ konvektiver Kern mkk = 0.21 m∗ ...H→He...langsames Leerbrennen des Kerns → He-Kern Tef f ↓, L ↑ (K) (B) mkk ≈ 10%, XH ≈ 0.054 Kern beginnt, schnell zu schrumpfen → Tef f ↑ (K) (C) mkk = 0, XH = 0, Schalenbrennen Kern: Energieabstrahlung, keine -freisetzung → kontrahiert → ρc ↑, TC ↑ hydrost. GG: wenn Kern kontrahiert, muss Hülle expandieren → R ↑→ L ≈ const, Tef f ↓→ Roter Riese → äußere Konvektionszone (bei (E) maximal) (D) Tc = 1.05 108 K, ρc = 1.4 104 g cm−3 →He-Brennen → Konvektionszone; (meiste Energie aus Schale) (E) stationäres Brennen (hydrostat.GG): T adjustiert sich ... Kernbrennen übernimmt zunehmend mehr Anteil an εN (F) He-brennender Kern “stirbt ab” (→ C-Kern) von hier an nicht sonderlich stabil → “pendeln” im HRD He-Schalenbrennen um C-Kern Kern kontrahiert, äußere Hülle expandiert → L ↑, Tef f ↓ (K) (G) mkk = 0, XHe = 0 He-Schalenbrennen (48%) H-Schalenbrennen (52%) (H) H-Schale “stirbt ab” , tiefe äußere Konv.zone → Durchmischung ...weitere Entwicklung später Bemerkungen: 1. Massenverlust ∆m, vor allem bei m groß (z.B. ∆ m/m ≈ 0.3 für m ≥ 10 m⊙) → bestimmt Weg im HRD, aber ṁ unsicher 2. für m ≥ 2.5 m⊙ ist Entwicklung qualitativ ähnlich ideales Gas → stationäres He-Brennen 3. für m ≈ 0.4...2.5 m⊙ entartetes Gas → explosives He-Brennen (B) Stern mit m = (0.4...2.5) m⊙ - entwickelt sich im HRD “senkrecht nach oben” - nach Beendigung des H-Kern-Brennens: He-Kern - He-Kern kontrahiert → PGas ↑ (Tc kleiner als bei 5 m⊙) → Entartung - Tc steigt auf 8 107 K → He-Brennen im entarteten Gas: Tc ↑ (PGas ≈ const) → ε ↑→ Tc ↑→ ε ↑→ ... ...bis Entartung aufgehoben (Tc > Tentart, lim) ≡ He-flash → Explosionswelle, die in Hülle absorbiert wird Massenverlust ca. 10...50%; Ende der Entwicklung auf Riesenast, Übergang zu asymptot. Riesenast (C) 1 m⊙-Stern (A) ANHR zentrales H-Brennen (H → He) nach Ausbrennen → He-Kern entartet (E) He-Brennen in entartetem Kern (He-Flash) → Roter Riese ca. 0.1 m⊙ Massenverlust (F → G) zentrales stationäres He-Brennen (+ H-Schalenbrennen) (G → J) asymptotischer Riesenast ab (I) thermische Pulse wegen He-Schalenflashs → starker Massenverlust äußere Hülle wird abgestoßen und bei T ≈ 3 104...105 K ionisiert → sichtbar → Planetarischer Nebel heißer Kern (m ≈ 0.6 m⊙) wird zunehmend mehr sichtbar, Teff ↑, L ≈ const 5.2 Deutung der FHD von Sternhaufen Sternentwicklungsweg: Gesamtheit aller Punkte im HRD für Sterne mit gleichem (m0 , χ0 ) und unterschiedlichen Alter τ Isochrone: Gesamtheit aller Punkte im HRD für Sterne mit gleichen (τ, χ0 ) bei unterschiedlichen Anfangsmassen m0 Sterne eines Sternhaufens mit (τH , χH ) ordnen sich im HRD bzw. FHD entlang der Iochrone (τH , χH ) Entwicklungswege im HRD für Sterne unterschiedlicher Masse für Modelle mit X = 0.70, Y = 0.03. Die Sequenz der Startmodelle repräsentiert die ANHR. Isochronen für die links dargestellten SternentwicklungsModelle mit Angabe des Alters in Jahren. Die untere Einhüllende ist die ANHR. (a) junge offene Sternhaufen - lange Hauptreihe z.B. Plejaden bis Mv ≈ −2 (späte B) → m ≈ 5 m⊙ → τHR ≈ 108 a - wenige Rote Überriesen - dazwischen “Hertzsprung-Lücke” (τHK ) (a) alte Sternhaufen: Kugelsternhaufen - kurze HR: keine Sterne mit m ≥ (0.7...1) m⊙ (Ausnahmen! Blue Stragglers) → τHR ≈ (10...18) 109 a (älteste Sterne; Pop. II) - beachte χ(P op II) : XRest(P op II) ≪ XRest (P op I) Sequenz von Sternhaufen-HRD = Altersequenz Altersindikator: Abknickpunkt der HR (turnoff) (c) Feldsterne der Sonnenumgebung Altersgemisch mit τ ≈ 0...