Sozialpsychologie WS 11 12 und SS 12

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I EINFÜHRUNG UND METHODEN
ALLGEMEINES ÜBER DIE SOZIALPSYCHOLOGIE:
Sozialpsychologie: Beeinflussung von Gedanken, Gefühlen, Entscheidungen, Verhaltensweisen durch
tatsächliche bzw. vorgestellte Anwesenheit anderer.
Soziale Komplexität:
o
o
o
o
o
o
Erinnern der Interaktionsgeschichte mit den verschiedenen Mitgliedern der eigenen Gruppe
Wissen um verschiedene Koalitionen
Regulation von Status und Ansehen
Kooperation
Aufdecken möglicher Täuschungen
Selbsttäuschung
Koevolution von Gehirn, Gruppengröße und Sprache: Messen von Intelligenz (speziesfaire Version: Verhältnis
von Gehirn zu Neokortex) + Messen sozialer Komplexität (speziesfair: mittlere Gruppengröße) -> Verhältnis
zwischen mittlerer Gruppengröße und Neocortex Ratio r^2=.76 -> mittlere Gruppengröße beim Menschen sind
148,7 Leute. (siehe traditionelle Duorfgemeinschaften, die Hutterer,…)
Erforschungsgebiete der Sozialpsychologie:
o
o
o
Alltagssituationen und Theorien
Konstruktion der sozialen Realität: Realität/ Perspektive eines Individuums ist Ergebnis von kognitiven
(Psyche) und sozialen Prozessen (tatsächlicher oder vorgestellter Einfluss anderer)
Regulation von Ansehen, Status und Beziehungen
Sozialer Einfluss: Andere Individuen beeinflussen nahezu alle Gedanken, Gefühle und Verhalten, selbst wenn
sie nicht anwesend sind.
Sozialpsychologie beschreibt Interaktionen
o
o
o
o
o
Zwischen Individuen
Innerhalb sozialer Gruppen
Zwischen sozialen Gruppen
Zwischen Individuen und sozialen Gruppen
Zwischen Individuen und sozialen Systemen
Sozialpsychologie untersucht Regelhaftigkeiten des Verhaltens im sozialen Kontext
Sozial- und Persönlichkeitspsychologie sollen sich ergänzen.
FORSCHUNG IN DER SOZIALPSYCHOLOGIE
Wissensaneignung durch:
o
o
o
o
Autoritäten, einfach und schnell, aber nicht selbst geprüft und verzerrt
Erfahrung, selbst entdeckt, aber kann falsch sein
Beharrlichkeit, stabile Überzeugungen, aber versteift
Wissenschaft, selbstkorrigierend, aber langsam annähernd an Wahrheit
Standards:
o
o
o
o
o
Validität
Reliabilität
Kumulativ (Forschung baut auf früherer Forschung auf)
Öffentlich (Publikation der Ergebnisse)
Einfach (einfache Theorien werden schwierigen vorgezogen)
Theorien: Abstrakte Begriffe (=Konstrukte) und deren Zusammenhänge, Erklärungsgrundlage
Allgemeines:
o
o
o
o
Systematisieren Wissen
Zeigen Zusammenhänge auf
Generalisieren, führen auf allgemeine Prinzipien zurück
Man kann Handlungsanweisungen ableiten
Operationalisierung:
Kausale Zusammenhänge (interne Validität): Gültigkeit der Schlussfolgerung, dass Veränderungen der UV zu
Veränderungen bei der AV führen.
UV beeinflusst AV
o
Bedrohung der internen Validität:
Zeit- und Alterseffekte (VPN verändert sich von t1 zu t2)
Praxis-Effekte (VPN sind bekannt mit Situation)
Test-Effekte (Erhöhung/ Reduktion der AV)
Selektionseffekte (Nur bestimmte Personengruppen nehmen teil)
Regression zur Mitte (wenige Extremwerte)
 Behebung der Probleme durch Kontrollgruppendesign
Gültigkeit in einem bestimmten Bereich (externe Validität): Generalisierbarkeit von Befunden auf andere
Situationen und Populationen.
o
Bedrohung der externen Validität:
Reaktivität der VPN (Messvorgang selbst verändert die zu messende Variable, weil z.B. VPN weiß, dass
gemessen wird)
Künstlichkeit der Untersuchungssituation
Nutzen: Generalisierung und Vorhersage -> Hypothese = von Theorie abgeleitete Vorhersage
Konstrukte:
Konstruktvalidität:
o
o
o
Übereinstimmung der gemessenen und manipulierten Variable mit den Konstrukten der Theorie
Gültigkeit der Annahme, dass unabhängige und abhängige Variablen die Konstrukte, die sie
repräsentieren sollen, angemessen operationalisieren.
Gefährdung der Konstruktvalidität: z.B. Soziale Erwünschtheit -> Verzerrung der Antworten
Erfassung von Konstrukten:
o
o
o
Selbstbeurteilungsmaße: Fragebogen/ Interview
Psychologische Tests: Erinnerungsleistung, Reaktionszeiten
Beobachtungsmaße: teilnehmend, heimlich, mehrere Beobachter
Skalen zur Messung:
o
o
o
Likert-Skala: Items 1-5 (Zustimmung)
Thurstone: Aufwändiger als Likert, gewährleistet aber gleiche Abstände zwischen den werten
Semantisches Differential: Mehrere bipolare Bewertungen (pos.-neg., aktiv-passiv, …)
Test von Theorien:
Induktive Strategien der Bestätigung: Sammlung von bestätigenden Daten, je mehr Evidenz, desto besser die
Theorie.
Probleme: Bestätigungstendenz (Theorie ist nicht endgültig bestätigbar, nur wahrscheinlicher -> „alle Schwäne
sind weiß“ etc.)
Probleme induktiver Strategien beheben:
o
o
o
Theorien können nicht durch Evidenz bewiesen, aber durch Falsifikation wiederlegt werden
D.h. Theorien müssen falsifizierbar sein
Studien müssen Theorien herausfordern/ versuchen zu falsifizieren.
Forschungsstrategien:
Umfrageforschung: Möglichst genaue Bestimmung der Ausprägung von Variablen in einer Population.
Zufallsstichproben vs. repräsentative Stichproben.
Feldstudien = Befragungsstudie: Möglichst genaue Bestimmung von Zusammenhängen zwischen Variablen und
Wirkungsrichtungen. Querschnitt- und Längsschnittstudien.
Experimente:
Ziel: Kausale Wirkungen unabhängiger Variablen auf abhängigen Variablen durch Manipulation der
unabhängigen Variablen herausfinden
Unterschiede von Quasi-Experiment zu Experiment:
Quasi-Experiment
Bewusste Zuweisung der VPN nach bestimmten
Merkmalen
Aber: Hierdurch Beeinflussung der VPN durch
Stereotype und Erfahrung -> nur Zusammenhänge
erkennbar
Experiment
Zufällige Zuweisung der VPN ->
Kausalzusammenhänge erkennbar.
Bedingungen der Kausalanalyse:
o
o
o
Geplante Variation: Systematisches Manipulieren der vermuteten Ursachen
Isolierende Variation: Nur die vermutete Ursache wird manipuliert
Randomisierung: VPN werden zufällig Bedingungen zugewiesen
Elemente sozialpsychologischer Experimente:
o
o
o
o
o
o
o
Experimentelles Setting: relevante kontextuelle Merkmale der Untersuchung
Instruktion und Coverstory
Konföderierter: Eingeweihter Strohmann als weitere VPN, die Teil des Experiments ist.
UV, AV -> Was beeinflusst was?
Verdachtskontrolle: Ahnen VPN den Zweck des Experiments?
Aufklärung der VPN nach Abschluss des Experiments
Moderationsvariablen: Verändern Anfangsbedingungen, evtl. Auswirkungen auf die Effekte
o
Mediatorvariable: erklärt Einfluss von UV auf AV
Hypothesen: Erwartungen, die aus Theorien abgeleitet sind. (wenn x, dann y)
Zusammenhangshypothesen: (linear) mit zunehmender Hitze zunehmende Aggression, Überprüfung von
Zusammenhanghypothesen durch Korrelationen:
Unterschiedshypothesen: (bipolar) Aggression bei Hitze > Aggression bei Kälte, Überprüfung von
Unterschiedshypothesen z.B. durch t-Tests:
Versuchspläne: Welche UV werden in ihrem Einfluss auf die AV untersucht? (z.B. Vier-Felder-Schema)
UV 1 - a
UV 1 – b
UV 2 – a
UV 2 - b
Effekte:
o
o
Haupteffekt: Eine UV beeinflusst unabhängig von anderen eine AV
Interaktionseffekt: verschiedene UV
beeinflussen eine AV
Ethik in der Forschung:
o
o
o
o
o
Täuschung von VPN -> Aufklärung nach der Studie
Schmerz oder Angst -> vorherige Aufklärung
Verwirrung -> Möglichkeit, die Studie abzubrechen
Zwang zur Teilnahme -> Nein, alles freiwillig
Eingriffe in die Privatsphäre -> Ja, aber Anonymität
ZUSAMMENFASSUNG:





Wissenschaft als die beste Methode der Gewinnung von Wissen
Theorien beziehen sich auf Konstrukte, deren Zusammenhänge und ihren Gültigkeitsbereich
Sie muss sicherstellen: Konstruktvalidität, interne und externe Validität
Forschungsstrategien (Umfrageforschung, Feldforschung, Experiment)
Psychologie mit „menschlichem Antlitz“ muss ethischen Richtlinien folgen



Warum brauchen wir eine wissenschaftliche Sozialpsychologie?
Wozu sind Theorien notwendig?
Wie können wir Theorien überprüfen?
II SCHEMATA UND KATEGORIEN
DIMENSIONEN DER INFORMATIONSVERARBEITUNG:
o
o
o
o
Wechselwirkungen zwischen Person und sozialer Welt
Wirkung von motivationalen Prinzipien -> Motivation zur tieferen Informationsverarbeitung durch
spezielle Themen (z.B. das Selbst, Erfolg, Eingebundenheit…)
Verarbeitungsprinzipien: Abhängig von Motivation und Kapazität (also je niedriger die aktuelle
Belastung, desto tiefer kann verarbeitet werden)
Top-down-Verarbeitung: Konzeptgesteuerte Wahrnehmung, externe Reize werden vor dem
Hintergrund des gespeicherten Wissens interpretiert.
o
Bottom-Up-Verarbeitung: weitgehend reizgesteuerte Verarbeitung
SCHEMATA
I Allgemeines zu Schemata (=kognitive Strukturen)
o
o
o
o
o
o
o
Eindeutige Deutung mehrdeutiger Reize
Organisation von Themenbereichen und Wissen zu Kategorien
Beeinflussen Wahrnehmung, Denken, Gedächtnis und Interpretation
Schemata gibt es für Personen, gruppen, Rollen, das Selbst und Situationen
Stereotype: Eindruck von einer sozialen Gruppe (Charakteristik, emotionale Einstellung)
Vorurteile: Positive oder negative Bewertung einer sozialen Gruppe und ihrer Mitglieder.
Beispiele für Schemata:
 Beschreibung eines Gastdozenten als fleißig, pragmatisch, kritisch, resolut und warm vs. und kalt:
Danach zwanzig minütige Diskussion mit dem Dozenten. Effekte der Beschreibung spiegeln sich in
der Art der Beteiligung an der Diskussion und in der Personenwahrnehmung der Studenten wieder.
 Police Officer’s Dilemma: Fixierung eines Kreuzes, Aufblinken einer weißen oder schwarzen Person
als Prime (nur unterbewusst) und anschließend Bild einer Waffe oder eines Kreuzes. Bessere
Waffenidentifizierung und Werkzeuge oft fälschlich identifiziert bei Schwarzem als Prime.
 Geschichte: Urlaub von einem Mann und einer Frau, zwei Gruppen: Heiratsantrag vs.
Vergewaltigung am Ende. Die jeweiligen Gruppen erinnern sich v.a. an positive vs. negative
Eigenschaften des Mannes.
II Entstehung von Schemata:
Beispielstudie: negative Stereotypen über Minderheiten. Probanden bekommen Informationen über zwei
Gruppen:
 Über die Majorität A gibt es eine
positivere und insgesamt genauere
Einschätzung
 Über die Minorität B gibt es eine
negativere und insgesamt ungenauere
Einschätzung.
 Erklärung: mehr Personen -> besser
gelernt -> genauere Bewertung.
Majoritäten werden meist positiver bewertet, da man selbst als Angehöriger einer Majorität diese
besser zu kennen glaubt.
III Stabilität von Schemata und Schemataveränderung:
Stabilität von Schemata:
o
o
Schemata werden nur in passenden Situationen aktiviert
Schematakonsistenz bei Interpretation mehrdeutiger Reize
Schemataveränderung:
o
o
o
Bookkeeping: Graduelle Veränderung durch inkonsistente Informationen
Conversion: Schlagartige Veränderung durch inkonsistente Informationen
Subtyping (am häufigsten): Formierung von Subkategorien, denen inkonsistente Informationen
zugeordnet werden (z.B. Frauen – Karrierefrauen)
KATEGORISIERUNG
I Allgemeines und Zweck der Kategorisierung:
Allgemeines:
o
o
o
Kategorien sind Klassen von ähnlich behandelten, unterscheidbaren Objekten
Natürliche Arten (Objekte) vs. Artefakte (=vom Menschen gemacht)
Prototyp: mentales Modell von den typischen Eigenschaften der Mitglieder einer Gruppe (->
Beschreibung des Mitglieds, das die Kategorie am besten repräsentiert)
Zweck der Kategorisierung:
o
o
o
Vereinfachung und Ordnung (durch Gewinn an Bedeutung)
Herstellen von Beziehungen zwischen diskontinuierlichen und kontinuierlichen Merkmalen (z.B.
Schönheit – Intelligenz)
Differenzierung (-> Potential zur Diskriminierung)
II Brauchbare Kategorien:
o
o
o
Eindeutige Sortierung von Objekten (z.B. Gestaltpsychologie…)
Hierarchische Strukturen
Keine Kategorien bilden, die man nicht erkennen kann bzw. die sich zu stark mit anderen
überschneiden (zu unspezifische Merkmale, zu breit gefasst, unsinnig…)
III Effekte der Kategorisierung:
o
o
o
o
o
Intraklassen Assimilierung: Unterschätzung von Unterschieden innerhalb von Kategorien
Zwischenklassen Differenzierung: Überschätzung von Unterschieden zwischen Kategorien
Beispielstudie nach Tajtet und Wilkes: Einschätzung der Linienlänge in drei Gruppen: Linien der Länge
nach geordnet und in zwei Kategorien (groß-klein) eingeteilt vs. Linien der Länge nach geordnet vs.
Linien gemischt. -> Bei der ersten Bedingung wurden die „kurzen“ Linien unterschätzt, die „langen“
überschätzt.
Soziale Differenzierung und Diskriminierung
Vorurteile (subtil oder offen)
Overexklusion (Aufrechterhaltung der eigenen Werte durch z.B. Subtyping)
IV Determinanten der Kategorisierung:
Passung der Kategorien:
o
o
Strukturelle Passung (comparative fit): z.B. bei der Diskussion um ein Thema, bei dem Männer und
Frauen oft verschiedener Meinung sind braucht man beide als Redner
Inhaltliche Passung (normative fit)
Accessibility:
o
o
Verfügbarkeit von Kategorien
Aktivierbarkeit von Kategorien
ZUSAMMENFASSUNG:


Schemata organisieren Wissen, lenken die Aufmerksamkeit und geben uneindeutigen Reizen
Bedeutung
Soziale Kategorien gruppieren Dinge als zusammengehörig und verschieden von anderen Dingen


Welche Funktionen erfüllen Schemata?
Welche Effekte haben soziale Kategorien?
III STEREOTYPISIERUNG:
ALLGEMEINE BEGRIFFSERKLÄRUNGEN:
o
Stereotype: Sozial geteilte Meinungen über Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen von
Mitgliedern einer sozialen Kategorie.
Kognitive Strukturen, die unser Wissen, unsere Überzeugungen und Erwartungen über eine soziale
Gruppe von Menschen enthält.
o Stereotypisierung: Anwendung dieser Stereotype in der Interaktion mit den Mitgliedern dieser Gruppe
o Vorurteile:
Negative Gefühle/ Einstellungen gegenüber anderen Gruppen und deren Mitgliedern.
Eine abwertende Einstellung/ Antipathie gegenüber bestimmten sozialen Gruppen oder ihren
Mitgliedern.
o Soziale Differenzierung: Unterschiedliche Behandlung aufgrund sozialer Kategorisierung:
 Legitim: z.B. Rollstuhlfahrer und Treppen/ Aufzüge
 Illegitim: Soziale Diskriminierung: Negative Behandlung aufgrund sozialer Kategorisierung, z.B.
Rassismus
 Was als legitim und illegitim angesehen wird, ist perspektivenabhängig.
MESSUNG VON STEREOTYPEN:
Bis ca. 1950: Anfrage von Überzeugungen (damals waren Vorurteile offener): Freie Auflistung von Merkmalen
und Bewertung der Attributlisten.
Heute: Soziale Erwünschtheit wirkt offenen Antworten entgegen, daher: verdeckte oder symbolische
Vorurteilsmaße: Messen von z.B. subtilen oder „positiven“ Vorurteilen:
o
o
o
Subtile Vorurteile: „Ausländer bringen ihren Kindern Werte bei, die einen Erfolg in unserem Land
verhindern.“
Bzw. aversive Rassisten (so tun als ob, aber eig. rassistisch sein)
Positive Vorurteile: Benevolenter Sexismus: „Männer sind ohne Frauen unvollständig.“ Aber:
Diskriminierung wegen Homosexuelle und Unterschiede zwischen Männern und Frauen
Beispiele für Tests:
o
o
Modern Racism Scale (verdeckte Vorurteile, „Verdrängungsfragen“ und Verstehen der anderen Seite
werden abgefragt.)
Priming-Verfahren
I Entstehung von Stereotypen:
o
Emotionen beim Kontakt mit Fremden (oft Irritation und Angst) -> werden Teil des Stereotyps durch
klassische Konditionierung: gruppe wird als bedrohlich wahrgenommen.
o
Ideologie der „gerechten Welt“ -> Bildung + Aufrechterhaltung von Stereotypen (z.B. Arbeitslose sind
faul)
o Soziales Lernen:
 Durch Erzählungen in der Sozialisation (man hat bereits mit 5 Jahren Stereotype)
 Durch soziale Normen (z.B. Meinung über Frauen, die beim Militär sind)
 Durch Medien (Rollen in Film und Werbung)
II Anwendung und Aktivierung von Stereotypen:
Automatische soziale Kategorisierung bzgl. salienter Merkmale: Aktiviert entsprechende Vorurteile und
beeinflusst Urteile.
Beispielstudie nach Devine: Aktivierung von Stereotypen beeinflusst die Einschätzung einer Person:
Mehrdeutige Beschreibung von „Donald“ + Priming mit weißer vs. schwarzer Person. -> bei Priming mit
schwarzen wird Donald zu 80% statt durchsetzungsstark aggressiv eingeschätzt. Dabei gab es keinen
Unterschied zwischen VP mit starken oder schwachen Vorurteilen.
Unterscheidung zwischen Anwendung und Aktivierung von stereotypem Wissen: Studien mit Ergänzungen von
Lückenwärtern. Aufgabenstellung wurde entweder von Weißen oder Asiaten gegeben + UV: kognitive
Doppelbelastung oder nicht.
 Wenn stereotypes Wissen aktiviert ist, wenden kognitiv Beschäftige es eher an als kognitiv nicht
Beschäftigte, da die Kapazität für die Suche alternativer Lösungen fehlt.
 Aktivierung und Anwendung sind zwei verschiedene Prozesse.
IV Kategorisierung vs. Stereotype bzgl. der Beeinflussung der Personenwahrnehmung
Menschen teilen stereotypes Wissen. Starke Vorurteile -> Zustimmung zum Wissen vs. schwache Vorurteile ->
eher Ablehnung des Wissens.
Aktivierung von sozialen Kategorien führt nicht notwendigerweise zur Aktivierung von Stereotypen -> evtl.
Unterschiede im aktivierten Wissen bei Menschen mit starken vs. bei Menschen mit schwachen Vorurteilen.
Studien dazu:
Priming ->
Kategorienaktivierung
„Schwarze“
+ Beurteilung einer
sich mehrdeutig
Kein Prime
Priming ->
Stereotypaktivierung
„arm“ „ungebildet“
„aggressiv“… +
Beurteilung einer
Kein Prime
verhaltenden Person
+ Erfassung der
Vorurteile
Starke Vorurteile
Schwache
Vorurteile
Sehr negative
Bewertung
= Bewertung ohne
Prime
Unterschiede
Negative
Bewertung
Negative
Bewertung
Gleich
sich mehrdeutig
verhaltenden Person
+ Erfassung der
Vorurteile
Sehr negative
Bewertung
Sehr negative
Bewertung
Gleich
Negative
Bewertung
Negative
Bewertung
Gleich
 Kategorienaktivierung bewirkt bei der Bewertung durch Personen mit schwachen Vorurteilen nichts,
Stereotypaktivierung dagegen schon!
V wahrer Kern von Stereotypen:
o
o
o
o
Empirisch schlecht prüfbar
Nicht auf alle Individuen einer Gruppe treffen Stereotype gleichermaßen zu
Die Richtung der Stereotype kann geprüft werden
Kategorisierung und Stereotype können tatsächliche Ursachen/ Unterschiede verschleiern (z.B.
schlechte Migrantenschulklasse: Nicht die Migranten sind dumm, sondern die Kommunikation
zwischen Lehrern und Schülern funktioniert nicht.)
VI Selbststereotypisierung:
o
o
Stereotypkonformes Verhalten
Stereotype Threat: Bsp.: Frauen schneiden in Mathetests schlechter ab, wenn man sie vorher darauf
hingewiesen hat, dass Frauen schlechter in Mathe sind. Hinweis auf die Effekte von Stereotype Threat
reduziert dies aber.
ZUSAMMENFASSUNG:



Heutzutage: Seltene offene Äußerung von Vorurteilen, daher: Messungen für subtile und implizite
Vorurteile
Anwendung von Stereotypen -> Stereotype Einschätzung von Zielperson
Beeinflussung der eigenen Leistungen durch Stereotype Threat oder stereotypkonformes Verhalten



Können positive Bewertungen von sozialen Gruppen einfach moderne Formen von Vorurteilen sein?
Welche Auswirkungen haben aktivierte Stereotype auf die Beurteilung von Personen?
Können Stereotype auch für das Selbst bedrohlich sein?
IV AUTOMATISCHE PROZESSE
ALLGEMEINES ZU KOGNITIVEN SYSTEMEN:
Es gibt zwei kognitive
Systeme: Die Intuition
und das rationale
Denken
Beispielstudie zum Beleg der zwei Systeme: neuer Job, neues Gehalt -> Startgehalt 40.000 im Jahr.
Möglichkeiten: Entweder jährliche Erhöhung um 1000 oder halbjährliche Erhöhung um 250 Euro. -> Intuitiv
würde man die erste Möglichkeit vorziehen, nach rationalem Nachdenken merkt man aber, dass Möglichkeit
zwei zu mehr Gewinn führt.
Belege für zwei Systeme: Evtl. kommen die verschiedenen Systeme zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Unterschiedliche Ergebnisse unter verschiedenen Verhaltensbedingungen (z.B. Doppelbelastung).
AUTOMATISCHES VERHALTEN
I Allgemeines und Funktionsweise von automatischem Verhalten
Automatische Prozesse: Prozesse, die ohne Bewusstheit, Anstrengung oder Absicht auftreten und andere,
gleichzeitig ablaufende kognitive Prozesse nicht stören.
Allgemeine Charakteristika automatischen Verhaltens:
o
o
o
o
Keine bewusste Intention
Effizienz
Keine Kontrolle
Ohne Aufmerksamkeit
Funktionsweise automatischen Verhaltens:
o
o
o
o
Automatisches Verhalten tritt auf, wenn relevante Reize (evtl.
auch unbewusst) präsent sind
Keine Notwendigkeit einer Intention so zu handeln und versuche
das Verhalten selbst intentional zu vermeiden sind erfolglos
Priming aktiviert ein Konzept oder Mindset, das dann verfügbarer
ist.
Situative vs. chronische Verfügbarkeit der Konzepte
Generell:
o
o
o
Aktiviertes Wissen beeinflusst urteile automatisch
Aktiviertes Wissen beeinflusst die Informationsverarbeitung
Aktiviertes Wissen beeinflusst die Wahrnehmung
II Beispiel für automatisches Verhalten:
Aktivierung von Stereotypen: Zusammensetzen vertauschter Wörter in Sätzen: Thema der Sätze neutral bzw.
mit Alte-Leute-Wörtern (Stereotyp: alt) -> Gangzeit zum Lift wird gemessen. Bei geprimtem „alt“ brauchen VPN
länger, bis sie zum Lift gegangen sind.
o
o
o
o
Kategorisierung
Priming
Beurteilung von Personen (-> Priming und Rassismus, Veränderung der Beurteilungen)
Stereotype Threat (Frauen sind schlechter bei Mathetests, wenn sie vorher ihr Geschlecht angeben
müssen).
III Das Wirken von aktivierten Mindsets auf die Kreativität:
Experiment: zuerst Lesen einer Geschichte, die kontrafaktisches Denken anregt vs. nicht anregt. Danach:
Lösung der Duncker’schen Aufgabe (Kerze, Schachtel Reisnägel und Streichhölzer. Aufgabe: Brennende Kerze,
ohne dass sie tropft an der Wand befestigen. (Lösung: Kerze in die Reisnagelschachtel, Schachtel an die Wand
pinnen…))
 Ergebnisse: Bei Lesen der kontrafaktischen Geschichte kamen mehr Personen zur Lösung und die
Lösungszeit war kürzer als bei Lesen des anderen Textes.
IV Rebound-Effekte:
Versuch, eine Minute nicht an einen rosa Elefanten zu denken -> nach Ablauf der Minute wird umso intensiver
an rosa Elefanten gedacht.
Studie zur Unterdrückung von Stereotypen: Zuerst: Den Tag im Leben eines Skinheads beschreiben. Gruppe 1
hat die Instruktion, Stereotype wegzulassen. Gruppe 2 nicht. Danach sollen sie eine zweite Person beschreiben.
 Ergebnisse: Gruppe 1 beschreibt die zweite Person mit viel mehr Stereotypen als Gruppe 2. -> die
absichtliche Unterdrückung der Stereotype bewirkt einen starken Rebound-Effekt danach.
V Automatisches Verhalten in sozialen Interaktionen:
Der Chamäleon Effekt: Imitation des Interaktionspartners. Manieren, Akzent, Stimmung und Stimmlage werden
automatisch imitiert.
Effekte durch Imitation des Interaktionspartners:

Bsp.: Kellnerinnen wiederholen Bestellungen wörtlich vs. sinngemäß: Mehr Trinkgeld bei wörtlicher
Wiederholung.
 Bsp.: VL imitiert VPN: VPN hilft dem VL mehr, hilft anderen Leuten mehr und spendet mehr.
 Imitation erhöht generelle Kooperationsbereitschaft!
ZUSAMMENFASSUNG




Aktiviertes Wissen beeinflusst die Wahrnehmung, die Verarbeitung von Informationen, Urteile und
Verhalten
Aktivierte Mindsets beeinflussen die Verarbeitung von Informationen und das Verhalten
Automatisches Verhalten (Chamäleon-Effekt) reguliert und erleichtert soziale Interaktion, da es
kooperativer macht.
Was ist automatisches Verhalten?

