Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Dependenzsyntax (=Valenzsyntax) Das Wort Grammatik ist nicht eindeutig. Es bezeichnet einmal die Gesamtheit der Formen einer Sprache, d.h. ihren grammatischen Bau. Eine andere Bedeutung des Wortes ist die theoretische und praktische Lehre von dem grammatischen Bau der Sprache und es gilt für sie, was im Grunde für alle wissenschaftlichen Theorien gilt: es gibt sie nicht „an sich“, sondern es werden – nach bestimmten Kriterien – versch. Grammatiken entworfen. Diese Kriterien sind vor allem Widersprucheinheit, Vollständigkeit und Einfachheit. Es entspricht der Natur einer menschlichen Sprache, wenn sich die Grammatik sowohl mit der Ausdruckseite als auch mit der ihr korrespondierender Inhaltsseite beschäftigt und das komplizierte Zusammenspiel beider Ebenen untersucht. Bei der Klassifikation von Grammatiken unterscheidet man die deskriptiven und normativen Grammatiken. Die ersten beschreiben den Sprachgebrauch, wie er in Wirklichkeit ist. Die letzteren wollen Vorschriften, Richtlinien und Empfehlungen dafür wiedergeben. Eine weitere wichtige Unterscheidung ist diejenigen zw. Produktions- und Identifikationsgrammatiken. Wenn man nämlich die Sprache als eine Art Regelmechanismus ansieht, das Sätze bzw. Texte produziert, so kann dieser entweder vom Ausgangspunkt oder vom Endpunkt geschrieben werden. Man kann bei den kleinsten Einheiten beginnen und sukzessive (postupný) größere einbeziehen. Solche Grammatiken beschreiben die Wörter kombiniert, die Sätze gebildet und eventuell die Texte erzeugt werden. Diese Art der Grammatiken bezeichnet man als Produktionsgrammatik, Erzeugungsgrammatik als auch generative Grammatik. Freilich versteht man unter generativen Grammatiken die von CHOMSKY vorgeschlagene besondere Form der Grammatiken und seine Grammatik – Theorie überhaupt. Andere Grammatiken beginnen beim Satz bzw. beim Text, den sie analysieren und erklären, in dem sie sukzessive kleinere Einheiten einbeziehen. Man nennt diese Art der Grammatiken Identifikationsgrammatiken, Analysegrammatiken auch erklärende Grammatiken. Der Unterschied zw. Produktionsgrammatik und Identifikationsgrammatik liegt in der Darstellungsart. Theoretisch lassen sich beide Grammatikdarstellungen in einander umsetzen. Des Weiteren können Grammatiken auch danach klassifiziert werden, wie die strukturelle Beziehung, d.h. die Konnexion der Elemente dargestellt ist. Die beiden wichtigsten konkurrierenden Prinzipien sind Konstituenz und Dependenz (závislost). Dabei ist das Prinzip der Konstituenz in der Grammatiken werden die Konnexionen mit Hilfe der Teil – Ganzes – Relation dargestellt. S → NP + VP S= (Verbal-) Satz NP= Nominalphrase VP= Verbalphrase →das Konstrukt S besteht aus einer NP und einer VP. Andere Regeln besagen, dass das Prädikat aus Verb und Objekten, die Nominalphrase aus Artikel, Adjektiv und Nomen besteht usw. VP→ V + NP NP→ Artikel+ Adjektiv + Nomen 1 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Die Konnexion wird dabei jeweils im Hinterglied der Relation spezifiziert. Auf diese Art entstehen Regelfolgen (bei graphischer Darstellung Baumdiagramme). Sie enthalten zahlreiche Symbole von denen viele dasselbe bezeichnen. So bezeichnet S genau dasselbe wie NP + VP, nähmlich den Verbalsatz. Das Prinzip der Konstituenz besteht also in der fortgesetzten Schreibung sukzessiver Wiederschreibungskonstrukte. S Art. Adj NP N VP V Vb Aux Vollverb NP Art. Hilfsverb Adj. N ATZ: Der alte Mann hat den bösen Mund geschlagen. Ge- en - grammatische Morpheme Zu betrachten ist, dass der Begriff der Konstituenz nicht nur einseitig mit dem Begriff der Konstituente im Zusammenhang gebracht werden kann. Konstitunten als Teile von Konstrukten kommen auch in dependenziell organisierten Grammatiken vor. Wesentlich ist, dass konstituentelle Grammatiken vorrangig auf der Teil-Ganzes-Reaktion basieren. Das Prinzip der Dependenz wurde v.a. von Lucien Tesniére an die moderne Grammatik eingeführt. Tesniére ging es ausschliesslich um die inneren Beziehungen der Einheiten, die dem linearen Satz zu Grunde liegen. Diese Beziehungen werden in einer Dependenzgrammatik als Abhängigkeiten beschrieben. Demnach wird der Satz als ein hierarchisch geordnetes Ganzes aufgefasst, das durch die Abhängigkeitsrelation determiniert ist. Die Satzstruktur liegt für Tesniére nicht in der eindimensionalen Ordnung der linearen Redekette, sondern sie ergibt sich aus den Relationen zw. den einzelnen Satzelementen. Diese Relationen nennt er Konexionen u. fasst sie als Abhängigkeitsrealtionen auf. Sie können durch ein Stemma (Pl. – ta) (=Abhängigkeitsstammbaum) verdeutlicht werden. Dabei entsprechen die Knoten der Stammbäume den Wörtern, seinen Aktanten (Ergänzung) – den Konnexionen. Bsp. Hans isst Äpfel. Diesel Satz besteht demnach aus 5 Elementen: Hans, isst, Äpfel, u. 2 Konexionen. Isst Hans Äpfel Jedes Thema enthält den Zentralknoten als einzigen Ausgagspunkt. Im Satz ist es immer das Verb. Die Fähigkeit des Verbs eine bestimmte Zahl von Aktanten zu sich zu nehmen, vergleicht Tesniére mit der Wirklichekit eines