Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik B.Sc. WOW „Grundzüge der Mikro‐ und Makroökonomik“ – 2. Trim. B.Sc. WIN „Grundzüge der Mikroökonomik“ – 5. Trim. Univ.‐Prof. Dr. Karl Morasch Volkswirtschaftslehre, insbesondere Mikroökonomie und Wettbewerbspolitik [email protected] © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 1 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Team Vorlesung Univ.‐Prof. Dr. Karl Morasch Zimmer 1119, Gebäude 36, Tel. (089) 6004‐4201 [email protected] Sprechstunde: Dienstag, 15:00‐16:00 und nach Vereinbarung Übung Kirsten Johannemann, M.Sc. in Volkswirtschaftlehre Zimmer 1123, Gebäude 36, Tel. (089) 6004‐4284 [email protected] Sprechzeit nach Vereinbarung © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 2 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Übungstermine • Erste/zweite Woche: Donnerstag, 15. Januar, 09:45‐10:45 Uhr und Montag, 19. Januar, 11:30‐12:30 – Start mit Marktexperiment Ab zweiter/dritter Woche des Trimesters insgesamt drei Gruppen (zwei Donnerstag, eine Montag) zu den unten angegebenen Terminen • Übungsaufgaben als PDF‐Dateien auf Veranstaltungsseite (spätestens bis Freitag der Vorwoche verfügbar) • Ort und Zeit: ‐ Montag ‐ Donnerstag ‐ Donnerstag © K. Morasch 2015 11:20 – 12:50 Uhr, Raum 1131/33 09:45 – 11:15 Uhr, Raum 3101/33 13:15 – 14:45 Uhr, Raum 1101/33 Grundzüge der Mikroökonomik 3 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Schritte zum Erfolg Vorlesungsbesuch und solide Mitschrift Nachbereitung und Literaturstudium Bearbeiten der Übungsaufgaben Besuch der Übung Aktive Beteiligung durch Fragen, Kommentare, etc. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 4 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Literatur Grundlegende Literatur: Pindyck, R.S., Rubinfeld, D.L. (2012), Microeconomics, 8th ed. (Pindyck, R.S., Rubinfeld, D.L. (2013), Mikroökonomie, 8. Aufl.) Varian, H.R. (2010), Intermediate Microeconomics, 8th ed. (Varian, H.R. (2011), Grundzüge der Mikroökonomik, 8. Aufl.) Morasch, K., Bartholomae, F. (2011), Internationale Wirtschaft. Handel und Wettbewerb auf globalen Märkten, Kapitel 3, 4, 14, 15 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 5 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Aufbau der Vorlesung p Einführung und Motivation A 3. Produktions‐ theorie Konsumtheorie 4. Marktanalyse Produktionstheorie 2. Konsum‐ theorie Marktanalyse N x © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 6 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Beziehung zu anderen Veranstaltungen • Wirtschaftspolitik (Modul „Staat und Wirtschaft“) ‐ allgemeines Gleichgewicht (Interdependenz der Märkte) ‐ Marktversagen als Begründung der Wirtschaftspolitik ‐ Staat als zusätzlicher Akteur: kollektive Entscheidungen • Angewandte Spieltheorie (Modul „Vertiefung Volkswirtschaftslehre“) ‐ Interaktion bei bewusster Interdependenz (p für Akteure nicht exogen) ‐ Duopolwettbewerb und strategisches Verhalten • Wettbewerb und Regulierung (Modul „Vertiefung Volkswirtschaftslehre“) ‐ Monopol: natürliches Monopol + Regulierung ‐ Oligopol: Unternehmensstrategie + Wettbewerbspolitik © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 1. Einführung/Motivation 2. Konsumtheorie 7 3. Produktionstheorie 4. Marktanalyse Einführung und Motivation Was ist Mikroökonomik? Definition, Abgrenzungen und Methodik Warum Mikroökonomik? Mikroökonomische Probleme und Analysetools Literatur zu Kapitel 1: Pindyck/Rubinfeld, ch. 1 (Varian, ch. 1) © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 8 1.1 Was ist Mikroökonomie? 