Welche Einflüsse zeigen automatische Prozesse auf Wahrnehmung, Urteile und Verhalten?
V VERARBEITUNG SOZIALER INFORMATIONEN
DIE SOZIALE KOGNITION
Was ist soziale Kognition?
o
o
o
Interpretation, Analyse, Erinnerung und Verwendung von Informationen über soziale Realität
Soziale Prozesse und Strukturen, die soziales Verhalten beeinflussen und von sozialem Verhalten
beeinflusst werden.
Kognition im sozialen Kontext
Merkmale der sozialen Kognition:
o
o
o
Objekte der sozialen Kognition sind sozial
Sie basiert und resultiert aus/ auf sozialer Interaktion
Sie wir „sozial geteilt“ v on verschiedenen Mitgliedern sozialer Gruppen
Stufen der Informationsverarbeitung:
HEURISTIKEN
o
o
o
Prozesse, durch die man durch Faustregeln leicht und schnell Urteile treffen kann, die zu relativ guten
Ergebnissen führen.
Kompromiss zwischen wirtschaftlich (schnell) und rational (gut)
Eine kognitive Faustregel, die Menschen verwenden, um zu einem Urteil zu gelangen. Heuristiken
liefern zwar häufig zutreffende Ergebnisse, wegen des vereinfachenden Charakters aber nicht immer.
Ein Beispiel sind soziale Stereotype.
Frage: Ist Denken rational oder durch Faustregeln bestimmt fehleranfällig?
o
o
o
Regeln der Rationalität (Logik, rational choice) sind Normen des Denkens
Heuristiken sind Prozesse des Denkens
Lange hat man Normen des Denkens mit Prozessen verwechselt -> Prozesse nur nachweisbar, dadurch
dass sie von Normen abweichen (und Fehlentscheidungen produzieren).
I Arten von Heuristiken (klassische Heuristiken):
Verfügbarkeitsheuristik:
Anwendung: Häufigkeiten, Wahrscheinlichkeiten
Beispielstudie 1: Gibt es mehr Wörter mit „R“ am Anfang oder an dritter Stelle? -> im Englischen gibt es
eigentlich mehr Wörter mit R an dritter Stelle, aber es fällt leichter an Wörter zu denken mit R als
Anfangsbuchstabe, daher antworten die meisten mit „am Wortanfang“.
Die Leichtigkeit des Abrufs bzw. die Menge an Beispielen beeinflusst das Urteil
Beispielstudie 2: Manipulation der Menge an Beispielen, an die sich die VPN erinnern soll: Gruppe 1 soll sich an
6, Gruppe 2 an 12 Situationen erinnern, in denen man sich selbstbewusst verhalten hat. Danach sollen beide
einschätzen, ob sie sich selbst eher selbstbewusst oder eher zurückhaltend einschätzen. In der leichten
Kategorie mit wenigen Beispielen schätzen sich die Leute selbstbewusster, in der schweren Kategorie mit vielen
Beispielen zurückhaltender ein. -> Leichtigkeit, mit der Beispiele gefunden werden, bestimmt Urteile!
Bedeutungen für den Alltag: Beispiel: Probleme mit eigenen Kindern; Therapeut: „Beispiele für
Problemsituationen“ -> Eltern fallen nicht so viele ein -> Fazit der Eltern: „Ist ja doch nicht so schlimm.“
Beispielstudie 3: Veränderung der Attribution der Leichtigkeit des Abrufs: Gruppe 1 wird erzählt, Musik
erschwere den Abruf. Gruppe 2 wird erzählt, Musik erleichtere den Abruf. -> Gruppe 1 trifft Urteile unabhängig
von der Leichtigkeit des Abrufs, gruppe 2 beeinflusst urteile durch Abruf noch stärker.
Simulationsheuristik:
Anwendung: Beurteilung von Ereignissen
Leichtere/ schwerere Vorstellung von positiven/ negativen Alternativen beeinflusst das Urteil
Was-wäre-wenn-Sätze (=kontrafaktisches Denken):
o
o
o
o
Routinen vs. Ausnahmen: Ausnahmen erscheinen leichter veränderbar: z.B. Autofahrer fährt
ausnahmsweise eine andere Route und hat einen Unfall -> „Wäre er doch die normale Route
gefahren.“
Sicheres vs. unsicheres Wissen
Ursachen vs. Effekte: Effekte scheinen leichter veränderbar: Der Gewichtheber schafft Gewicht nicht > Beurteilung: „Gewicht zu schwer.“ Als „Gewichtheber zu unmuskulös.“
Fokale (Haupt-) Akteure vs. Hintergrundakteure: Hintergrundakteure scheinen festgelegt zu sein.
Anderes Beispiel: 2 Leute im Taxi auf dem Weg zum Flughafen haben eine Stunde Verspätung. Ein Flugzeug ist
pünktlich vor einer Stunde gestartet, eines hatte auch Verspätung und man hat es nur um wenige Minuten
verpasst. Wer ärgert sich mehr?
Repräsentativheuristik:
Anwendung: Typikalität eines Exemplars bestimmt die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Exemplar in eine
bestimmte Kategorie gehört.
Beispiel: Welche Geburtenrate ist wahrscheinlicher? Junge-Junge-Junge-Junge oder Junge-Mädchen-JungeMädchen? -> Intuitiv würde man das zweite nehmen, aber an sich sind beide gleich wahrscheinlich.
Beispiel: Linda-Problem: Linda ist 31, unverheiratet, extravertiert, studier Philosophie, setzt sich gegen
Rassendiskriminierung und soziale Ungleichheit ein und demonstriert gegen Atomwaffen. Was stimmt eher?
„Sie ist eine Bankangestellte“ oder „Sie ist eine Bankangestellt und eine aktive Feministin“? -> Intuitiv würde
man 2. sagen, aber an sich ist 2. eine Teilmenge von 1.
Beispiel: Basis-Raten Vernachlässigung (egal… was genau das ist… zu viele Formeln)
Anpassungsheuristik:
Anwendung: Ein Urteil wird durch einen zufällig gegebenen Wert in Richtung des Wertes verzerrt.
Beispiel: ein Freund hat 7000 Euro für seinen Griechenland-Urlaub ausgegeben vs. ein Freund hat 1000 Euro für
seinen Griechenland-Urlaub ausgegeben. -> Wie viel würde man selbst für den Urlaub ausgeben?
Beispiel: Drehen eines Glücksrads: Anschließend soll man die Zahl der afrikanischen Länder angeben, die in der
UN sind. -> weiß man es nicht, beeinflusst die zuvor gedrehte Zahl das Urteil.
II Zusammenfassung der Heuristiken:
Heuristik
Verfügbarkeit
Anwendungsgebiet
Urteile über Häufigkeiten/
Wahrscheinlichkeiten
Repräsentativität
Simulation
Urteile über die
Wahrscheinlichkeit, dass ein
Ergebnis in eine Kategorie gehört
Kontrafaktisches Denken
Anpassung
Quantitative Einschätzung
Beispiel
Die Abrufbereitschaft von
Risikoereignissen bestimmt die
Beurteilung von Risiken
Die Reihe Kopf-Zahl-Kopf-Zahl
erscheint repräsentativer als die
Reihe Kopf-Kopf-Kopf-Kopf
Bewertung und Vergleich von
Situationen mit vorgestellten
Alternativen
Kostenkalkulationen sind in
Richtung des Ausgangswertes
verzerrt.
ZUSÄTZLICHES:
Durch Ähnlichkeit werden Eigenschaften eines Objekts mit einem anderen assoziiert: z.B. Möchte man keinen
Marzipan-Hundehaufen essen, ein Marzipan-Schwein aber schon.
Falscher Ruhm: Bsp.: Liste mit 19 Frauennamen (einige aus vorigen Listen noch bekannt) und 20 Männernamen
(alle unbekannt) -> Anschließend sollen VPN schätzen, ob mehr Frauen oder Männer vorkamen ->Antwort
meistens: „Mehr Frauen“. -> Ruhm wird über Vertrautheit/ Bekanntheit mit Namen in Verbindung gebracht.
Stimmung als Heuristik: Bei Urteilen wird die eigene Stimmung als Information herangezogen.
ZUSAMMENFASSUNG:


Soziale Kognition ist sozial, weil ihre Inhalte (Objekte) sozial sind, sie durch soziale Interaktion
beeinflusst wird und sozial geteilt ist.
Heuristiken sind Prozesse des Denkens, die eine ökonomische und meistens akkurate Urteilsfindung
erlauben
Die klassischen Heuristiken sind: Verfügbarkeit-, Simultan-, Repräsentativ- und Anpassungsheuristik.



Was ist soziale Kognition?
Sind Menschen trotz der Verwendung von Heuristiken rational?
Wie funktioniert heuristisches Denken?

VI AFFEKT UND KOGNITION
ALLGEMEINES
Begriffe:
Affekt: Positive/ negative Bewertung. Wird als Gefühl erlebt. Aber keine Abstufungen, Ambivalenzen. Auf
konkrete Objekte/ Situationen bezogen.
Emotion: Reaktion auf bedeutsame Ereignisse, entsteht aus mehreren Komponenten: Physiologie, motorischer
Ausdruck, subjektives Gefühl, Handlungstendenzen. Auf konkrete Objekte/ Situationen bezogen.
Stimmung: positiver/ negativer Erlebnishintergrund ohne konkret auslösende Situation.
Geschichte von Affekt und Emotion:




Affekt = Motivation; positiv = aufsuchen, negativ = vermeiden
Behaviorismus: Motivation ist extrem definiert: z.B. Futter aufsuchen = Tage ohne Futter
Kognitive Wende: Affekt, Eotion = Störung der Rationalität
Zajonc 1980: Affekte und Emotion kommen in den Fokus der Psychologie
EMOTIONEN
I Entstehung und Funktion von Emotionen:
Entstehung von grundlegenden Emotionen (Ärger, Trauer, Wut): Biologisch angelegt: vergleich von Reaktionen
im Gesicht bei verschiedenen Emotionen: Wenn Reaktion in verschiedenen Kulturen gleich ist, ist sie
angeboren. Andere Emotionen (z.B. Ekel) rufen verschiedene Reaktionen hervor, d.h. sie sind zumindest
teilweise erlernt.
Funktion von Emotionen:
Klassifikation über Verhaltenstendenzen:




Schuld – Wiedergutmachung
Ärger, Wut – Angriff, Bestrafung
Trauer – Rückzug, realistische Neuorientierung
Eifersucht – Kontrolle des Partners
II Emotion und Motivation:
Motivation:
o
o
o
Emotionen geben die Bedeutung eines Ereignisses für eine Person an
Personen sind permanent mit der „Bedeutungsanalyse“ ihrer Umwelt beschäftigt.
Emotionssystem ist hoch differenziert und organisiert
III Strukturelle Modelle der
Emotion:
Appraisal-Dimensionen:
Merkmale d. Menschen vs.
Merkmale des Ereignisses
o
o
o
o
o
Motivation (aufsuchend/
vermeidend)
Situation (befördernd/
behindernd)
Ereignis: sicher/ unsicher
(bereits eingetreten
bzw. kontrollierbar/ zukünftig bzw. vergangen)
Verantwortlichkeit: Selbst, andere oder Umstände
Macht Legitimität: Effektivität, Verdienst, Anspruch
Modell (durch Untersuchungen von Emotionsberichten)
IV Prozessmodelle der Emotion:
o
o
o
Informationsverarbeitung -> Entstehung von Emotionen
Kognitive Bewertungen = Appraisals: Direkt, intuitiv, schnell und ohne Aufmerksamkeit
Sequenz von Bewertungen (=nacheinander) vs. dynamisch rekursive Entwicklung (=parallel)
Kognitive Systeme:
1.
Intuition (assoziativ, automatisch, schnell, kontinuierlich andauernd, unbewusst)
 Assoziativ verbundene Gedächtnisinhalte (Gerüche, visuelle Wahrnehmung)
 „spreading activation“: automatische, schnelle Aktivierung von Inhalten
 Prozesse laufen andauernd ab -> kontinuierliche Bewertung der Umwelt
2. Denken
 Langsam, kontrolliert, flexibel
 Verändert Intuition (und damit Emotion) durch Fokussierung neuer Aspekte einer Situation
EINFLUSS VON AFFEKT AUF KOGNITION
I geschichtliche Betrachtung:
Psychoanalyse: Abwehrmechanismen: je mehr man versucht Affekte zu unterdrücken, desto mehr kommen sie
ins Bewusstsein. Projektion: Eigene Eigenschaften sieht man auch eher an (projiziert sie auf) andere.
Behaviorismus: Konditionierung = Assoziation von Affekt mit neutralen Reiz (zeitliche + räumliche Nähe von
Affekt/ Emotion und neutralem Objekt)
II Stimmung und Gedächtnis:
Verfügbarkeit von Gedächtnisurteilen -> Einfluss auf soziale Urteile
Stimmungen -> der Stimmung entsprechende Gedächtnisinhalte werden verfügbarer:
o
State Dependency Hypothesis: Gedächtnisinhalte sind in der Stimmung leichter abrufbar, in der sie
gespeichert wurden (weniger gut belegt)
o
Mood Congruent Recall Hypothesis: Gedächtnisinhalte sind in der Stimmung leichter abrufbar, die
ihrer Valenz entspricht (gut beleget, Stimmung -> Anzahl der kongruenten erinnerten Inhalte ist
größer als Anzahl der inkongruenten erinnerten Inhalte)
III Stimmung als Information:
o
o
o
o
Bewertung von Objekten = Gefühl gegenüber diesen Objekten
Urteilsheuristiken
Meta-inferentielles Wissen (Wissen darüber, was Gefühle bedeuten)
Missattribution oder Selbstattribution
Beispiel:



Bei Urteilen wird die eigene Stimmung als Information herangezogen: Bessere Bewertung des
Wetters, wenn man glücklicher ist.
Stimmung, die als nicht irrelevant eingeschätzt wird, beeinflusst die Beurteilung: Gutes Wetter ->
Menschen schätzen sich selbst als glücklicher ein.
Effekt verschwindet, wenn man Menschen anweist ohne Attribution zu urteilen.
Kritik:
o
o
o
Bewusster oder automatischer Schluss? -> unklar
Verbindung weiterer Informationen mit dem Affekt?
Gleiche Affekte wirken in verschiedenen Situationen verschieden.
IV Stimmung und Verarbeitungsstrategien:
Wirkung der Stimmung auf: Zugänglichkeit der Gedächtnisinhalte und Art und Weise der
Informationsverarbeitung.
o
o
o
Positive Stimmung: schnelle, oberflächlichere, automatische Verarbeitung
Negative Stimmung: systematische, anstrengende, umfassende Informationsanalyse
(Beispielstudie: Leute mit positiver Stimmung wenden schneller Stereotype an als Leute mit negativer
Stimmung, welche ihre Stimmung tiefer ergründen, bevor sie etwas bewerten.)
Integrative Ansätze: Affect Infusion Model: Affekt
beeinflusst urteile v.a. bei offenen, konstruktiven
Verarbeitungsstrategien. Dimensionen, die
Verarbeitungstiefe bestimmen, sind kognitiver Aufwand
und Offenheit bzw. Gerichtetheit der Informationssuche.
ZUSAMMENFASSUNG:


Emotionen sind die subjektiven Bewertungen von Ereignissen, die eigene Ziele (Antriebe) betreffen.
Affekt beeinflusst: Art der kognitiven Verarbeitung, Inhalte, die erinnert werden und Affekt ist
selbst Information.



Wodurch unterscheiden sich Affekt und Emotionen?
Stören Emotionen/Affekt den Ablauf kognitiver Prozesse?
Wie beeinflusst Affekt die kognitive Verarbeitung?
VII WIE GEWINNT MAN SOZIALE INFORMATION? – SOZIALE VERGLEICHE
WISSEN ÜBER DAS SELBST
Allgemeines:
o
o
o
o
Das meiste Wissen hat man über sein Selbst
Wissen über das Selbst = Selbstkonzept
Beschäftigung mit dem Selbst = Selbstaufmerksamkeit
Der Wert, den man selbst oder andere dem Selbst zuschreiben, ist der Selbstwert
Funktion des Selbstkonzepts:
o
o
o
Strukturierung des Wissens (das Selbst als Schema)
Basis für Emotionen: Vergleich zwischen Actual Self, Ideal Self und Ought Self
Exekutive mit begrenzten Ressourcen: Wenn eine anstrengende Aufgabe müde macht, sinkt die
Selbstkontrolle
Verständnis des Selbst
Introspektion
o
o
o
o
Gezielte Selbsterkundung
Nimmt ca. 8% unserer Zeit in Anspruch
Subjektive Theorien, die oft auch falsch sind (über Ursachen unseres Verhaltens)
Evtl. vorübergehende Verhaltensänderung
Selbstaufmerksamkeit:
o
o
o
Private Selbstaufmerksamkeit vs. öffentliche Selbstaufmerksamkeit (Bewertung des Verhaltens
anhand anderer vs. anhand fremder Standards)
Selbstaufmerksamkeit auf eigene Ideale/V erpflichtungen
Selbstaufmerksamkeit kann durch Problemverhalten (Alkohol/ Drogen) bzw. religiöses Verhalten
verringert werden
Selbstwahrnehmungstheorie nach Bem 1972:
o
o
Eigenes Verhalten -> Schluss auf Gefühlszustand (nur wenn wir uns bzgl. eines Standpunktes unsicher
sind)
Verhalten wird nur aussagekräftig für Gefühl angesehen, wenn es nicht auf die Situation zurückgeführt
wird
Vergleiche mit anderen Menschen
THEORIE ÜBER SOZIALE VERGLEICHE (NACH FESTINGER 1954):
Grundannahmen:
o
o
Bedürfnis, eigene Fähigkeiten und Meinungen zu bewerten
Vergleiche mit Ähnlichen:
 Andere und ich unähnlich -.> unähnliche Meinungen -> nicht informativ
 Andere und ich ähnlich -> ähnliche Meinungen -> diagnostischer Vergleich


Gibt es keinen objektiven Maßstab, werden soziale Standards gewählt
Negative/diskrepante Vergleichsergebnisse lösen Bestrebungen aus diese Situation zu
verändern
Parameter des sozialen Vergleichs:
o
o
o
o
Vergleichssubjekt
Vergleichsobjekt
Zeitdimension
Vergleichsdimension
Objektive vs. soziale Vergleiche:
o
o
o
Je attraktiver und wichtiger eine
Referenzgruppe ist, desto eher wird sie als Bewertungskriterium gewählt
Entstehung von Gruppennormen (Sherif) – autokinetischer Effekt
Konformität nach Aisch – Linienvergleich
Prävalenz für soziale Vergleiche: Personen mit hohen Fähigkeiten (aber nicht zu hohen) und ähnliche Personen
I Ähnlichkeitshypothese und Paradox:
Bevorzugung von sozialen Vergleichen mit ähnlichen Personen und Personen, die auf relevanten Dimensionen
ähnlich sind.
Paradox: Woher soll man wissen, dass Personen in relevanten Dimensionen ähnlich sind, ohne sich vorher mit
ihnen schon verglichen zu haben? -> also doch Vergleich mit allen/vielen Personen?
Studie von Gilbert et al. 1995:
Hypothese: 1. Intuitiver Verarbeitungsschritt: Alle angebotenen Informationen werden aufgenommen + 2.
Kognitiv aufwändiger Verarbeitungsschritt: Zurückweisung aller nicht informativen Vergleichsinformationen
Untersuchung 1: Beeinträchtigung der Korrekturprozedur durch kognitive Doppeltätigkeit: VPN bearbeitet eine
Aufgabe und bekommt Leistungsrückmeldung von eigener Leistung und der Leistung anderer, die eine
Hilfestellung bekamen.




UV1: Mit/ ohne kognitive Doppelbelastung (geringe vs. hohe Korrekturmöglichkeit)
UV2: gute / schlechte Leistungen der anderen (geringer vs hoher Vergleichsstandard)
AV: Einschätzung der eigenen Leistung
Kognitiv belastet: Schätzen ihre Leistung besser ein, wenn andere schlechter sind -> nur der erste
Verarbeitungsschritt wird gemacht, durch Doppelbelastung merken sie nicht, dass die anderen (da
Hilfe) nicht informativ sind.
 Kognitiv nicht belastet: Schätzen ihre eigene Leistung nicht wesentlich besser ein, wenn die anderen
schlecht sind -> beide Verarbeitungsschritte werden gemacht, nicht-informative Merkmale
herausgefiltert.
Untersuchung 2: Messung der Reaktion, die nach der Korrektur nachklingt (z.B. Emotionen oder Stimmung):
VPN bearbeiten eine Aufgabe und bekommen Rückmeldung über eigene und andere Leistung.