Satums u. bezeichnet sie als Valenz. Nach der Zahl der Aktanen unterscheidet er avalente, monovalente, divalente u. trivalente Verben. Unmittelbar dem Verb untergeordent jedoch nicht, durch seine Valenz gefordert sind die sog. Zirkumstanten (circostante) Umstände. Ihre Zahl ist im Gegensatz der aktanten – theoretisch unbegrenzt. Die Konnexionen als grundlegende Beziehungen zw. den Elementen eines Satzes ordnen diese Hierarchie zu einer Struktur. Sie verbirgt sich in der linearen Erscheinungsform der Rede u. es ist die eigentliche Aufgabe der strukturellen Syntax sie herauszuarbeiten, so dass die mehrdimensionall strukturelle Ordnung sichtbar wird. 2 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Neben der Konnexion bilden 2 andere Erscheinungen die Grundlagen der Tesniérs Syntax: die Translation (přenášení, přesouvání) und die Junktion (spojení, spojování).1 Die Translation führt Tesniére ein, um Veränderungen der syntaktischen Kategorie von Wörtern in bestimmten Sätzen erklären zu können. Die Translative (t) sind Wörter, die die Funktion der Translation übernehmen. Sie bilden keinen eigenen Knoten im Stemma, sondern sie ermöglichen das Auftreten von anderen Wörtern oder Syntagmen (větná syntaktická dvojice) in verschiedenen syntaktischen Kategorien. Bsp. le bleu de Prusse (das preußische Blau) „le“ ist ein Translativ, das das Adjektiv „bleu“ in ein Substantiv verwandelt. „de“ ist ein Translativ, das das Substantiv „Prusse“ in ein Adjektiv verwandelt. Bsp. Die Frau von Peter Frau Das von „Frau“ abhängige Substantiv „Peter“ erfüllt syntaktisch die Rolle eines Adjektivs. Diese Rollenübernahme wird durch das Translativ „von“ ermöglicht. Hier handelt sich um eine Translation ersten Grades. Translationen zweiten Grades liegen in den Nebensätzen vor, wo das Verb in die syntaktische Rolle eines Substantivs transferiert wird. Als Translative dienen hier subordinierende Konjunktionen. Die Translation ist also ein Verfahren, das die Ursprungsfunktion der Hauptwortarten qualitativ verändert und erweitert. Bei Tesniérs: → Verb I, Adjektiv Substantiv O, Adverb A E Dagegen stellt die Junktion eine Reihe quantitativer Erweiterung dar. Sie bezieht sich auf das Verhältnis der Nebenordnung von syntaktisch gleichwertigen Knoten und wird durch Junktive geleistet (das Junktiv = koordinierende Konjunktion der traditionellen Grammatik). Die Junktive sind ebenso wie die Translative Leer-Wörter. Die Junktive unterscheiden sich von den Translativen darin, dass die ersteren (=Junktiv) zwischen zwei Nuklei, die letzteren (= Translativ) innerhalb eines Nukleus (=Kern) stehen. Als Nukleus wird ein Knoten mit semantischer Funktion bezeichnet. Mit dem Begriff des Nukleus ist die Möglichkeit vorgesehen, dass die Knoten eines Stemmas auch mit Wortgruppen belegt sein können. Zusammenfassend: Tesniér stellt keine neue geschlossene Grammatiktheorie auf, sondern er verfährt nach einer vorgegebenen, wenn auch nicht unreflektierten Theorie und stellt nach ihr einzelne Sätze dar. Eine klare Trennung von Theorie und Metatheorie ist in seiner Darstellung noch nicht vollzogen. Er legt seinen Untersuchungen auch nicht eine einzige Sprache zugrunde, sondern er nimmt seine Beispiele aus einer großen Zahl von Sprachen. Dadurch gelingt ihm zwar der Nachweis, dass seine drei syntaktischen Relationen zu den sog. sprachlichen Universalien gehören und somit für eine Metatheorie der Syntax natürlicher Sprachen grundlegend sind. Diese Auffassung aber nach ihr die syntaktischen Kategorien als interlingual, konstant, primär und unabhängig gelten kann, mitunter tieferen Ansichten in die Strukturen einer Einzelsprache im Wege stehen. 1 (Grundzüge der strukturalen Syntax) – Hrsg. Ulrich Engel, Stuttgart 1980 3 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Tesniérs Nachfolger haben inzwischen manche Schwächen seiner theoretischen Konzeption beseitigt. So hat der französische Germanist Jean Fourgnet die Leitgedanken Tesniér aufgegriffen und sie konsequent weitergeführt. In seinem Buch Prolegomena zu einer deutschen Grammatik gibt er die Begriffe Wort und Wortklasse auf, denn sie sind nach seiner Meinung die Quelle innerer Widersprüche. Er arbeitet stattdessen mit dem Begriff spezifische Einheit. Darunter versteht er die für die Analyse der modernen europäischen Sprachen syntaktisch relevanten Einheiten. Tesniér beginnt – wohl unter dem Druck der Tradition – die Begriffe Wort und Wortart und ihre inhaltliche Definition ohne viel darauf einzugehen. Jean Forquet zeigt, dass der inhaltlichen Definition der Wortarten eine Verwechslung mit den Klassen spezifischen Einheiten zugrunde liegt. Z.B. ist der Numerus nicht nur am Substantiv ablesbar, sondern an der ganzen nominalen Eiheit. Beispiel: die guten Männer die guten Lehrer Die nominale Einheit kann freilich auch nur durch ein alleinstehendes Substantiv repräsentiert werden. Beispiel: Dieser Mann ist Lehrer. Dies ist aber nur eine ihrer besonderen Erscheinungsformen. Für genaue Abgrenzung und Charakterisierung relevanter Einheiten schlägt Forquet folgenden Prinzipen vor: 1) Das Wort als syntaktisch nicht relevante Einheit soll systematisch aufgelöst werden. Die Teile des Wortes, die mit dem lexikalischen Kern nicht syntaktisch verbunden sind (z.B. Anzeige für Tempus, Numerus usw.) werden ihre funktionallen Stellen im grammatischen Baum (Struktur) zugewiesen. 