τmax 5.3 Zwiebelschalenstruktur massereicher Sterne generelle Entwicklungsfolge: Kernbrennen H → He (HR) ...Kontraktion... → Erhöhung Tc Kernbrennen He → C ...Kontraktion... → Erhöhung Tc Kernbrennen C → N,O,Si ...Kontraktion... → Erhöhung Tc Kernbrennen N,O,Si → ... Fe-Kern freisetzbare Kontraktionsenergie, dh. die Sternmasse entscheidet, wie weit Kernbrennen gehen kann: m0 m0 m0 m0 > 0.1 m⊙ → H-Brennen > 0.6 m⊙ → He-Brennen ≥ 8 m⊙ → C-Brennen (ca. 100 a) ≥ 10 m⊙ → N-, O-, Si-Brennen → Fe-Kern (ca. 1 mon) Je schwerer die zu “verbrennenden” Kerne sind, desto höher ist die erforderliche Temperatur → desto kleiner ist die Fusionsregion → Entstehung einer Schichtung schwerer chem. Elemente (“Zwiebelschalenstruktur”) wenn m zu klein, um weiteres Brennen zu zünden → Kontraktion → Endzustand 5.4 Endzustände der Sternentwicklung 5.4.1 Weiße Zwerge Entwicklung eines 1 m⊙-Sterns nach Ende des He-Kernbrennens CO-Kern (= PN-Zentralstern) Kontraktion → PGas ↑→ Entartung εN = 0, L > 0 → Tc ↓, aber R ≈ const (da Pe nicht von T abhängig) Tef f ∝ Tc (da entartetes Elektronengas idealer Wärmeleiter!) 4 → wegen L = 4π R2 σ Tef f ist log L ∝ log Tef f → Stern im HRD von PN zu WZ e− -Entartung → Pe ∝ ρ5/3 −1/3 wegen Pc ∝ m2 /R4 und ρ ∝ m/R3 → Rwz ∝ mwz , !!! dh. Rwz ↓ für mwz ↑ → für stabilen Endzustand kann mwz nicht beliebig groß sein weiterhin: mwz groß → relativistische Entartung, dh. Pre ∝ ρ4/3 Für diesen Fall existiert keine m-R-Relation (dh. kein stabiler Zustand)! stabiler Endzustand nur für m ≤ mkritisch kritische Grenzmasse = “Chandrasekhar-Masse”: mkritisch = mCh ≈ 1.4 m⊙ (max. Masse, bei der Gravitation durch Entartungsdruck des e− -Gases ausgeglichen wird) 5.4.2 Neutronensterne Wenn m < mCh → WZ. Was geschieht, wenn anfängliche Sternmasse > mCh ? (a) ṁ groß Stern verliert genügend Masse (vor allem RR) → mf inal < mCh Beobachtungen von Massenverlust: - Sternwind: P-Cygni-Profile von Emissionslinien - Koronae: Roentgenbeobachtungen - Planetarische Nebel - WZ in jungen Sternhaufen (z.B. Plejaden: mturnof f ≈ 4 m⊙) (b) m0 ≤ (8...10) m⊙, ṁ klein Kontraktion nach He-Kernbrennen → C-Kern entartet weitere Zunahme von Tc → explosives C-Brennen (C-Flash); hydrodynam. Modelle → Explosion (SN), kein Reststern (?) (c) m0 ≥ (8...10) m⊙ (mHe−Kern > mCh ) Kontraktion nach Ende des Kernbrennens → ρ ↑→ Entartung des e− -Gases bei ρ ≈ 106 kg cm−3 wird Pgrav > Pe → “Neutronisation der Materie”, URCA-Prozeß (Z, A) + e− → (Z − 1, A) + νe Innerhalb τf f ≈ 1 s entsteht im Innern ein Neutronenstern (entartetes n-Gas, Pn , ρ ≥ 2 1011 kg cm−3) Kontraktion wird