UV1: bessere vs. schlechtere Leistung anderer VPN
UV2: gleiche vs. andere Aufgabe der anderen VPN
AV1: Einschätzung der eigenen Leistung
 AV2: Veränderung der eigenen Stimmung
 Gleiche Aufgaben: eigene Leistung wird besser eingeschätzt, wenn andere schlecht sind und die
eigene Stimmung steigt, wenn andere schlecht sind.
 Andere Aufgabe: eigene Leistung wird nicht wesentlich besser eingeschätzt, wenn andere schlecht
sind. Eigene Stimmung steigt trotzdem, wenn andere schlecht sind.
 Stimmung ist unabhängiger vom 2. Verarbeitungsschritt als Selbsteinschätzung.
II Copingstrategien und Motive für den sozialen Vergleich:
Soziale Vergleiche als Copingstrategien: Reaktionen bei negativen Vergleichen bzw. Diskrepanzen zwischen
Meinungen:
o
o
o
o
o
Verbesserung der eigenen Leistung, Verringerung der Diskrepanz. Wenn nicht möglich, dann:
Abwertung des Vergleichsobjekts (Tennisanfänger ist talentiert, ich bin eben nur Anfänger)
Wahl einer neuen Vergleichsdimension (Mathe schlecht -> Reli aber gut!)
Wahl eines neuen Vergleichsobjekts
Umbewertung einer Vergleichsdimension (black is beautiful)
Motive für den sozialen Vergleich:
o
o
o
Selbstwertschutz -> „andere sind noch schlechter“ -> Abwärtsvergleiche
Akkuratheit -> möglichst viele Vergleiche um eigene Leistung korrekt einzuordnen
Selbstverbesserung -> v.a. Aufwärtsvergleiche
TEMPORALE VERGLEICHE (NACH ALBERT 1977) = VERGLEICHE ÜBER DIE ZEIT HINWEG
o
o
o
o
Zur Bewahrung der Identität des Selbst unter sich verändernden Umweltbedingungen
Gefühl/ Sinn für eigene Kontinuität
Man versucht möglichst hohe Konsistenz über die Zeit zu finden
Bedingungen, unter denen temporale Vergleiche wahrscheinlicher werden:
 Rasche Veränderung der Lebensumstände (Umzug)
 Lebenslage mit negativer affektiver Qualität
 Suche nach Sinn bzw. Ursachen von Veränderungen
o Aber: Neuere Untersuchungen (Wilson & Ross 2001) zeigen: Temporale Vergleiche treten mindestens
genauso häufig auf wie soziale Vergleiche
o Beispiel für einen temporalen Vergleich: Wechsel von der Schule auf die Uni -> neue Lebenssituation,
aber: „Ich bin immer noch genauso liebenswert wie damals.“
ZUSAMMENFASSUNG:



Selbstkonzept, Selbstaufmerksamkeit, Selbstwert
Quellen der Selbsterkenntnis: Introspektion, soziale und temporale Vergleiche
Ähnlichkeitshypothese: Intuitiv Vergleiche mit allen, bewusst Vergleiche mit Ähnlichen



Welche Quellen für Selbstkonzept-Wissen und Selbstwert kann man unterscheiden?
Wie kann man sich typischerweise mit ähnlichen Personen vergleichen?
Welche Motive können hinter sozialen Vergleichen stehen?
VIII ATTRIBUTION
ALLGEMEINES
Kausalattribution: Kausale Erklärung von beobachtetem Verhalten / Theorie des Verhaltens anderer
Attributionstheorien: Konzeptueller Rahmen, innerhalb dessen zu erklären versucht wird, wie im Alltag
Personen zu Erklärungen von Verhaltensweisen kommen
Das Problem des Fremdpsychischen:
o
o
Haben andere ähnliche psychische Erlebnisse?
Haben andere überhaupt psychische Erlebnisse?
ATTRIBUTIONSTHEORIEN
I Heiders naive Handlungsanalyse: Mensch als intuitiver Wissenschaftler
Grundannahmen:
o
o
o
o
o
Verhalten drückt Invarianzen (=Verhaltensregelmäßigkeiten) aus:
Stabile psychologische Verhaltensweisen
Wahrer Charakter -> verschiedene Situationen -> verschiedene Verhaltensweisen
Verhalten erschließt Invarianzen aus Verhalten
Verhalten an Situationen angepasst
Wahrer Charakter = Invarianzen der Mannigfaltigkeit des Charakters
Attribution ist eine vitale Fähigkeit
Diagnose der Charaktereigenschaften = Invarianzen systematisieren und interpretieren
Attributionen sind nicht notwendigerweise bewusst
Induktives Vorgehen
Intuitiv (= Wahrnehmungsregeln: erst intuitiv, dann bewusster)
Attribution ist eine Form der Kausalanalyse
II Kelleys Attributionstheorie:
Kovariationsprinzip: es wird angenommen, dass Beobachter die Ursachen eines Verhaltens herausarbeiten,
indem sie Daten über vergleichbare Fälle sammeln. Kausalität wird auf die Person, die Entität oder die Situation
attribuiert, abhängig davon, welcher dieser Faktoren mit der beobachteten Wirkung kovariiert.
Situation <-> Dispositionen
Einfluss dreier unabhängiger Variablen auf beobachtbares Verhalten:
o
o
o
Die Person: Konsistenzinformationen: X zeigt dieses Verhalten immer/häufig/selten
Die Umstände: Konsensusinformationen: zeigt nur X das verhalten oder auch andere Personen?
Der fokale Stimulus: Distinktheit: Zeigt X Verhalten nur gegenüber dem fokalen reiz oder auch
gegenüber anderen Reizen?
Beispiele:
o
Dispositionale Attribution:
Hohe Konsistenz
Geringer Konsens
Geringe Distinktheit
Bsp. Museumsbesucher: Viele
Museumsbesuche, nicht viele
Personen machen das, geht in viele
verschiedene Museen.
o
Stimulusattribution:
Hohe Konsistenz
Hoher Konsens
Hohe Distinktheit
Bsp. Kunstliebhaber: viele Museumsbesuche,
viele Personen machen das, geht nur in ein
spezielles Museum, um ein spezielles Bild zu
sehen.
o
Situative Attribution (uneindeutig)
Geringe Konsistenz
Hoher Konsens
Hohe Distinktheit
Bsp. Milgrim: Man gibt eig. keine Stromschläge,
viele handeln in dieser Situation so, zeigen nur
diese eine Verhaltensweise
Das Konfigurationsmodell:
Hat man nur eine Beobachtung eines Verhaltens, braucht man zusätzliche Vorannahmen zur
Ursachenerklärung. Kausalschemata: Vorgefertigte Meinungen, Vorannahmen.
o
o
Multiple hinreichende Ursachen:
 Abwertungsprinzip: Verschiedene Ursachen können alle allein ein Verhalten erklären ->
Abwertung einiger Ursachen, wenn andere plausible Ursachen vorhanden sind. (Bsp.: Student hat
100% in Prüfung: Gelernt oder Fähigkeiten oder Glück? -> Annahme von Fähigkeiten, alle außer
der „guten“ Ursache werden abgewertet.)
 Aufwertungsprinzip: Ursachen werden zur Erklärung herangezogen, wenn ein Effekt trotz
hemmender Kräfte auftritt. (Bsp.: Student hat 100% in Prüfung, obwohl nicht gelernt ->
Aufwertung seiner wahnsinns tollen Fähigkeiten)
Multiple notwendige Ursachen: Verschiedene Ursachen müssen zusammen auftreten um den Effekt
zu produzieren:
Bsp.: Intelligenz + Forschungsteam + Forschungsthema  Nobelpreis
ATTRIBUTIONSFEHLER: VON LOGISCHEN THEORIEN ABWEICHENDE ZUSCHREIBUNG VON
URSACHEN
I Fundamentaler Attributionsfehler:
o
o
o
Konsensus-Unterschätzung: Unterschätzung, wie viele Personen etwas tun
Korrespondenzverzerrung: Aufmerksamkeit ist bei Akteur -> Ursache wird beim Akteur gesehen
Personalismus: Ursachen (im Akteur gesehen) unterscheiden sich je Kultur. (beispielsweise ist ein
volltrunkener Unfallfahrer in D ein Idiot, in Japan schadet er dem Ruf seiner Firma.)
Quellen der Verzerrung:
o
o
Motivationale Faktoren, z.B. Selbstbezug, wenn positive oder negative Konsequenzen folgen „Das
Wetter ist schön, weil ICH aufgegessen habe.“
Kognitive Faktoren: Welche Informationen zur Verfügung stehen bzw. mit einbezogen werden.
Beispielstudie: Reden für/gegen Fidel Castro werden gehalten. VPN sollen die Glaubwürdigkeit der Redner
beurteilen.


UV: Redner hat Thema selbst ausgesucht vs. Thema war vorgegeben.
Reden für Castro werden als glaubwürdiger eingeschätzt bei beiden UV, aber Effekt war größer, wenn
Redner das Thema selbst gewählt hat.
 Weg der Bewertungsfindung: intuitiv: Nur Pro/Kontra wird mit einbezogen + 2. Verbesserung:
Einbezug, ob das Thema selbst gewählt war.
II Beobachter-Akteur-Divergenz:
Attributionsunterschiede zwischen Akteur und Beobachtung:
o
o
Der Akteur betont situative Faktoren
Der Beobachter betont dispositionale Faktoren
Gründe:
o
o
o
Wahrnehmungsfokus: Beim Beobachter der Akteur, bei Akteur aber seine Umwelt
Selbstwissen: Akteure wissen mehr über situative Anforderungen als Beobachter
Unterschiedliche Ziele: Akteure haben instrumentelle Ziele (Erfüllung ihrer Aufgabe), Beobachter
wollen Informationen zur Vorhersage künftiger Verhaltensweisen des Akteurs sammeln.
III Selbstwertdienliche Verzerrung:
Attributionen, die den Selbstwert erhalten oder verbessen:
o
o
o
Eigene Erfolge -> dispositional attribuiert
Eigene Misserfolge -> situativ attribuiert
Self-handicapping: plausible externale Gründe für Verhaltenserklärung
Beispielstudie: VPN müssen Puzzles zusammenbauen, die Puzzles sind lösbar und nicht lösbar. Danach dürfen
sie sich aussuchen, ob sie ein leistungssenkendes oder ein leistungssteigerndes Medikament zu sich nehmen.



In der „lösbar“ Gruppe nehmen fast alle das leistungssteigernde Mittel
In der „nicht lösbar“ Gruppe nehmen die meisten das leistungssenkende Mittel.
Erklärung: Wird nun ein weitere Puzzle in der „nicht lösbar“ Gruppe nicht geschafft, können die VPN es
auf das leistungssenkende Medikament schieben, sodass ihr Selbstwert erhalten bleibt.
ZUSAMMENFASSUNG:



Attribution meint kausale Verhaltenserklärung
Bei einzelnen Verhaltensbeobachtungen wird Attribution mittels des Kausalschematas
vorgenommen.
Bei mehreren Verhaltensbeobachtungen wird Attribution mittels des Kovariationsmodells
vorgenommen (Konsens, Konsistenz, Distinktheit).

Bei kausalen Informationsverarbeitungen entstehen verschiedene Fehler (fundamentaler
Attributionsfehler, Akteur-Beobachter-Divergenz, selbstwertdienliche Verzerrung).


Wie funktionieren Verhaltenserklärungen im Alltag?
Wie kann man Verhalten erklären, wenn man einmalige oder mehrmalige Beobachtungen zur
Verfügung hat?
Welche typischen Fehler unterlaufen uns im Alltag bei Verhaltenserklärungen?

IX EINSTELLUNGEN
EINSTELLUNGEN
I Allgemeines:
Definition und Eigenschaften von Einstellungen:
o
o
o
o
o
o
o
Zentrales Konzept der Sozialpsychologie
Einstellung = Wertende, affektive Komponente
Über Zeit und Situationen stabil
Auf soziale und bedeutungsvolle Objekte bezogen
Einstellungen sind generalisierbar und haben einen gewissen Abstraktionsgrad: Bsp.: Mein Hund ->
alle Hunde (generalisiert) -> Haustiere (abstrahiert)
Einstellungen können durch evaluative Konditionierung entstehen
Einstellungen sind nicht gleichzusetzen mit Werten, Ideologien und sozialen Repräsentationen
Funktion von Einstellungen:
o
o
Motivationale Funktionen:
Ich-Verteidigung (z.B. Projektion) -> „Was ich mache, ist positiv“
Ausdruck eigener Werte
Instrumentelle Funktionen (z.B. Abnehmen -> Umgehen von Konditoreien)
Kognitive Funktionen:
Ökonomische Verarbeitung durch Generalisierung und Abstrahierung: Bsp.: Reiß aus nehmen vor allen
Hunden, nicht bei jedem Hund wird erst neu überlegt
Steuerung der Informationsverarbeitung durch Ordnung, Kategorisierung in positiv und negativ.
II Modelle zu Einstellungen
Ein-Komponenten-Modell: Einstellung = zeitstabiler Affekt / Bewertung einem Einstellungsobjekt gegenüber.
Drei-Komponenten-Modell: Einstellungen bestehen aus drei Komponenten:
o
o
o
Kognitive Komponente: Überzeugungen, Meinungen, Vorstellungen gegenüber dem
Einstellungsobjekt (z.B. Stereotype)
Affektive Komponente: Wertung (z.B. Vorurteile)
Konative Komponente: Verhaltensabsicht mit Handlungstendenzen gegenüber dem
Einstellungsobjekt. (z.B. diskriminierendes Verhalten)
III Messung von Einstellungen:
Direkt: Basierend auf der Annahme, dass Einstellungen durch Meinungen, Überzeugungen oder Bewertungen
erfasst werden können:
o
o
o
o
o
Ein-Item-Ranking: z.B. „Sind sie mit … zufrieden?“ -> Zuverlässigkeit?
Thurston-Skala
Likert-Skala
Guttmann
Semantisches Differential: Aufteilung in Potenz, Valenz, Aktivität
Indirekt: Einstellungen werden erfasst, ohne dass die erfasst Personen das bewusst wahrnehmen.
o
o
o
o
Physiologische Hautleitfähigkeit
Verhaltensbeobachtung
Nicht reaktive Messverfahren (z.B. Lost-Letter-Technik: Verlorene Briefe mit ausländischen Namen ->
wie viele zurückgeschickt?)
Bonus-Pipeline (Jones & Sigall, 1971): Probanden glauben, sie sind an Lügendetektoren angeschlossen
-> angeblich werden Antworten dann ehrlicher.
Probleme:
o
o
Direkt: Verfälschung der Messung durch Reaktivität, soziale Erwünschtheit etc.
Indirekt: Großer Interpretationsspielraum, Validität?
EINSTELLUNGEN UND VERHALTEN
I Beispiel zu Einstellungen: LaPierre (1934):
Bereiste mit chinesischem Ehepaar Hotels und Gaststätten in den USA -> nur bei einem aus 200 wurden sie
abgewiesen.1/2 Jahr später Nachbefragung: 92% der Hotels/Gaststätten haben an, dass sie keine Chinesen
bewirten. -> große Diskrepanz zwischen Einstellungen und Verhalten.
II Faktoren, die den Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten beeinflussen
Persönlichkeitsfaktoren:
o
Selbstbeobachtung (self monitoring): hoch (was sagen jetzt andere, wenn ich das sage?) vs. niedrig
(egal was andere sagen -> sind ehrlicher)
Übereinstimmung zwischen Verhaltens- und Einstellungsmessung (Korrespondenzhypothese):
Je spezifischer die Einstellungsmessung, desto höher die Konsistenz zwischen Verhalten und Einstellungen.
Wichtige Aspekte:
o
o
o
o
Handlungsaspekt (genaues Verhalten)
Zielaspekt (Ziel des Verhaltens)
Kontextaspekt
Zeitdauer
Modelle der Beziehung zwischen Einstellung und Verhalten:
1.
Theorie des überlegten Handelns („Theory of reasoned action“): Ein Modell, bei dem das Verhalten
aus den Verhaltensabsichten vorhergesagt wird, die wiederum von der Einstellung und den
subjektiven Normen bestimmt sind.
2.
Theorie des geplanten Handelns: Erweiterung der Theorie des überlegten Handelns durch die
wahrgenommene Verhaltenskontrolle (subjektive vs. tatsächliche Kontrolle) (theory of planned
behavior)
3.
Vergleich beider Theorien nach Ajzen & Madden 1986:
Studie: 169 VPN wurden zu einer Seminarteilnahme befragt. Ziel: Vorhersage der Seminarteilnahme durch




Einstellung (Wert des Seminars von 1-7)
Erwartung (Interesse am Thema steigern 1-7)
Subjektive Norm (Motivation, anderen zu entsprechen z.B. „Meine Eltern wollen, dass ich das
Seminar besuche“)
Verhaltenskontrolle (Wie sehr können sie die Anwesenheit im Seminar kontrollieren?)
Ergebnisse:


Die Intention, das Seminar zu besuchen, korrelierte am höchsten mit Einstellungen und
Verhaltenskontrolle
Das verhalten korrelierte hoch mit der Intention und etwas mit der Verhaltenskontrolle
 Wenn keine vollständige Verhaltenskontrolle vorliegt: Theorie des geplanten Handelns besser,
weil die Verhaltenskontrolle als subjektive Komponente in die Vorhersage der
Verhaltensintention mit eingeht und sie zur tatsächlichen Kontrolle des Vorhersagens des
Verhaltens beiträgt.
ZUSAMMENFASSUNG:





Einstellungen und Verhalten zeigen einen hohen Zusammenhang, wenn der Abstraktionsgrad von
Einstellungen und Verhalten korrespondieren.
Zur genaueren Vorhersage des Verhaltens sind neben der Einstellung einem Verhalten gegenüber
die subjektive Norm und die wahrgenommene Verhaltenskontrolle wichtige Prädiktoren.
Aus welchen Komponenten bestehen Einstellungen?
Warum wird die Theorie des geplanten Verhaltens als Erwartung x Wert – Theorie bezeichnet?
Wie kann die Vorhersage von verhalten aus Einstellungen verbessert werden?
X VERÄNDERUNG VON EINSTELLUNGEN
VERÄNDERUNG VON EINSTELLUNGEN
I Der Yale-Ansatz zur Einstellungsänderung
II Konditionierung von Einstellungen
Klassische Konditionierung (evaluative Konditionierung):

Kopplung von Nationalitätsnamen mit positiven oder negativen Wörtern -> Bewertung der
Nationalitäten als positiv oder negativ
Kritik: Demand-Effekte –> Lösung: Subtile Zusammenhänge: Unbewusste US (zu kurz gezeigt, um
bewusst wahrgenommen zu werden..)
Operante Konditionierung:
o
Positive Konsequenzen für Einstellung -> Verstärkung der Einstellung
o
o
o
Negative Konsequenzen für Einstellung -> Reduktion dieser Einstellung
Untersuchung von Verplancki 1955: Frequenz von verstärkten/ bestraften Äußerungen steigt/ sinkt
Studie von Hilqum & brown 1956: Stärke von Einstellungen kann durch Konditionierung geändert
werden.
III Informationsverarbeitungsmodell der Einstellungsänderung:
Einstellungsänderung ist das Ergebnis von mindestens fünf Schritten:
o
o
o
o
o
Aufmerksamkeit
Verstehen
Akzeptieren (der Argumente und Veränderung der Einstellung)
Beibehalten (der geänderten Einstellung)
Verhalten (entsprechend der neuen Einstellung)
Das Zwei-Faktoren-Modell: Aufmerksamkeit und Verstehen:
o
o
1. Faktor: Rezeption: Aufmerksamkeit und Verstehen
2. Faktor: Akzeptieren der Botschaft
 Alle Variablen, die positiv auf Rezeption und Akzeptanz wirken, sollten eine positive Wirkung auf
Überzeugung haben.
o Einflussgrößen: Attribute der Person & Attribute der Situation
Bsp.:
Intelligenz -> positivere Rezeption der Argumente
Intelligenz -> negativere Akzeptanz der Argumente (da mehr hinterfragt)
 Zusammenhang von Akzeptanz und Überredung:
Bsp.:
Komplexere gut begründete Argumente -> Überzeugung intelligenter Personen
Einfache Botschaften, weniger Argumente -> Überzeugung dümmerer Personen
o Untersuchung nach Petty et al. 1976 von Faktoren, die die Informationsverarbeitung beeinflussen
(Doppelbelastung, Ablenkung, Argumente…):
 UV1: Starke vs. schwache Argumente
 UV2: geringe vs. hohe Ablenkung
 Geringe Ablenkung: Starke Argumente wirken positiv, schwache wirken negativ bzgl. Überzeugung
 Hohe Ablenkung: egal ob starke oder schwache Argumente, kaum Einstellungsänderung.
Problem: Was ist richtig? Konditionierung oder Informationsverarbeitung??
ZWEI-PROZESS-MODELLE
I Modell der Elaborationswahrscheinlichkeit (ELM): Beim ELM wird angenommen, dass eine
Einstellungsänderung als Reaktion auf persuasive Botschaften vermittelt über zwei Arten der
Informationsverarbeitung zustande kommen kann. Elaboration ist das Ausmaß, in dem eine Person über die in
einer Botschaft enthaltenen themenrelevanten Argumente auf der zentralen Route nachdenkt, statt auf
Prozesse zu vertrauen, die für die periphere Route der Persuasion typisch sind (z.B. heuristische Verarbeitung,
klassische Konditionierung, Selbstwahrnehmung.)
o
o
Zentrale Route der Überlegung: zeitintensives gründliches Nachdenken über die Argumente ( Informationsverarbeitung)
Periphere Route der Überlegung: oberflächliche Rezeption der Botschaften ( - evtl. Konditionierung)
 Relevanz und Involviertheit als Determinanten dafür, welche Route gewählt wird.
Untersuchung nach Petty et al. 1981:






UV1: Starke vs. schwache Argumente
UV2: Quelle der Information: hohe vs. niedrige Sachkenntnis
UV3: hohe vs. niedrige Involviertheit (Änderung der Studiengebühren in 1-10 Jahren)
AV: Einstellung zu Studiengebühren
Hohe Involviertheit: Sachkenntnis der Quelle unwichtig, Qualität der Argumente wichtig
Niedrige Involviertheit: Sachkenntnis der Quelle wichtig, Qualität der Argumente unwichtig
II Heuristisch-Systematisches Modell der Einstellungsänderung (HSM):
o Systematische Verarbeitung (=zentrale Route)
o Heuristische Verarbeitung (=periphere Route)
 Grad der Verarbeitungsmotivation und Fähigkeit als Moderator sind Determinanten, welche Route
gewählt wird.
III Vergleich von ELM und HSM:
Gemeinsamkeiten:
o
Systematische /zentrale
Verarbeitungsroute -> hohe Fähigkeiten/
Motivation zur
Argumentationsverarbeitung wichtig
o Heuristische / periphere
Verarbeitungsroute -> keine Fähigkeiten
/ Motivation nötig
 Personen verarbeiten Botschaften mit
geringem Aufwand, es sei denn, sie sind
motiviert, sich genauer mit dem Thema
zu beschäftigen.
Unterschiede:
o
o
Bei HSM: Heuristische und systematischer
Verarbeitungsanteile können gleichzeitig wirken ->
selbst unter hoher Involviertheit wirken heuristische
Cues
Das ELM nimmt im wesentlichen Akkuratheit als
Motivation an das HSM nimmt hingegen
verschiedene Motivationen an (Akkuratheit,
Selbstschutz, Impression Management …)
 Um viele Leute zu erreichen, muss man beide Kanäle bedienen: Den
Systematischen/zentralen/informationsverarbeitenden Kanal und den
heuristischen/peripheren/konditionierten Kanal.
ZUSAMMENFASSUNG:





Einstellungen können durch gerungen kognitiven Aufwand (Konditionierung), sowie durch
systematische kognitive Prozesse (analytisches Denken) verändert werden.
Beide Prozesse können konkurrieren, werden aber später als zwei-Prozess-Modelle in ein Modell
integriert
Je stärker man an einem Thema interessiert ist, desto stärker denkt man über Argumente zu diesem
nach.
Durch welche Proozesse können Einstellungen geändert werden?
Sind es Prozesse der Konditionierung oder des Nachdenkens über Argumente, durch die Einstellungen
geändert werden?
XI KONSISTENZTHEORIEN
KOGNITIVE KONSISTENZTHEORIEN
Grundannahmen: Inkonsistenz = kognitive Dissonanz -> unsere Einstellungen passen nicht zueinander oder
unser Verhalten und unsere Einstellungen wiedersprechen sich. Dies nehmen wir als unangenehm wahr und
haben die Motivation diese Dissonanz zu reduzieren, indem wir eine oder mehrere Einstellungen ändern um
Konsistenz herzustellen.
Kognitive Dissonanztheorien auch in anderen Bereichen:
o
o
o
Temporale soziale Vergleiche: Man ist konsistent heißt man ist der gleiche wie vor zehn Jahren
Einstellungen: Konsistenz in Verhalten, Bewertung und Wissen.
Konsistenz zwischen Einstellungen und Verhalten
BALANCETHEORIE
Grundannahmen (nach Heider 1946): Psychologisches Feld einer
Person besteht aus Menschen, Objekten, Ereignissen. ->
Betrachtung von POX-Einheiten: Inkonsistente Triaden erzeugen
einen aversiven Zustand, den man versucht zu reduzieren.
Mögliche Zustände: Balanciert (Prinzip: Freund meines Freundes ist mein Freund, Feind meines Freundes ist
mein Feind etc.)
Mögliche Zustände: Unbalanciert
Wiederherstellung der Balance:
o
o
Änderung der Einstellung, die am wenigsten Aufwand erfordert
Bedeutsame Einflussfaktoren:
Solange keine anderen Infos vorliegen, nehmen Menschen an, dass andere so denken wie sie selbst.
Die meisten Menschen bevorzugen es mit anderen übereinzustimmen.
Inkonsistenz wird oft dadurch ausgelöst, dass einzelne Interessen nicht isoliert werden. (z.B. in einer
Beziehung: Nicht zusammenpassende Interessen werden jeweils alleine durchgeführt)
Anwendung der Balancetheorie:
o
o
Interpersonale Erfahrungen
Erweiterter Kontakt „Freundesfreunde“: Mein Freund mag jmd. In der Outgroup -> Ich lege meine
Vorurteile gegenüber der Gruppe eher ab.
DISSONANZTHEORIEN (FESTINGER 1957):
I Allgemeines:
Beschäftigung mit Diskrepanzen zwischen Einstellung und Verhalten
Dissonanz ist ein unangenehmer Zustand psychologischer Anspannung (Erregung, elektrogalvanische
Hautreaktion), der entsteht, wenn eine Person zwei oder mehr Kognitionen hat, die nicht zusammenpassen.
Menschen sind bemüht, dissonante Informationen zu vermeiden, außer wenn… (nach der selective exposure
hypothesis , nach Frey 1986):
o
o
.. sie starke Einstellungen haben und auf diese Weise gegen dissonante Informationen argumentieren
können.
… die Einstellungen „auf schwachen Füßen“ stehen und es deshalb langfristig besser ist die Wahrheit
herauszufinden und seine Einstellung zu ändern.
II Beispielstudie (Festinger & Carlsmith 1959):




VPN müssen langweilige Aufgabe erledigen und sollen anderen danach sagen, dass es eig. toll war.
UV: 1 oder 20 Dollar Belohnung
AV: Bewertung der Aufgabe
Bei weniger Bezahlung wird die Aufgabe als angenehmer eingeschätzt. Selbstrechtfertigung, dass
Aufgabe gut war, weil sie keinen anderen Grund gehabt hätten die Aufgabe zu lösen.
III Voraussetzungen für die Entstehung von Dissonanz:
o
o
o
o
Verhalten muss relevant für das Selbst sein, Inhaltsbereich bedeutsam für das Individuum
Wahlfreiheit: Nur wenn VPN den Eindruck haben, sie hätten freiwillig gehandelt, entsteht kognitive
Dissonanz. (Erweiterung in der Studie von oben: Nur wenn Leute denken, sie hätten freiwillig gesagt,
die Aufgabe sei toll, entsteht Dissonanz.)
Negative Konsequenzen: Nur wenn das Verhalten negative Konsequenzen hat, entsteht Dissonanz
(Erweiterung der Studie nach Cooper und Worchel 1970: VPN hat den Eindruck, dass sie mit der Lüge
oder die Aufgabe die folgende VPN beeindruckt vs. Nicht beeindruckt. -> Nur wenn die Person
beeindruckt war und sich beeinflussen ließ (= negative Konsequenzen) entsteht Dissonanz.
Erleben der Dissonanz: Das Individuum muss Arousal erleben und es auf die Handlung attribuieren.
IV Initiationsriten:
Studie von Aronson & Mills 1959: VPN wurden zur freiwilligen Teilnahme an einer Diskussion über Sexualität
eingeladen.