2) Was vom Wort bleibt, wenn man die Anzeigen für grammatiche Kategorien abgetrennt hat, ist ein nächstes lexikalisches Element. Dieses kann einfach (ein (das) Monem) o. zusammengesetzt sein → Beispiel: lach-, ver-, lach-. Die Zusammenfügung solcher Minimaleinheiten gehört besonderen Gesetzen und ist Gegenstand der Wortbildung oder richtigen Lexembildung. Diese Gesetze sind verschieden von denen, die das Zustandekommen einer syntaktischen Einheit regeln. Forquet unterscheidet drei relevante Einheiten, deren keinen das Wort ist: a) Die Minimaleinheit aus Signanz (r) und Signatum (s) (Monem bei Martinet, Morphem in der amerikanischen Linguistik). Auch der Deckteil (=Anzeige für grammatische Kategorien) besteht aus solchen Einheiten, die sich als Teile eines kleinen Paradigmas definieren lassen. b) Die spezifische Einheit (im Dt.: verbale Einheit, nominale Einheit, adverbiale Einheit, qualitative Einheit, möglicherweise auch andere Typen von Einheiten). Die beiden Haupttypen – verbale Einheit und nominale Einheit – bestehen aus einem Deckteil. Die Zahl der Glieder kann gleich Null sein. Der Mindestbestand einer spezifischen Einheit ist demnach Deckteil + Kernteil. Wenn wir die Bestandteile der spezifischen Einheit in der Reihenfolge der Konexionen ordnen, bekommen wir immer dasselbe Bild. 4 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Bsp.: Wenn es regnet, nehme ich einen Regenschirm. D (wenn es regnet (ich (einen R.( nehm-)))) D (G3 (G2 (G1 K))) D= Deckteil K= Kernteil G2= sog. Hauptsatz Die Glieder einer spezifischen Einheit haben selbst den Status einer spezifischen Einheit und geben Anlass zu einer neuen Analyse. Der verbale Satz ist eine verbale spezifische Einheit. Sie ist im Hinblick auf das Sprachform definiert als eine spezifische Einheit, die nicht Glied einer höheren grammatischen Einheit ist. Auf der anderen Seite hängt der Satz mit der Rede zusammen, d.h. mit der sprachlichen Reaktion auf eine Situation. Diese Reaktion besteht aus einer oder mehreren solcher Einheiten (Äußerungseinheit). Mit der Valenzproblematik hat sich v.a. der Leipiziger Germanist Gerhard Helbig befasst (G. Helbig, W. Schenkel: Wörterbuch zur Valenz- und Distribution deutscher Verben, Lepizig 1969). In seinem Valenzwörterbuch bespricht er den Valenzbegriff sehr ausführlich. Er versteht unter Valenz die Fähigkeit des Verbs bestimmte Leerstellen um sich herum durch obligatorische oder fakultative Mitglieder zu besetzen. Als solche Mitspieler fasst er Substantive in verschiedenen Kasus auf (einschliesslich dem Präpositionalkasus sowie Adverbien, Adjektive, Partizipien, Infinitive und Nebensätze.) Die Leerstellen sind im Stellenplan des Verbs verankert. Wenn das gleiche Verb der Zahl oder der Art nach verschiedene Mitspieler hat, handelt es sich um mehrere Varianten des Verbs. Auch nach Ulrich Engel hat in seinen Arbeiten versucht, den Begriff Valenz zu präzisieren. Er fasst die Valenz in erster Linie als KONKOMITANZ (=begleiten) auf. Die konkomitanten Elemente kann man als einander bedingend auffassen. Die Bedingung ist dabei an sich prinzipiell nicht gerichtet, kann aber mittels einer Setzung gerichtet werden. Engel bezeichnet das durch diese Setzung hergestellte Element als Regens, das von diesem durch die Setzung für abhängig erklärte Element als Dependenz. Eine Dependenz kann immer nur ein Regens haben. Ein Regens dagegen kann mehrere Dependenzien haben. Engel unterscheidet 4 Klassen von möglichen Elementen des Satzes: 1. Das Satzkonstruierende Verb (VERBALKOMPLEX) 2. Unmittelbar verbabhängige Elemente 3. Mittelbar verbahängige Elemente (Attribute verschiedenen Grades und Pertinenzelemente (Pertinenz -Dative und Akkusative). pertinence= vhodnost, přináležitost, příslušnost. 4. Verbunabhängige Elemente (freie Satzglieder) Weiterhin teilt Engel die Elemente des Satzes nach ihren Anaphoriesierungsmöglichkeiten in 6 Klassen ein. Anaphorisierbar durch: 1. 2. 3. 4. Personalpronomen (er, ihr, wir) Abstraktes Adverb (da, hin, darum…) Präpositional Adverb (daran, dadurch, …) So oder es 5 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 5. geschehen, sein, tun 6. Satzglieder ohne Anapher Die Klassendurchschnitte zwischen A- und D- Klassen bezeichnet Engel dann als Klassen syntaktischer Glieder (S- Klassen). Als Valenz kann man die Eigenschaften von D-Elementen definieren – Im Dependenzmodell abwärts gerichtete Bedingung für S-Elemente. Die individuelle Valenz ergibt sich dann nicht nur aus der Anzahl (wie bei Tesniérs), sondern auch aus der Art der abhängigen Elemente. Zwischen zwei sprachlichen Elementen, die gleichzeitig miteinander auftreten, besteht zunächst eine Vorkommensrelation (Konkomitanz). z.B. Ein fallender Ast hat meinem Bruder das linke Bein abgeschlagen. E o —————————— V <o1> —————————- E 1 ↓ Verb hat Valenz o1 E 3 = Dativ (=meinem