1.2 Warum Mikroökonomie Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Volkswirtschaftslehre – Begriff, Abgrenzung, Unterteilung Definitionsversuche: • analysiert, wie menschliche Gesellschaften ihre knappen Ressourcen einsetzen (Mankiw) • analysiert die Entscheidungen einer Gesellschaft und ihrer Mitglieder, wie knappe Produktionsmittel mit alternativer Verwendbarkeit für die Produktion verschiedener Güter verwendet werden und wie diese Güter für den gegenwärtigen und künftigen Konsum der Individuen und Gesellschaftsgruppen aufgeteilt werden (Samuelson) Abgrenzung • Teil der Wirtschaftswissenschaften (neben Betriebswirtschaftslehre) • Berührungspunkte u.a. mit Psychologie, Soziologie, Politikwissenschaften Unterteilung: • Wirtschaftstheorie – Wirtschaftspolitik – Finanzwissenschaften • Mikroökonomie – Makroökonomie © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 9 1.1 Was ist Mikroökonomie? 1.2 Warum Mikroökonomie Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Mikroökonomie – Begriff Mögliche Definitionen: • Analyse ökonomischer Entscheidungen von Individuen und der Funktionsweise ökonomischer Koordinationsmechanismen • Analyse des Verhaltens der einzelnen Wirtschaftssubjekte und der Aggregation ihrer Handlungen bei unterschiedlichen institutionellen Rahmenbedingungen Betrachtete Akteure: primär Konsumenten + Produzenten, aber auch Staat, Faktoreigner etc. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 10 1.1 Was ist Mikroökonomie? 1.2 Warum Mikroökonomie Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Prinzipien mikroökonomischen Denkens Individuelle ökonomische Entscheidungen • Ökonomische Entscheidungen sind Entscheidungen zwischen Alternativen. • Die Kosten eines Gutes bemessen sich daran, was man aufgibt, um es zu erhalten. (Opportunitätskosten) • Rationale Akteure denken in marginalen Änderungen. (ökonomisches Prinzip, Optimierungskalkül) • Menschen reagieren auf ökonomische Anreize. Interaktion der Individuen • Tausch kann alle Beteiligten besser stellen. (Allokation vs. Distribution, komparative Vorteile) • Märkte sind meist eine gute Organisationsform zur Koordination individueller ökonomischer Aktivitäten. (Marktwirtschaft vs. Zentralverwaltungswirtschaft) • Manchmal kann staatliches Eingreifen jedoch die Marktergebnisse verbessern. (Marktversagen als Begründung für Wirtschaftspolitik) © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 11 1.1 Was ist Mikroökonomie? 1.2 Warum Mikroökonomie Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Fundamente der Mikroökonomik Individualismus relevant sind die Ziele, die das Individuum verfolgt (keine „von oben“ verordneten Ziele) ökonomisches Prinzip • Maximierung/Minimierung unter Nebenbedingungen • extreme Rationalitätsannahme (impliziert Nutzen/Gewinnmaximierung) Beachte: Beides durchaus diskussionswürdig! Aber: alternatives Fundament von ähnlicher Tragfähigkeit nicht erkennbar © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 12 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 1.1 Was ist Mikroökonomie? 1.2 Warum Mikroökonomie Methodisches Vorgehen Ziel Erklärung und Vorhersage (mikro)ökonomischer Phänomene Methoden • Theorie: Aussagen über Zusammenhänge zwischen Größen auf Grundlage (vereinfachender) Annahmen • graphische Veranschaulichung dieser Zusammenhänge (qualitativ) • Modelle: mathematische Repräsentation von Theorien (ermöglicht analytische Lösung und quantitative Aussagen) • Ökonometrie: Testen der Theorie durch empirische Untersuchungen (Ergebnisse empirischer Studien in Pindyck/Rubinfeld) © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 1. Einführung/Motivation 2. Konsumtheorie 13 3. Produktionstheorie 4. Marktanalyse Einführung und Motivation Was ist Mikroökonomik? Definition, Abgrenzungen und Methodik Warum Mikroökonomik? Mikroökonomische Probleme und Analysetools © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 14 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 1.1 Was ist Mikroökonomie? 