UV: Bedingungen zur Teilnahme: Lautes Vorlesen von expliziten sexuellen Beschreibungen (schwierig)
oder lautes Vorlesen eines Textes über Petting (einfach)
AV: Bewertung einer kaum verständlichen Diskussion über langweilige Inhalte, an de die Teilnehmer in
der nächsten Woche beteiligt werden sollen.
 Unter der schwierigen Bedingung werden Diskussion und Teilnehmer positiver bewertet.
 Je höher die Initiationsriten, desto positiver wird die Gruppe bewertet (Selbstrechtfertigung, dass sich
der Ritus gelohnt hat) daher auch größere Identifikation mit der Gruppe.
V Reduktion der kognitiven Dissonanz:
o
o
o
Änderung beider Kognitionen
Suche nach Informationen, die eine Kognition unterstützt
Suche nach Informationen, die eine der Kognitionen abwertet
o
o
o
Einstellungs- oder Verhaltensänderung
Hinzufügen neuer und konsistenter Informationen
Trivialisierung: Herunterspielen der Wichtigkeit von inkonsistenten
Informationen oder Verhaltensweisen
Dissonanzreduktion
VI Anwendung der Dissonanztheorien
o
o
o
o
Das Bedauern von Menschen und die Einstellungsänderung nach Entscheidungsänderung
Die Suche und Auswahl von Informationen
Gründe, warum Menschen nach Unterstützung für ihre Einstellung suchen
Situationen, in denen mangelnde Unterstützung durch eine Gruppe Dissonanz auslöste
VII Sonstiges:
Nachentscheidungsdissonanz nach Frey & Rosch 1984:



UV1: urteile der VPN sind später noch veränderbar vs. nicht mehr veränderbar
AV: Anzahl der konsonanten und dissonanten Informationen, die die VPN sich ansehen
Ergebnis: Sind die Urteile nicht mehr veränderbar werden mehr konsonante Informationen gesehen,
es wird nur noch die eigene Person beleuchtet.
Erinnerung konsistenter Informationen nach Jones & Köhler 1959: Es werden v.a. Argumente erinnert, die die
eigene Position stärken und die Gegenposition schwächen.
Wen mag man? Nach Jecker & Landy 1959: Wenn wir jemanden einen Gefallen getan haben, denken wir
positiver über diese Person (-> Selbstrechtfertigung des Gefallens).
VIII Kritik: Die Selbstwahrnehmungstheorie:
Grundannahmen:
o
Innere Zustände und Selbstbeobachtung sind unreliable Faktoren -> d.h. es gibt kein inneres
unangenehmes Gefühl der kognitiven Dissonanz.
o VPN wissen, dass sie die Aufgabe als interessant dargestellt haben. Das informiert sie über die
Einstellung zu der Aufgabe sofern keine anderen Gründe für das Verhalten vorliegen (wie z.B.
Bezahlung).
 Dissonanz und andere Zustände sind nicht notwendig um das Verhalten zu erklären!
Studie: Sind innere unangenehme Gefühle der Dissonanz notwendig für die Veränderung von Einstellungen
durch einstellungskonträres Verhalten? Nach Cooper 1974



UV1: Placebo gegeben, Zusatzinfos: mit vs. ohne Nebenwirkungen
UV2: freiwilliges vs. unfreiwilliges Aufschreiben eines einstellungskonträren Aufsatzes
AV: Einstellung

„mit“ Nebenwirkungen fand keine Einstellungsänderung statt: Negative Gefühle der kognitiven
Dissonanz wurden auf Nebenwirkungen attribuiert.
„ohne“ Nebenwirkungen fand in der freiwilligen Schreibgruppe eine Einstellungsänderung statt ->
negative Dissonanz wurde gespürt, auf eigenes Verhalten attribuiert und reduziert.
IX Zusammenfassung der Dissonanztheorie:
REAKTANZTHEORIE
Wenn Menschen das Gefühl haben, ihre Freiheit wird bedroht, wird ein unangenehmer Zustand der Reaktanz
erzeugt. Reaktanz kann abgebaut werden, indem die „verbotene“ Handlung ausgeführt wird (Trotz-/
Protesthandlungen)
Studie: Graffiti-Untersuchungen in öffentlichen Toiletten (nach Pennbaker & Sanders 1976)

UV: Schilder: „Schreiben sie unter keinen Umständen an diese Wände“ vs. „Schreiben Sie bitte nicht
an diese Wände.“
 AV: Menge an Graffiti
 Bei der strengeren Bedingung waren mehr Graffitis da -> Reaktanz!
„forbidden toys“ -> Das, was kleine Kinder nicht haben dürfen, wollen sie umso mehr. Sie haben mehr Achtung
vor diesen Dingen.
IMPFUNG GEGEN ÜBERREDUNG NACH MCGUIRE 1964
Es gibt zwei Möglichkeiten, sich vor Überredung zu schützen:
o
o
Unterstützende Verteidigung: Neue Argumente für die Einstellung der Person
Impfung: Schwache Argumente gegen die Position der Person -> Erklärung: Der schwache Angriff auf
die eigene Person führt zur Suche nach Gegenargumenten.
ZUSAMMENFASSUNG:



Balancetheorie: Tendenz zu balancierten Triaden
Widersprüche zwischen Kognitionen (und Verhalten) führen zu Dissonanz, die man versucht zu
reduzieren.
Bedingungen für kognitive Dissonanz sind Selbstbezug, Wahlfreiheit, Schaden und gefühlten Arousal
(sub. Dissonanz)
Phänomene: Nachentscheidungsdissonanz, Erinnerung von bestimmten Infos, Attraktion usw.


Unter welchen Bedingungen entsteht kognitive Dissonanz?
Wie kann kognitive Dissonanz reduziert werden?

XII DAS SELBST
WAS IST DAS SELBST?
Bedeutung des „Selbst“ in der Psychologie: (neben Einstellungen) wichtigster psychologischer Faktor, im
„Selbst“ findet viel statt (aus der Perspektive des Einzelnen):
o
o
o
o
o
Kategorisierungen und Stereotype
Kognitive Verarbeitung
Selbst und Affekte/Emotionen sind eng verbunden
Bewertung des Selbst durch soziale Vergleiche
Attributionen und das Selbst (Selbstwahrnehmung)
Definitionen und Begriffe:
Das Selbst als Prozess, ist wandelbar
Lewis & Brooks: Aspekte des Selbst:
o
o
Existentielles Selbst: Das Selbst als Subjekt der Wahrnehmung (das Selbst agiert immer, der Mensch ist
nie ohne Empfindung oder Wahrnehmung)
Objektives Selbst: Das Selbst als Objekt der Wahrnehmung:
Mit der Zeit lernen wir etwas über unser Selbst (z.B. wie wir typischerweise handeln)
Looking glass self: Wie (nach unserer Meinung) für uns relevante andere uns sehen, so sehen wir uns
auch selbst. In verschiedenen Kontexten gibt es verschiedene Selbstwahrnehmungen.
BASISKONZEPTE DES SELBST
I Prozesse des Bewusstwerdens des Selbst
Selbstkonzept: zentrales Schema, das Wissen über uns selbst enthält (z.B. Eigenschaften, Meinungen,
Beziehungen), generelle Struktur und spezifischer Inhalt
Funktionen des Selbstkonzepts:
o
o
o
Strukturierung des Selbst und seiner Aktionen (z.B. Lernstoffaufteilung)
Basis für Emotionen
Exekutive mit begrenzten Ressourcen (z.B. viel Selbstkontrolle erforderlich -> Ressourcen erschöpft ->
nächste Aufgabe: Selbstkontrolle ist weniger erfolgreich)
Komponenten des Selbstkonzepts:
o
o
o
o
o
o
o
o
Existentielle Aspekte (Ich bin einzigartig)
Selbst-Beschlüsse (Ich kann erreichen, was ich will)
Implizite Theorien (Ich war schon immer konservativ)
Soziale Abgrenzung (Ich bin ein Student)
Interessen und Aktivitäten (Ich tanze Ballett)
Interpersonale Attribute (Ich bin ein Einzelkind)
Selbsterkenntnis (ich bin eine gute Person)
Äußere Charakteristika (Ich bin 19 Jahre alt)
Selbstwert: Bewertung des Selbst (positive und negativ)
Motive zur Erlangung des Selbstwerts:
o
o
Self-Assessment: Informationen über Erreichen von Zielen und Erfüllung von Standards im Vergleich zu
anderen
Self-Enhancement: Streben nach hohem Selbstwert + Selbstwertschutz (Self Improvement, Selbstwert
als Quelle positiver Emotionen und Selbstwert als Coping Ressource)
Methoden:
o
o
o
Messungsbeispiele: Rosenberg 1968 misst Selbstwert als festes Merkmal (=Trait); Heartherton &
Polivy 1991 messen den Selbstwert in einer bestimmten Situation (=State); Nuttin 1987 misst einen
impliziten Selbstwert
Oft Selbstberichtsverfahren -> aber valide? – Selbsteingeschätzte Attraktivität korreliert höher mit
Selbstwert als fremdeingeschätzte Attraktivität.
Meist nur Korrelationen zwischen Selbstwert und anderen Merkmalen (z.B. Gesundheit), daher sind
keine Kausalbeziehungen interpretierbar (z.B. Sinn von Selbstwerttraining?).
Bedeutung des Selbstwertes:
o
o
o
o
(akademische) Leistung und Selbstwert korrelieren nach Kontrolle von Störvariablen nur noch gering
Korrelationen von Selbstwert mit psychischer und physischer Gesundheit und Wohlbefinden: geringer
Selbstwert korreliert mit Anorexie, Bulimie und Essstörungen allgemein. Keinen Zusammen mit
anderen Gesundheitsindikatoren wie Rauchen, Alkoholmissbrauch und sexuellen Störungen.
Hoher Selbstwert -> klares Selbstkonzept (schneller, eindeutigere und konsistentere
Selbsteinschätzung)
Selbstwert und Aggression: Studie
 UV1: Narzissmus (extrem hoher Selbstwert)
 UV2: Bedrohung des Selbstwertes durch negative Leistungsrückmeldungen
 AV: Probanden sollten Stärke und Dauer unangenehmer Reize für andere Personen steuern
 Narzissmus und Aggression stehen nur in geringem Zusammenhang
Aber: Bedrohung des Selbstwerts eines Narzissten und Aggression hängen sehr zusammen,
v.a. Aggression gegen die Quelle der Bedrohung.
-> instabiler hoher Selbstwert ist eng verknüpft mit Aggression!
II Das Selbst als Akteur (Selbstregulation, Self-Monitoring, Selbsteffizienz):
3 Typen von Selbstschemata:
o
o
o
Aktuelles Selbst
Idealselbst (mein Ideal)
„Muss“-Selbst (Pflichten)
Selbstdiskrepanzen: führen zu motivationalen Implikationen
o
o
Aktuelles Selbst – Ich-Ideal
Aktuelles Selbst - Pflichten
Verschiedene Fokusanwendungen (selektive Reaktion)
o
o
o
Promotion Fokus (aktuelles Selbst – Ich-Ideal)
Positive Ergebnisse führen zu Begeisterung und werden angestrebt
Negative Ergebnisse führen zu Niedergeschlagenheit
Prevention-Fokus (aktuelles Selbst – Pflicht-Selbst)
Fernhalten von negativen Ergebnissen führt zu Erleichterung
Negative Erlebnisse führen zu Panik
Studie zur Fokusanwendung (Sassenberg, Kessler, Mummendey 2008): „Glücksspiel“ in Gruppen um
Geld.
 UV1: Promotion- vs. Prevention-Fokus (ausgelöst durch verschiedene Situationen “kann
gewinnen” vs. „Verlust vermeiden“)
 UV2: Verteilung positiver vs. negativer Ressourcen
 AV: Eingeschätzte Differenz zwischen eigener und anderer Gruppe
 Ergebnisse:
Promotion-Fokus: Gewinn: klare Bevorzugung der eigenen Gruppe, Verlust: Egal, welche
gruppe betroffen -> Gewinnorientiert!
Prevention-Fokus: Gewinn: egal, welche gruppe betroffen, Verlust: Klare Bevorzugung der
eigenen Gruppe. -> Verlust vermeidend orientiert!
III Das interpersonale Selbst
Das Selbst in Beziehung zu anderen Individuen
Das Selbst als Verursacher von sozialen Phänomenen inklusive ihrer Konsequenzen:
o
o
o
Reflected Appraisal
Selbstdarstellung
Soziale Emotion
ZUSAMMENFASSUNG




Existentielles und objektives Selbst
Selbstkonzept: Wissen über das Selbst
Selbstwert: Beurteilung des Selbst
Selbst als Akteur: Selbstdiskrepanzen steuern z.B. welche Aspekte der Umwelt besonders relevant
erscheinen



Was ist das Selbst?
Wie hängen Selbstkonzept und Selbstwert zusammen?
Wie beeinflussen Aspekte des Selbst das Verhalten?
XIII HILFEVERHALTEN UND ALTRUISMUS
DEFINITIONEN
Definition von altruistischem Verhalten:
o
o
o
o
Evolutionstheorie: Verhalten, das trotz Kosten für die eigene Fitness zur Fitness eines anderen
Individuum beiträgt.
Sozialpsychologie: Selbstloses Verhalten, das wegen Übernahme der Sichtweise eines anderen und
Empathie in der Absicht anderen zu helfen, gezeigt wird. Die Entscheidung dazu das Verhalten zu
zeigen ist absolut freiwillig.
Gesamt: die Motivation, das Wohl anderer zu erhöhen gepaart mit Perspektivenübernahme, Empathie
und Sympathie für den anderen.
Empathie-Altruismus-Hypothese (Studie von Batson): VPN sehen eine leidende andere Person und
haben die Möglichkeit zu helfen:
Empathie-Bedingung: VPN bekommen die Aufgabe, sich in die leidende Person hineinzuversetzen,
danach entscheiden sie, ob sie gehen oder helfen wollen -> alle helfen.
Bedingung ohne Empathie-Aufgabe: VPN sehen die leidende Person und haben nicht die Möglichkeit
zu gehen -> helfen eher (um Anblick nicht ertragen zu müssen) / VPN sehen die leidende Person,
haben aber die Möglichkeit zu gehen -> die meisten gehen.
Definition Pro-soziales Verhalten:
o
o
Hilfeverhalten um die Situation eines anderen zu verbessern, das aber
freiwillig gegeben wird.
Motivation kann intrinsisch oder extrinsisch sein (z.B. um Schuldgefühle zu
vermeiden...)
Definition Hilfeverhalten:
o
Hilfeverhalten allgemein, das nicht unbedingt freiwillig gegeben wird. Hier zählen z.B. auch berufliche
Verpflichtungen (z.B. Krankenschwester).
ENTSTEHUNG VERSCHIEDENER PRO-SOZIALER VERHALTENSWEISEN:
Familienaltruismus:
o
o
o
Altruistisches verhalten ist adaptiv, wenn die Kosten K für das Verhalten kleiner sind als der Nutzen N
für den Empfänger gewichtet am Verwandtschaftsgrad r. -> Hamilton Regel: N*r > K
Psychologische Voraussetzungen:
 Neigung, nahen Verwandten zu helfen
 Erkennung des Verwandtschaftsgrades:
Durch primäre Bindung (z.B. gemeinsames Aufwachsen), emotionale Nähe (wird auch über
Verwandtschaftsgrad vermittelt, größere Nähe bedeutet mehr Hilfe) und
Verwandtschaftstermini (Namen, „Mama“ etc.)
Evidenz für Familienaltruismus:
 Oft geht der größte Teil des materiellen Erbes beim Tod an nahe Verwandte
 Inuit: Zusammensetzung der Walfangboote nach Verwandtschaftsgrad, da mehr Hilfe
innerhalb der Familie gegeben wird.
 Mayflower-Expedition: Den ersten Winter überlegten diejenigen, die viele Verwandte dort
hatten, mit größerer Wahrscheinlichkeit
 Burnstein et al. 1994: Befragung von Personen: Die Tendenz Verwandten zu helfen ist größer
als Fremden zu helfen, v.a. bei „Leben-Tod-Situationen“
Reziproker Altruismus:
Ausgangspunkt: Das Verspüren der Pflicht, Freundlichkeit von anderen zu erwidern.
o
o
o
Gefangenen-Dilemma (u know…)
Die erfolgreiche Tit-for-Tat-Strategie:
 Freundlich (kooperiert im ersten Schritt)
 Provozierbar (reagiert sofort auf betrug des anderen -> wenn der andere nicht mehr kooperiert,
kooperiert der eine auch nicht mehr.
 Nachsichtige (ist nicht nachtragend)
Studie nach Scheldon 1999: Individualisten, Wettbewerbsorientierte und Kooperative spielen das
Gefangenen-Dilemma gegen einen Computer, der die perfekte Tit-for-Tat-Strategie anwendet.
Die Tit-for-Tat-Strategie lehrt nicht kooperativen Individuen, dass sich Kooperation letztendlich
auszahlt und Nicht-Kooperation die ungünstigere Variante ist.
Kooperative hatten den größten Vorteil
In einem zweiten Durchgang verhielten sich auch Wettbewerbsorientierte und Individualisten
kooperativer.
Starke Reziprozität: Tendenz zur Kooperation und die Neigung, kooperatives Verhalten zu belohnen und nichtkooperatives Verhalten zu bestrafen.
Evidenz: Ultimatum-Spiel (nach Güth et al. 1982): Person A verteilt einen geldbetrag, Person B entscheidet, ob
die Aufteilung akzeptabel ist oder nicht. Akzeptiert B, wird der Betrag so aufgeteilt, akzeptiert B nicht,
bekommen beide nichts. Eigentlich ist es ökonomisch sinnvoll für B immer zu akzeptieren, aber für viele wiegt
das Gut der Gerechtigkeit mehr und sie entscheiden sich bei Ungerechtigkeit gegen das Geld.
Studien zum Beitrag öffentlicher Güter: Beitragsrate sinkt mit der Zeit, wenn andere nichts einzahlen. Denn
dann will man diese „bestrafen“ und zahlt selbst nichts ein. Aber die Einführung altruistischer Bestrafung (Zahle
1 ein, dann verliert der andere 3) erhöht die Beitragsraten wieder.
Was ist altruistische Bestrafung?




Ausgelöst durch moralische Emotionen: ärger, Empörung, Wut, Abneigung, Ekel, Verachtung
Altruistisch, da eigene Nachteile in Kauf genommen werden um die Bestrafung durchzuführen.
Trägt zu allgemeinem Nutzen bei (muss prosozial sein)
Bestrafung aktiviert Hirnregionen, die ansonsten mit Belohnung assoziiert sind. Je stärker diese
Regionen aktiviert sind, desto härter fällt Bestrafung aus.
BEDINGUNGEN DES PRO-SOZIALEN VERHALTENS:
Zeitliche Faktoren:
Studie von Darley und Latané 1976:VPN sollen Reden
vorbereiten und diese dann in einem anderen Saal
vortragen, auf dem Weg dorthin finden sie allerdings eine
verletzte Person.




UV1: Hilferelevant: VPN lesen den barmherzigen
Samariter und bereiten Rede zu diesem Thema vor
vs. Aufgabenrelevant: (KG): VPN sollen eine Rede zu beliebigen theologischen Themen vortragen
UV 2: Variation des Zeitdrucks in allen Bedingungen
AV: Messung der Hilfeleistung (0= keine Hilfe – 4=bleiben und helfen)
Nur der Zeitdruck wirkte signifikant, die Gedanken waren wegen geringer Varianz nicht relevant.
 Leute unter Zeitdruck helfen seltener als Leute, die Zeit haben.
Der Bystander-Effekt
Studie nach Darley & Latané 1968: Je mehr Bystander dabei sind, die nichts tun, desto weniger VPN schlagen
vor, einer Person in der Nähe zu helfen und desto länger dauert es, bis sie eingreifen -> die Anzahl der
Bystander reduziert die Wahrscheinlichkeit und Latenz der Hilfeleistung.
Verschiedene Faktoren des Bystander-Effekts:
o
o
o
Pluralistische Ignoranz: Meinung, dass eigene Gefühle sich von denen anderer unterscheiden, das
beobachtete Verhalten aber gleich ist -> „wenn die anderen das nicht als Notfall erachten, sollte ich
mich vielleicht auch zurückhalten.“ Usw.
Verantwortungsdiffusion: Verantwortung wir unter verschiedenen Personen aufgeteilt, sodass sich
jeder Einzelne weniger verantwortlich fühlt.
Bewertungsangst: Erwartung von anderen bewertet zu werden kann Angst, Unbehagen etc. auslösen.
Arten von Bystandern:
o
o
o
o
Anonyme Bystander: Wenn man die anderen nicht kenn, weiß man nicht, was man von ihnen halten
soll
Instruierte Bystander (Konföderierte): wenn die anderen konsequent nicht helfen, kann das zu
pluralistischer Ignoranz, Verantwortungsdiffusion und Bewertungsangst führen.
Bekannte Bystander: größerer sozialer Einfluss und Einfluss von prosozialen Normen
Studie zu Arten von Bystandern und Hilfeleistung nach Levine, Crowther 2008:
Anonyme Bystander: je mehr es gibt, desto weniger Hilfe wird geleistet
Freunde als Bystander: je mehr es gibt, desto mehr Hilfe wird geleistet.
ZUSAMMENFASSUNG:





Prosoziales Verhalten kann durch Familienaltruismus, reziproken Altruismus und starke Reziprozität
entstehen und stabil bleiben.
Bedingungen für Hilfeverhalten sind situative Faktoren (Zeitdruck, Anwesenheit vieler Personen)
und dispositionale Faktoren (z.B. Empathie und Perspektivenübernahme).
Wie kann pro-soziales oder altruistisches Verhalten in einer Welt voller „Egoisten“ entstehen?
Welche Bedingungen fördern/ behindern pro-soziales Verhalten?
Welche Variablen vermitteln pro-soziales Verhalten?
XIV AGGRESSION
ALLGEMEINES ZU AGGRESSION
Definition der Aggression: Aggression ist jede Verhaltensweise, die ausgeführt wird, um anderen Individuen
gezielt Schaden zuzufügen und bei denen der Schadensverursacher sich darüber bewusst ist, dass er gegen den
Willen des Opfers Schaden zufügt.
Muster der Aggression:
Es gibt konsistente Geschlechtsunterschiede:
o
o
o
Männer scheinen aggressiver zu sein als Frauen (Gefängnisaufenthalte)
Geschlechterunterschiede werden deutlicher, je schwerer die Aggressionsakte werden (mehr Morde
von Männern), aber in indirekten verbalen Aggressionen übertreffen Frauen die Männer)
Aggressionsrate von Männern und Frauen ist hoch korreliert (r=.88)
Aggression ist alters- und kulturabhängig:
o
Der Verlauf der Aggression ist in verschiedenen Kulturen gleich, auch wenn das Niveau stark variiert.
(Bsp.: England: niedriges Aggressionsniveau vs. Chicago: hohes Aggressionsniveau)
Formen der Aggression:
o
o
o
o
o
o
o
o
Reaktionsweisen: Verbal vs. Physisch
Reaktionsqualität: Aktion vs. Inaktion (z.B. unterlassene Hilfeleistung)
Trolly-Dilemma: Eisenbahn führ in Richtung von fünf Gleisarbeitern, man selbst kann den Wagen auf
ein anderes Gleis umleiten, auf dem nur ein Gleisarbeiter steht (wird oft gemacht) oder man kann eine
dicke Person zum Abbremsen vor den Zug schubsen (kaum gewählte Alternative, da Aktion direkt
gegen Person gerichtet ist.)
Unmittelbarkeit: Direkt vs. indirekt
Sichtbarkeit: Offen vs. verdeckt
Veranlassung: Spontan vs. provoziert
Zieldienlichkeit: feindselig (ohne eigenen Nutzen) vs. instrumentell (eigener Vorteil)
Dauer: kurz vs. lang
Einheiten: Individuen vs. Gruppen (z.B. Rassismus)
MESSUNG VON AGGRESSION
Beobachtungen:
o
o
o
Natürliche Beobachtung (z.B. Fußballstadien, Schulen…)
Im Labor: Schwierig, da man Personen im Labor keinen Schaden zufügen darf
 Schüler-Lehrer-Paradigmen: angebliche Stromschläge
 Essay-Bewertung: Schlechte Bewertung der eigenen Leistung
 Verlorener Wettbewerb
 Laute Töne
 Scharfe Soßen
 Bobo-Puppen: Puppen, mit denen Kinder spielen können, die sie aber auch verhauen können.
Lernen am Modell: Kinder sehen vorher, wie Erwachsen die Puppe behandeln…
 Provokation der VPN von den VL, anschließend gehen VPN einen langen Gang entlang und ein
großer muskulöser Mann kommt auf sie zu. Nordamerikaner weichen hierbei schneller aus als
Südamerikaner.
Befragung:
 Verhaltensberichte (problematisch wegen sozialer Erwünschtheit)
 Einschätzung durch Dritte
 Archivdaten
 Persönlichkeitstests
 Projektive Tests
AGGRESSION ALS INSTINKT
o
o
o
o
o
Aggression ist eine angeborene Verhaltenstendenz: Zielorientiert, adaptiv, speziestypisch und enthält
„ungelernte“ Komponenten.
Aggressionstrieb (= aufgestaute Aggressionsenergie, die abgebaut werden muss)
Schlüsselreize (angeboren oder erlernet) sind auslösende Bedingungen für aggressive Impulse (z.B.
gefletschte Zähne)
Katharsis: Aggressives Verhalten „verbraucht“ aggressive Energien, aggressive Energie kann auch
durch sozial erwünschte Ersatzhandlungen, z.B. Sport, abgebaut werden.
Frustration-Aggression-Hypothese:
 Ursprüngliche Idee: Frustration führt immer zu Aggression, jeder Aggression geht eine
Frustration voraus.
 Belege:
Anzahl der Selbstjustizfälle korreliert negativ mit dem Baumwollpreis (-> niedrige Preise ->
weniger Einkommen -> Frustration -> Anstieg der Aggression nach Hovland & Sears 1940)
Negative Korrelation wirtschaftlicher Indikatoren und Aggression gegen Schwarze
(frustrierende Wirtschaft -> aggressives Verhalten)
Aber: man wird z.B. nicht so schnell aggressiv gegenüber dem Chef, auch wenn dieser unfair
handelt, daher:
 Revidierte Formulierung: Frustration erhöht die Wahrscheinlichkeit für Aggression.
 Varianten:
Displaced Aggression: Herauslassen der Aggression an Ersatzobjekten, z.B. aggressives
Verhalten gegenüber dem Chef wird in aggressives Verhalten gegenüber der Familie
umgewandelt (obwohl eig. Kein Anlass in Familie)
Triggered displaced Aggression: Herauslassen der Aggression an Ersatzobjekten, die einem
einen Anlass dazu geben, wieder aggressiv zu geben. (z.B. Frustration durch Chef, Aggression
zuhause, Kind reagiert aber zurück -> noch mehr Aggression)