Bruder) Das Diagramm kann folgendermassen gelesen werden: „Ein fallender Ast“ (E o = Nominativergänzung) ist vorkommenmäßig auf ein Verb (V) wie "abschlagen" gebunden, dass die Valenz <0> nominativisches Element aufweist. Das Verb "abschlagen" hat jedoch die zusätzliche Valenz <1>, d.h. es verlangt E 1 (Akkusativergänzung), hier "das linke Bein". Unter der Bedingung, dass E 1 einen Körperteil oder so ähnlich bezeichnet, muss das Lebewesen dem dieser Körperteil gehört in dativischer Form (E 3) mitgenannt werden. Hätte „der fallende Ast“ nämlich die Kante eines Simses abgeschlagen, so könnte kein entsprechender Dativ ihm zugesetzt werden. Diese Erläuterung zeigt, wo die einzelnen Teile des Satzes in ihrem Vorkommen aufeinander angewiesen sind. Dabei stellt sich die Frage nach der hiearchischen Anordnung der Konstituenten, der Term (=Glied einer Formel, Endelement) der Vorkommensrelation. Es besteht z.B. offensichtlich eine Konkomitanz zwischen dem Verb "abschlagen" und der Akkusativergänzung "das linke Bein". Sollen wir nun sagen - das Verb bedinge die Akkusativergänzung oder die Akkusativergänzung bedinge das Verb? In der Sprache selbst lässt sich solche Art - Bedingung nicht beobachten. Wir wissen lediglich, dass weder das eine noch das andere Element allein stehen kann. Wenn wir also eine grammatische Kategorie "Bedingung" einführen, so bleibt es uns überlassen, welches Element der Vorkommensrelation wir als bedingend und welches als bedingt auffassen. Es ist vorteilhaft, die Bedingung so zu richten, dass in möglichst vielen Fällen Terme, die mehrere andere Terme zugleich bedingen, diesen vorgeordnet sind. Daher wird bestimmten Elementen ein höherer bzw. der höchste Platz zugewiesen, andere dürfen nur tiefer angesetzt werden. Solche Art gerichtete Konkomitanz nennt man Abhängigkeit (= Dependenz). Bei den voneinander abhängigen Klassen unterscheidet man das Regens (das höherstehende, das bedingende) und das Dependenz. Das Regens regiert seine Dependenzien. Das dependenziele Verfahren lässt sich durch die Umwandlung des Konkomitanzdiagramms in ein Dependenzdiagramm veranschaulichen. 6 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 E o — V <o1> —E 1 Nominativ V <o1> / E3 \ 01 - Akkusativ Eo E1 E 3 = Pertinenzdativ Hier ist das Verb "abschlagen" höchstes Element oder Regens, weil die meisten Elemente des Satzes zugleich als vom Verb bedingt aufgefasst werden können. Theoretisch lässt sich aber auf einem anderen Element im Satz der Rang des obersten Regens zuweisen. Das dependenzielle Prinzip erstreckt sich keineswegs nur auf den deutschen Verbalsatz. Es kann auch auf Wortgruppen und auf Texte angewandt werden. Zusammenfassend: Dependenz liegt vor, wenn Konkomitanz in eine bestimmen (im Diagramm vertikale) Richtigung gebracht worden ist. Die Ausrichtung ist nicht durch die Sprache vorgegeben, sondern sie beruht auf der Entscheidung des Grammatikers, die wiederum durch den Zweck der grammatischen Beschreibung sowie das Kriterium der Einfachheit motiviert ist. GRAMMATISCHE DISZIPLINEN Die Gliederung der Grammatik in einzelne gramm. Disziplinen erfolgt am besten anhand folgender Überlegungen. Die Grammatik beschäftigt sich immer einerseits mit einzelnen sprachlichen Elementen anderseits mit der Kombination dieser Elemente. Die Regeln von solchen Kombinationen sind naturgemäß abhängig von der Art der Elemente, für die sie gelten. Traditionsgemäß unterscheidet man bereits in der ältesten Grammatik Laute, Wörter und Wortgefüge bzw. Sätze. Die entsprechenden Bereiche der Grammatik wären also Lautlehre, Wortlehre und Syntax, wobei die Wortlehre in Wortbildungs- und Flexionslehre (=Morphologie), die Syntax in Wortgruppen- und Satzlehre zerfallen. In Wirklichkeit gibt es kein Grammatikbuch, das so systematisch ausgebaut wäre. Da sich die Grammatiken vorwiegend an praktische Ziele orientierten, behandeln sie meistens die Flexionslehre und Satzlehre in großer Ausführlichkeit, die übrigen Disziplinen hingegen nur oberflächlich. Besonders die Wortgruppenlehre ist in der traditionellen deutschen Grammatik vernachlässigt worden. In der neueren Grammatikforschung geht man trotz begrifflichen und terminologischen Unterschieden davon aus, dass die Sprache ein Zeichensystem ist. Jedes sprachliche Zeichen hat ein Signifikat und einen Signifikanten. Das kleinste sprachliche Zeichnen, das sich nicht in eine Folge von Zeichen zerlegen lässt, bezeichnet man nach André Martinet als Monem. Moneme weisen also eine lautliche Form und eine Bedeutung auf. Sie lassen sich zwar in kleinere Einheiten zerlegen, aber die selbst, im Gegensatz zu Monemen, keine Bedeutung haben. Sie werden als Phoneme bezeichnet und haben bedeutungsunterscheidende Funktion. Die Liste der Phoneme einer Sprache ist begrenzt. Bereits in diesem Bereich gibt es eine Art sprachspezifische Kombinatorik (phonetischphonematische Ebene). Im Deutschen existiert z.B. die Kombination „flink“, möglich wäre auch „frink“. Ausgeschlossen dagegen „fnilk“ oder „fnirk“. Wir sehen also, dass die Möglichkeiten der Phonemverbindungen in Monemen wesentlich zur lautlichen