1.2 Warum Mikroökonomie Mikroökonomische Problemstellungen – Beispiele Nachfrage/Konsumtheorie: • Wie verteilt ein Konsument sein Einkommen auf verschiedene Güter? • Wie lässt sich die Nachfrage erklären, der sich die Produzenten eines Gutes gegenübersehen? • Wie reagiert die Nachfrage auf Preis‐ oder Einkommensänderungen? Angebot/Produktionstheorie: • In welchen Proportionen sollte ein Unternehmen seine Produktionsfaktoren (Inputs) einsetzen? • Wie hängen die Produktionskosten von der hergestellten Menge ab? • Welche Produktionsmenge (Outputmenge) sollte ein Unternehmen herstellen? Marktanalyse: • Wie ändern sich Preise und Mengen durch internationalen Wettbewerb? • Wie wirkt sich die die Erhebung eines Zolls auf das Marktergebnis und die Wohlfahrt in Märkten mit internationalem Wettbewerb aus? • Wie sollte ein Unternehmen mit Marktmacht seine Preispolitik gestalten? © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 15 1.1 Was ist Mikroökonomie? 1.2 Warum Mikroökonomie Mikroökonomische Problemstellungen – Beispiele (1) Einführung eines Elektroautos • Einschätzung der Nachfrage • Abschätzung der Herstellungs‐ und Vertriebskosten • Preisgestaltung und Reaktion der Wettbewerber • Entwicklung der Rahmenbedingungen (z.B. Steuer, Ölpreis) (2) Umweltpolitik: Standards oder Verschmutzungsabgaben? • Auswirkung auf Nutzen der Konsumenten und Produktionskosten • Abschätzung der Reaktionen von Konsumenten und Unternehmen • Nutzen‐Kosten‐Analyse: Kosten vs. Wert einer sauberen Umwelt © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 16 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 1.1 Was ist Mikroökonomie? 1.2 Warum Mikroökonomie Analysetools • Optimierung: Optimierung unter Nebenbedingungen (graphisch: Tangentiallösung) • Gleichgewichtsanalyse: Simultane Lösung der Angebots‐ und Nachfragegleichung (graphisch: Schnittpunkt) • Komparative Statik: Veränderung des Marktgleichgewichts bei Parameteränderung • Preiselastizitäten: Prozentuale Änderung der Menge bei Preisänderung um 1% © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 1. Einführung/Motivation 2. Konsumtheorie 17 3. Produktionstheorie 4. Marktanalyse Konsumtheorie Budgetbedingung des Konsumenten Präferenzen und Nutzenfunktion Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Literatur zu 2.1: Pindyck/Rubinfeld, 3.2 (sehr knapp) Varian, ch. 2 (ausführlicher) © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 18 1. Einführung/Motivation 2. Konsumtheorie Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 3. Produktionstheorie 4. Marktanalyse Konsumtheorie – Grundidee Gegenstand Konsument (Haushalt) Daseinszweck ‐ möglichst gute Bedürfnisbefriedigung, ‐ bei gegebenen beschränkten Ressourcen Annahme Konsument kauft beste Güterkombination, die er sich gerade noch leisten kann Zerlegung in zwei Fragestellungen: • Welche Güterkombinationen kann sich der Konsument leisten? • Welche der Güterkombinationen, die er sich leisten kann, ist die beste? © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 19 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Budgetbedingung des Konsumenten Aufbau von Abschnitt 2.1: • Budgetbedingung: Konzept, formale und graphische Darstellung • Komparative Statik: Auswirkung von Preis‐ und Einkommensänderungen • Wirkung staatlicher Politik: Steuern und Subventionen • Begründung für Zwei‐Güter‐Fall: Didaktik und Interpretation von Gut 2 als „numéraire“ © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 20 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Budgetbedingung – Definitionen x1 , x2 zwei Gütermengen (Vereinfachung), endogen p1 , p2 zwei Güterpreise, exogen m Konsum‐Budget, exogen (Vereinfachung) p1 x1 p2 x2 m Budgetbedingung ( x , x ) p x p2 x2 m Budgetmenge ( x , x ) p x p2 x2 m Budgetgerade 1 1 2 1 1 2 1 1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 21 