Experiment nach Berkowitz 1964: Grundannahmen waren die Frustrations-AggressionsHypothese und aggressive Hinweisreize (z.B. Waffen, die anzeigen, das Aggression hier
akzeptiert ist).
UV1: Provokation der VPN vs. keine Provokation
UV2: Zufälliges Zeigen von aggressiven Hinweisreizen (z.B. Waffe im Zimmer des VL)
Ergebnisse:
Personen, die provoziert wurden, reagieren aggressiver
Je offener aggressive Hinweisreize anwesend sind, desto aggressiver reagieren die VPN
AFFEKT UND
AGGRESSION
Nach Baron (1977):
NEO-ASSOZIATIONISTISCHER ANSATZ (NACH BERKOWITZ 1989):
Netzwerke, in dem Konzepte, Vorstellungen, Affekte
und körperliche Reaktionen aktiviert werden. Wird ein
Knoten in diesem Netzwerk angestoßen, werden alle
verbundenen Knoten mit aktiviert.
Ähnlich wie beim Priming aktiviert ein Hinweisreiz
weitere Strukturen. Mögliche Primes für aggressive
Netzwerke sind Temperatur, Lautstärke, Ärgerbezogene Stimuli (Benachteiligung, Ungerechtigkeit),
Wissensstrukturen (z.B. Stereotyoe).
Zusammenfassendes Modell nach Berkowitz:
Generelles Modell der Aggression nach Anderson
und Bushman 2002 unter Einbezug von
Persönlichkeit und Umweltreizen:
ANREGUNG VON AGGRESSION:
Aversive Reize und Anregung von Aggression
Experiment: UV1: Verärgerung eines VPNs oder nicht + UV2: lauter oder ruhiger Raum (=aversiver Reiz)
Verärgerte VPN reagieren aggressiver auf den Konföderierten, v.a. in einem lauten Raum
Nicht verärgerte VPN reagieren weniger aggressiv und auf gleichem Level in leisem und lautem Raum
 Durch aversive Reize wird Aggression bei verärgerten Personen zusätzlich gesteigert, bei nicht
verärgerten allerdings nicht.
Unspezifische Anregung von Aggression:
Experiment: Leistungsaufgeben wurden erledigt, zuvor wurde Sport getrieben. Personen, die direkt zuvor Sport
getrieben haben, sind weniger aggressiv, da sie ihr inneres Arousal auf Sport zurückzuführen und nicht auf
aggressive andere Reize. Besonders aggressiv sind Personen, die noch das Arousal vom Sport fühlen, aber
vergessen haben, dass es vom Sport kommt.
HORMONE UND AGGRESSIVITÄT
o
o
o
Testosteron soll aggressives Verhalten begünstigen (evtl. verantwortlich für altersabhängige Kurve bei
Männern).
Unterscheidung von aggressivem und Dominanzverhalten
Belege:
Selbstberichte über Impulsivität, Ärger usw. korrelieren mit dem Testosteronlevel
Nach Behandlungen mit Testosteron verändert sich das Aggressionslevel
„Gewaltverbrecher“ haben einen höheren Testosteronspiegel als andere Verbrecher.
AGGRESSION ALS INTERAKTION
Aggression ist nicht alleine erklärbar durch eine genaue Analyse des Handelnden. Der Einbezug der Sichtweise
des Opfers (wie auch von Beobachtern) ist notwendig!
Perspektivendivergenz: Befragung nach Mummendey: Initiator (Täter) findet seine Aktion meist angemessen,
das Opfer aber nicht. Die Reaktion des Opfers hingegen findet das Opfer angemessen, der Täter aber nicht.
ATTRIBUTION UND AGGRESSION
THEORIE
ZWANGS
TEDESCHI UND FELSON 1994):
DES
(NACH
Unterscheidung von Wertungen des Verhaltens und dem Verhalten selbst: Motive für Macht-durch-Zwang:
Kontrolle anderer, Gerechtigkeit wieder herstellen, Identität behaupten oder schützen.
ZUSAMMENFASSUNG:

Aggression entsteht aus einem komplexen Zusammenspiel von: körperlichen Veränderungen
(Hormonen), affektiven Veränderungen, aktiviertem Wissen und sozialen Normen.



Wie ist aggressives Verhalten über Alter, Geschlecht und Kulturen verteilt?
Welche psychologischen Mechanismen vermitteln aggressives Verhalten?
Wie entfaltet sich aggressives Verhalten im sozialen Kontext?
XV GRUPPENSTRUKTUREN UND PROZESSE
ALLGEMEINES ÜBER SOZIALE GRUPPEN
Definition:
o
o
o
o
o
o
Gruppe= Zwei oder mehr Teilnehmer sehen sich als Mitglieder derselben sozialen Kategorie (Tajfel)
und haben (Status-)Beziehungen zueinander (Sherif).
Außenstehende erkennen die Formation als Gruppe an (Brown)
Die Gruppe hat Normen, Werte und Regeln, die Einstellungen und Verhalten ihrer Mitglieder
regulieren (Sherif) (evtl. auch implizit (Prohansky, Seidenberg))
Stärke des Zugehörigkeitsgefühls bestimmt Stärke des Gruppenverhaltens
Innerhalb der Gruppe gibt es Interdependenz und Verantwortung für andere Gruppenmitglieder.
Merkmale einer Gruppe:
 Gemeinsames Schicksal (Common Fate)
 Gemeinsame Ziele
 Direkte Interaktion (Face-To-Face-Interaction)
 Soziale Struktur (z.B. Status, Rollen, Einfluss) = Ergebnis der Gruppendefinition
 Interdependenz (positiv: gut für mich, gut für andere und umgekehrt – wird die
Interdependenz negativ entstehen Konflikt- und Wettbewerbssituationen und die Gruppe
wird brüchig.)
 Identität und Selbstkategorisierung
Verhältnis Individuum – soziale Gruppe:
o
Gruppe wirkt auf Individuen (Personen agieren in Gruppenkontexten evtl. anders als sie es sonst
alleine tun würden -> Verstehen der Gruppendynamik)
o Individuum bestimmt Gruppe (vollständiges Verstehen der Individuen -> Gruppenverständnis ergibt
sich)
 Individuen und Gruppen beeinflussen sich wechselseitig (Gruppen nicht auf individuelles Verhalten
oder nur Gruppenverhalten reduzierbar)
Klassifikationsmerkmale von Gruppen:
o
o
o
o
o
o
o
Formelle vs. informelle Gruppe
Temporäre vs. überdauernde Gruppe
Verschiedene Funktionalität von Gruppen
Experimentelle (im Labor erzeugt) vs. natürliche Gruppen
Mitgliedschafts- vs. Bezugsgruppen
Ingroup vs. Outgroup (kognitiv-perspektivisch; evaluativ)
Gruppengröße (Kleingruppe vs. Großgruppe bzw. „optimale Gruppengröße“):
Korrelation zwischen Gruppengröße und Neocortex-Ratio: .76 -> daraus ergibt sich 150 Personen für
die typische Gruppengröße beim Menschen (bestätigt durch Größer verschiedener
Dorfgemeinschaften von Stämmen)
Experimentelle Belege nach Wang 1996: Bestimmte Anzahl von Personen ist infiziert mit einem
Virus, verschiedene Behandlungen können helfen:
Version 1:
Behandlung A: Für jeden besteht die Wahrscheinlichkeit von 1/3, dass er überleben kann.
Behandlung B: Von 6000 Menschen werden 2000 überleben.
Version 2:
Behandlung C: Für jeden besteht die Wahrscheinlichkeit von 2/3, dass er sterben muss
Behandlung D: Von 6000 Menschen müssen 4000 sterben.
In Gruppengrößen über 150 Personen ergibt sich ein Framing-Effekt, sodass in der ersten Version
eher der sichere Gewinn (B) gewählt wird, bei Version 2 eher der unsichere Verlust (C). In kleineren
Gruppen ist man eher auf Fairness aus, der Framing-Effekt greift nicht mehr.
PROZESSE
Eintritt in eine Gruppe
o
Eintritt in die Gruppe ohne Präferenzen für diese. Nach einiger Zeit entwickelt man allerdings ein
Zugehörigkeitsgefühl für seine Gruppe und kann sich nicht mehr vorstellen eine andere zu präferieren.
o Positive Einstellung zur Ingroup: Schlagworte wie „Wir“ erwecken eine positive Grundeinstellung im
Gegensatz zu Worten wie „den Anderen“
o Bei eigenen Gruppen werden positive Dinge als allgemein für die Gruppe beschrieben, negative Dinger
werden eher verhaltensmäßig attribuiert (andere Gruppen werden gegenteilig beschrieben).
o Experiment: Zuerst bekommen Probanden Stromschocks, dann kommen sie in eine Gruppe -> Gruppe
wird nicht anders bewertet als ohne Stromschocks
Stromschocks werden gegeben UM in die Gruppe eintreten zu dürfen -> wenn man es in die Gruppe
schafft, wird diese als positiver empfunden.
 Je schwerer der Eintritt in eine Gruppe, desto positiver erscheint sie den Eingetretenen
Kohäsion und Gruppenleistung:
o
Hohe Gruppenkohäsion: Gruppenleistung orientiert sich stark an Zielen der Gruppe.
Bsp.: Gruppe mit hoher leistungsnorm, z.B. studentische Arbeitsgruppe -> große Leistung
o
Bsp.: Gruppe mit niedriger Leistungsnorm, z.B. „Antistudentengruppe“: -> niedrige Gruppenleistung
Niedrige Gruppenkohäsion: Gruppenleistung orientier sich kaum an den Zielen der Gruppe
Ausschluss aus einer Gruppe:
Cyberball (Williams): PC-Spiel: Virtuelles Ballspielen mit zwei anderen „Probanden“ die an anderen PCs sitzen
Ausschluss-Bedingung: Nach zwei Ballkontakten wird die VPN von den anderen Mitgliedern ausgeschlossen
und bekommt den Ball nicht mehr zugespielt.
Ergebnis: Ausschluss aus einer Gruppe ist schmerzhaft: Schmerzareale im Hirn werden aktiviert, wenn man
bei Cyberball ausgeschlossen wird. Auch wenn man weiß, dass die anderen Probanden nicht freiwillig so
handeln bzw. so programmierte Computer sind.
Gruppen und ihre Aufgaben:
Interdependenz
o
o
Positive Interdependenz: „Die Gruppenleistung zählt“ -> Zusammenarbeit, bessere Abstimmung der
Gruppenmitglieder und Schätzen der Gruppenmitglieder.
Negative Interdependenz: „die individuelle Leistung zählt“ -> Wettbewerb, geringere Abstimmung der
Gruppenmitglieder und geringere interpersonale Anziehung der Gruppenmitglieder.
Kommunikation: Wie leicht ist es möglich zwischen den einzelnen Rollen zu kommunizieren?
o
o
o
o
Rad: Ein zentrales Gruppenmitglied hat alle wichtigen Informationen und gibt nur einzelne Infos
an andere weiter, Aufgabenzuweisung funktioniert sehr gut, nur dann Problem wenn zentrales
Gruppenmitglied ausfällt. Effiziente gruppe, solange zentrales Mitglied akzeptiert wird.
Kette: Information wird von einem Gruppenmitglied zum nächsten weitergegeben, daher hat
das letzte Gruppenmitglied evtl. andere Informationen als das erste. Aufgabenzuweisung ist
sehr schwierig (beste Aufgaben werden am Anfang der Kette schon vergeben).
Kreis: Wie Kette, nur erstes und letztes Mitglied gleichen Informationen ab, sodass keine
Unterschiede entstehen. Aufgabenzuweisung etc. ist schwierig.
Alle Kanäle: Jeder hat Kontakt mit jedem, Problem: zeitlicher Aufwand, bis alle Kanäle abgeklärt
wurden.
STRUKTUREN
Rollendifferenzierung: Unterschiedliche Verhaltensmuster von Mitgliedern einer Gruppe, die aufeinander
bezogen sind und im Interesse der Gruppe zusammenarbeiten.
o
Funktion: Arbeitsteilung (z.B. Müller und Bäcker), klare Erwartungen gegenüber den Rolleninhabern,
Selbstdefinition (man findet seinen Platz/Part in der Gruppe/Gesellschaft).
Status: Konsensuelle Bewertung des Prestiges einer Rolle in einer Gruppe (Differenzierung von
Gruppenführern, dieser wird mehr geachtet, muss aber auch mehr zur Gruppe beitragen, um seine Rolle zu
behalten).
o
Beiträge zur Gruppenleistung einer Person -> höherer Status
o
o
Persönliche Qualitäten, wie Fähigkeiten -> höherer Status
Oder
Prestige einer Gruppe und ihrer Mitglieder relativ zu einer anderen Gruppe (Warum lohnt es sich in
genau dieser Gruppe zu sein?)
Soziale Normen: Soziale Normen sind Regeln und Standard, die von allen Gruppenmitgliedern verstanden
werden und soziales Verhalten in der Gruppe regulieren.
Arten von Normen:
o
o
o
Deskriptive Normen (Ist): Typische Dinger, die man wahrnimmt und die einen deshalb beeinflussen,
z.B. „Studenten saufen viel“ -> man selbst wird nun auch saufen gehen, um als „typischer Student“
nichts zu verpassen.
Präskriptive Normen (Soll): „Du sollst nicht töten“ -> bei Nichtbeachtung meist Verfolgung durch
Sanktionen, präskriptive Normen sind besonders wirkungsvoll, wenn sie auch gleichzeitig als
deskriptive Normen verbreitet sind.
Subjektive Normen: „ich möchte nicht lügen“
Funktion von Normen:
o
o
o
Effektives Verhalten
Aufbauen und Aufrechterhalten von sozialen Beziehungen
Selbstkonzept-Management: Welche Abweichungen sind „cool“ und welche absolut nicht erlaubt?
ZUSAMMENFASSUNG:



Gruppen variieren hinsichtlich verschiedener Merkmale
Gruppenprozesse (Initiation, Interdependenz)
Gruppenstrukturen (Rollen, Status)



Was ist eine soziale Gruppe?
Durch welche Merkmale können Gruppen charakterisiert werden?
Wodurch kann der Wert einer Gruppe beeinflusst werden?
XVI GRUPPENLEISTUNG
SOZIALE ERLEICHTERUNG / SOZIALE HEMMUNG
Ringelmann-Effekt: Anwesenheit von anderen beeinflusst eigene Leistungsfähigkeit ins positive (vgl. soziale
Vergleiche)
Immer bessere Ergebnisse unter Anwesenheit von anderen? -> nein! Eine Studie zeigt gemischte Ergebnisse
von Aufgaben unter Anwesenheit anderer.
Studie von Zajnoc (1977): Die Anwesenheit anderer:
Annahmen:
o
o
Bei leichten Aufgaben steigt die Leistung, wenn andere anwesend sind (soziale Erleichterung)
Bei schweren Aufgaben sinkt die Leistung, wenn andere anwesend sind (soziale Hemmung)
o
Problem: Was als schwere und was als leichte gilt, liegt nicht nur an der Aufgabe, sondern auch an den
Fähigkeiten der Person.
Grundlegende Ideen:
o
o
o
Anwesenheit anderer steigert das Erregungsniveau
Je höher das Erregungsniveau, desto eher werden dominante (gut gelernt) Reaktionen ausgelöst
Leichte Aufgaben sind solche, bei denen die dominante Reaktion richtig ist. Schwere Aufgaben sind
solche, bei denen dominante Reaktionen nicht passen.
Cottrell (1968): Entscheidend ist nicht die Anwesenheit anderer, sondern die Bewertungserwartung.
Bei schweren Aufgaben hat man Angst, dass man schlechter ist und daher auch schlechter bewertet wird.
UV1: Bewertungsangst hoch vs. niedrig
UV2: Anwesenheit von anderen vs. keine Anwesenden
 Cottrell scheint Recht zu haben, es gibt auch Auswirkungen auf Aufgaben, die gefilmt werden,
ohne Anwesenheit anderer.
Gegenstudie/ Antwort von Zajnoc: Experiment mit Küchenschaben unter der Annahme, dass Küchenschaben so
niedere Lebenswesen sind, dass sie keine Bewertungsangst empfinden. Hier waren auch Küchenschaben im
Labyrinth schneller, wenn mehrere anwesend waren -> Anwesenheit anderer ist also wirklich ein Grund!
Sanders et al. (1978): Aufmerksamkeitskonflikt: Andere Leute bzw. der Gedanke an andere lenkt die
Aufmerksamkeit ab -> schlechteres Ausführen der Aufgabe (aber problematisch: Besseres Erledigen leichter
Aufgaben!)
Manstead & Semin (1980): mehr Aufmerksamkeit auf automatische Prozesse stört die Leistung -> Ablenkung
durch Publikum bei leichten Aufgaben wirkt positiv, bei schweren (kognitiv kontrollierten) aber negativ.
Multifacetten-Ansätze: Soziale Erleichterung und Hemmung sind multipel determiniert.
GRUPPENLEISTUNG
I Haupteinflüsse auf die Gruppenleistung
Tatsächliche Leistung = potentielle Leistung – Prozessverluste + Prozessgewinne
o
o
o
Potentielle Leistung: Leistung, die unter optimaler Ressourcennutzung erreicht werden kann
Prozessverluste:
 Motivationsverluste: Mehr oder weniger bewusste Reduktion der eigenen Motivation „ich
bringe ja sowieso nicht viel dazu“, soziales Faulenzen (Reduktion der eigenen individuellen
Leistung, weil der eigene Beitrag nicht identifizierbar ist), Trittbrettfahren (Zurückhalten des
eigenen Beitrags, weil man ihn für entbehrlich hält)
 Koordinationsverlust: Abnahme der Produktivität einer Gruppe von Individuen im Vergleich
zu nominalen Gruppen, weil die Ressourcen der Gruppe nicht optimal zusammengeführt
werden können. (Charakteristika einer nominalen Gruppe: Kontrollgruppe für
Gruppenleistung mit gleicher Anzahl von Individuen und gleichen Verknüpfungsregeln wie
echte Gruppe, allerdings finden keine sonstigen Interaktionen zwischen den
Gruppenmitgliedern statt.)
Prozessgewinne:
o Köhler-Effekt: Hochdifferenzierte Gruppenmitglieder, die glauben, dass ihre Leistung
bedeutende ist, als die von anderen, sind dann so hoch motiviert, dass sie die schwache
Leistung anderer ausgleichen können.
Aber kaum Effekte der Prozessgewinne, eher Prozessverluste.
II Wirkung von Aufgabentypen auf die Gruppenleistung nach Steiner 1972
Interdependenz:
o
o
Bei positiver Interdependenz hängt der Erfolg vom Beitrag aller ab (evtl. Probleme:
Koordinationsverluste)
Bei negativer Interdependenz stehen die Mitglieder der Gruppe im Wettbewerb, der Erfolg des einen
bedeutet den Verlust des anderen (evtl. Probleme: Motivationsverluste)
Verknüpfungsregeln:
o
o
o
Additiv: Summe der Einzelleistungen
Disjunktiv: Die Leistung des bisten Mitglieds zählt
Konjunktiv: Die Leistung des schlechtesten Mitglieds zählt
III Beispiel zur Wirkung von Prozessen auf die Gruppenleistung: Brainstorming
Definition und Regeln von Brainstorming: Kooperative und additive Aufgabe (Quantität und Qualität spielen
eng zusammen). Generierung von kreativen Ideen in einer Gruppe, keine Kritik bei Generierung von Ideen,
aufbauen auf Ideen anderer.
Studien: Vergleich von realer Gruppe (mit Interaktion) und nominaler Gruppe (gleiche Anzahl
Gruppenmitglieder, gleiche Verknüpfungsregeln, aber keine Interaktion zwischen Mitgliedern) -> Reale
Brainstorming-Gruppen sind etwas schlechter als nominale Gruppen und finden weniger Ideen.
Gründe:
o
o
Motivationsverluste:
 Trittbrettfahren (reduziert durch: Jeder Beitrag wird auf notiert und honoriert) -> Gruppen mit
Reduktionsbedingung waren produktiver, also hat Trittbrettfahren einen geringen Einfluss)
 Soziales Faulenzen
 Bewertungsangst (reduziert durch: Keiner ist hier Experte -> wenig Kritik möglich, aber erhöht
durch: Hier sind alle Experten -> später viel Kritik möglich.) -> Gruppen mit Reduktion der
Bewertungsangst waren ebenfalls produktiver, also hat auch Bewertungsangst einen Einfluss.
Koordinationsverluste: Probanden sitzen in getrennten Räumen und es gibt mehrere Bedingungen: 1 –
normale Gesprächssituation über Mikrofone, 2 – Man hört den anderen nicht, sieht aber über ein
Lämpchen, wann er redet und muss leise sein, 3 – Man darf immer reden, sieht aber auch, wenn
andere reden über das Lämpchen.
 1 und 2 kommen realen Gruppen gleich
 Bedingung 3 ohne Gesprächsregeln kommt eher der nominalen Gruppe gleich -> mehr Ideen als
reale Gruppe
 Interaktion verringert die Produktivität in Gruppen!
IV Informationssuche/ -sammlung
Unterscheidung: Geteiltes vs. nicht geteiltes Wissen
Common Knowledge Effekt: Gruppenmitglieder konzentrieren sich mehr auf geteiltes als auf nicht-geteiltes
Wissen.
Studie zum „versteckten Profil“: Beste Lösung wird nicht erkennt, weil die Gruppenmitglieder relevante
Informationen nicht berücksichtigen, weil sie sich eher auf sozial geteiltes Wissen konzentrieren.


