Begründen und Beweisen Vorbereitungsseminar zum fachdidaktischen Praktikum APO 2003: Aufgaben im Mathematikunterricht Dozent: Prof. Dr. Anselm Lambert WS 2008/2009 Referentinnen: Sarah Schröder & Kathrin Notte Datum: 07. 01. 2009 „Muss das auch bewiesen werden? Das ist doch klar!“ Überblick 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Arten des Begründens Argumentationsbasen Exaktheit von Begründungen Allgemeingültigkeit von Begründungen Begründen im Unterricht Die zwei Funktionen Vorschläge von Malle Handout: Beispielaufgaben & Bildungsstandards Literatur Arten des Begründens A will B die Richtigkeit einer Aussage a erläutern. Hierfür gibt es verschiedene Arten des Begründens: 1) 2) 3) 4) 5) Berufung auf eine Autorität Deduktives Schließen Reduktives Schließen Induktives Schließen Analogieschlüsse, Wahrscheinlichkeiten Argumentationsbasen • „Aus empirischen Untersuchungen weiß man, dass primitive Begründungen […] auf Schülerinnen und Schüler oft überzeugender wirken als hochgeschraubte Beweise.“ (Günther Malle) • Wichtig ist der entsprechende Umgang mit Beweisen. Beweisen soll als eine Form des Begründens von Aussagen (Behauptungen, Feststellungen) angesehen werden. Argumentationsbasen • In der Mathematik wird häufig deduktives Schließen verwendet, in den NW allgemein induktives Schließen. Wichtig: Berücksichtung kritischer Rationalismus • Um eine Aussage a durch Schließen begründen zu können werden meist Aussagen b, c, d, … benötigt, die als richtig angesehen werden. => Richtigkeitsnachweis von a Argumentationsbasen Argumentationsbasis = Eine Menge von Aussagen, die als richtig angesehen werden und Schlussweisen, die als zulässig anerkannt werden. Beweis bzgl. dieser Argumentationsbasis = Eine Begründung auf Grund einer vorgegebenen Argumentationsbasis. Argumentationsbasen Bsp.: Man begründe: ½ + ¼ = ¾. Plenum Argumentationsbasen 1. Erläuterung anhand von Butter Argumentationsbasis = Alltagserfahrung 2. Begründung anhand eines „Tortenbildes“ Ab = Anschauung 3. ½ + ¼ = 2/4 + ¼ = ¾ Ab = Rechenverfahren 4. Erweiterungsregel a/b = c*a/c*b und Additionsregel a/c + b/c = (a+b)/c Ab = Bruchrechenregeln Argumentationsbasen • Eignung einiger Aufgaben zu völlig verschiedenartigen Begründungen: • http://www.schulebw.de/unterricht/faecher/mathematik/3material/s ek1/geometrie/pyth/beweise • 10 Beweismöglichkeiten für den Satz des Pythagoras (Vektoren, Sehnen-Tangenten-Satz etc.) Argumentationsbasen Probleme: • Unsicherheit: „Worauf kann ich mich berufen?“ • Unsicherheit: „Was wird erwartet?“ Exaktheit von Begründungen • „Wie detailliert sind die einzelnen Begründungsschritte ausgeführt?“ • „Wie weit reicht die Begründung?“ Exaktheit von Begründungen Bsp.: Man begründe: Eine natürliche Zahl ist genau dann durch 9 teilbar, wenn ihre Ziffernsumme durch 9 teilbar ist. Plenum (verschiedene Exaktheitsgrade) Exaktheit von Begründungen • Begründung 1: Aufführen von Beispielen • Begründung 2: Spielmarken zeigen die Behauptung für zweistellige Zahlen • Begründung 3: Geeignete Zerlegung einiger natürlicher Zahlen erstmals vollgültige Begründung • Begründung 4: Beschreibung des o.g. Verfahrens mit Variablen explizite Begründung für alle zweiund dreistelligen Zahlen • Begründung 5: Allgemeine explizite Begründung für alle n-stelligen Zahlen Begründung 1 Bsp.: • 9 teilt 36 • 9 teilt nicht 47 • 9 teilt nicht 109 • 9 teilt 81 • 9 teilt nicht 73 … Exaktheit von Begründungen • Begründung 1: Aufführen von Beispielen • Begründung 2: Spielmarken zeigen die Behauptung für zweistellige Zahlen • Begründung 3: Geeignete Zerlegung einiger natürlicher Zahlen erstmals vollgültige Begründung • Begründung 4: Beschreibung des o.g. Verfahrens mit Variablen explizite Begründung für alle zweiund dreistelligen Zahlen • Begründung 5: Allgemeine explizite Begründung für alle n-stelligen Zahlen Begründung 2 Bsp: Die Zahl 26 Exaktheit von Begründungen • Begründung 1: Aufführen von Beispielen • Begründung 2: Spielmarken zeigen die Behauptung für zweistellige Zahlen • Begründung 3: Geeignete Zerlegung einiger natürlicher Zahlen erstmals vollgültige Begründung • Begründung 