durch Entartungsdruck des Neutronengases gestoppt → NS sind stabile Endzustände, falls PGrav 6> Pn → obere Grenzmasse für NS: mOV ≈ 1.5...3 m⊙ (Oppenheimer, Volkoff) Kernkollaps eines 10 m⊙-Sterns Bildung eines NS → Stoßfront, Instabilitäten → Entwicklung komplex (detailabhängig) zwei prinzipielle Möglichkeiten: 1. Stoßfront → Hülle abgeblasen (SN II) → mKern < mOV → NS 2. Hülle nicht abgeblasen → mKern > mOV → Schwarzes Loch Zusammenfassung: Beobachtbarkeit von Neutronensternen 1932 Existenz von NS durch L. Landau vorausgesagt 1934 W. Baade & F. Zwicky: am Ende der Sternentwicklung explodieren Sterne als Supernovae, dabei entstehen NS (und kosmische Strahlung) 1967 Entdeckung des ersten Radio-Pulsars (CP 1919) durch J. Bell & A. Hewish J. Bell’s Kommentar zum 1. Pulsar: “... I was now two and a half years through a three years studentship and here was some silly lot of Little Green Men using my telescope ans my frequency to signal to planet Earth.” J. Bell’s Kommentar zum 2. Pulsar: “... It was highly unlikely that two lots of Little Green Men could choose the same unusual frequency and unlikely technique to signal to the same inconspicuous planet Earth.” Perioden der Radiopulsare: meist P = 0.25...2 s schnellster Pulsar: PSR 1937+214 mit P = 1.55780644887275 ms Modell: - Drehimpulserhaltung bei Kollaps zu NS → schneller Rotator - Magnetfelderhaltung bei Kollaps → starke Felder → Synchrotronstrahlung entlang Magnetfeldachse - “schiefer Rotator”: Magn.feldachse 6= Rotat.achse → “Leuchtturm-Effekt” 5.4.3 Stellare Schwarze Löcher Michell 1784; Laplace, 1795: Voraussage auf Grundlage Newtonscher Theorie: q Entweichgeschwindigkeit von Körper mit m, R ist ve = 2Gm/R → für R < 2Gm/c2 ist ve > c → Schwarzes Loch Beispiele: Sonne: Rs ≈ 3 km (R⊙ = 7 105 km); NS mit 1.5 m⊙ : Rs ≈ 5 km (RN ≈ 10 km) Einstein (1916): exakte Theorie: Exkurs: Allgemeine Relativitätstheorie (Einsteinsche Gravitationstheorie): - Allgemeines Relativitätsprinzip (Kovarianzprinzip): “Die Grundgesetze der Physik müssen so beschaffen sein, daß sie in Bezug auf beliebig bewegte Bezugssysteme gelten.” - Äquivalenzprinzip: In hinreichend kleinen Raumzeit-Bereichen kann nicht zwischen der Wirkung eines Gravitationsfeldes und der einer gleichmäßig beschleunigten Bewegung unterschieden werden. → Verknüpfung von Geometrie der Raumzeit mit Eigenschaften der Materie: “Geometrisierung der Schwerkraft” Abbildung: Der ART zufolge verformt ein gravitierender Körper (hier der weiße Punkt) den ihn umgebenden Raum. Teilchen, die in der gekrümmten Raumzeit den geradestmöglichen Bahnen folgen, erwecken den Eindruck, als ob sie auf eine anziehende Kraft reagieren. Positive Tests von Voraussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie: - Periheldrehung des Merkur um 43”/100 a infolge Raumzeit-Krümmung durch Sonne - Lichtablenkung 1.75” nahe Sonnenrand (Finsternisse, Radioquellen) - Gravitationsrotverschiebung (Labor) - Doppelpulsar PSR 1913-16: 1. Drehung des Periastrons um 4.13o/a (Abb. rechts) 2. Schrumpfung