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Budgetbedingung – graphische Darstellung x2 p1 x1 p2 x2 m x2 m p1 x1 p2 p2 Budgetgerade m p2 x2 x1 m p2 p 1 tan m p1 p2 Budgetmenge m p1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik x1 22 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Interpretation der Budgetbedingung Welche Information liefert der konkrete Verlauf der Budgetgerade? • Steigung misst die Opportunitätskosten des Konsums von Gut 1: Wie viel von Gut 2 muss die Konsumentin für eine zusätzliche (marginale) Einheit von Gut 1 aufgeben? • Achsenabschnitte messen die maximal verfügbaren Mengen, wenn nur eines der beiden Güter konsumiert wird: Wie viel von Gut 1 (2) kann die Konsumentin kaufen, wenn sie völlig auf den Konsum von Gut 2 (1) verzichtet? © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 23 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Komparative Statik der Budgetgeraden Lage der Budgetgeraden wird z.B. verändert durch © K. Morasch 2015 • eine Budgetänderung (Einkommensänderung) • eine Preisänderung • Einführung einer Verbrauchsteuer • Einführung einer Konsumsubvention Grundzüge der Mikroökonomik 24 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Einkommenserhöhung und Budgetgerade p1 x1 p2 x2 m m p x 2 1 x1 p2 p2 p1 x1 p2 x2 m m p1 x2 x1 p2 p2 x2 m p2 m p2 Einkommenserhöhung: Parallelverschiebung der Budgetgeraden mit m m x m p1 m p1 1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 25 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Preiserhöhung und Budgetgerade x2 p1 x1 p2 x2 m x2 m p1 x1 p2 p2 p1 x1 p2 x2 m m p x 2 1 x1 p2 p2 m p2 Preiserhöhung: Drehung der Budgetgeraden um den Achsenabschnitt des anderen Gutes mit p1 p1 m p1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik m p1 x1 26 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Andere Preisänderungen und Budgetgerade p1 x 1 p 2 x 2 m m p1 x1 x2 p 2 p 2 p1 x 1 p 2 x 2 m m p1 x2 x1 p2 p2 p1 x 1 p 2 x 2 m m p1 x2 p2 p2 x1 p1 x 1 p 2 x 2 m m p1 x2 x1 p2 p2 © K. Morasch 2015 Änderung des Preises von Gut 2 proportionale Änderung beider Güterpreise proportionale Änderung beider Preise und des Einkommens Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 27 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Steuern und Budgetgerade p1 x1 p2 x2 m m p x2 1 x1 p2 p2 (p1 t) x1 p2 x2 m m p t x2 1 x1 p2 p2 Mengensteuer (Verbrauchsteuer pro Einheit von Gut 1) (1 )p1 x1 p2 x2 m m (1 )p1 x2 x1 p2 p2 Wertsteuer (Verbrauchsteuer pro Euro Ausgaben für Gut 1) p1 x1 p2 x2 m t m t p1 x2 x1 p2 p2 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Pauschalsteuer (verbrauchsunabhängig) 28 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Subventionen und Budgetgerade (p1 s) x1 p2 x2 m m p s x2 1 x1 p2 p2 Konsumsubvention pro Einheit von Gut 1 p1 x1 p2 x2 m m p x2 1 x1 p2 p2 (1 )p1 x1 p2 x2 m m (1 )p1 x2 x1 p2 p2 © K. Morasch 2015 Konsumsubvention pro Euro Ausgaben für Gut 1 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 29 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Budgetbedingung – warum nur zwei Güter? • Didaktik (Vereinfachung, graphische Veranschaulichung) • Interpretation von Gut 2 als „alle anderen Güter“ (zusammengesetztes Gut, composite good) Konzept „Relativpreis“ (reales Austauschverhältnis): p1 Euro Einheiten von Gut 1 Einheiten von Gut 2 p2 Euro Einheiten von Gut 2 Einheiten von Gut 1 Spezialfall: p2 1 (Gut 2 ist numéraire) Andere Preise und Einkommen in Einheiten von Gut 2 ausgedrückt (Interpretation: x2 = Ausgaben in Euro für alle anderen Güter) Budgetbedingung © K. Morasch 2015 p1 x1 x 2 m Grundzüge der Mikroökonomik x 2 m p1 x1 30 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 1. Einführung/Motivation 2. Konsumtheorie 3. Produktionstheorie 4. Marktanalyse Konsumtheorie Budgetbedingung des Konsumenten Präferenzen