Charakterisierung beitragen. In der Linguistik spricht man statt über Moneme über Morpheme und unterscheidet freie Morpheme (Martinet: Lexeme) und gebundene Morpheme. Die 7 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 letzten zerfallen in die Klasse der Wortbildungsmorpheme (bei Ulrich Engel = Derivaten) und die Klasse der gramm. Morpheme (Engel: Flexeme). Die Syntax der deutschen Gegenwartssprache von Ulrich Engel betrachtet die Moneme als kleinste Einheiten der Wortstruktur und damit also kleinste syntaktische Einheiten überhaupt. Die Kombinatorik dieser Elemente sowie die Kombinatorik der Einheiten, die aus diesen Elementen auf höheren Ebenen entstehen (Wörter, Phrasen, Sätze als Verbalphrasen im weitern Sinne, Texte) wird von Engel als Syntax bezeichnet. Damit ist Syntax die Kombinatorik der Einheiten des ganzen supraphonetischen Bereiches (nad kombinací fonémů) = Morphologie + Wortbildung + Syntax. Die Flexematik, die in anderen gramm. Darstellungen Morphologie genannt wird, ist die Kombinatorik von Flexemen und Lexemen. Lexeme sind sprachliche Elemente, die einer bestimmten Lexemklasse angehören. Wenn die Flexion als Grundlage der Lexemklassifikation dient, können alle Lexeme zunächst in 2 großen Klassen eingeteilt werden: flektierbare und nichtflektierbare. Die nichtflektierbaren Lexeme heißen Partikeln. Ihre weitere Subklassifikation kann nur auf Grund syntaktischer Verwendungsweisen erfolgen. Die Flexibilia, d. h. die flexierbaren Lexeme lassen sich in 4 Gruppen erteilen. Die Einteilung beruht auf der dieser Lexeme mit Verschiedenen Lexemkategorien. Formalisieren der Gramatik Im Grunde handelt es sich bei diesen Bedingungen um einen Versuch, die natürliche Sprache (Objektsprache) mit Hilfe einer Kunstsprache (Metasprache) zu beschreiben. In der europäischen Linguistik hat sich diese aus Amerika kommende Tendenz in den 60ger Jahren durchgesetzt. Die Formalisierung sollte die Linguistik zu einer exakten Wissenschaft machen. Seitdem liefern einige Richtungen der moderen Linguistik (z.B. generative Gramatik, neuere Ausprägungen der Dependenzgrammatik, die Kasusgrammatik der Fillenore Schule) vorwiegend oder ausschließlich formalisierte Grammatikalstellungen. Die meisten der verwendeten Kunstsprachen stammen aus der formalen Logik oder wurden auf diese Basis entwickelt. Sie haben gegenüber einer natürlichen Sprache den Vorteil, dass sie einfach systematisch und wieder sprachlich frei konstruiert sind. Doppeldeutigkeiten und falsche Assotiationen werden bei einer solchen Beschreibung von vorn herein vermittelt. Allerdings handelt es sich bei einer Formalisierung – und das wird manchmal vergessen – nur um eine Schreibweise. Sie bietet allein keinerlei Gewähr für die Richtigkeit einer Aussage und besitzt auch keinen eigenen Erkenntniswert. Ulrich Engel unterscheidet im Deutschen 7 Lexemkathegorien: Kasus, Person, Numerus, Genus, Komparatien, Verbal I, Verbal II. Kasus hat ein vielgliedriges Paradigma (Nominativ, Akusativ, Genitiv, Dativ) und kommt bei Nomen, Adverben, Pronomen und Adjektiv vor. Die Kategorie Person zeigt ein dreigliedriges Paradigma (Lokativ = Sprecher 1. P., Allokativ = der Angesprochene 2. P, Delokativ = der, die, das Gesprochene, 3. P.). Sie erscheint bei einigen Pronomina und bei Verben. Numerus hat ein zweigliedriges Paradigma (Singular und Plural) und kommt bei allen flektierbaren Lexemem. Bei Genus unterscheidet man ein dreigliedriges Paradigma: Maskulinum, Femininum, Neutrum. Diese Kategorie befindet sich bei Nomen, Adverben, Pronomen und Adjektiv, wobei nur das Nomen und einige Pronomina eigenes Genus haben, während sich das Genus 8 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 bei Adnomen und Adjektiv nach dem Genus des begleitendenbzw. Des betretenen Nomens Richter. Die einzelnen Genera haben keine eigene Bedeutung. Genus darf nicht mit Sexus verwechselt werden. Die Kategorie Komparation hat drei Lexeme: Positiv, Komparativ und Superlativ. Sie beschränkt sich auf Adjektive und einige Partikeln. Die Komparationslexeme -er, -(e)s, sind immer morphologisch unterscheidbar. Es gibt auch supletive Komparationsformen gernlieber-am liebesten. Verbal I hat ein fünfgliedriges Paradigma: Präsens, Präteritum, Konjunktiv I, Konjunktiv II und Imperativ. Die mit einem Flexemen aus Verbal I verbundenen Lexeme heißen finitie Verben. Verbal I ist in der Regel morphologisch eindeutig markiert. Allerdings hat nicht jedes Flexem aus Verbal I einen eindeutigen Markanten (vgl. z.B. Indikativ und Konjunktiv Präsens und Präteritum). Hier treten – v. a. in der indirekten Rede – häufig, wenn auch nicht auf notwendiger Weise der Satzformen Würde-Periphrasen. Immerhin kann die Kommunikation auch bei Verwendung mehrdeutiger Formen noch durchaus verlässlich funktionieren. Verbal II hat ein dreigliedriges Paradigma: Infinitiv, Partizip I. Partizip II Verben mit Flexemen aus Verbal II sind infinite Verben. Der Infinitiv kommt hauptsächlich als abhängiges Element innerhalb von Verbalkomplexen vor („Ich musste arbeiten.“), gelegentlich bildet er auch selbst den Verbalkomplex („Ich hoffe dich vor ihm zu schützen.