Makroökonomische Fluktuationen Vorlesung Ökonomie 1 13.1.2006 BIP Schweiz 1850-2003 zu Preisen von 2000 450'000 400'000 350'000 300'000 250'000 200'000 150'000 100'000 50'000 0 1850 1860 1870 1880 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 zusammengesetzt aus verschiedenen Quellen 2 Konjunkturfluktuationen Schweiz 1850-2004 VJV % 15% Vorjahresveränderung 10% Vorjahresveränderung (3-Jahresmittel) 5% 0% -5% -10% 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 zusammengesetzt aus verschiedenen Quellen 3 Saisonale Fluktuationen Saisonale Fluktuationen z. B. durch: Mehr Bauaktivität im Sommer Mehr Detailhandel in Weihnachtszeit Quartalswerte Mio. Fr. 110'000 105'000 100'000 95'000 90'000 85'000 90 92 94 96 98 00 02 04 Quelle: seco 4 Reales Bruttoinlandprodukt Vorjahresveränderung in % Milliarden Fr pro Quartal 5 4 110 3 105 2 1 100 0 -1 95 -2 -3 90 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 Quelle: seco 5 Woher kommen die Fluktuationen? es gilt immer Verwendung Ausland Gesamtnachfrage nach inländischen Gütern inländische Endnachfrage Importe = Einkommen gesamtwirtschaftliche Produktion Löhne verfügbares Einkommen Zinsen Gewinne inländische Nachfrage nach inländischen Gütern Exporte Produktion Steuern Staat Defizit Sparen Staatsausgaben Investitionen privater Konsum internationaler Kapitalverkehr 6 Schafft das Angebot die Nachfrage? Die Produktionsseite bestimmt das BIP. Oder bestimmt die Nachfrage, wie viel produziert wird? Die Nachfrageseite bestimmt das BIP. 7 Was bestimmt die Grösse des BIP? Produktion Nachfrage = Einkommen Wir bauen ein Modell, in dem das BIP durch die Nachfrage bestimmt wird. 8 gesamtwirtschaftlicher Kreislauf mit Staat und Ausland Verwendung Ausland Gesamtnachfrage nach inländischen Gütern inländische Endnachfrage Importe Einkommen gesamtwirtschaftliche Produktion Löhne verfügbares Einkommen Zinsen Gewinne inländische Nachfrage nach inländischen Gütern Exporte Produktion Steuern Staat Defizit Sparen Staatsausgaben Investitionen privater Konsum internationaler Kapitalverkehr 9 Nachfrageseite des BIP: C + I + G + Ex - Im Wie gross sind die einzelnen NachfrageKomponenten? Wie stark schwanken die Komponenten? Was bestimmt die Zunahme / Abnahme der Komponenten? Welche Zusammenhänge bestehen zwischen den Komponenten? 10 Wachstum und Gewicht der einzelnen Verwendungskomponenten Mio. Fr. 150'000 Exporte X 100'000 Investitionen I Staatskonsum G 50'000 privater Konsum C 0 Importe M -50'000 90 92 94 96 98 00 02 04 Quelle: seco 11 Vorjahresveränderung der Verwendungskomponenten VJV % BIP 4.Quartal 99 10 BIP 4. Quartal 98 5 - 1 100 privater Konsum BIP 0 -5 -10 91 93 95 97 99 01 03 05 Quelle: seco 12 Vorjahresveränderung der Verwendungskomponenten VJV % 10 Investitionen 5 BIP 0 -5 -10 91 93 95 97 99 01 03 05 Quelle: seco 13 Vorjahresveränderung der Verwendungskomponenten VJV % Ausrüstungsinvestitionen 15 10 5 BIP 0 -5 -10 Bauinvestitionen -15 91 93 95 97 99 01 03 05 Quelle: seco 14 Vorjahresveränderung der Verwendungskomponenten VJV % Exporte Importe 10 5 BIP 0 -5 -10 91 93 95 97 99 01 03 05 Quelle: seco 15 Vorjahresveränderung der Verwendungskomponenten VJV % 10 Staatsausgaben 8 6 4 2 BIP 0 -2 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 Quelle: BFS, Jahresdaten, nominal 