und Nutzenfunktion Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Literatur zu 2.2: Pindyck/Rubinfeld, 3.1 Varian, ch. 3 + 4 © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 31 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Präferenzen und Nutzenfunktion Aufbau von Abschnitt 2.2: • Grundidee Nutzenfunktion • Präferenzrelation: Grundaxiome der Konsumtheorie • Indifferenzkurven: Darstellung von Präferenzen im Zwei‐Güter‐Fall • Grenzrate der Substitution: marginales Austauschverhältnis zwischen zwei Gütern • Grenznutzen: Konzept und Beziehung zu Grenzrate der Substitution © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 32 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Nutzenfunktion Wir erfassen die Zielsetzung eines Konsumenten ‐ maximale Bedürfnisbefriedigung ‐ in der Maximierung einer Nutzenfunktion, die Zufriedenheit in Abhängigkeit von den Konsummengen angibt: max u ( x1 , x 2 ) x1 , x 2 Vorteil dieser Darstellung: einfach zu handhabendes Instrument (i) Problem: Maximieren Menschen wirklich eine Nutzenfunktion? Falls nein: Kann das Konzept trotzdem sinnvoll sein? (ii) Grundlegenderes Konzept zur Modellierung der ökonomischen Entscheidungen von Konsumenten: Präferenzen Idee: Nutzenfunktion auf Präferenzordnung zurückführen. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 33 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Interpretation der Nutzenmaximierung Beachte: Es wird nicht behauptet, dass Menschen eine solche Funktion besitzen und bewusst maximieren, sondern lediglich, dass sie sich verhalten, als besäßen und maximierten sie eine Nutzenfunktion! Darum gilt: Kriterium zur Tragfähigkeit des Konzepts der Nutzenmaximierung ‐ nicht Realitätsnähe der Annahmen (zumindest nicht in erster Linie) ‐ vielmehr Verträglichkeit der mit diesem Modell erzeugten Verhaltensvorhersagen mit den Beobachtungen in der Wirklichkeit © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 34 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Präferenzrelation Fragestellung: Wie lässt sich die Existenz einer Nutzenfunktion begründen? Ansatz unter Verwendung von (Präferenz‐) Relationen: © K. Morasch 2015 streng präferiert („besser als“) ~ schwach präferiert („mindestens so gut wie“) ~ indifferent („ebenso gut wie“) Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 35 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Konsistenzanforderungen an Präferenzen (I) Vollständigkeit (erstes von drei Axiomen der Konsumtheorie) Der Konsument kann zwischen allen beliebigen Güterbündeln eine Abwägung treffen. Es gilt für jedes beliebige Paar (x, y) von Bündeln x und y ( x 1 , x 2 ) ( y 1 , y 2 ) oder ~ ( y1 , y 2 ) ( x1 , x 2 ) ~ Eine durchaus starke Rationalitätsannahme! © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 36 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Konsistenzanforderungen an Präferenzen (II) Reflexivität (zweites von drei Axiomen der Konsumtheorie) Jedes Güterbündel wird als mindestens so gut wie es selbst empfunden, d.h. es gilt für jedes beliebige Bündel x ( x 1 , x 2 ) ( x1 , x 2 ) ~ Eine ökonomisch unkritische Rationalitätsannahme. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 37 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Konsistenzanforderungen an Präferenzen (III) Transitivität (drittes von drei Axiomen der Konsumtheorie) Der Konsument ist in der Lage, konsistente Ketten von Präferenzaussagen zu bilden Es gilt für alle beliebigen Bündel x, y und z ( x1 , x 2 ) ( y 1 , y 2 ) und ( y 1 , y 2 ) ( z1 , z 2 ) ( x 1 , x 2 ) ( z1 , z 2 ) ~ ~ ~ Eine sehr weitreichende Rationalitätsannahme, die aber für die Existenz einer Nutzenfunktion unabdingbar ist! © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 38 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Zusammenhang zwischen