“). Seltener steht er als Attribut bei Nomen („die Kunst aufzuhören“). Das Partizip I wird in der Gegenwartssprache ausschließlich als Adjektiv verwendet („Die schweigende Mehrheit; Sie stand schmollend bei Seite.“). Das Partizip II erscheint als Bestandteil des Verbalkomplexes („Er hat gesungen; Nina wird gelobt.“) oder fungiert wie ein Adjektiv („Das verlorene Schaf; Ich bin erschüttert.“). Aufgrund der aufgezählten Flexemkategorien lassen sich die Flexibilia weiter in Gruppen aufteilen, wobei nur Kasus, Genus und Verbal I für ihre Definition benötigt werden: 1) Lexeme, die mit Verbal I verbindbar sind, heißen Verben. 2) Lexeme, die sich mit der Flexemkategorie Kasus verbinden. Mit Hilfe der Kategorie Genus lassen sie sich in folgende Gruppen aufgliedern: a) Eine Klasse von Lexemen, die ein Kasusparadigma hat, aber kein Genusparadigma, weil sie auf ein Genus festgelegt oder genusneutral ist (Substantiva und einige Pronomina: Beispiel: Tag, Zunge, ich, wir, jemand, wer, was, auch bestimmte Kardinalzahlen) b) Die Lexeme, die neben dem Kasusparadigma auch ein Genusparadigma haben, bilden zwei Untergruppen: Eine Klasse mit einem Genusparadigma und drei verschiedenen Kasusparadigmen im Singular des Maskulinus und des Neutrums. Sie entspricht der traditionellen herkömlichen Klasse der Adjektive. Die restlichen Lexeme dieser Hyperklasse haben ein Genusparadigma und ein oder zwei Kasusparadimen, im Singular des Maskulinums und des Neutrums. Hierher gehören vor allem der definite und indefinite Artikel, das Demonstrativpronomen, das Possesivpronomen und Relativpronomen. 9 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 LEXEMKLASSEN: Sie ergeben sich aufgrund der Kombiniebarkeit der Lexeme mit Flexemkategorien. L1 - Lemenklasse 1 Partikel - unflektierbar L2 - Flexibilia Verben - verbindbar mit der Kategorie Verbal I L3.1 - ein Kasusparadigma, kein Genusparadigma (Substantive und bestimmte Pronomen) L3.2 - ein Genusparadigma und drei Kasusparadigmen im Singular des Maskulinums und des Neutrums (Adjektive) L3.3 - ein Genusparadimgma und ein oder zwei Kasusparadigmen im Singular des Maskulinums und des Neutrums (Artikel u. einige Pronomen) Diese Klassifikation der Lexeme aufgrund der Flexion berücksichtigt nicht ein wichtiges Gliederungskriterium, das selbst bei herkömmlichen Wortarten eine Rolle spielt: Die Kombinierbarkeit mit anderen Lexemen zu größeren Einheiten. Diese Kombinierbarkeit ist so wichtig, dass sie die Grundlage für eine zweite Klassifikation liefert. Da die beiden Klassifikationen nicht auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen sind, wird bei U. Engel die begriffliche Unterscheidung zwischen Lexem und Wort eingeführt. Das Wort ist ein Lexem in seinem lexematischen Kontext. Da sich die Lexeme nicht miteinander kombinieren lassen, ohne dass die Flexibilien unter ihnen Lexeme nehmen, erscheint jedes Wort, sofern es einem Flexibile entspricht, in Form einer Lexem-Flexem-Verbindung. Nur Partikeln sind als Lexeme wie als Wörter formgleich, aber als Wörter unterliegen sie einer Subklassifizierung. Das Lexem ist also lediglich eine Lexikoneinheit, das Wort ein potentieller Bestandteil eines Syntagmas. Die Wortklassen sind aufgrund ihrer lexematischen Kombinatorik definiert und stimmen mit den Lexemklassen (mit Ausnahme der Wortklasse Verb) nicht mehr durchgehend überein. WORTKLASSEN (nach Engel: Deutsche Syntax) Verben Die Klasse entspricht völlig der gleichbenannten Lexemklasse und hat eine spezifische Kombinatorik. Nomina Hierher gehören mit Ausnahme der genusneutralen Pronomina (ich, du und andere) die Lexeme der Klasse 3.1 (Buch, Dackel, Tag, Sonne). Sie lassen sich mit Adnomina kombinieren und können in ihrer Gesamtheit Genitivattribute, Relativsätze und situative Angaben zu sich nehmen. 10 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Adnomina Es sind Wörter, die mit Nomina kombiniert aber zum Teil auch allein vorkommen können. Sie lassen sich in Adjektive, Determinative und eine kleine Klasse exklusiver Adnomina einteilen. Adjektive Es sind v. a. die Lexeme der Klasse L 3.2 sowie alle Kardinalzahlen. Im Einzelnen gelten hier verschiedene Kombinationsregeln. Determinative Sie lassen sich immer mit einem Nomen kombinieren. Sie sind aber nur im begrenzten Maße untereinander verbindbar (z. B. dieser mein Zeuge). Es handelt sich um die sog. adjektivischen Pronomina der traditionellen Grammatik Pronomina Die Funktion dieser Wortklasse besteht darin, dass ihre Elemente an die Stelle der Nomina (bzw. der ganzen Nominalphrasen) treten. Es lassen sich drei Subklassen unterscheiden: B1, B2, B3. B1 – die geschlossene die Elemente (ich, ihr, sie, erwachsene). Sie kann keine Attribute, wohl aber Relativsätze und situative Angaben zu sich nehmen. B2 – die geschlossene Klasse umfasst die Elemente er, sie, es. Sie können Relativsätze und situative Angabe regieren. B3 – die geschlossene Klasse und Elemente jemand, niemand, wer, was, etwas, nichts. Die Elemente dieser Klasse können Relativsätze, situative Angabe regieren, aber Adjektivphrasen in der Form