Einführung in die Germanistische Linguistik Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Einführung in die Germanistische Linguistik 11. Sitzung Semantik Sprache und Gehirn Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Merkmal-Semantik - Differenzen “Mann” +MENSCHL. +ERWACHSEN +MÄNNLICH “Frau” +MENSCHLICH + ERWACHSEN - MÄNNLICH “Junge” “Stier” -MENSCHL. + ERWACHSEN + MÄNNLICH +MENSCHL. - ERWACHSEN + MÄNNLICH 2 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Folgerungsbeziehung DIE AUSHILFE IST EINE FRAU + MENSCHLICH + ERWACHSEN - MÄNNLICH DIE AUSHILFE IST EINE ERWACHSENE PERSON + MENSCHLICH + ERWACHSEN 3 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Widersprüchliche Aussagen Dieser Junge ist eine Frau +MENSCHL. - ERWACHSEN + MÄNNLICH +MENSCHLICH + ERWACHSEN - MÄNNLICH Passen nicht zusammen 4 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Metrische Ähnlichkeiten zwischen tassenähnlichen Objekten (Labov 1973) Ohne Kontext der Verwendung Mit Kontext der Verwendung 5 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Wittgenstein: Die Familie der Spiele 6 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Fasan Pinguin Taube Pfau Eule Fleder -maus Rotkehlchen Tukan Papagei Spatz Das Feld „Vogel„ Flamingo Strauß Ente 7 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Artefakte: das Feld der Stühle und NichtStühle 8 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Farbterminologien und Farbskalen 1 2 3 4 5 rot 6 7 8 9 gelb 9 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Universale Hierarchie nach Berlin and Kay (1969) weiß < schwarz rot grün < < gelb violett rosa blau < braun < orange grau Der Pfeil < besagt: Wenn eine Sprache Farbwörter diesen Typs hat, dann hat es auch Farbwörter des rechts davon stehenden Typs. 10 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Sprache und Gehirn Aktivitätsmuster im Gehirn Bild aus einem Computertomographen 11 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Evolution des Großhirns vom Fisch zum Menschen (aus: Thompson, 1990: 245) 12 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Die hauptsächlichen Unterteilungen der Großhirnrinde (aus Thompson, 1990: 30) 13 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Die Nervenzelle mit verschiedenen Synapsentypen (aus: Thompson, 1990: 48; vgl. auch Fischel: 22) 14 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen • Die hauptsächlichen Unterteilungen der Großhirnrinde (aus Thompson, 1990: 30) 15 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Blutfluss beim Sehen und Hören von Wörtern (aus: Calvin und Ojemann, 1995: 66) 16 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Neurodynamik der Wahrnehmung und der Vorstellung 17 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen “ ‘What’ and ‘Where’ are the basic questions to be answered in visual perception. Not only must we recognize what we are looking at, but also we need to know where it is in order to respond appropriately.” Gazzaniga u.a. (1998: 165) 18 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Grundfragen • Die Grundform des psychologischen Kompositionsproblems war bereits Thema der Gestaltpsychologie. Wenn Teile oder Serien von Teilen gegeben sind, z.B. Kandidaten für Hintergrund und Vordergrund, wie wird der Zusammenhalt des Ganzen gefunden oder konstruiert? Welche Gesetzmäßigkeiten sind feststellbar? Die Abbildung zeigt vier Gestaltgesetze. 19 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Bindungs- (binding) Problem • Es sei etwa die Reaktion einer Neuronengruppe auf den Aspekt: Dreieck vs. Quadrat, und einer anderen auf den Aspekt: Oben – Unten, gegeben. Wie kann dann das Gehirn diese separaten Informationen (die sich aber auf eine Situation beziehen) kombinieren und das obere Dreieck, das untere Quadrat oder die relationale Aussage: „das Dreieck befindet sich oberhalb des Quadrats“, bilden? Erst wenn dieser Kern der Kompositionsproblematik richtig gelöst ist, lässt sich die Frage nach hierarchisch iterierten Kompositionen sinnvoll stellen. Dabei spielt das Phänomen der kortikalen Synchronisation /Desynchronisation eine entscheidende Rolle. Die Bindung erfolgt demnach primär (in gewissen Zeitfenstern) temporal, und zwar dadurch, dass Populationen von Neuronen (etwa 500-1000 Zellen) synchron feuern. Die Synchronisierung kann sogar über größere Distanzen im Gehirn erfolgen. 20 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Die Grundkonzeption des Bindungsmodells In dieser Modellvorstellung werden die relevanten Merkmale/Teile von zwei Objekten Frau versus Katze (helle bzw. dunkle Kreise) jeweils dynamisch gebunden, weil die zugehörigen Neuronenverbände synchron feuern. Die Synchronizität ist somit das Korrelat der Bindung von Merkmalen/Teilen zu einem Objekt. Aus: Engel et alii, 1997: 572 21 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Ambiguität und Bindung Bild a ist zweideutig. Die Deutung als ein Gesicht “bindet” jeweils die Zonen (1,2) und (3,4) (siehe Serie d); während die Deutung als zwei zueinander stehende Gesichter die Zonen (1,3) und (2,4) bindet. Die Bindung ist erkennbar an der Synchronisation der Feuerraten. Aus: Engel, Fries und Singer, 2001: 707 22 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Beispiele für Gestalt- bzw. Gedächtniseffekte Das erinnerte (bekannte) Objekt erzeugt höhere γAktivität Kanitza-Dreieck (links) vs. - Nicht Kanitza-Dreieck (rechts) Werden die Vpn instruiert, das NichtKanitz-Objekt zu entdecken, so ist die Synchronisierung bei dieser Figur höher, obwohl die Gestaltgesetze das Gegenteil erwarten ließen. Aus: Hermann, Munk und Engel, 2004:349 23 Einführung in die Germanistische Linguistik, 11 Prof. Dr. Wolfgang Wildgen Aufgaben 1. Welche Funktionen erfüllen Wörterbücher? Welche Arten gibt es? 2. Wie ist die Information in einem Wörterbuchartikel gegliedert? Geben Sie ein Beispiel. 3. Was ist der Unterschied zwischen Merkmals- und Prototypensemantik? 4. Wie sind die Farbwörter geordnet? 5. Welches sind die wichtigsten Sprachzentren im Gehirn.? Zeichnen sie eine Karte des Kortex mit den Sprachzentren. 24