PATIENTENFALL: DAS PROBLEM DER ANTIBIOTIKA-RESISTENZ BEI BAKTERIELLEN ATEMWEGSINFEKTIONEN Die folgende Krankengeschichte einer Patientin ist authentisch. Sie zeigt auf, mit welchen Problemen die moderne Behandlung von bakteriellen Atemwegsinfektionen konfrontiert wird, wenn die Resistenz der Erreger gegen Antibiotika stärker ist als alle verfügbaren medikamentösen Wunderwaffen. Der Fall macht deutlich, dass die forschende pharmazeutische Industrie nicht müde werden darf, neue Waffen im Kampf gegen die Resistenz zu entwickeln, um diesem Übel einen Schritt voraus zu sein. Denn soviel ist sicher: Bakterien werden niemals müde, sich gegen den Angriff durch Antibiotika zur Wehr zu setzen. Maria Wir schildern den Krankheitsfall einer Spanierin, die seit 20 Jahren in der Bundesrepublik lebt. Die Patientin wurde 1958 geboren, ist ehemalige Raucherin und leidet an einer chronischen Verengung der Atemwege (chronisch obstruktive Bronchitis). Bereits unter leichter körperlicher Belastung klagt sie über Atemnot. Sie steht unter Dauerbehandlung mit bronchialerweiternden Medikamenten in Tablettenform und als Dosieraerosol. Ihre Lungenfunktion ist stark und irreversibel eingeschränkt. In den letzten Jahren hatte die Patientin etwa einmal im Jahr eine über Wochen anhaltende akute Verschlechterung der Erkrankung. Diese war meist durch eine Virusinfektion bedingt. Ostern 2000 kehrte die Patientin mit einer erneuten akuten Verschlechterung ihrer Beschwerden von einem zehnwöchigen Spanienaufenthalt zurück. Sie hatte Husten, starke Atemnot und viel eitrigen Auswurf. Für sieben Tage wurde ihr ein PenicillinPräparat verordnet. Jedoch zeigte sich bei der Kontrolluntersuchung am neunten Tag keine wesentliche Besserung: weiterhin eitriger Auswurf und Husten. Daraufhin wurde eine Streptococcus Resistenztestung pneumoniae, veranlasst. einer der Es fand sich Haupterreger in hoher von Keimzahl bakteriellen Atemwegsinfektionen und Lungenentzündung. Das Antibiogramm, eine bakteriologische Untersuchung zur Bestimmung der Resistenz von Bakterien gegenüber den einzelnen Antibiotika, ergab nur eine verminderte Empfindlichkeit des Erregers gegen Penicillin (mit diesem Medikament wurde sie bis dahin behandelt) und Resistenz gegen die Antibiotika-Klasse der Makrolide. Nach Vorliegen dieser Ergebnisse konnte eine gezielte antibiotische Therapie über 14 Tage entsprechend der Testung eingeleitet werden. Bereits am dritten Tag verlor der Auswurf der Patientin die gelbe, eitrige Farbe, die Atemnot besserte sich. Der Husten hielt allerdings noch sechs Wochen an. Fazit: Insbesondere in Spanien sowie in weiteren süd- und osteuropäischen Ländern ist mittlerweile eine hohe Antibiotika-Resistenzrate bestimmter Bakterien gegen Penicilline und gegen die Gruppe der Makrolide bekannt. Bei Heimkehrern aus diesen Ländern, die dort oder unmittelbar nach ihrer Rückkehr erkranken, muss immer damit gerechnet werden, dass sie sich mit Keimen infiziert haben, gegen die unsere gängigen Wunderwaffen nicht mehr wirksam sind. Selbst in Deutschland hat sich die Resistenzrate gegen Makrolide in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Daher darf unsere forschende pharmazeutische Industrie nicht müde werden, neue, wirksame und nebenwirkungsarme Antibiotika zu entwickeln, die der sich ständig steigernden Abwehr der Bakterien gewachsen sind.