des Singulars Neutrum (jmd. Neues, etwas Gutes). Unter Zuhilfenahme von Nomen, Adjektiv, Determinativ, Pronomen und Verb lassen sich auch die meisten Partikeln nach Wortklassen ordnen. Es sind: Subjunktoren, Kopulapartikeln, Präpositionen, Konjunktoren und eine Restklasse. Subjunktoren sind Elemente, die in ihrer Umgebung mindestens ein finites Verb oder ein Verb im Infinitiv haben. Gemeint sind im Wesentlichen die unterordnenden Konjunktionen der traditionellen Grammatik sowie Infinitivsatzeinleitungen (um – zu, statt – zu). Kopulapartikeln Diese Klasse von Partikeln ist mit den Kopulaverben (sein, werden, bleiben, scheinen) kombinierbar. Es handelt sich um die sog. „nur prädikativen“ Adjektive der traditionellen Grammatik mit Schuld, Leid. Präpositionen Diese Elemente können in ihrer Umgebung immer ein Nomen im spezifischen Kasus haben (T: die Abkürzung T nach Tesniérs translativ gewählt). Konjunktoren - sind Partikeln, die im konvexiellem Bereich symetrische Umgebung haben - sie verbinden gleichatrige Konstruktionen – Äußerungen, Sätze, Phrasen, Wörter. - es sind nebenordnende Konjunktionen der traditionellen Grammatik (und, aber, denn u. A.), aber auch Wörter wie deshalb, demzufolge, (konjunktional Adverbien, die Sätze, die Partikel und bedeutungsverwandte Wörter verbinden). 11 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Restklasse - diese Partikel können nur verhältnisweise aufgrund semantischer Kriterien subklassifiziert werden - so lassen sich Wörter mit Verweissfunktion ausgliedern (da, darüber…), existematorische Elemente (wohl, vermutlich, zwar,…) sowie negierende Elemente (nicht, keineswegs,...) WORTKLASSEN - sie ergeben sich aufgrund der Kombinierbarkeit der Lexeme mit anderen Lexemen zu größeren Einheiten 1. Verben 2. Nomina 3. Adnomina - a) Adjektive b) Determinative c) Exklusive Adnomina („All die vielen Schmetterlinge“) 4. Pronomina - a) B1 (ich, wir, du, ihr, sie) b) B2 (er, sie, es) => anaphorische Pronomina c) B3 (jemand, niemand, wer, was, etwas, nichts) 5. Subjunktoren 6. Kopulapartikel 7. Präpositionen 8. Konjunktoren 9. Restklasse WORTGRUPPEN - auf dem Weg vom Wort zu Satz hat die Syntax als Kombinatorik der Einheiten des supraphonematischen Bereichs zunächst eine Ebene der Wortgruppe zu berücksichtigen - auf dieser Ebene gelten bekanntlich andere Kombinationsregeln als im Bereich der Wortstruktur - Als Beispiel einer Klassifikation der Wortgruppen wird her wiederum die Darstellung in der Syntax der dt. Gegenwartsprache kurz referiet (viz: Knížka od Ulricha – Syntax der dt. Gegenwartsprache. Podobně je to v Dudenovi – Phrasen.) Beispiel: Der Spatz sitzt (auf dem Dach) - der Satz enthält eine Präpositionalgruppe „auf dem Dach“ die gesamte Gruppe wird sozusagen von Außen her durch das Verb „sitzt“ regiert der Terminus (s) Regens soll diesem extern regierenden Element vorbehalten bleiben das intern regierende Element der Gruppe, die Präposition „auf“ wird mit dem Terminus NUKLEUS (= Kern) belegt man kann die Wortgrupen sozusagen nach ihrem Nukleus benennen solche nach dem Nukleus benannten Konstrukte heißen PHRASEN theoretisch gibt es viele Klassen von Phrasen wie Wortklassen 12 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Präpositionalphrase = besondere Form, enthält eigentlich eine Nominalphrase - - die zitierte Darstellung rechnet daher mit Verbalphrasen, Nominal-, Adjektiv-, Determinativ-, Pronominal-, Subjunktor-, Kapulapartikel-, Präpositional-, Konjunktorphrasen und Phrasen, die durch die Partikeln der Restklasse gebildet werden diese Phrasen sind allein durch ihren Nukleus definiert, nicht durch ihre Dependenzien So ist z.B. das Konstrukt: „Der Mann, der Birnen verkauft“, eine Nominalphrase. Aber auch ein Wort wie „der Mann“ oder „Mann“, wenn es keine Dependenzien hat, ist eine Nominalphrase. Es gilt also, dass Phrasen auch aus einem enzigen Wort bestehen können, falls dieses keine Dependenzien hat. Freilich gibt es Wörter, die ohne Dependenzien gar nicht vorkommen, z. B. Präpositionen, Adjektive. Bei den Verbalphrasen wird noch unterschieden zwischen der engeren Verbalphrase (Verbalkomplex, Prädikat) und der Verbalphrase im weiteren Sinne, d. h. dem Satz. Der Satz wird somit definiert als Phrase, derer Nukleus ein finites Verb oder ein Verb im Infinitiv ist. Beispiel: auf dem Dach Betrachtet man dieses Konstrukt in seiner Umgebung, also kontextabhängig, nämlich in Beziehung zu seinem externen Regens, so zeigte sich, dass diese Phrase von dem Verb abhängt. sitzt V (Verb) N (Nomen) ╝ ╚ T (Translativ) ║ ║ Spatz auf ║ ║ Der Ad (Adnomen) Dach N ║ Ad dem Die Phrase „Auf dem Dach“ ist also eines der Elemente, die von Verben wie „sitzen“ abhängen können. Aber dieses Verb lässt nicht nur Präpositionalphrase zu. Auch Adverbien wie hier, dort, da sind an dieser Stelle einsetztbar. Es handelt sich also nach der hier verwendeten Terminologie um die Partikel der Restklasse bzw. ihre Phrasen. Man sieht daraus, dass das Verb seine Dependenzien auf eigene Weise selegiert – unabhängig von ihren Phrasenstruktur – u. das dabei die Beschränkung auf eine einzige Phrasenklasse nicht die Regel ist. Konstrukte, die von ihrem unmittelbaren Regens selegiert werden, heißen Glieder. Glieder sind also Elemente einer Mutationsklasse (eines Pradigmas), die sicht aufgrund eines bestimmten Kontextes ergibt. Wortgruppe (neutrale Bezeichnung) Kontextunabhängig kontextabhängig Phrasen Glieder (Nukleusklassen) (Kommutationsklassen) Die traditionelle Grammatik würde hier von einer Wortgruppe u. ihrer Stuktur einerseits sowie ihrer syntaktischen Funktion bzw. Ihrer Satzgliedwert andererseits sprechen. 