der Separation infolge Abstrahlung von Gravitationswellen (siehe Abb. rechts) Abb. links: Rotation des Periastrons von PSR 1913+16 Abb. links: systemat. Verschiebung der Periastrondurchgangszeit infolge Verkürzung der Bahnperiode von PSR 1913+16 - Lense-Thirring-Effekt (frame dragging): rotierender Körper verdrillt Raumzeit-Struktur (2005 für Erde nachgewiesen) - Zukunft (nach 2015): Nachweis von Gravitationswellen mit dem Laser Interferometer Space Antenna Project (LISA) Feldgleichungen der Gravitation (Einstein 1915): Rmn − 21 gmn R = κTmn , m, n = 1...4 gmn (xi ): “metrischer Tensor”, beschreibt (lokale) Geometrie des Raumes P (ds)2 = gmn dxm dxn “Linienelement” mn Rmn : “Ricci-Tensor”, symmetrisch → 10 Komponenten (Fkt.n der 1. und 2. Abltng. von gmn ) R: “Krümmungsskalar” (Spur des Ricci-Tensors) Tmn : Energie-Impuls-Spannungs-Tensor der Materie κ: Einsteinsche Gravitationskonstante → 10 partielle nichtlineare DGl 2. Ordnung für gmn Lösung für Außenraum (Tmn = 0) einer Kugel (K. Schwarzschild, 1916): (dr)2 + r2[(dϑ)2 + sin2 ϑ (dφ)2] − [1 − Rs /r] c2 (dt)2 (ds) = 1 − Rs /r 2 r, ϑ, φ: räumliche Polarkoordinaten Rs = 2Gm/c2 (≈ 3 mm⊙ in km) : Schwarzschild-Radius ♣ Fall: r ≫ Rs : Gravitationsfeld schwach → Newtonscher Grenzfall gmn ∝ 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 1 0 0 −1 ; ∂ 2Φ ∂ 2Φ ∂ 2Φ + 2 + 2 = Gµ ∂x2 ∂y ∂z Φ : Grav.pot., G : Newtonsche Gravit.konstante, µ: Massendichte Schwarzschild-Lösung: (ds)2 = (dr)2 + r2 [(dϑ)2 + sin2ϑ (dφ)2] − c2 (dt)2 (Euklidscher Raum) ♣ Fall r → Rs : “Ereignishorizont” Frequenz(rot-)verschiebung infolge Änderung der Metrik: q dh. für r → Rs geht ν∞ → 0 ν∞ = ν(r) 1 − Rs /r ♣ Fall r < Rs : Singularität des Gravitationsfeldes = Schwarzes Loch Umschlag der Signatur von Raum und Zeit Eigenschaften Schwarzer Löcher (SL): (1.) Lösungen der Feldgleichungen für Gravitationspotential kollabierter Massen maximal 3 Parameter: Masse, Drehimpuls, Ladung (2.) geschlossener Ereignishorizont: keine Information von innen nach außen. Die Eigenschaften des kollabierten Sterns verschwinden hinter dem Horizont ...außer Masse,... (No-Hair-Theorem: “Ein SL hat keine Haare.”) Abbildung: Bei einem rotierenden SL (Kerr SL) ist die Singulariät ringförmig und der Ereignishorizont ein Ellipsoid. Der Horizont ist von der Ergosphäre eingeschlossen. Hier: maximal rotierendes SL. (3.) Im Innern echte Singularität des Gravitationsfeldes; diese ist für die Physik der Außenwelt ohne Bedeutung (“cosmic censorship”). (4.) Ein einmal entstandenes SL ist stabil und kann nicht wieder zerstört werden. (aber: Hawking u.a.: Modifikation wegen Quanteneffekte) (5.) Kollaps zum/auf SL (msl ) ist effektivster Energiefreisetzungsmechanismus: freigesetzte potentielle Energie beim Fall von m auf msl : ∆EG ≈ Gm msl /Rmin für Rmin = Rs folgt mit Rs = 2Gmsl /c2 : ∆EG = 0.5mc2 (vrgl.:pp-Prozeß: ∆Epp ≈ 0.007 mc2) praktisch: letzte stabile Bahn bei R > Rs nicht-rotierendes (Schwarzschild-) SL: ∆EG = 0.06mc2 rotierendes (Kerr-) SL: ∆EG = 0.42mc2 (6.) sehr große Gezeitenkräfte