Bei Alternative A sind alle drei Argumente für A sozial geteilt
Bei Alternative B ist nur ein Argument sozial geteilt,
die anderen vier sind selektiv bekannt
 Dennoch entscheiden sich die Gruppenmitglieder für
Alternative A, obwohl es insgesamt eigentlich mehr
Argumente für Alternative B gibt. Aber Alternative A
ist mehr im Gespräch, da es sich um sozial geteiltes
Wissen handelt.
V Verringerung von Prozessverlusten:
o
o
o
Nominalgruppen-Methode (wenig Interaktion)
Zuweisung von Expertenrollen
Advocatus Diaboli (eine Person, die auf Defizite und Fehler hinweist, führt auch dazu, dass diese
erkannt wird)
ZUSAMMENFASSUNG






Soziale Erleichterung/ Hemmung beschreibt die Leistungszunahme bei leichten und
Leistungsverschlechterung bei schweren Aufgaben.
Brainstorming ist eine additive Aufgabe, bei der insbesondere Koordinationsverluste zu einer
Leistungsverringerung führen.
Möglichkeiten verschiedene Prozessverluste zu reduzieren sind Nominalgruppentechnik, Advocatus
Diaboli etc.
Wie wird die Leistung von Individuen durch die Anwesenheit von anderen beeinflusst?
Welchen Einfluss hat die Aufgabenstruktur auf die Leistung von gruppen?
Was sind Motivations- und was Koordinationsverluste?
XVII KONFORMITÄT
ALLGEMEINES
Sozialer Einfluss: Veränderung von urteilen, Meinungen, Einstellungen einer Person infolge der Konfrontation
mit der Auffassung anderer Menschen
Konformität (Mehrheitseinfluss): Sozialer Einfluss, der sich aus der Konfrontation mit der Meinung einer
Mehrheit ergibt.
Warum Konformität:
o
o
Normativer Einfluss: Einfluss, der auf dem Bedürfnis beruht, von anderen menschen akzeptiert und
bestätigt zu werden
Informativer Einfluss: Einfluss, der auf dem Informationswert der von anderen Menschen zum
Ausdruck gebrachten Meinung beruht, d.h. darauf, was sie einer Person über einen Aspekt der Realität
sagen.
BEISPIELE FÜR KONFOR MITÄT:
Einfluss in Gruppen: Diskussion über ein Thema (z.B. Studiengebühren):
o
o
o
„Mode“: Gruppenkonforme Meinung bleibt erhalten (grün)
„Slider“: Personen, die gegen die Gruppen argumentieren, aber nach
einiger Zeit zur Mehrheitsmeinung konvertieren (rot, gestrichelt)
„Deviante“: Personen, die gegen die Gruppen argumentieren und eher
noch abneigender werden -> wirken unbeliebter und werden teilweise
ausgeschlossen (rot, durchgezogen)
Konformität und Stereotype:
Von Stereotypen ausgeschlossene Personen versuchen sich aktiv in die Situation einzupassen. Bsp.: Stereotype
gegen Frauen -> Frauen passen sich eher an als Männer; Stereotype gegen Männer -> Männer passen sich eher
an als Frauen.
Konformität und deskriptive Normen:
Studie: VPN werden angesprochen und gebeten an einer Studie teilzunehmen, sie bekommen Süßigkeiten zur
Belohnung. UV1: saubere vs. dreckige Versuchsumgebung. UV2: Salientmachung von Sauberkeitsnormen oder
nicht Salientmachung von Sauberkeitsnormen. AV: Bonbonpapier weggeworfen oder behalten.
Ergebnisse:





In sauberer Umwelt wird wenig weggeworfen
Aktivierte Sauberkeitsnorm in sauberer Umwelt -> es wird noch weniger weggeworfen
In dreckigen Umwelten wird mehr weggeworfen
Sauberkeitsnormen wirken nur in sauberen Umgebungen,
Normen wirken am besten, wenn direkt darauf hingewiesen wird -> z.B. durch Flyer mit der Aufschrift
„Bitte sauber halten“ -> es wird weniger weggeworfen.
 Normen wirken nur unter der Bedingung, dass Personen sehen, dass andere sich auch daran halten.
ENTSTEHUNG DESKRIPTIVER NORMEN
Autokinetischer Effekt (Sherif, 1935): Dunkler Raum mit einem Lichtpunkt an der gegenüberliegenden Wand.
Nach einiger Zeit denken die Personen, dass der Punkt sich bewegt. Eigentlich bewegt der Punkt sich nicht, nur
da kein Bezugssystem vorhanden ist werden eigene Bewegungen als Bewegungen des Punktes
wahrgenommen. VPN sollen angeben, wie viel der Punkt sich bewegt. Bedingungen: Zuerst alleine, dann in
einer Gruppe sein vs. (B) zuerst in einer Gruppe, dann alleine sein.
Ergebnisse:


(A): Bildung einer subjektiven Norm,
diese wird zu einer Gruppennorm
umgewandelt, wenn andere hinzu
kommen. (links)
(B): Eine gruppennorm wird gebildet
(ähnliche Antworten werden
gegeben), an diese Gruppennorm
halten sich die Personen dann auch,
wenn sie wieder alleine sind. (rechts)
KONFORMITÄTSDRUCK
Studie: Versuchspersonen sollen antworten,
welche der rechten Linien der linken Linie der
Länger her entspricht. Gruppe von
Konföderierten sagt konsequent die falsche
Antwort -> Gruppenkonformität wirkt und 37%
der VPN antworten nun auch falsch. Konformität wird reduziert,
wenn die Gruppe inkonsistent antwortet, v.a. wenn richtige (Ally)
und extrem falsche Antworten gegeben werden (Dissenter More
Extreme). Werden nur etwas falsche Antworten gegeben antwortet die VPN eher falsch (Dissenter
Compromise).
Wer wird als Minderheit gesehen?
Schwer zu sagen, evtl. Annahme: Alle meine Freunde würden so denken wie ich, nur sechs Leute (=VPN)
weichen ab -> Somit wird die Versuchsgruppe als Minderheit gesehen. Man muss demnach darauf achten, mit
welchem Personenkreis die VPN ihre Gruppe vergleicht.
Wie viele Personen lassen sich von Konformitätsdruck beeinflussen?
Konformitätsdruck und soziale Unterstützung:
o
o
o
Konformitätsdruck steigt ohne soziale Unterstützung
Konformität sinkt bei sozialer Unterstützung
Konformitätsdruck sinkt am meisten, wenn man das Gefühl hat, dass ein Helfer valide hilft.
Einfluss der Öffentlichkeit auf die Meinung und von Gruppenzielen auf den Konformitätsdruck
o
o
Konformität ist größer, wenn man seine Meinung öffentlich sagen muss und es eine Gruppennorm
gibt.
Konformität ist geringer, wenn es mehrere Antwortmöglichkeiten gibt.
Studie:



Übergeordnetes Gruppenziel und öffentliche Meinung -> Gruppenkonformes Verhalten
Öffentliche Meinung ohne übergeordnetes Gruppenziel -> geringe Gruppenkonformität
Private und anonyme Meinung -> am wenigsten Gruppenkonformität
Konformitätsdruck durch Autoritäten: Das Milgrim Experiment
Coverstory: Einfluss von Bestrafung auf das Lernverhalten. „Lehrer“ (echte VPN) konnte einen Schüler mit bis
zu 450 Volt starken Stromstößen bestrafen.
Ergebnisse:


Erst ab sehr starken Stromstößen brachen einige VPN das Experiment ab
Ca. 65% gaben sogar letale Stromstöße
Weitere Variationen der Untersuchungen:



Abhängigkeit des Gehorsams von anderen anwesenden Personen: Wenn jemand anwesend ist, der
das Experiment verachtet, sinkt der Gehorsam. Wenn jemand anwesend ist, der das Experiment logt,
steigt der Gehorsam.
Abhängigkeit des Gehorsams von situativen Umständen: je seriöser das Experiment wirkt, desto
größer ist der Gehorsam.
Abhängigkeit des Gehorsams von der Näher zum Opfer: Je mehr der VPN von den Reaktionen des
Opfers mitbekommt, desto ungehorsamer wird er. Aber 20% machen das Experiment immer noch zu
Ende, obwohl sie den Opfern die Elektrode selbst auf die Haut drücken mussten.
ZUSAMMENFASSUNG:


Konformität ist die Veränderung von Meinungen und Urteilen als Folge des sozialen Einflusses einer
Mehrheit
Durch normativen und informativen Druck erreichen Mehrheiten Konformität ihrer Mitglieder.



Was ist Konformität?
Durch welche Faktoren wird Konformität beeinflusst?
Warum verhalten wir uns konform?
XVIII MINORITÄTSEINFLUSS
WIEDERHOLUNG VON KONFORMITÄT:
o
o
Majoritäten erzeugen einen Konformitätsdruck durch informativen und normativen Einfluss (Bsp.
Pluralistische Ignoranz)
Bsp.: Aschs Linien Experiment: Probanden sollen Längen von Linien vergleichen; Starke Beeinflussung
hierbei von anderen Gruppenmitgliedern, aber: Schwer festzulegen, wer hierbei majorität und
Minorität ist -> wird überhaupt Mehrheitseinfluss untersucht?
WEITERE THEORIEN ÜBER MINORITÄTS- UND MAJORITÄTSEINFLUSS:
I KONVERSIONSTHEORIE VON MOSOVICI (1976,1980):
Minoritäten:
o
o
o
Grundannahmen:
 Minorität muss sich konsistent verhalten (Konsistenz)
 Minderheitsmitglieder müssen sich einig sein (Synchronität)
 Minorität muss über mehrere Zeitpunkte und Gelegenheiten geschlossen auftreten
(Diachronie)
Folgen eines konsistenten Verhaltensstils der Minderheit:
 Konflikte und damit Voraussetzung für Veränderungen werden geschaffen
 Attribution von Sicherheit und Überzeugtheit, je sicherer die Minderheit erscheint, desto
eher übernimmt man ihre Meinung.
Ablauf der Konversionstheorie bei Minderheiten:
 Der inhaltliche Konflikt tritt in den Vordergrund-> Ausführliches Nachdenken über die
Position der Minderheit (nicht „wer“ hat Recht, sondern „was“ ist richtig)

In Reaktion auf ausführliches Nachdenken erfolgt Konversion, also eine Einstellungsänderung
mit den Charakteristika: privat (nicht öffentlich), indirekt (Einstellungsänderungen auch bei
verwandten Themen), generalisierend (auf Themenkomplexe), zeitstabil und
situationsunabhängig, zeitverzögert
Mehrheitseinfluss
Sozialer Konflikt und nicht inhaltliche Themen treten in den Vordergrund („Wer“ hat Recht, nicht „was“ ist
richtig) -> kein inhaltliches Nachdenken, sondern Nachgeben (=compliance)
Compliance ist keine wirkliche Konversion: erfolgt nur öffentlich (nicht privat), direkt beim fokalen Thema,
nicht generalisierend, instabil und situationsabhängig.
Empirische Belege der Konversionstheorie:
Klassisches Experiment: Vier echte Versuchspersonen und zwei Konföderierte = Experimentalbedingung,
Kontrollbedingung = sechs echte Versuchspersonen. Müssen Farbe von Dias nennen (alle waren blau), 36
Durchgänge. Konföderierte antworten immer mit Grün (konsistente Minderheit) vs. Konföderierte antworten
zwölf Mal blau und 24 Mal grün (inkonsistente Minderheit).
Antworten der VPN (Majorität): v.A. in der konsistenten Bedingung erfolgen Grün-Antworten.
+ Erweiterung: Wahrgenommene Farbe der Nachbilder (Kontrastfarbe) -> VPN in Gruppe konsitenter Minorität
sehen Nachbilder, als wären Bilder grün gewesen. VPN unter Majoritätseinfluss nehmen die Farbe der
Nachbilder allerdings nicht anders wahr.
Implikationen aus empirischen Befunden:
o
o
o
o
Konsistenz als entscheidende Voraussetzung für Einfluss wurde nachgewiesen, jedoch führt Rigidität
zur „Psychologisierung“ (Mugny, 1975):
Rigidität: Minorität nähert sich nie der Majorität an, weicht immer von ihr ab -> dadurch Abwertung
der Minorität durch die Majorität.
Psychologisierung: Hinterfragen, warum die Minorität so ist, meistens wird der Grund auf persönliche
Merkmale der Minoritätsangehörigen attribuiert und diese werden in eine Schublade gesteckt.
Indirekter Einfluss gewöhnlich größer als direkter Einfluss (z.B. Nachbildeffekte größer)
Aber auch Mehrheiten können Einfluss auf private Meinung haben indem ihre Meinung informativer
als die eigene Meinung wirkt.
Nach Mackie (1987) wird Information von der Mehrheit aufwändiger verarbeitet: bei interessanten
Themen wird mehr nachgedacht, Erklärung: „objective consensus“ – Mehrheit vertritt wahrscheinlich
die richtige Position. Aufwändige Verarbeitung führt aber nicht immer zu Konversion (z.B. bei
schwachen Argumenten).
II NEMETHS UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN DIVERGENTEM UND KONVERGENTEM
DENKEN (MINORITÄTSEINFLUSS AUF KREATIVITÄT):
Einfluss anderer Gruppen wirkt nicht nur auf Einstellungen, sondern vor allem auch auf Denkprozesse:
Minorität
Kein Stress
Position wird in Frage gestellt
Erleichtert Inforverarbeitung
Betrachtung von Alternativen
Divergentes Denken
Majorität
Stress
Position wird übernommen
Behindert Inforverarbeitung
Fokus auf gegebene Informationen
Konvergentes Denken
Experiment: „In welcher der sechs Vergleichsfiguren befindet sich die Standardfigur?“ „Die meisten sagen U.“
Unter Minoritätseinfluss werden mehrere Figuren benannt -> unter
Minoritätseinfluss handeln Personen kreativer, betrachten das ganze
Problemfeld…
Implikationen aus den Experimenten:
o
o
o
o
Vielfache Bestätigung des Konvergenz-Divergenz-Effekts
Konvergente Verarbeitung ist nicht notwendig aufwändiger als
divergente Verarbeitung (Peterson & Nemeth 1996)
Konflikt als Erklärung fraglich (Erb et al. 1998)
Befriedigende Erklärung des Divergenz-Effekts liegt bis heute nicht vor.
 Laut Nemeth wird immer die Frage „Was ist hier richtig?“ gestellt (egal ob unter Minoritäts- der
Majoritätseinfluss), die verschiedenen Einflüsse (Majorität/Minorität) regen dabei verschiedene
Denkmuster an.
DIFFERENTIAL PROCESSING MODEL (DE VRIES, DE DREU, GORDIJN & SCHUURMANN,
1996):
Konflikt mit
Oberflächliche Verarbeitung
(häufiger bei Minorität)
Tiefere Verarbeitung (häufiger bei
Majorität)
Mehrheit
Minderheit
Zustimmung
Ablehnung
Konvergentes Denken (kurzlebig,
direkt)
Divergentes Denken (langlebig,
indirekt)
Bisher keine direkten Tests dazu durchgeführt.
Kompatibel mit unterschiedlichen Befunden von:
o
o
o
Mackie 1987: Ausführliche Verarbeitung bei Mehrheiten
Mosovici 1980: direkter Einfluss bei Mehrheiten und indirekter Einfluss bei Minderheiten
Nemeth (1986): Divergentes, aufwändiges Denken bei Minderheiten
Aber Probleme: Aufwändiges Verarbeiten bei beiden Einflüssen!
THEORIEN OHNE KONFLIKTANNAHME:
Beruhen auf der Idee, dass sich die Mehrheit der Minderheit der eigenen gruppe gegenüber verpflichtet fühlt,
da gemeinsame Gruppenziele, sozial geteilte Realität und Zusammengehörigkeit. Dadurch hat die Minderheit
einen Einfluss innerhalb der Eigengruppe (Kategorisierung situationsabhängig nach Turner 1991).
Bsp.: „Theorie der idiokratischen Kredite“ (Hollander 1958, 1985): Minderheit zeigt sich als der Mehrheit
verpflichtet, betont Übereinstimmung bei vielen (anderen) Themen und gewinnt so Einfluss bei einem
spezifischen Thema.
Bsp.: „Leniency-Contract-Model“ (Crano und Chen 1998): Mehrheit lässt gegenüber der Minderheit „Milde“
walten. Minderheit verzichtet im Gegenzug auf direkten Einfluss. Resultat: Indirekter Einfluss auf verwandte
Themen.
Beispielstudie: Veränderungen in der Einstellung zum Waffentragen verändert indirekt die
Einstellungen zu Homosexuellen in der Armee:



Gruppe 1: Waffentragen pro, Homosexuelle in der Armee aber Kontra
Gruppe 2: Waffentragen Kontra, Homosexuelle in der Armee aber pro
Personen hören gute Argumente von der Minorität gegen ihre eigene Person bezüglich Waffentragen > keine Einstellungsänderung bezüglich dem spezifischen Thema Waffentragen, aber indirekte
Einstellungsänderung zu Homosexuellen in der Armee tritt (zeitverzögert) auf.
SOCIAL IMPACT THEORY (LATANÉ & WOLF 1981):
Grundannahmen: Einfluss als multiplikative Funktion von Kraft (Status, Macht),
Nähe (räumlich, zeitlich) und Größe der Einflussgruppe. Für Gruppengröße ergibt
sich eine negativ beschleunigte Funktion der Anzahl der Einflussquellen:
o
o
Minderheitsstatus lässt sich mit erhöhter Kraft und erhöhter Nähe
ausgleichen
Minderheits- und Mehrheitseinfluss durch ein und denselben Prozess erklärbar
Befunde: Meta-Analysen über eine Vielzahl von Studien (bis Mitte der 80er Jahre)
Kritik: Zugrunde liegende psychische Mechanismen werden vernachlässigt.
MINDERHEITS- UND MEHRHEITSEINFLUSS: EIN ODER ZWEI PROZESSE?
Probleme bei der Bestimmung durch Erfassungsunterschiede in den Studien:
o
o
o
o
o
o
o
Sehr unterschiedliche Operationalisierungen zwischen Studien (Elaboration der Argumente, Mitteilen
der Informationen etc…)
Gruppensituation oder abstrakte Information
Eigengruppe, fremdgruppe, reale Gruppen, irrelevante Gruppen
Unterschiedliche Definitionen der Minderheit (z.B. numerisch vs. Macht)
Minderheits- oder Mehrheitseinfluss vs. Minderheits- und Mehrheitseinfluss
Direkter vs. indirekter Einfluss, private vs. öffentliche Urteile
Kognitive Prozesse (Mediatoren)
Integration von Faktoren, die Einfluss verändern z.B.:
o
o
o
o
o
Attribution (Sicherheit, Überzeugtheit)
„double minorities“ (Eigeninteresse): Gehören Minorität an und vertreten Minoritätsmeinung (z.B.
Homosexuelle für homosexuelle Ehen -> nicht so glaubhaft wegen Eigeninteresse)
„Zeitgeist“ (größerer Einfluss wenn man mit dem Geist der Zeit argumentiert)
Identifikation (Grundlage für normativen Einfluss der Minderheit)
…
Kruglanski & Mackie 1990:
o
o
o
o
o
Sind solche Variablen notwendigerweise mit dem Status der Einflussquelle als Minderheit oder
Mehrheit verknüpft? -> Nein!
Positive Attributionen fördern Einfluss beliebiger Quellen
Wahrgenommenes Eigeninteresse behindert Einfluss generell
Positiv bewertete Minderheiten können Ziele von Identifikation sein
Einfluss von Mehrheiten können auch privat, überdauernd, generalisierend sein
Hoher und niedriger kognitiver Aufwand sowohl bei Minderheiten als auch bei Mehrheiten
 Fazit: Nicht genau bestimmbar, ob es ein oder zwei Prozesse gibt!
ZUSAMMENFASSUNG






Der Verhaltensstil der Minorität bestimmt, ob sie Einfluss auf eine Mehrheit haben kann
(konsistent, flexibel, zugehörig, nicht rigide)
Minderheitseinfluss ist indirekt, zeitverzögert und führt eher zur Berücksichtigung von Alternativen
(Kreativität)
Minderheit hat eher informativen Einfluss, Mehrheiten dagegen können sowohl informativen als
auch normativen Einfluss haben.
Wie können Minoritäten Einfluss gewinnen?
Welche Arten von Einfluss können Minoritäten haben?
Wodurch unterscheidet sich der Einfluss von Minderheiten und Mehrheiten?
XIX INTERGRUPPENVERHALTEN
Wodurch entsteht Intergruppenverhalten? Realistische Konflikte
DAS PROBLEM ZWISCHEN SOZIALEN GRUPPEN
Vorurteile, soziale Diskriminierung, sozialer Ausschluss, Dehumanisierung, Konflikte zwischen Gruppen
z.B. Ethnozismus: Sumners Definition: Innergruppenverhältnisse sind besser als Zwischengruppenverhältnisse
zu anderen (fremden) Gruppen
ERKLÄRUNGEN FÜR NEGATIVE HALTUNGEN GEGENÜBER ANDEREN GRUPPEN
Individualistischer Ansatz:
o
o
Wirkung von Intuition: „Wer so handelt wie diese Gruppe, muss ein schlechter Mensch sein.“
Meist Wirken des fundamentalen Attributionsfehlers: Verhaltensattribuierung von anderen auf ihre
Persönlichkeit
z.B. Annahme der autoritären Persönlichkeit (Adorno et al. 1950): Facetten der autoritären Persönlichkeit
sind
o
o
autoritäre Submission (Unterordnung unter Lehrer etc.)
autoritäre Aggression (Aggression gegen alle Abweichler)
o
Konventionalismus (starkes Halten an Regeln der eigenen Gesellschaft)
Autoritäre Persönlichkeit: Eine bestimmte Art von Persönlichkeit, die übermäßig unterwürfig gegenüber
Autoritätspersonen ist und von der angenommen wird, dass sie in besonderem Maße zu Vorurteilen neigt.
Alternativ: soziale Dominanzorientierung (Streben nach Gruppenhierarchien), Rigidität, need for cognitive
closure
Kritik Individualistischer Erklärungsansätze:
o
o
o
Spezifität von Intergruppenkonflikten (man mag nur manche Outgroups nicht) -> es kann also nicht an
der Persönlichkeit liegen, weil man sonst alle Outgroups nicht mögen würde
Rasche Entstehung von Intergruppenkonflikten (z.B. plötzliches Misstrauen gegen ein Land bei
präsidentenwechsel) -> so schnell kann man die Persönlichkeit gar nicht verändern
Sozial geteilte Vorurteile, Diskriminierung und Konflikte -> nicht alle können die selbe Persönlichkeit
haben (es gibt keine sozial geteilte Persönlichkeit)
Der realistische Gruppenkonflikt (Alternative zu individualistischen Erklärungsansätzen)
Grundannahmen:
Beziehung innerhalb von Gruppen:
o
o
rationale Individuen, die ihren subjektiv wahrgenommenen Nutzen zu maximieren versuchen
gemeinsame Interessen, Ziele und Ergebnisse kennzeichnen Individuen, die zu einer Gruppe
zusammengehören (positive Abhängigkeit, Interdependenz -> Einheitsgefühl)
Beziehung zwischen Gruppen: Das Verhalten zwischen sozialen Gruppen wird bestimmt durch die funktionale
Beziehung zwischen den Grippen (negative und positive Interdependenz)
o
o
Negative Interdependenz: Ein realer Interessenskonflikt verursacht den Konflikt zwischen sozialen
Gruppen und damit zusammenhängend Feindseligkeit und Abwertung der anderen Gruppe
Positive Interdependenz: gemeinsame Interessen (übergeordnete Ziele) führen zu einer positiven
Einstellung der entsprechenden Outgroup gegenüber oder zumindest zur Abwesenheit von
Feinseligkeit
Sherifs Sommerlager
Besondere Stichprobenselektion: Weiße Jungen der amerikanischen Mittelschicht mit gleicher Religion
zwischen 10-12 Jahren -> möglichst durchschnittliche Stichprobe, damit möglichst wenige negative
Erfahrungen mit Gruppenmitgliedern (z.B. Wirken von Vorurteilen gegen Schwarze etc.)
Phasen der Untersuchung:
o
o
o
Bildung von Freundschaften (automatischer Vorgang, evtl. weggelassen)
Einteilung der Jungen in zwei Gruppen (Trennung vorheriger Freundschaften, gruppe
zusammengesetzt aus VPN, die intuitiv nicht befreundet wären; Ausbildung einer Struktur innerhalb
der Gruppen (Führung und Unterordnung); Zusammenschweißen der Gruppe durch Gruppennamen,
Gruppennormen etc. -> schließlich deutliche Präferenz der Eigengruppe)
Wettbewerb zwischen den Gruppen (negative Interdependenz, weil jeweils nur eine Gruppe gewinnen
kann) -> Intergruppenbeziehungen verschlechterten sich drastisch, vorherige Anführer (kreative,
neckige) wurden ersetzt durch harsche
o
o
Kooperation durch übergeordnete Ziele (positive Interdependenz): Mehrere gemeinsame Ziele waren
nötig, um gute Beziehungen zwischen den Gruppen auszubilden (Filme gemeinsam schauen
funktionierte nicht… Getränkelastwagen im Schlamm, Wasserleitung reparieren…)
Später zeigte sich, dass nur Erfolg in den gemeinsamen Zielen die Beziehungen verbesserte
+ kleiner Untersuchungen innerhalb des Sommerlagers: z.B. Bean toss: VL warfen Bohnen auf den Boden,
Gruppen mussten sie aufsammeln und anschließend schätzen, wie viel die eigene Gruppe im Vergleich zur
anderen gesammelt hatte (Säcke waren gleich groß) -> Eigengruppenbias: Eigene Gruppe wurde als produktiver
eingeschätzt.
Ergebnisse der Sommerlagerstudie:
o
o
o
Interdependenz bestimmt die Beziehung zwischen sozialen Gruppen
Negative Intergruppen-Interdependenz erhöht die Identifikation mit der Eigengruppe, Konformität mit
der Eigengruppe, Gehorsamkeit gegenüber Eigengruppe Normen und Regeln
Negative Intergruppen-Interdependenz erhöht positive Einstellung zur Eigengruppe und verstärkt
negative Einstellungen gegenüber der Outgroup
Hypothesen der RCT:
o
Realer Konflikt/ vergangener Intergruppenkonflikt/ Anwesenheit einer feindlichen, bedrohlichen,
konkurrierenden Outgroup (= kollektive Bedrohung) -> Wahrnehmung von Bedrohung ->
Feindseligkeit gegen die Quelle der Bedrohung
Reale Bedrohung oder Wahrnehmung einer (evtl. fälschlichen) Bedrohung verursacht:
 Feindseligkeit gegenüber der Quelle der Bedrohung
 Solidarität der Ingroup
 Eine erhöhte Bedeutung der Identifikation mit der eigenen Gruppe
 Verfestigte Gruppengrenzen
 Eine erhöhte Bereitschaft für Strafen und Ausgrenzung abtrünniger Personen
 Ethnotizismus
Spieltheoretische Überlegungen:
Struktur von „Konfliktspielen“: Mehrere Parteien stehen sich gegenüber, jede Partei hat verschiedene
Verhaltensoptionen, aber auch eine definierte Präferenzstruktur, die angibt, welchen Wert (Nutzen) ihre
Verhaltensoptionen für sie haben. Der Wert einer Verhaltensoption hängt von einem gewissen Grad von den
Verhaltensentscheidungen anderer Parteien ab.
Bsp. Gefangenendilemma: Am Schlechtesten kollektive Outcomes, wenn kooperiert -> daher am Besten nicht
kooperieren!
Bsp. Hirschjagd (Assurance Game):
Gemeinsame Kooperation wäre am Besten,
aber wenn der andere nicht kooperiert, hat
man einen großen Verlust. Evtl. will man auch
besser als der andere sein, daher auch: Nie
Kooperieren!
Bsp. Chicken Game: You know…
Neuere Entwicklungen des realen Gruppenkonflikt: Team Games Bornstein 2003; Rapoport & Bornstein 1987:
Grundannahmen: Zwei Gruppen stehen im Dilemma „Offene Güter“ gegeneinander. Kombination aus
funktionalen Beziehungen innerhalb und zwischen sozialen Gruppen.
Dilemma: „Offene Güter“: Gruppenmitglieder stehen vor der Frage, ob sie zu einem öffentlichen Gut beitragen
oder ihre individuellen Ressourcen für sich behalten. Ein öffentliches Gut wird zu gleichen Teilen an alle
Gruppenmitglieder verteilt. Individuelle Beträge zu öffentlichen Gütern werden vergrößert (verdoppelt).
Dilemma: Für die ganze Gruppe ist es besser, wenn alle kooperieren, innerhalb der Gruppe macht man den
meisten Gewinn, wenn man nicht kooperiert -> Innergruppen- und Zwischengruppenkonflikt.
Beispiel für ein Team Game: Zwei Gruppen A und B mit n Mitgliedern. Jedes Gruppenmitglied hat ein
Ausgangsvermögen e (e>0), das es beitragen kann oder nicht. Wenn eine Gruppe mehr beiträgt als die andere
(mA > mB oder mA < mB) bekommt sie ein R (eine „knappe“ Ressource“), bei Gleichstand bekommen beide
Gruppen ein S (0<S<R). Es wird nur einmal gespielt.
Es ergeben sich für jedes Gruppenmitglied folgende vier Kontingenzen:




mA <mB-1 (egal ob es beiträgt, die eigene Gruppe verliert)
mA >mB-1 (egal ob es beiträgt, die eigene Gruppe gewinnt)
mA = mB -1 (es kann einen Verlust in einen Gleichstand verändern)
mA = mB (es kann einen Gleichstand in einen Gewinn verändern)
Verschiedene Spiele: Individuelle Auszahlung und Gruppenauszahlung:
z.B. Hirschjagd: Gewinn ist genauso gut wie Gleichstand -> beide Gruppen können gemeinsam gewinnen.
Obwohl nicht investieren den größeren Gewinn bringt, ist es schwierig, da man den geringeren Gewinn hat,
wenn die andere Gruppe investiert. Wenn alle investieren, hat man die stabilste Möglichkeit.
z.B. Chicken Game: Gleichstand ist genauso gut wie Verlust -> beide Gruppen können gemeinsam verlieren. Es
lohnt sich immer in den Konflikt zu investieren, solange die andere Gruppe nicht investiert.
Experiment: Chicken Game und Assurance Game werden gespielt. UV: Verschiedene Kommunikationen:
Entweder VPN alleine oder Entscheidung in Gruppe beraten oder Entscheidung zwischen Gruppen besprechen.