Präferenzrelation und Nutzenfunktion Idee: Nutzenfunktion als eine (im Vergleich zu Präferenzrelationen) leichter zu handhabende Darstellung der Konsumentenpräferenzen Eine Nutzenfunktion ist eine Funktion u derart, dass ( x 1 , x 2 ) ( y 1 , y 2 ) u ( x1 , x 2 ) u ( y 1 , y 2 ) Beachte: Die Güterbündel werden durch die Nutzenfunktion lediglich geordnet! Wir sprechen darum von einer ordinalen Nutzenfunktion © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 39 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Indifferenzkurve ‐ Grundidee Gesucht: Geeignete graphische Darstellung der Nutzenfunktion (damit mit Budgetgerade kombinierbar) Lösung: Indifferenzkurve als geometrischer Ort aller Güterkombinationen, die gleichen Nutzen stiften: u ( x 1 , x 2 ) u konst. © K. Morasch 2015 bzw. ( x 1 , x 2 ) u ( x1 , x 2 ) u Grundzüge der Mikroökonomik 40 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Indifferenzkurve – ein Beispiel Gegeben ist die Nutzenfunktion: u ( x1 , x 2 ) x1 x 2 Hieraus ergibt sich die analytische Form einer Indifferenzkurve: u ( x1 , x 2 ) u x1 x 2 © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft x2 u x1 Grundzüge der Mikroökonomik 41 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Konstruktion einer Indifferenzkurve x2 Ansatz: Markiere zunächst alle gegenüber x im Sinne von „mindestens so gut wie“ schwach präferierten Bündel. Der Rand dieser Menge ist die Indifferenzkurve durch x. x x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 42 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Können sich Indifferenzkurven schneiden? x2 Antwort: Nicht wenn die Konsistenzanforderung an die Präferenzen erfüllt sind x y (oder y x ) x x z, y z x y ( Annahme) z y x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 43 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Spezialfall: Perfekte Substitute x2 u( x1 , x2 ) ax1 bx2 d.h. die Güter lassen sich in einem konstanten Verhältnis gegeneinander ersetzen 10 (5,5) 10 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik x1 44 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Spezialfall: Perfekte Komplemente u ( x 1 , x 2 ) min( ax 1 , bx 2 ) x2 d.h. die Güter werden in einem konstanten Verhältnis gemeinsam konsumiert (z.B. rechter und linker Schuh oder wie in Grafik Auto und Autoreifen) 2 1 4 © K. Morasch 2015 8 x1 Grundzüge der Mikroökonomik 45 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Normalfall – zwei wichtige Annahmen (I) Monotonie der Präferenzen ( x1 , x 2 ) (y1 , y 2 ) ( x1 , x 2 ) (y1 , y 2 ) ~ x2 Idee: Mehr ist besser Konsequenz: Indifferenzkurven verlaufen fallend besser x y schlechter x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 46 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Normalfall – zwei wichtige Annahmen (II) Konvexität der Präferenzen ( x 1 , x 2 ) ~ ( y 1 , y 2 ) (tx 1 (1 t ) y 1 , tx 2 (1 t ) y 2 ) ( x 1 , x 2 ) ~ für alle t [0 ,1 ] x2 Idee: Mischung wird gegenüber Extremen präferiert y „durchschnittliche“ Güterbündel Konsequenz: Indifferenzkurven schwach vom Ursprung weg gekrümmt x x1 © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 47 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Motivation der Konvexitätsannahme Idee: Konsumenten wählen im allgemeinen eine Kombination von Gütern anstatt sich auf Extreme zu spezialisieren (gilt insbesondere, wenn Gut 2 zusammengesetztes Gut) Beispiel: Auf dem Oktoberfest ziehe ich es vor, eine Maß Bier und ein halbes Hähnchen zu konsumieren, anstatt zwei Maß Bier zu trinken (und nichts zu essen) oder gar ein ganzes Hähnchen zu essen (und nichts zu trinken!). © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 48 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Grenzrate der Substitution ‐ Konzept Wichtige Fragestellung für Bestimmung des Konsumoptimums: Wie viel von Gut 2 muss ich einer Konsumentin im Austausch gegen eine Einheit von Gut 1 zusätzlich geben, damit sie diesen Tausch gerade noch akzeptiert, d.h. ihr ursprüngliches Nutzenniveau erreicht? Die Grenzrate der Substitution im Konsum (GRS) [engl.: marginal rate of substitution – MRS] gibt dieses Austauschverhältnis für marginale Änderungen an. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 49 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Grenzrate der Substitution – diskrete Definition x2 GRS x2 0 x2 0 x1 x1 0 x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 50 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Grenzrate der Substitution – stetige Definition x2 GRS d x2 0 d x1 d x2 d x1 0 x1 © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 51 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Grenzrate der Substitution – zwei Beispiele perfekte Substitute: u( x1 , x2 ) ax1 x2 u ax1 x2 x2 u ax1 dx2 a dx1 konvexe Indifferenzkurven (Spezialfall einer Cobb‐Douglas‐Nutzenfunktion): u ( x 1 , x 2 ) x1 x 2 u x1 x 2 x2 © K. Morasch 2015 u x1 Grundzüge der Mikroökonomik dx2 u 2 dx1 x1 52 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Quasi‐lineare Nutzenfunktion: GRS nur von x1 abhängig Idee: besonders einfach handhabbare Nutzenfunktion (Eigenschaften wichtig für Wohlfahrtsanalyse im Angebots‐Nachfrage‐Diagramm) x2 u ( x1 , x 2 ) v ( x1 ) x 2 x 2 u v ( x1 ) GRS v ( x1 ) x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 53 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Grenzrate der Substitution ‐ Interpretation • Die GRS ist die Steigung einer Indifferenzkurve. • Sieht man die Indifferenzkurve als Funktion x2(x1), dann ist die GRS die Ableitung dieser Funktion. • Normalerweise betrachten wir den Absolutbetrag der GRS. • Die GRS gibt das (marginale) Austauschverhältnis zweier Güter an, bei dem ein Konsument gerade zwischen Tauschen und Nicht‐Tauschen indifferent ist. • Die GRS misst die marginale Zahlungsbereitschaft des Konsumenten, d.h. sie gibt an, wie viel von Gut 2 er bereit ist, für zusätzliche Einheit von Gut 1 zu bezahlen. Beachte: Diese Interpretation als marginale Zahlungsbereitschaft ist besonders relevant, wenn Gut 2 alle anderen Güter repräsentiert und der Preis dieses Gutes auf 1 normiert ist. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 54 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Abnehmende Grenzrate der Substitution (I) Konsequenz von x2 • Monotonie und • strenger Konvexität Interpretation: Ein Gut wird umso weniger stark präferiert, in desto größerem Umfang es bereits konsumiert wird. 1 1 x1 © K. Morasch 2011 © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik Grundzüge der Mikroökonomik 55 55 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Abnehmende Grenzrate der Substitution (II) Alternative Formulierungen: • Je mehr ein Konsument von Gut 1 konsumiert, desto weniger Einheiten von Gut 2 ist er bereit, für ein zusätzliche Einheit von Gut 1 aufzugeben. • Die marginale Zahlungsbereitschaft für Gut 1 ist umso geringer, je mehr bereits von Gut 1 konsumiert wird. • Der Absolutbetrag der GRS nimmt mit steigendem Konsum von Gut 1 ab. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 56 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Grenznutzen – Konzept Grenznutzen (GN) [engl. marginal utilitiy – MU] Zentrales Konzept der Haushaltstheorie, das angibt, welche Nutzenänderung ein Konsument erfährt, wenn sich der Konsum eines Gutes marginal ändert. diskrete Definition: stetige Darstellung: © K. Morasch 2015 GN1 u u ( x1 x1 , x 2 ) u ( x1 , x 2 ) x1 x1 GN2 u u ( x1 , x 2 x 2 ) u ( x1 , x 2 ) x2 x2 x1 0 GN1 u x1 x2 0 GN2 u x2 partielle Ableitungen, d.h. die jeweils andere erklärende Variable wird konstant gehalten Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 