16 Was bestimmt das BIP von der Nachfrageseite? BIP von Nachfrageseite Konsum Investitionen Staatskonsum BIPNachfrage = C + I + G + X autonomer Konsum Nettoexporte = Exporte - Importe marginale Konsumneigung C = CA + c (Verfügbares Einkommen) marginale Konsumneigung D Konsum C c = D Verfügbares Einkommen 17 Was bestimmt das BIP von der Nachfrageseite? C = CA + c (verfügbares Einkommen) Steuern C = CA + c (BIPEinkommen - T ) Marginale Konsumneigung c < 1 Der Konsum reagiert also nur unterproportional auf Veränderungen des verfügbaren Einkommens. 18 Konsum und verfügbares Einkommen 1980-2000 (in Mia. Sfr. zu Preisen von 1990) Konsum C 250 C = Verfügbares Einkommen 200 150 100 100 Einem höherem verfügbaren Einkommen entspricht ein weniger als proportional höherer Konsum. 150 200 250 verfügbares Einkommen Quelle: BFS 19 Konsumfunktion Konsum C C = CA + c (BIPEinkommen- T ) Konsumfunktion C Steigung = c Konsum CA Einkommen BIPEinkommen 20 Gesamtwirtschaftliche Nachfrage C+ I +G+X = BIPNachfrage C+I+G+X Nettoexporte C+I+G Staatskonsum C+I C Investitionen Konsum BIPEinkommen 21 Gesamtwirtschaftliche Nachfrage BIPNachfrage C + I + G + X = BIPNachfrage BIPNachfrage BIPNachfrage sinkt wenn: CA - I - G - T + Exporte - Importe + BIPEinkommen 22 Gesamtwirtschaftliche Nachfrage BIPNachfrage steigt wenn: CA + I + G + T - Exporte + Importe - BIPNachfrage BIPNachfrage Steigung = marginale Konsumneigung c BIPEinkommen 23 Gleichgewichts BIP BIPNachfrage 45° Linie BIPNachfrage Steigung = marginale Konsumneigung c Gleichgewichts-BIP = BIPNachfrage = BIPEinkommen = BIPProduktion 45° BIPEinkommen 24 Produktion Einkommensmultiplikator Nachfrage = Einkommen BIPNachfrage BIPNachfrage = BIPEinkommen BIPNachfrage BIPNachfrage = C + I + G + X BIPN = CA + c(BIPE -T) + I + G + X weil BIPN = BIPE 45° BIPN = CA + cBIPE - cT + I + G + X BIP = 1 (CA - cT + I + G + X) 1- c Multiplikator BIPEinkommen 25 Was geschieht bei einer expansiven Fiskalpolitik ? Produktion Nachfrage = Einkommen BIPNachfrage BIPN = C + I + G + DG + X BIPN = C + I + G + X DG BIP = 1 (CA - cT + I + G + X) 1- c BIPEinkommen 26 Produktion Was geschieht bei einer expansiven Fiskalpolitik ? Nachfrage = Einkommen BIPNachfrage BIPN = C + I + G + DG + X BIPN = C + I + G + X DBIP BIP = DG 1 (CA - cT + I + G + X) 1- c Gesamtnachfrage ist um mehr als DG angewachsen! DBIP BIPEinkommen 27 Zahlenbeispiel Multiplikator Quartal Nachfrage 1999 Q4 2000 Q1 2000 Q2 2000 Q3 2000 Q4 1000 800 640 512 410 5000 BIP = 1 (CA - cT + I + G + X) 1- c c = 0.8 DG = 1000 Multiplikator = 5 BIP Zunahme von 5000 Fr. dank Erhöhung der Staatsausgaben um 1000 Fr. 28 Grenzen des Einkommensmultiplikators 1. Zusatznachfrage geht in ausländische Güter Importe steigen und nicht BIP 29 gesamtwirtschaftlicher Kreislauf mit Staat und Ausland Verwendung Ausland Gesamtnachfrage nach inländischen Gütern gesamtwirtschaftliche Produktion Löhne verfügbares Einkommen Zinsen Gewinne Steuern Staat Defizit Sparen inländische Endnachfrage Importe Einkommen inländische Nachfrage nach inländischen Gütern Exporte Produktion Zusatznachfrage Staatsausgaben Investitionen privater Konsum internationaler Kapitalverkehr 30 Grenzen des Einkommensmultiplikators 1. Zusatznachfrage geht in ausländische Güter Importe steigen und nicht BIP 2. Neben