in der Umgebung eines SL Nachweismöglichkeiten für SL: wichtige Eigenschaft: - Materie mit Drehimpuls fällt nicht direkt auf Horiziont, sondern bildet Akkretionsscheibe (Schklovski, 1962) Abbildung rechts: Arthur Rackhams Illustration zu E. A. Poe’s Erzählung “Der Maelström”. - sehr große Gezeitenkräfte in der Umgebung eines SL → starke differentielle Rotation der Scheibe Aufheizung infolge Reibung bis 1010 K → Röntgenstrahlung prinzipielles Vorgehen: Suche nach Doppelsternen mit charakteristischer Röntgenemission, Massenbestimmung der dunklen Komponente: m > mOV ? beste Kandidaten: Cyg X-1: Lx , nicht streng periodisch spektr. Doppel* HDE 226868 P: Überriese, m ≈ 30 m⊙ S: unichtbar, m ≈ 7 m⊙ (entfernungsabh., unsicher) A 0620-00: zeitweiliger Röntgenstrahler, spektr. Doppel* V6616 Mon: P: K 7 Hauptreihe S: unichtbar, m ≥ 3.2 m⊙ Abbildung: Massenbestimmung für kompakte Objekte in Doppelsternen. Die vertikalen Linien markieren die Grenzmassen für WZ bzw. NS 5.5 Entwicklung enger Doppelsterne (DS) Algol (β Per)-Paradoxon: DS aus Unterriese m = 0.79 m⊙ und HR-Stern mit m = 3.6 m⊙ (ähnlich für ganze Klasse von DS: β Lyrae - Sterne) Potential eines rotierenden DS: Φ = ΦG + ΦRot = −G(m1 /r1 + m2/r2) − 21 z 2 ω 2 Äquipotentialfläche: Φ = const. Roche-Flc̈he: (= kritische Äquipot.fläche) = innerste Äquipot.fläche um beide Komponenten; enthält inneren Lagrange-Punkt L1 Lösung des Algol-Paradoxons (Kopal, 1950-60) sei m1(t = 0) > m2 (t = 0) Stern 1 → Riese → füllt seine Roche-Fläche aus → Materie fließt über zu Stern 2 (über L1 ) Typen enger DS-Systeme: Abbildung oben: Geometrie der Äquipotentialflächen in einem engen Doppelsternsystem. Gezeichnet sind die Kurven Φ = const in der Bahnebene für ein Massenverhältnis 0.17. Die Roche-Fläche schneidet sich selbst im Lagrangepunkt L1 . S ist der Schwerpunkt des Systems (Durchstoßpunkt der Rot.achse). 5.6 Veränderliche Sterne Bedeckungs-V. Rotations-V. Pulsations-V. Eruptions-V. 5.6.1 Pulsationsveränderliche periodische Änderung von m und λLinien → Pulsation Entstehung: Störung des GG: außen Expansion ρ ↓, T ↓→ P ↓→ Repulsion Erhaltung (“Kappa-Mechanismus”): wenn ρ ↑→ κs ↑→ erhöhte Absorption wenn ρ ↓→ κs ↓→ absorbierte Energie wieder freigesetzt → treibt Oszillation mit Eigenfrequenz des Sterns √ → P ∝ 1/ ρ̄ (beobachtet) Kappa-Mechanismus effektiv, wenn teilweise ionisierte Schichten in geeignetem Abstand von Oberfläche sind → Streifen im HRD Perioden-Leuchtkraft-Relation für Pulsationsveränderliche: RR Lyrae-Sterne: δ Cephei-Sterne: W Virginis-Sterne: Mv = 0.6 ± 0.3 ≈ const Mv = −1.7 − 2.5 log P Mv = −0.2 − 2.5 log P → wichtig! für Entfernungsbestimmung (Kugelsternhaufen, nahe Galaxien) 5.6.2 Eruptionsveränderliche (a) T Tauri-Sterne (“Nebelveränderliche”, ∆ m ≤ 4 mag) - junge Sterne, noch vor ANHR; nahe interstellaren Wolken - stark irregulärer Lichtwechsel - Flare-Ausbrüche ähnlich Sonne (∆ t ≈min), auch Radio → Magnetfeld - koronale Em.linien (auch im Röntgenbereich) - oft Materieausströmungen (b) Novae - enge DS (Kontaktsysteme) - Massenüberfließen auf Akkretionsscheibe um WZ (Kataklysmische DS) - “Heißer Fleck” auf Akkretionsscheibe - Viskosität → Materietransport in Scheibe → ∆m auf WZ - wenn ∆ m > mkrit → explosives H-Brennen auf Oberfläche des WZ → Abstoßen der Hülle → Twz ↓, Lwz ↓ - weiterhin fließt Materie über → ...wiederholt sich (rekkurrente Novae) Kernfusion an Oberfläche des WZ: ∆ m ≈ 7...17 mag: gewöhnliche Novae Instabilitäten in Akkretionsscheibe: ∆ m ≈ 2...6 mag: Zwerg-Novae ∆ m < 2 mag: Nova-ähnliche (c) Supernovae (∆ m > 20 mag) - explodierende Sterne (→ Endstadien) - Ausstoß einer Gashülle (≈ 10 000 km/s) = Supernova-Rest (ca 103 a sichtbar) Typ I Typ II < Mmax > -18...-21 -16.5...-18 Lichtkurve steil weniger steil, Buckel H-Linien Spektrum kein H junge Sterne Umgebung beliebig Interpretation: Typ I: aus Sternen relativ geringer Masse in DS → akkretierender CO-WZ (innen entartet) mit Novae → Massenansammlung (He, C, O) → C-flash im WZ (Deflagration) oder (wegen mW Z > mOV ) Kollaps (Detonation) Typ II: aus Einzelstern m > 8 m⊙ nach letztem Kernbrennen → Kernkollaps → Stoßfront (Detonation) → äußere Hülle wird weggeschleudert gesamte freigesetzte Energie ≈ 1044 J (entspricht etwa der Gesamtenergie der Fusion von 0.1m⊙ H→He) 6 galaktische (!) SNe 1054 Vmax ≈ −3.5m 1572 Vmax ≈ −4.0m 1604 Vmax ≈ −2.6m beobachtet; bekannteste: im Taurus (Krebsnebel) in Cassiopeia (Tycho’s SN) im Ophiuchus (Kepler’s SN) bedeutsamste SN: SN 1987 A (Typ II) in Großer Magellanscher Wolke (LMC) Bemerkung energiereichste Phänomene: Gamma Ray Bursts (GRB) sind möglicherweise auch eine spezifische Art von SN (Hypernovae) 6. Sternentstehung/Frühphasen der Sternentwicklung 6.1 Überblick: Interstellares Medium interstellares Gas (Atome, Moleküle), Staub, Magnetfelder, Strahlungsfeld Beobachtete Phänomene (Beispiel) ...und deren Ursachen interstellare Extinktion λ-abhängig! interstellare Polarisation “Löcher”: Sterne/Galaxien erscheinen regional unterhäufig interst. Absorpt.linien (schmal) in Sternspektren optisch-leuchtende Nebel: (a) Reflexionsnebel (Plejaden) (b) Emissionsgebiete - HII-Gebiete (Orion-Nebel) - Planetarische Nebel (Ring-Nebel) - SN-Rest ......(Krebs-Nebel) ......(Schleier-Nebel) IR-Emissionsgebiete (η-Carinae-Nebel) Radioemissionsgebiete: - galakt. 21 cm-Emission - λ < 1m - λ > 1m - ausgedehnte Mol.linien-em. (CO, NH3 ,...) - kompakte Mol.linien-Quellen (OH, H2O, SiO) Staubteichen auf Sichtlinie nicht-sphärische Staubteilchen im interst. Magnetfeld Staub-Extinktion in Dunkelwolken interst. Gas (Atome,Moleküle) an Staubteilchen refl. Licht naher Sterne intst. Gas, Rekomb. nach Ionisat. durch: - UV-Strahlung von OB-Sternen - UV-Strahlung des Zentralsterns ......Synchrotronstrahlung von Pulsar ......Stoßfront von SN-Explosion thermische Strahlung aufgeheizter (50...100 K) Staubteilchen - HI-Gas - frei-frei-Emission in heißem Gas (HII-Gebiete) - Synchrotronstrahlung (Elektronen der kosm. Strahlung im Magnetfeld) - Molekülwolken, Riesen∼ - Maserquellen (nahe Protosternen) Wichtige Eigenschaften des interstellaren Gases und Staubs: Eigenschaft Massenanteil Zusammensetzung Teilchendichte Massendichte Temperatur Gas 10% HI, HII, H2 (70%) He (28%) C,N,O,Ne,Mg, Al,Si,S,...