13 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Zusammenfassed: Die Phrasen sind durch ihren Nukleus, die Glieder durch ihr Regens definiert. Die Eigenschaft eines Wortes als Regens aufzutreten u. Glieder zu regieren wird als Rektion bezeichnet. Grundsätzlich haben Elemente jeder Wortklasse ihre Rektion. Es gilt jedoch, dass nicht alle Elemente einer Wortklasse dieselbe Rektion haben. Bekanntlich unterscheidet man z. B. bei der Wortklasse Verb absolute Verben, Akkusativverben, Dativverben, Genitivverben usw. Aber solche auf Teile der Wortklasse beschränkte Rektion existiert auch bei Substantiven und Adjektiven. Es heißt z. B. „Hoffnung auf Frieden“ aber nicht „Gewissheit auf Frieden“. Ähnlich bei Adjektiven: gierig nach Ruhm, zufrieden mit Thomas Die herkömmliche Grammatik spricht bei Verben von Satzgliedern, bei Substantiven und Adjektiven gewöhnlich von Attributen. Diese auf Teile von Wortklassen beschränkte Reaktion heißt bei Ulrich Engel Valenz. Damit ist Valenz gleich subklassenspezifische Reaktion. Im Zusammenhang mit dem Begriff Valenz ist auch die Unterscheidung von Ergänzungen und Angaben zu sehen. Ergänzungen sind Glieder, die nur von bestimmten Elementen einer Wortklasse abhängen, d. h. sie sind subklassenspezifischen Glieder. Angaben sind Glieder, die von allen Elementen einer Wortklasse abhängen können. Beispiel: Das Bedürfnis nach Sicherheit in unserer Zeit Die Nominalphrase „das Bedürfnis nach Sicherheit in unserer Zeit“ besteht aus dem Nukleus „Bedürfnis“ und zwei Satelliten, die beide Präpositionalphrasen sind. Die erste kann nur bei wenigen Nomina wie Ruf, Wunsch, Sehnsucht vorkommen (Ergänzung). Die zweite Präpositionalphrase „in unserer Zeit“ ist im Prinzip bei jedem beliebigen Nomen denkbar (Angabe). N <nach> Bedürfnis Ad das T (translativ) nach T in N Sicherheit N Zeit Ad unserer 14 Zeman Dependenční syntax Podzim 2007 Nach dieser Auffassung sind Ergänzungen und Angaben keineswegs nur auf dem Bereich der unmittelbaren Verbdependenzien beschränkt. Viel mehr können sie theoretisch bei den Wörtern als Dependenzien vorkommen. Faktisch hat man mit Ergänzungen und Angaben bei Adjektiv, Nomen und Verb zu rechnen (Adjektiv-, Nominal-, Verbergänzung, Adjektiv-, Nominal-, Verbangabe). Die hier getroffene Abgrenzung zw. Ergänzung und Angabe ist nicht identisch mit der zw. Notwendigen und weglassbaren Gliedern. Die Dichotomie notwendig weglassbar gehört in den kommunikativen Bereich. Notwendig ist dann jedes beliebige Element eines Textes, wenn sein Fehlen verhindern würde, das Gemeinte adäquat auszudrücken. Umgekehrt ist im kommunikativen Sinn letzten Endes fast alles weglassbar, wenn die fehlenden Teile eines Satzes in der konkreten Situation ohne weiteres ergänzt werden können. So verstanden Begriffspaar Ergänzung – Angabe obligatorisch vs. fakultativ. Obligatorisch sind Elemente, deren Elimination zu grammatisch unkorrekten Sätzen führt, während sie bei fakultativen Gliedern ohne weiteres möglich ist. Hier gilt folgendes: obligatorische Glieder sind immer Ergänzungen. Angaben sind immer fakultativ. Ob fakultative Glieder, Angaben oder Ergänzungen sind, kann durch Feststellung ihres Lebensbereichs entschieden werden. Möglich bei jedem Element der Wortklasse = Angabe, möglich nur bei einem Teil, d.h. subklassenspezifische Ergänzungen. Aufgrund des Gesagten lässt sich auch der Begriff Satzglied neu definieren und zwar als logische Summe von Verbergänzungen und Verbangaben. Dagegen sind Attribute, Ergänzungen oder Angaben, die von nicht verbalen Wörtern abhängen (Attribute = Ergänzungen + Angaben, Satzglieder = Ergänzungen und Angaben auf Satzebene). SATZ UND TEXT Sprachliche Verständigung erfolgt nur in Texten. Kleinere Einheit – Wörter, Wortgruppen, Sätze – sind nur wichtig als Baustücke, die zur Textbildung beitragen. Sie allein reichen aber zur Verständigung nicht aus. Texte müssen nicht in jedem Fall sehr umfangreich sein. Auch die Aufschrift „Rauchen verboten“ ist ein abgeschlossener und aus sich heraus verständlicher Text. Die Frage, wie die Texte nach oben abzugrenzen sind, sollte nicht überwertet werden. Wichtiger ist die Charakteristik ihres Aufbaus: Texte sind Geflechte von Äußerungen. Texte sind Komplex. Texte haben eine nachvollziehbare Struktur. Texte sind sortenspezifisch. Indem Menschen sprechen mit dem Ziel sich zu verständigen, führen sie soziale Handlungen aus: sie teilen mit, sie fragen, sie fordern auf, sie raten, sie billigen, sie resignieren. In allen diesen Fällen vollziehen sie Verständigungshandlungen, die man als Sprechakten bezeichnet. 15