Keine Kommunikation: Kaum Unterschiede zwischen Chicken und Assurance Game: 43% in Assurance,
37% in Chicken tragen bei.
Kommunikation innerhalb der Gruppen: 75% in beiden beteiligen sich.
Kommunikation zwischen Gruppen: Assurance Game treffen gruppen die Absprache, nicht in den
Konflikt zu investieren und halten sich daran, bei Chicken Game treffen ca. 50% der Gruppen die
Absprache nicht in den Konflikt zu investieren und keiner hält sich daran.
Nachbefragung da Absprache in Chicken Game sinnlos: Assurance Game: Mitglieder fürchteten,
betrogen zu werden. Chicken Game: Mitglieder hielten die anderen nicht für durchsetzungsfähig
genug.
Zusammenfassung zum Team Game:
 Strukturen zwischen und innerhalb von Gruppen müssen beachtet werden
 Mechanismen, die den innergruppalen Zusammenhalt stärken, erhöhen auch dann den
Zwischengruppenkonflikt, wenn eigentlich die Kooperation die bessere Möglichkeit wäre.
Kritik am realistischen Gruppenkonflikt (Sherif):
o
o
o
o
Fehlen der Kontrollgruppe: Kein Beleg, dass negative Interdependenz zwischen Gruppen eine
notwendige Bedingung für den Konflikt zwischen Gruppen ist
Psychologische Variablen stellen nur abhängige Variablen dar
Ethnotizismus: Eigengruppenaufwertung ist mit Fremdgruppenabwertung verbunden; Andere Studien
legen aber Nahe, dass Eigengruppenaufwertung durch andere psychologische Prozesse als
Fremdgruppenabwertung vermittelt wird.
Zu simple Anwendung spieltheoretischer Überlegungen auf das Verhältnis zwischen sozialen Gruppen.
Eig. Voraussetzungen für spieltheoretische Ansätze:
 Geteiltes Wissen, gleiche Präferenzen usw.
 Beziehung zwischen Gruppen erzeugen durch Interdependenz (als AV oder UV)
 Variation in der Wahrnehmung von Konflikten außerhalb des Labors als ein spezifischer
Konflikt.
ZUSAMMENFASSUNG:







Ethnotizismus beschreibt das „Syndrom“ der positiven Haltung einer Eigengruppe gegenüber und
einer negativen Haltung einer Fremdgruppe gegenüber.
Die funktionale Beziehung zwischen sozialen Gruppen bestimmt, ob es zu Kooperation oder Konflikt
zwischen den Gruppen kommt.
Zusätzlich zu der Interdependenzstruktur zwischen den Gruppen determinieren Faktoren die die
Kooperation zwischen den Gruppen gewährleisten und erhöhen, Konflikte zwischen den gruppen
Konformität und Gehorsamkeit gegenüber der Ingroup wird durch Intergruppenkonflikte
(Bedrohung) verstärkt, sowie intragruppale Aggression gegenüber Abweichlern (siehe Facetten des
Autoritarismus)
Was ist das Problem in Beziehungen zwischen sozialen Gruppen?
Was sind die strukturellen Voraussetzungen für Beziehungen zwischen sozialen Gruppen?
Wie beeinflussen sich Konflikte innerhalb und zwischen sozialen Gruppen?
XX THEORIE DER SOZIALEN IDENTITÄT
Bewertung sozialer Gruppen
MINIMALES GRUPPENPARADIGMA (NACH TAJFEL, BILLIG, BUNDY, FLAMENT 1971)
Ursprung: Kritik an der Theorie des realistischen Gruppenkonfliktes wegen fehlenden Kontrollgruppen in
Experimenten -> Herstellung einer Intergruppensituation, in der noch nichts passiert.
Regeln:
o
o
o
o
o
Keine face-to-face-Interaktionen innerhalb und zwischen den Gruppen (anonym)
Anonymität der Gruppenmitgliedschaften -> keine Stereotype
Keine instrumentelle oder rationale Zuordnung zu Gruppen (keine Hierarchien, Minoritäts- oder
Majoritätsbeziehungen)
Kein persönlicher Nutzen durch Ressourcenverteilungen -> Spenden werden nur an andere
Teilnehmer, nicht an einen selbst verteilt.
Die verteilten Ressourcen sind von gewisser Bedeutsamkeit für die Versuchsteilnehmer
Verteilungsstrategien:
o
o
o
o
Parity (P) „Fairness“ oder Minimierung der Differenz zwischen den Gruppen
Maximum Joint Profit (MJP); Maximierung des Nutzens beider Gruppen (Zusammenschließen gegen
VL)
Maximum Ingroup Profit (MIP): Maximierung des Nutzens für eigene Gruppen
Maximum Differentiation (MD): Maximierung der Differenz zwischen Eigengruppe und Fremdgruppe
(auf Kosten des Nutzens für die eigene Gruppe)
Durchführung:
o
o
o
Einteilung in vier Gruppen; jede Gruppe bekommt eine „Tajfel-Matrix“ und muss sich für eine Spalte
entscheiden
Je Spalte bezahlt der VL verschieden viel Geld an die Ingroup oder Outgroup der Person
Untersuchung der Entscheidungen nach Verteilungsstrategie
Verschiedene Tajfel-Matrizen:
Lösung der Frage: Bevorzugung der Eigengruppe vs. des gemeinsamen Nutzens?
Gruppe 1: (MIP und MD) vs. MJP (opposed) -> Wie stark ist die Bevorzugung der Eigengruppe?
Gruppe 2: (MIP und MD) vs. MJD (together) -> Möchte man den Gewinn der IG erhöhen (ganz rechte Spalte)
oder möchte man die Differenz möglichst gering halten?
Lösung der Frage: Positive Differenzierung der Eigengruppe von der Fremdgruppe?
Gruppe 3: MD vs. MIP und MJP (opposed) -> Möchte man lieber den Eigengewinn erhöhen, obwohl die OG
dann noch mehr bekommt, ist man zufrieden mit geringerem Gewinn, bei dem die OG weniger bekommt, oder
strebt man nach Gerechtigkeit?
Gruppe 4: MD vs. MIP und MJP (together) -> Möchte man eher den Gewinn beider Gruppen erhöhen oder eine
gerechte Differenz beibehalten?
Ergebnisse:
 Schon unter minimalen Bedingungen kann man eine Differenzierung zwischen den experimentellen
Gruppen zu Gunsten der eigenen Gruppe beobachten
 Es wird neben der Maximierung der Geldbeträge für die eigene Gruppe auch die Differenzierung zu
Gunsten der Eigengruppe auf Kosten der Nutzenmaximierung beobachtet (MD).
THEORIE DER SOZIALEN IDENTITÄT (TAJFEL & TURNER) ZUR ERKLÄRUNG DER
ERGEBNISSE DES MINIMALEN GRUPPENPARADIGMAS
Bestandteile:
I Kategorisierung in Eigen- und Fremdgruppe: Effekte der Kategorisierung sind
o
o
o
Akzentuierung der Unterschiede zwischen den Kategorien
Homogenisierung der Unterschiede innerhalb der Kategorien
Salienz (Accessibility und Fit)
Untersuchung zu Effekten der Kategorisierung von Tajfel und Wilkes 1963: Einschätzung der Länge von Linien:
Kategorisiert: Akzentuierung: gruppe A (kleinere Linien) werden kleiner
wahrgenommen und Gruppe B (längere Linien) werden größer wahrgenommen +
Homogenisierung (sollte auch auftreten): Unterschiede innerhalb der Gruppen
werden unterschätzt
 Determinanten des Kategoriengebrauchs:
o Passung: Strukturell vs. Inhaltlich
o Accessibility: Verfügbarkeit und Aktivierbarkeit
II Identifikation mit der Eigengruppe: Der Teil des Selbstkonzepts, der sich auf das Wissen über die
Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen bezieht und die damit verbundenen Gefühle
3 Facetten der Identifikation:
o
o
o
Kognitive Facette: „ICH identifiziere mich mit Ostdeutschen“
Evaluative Facette: „Ich ärgere mich ein Ostdeutscher zu sein“
Konative Facette: „Ich setze mich für alles ein, was zu einer Verbesserung der Situation in
Ostdeutschland führt.“
III Evaluation der Eigengruppe durch soziale Vergleiche: Nach der Theorie der sozialen Vergleiche (festinger
1954):
o
o
o
o
Bewertung durch soziale Vergleiche
Vergleiche mit ähnlichen (relevante Ähnlichkeit)
Selbstwertschutz
Bewertung von Vergleichsergebnissen
IV Bestreben, die eigene Gruppe als positiv distinkt zu sehen
Diese vier Bestandteile beschreiben die vier theoretischen Kontinua:
o
o
o
o
Kontinuum von interpersonellem Verhalten zu eindeutig intergruppalem Verhalten (man verhält sich
ähnlich zu den Gruppenmitgliedern)
Kontinuum von individueller Variabilität zu maximaler Gleichförmigkeit
Behandlung (Wahrnehmung, Beurteilung) aufgrund individueller oder kategorialer Merkmale
(vereinheitlichte soziale Kategorie -> „Kennt man einen aus der Gruppe, dann kennt man alle.“)
Kontinuum von sozialer Mobilität und sozialer Veränderung (Wechsel zu attraktiveren Gruppen; ist
aber oft unmöglich, daher folgt Aufwertung der eigenen Gruppe gegenüber den Gegnern)
STRUKTURELLE BEDINGUNGEN ZWISCHEN SOZIALEN GRUPPEN:
Identitätsmanagementstrategien: Strategien bei negativen sozialen Vergleichen:
o
Soziale Mobilität: Wechsel der
Gruppenzugehörigkeit und Distanzierung von der
Eigengruppe („die“ statt „wir“)
o
Sozialer Wandel: Veränderung der Struktur
zwischen Gruppen: Sozialer Wettbewerb
(Aufzeigen, dass die Eigengruppe auf relevanten
Vergleichsdimensionen besser abschneidet) &
Realistischer Wettbewerb (Man versucht bei realen
Situationen übervorteilt zu werden) & soziale Bewegung (Proteste und „Kämpfe“)
o
Soziale Kreativität: Wahl einer alternativen Vergleichsgruppe, -dimension (z.B. 5 in Mathe -> 1 in
Sport) & Umbewertung einer Vergleichsdimension („black is beautiful“) & Abgrenzung der
Eigengruppe/Referenzgruppe („was andere über unsere Gruppe sagen, interessiert mich nicht“)
Bewertung einer Statuswahrnehmung
o
o
o
Legitimität der Statusrelation („die fühlen sich zu
recht/unrecht besser als andere“)
Stabilität der Statusrelation
Permeabilität (=Durchlässigkeit) der Gruppengrenzen
Flussmodell der Sozialen Identitätstheorie mit Einbezug des Identitätsmanagement:
Soziale Vergleiche geben Aufschluss über den Status der eigenen Gruppe. Fallen diese negativ aus, versucht die
Gruppe durch Wettbewerb, Kreativität oder Mobilität sich selbst aufzuwerten um positive Distinktheit zu
erlangen. Sind Gruppengrenzen undurchlässig, beginnt man Status und Stabilität in Frage zu stellen.
BEISPIEL: UNTERSUCHUNG DER SOZIALEN IDENTITÄTSTHEORIE IN OST- UND
WESTDEUTSCHLAND
Befragung: Wahrgenommene Durchlässigkeit der Gruppengrenzen/ Legitimität und Status der einzelnen
Gruppen/ Stabilität der Gruppenstati
Untersuchung: Welche dieser Faktoren wirken auf die Identifikation mit der Gruppe, das
Identitätsmanagement (also soziale Mobilität und sozialen und realistischen Wettkampf) und
wahrgenommenes Ressentiment (= Ärger über die soziale Stellung)
Angenommenes Modell:
Ergebnisse:
o
Je höher die Stabilität und Identifikation mit der Eigengruppe und je geringer Status, Permeabilität und
Legitimität einer Gruppe, desto mehr ärgert man sich (relative Deprivation)
Je höher die Stabilität, desto größer die Identifikation mit seiner Gruppe
Je kleiner die Identifikation mit der Eigengruppe und die Stabilität dieser Gruppe, desto mehr soziale
Mobilität gibt es
Je größer der Ärger über die eigene soziale Stellung, desto größer der soziale und realistische
Wettbewerb
o
o
o
POSITIV-NEGATIV-ASYMMETRIE (PNA) DER SOZIALEN DISKRIMINIERUNG
Allgemeines über die Positiv-Negativ-Asymmetrie (nach Mummendey et al. 1991):
o
o
Negative Ressourcen im minimalen Gruppenparadigma verteilt -> signifikante Reduktion der
Differenzierung zwischen Eigen- und Fremdgruppe
Also: Favorisieren der Eigengruppe nur bei positiven Attributen
Gründe für PNA:
o
o
o
Unterschiedliche Normen für die Verteilung positiver vs. negativer Ressourcen
Ungleiche Verteilung positiver Ressourcen = Patriotismus
Ungleiche Verteilung negativer Ressourcen = Eigennutz, Egoismus
Tiefere kognitive Verarbeitung -> gerechtere Verteilungen. Da negative Informationen tiefer
verarbeitet werden, werden negative Ressourcen gerechter verteilt als positive.
Salienz des Schicksals aller Gruppen: Negative Ressourcen machen das gemeinsame Schicksal aller
Gruppen deutlich.
Untersuchung zu Salienz (nach Mummendey, Otten, Berger & Kessler 2000):
UV1: Hohe vs. niedere Salienz der Gruppenschicksale
UV2: Positive vs. negative Valenz der Ressourcen
AV: Verteilung der Ressourcen
MC: wahrgenommene Salienz
 Hohe Salienz: Viel Diskriminierung (egal, ob Ressourcen positiv oder negativ)
 Niedrige Salienz: Nur Diskriminierung bei Verteilung positiver Ressourcen
 Insgesamt gibt es Belege für alle drei Erklärungen, die Erklärungen an sich sind aber meist nur
Verschiebungen des Problems -> daher Konzentration auf die motivationalen Prozesse!
Motivationale Prozesse bei der PNA:
o
o
Motivation: Aufsuchend vs. Vermeidend
Fokus: Prevention (sensitivere Wahrnehmung für negative Ereignisse) vs. Promotion (sensitivere
Wahrnehmung für positive Ereignisse)
Untersuchung zur Motivation bei PNA (Sassenberg, Kessler, Mummendey 2003):
UV1: Promotion (dargestellt als Gewinn oder nicht Gewinn) vs. Prevention Focus (dargestellt als Verlust oder
nicht Verlust)
UV2: Verteilung positiver vs. negativer Ressourcen
AV: Differenz zwischen Eigen- und Fremdgruppe
Ergebnisse:
o Promotion Focus: Differenz zwischen Eigen- und Fremdgruppe bei Zuschüssen (Eigengruppe bekommt
mehr, Herstellung positiver Distinktheit)
o Prevention Fokus: Differenz zwischen Eigen- und Fremdgruppe nur bei Abzügen (Vermeiden, dass die
eigene Gruppe verliert)
 Nur wenn motivationale Haltung (Promotion und Prevention) mit der Valenz der Ressourcen
übereinstimmt, dann ist hinreichend Motivation vorhanden, die eigene Gruppe zu bevorzugen.
 Promotion Fokus ist dominierend in unser Kultur, daher die PNA
ZUSAMMENFASSUNG



Differenzierung zwischen sozialen Gruppen ist schon unter minimalen Bedingungen zu beobachten
Durch Kategorisierung zu Eigengruppe gibt es eine Identifikation mit der Eigengruppe, Vergleich der
Eigengruppe mit der Fremdgruppe und ein Bestreben nach positiver Distinktheit, also
Diskriminierung
Es gibt eine positiv-negative Asymmetrie sozialer Diskriminierung, die durch motivationale Prozesse
(promotion/ prevention focus) erklärt werden kann.


Welches sind die notwendigen Bedingungen für das Auftreten einer Differenzierung zwischen sozialen
Gruppen?
Wie kann man Diskriminierung (in Labor und Alltag) erklären?
XXI RELATIVE DEPRIVATION
Das Gefühl der Benachteiligung
DEFINITION
Relative Deprivation ist das Gefühl, weniger zu haben, als das, was einem zusteht.
Wichtige Unterscheidungen:
o
o
o
Diskrepanz zwischen Anspruch und Zustand (nicht Zustand selbst, dies wäre objektive Deprivation)
Kognitive und emotionale Komponente: Diskrepanz wird nicht nur festgestellt, sondern führt auch zu
Aufregung und moralischer Entrüstung
Individuelle und kollektive relative Deprivation: Fühlt man sich als Einzelperson depriviert (schlimmer)
oder als Gruppe (nicht so schlimm)
Vorläufer der relativen Deprivation bei Tieren (nach Brosnan, De Waal 2003):
Kapuzineräffchen verweigern Zusammenarbeit, wenn sie sehen, dass andere für dieselbe Arbeit attraktivere
Belohnungen bekommen (das verstärkt sich noch, wenn andere für nichts eine attraktive Belohnung
bekommen)
Bei Affen ist aber wahrscheinlich kein ausgeprägtes Gerechtigkeitsverständnis vorhanden -> es muss eine
intuitive Komponente geben, da Affen Verhalten nach der Theorie der relativen Deprivation zeigen.
SOZIALE UNGLEICHHEIT UND SOZIALE PROBLEME
Vergleich von Kulturen: Mehr Ressourcen in armen Ländern bedeutet, dass das Wohlbefinden sich steigert, da
die Grundbedürfnisse befriedigt werden können. Mehr Ressourcen in reichen Ländern hat aber keinen Zuwachs
an Wohlbefinden zur Folge.
Das reine pro-Kopf-Einkommen korreliert wenig mit gesundheitlichen und sozialen Problemen
Einkommensungleichheit korreliert allerdings hoch mit gesundheitlichen und sozialen Problemen -> nicht
gesamtes Einkommen, sondern ungleiche Verteilung des Einkommens ist entscheidend! (Man stellt soziale
Vergleiche an…)
Soziale Ungleichheit korreliert auch mit: 40 Komponenten (z.B. materielles Wohlergehen, Qualität des
Familienlebens, Bildung, Risikoverhalten, Gewalt etc.) und klinischen Daten (Depression, Drogenmissbrauch,
Tötungsdelikte).
URSPRÜNGE DER RELATIVEN DEPRIVATION
Soziologische Tradition
Stouffers Untersuchungen im zweiten Weltkrieg: Viele Beförderungen in der Airforce, wenig Beförderungen bei
den Militärpolizisten -> Erwartung: Airforce ist zufriedener. Reales Ergebnis: Airforce ist unzufriedener, da die
Erwartung befördert zu werden in diesem Bereich sehr hoch ist, daher viel Neid entsteht, wenn andere
befördert werden aber man selbst nicht.
Die berühmte J-Kurve nach Davis 1959: Bestrebungen zu
sozialen Veränderungen sind nicht dann zu beobachten,
wenn Individuen schon lange benachteiligt sind, sondern
nach einer Zeit der Verbesserung (wegen resultierender
höherer Erwartungen):
Durchgezogene Linie: Ist-Zustand
Gestrichelte Linie: Anspruch
Irgendwann kann der Ist-Zustand nicht mehr mit den
Ansprüchen mithalten -> Unzufriedenheit!
KONSEQUENZEN RELATIVER DEPRIVATION:
Hohe Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdgruppenbewertung vor Allem bei hoher Deprivation (z.B. nehmen
Muslime Hindus in Indien negativer wahr, weil sie sich selbst als benachteiligt sehen)
Metaanalyse von Smith und Ortiz (2002): Betrachtung der kollektiven relativen Deprivation und des Verhaltens:
o
o
o
o
o
Zusammenhang zwischen relativer Deprivation und Protest wird über Emotionen vermittelt
Interpersonale Vergleiche („ich bin benachteiligt, andere aber nicht) aufgestellt -> auf relative
Deprivation folgt etwas Protest (r = .34)
Intergruppenvergleiche (r=.63)
Intragruppenvergleiche (r=.19)
Betrachtung klinischer Variablen (Stress, Depression…)
 Intergruppenvergleiche -> kein Anstieg der klinischen Variablen bei Deprivation
 Intragruppenvergleiche -> Gesundheitsbeeinträchtigung und Anstieg der klinischen Variablen
 Individuelle Benachteiligung -> gesundheitliche Folgen
 Kollektive Benachteiligung -> Protest, gesellschaftliche Folgen
BEDINGUNGEN
RELATIVER
DEPRIVATION:
VERGLEICH
VERSCHIEDENER
THEORIEN
Wollen und Anspruch als wichtige Faktoren, relative Deprivation wird nicht nur über Frustration vermittelt.
RELATIVE DEPRIVATION ALS EMOTION: REFERENT COGNITIONS THEORY NACH ROBERT
FOLGER
Grundlagen:
o
o
o
o
o
Simulationstheorie (Kahnemann und Tversky): Vorstellung alternativer Möglichkeiten beeinflusst die
Bewertung
Referent Outcomes:
Vorstellung überwiegend besserer Situationen –> eigene Situation wird schlecht bewertet
Vorstellung überwiegend ähnlicher Situationen -> eigene Situation wird normal bewertet
Vorstellung überwiegend schlechterer Situationen -> eigene Situation wird gut bewertet
Referent Instrumentalities: Wahrnehmung von Prozessen, die zur gegenwärtigen Situation führten:
Fair vs. unfair
Likelihood of amelioration: Wahrnehmung der Effizienz des Ereignisses für die Zukunft: Positiv vs.
negativ
(Definition Emotion: Reaktion des Individuums auf bedeutsame Ereignisse; Komponenten:
physiologische Erregung, subjektives Gefühl, motorischer Ausdruck und Handlungstendenzen)
Funktionsweise der Theorie:
Referent Outcomes (Vergleichsergebnisse), Referent
Instrumentalities (Illegitimität) und Likelihood of Amelioration
(Effizienz) wirken auf die resultierende Emotion
Emotion
Verhaltenstendenz
Emotion beeinflusst Verhaltenstendenz:
Kollektive relative Deprivation als gruppenbasierte Emotion: Die Gruppenverhältnisse und Identifikation mit
der Gruppe wirken ebenfalls auf die Emotionen:
Außerdem: Wann immer Individuen sich als
Mitglied einer Gruppe wahrnehmen, können
Ereignisse, die diese Gruppe betreffen,
Emotionen auslösen
(Studie von Gordijn et al. 2001: Befragung von
Studenten der Uni Amsterdam über die Uni
Leiden + Coverstory: An der Uni Leiden sollen die
Studienbedingungen deutlich verschärft werden.
Verschiedene Bedingungen (Salientmachung verschiedener Gruppenzugehörigkeiten: Leiden vs. Amsterdam /
Studenten vs. Professoren / unkategorisiert)
Messung der Emotionen ergibt: Ärger wird bei Hören der ungerechten Nachricht immer verspürt; bei Leiden vs.
Amsterdam geringer Ärger, da es sich um Ungerechtigkeit der Outgroup gegenüber handelt; Studenten vs.
Professoren Ärger vermehrt, da Studenten als eigene Gruppe benachteiligt werden; unkategorisiert -> Ärger
mittelgroß
PERSÖNLICHE VS. KOLLEKTIVE DISKREPANZEN
Definition der Person-Gruppen-Diskrepanz bei relativer Deprivation: Man findet meistens, dass sich Individuen
weniger benachteiligt wahrnehmen, als sie ihre Gruppe als benachteiligt sehen (z.B. „ich (Frau) werde in
diesem Betrieb nicht benachteiligt, Frauen aber schon“)
Gründe für die Person-Gruppe-Divergenz:
o
o
Motivationale Erklärung:
o Individuelle Motivation: Man möchte Folgen der individuellen Deprivation vermeiden, daher
sehen sie sich persönlich nicht als benachteiligt an; manche geben nicht an, dass sie
individuell diskriminiert werden, um vor anderen nicht als „Jammerlappen“ da zustehen, der
persönliche Defizite auf Diskriminierung schiebt
o Gruppenbezogene Motivation: Versuch der Mobilisierung zum sozialen Wandel, indem man
die Gruppendiskriminierung übertrieben darstellt und so weitere Vertreter aktiviert
Kognitive Erklärung:
o Verfügbarkeit: Situationen der individuellen Diskriminierung sind weniger im Gedächtnis
verfügbar als Situationen der Gruppendiskriminierung
o Soziale Vergleiche
Erklärung zu sozialen Vergleichen:
Beispiel: Cantril-Leiter: Status von Westdeutschen wird höher geschätzt als von
ostdeutschen, individuell schätzen sich die meisten Individuen aber persönlich auf einem
Zwischenniveau ein, egal ob aus West- oder Ostdeutschland.
Studie: Befragung der Probanden jährlich zw. 1993 und 1995, Ausfüllen von Tabellen mit
unterschiedlichen Vergleichsobjekten, -dimensionen und –subjekten:



Ostdeutschland wird geringer eingeschätzt als Westdeutschland (von
Probanden beider)
Vergleich zw. Ost und West wird als wichtiger
angesehen als Vergleiche mit anderen Ländern
Wahrnehmung des eigenen individuellen
Status bei Ost- und Westdeutschen auf ca.
gleichem Niveau aber Ostdeutsche schätzen
sich selbst als über dem Durchschnitt der
Gruppe ein, Westdeutsche schätzen sich selbst
als unter dem Durchschnitt der Gruppe ein.
Erklärung durch soziale Vergleiche:

Persönliche Situation wird durch alle
relevanten interpersonalen Vergleiche
bestimmt (Regression zur Mitte)


Intergruppenvergleiche bilden dagegen die saliente Intergruppenbeziehung ab (Akzentuierung der
Statusunterschiede)
Verwenden von verschiedenen Vergleichsobjekten: Wird persönlicher Vergleich oder
Gruppenvergleich durchgeführt?
 Der Unterschied in der Einschätzung individueller und kollektiver relativer Deprivation ergibt sich aus
der Wahl unterschiedlicher sozialer Vergleiche
 Die Richtung der Person-Gruppen-Divergenz ergibt sich aus den unterschiedlich komplexen
Vergleichskontexten
ZUSAMMENFASSUNG




Relative Deprivation entsteht aus der Wahrnehmung einer Diskrepanz zwischen Anspruch und IstZustand
Relative Deprivation sollte als Emotion aufgefasst werden
Gruppenbasierte Emotionen sind ein zentraler Mediator für kollektives Verhalten
Person-Gruppe-Divergenz aus sozialen Vergleichen



Wodurch entsteht das Gefühl der Benachteiligung?
Unter welchen Bedingungen finden sich kollektive Bestrebungen den Status quo zu verändern?
Wodurch unterscheidet sich die Wahrnehmung individueller und kollektiver Benachteiligung?
XXII EIGENGRUPPENPROJEKTIONSMODELL
SELBSTKATEGORISIERUNG
Selbstkategorisierung bedeutet, sich selbst nicht mehr als Individuum unterschieden von anderen Individuen
wahrzunehmen, sondern als Repräsentant einer sozialen Kategorie unterschieden von anderen Kategorien
wahrzunehmen.
Selbststereotypisierung (Eigenschaften der Gruppe werden dem eigenen Individuum zugesprochen, an ihm
wahrgenommen und man verhält sich dementsprechend) vs. Fremdstereotypisierung (Behandlung anderer
gemäß bestimmter Stereotype)
o
o
o
Untere Ebene: Dekategorisierung, Wahrnehmung jedes Einzelnen als eigenes Individuum
Mittlere Ebene: Intergruppen-Kategorisierung: Wahrnehmung von verschiedenen (Sub-)Gruppen mit
bestimmter Gruppenidentität (z.B. Psychologiestudenten)
Obere Ebene: Rekategorisierung: Wahrnehmung einer übergeordneten inklusiven Gruppe, der alle
betrachteten Subgruppen angehören (z.B. Studenten, Menschen). Problematisch bei sehr
übergeordneten Gruppen: Vergleichsgruppe für soziale Vergleiche?? -> Man müsste z.B. inklusive
Gruppe Menschen mit inklusiver Gruppe Alpha Centauri Bewohner vergleichen.
BEWERTUNG SOZIALER KATEGORIEN
Grundlagen (unter Annahme der Selbstkategorisierungstheorie): Eine Gruppe kann nur relativ zu einer anderen
Gruppe durch soziale Vergleiche bewertet werden. Relevante Dimensionen für soziale Vergleiche sind
Gemeinsamkeiten/ Referenzen der Subgruppen mit ihrer übergeordneten inklusiven Gruppe.
Ablauf der Bewertung sozialer Kategorien: Vergleich der Gruppe A (Spatzen) mit der Gruppe B (Pinguine) –
Übergeordnete umschließende Gruppe = Vögel
o
o
Prototypikalität: Je näher nun eine dieser Subgruppen am Prototyp der
übergeordneten Gruppe liegt, desto besser wird diese Gruppe bewertet
Relative Prototypikalität: Je näher eine Gruppe im Vergleich zur anderem
am Prototyp der übergeordneten Gruppe liegt, desto besser wird sie im
Vergleich zur anderen Gruppe bewertet.
Messung der relativen Prototypikalität:
 Aufschreiben der typischen und distinkten Merkmale der Eigenund Fremdgruppe
 Bewertung der gemeinsamen inklusiven Kategorie auf den Merkmalen der Eigen- und Fremdgruppe
 Berechnung des Differenzwerts aus: Relative Prototypikalität = Mittelwert d. Eigengruppenattribute –
Mittelwert d. Fremdgruppenattribute
Differenzierung vs. Diskriminierung:
o
Differenzierung auf der Grundlage sozialer Kategorien ist nicht gleichbedeutend mit Diskriminierung!
Es gibt legitime und illegitime Differenzierungen (z.B. Aufzüge für körperlich Behinderte vs.
Rassenunterscheidung)
o Unterschiedliche Bewertungen aufgrund sozialer Differenzierung sind ebenfalls nicht notwendig
diskriminierend.
o Soziale Differenzierung und Bewertung werden zu Diskriminierung, wenn Uneinigkeit hinsichtlich ihrer
Legitimität besteht.
o Soziale Diskriminierung impliziert eine Perspektivendivergenz hinsichtlich der Angemessenheit einer
Differenzierung zwischen sozialen Gruppen.
 Entstehung von Perspektivendivergenz:
Inklusion zweier sozialer Kategorien zu einer gemeinsamen inklusiven Kategorie macht sie vergleichbar. Die
Vergleichsdimension liefert die gemeinsame inklusive Kategorie. Problem aber: Wer bestimmt die
Beschreibung der inklusiven Kategorie? Es
werden Eigengruppenmerkmale auf die
gemeinsame inklusive Kategorie attribuiert.
= Projektion der Eigengruppenmerkmale auf
die gemeinsame inklusive Kategorie!
Da beide Gruppen ihre Merkmale auf die
gemeinsame inklusive Kategorie projizieren,
kommt es zur Perspektivendivergenz in der
Bewertung beider Gruppen.
PROJEKTION
Funktionsweise und Beispiele:
Eigengruppe wird jeweils im Vergleich zur Fremdgrupe als prototypischer gesehen (relative Prototypikalität). Je
größer die relative Eigengruppen-Prototypikalität, desto schlechter die Bewertung der Fremdgruppe.
Bsp.: Sportbiker vs. Chopperfahrer: Betrachtung der relativen Ähnlichkeit.
 Sportbiker: schnell, am Limit für junge Fahrer, Chopperfahrer sind keine richtigen Motorradfahrer
 Chopper: soll genossen werden, geht um Freiheit, Sportfahrer sind idiotisch und heizen nur herum
 Sportfahrer und Chopperfahrer nehmen sich jeweils selbst als prototypische Motorradfahrer wahr.
Bsp.: Grundschul- vs. Gymnasiallehrer: Im Endeffekt das gleiche wie oben: Grundschullehrer nehmen die
Gymnasiallehrer als entfernter vom Prototyp wahr und umgekehrt.
Konsequenzen von Eigengruppenprojektion
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o
Abwertung andersartiger Fremdgruppen
Legitimisierung von Statusüberlegenheit bzw.
Delegitimisierung von Statusunterlegenheit der
eigenen Gruppe.
Wirkung von Prototypikalität auf Fremdgruppenbewertung und Legitimität:
Studie von Weber, Mummendey und Waldzus (2002): Untersuchung von Ost- und Westdeutschen
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Je höher die relative Prototypikalität einer
Gruppe, desto höher wird die Legitimität
wahrgenommen
Je höher die Legitimität wahrgenommen wird,
desto geringer sind die Fremdgruppenbewertung
und die Schuldgefühle, desto höher ist die
Bedrohung der Fremdgruppe.
Positive und negative übergeordnete Kategorien
bilden Standards für prototypikalitätsbasierte Gerechtigkeitsurteile (Vorsicht mit negativen
übergeordneten Kategorien -> bei Kategorien, mit denen man sich nicht identifiziert, sehen wir uns als
weniger prototypisch an)
Relative Prototypikalität ist die Grundlage für die Rechtfertigung des eigenen höheren Status bzw. die
Ungerechtigkeit des eignen niedrigeren Status
Determinanten der Projektion:
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o
Doppelte Identifikation: Gleich große Identifikation mit der Sub- und der inklusiven Gruppe
(Studie: Wirkung von Identifikation mit Deutschland (Subgruppe) und Europa (inklusive Gruppe) auf
die Projektion:)
o Identifikation mit Subgruppe und inklusiver Gruppe gleich hoch -> starke Projektion der
Subgruppenattribute auf die inklusive Gruppe Attribute
o Identifikation mit einer der Gruppen gering -> wenig Projektion
o Identifikation mit beiden Gruppen gering -> etwas Projektion
Komplexität des Prototypen:
o Einfach: Nur Eigenschaften der Eigengruppe werden am Prototypen (in der inklusiven
Gruppe) gesehen
o Komplex: Eigenschaften der Eigen- und Fremdgruppe werden am Prototypen gesehen, da
Fremdgruppen auch nötig zur Definition der inklusiven Kategorie sind (sonst ja eig.
übergeordnete Gruppe sinnfrei)
Studie: Wirken von Identifikationen mit Eigengruppe/inklusiver Gruppe und Komplexitätsarten auf
die Projektion von Attributen der Eigengruppe auf die inklusive Gruppe:
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Einfach Komplexität („Europa ist einheitlich“): Hohe Identifikation mit beiden Gruppen ->
größere Eigengruppenprojektion; Niedrige Identifikation mit der Eigengruppe und/oder
der inklusiven Gruppe -> geringere Eigengruppenprojektion
Komplexe Komplexität („Europa ist vielfältig“): Kaum Eigengruppenprojektion, egal wie
stark die Identifikation ist.
 Zusammenfassung der Determinanten der Projektion: Komplexität verringert die
Eigengruppenprojektion: doppelte Identifikation begünstigt die Eigengruppenprojektion
Richtung der Projektion: Wird von der Eigengruppe auf die übergeordnete Kategorie projiziert oder wird die
Eigengruppe der übergeordneten Kategorie angepasst? Wie stabil sind die Vorstellungen über die eigene
Gruppe und die inklusive Kategorie?
Studie: Deutsche im Vergleich zu Briten und Italienern;
Einschätzung von Europa. (verwendet werden Attribute,
in denen man sich deutlich unterscheidet) -> Übertragung
anschließende
der Attribute des vorherigen Vergleichs (in einer Erweiterung mit geprimter Komplexität nur Übertragung bei
Stattfinden der Eigengruppenprojektion, also bei einfacher Komplexität).
EFFEKTE DER INKLUSION
Studie: Bewertung von Polen Bedingung 1: Vergleich von Deutschland mit Polen; Bedingung 2: Vergleich von
Westeuropa mit Polen
o
Bedingung 1: negativere Bewertung von Polen, da Deutschland aufgrund der Eigengruppenprojektion
als prototypischer für die inklusive Kategorie angesehen wird
o Bedingung 2: Positivere Bewertung Polens, weil es keine inklusive Gruppe gibt -> Prototypikalität von
Deutschland für Westeuropa spielt keine Rolle für Polen
 Das Vorhandensein einer inklusiven Gruppe verändert die Bewertungen von Fremdgruppen
ZUSAMMENFASSUNG
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Soziale Gruppen werden relativ zu ihrer Prototypikalität zu einem Prototypen einer inklusiven
Kategorie bewertet.
Aus der Perspektivendivergenz hinsichtlich der relativen Prototypikalität ergibt sich ein Konflikt
zwischen sozialen Gruppen
Projektion der Eigengruppenattribute auf die inklusive Kategorie kann durch deren Komplexität
verändert werden.
Was bedeutet es einer sozialen Kategorie anzugehören?
Wie werden soziale Gruppen bewertet?
Wie kann man mit Verschiedenheit/Andersartigkeit umgehen?
Wann können wir positive, wann negative Einschätzungen von Fremdgruppen beobachten?
XXIII KONTAKT
KONTAKTHYPOTHESE (NACH GORDON W. ALLPORT 1954, MODIFIZIERT DURCH
PETTIGREW & TROPP 2006)
Definition: Die Vorstellung, dass der Kontakt zwischen Mitgliedern unterschiedlicher sozialer Gruppen, wenn
die Bedingungen günstig sind, zum Abbau des Vorurteils gegenüber der jeweils anderen führt.
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Unabhängige Variable: Kontakt bzw. Beziehungen, also das Aufeinandertreffen von Individuen
unterschiedlicher sozialer Gruppen (Problem: UV muss auch erst z.B. durch Fragebögen erfasst
werden)
Abhängige Variable: Vorurteile (negative Bewertungen, Einstellungen) von Individuen aufgrund ihrer
Gruppenzugehörigkeit
Notwendige Bedingungen für positive Effekte (sonst negative, wenn nicht alle erfüllt) laut Allport (Pettigrew
1998):
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Gleicher Status (keine Hierarchie, auf Augenhöhe begegnen)
Gemeinsame übergeordnete Ziele (damit kein peinliches Schweigen entsteht)
Bereitschaft zur Kooperation (z.B. Annahme: Grundlegend sind wir alle gleich und sollten daher
Vorurteile ablegen)
Unterstützung von Autoritäten
Später nach Metaanalyse von Pettigrew und Tropp neu formuliert: Vier Bedingungen sind fördernd, aber nicht
notwendig. Stattdessen 2006 Umformulierung: Negative Kontaktbedingungen müssen für positives Ergebnis
vermieden werden:
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Kontakt ist zu selten
Kontaktsituation ist bedrohlich
Kontaktsituation löst Angst aus
THEMEN UND BEFUNDE
Metaanalyse von Pettigrew und Tropp (2000,2006) über 516 Studien aus 18 Ländern zeigt, dass Kontakt
generell negative Bewertungen reduziert (mittlere Effektstärke von d=-.467 (r=-.223)); nur ca. 5% der Studien
weisen den entgegengesetzten Effekt nach (je mehr Kontakt, desto mehr Vorurteile) <- Negative
Kontaktbedingungen (siehe oben)
Kausalrichtung?: Kontakt <-> Vorurteile
Verändert Kontakt die Einstellung ggü. einer Fremdgruppe oder bestimmt die Einstellung die Häufigkeit des
Kontaktes?
Problem: Kaum Kausalinterpretationen möglich, da wenige Längsschnittstudien. Vorschlag von Pettigrew 1998
(Befragungsstudien): Gemischte Nachbarschaften -> Kontakt -> Vorurteile (Studie, in der Kontakt nicht frei
gewählt werden kann, daher von Kontakt auf Vorurteile mehr Einfluss als von Vorurteilen auf Kontakt!) +
experimentelle Studien (z.B. Cook 1969) + Längsschnittstudien.
Generalisierung der Kontakteffekte? (Bezieht man z.B. den positiven Kontakt nur auf eine Kontaktperson oder
auf die gesamte Gruppe?)
Mögliche Generalisierungen:
o
Über verschiedene Kontexte
In frühen Studien generalisierte die Kontakterfahrung nicht immer über verschiedene Kontexte: z.B.
Stouffer et al. (1949): Gute Zusammenarbeit von Weißen und Schwarzen an der Front bzw. im
Kohleschacht, sonst aber keine privaten Freundschaften. Seit Gleichheit normative Unterstützung
erhält, sind Generalisierungen aber häufiger zu beobachten.
o
Auf die gesamte Fremdgruppe
Geschieht, wenn der Kontakt mit prototypischen Fremdgruppenmitgliedern salient ist oder die
Kategorisierung in Eigen- und Fremdgruppe salient ist. -> 3 Modelle des Kontakts (s.u.)
o
Auf andere und neue Fremdgruppen
Enge Freundschaften führen zu erhöhtem Hilfeverhalten neuen Fremdgruppen gegenüber (mit
Ausländern befreundete Deutsche halfen im 2.WK eher Juden) und führen generell zu geringeren
Vorurteilen.
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Über verschiedene Maße für Vorurteile
Kognitive und affektive Maße, Kontakt reduziert negative Bewertungen und erhöhte positive
Emotionen Fremdgruppen gegenüber, Stereotype werden dagegen weniger verändert.
3 Modelle des Kontakts (alle basierend auf der Theorie der sozialen Identität)
(Theorie der sozialen Identität besagt, dass die Kategorisierung in Eigen- und Fremdgruppen mit ihrem
Assimilations- und Kontrasteffekten zwangsläufig dazu führt, dass die Eigengruppe begünstigt wird und die
Fremdgruppe weniger stark akzeptiert wird.)
Modell der Dekategorisierung:
Def.: Die Verringerung der Salienz von Eigengruppen und Fremdgruppen um
interpersonellen Kontakt herzustellen. (nach Brewer & Miller). -> Die VPN sollen
sich weniger in ihrer sozialen Identität sondern viel mehr als Individuen
wahrnehmen, dadurch nimmt die Kategorisierung ab.
Kritik: Behandlung als Individuen, aber keine direkte Änderung an den Stereotypen, die bestanden, da keine
Ambitionen gehegt werden die Gruppen direkt aufzulösen. Neue Identität, statt Lösung der Probleme zwischen
den Gruppen.
Modell der Rekategorisierung/ der gemeinsamen Gruppenidentität:
Def.: Modell des Intergruppenkontakts, bei dem die saliente Unterscheidung
zwischen Eigen- und Fremdgruppe auf einer untergeordneten Ebene durch eine
gemeinsame Identität der Eigengruppe auf einer übergeordneten Ebene ersetzt
wird, in der sowohl frühere Mitglieder der Eigengruppe als auch der Fremdgruppe
enthalten sind. -> Fremdgruppenmitgliedern werden positiver bewertet, da sie in eine höhere Eigengruppe
aufsteigen, man selbst muss aber seine Eigengruppe nicht aufgeben.
Kritik: Neue Identität statt Lösung der Probleme zwischen den ehemaligen Gruppen.
Modell der wechselseitigen Differenzierung/ wechselseitige Distinktheit:
Def.: Empfehlung, den Intergruppenkontakt herzustellen, während man
gleichzeitig die Gruppenmitgliedschaften als salient aufrechterhält, um eine
Verallgemeinerung der Kontakterfahrung auf die ganze Fremdgruppe zu fördern.
(nach Hewstone & Brown). -> Vergleich der Gruppen auf mehreren Dimensionen
anstatt auf einer einzelnen und Zugestehen von Schwächen und Stärken auf beiden Seiten.
 Verbindung von Rekategorisierung und wechselseitiger Differenzierung: Wahrnehmung der
übergeordneten Gruppe aber auch Vergleich der Subgruppen auf verschiedenen Dimensionen, sodass
man beide als positiv bewerten kann.
Insgesamt zeigt Kontakt einen negativen Zusammenhang zu Vorurteilen, Kontakt beeinflusst Vorurteile,
positive Effekte generalisieren.
Reformulierung der Kontakthypothese:
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Kontakt reduziert Vorurteile, auch wenn nicht alle der 4 Bedingungen nach Allport gegeben sind.
Alle Bedingungen, welche Freundschaft begünstigen, begünstigen auch die Wirkung von Kontakt.
Unter negativen Kontaktbedingungen kann Kontakt Vorurteile vergrößern
PSYCHOLOGISCHE PROZESSE
Neues über eine Fremdgruppe lernen:
Zielt auf Veränderung von Stereotypen durch Falsifikation ab, führt aber nach Rothbart und John (1985) häufig
zur Untergruppenbildung (Subtyping) und selten zu Erhöhung der Variabilität eines Stereotyps (Subgrouping).
Funktioniert nur, wenn die Gruppenmitgliedschaft auch salient ist und sich die ganze Bewertung der Gruppe
mitändert oder man mit mehrere Exemplare der Gruppe neu bewertet.
Verändertes Verhalten:
Verhalten kann Einstellungen vorausgehen (nach Selbstwahrnehmungstheorie, Bem, 1972). Verändertes
Verhalten soll gezeigt werden -> Einstellung ändert sich. Positiver Affekt durch bloße Anwesenheit (mere
exposure = Vertrautheit oder mehrfache Darbietung ohne negative Folgen kann Einstellungen verändern.).
Laut Buch: Gefühl der kognitiven Dissonanz bei Personen mit starken Vorurteilen, die aber ein positives
Verhalten im Kontakt mit Fremdgruppenmitgliedern zeigen können. Durch diese Dissonanz werden Vorurteile
abgebaut (sie können sich selbst in freundlichen Interaktionen beobachten).
Affektive Bindungen aufbauen:
Wiederholter Kontakt reduziert Angst vor der
Fremdgruppe (Intergruppenangst), feste Freundschaften
zu Fremdgruppenmitgliedern reduzieren ebenso
Vorurteile (Freund meiner Freundin…). Studie über die
Rolle des Affekts und indirekter Freundschaften (Paolini,
Hewstone, Cairns, Voci 2004):
Deprovinzialisierung/ Neueinschätzung der Eigengruppe:
Ethnotizismus reduzieren: Man Selbst ist nicht das Maß aller Dinge, Man baut Empathie und
Perspektivenübernahme auf (Wahrnehmung der Werte der Fremdgruppe als nachvollziehbare Lebensziele in
deren Lebenssituation, in dem man sich in sie hineinversetzt.)
Laut Buch: Freundschaft mit Fremdgruppenmitgliedern lässt Stolz auf Eigengruppe schwächer werden und ruft
im Allgemeinen positivere Einstellungen gegenüber Fremdgruppenmitgliedern hervor. Ebenso wirken positiver
Kontakt zu Fremdgruppen und positive Erfahrungen in Intergruppenkontakten.
PRÄVENTION VON KONFLIKTEN
Negative Kontaktbedingungen (Selten, Angst, Bedrohung bei Kontakt) sorgen immer noch für gewaltsame
Ausbrüche zwischen Gruppen.
Entstehung von Bedrohung:
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Realistische Konflikte um Ressourcen
Symbolische Bedrohung (z.B. Kopftuch)
Misstrauen gegenüber Fremdgruppen
Reinterpretation vorhandener Stereotype ins negative
Auswirkung von Bedrohung:
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Schematische Interpretation von Fremdgruppen (Kritik an uns ist durch Vorurteile determiniert)
Fremdgruppen werden als homogener wahrgenommen (negative Erfahrungen werden generalisiert)
Geringere Neigung mögliche Konflikte zu reduzieren (Reduktion von Vertrauen)
Unterstützung extremer politischer Maßnahmen
Beispielstudie (Vallone et al. 1985): Eine nicht wertende Doku über den Tod palästinensischer Flüchtlinge in der
Nähe von Beirut wurde gedreht: Reaktionen der Israelis: Doku sei Pro-Palästinensisch; Reaktion der
Palästinenser: Doku sei Pro-Israelisch.
 Metapher: Vorurteilsreduktion durch Kontakt ist Sysiphos-Arbeit: Man muss sie immer wieder
wiederholen.
ZUSAMMENFASSUNG:
Sozialer Kontakt
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beeinflusst Einstellungen und reduziert Vorurteile
wirkt überwiegend über affektive Prozesse
wirkt generalisierend durch saliente Kategorisierung
Insbesondere durch Freundschaften entstehen positive Bewertungen von Fremdgruppen und deren
Mitgliedern
Aber: Vorgängige Kontakterfahrungen sind nicht notwendig ein präventives Mittel gegen intergruppale
Konflikte.
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Verbessert Kontakt von Mitgliedern unterschiedlicher sozialer Gruppen die Beziehung zwischen diesen
Gruppen?
Unter welchen Bedingungen führt Kontakt zu einer Verbesserung der Beziehung zwischen sozialen
Gruppen?
Durch welche psychologischen Prozesse werden Vorurteile abgebaut?
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