(2%) 1 cm−3 10−21 kg m−3 100 K, 104 K, 50 K (HI, HII, H2 ) Staub 0.1% feste Partikel d = 0.1...1 µm H2 O-Eis, Silikate, Graphit mit Verunreinigungen 10−13 cm−3 = 100 km−3 10−23 kg m−3 10-20 K Fünf-Phasen-Modell des interstellaren Gases: Phase 1. 2. 3. 4. 5. T [K] n [cm−3] dichte Kerne von Mol.wolken (zumeist H2 ) 20 103 Hüllen von Mol.wolken (zumeist HI, H2 ) 100 20 warmes Zwischen-Wolken-Gas (zumeist HI) 6 000 0.05...0.3 heißes ionisiertes Gas (HII-Regionen) 8 000 0.5 sehr heißes, diffuses, ionisiertes koronales Gas 106 10−3 Koexistenz von HII-Gebieten (OB-Sterne) und Molekülwolken: optisch: HII-Gebiete nahe Dunkelwolken Radio: HII-Gebiete in Dunkelwolken eingebettet → Sternentsehungsgebiete in Molekülwolken eingebettet 6.2 Die Bildung von Protosternen ρ̄∗ /ρ̄M ol.wol ≈ 1020 → starke Kontraktion erforderlich! Unter welchen Bedingungen kann eine Wolke kollabieren? hydrostat. GG (Virialsatz): −Epot = 2 Etherm Nicht-GG (Kontraktion): −Epot > 2 Etherm Für Wolke mit Masse m und Radius R folgt mit mr = 34 πr3 ρ̄ Epot = −G Etherm = Zm 0 dEpot = −G 3 kT N 2 = Zm m r r 0 dmr = −G 3 m kT 2 m̄ = 16 2 2 5 π ρ̄ R 15 3 4 3 ρ̄ kT πR 2 3 m̄ (m̄: mittlere Teilchenmasse) Kontraktion erfolgt, wenn 4 T G π ρ̄R2 > 3k 5 m̄ =⇒ R> v u u 15 t v uT k u t ≡ RJ 4 πGm̄ ρ̄ Bzw. für Masse (mit ρ̄ = n̄m̄, m̄ = µ̄mp , mp : Protonenmasse, n̄ Teilchendichte) v u 3 1u tT 2 ≡ mJ , m > 10 m⊙ 2 µ̄ n̄ T in K, n̄ in cm−3 Jeans’sches Kriterium für Grav.instabilität (notwendige, nicht hinreichende Bedingung) Vergleich mit Beobachtungen: Wolkentyp kleine,diffuse W. Riesenmolek.-W. Kerne von RMW T /K 102 10..40 30..200 n/cm−3 10..30 103..104 104..106 µ̄ 1 2 2 m/m⊙ 5..20 103..104 10..104 mJ /m⊙ (2..3) 104 8..200 4..103 Jeans-instabil? nein Turbulenzdruck! ja → für gravitationsinstabile Wolken ist mJ ≈ mSternhauf en > m̄∗ → 1. Sterne entstehen bevorzugt in Haufen/Assoziationen → 2. Voraussetzung für Bildung von Einzelsternen: Fragmentation Szenarium für Protosternbildung: Gravitationskollaps 1.) Kontraktion (induziert?) → Stöße → Ionisation, Staubheizung → effektive Energieabstrahlung → Kontraktion isotherm √ → Frei-Fall-Kollaps τdyn ≈ τf f ≈ 1/ 2Gρ → Gebiete mit ρ > ρ̄ kollabieren schneller als Umgebung → Verstärkung von Dichteinhomogenitäten ≡ Fragmentation 2.) ρ ↑→ Wolke wird optisch dick → T ↑ “Protostern” (R ≈100 AE) Ionis. → Kontraktion verlangsamt → Übergang zu quasi-GG (τdyn = τHK ) 3.) Tc ≥ 104 K → Kern (H) vollst. ionisiert Zentrum (m ≈ 10−3 m⊙ ) kontrahiert im Quasi-GG (τHK ) ≡ protostellarer Kern (“Sternembryo”, R <1 AE) innerhalb großer Wolke Hülle kollabiert weiter auf Kern (→ m ↑→ Tc ↑) 1.)