4: Beschreibung des o.g. Verfahrens mit Variablen explizite Begründung für alle zweiund dreistelligen Zahlen • Begründung 5: Allgemeine explizite Begründung für alle n-stelligen Zahlen Begründung 3 Dekadische Zahlendarstellung: Bsp.: • 36 = 3*10 + 6 = 3*9 + 9 • 47 = 4*10 + 7 = 5*9 + 2 • 273 = 2*100 + 7*10 + 3 = 2*99 + 7*9 + 2 + 7 + 3 … Exaktheit von Begründungen • Begründung 1: Aufführen von Beispielen • Begründung 2: Spielmarken zeigen die Behauptung für zweistellige Zahlen • Begründung 3: Geeignete Zerlegung einiger natürlicher Zahlen erstmals vollgültige Begründung • Begründung 4: Beschreibung des o.g. Verfahrens mit Variablen explizite Begründung für alle zweiund dreistelligen Zahlen • Begründung 5: Allgemeine explizite Begründung für alle n-stelligen Zahlen Begründung 4 (Dasselbe Vorgehen wie bei Begründung 3, aber verallgemeinert für zwei- bzw. dreistellige Zahlen): • ab = a*10 + b = a*9 + a + b • abc = a*100 + b*10 + c = a*99 + b*9 + a + b + c Man erkennt dadurch die Richtigkeit der Behauptung. Exaktheit von Begründungen • Begründung 1: Aufführen von Beispielen • Begründung 2: Spielmarken zeigen die Behauptung für zweistellige Zahlen • Begründung 3: Geeignete Zerlegung einiger natürlicher Zahlen erstmals vollgültige Begründung • Begründung 4: Beschreibung des o.g. Verfahrens mit Variablen explizite Begründung für alle zweiund dreistelligen Zahlen • Begründung 5: Allgemeine explizite Begründung für alle n-stelligen Zahlen Begründung 5 Beweis allgemein für n-stellige Zahlen: anan-1…a0 = an*10^n + an-1*10^n-1 + … + a0 = an*(10^n -1) + an-1*(10^n-1 -1) + … + an + an-1 + … + a0 Daraus folgt die Behauptung, da 10^k -1 immer durch 9 teilbar ist. Allgemeingültigkeit von Begründungen Allgemeingültigkeit kann auf verschiedene Weisen in verschiedenen Graden ausgedrückt werden. Im Bsp. wird die Allg. der Argumentation fortlaufend expliziter ausgedrückt. Begründen im Unterricht Ab hängt von der kognitiven Struktur einer Person ab. langfristiges Ziel des Unterrichts im Begründen: Schüler sollen 1) die Unterschiedlichkeit der Ab erkennen. 2) lernen, die Ab des Lehrers zu verstehen. Lehrer sollten auch versuchen, die von den Schülern verwendeten Ab besser zu erkennen, um die eigene verständlich machen zu können. Begründen im Unterricht Unterricht im Begründen kann als ein Bemühen um eine gemeinsame Ab aufgefasst werden. Übungen, um dieses Ziel langfristig zu erreichen: 1) Bewusstmachen von Ab und Arbeiten mit vorgegebenen Ab 2) Bewusster Übergang von einer Ab zu einer anderen für das gleiche Stoffgebiet Begründen im Unterricht Benutzte Beweismittel im Unterricht: • Handlungen: Messen, Ausschneiden, Umdrehen, usw. Schlüsse werden nicht unbedingt bewusst gemacht • Beziehungen, z. B. zwischen Punkten, Geraden, … Beide ergänzen einander Komplementarität von Handlungen und Beziehungen Begründen im Unterricht Fazit: Unterscheidungen von math. Begründungen • Art und Umfang der verwendeten Ab • Grad, mit dem die Allgemeingültigkeit der Argumentation expliziert wird • Vorherrschen von Handlungs- oder Beziehungselementen Plenum Begründe: In jedem gleichschenkligen Trapez sind die Diagonalen gleich lang Die zwei Funktionen • Überzeugungsfunktion (Demonstrative Fkt.) Überzeugung von der Richtigkeit einer Behauptung • Zusammenhang stiftende Funktion (Explorative Fkt.) Erkenntnis von der Herleitung eines Sachverhaltes aus einem anderen Verwirrung bei Unklarheit über Funktion!!! Vorschläge von Malle • Bis einschl. Kl. 8: Zentrale Bedeutung der Begründungsfunktion, dann Forderung von Argumentationen anhand vorgegebener Ab • „Begründe!“ „Zauberwort“ Bedeutung des mathematischen Begründens für eine lebenswichtige Begründungshaltung (Allgemeinbildung) Beispielaufgaben & Bildungsstandards Handout Literatur • Fischer & Malle: Mensch und Mathematik. Eine Einführung in didaktisches Denken und Handeln. BI. 1985, S. 178-191. • Lambert & Herget: Mächtig viel Mittelmaß in Mittelwert-Familien. In: Der Mathematikunterricht 50 (2004) 5, S. 5566. • Malle: Begründen. In: mathematik lehren, Heft 110, 2002, S. 4-8. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!