der Produktion steigen die Preise Inflation 31 gesamtwirtschaftlicher Kreislauf mit Staat und Ausland Verwendung Ausland Gesamtnachfrage nach inländischen Gütern inländische Nachfrage nach inländischen Gütern Exporte inländische Endnachfrage Importe Produktion Einkommen gesamtwirtschaftliche Produktion Löhne verfügbares Einkommen Zinsen Gewinne Steuern Die Produktion kann nicht beliebig steigten Staat Defizit Sparen Staatsausgaben Investitionen privater Konsum internationaler Kapitalverkehr 32 Fluktuationen als Abweichungen vom potentiellen BIP reales BIP (Mrd. Fr.) +1,5% 212 potentielles BIP +1,5% 208 +1,5% 204 200 +1,5% +1,5% wächst relativ konstant wegen technischem Fortschritt Zunahme Produktionsanlagen Zunahme Marktaktivitäten Zunahme Arbeitskräfte 196 Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 33 Fluktuationen als Abweichungen vom potentiellen BIP reales BIP (Mrd. Fr.) BIP Produktion +1,5% 212 +1,5% 208 +1,5% 204 200 +0,0% potentielles BIP +1,9% tatsächliches BIP BIP Nachfrage +1,5% +6,1% +1,5% -2,0% +1,5% 196 Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 0,0% -3,5% 4,6% -1,5% 0,4% Abweichung vom Wachstum des potentiellen BIP 34 Reales BIP zu Preisen von 1980 mit Trendlinie 400 350 300 Milliarden Fr. reales BIP 250 200 150 100 Trendlinie (hier grob geschätzt) = potentielles BIP = Produktion bei normaler Auslastung 50 0 1948 1952 1956 1960 1964 1968 1972 1976 1980 1984 1988 1992 1996 2000 35 Inflation und potentielles BIP Wenn die BIP-Nachfrage grösser als das potentielle BIP ist, steigen die Preise Inflation. Die Unternehmen können die Preise erhöhen ohne Kunden zu verlieren. Arbeitskräfte können höhere Löhne durchsetzen. Wenn die BIP- Nachfrage kleiner als das potentielle BIP ist, sinkt ein Teil der Preise. Starker Preiswettwerb zwischen Bauunternehmen für wenige Bauaufträge. 36 Simulation nachfrageseitig bestimmtes BIP 37 Zürcher Index der Wohnbaukosten 1939 - 2004 1'000 900 800 700 600 500 400 300 200 100 39 43 47 51 55 59 63 67 71 75 79 83 87 91 95 99 03 Quelle: Statistisches Amt der Stadt Zürich 38 Index Wohnbaukosten Stadt Zürich (1988 = 100) 1988 = 100 Index Konsumentenpreise 140 120 Index Wohnbaukosten 100 80 60 40 20 0 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 Quelle: Statistisches Amt des Stadt Zürich; BfS 39 Index Komponenten Wohnbau Stadt Zürich (1988 = 100) 1988 = 100 Fr. Konsumentenpreise 130 560 Übrige Kosten 540 Innenausbau 520 120 110 500 Gesamtindex 480 Rohbau 100 460 90 Kubikmeterpreise (rechte Skala) 80 440 420 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 Quelle: Statistisches Amt des Stadt Zürich; BfS 40 Fluktuationen als Abweichungen vom potentiellen BIP reales BIP (Mrd. Fr.) BIP Produktion +1,5% 212 +1,5% 208 +1,5% 204 200 +0,0% potentielles BIP +1,9% tatsächliches BIP BIP Nachfrage +1,5% +6,1% +1,5% -2,0% +1,5% 196 Jahr 0 Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 0,0% -3,5% 4,6% -1,5% 0,4% Abweichung vom Wachstum des potentiellen BIP 41 Abweichung vom potentiellen BIP und Veränderung der Inflation (Schweiz 1989-2003) Inflation fällt, wenn BIP < BIP potenziell Inflation 7 % Inflation steigt, wenn BIP > BIP potenziell 6 1991 1992 5 1990 4 1993 3 1989 1994 2 Preisstabilität nach SNB 1996 1995 2001 2000 1 2003 2002 1997 1999 1998 0 -3 -2 -1 0 1 2 Abweichung vom potentiellen BIP in % 3 4 Quelle: BfS, KOF 42 Grenzen des Einkommensmultiplikators 1. Zusatznachfrage geht in ausländische Güter Importe steigen und nicht BIP 2. Neben der Produktion steigen die Preise Inflation restriktive Gelpolitikik höhere Zinsen 3. Staatsausgaben werden mit Krediten finanziert höhere Zinsen 43 Wieso führt Inflation zu höhern Zinsen? Und wieso führen höhere Zinsen zu niedrigerem BIP? Schritt 2 Zusammenhang Inflation Zinssatz Inflation Schritt 1 Zusammenhang Zinssatz reales BIP Zinssatz reales BIP Schritt 3 Inflation und aggregierte Nachfrage 44 Schritt 1 Zusammenhang Zinssatz reales BIP Der reale Zinssatz hat eine negative Beziehung zu den Nachfragekomponenten Investitionen (höhere Kosten) Nettoexporte (stärkerer Wechselkurs) 45 Zinssatz und Investitionen Zinssatz i jährliche Rendite A Rendite von verschiedenen Investitionsprojekten 10% B 8% 6% C D 4% 2% E 10 20 30 40 50 60 70 Mio. SFr. 46 Zinssatz und Investitionen Zinssatz i jährliche Rendite A Bei einem Zinssatz von 8% wird nur das Investitionsprojekt A durchgeführt. 10% B 8% Zinssatz i 6% C Investitionsvolumen = 13 Mio. SFr. D 4% 2% E 10 20 30 40 50 60 70 Mio. SFr. 47 Zinssatz und Investitionen Zinssatz i jährliche Rendite A 10% Bei einem Zinssatz von 4% werden die Investitionsprojekte A, B und C durchgeführt. B 8% 6% Investitionsvolumen = 40 Mio. SFr. C D 4% Zinssatz i 2% E 10 20 30 40 50 60 70 Mio. SFr. 48 Hypothekarzins und Bauinvestitionen Wohnen Zins % Industrie, Gewerbe, Verwaltung 9 8 VJV Investitionen in % 25 20 Hypothekarzins 7 15 6 10 5 5 4 0 3 -5 2 -10 1 -15 0 -20 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 Quelle: BfS, SNB 49 Zinssatz und Nettoexporte Höhere Zinsen gegenüber dem Ausland führen zu einer höheren Nachfrage nach Franken (Kapital-zufluss aus dem Ausland). Die höhere Nachfrage führt zu einem höheren Preis des Frankens der Wechselkurs des Frankens wertet sich auf. Exporte nehmen ab (schweizerische Güter werden im Ausland teurer) Importe nehmen zu (ausländische Güter werden in der Schweiz billiger) 50 Gesamtwirtschaftliche Nachfrage BIPNachfrage wenn Zinssatz i steigt C + I + G + X = BIPNachfrage - BIPNachfrage DBIP DI DX Höherer Zinssatz führt zu niedrigerem BIP DBIP BIPEinkommen 51 Schritt 2 Zusammenhang Inflation Zinssatz Ein stabiles Preisniveau ist das erste Ziel der Nationalbank. Inflationsziel der SNB: Veränderung Preisniveaus zwischen 1% und 2%. Die Nationalbank kann die Zinssätze festlegen. Wenn die Inflation zunimmt, erhöht die Nationalbank die Leitzinsen überproportional. 52 Regel der Geldpolitik Zinssatz % Regel der Geldpolitik 7 Steigung = 1 6 5 Wenn die Inflation zunimmt, erhöht die Nationalbank die Leitzinsen überproportional +1.7% 4 3 2 1 +1% 1 2 3 4 5 6 Inflation % 53 Regel der Geldpolitik Schweiz 1981-2003 Zinssatz % 9 1991 8 Steigung = 1 1992 7 6 1989 1993 5 1981 1995 4 1984 1987 3 Wenn die Inflation zunimmt, erhöht die Nationalbank die Leitzinsen überproportional 1983 1988 2000 2 1 2003 0 0 1 2 3 4 5 Inflation % Quelle: BfS, SNB 54 Schritt 3 Inflation und BIP-Nachfrageseite Wenn die Inflation steigt, ... erhöht die Nationalbank die Zinsen überproportional. Die realen Zinsen steigen. Deshalb sinken die Investitionen und Nettoexporte - und damit die Gesamtnachfrage. 55