...3.) bisher nicht beobachtet! Schwierigkeiten der Modellierung: - 3-D-Hydrodynamik (spezielle nummmerische Verfahren nötig), - Details der Mikrophysik unsicher (“Materialgleichungen”) 4.) Drehimpulserhaltung → Kern rotiert immer schneller → Fliehkraft verlangsamt Kollaps ⊥ Rotationsachse → Kollaps vor allem k Rotationsachse → Scheibe + Protostern + Hülle (opt. dick → IR, sub-mm) evtl. auch Zerfall schnell rotierender Objekte in Mehrfachsysteme (Rotationsfragmentation) 6.3 Sternentstehung und protostellare Scheiben Szenarium (durch Beobachtungen und theoret. Modelle fundiert): - Ausgangszustand: kühle Molekülwolken (T ≈ 10..20 K) → Dichtekonzentrationen (Kerne) mit Drehimpuls (infolge Turbulenz) - Kerne können gravitationsinstabil werden → kollabieren (Jeans-Kriterium der Gravit.instab.: mkern > mcrit ) - Kollaps → Anhäufung von Drehimpuls → Kern rotiert immer schneller → Fliehkraft stoppt Kollaps ⊥ Rot.achse → Einfall nur noch k Rot.achse =⇒ innerhalb von ∼ 105 a Akkretionsscheibe mit Zentralkondensation (Protostern) in Hülle langsam einfallenden Mol.wolkengases (opt. dick; beobachtbar in IR, sub-mm) - Akkretionsscheibe mit Viskosität transportiert: Masse nach innen, Drehimpuls nach außen → Protostern wächst (Problem: Drehimpulskatastrophe?!) - Protostern entwickelt starken Sternwind - Sternwind durchbricht Scheibe an schwächster Stelle → bipolarer Ausfluß - Öffnungswinkel der bipolaren Ausströmung wird breiter, Sternwind bläst verbleibendes Gas aus der Scheibe → Ende der Akkretionsphase Beobachtungen: (A) junge Sterne (T Tauri Sterne): bipolarer Ausfluß, Scheibe (B) Sterne vom Sonnentyp: “Wega-Phänomen” (Staubscheiben, z.B. β Pic) 6.4 Entwicklung zur Hauptreihe im HRD (1.) Entwicklung bis quasi-hydrostat. GG: T ↑, L ↑ (2.) Einsetzen des quasi-hydrostat. GG → Energietransport durch Konvektion (optisch dick, Konvektion effektiv) für Sterne mit gleicher Masse m ist Tef f kleiner, R größer bei konvektivem GG im Vergleich zu Strahlungs-GG für jedes m haben voll-konvektive Sterne das kleinst-mögliche Tef f →≡ Hayashi-Linie im HRD (3.) quasi-hydrostat. Kontraktion, konvektiver Energietransport → R ↓, Tef f ≈ const. (wegen Konvektion) → L ↓ (4.) Tc ↑→ Ionisation ↑→ κ ↓→ Strahlungstransport wird immer effektiver → Tef f ↑, R ↓, L ≈ const (da für Strahlungs-GG L ∝ m3) (5.) Tc = Tkrit,H−He → hydrostst. GG stellt sich ein ≡ ANHR Zusammenfassung: (a) dynam. instabile Phase (Kollaps) (b) voll-konvektive quasi-hydrostat. Kontraktion (c) quasi-hydrostat. Kontraktion mit Strahlungstransport Zeitskalen der Vor-HR-Entwicklung: ≈ 6 104 yr für 15 m⊙, ≈ 108 yr für 0.3 m⊙ Beispiele für Sterne im Vor-HR-Stadium: T Tauri-Sterne Zusammenfassung: Abbildung: Die Hauptstadien der Entstehung von Stern+Planetensystem im HRD vom Kollaps einer interstellaren Wolke (unten rechts) über die aktive Scheiben-/Abströmphase (oben Mitte), die passive Scheiben-/Planetenbildungsphase (Mitte) bis zur Existenz eines stabilen Planetensystems zu dem Zeitpunkt, wenn der Stern die Hauptreihe erreicht (links). Die Scheibe bildet sich auf natürlichem Weg, sie fungiert als Speicher für Materie, die zuviel anfänglichen Drehimpuls besitzt, um direkt auf den Zentralstern zu stürzen. Zeitangaben (Alter vom Beginn des gravitativen Kollaps) in Jahren.