57 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Grenznutzen und Nutzenfunktion Zwei grundlegende Eigenschaften: (werden später noch präziser motiviert) © K. Morasch 2015 • positiver Grenznutzen GNi 0 , i 1,2 • abnehmender Grenznutzen 2u GNi 0 , i 1,2 xi2 x i Grundzüge der Mikroökonomik 58 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grenznutzen und Grenzrate der Substitution (I) diskrete Betrachtung: Entlang einer Indifferenzkurve muss gelten GN1 x1 GN2 x2 0 somit GN x2 GRS 1 x1 GN2 d.h die Grenzrate der Substitution (GRS) ist gleich dem umgekehrten Verhältnis der Grenznutzen © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 59 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grenznutzen und Grenzrate der Substitution (II) stetige Betrachtung: u( x1 , x2 ( x1 )) u Der Konsum des zweiten Gutes wird ‐ unter Verwendung einer Indifferenzkurve ‐ als Funktion des ersten Gutes geschrieben. somit u u dx2 0 x1 x2 dx1 GRS © K. Morasch 2015 u x1 GN dx2 1 dx1 u x 2 GN2 Grundzüge der Mikroökonomik 60 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 1. Einführung/Motivation 2. Konsumtheorie 3. Produktionstheorie 4. Marktanalyse Konsumtheorie Budgetbedingung des Konsumenten Präferenzen und Nutzenfunktion Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Literatur zu 2.3: Pindyck/Rubinfeld, 3.3, (3.4), 3.5, 4.1, 4.2 und Appendix zu 4 Varian, ch. 5, 6, (7), 8; Morasch/Bartholomae, Kap. 4 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 61 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Aufbau von Abschnitt 2.3: • Optimale Konsumentscheidung: ‐ graphisch: Tangentiallösung im Konsummengen‐Diagramm ‐ analytisch: Nutzenmaximerung unter Budgetbeschränkung (Lagrange) • Komparative Statik und Haushaltsnachfrage: ‐ Einkommensänderung: normale und inferiore Güter ‐ Preisänderung: gewöhnliche Güter und Giffen‐Gut • Einkommens‐ und Substitutionseffekt: Zerlegung des Gesamteffekts einer Preisänderung • Anwendungen: ‐ Nutzenrückgang bei Ökosteuer mit pauschaler Rückerstattung ‐ Handelsvorteile und individuelle Effekte im Tauschmodell © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 62 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Indifferenzkurve und Budgetgerade: Wo liegen optimale Punkte? x2 Fragestellung: Grundidee: Welche Eigenschaften sollte ein optimaler Konsumpunkt erfüllen? Ziel und Restriktion verbinden Können A, B, C oder D entsprechend optimale Konsumpunkte sein? d.h. B Indifferenzkurven und Budgetgerade gemeinsam betrachten D C A x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 63 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Haushaltsoptimum – graphische Lösung über Tangentialbedingung x2 Zur Erinnerung: Steigung der Budgetgerade: p1 p2 Steigung der Indifferenzkurve: Idee: Indifferenzkurve sollte möglichst weit vom Ursprung entfernt sein Lösung: Haushaltsoptimum im Tangential‐ punkt (Berührpunkt) von Budget‐ gerade und Indifferenzkurve GN 1 GRS GN 2 x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 64 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Spezialfälle: Haushaltsoptimum ohne Tangentialbedingung x2 Spezialfall 1: Spezialfall 2: perfekte Komplemente Randlösung x2 Lösung: Wann relevant? ‐ bei quasi‐linearen Präferenzen möglich (Abb.) Haushaltsoptimum im Knickpunkt (d.h. Schuhe werden paarweise gekauft) ‐ bei perfekten Substituten der Normalfall x1 x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 65 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Tangentialbedingung: mathematische und ökonomische Interpretation Wann ist durch Tangentialbedingung Haushaltsoptimum sichergestellt? • Unterstellen wir stetige Differenzierbarkeit (d.h. keine Knicke in den Indifferenzkurven) und eine innere Lösung (d.h. keine Randlösung), dann ist die Tangentialbedingung notwendig für das Haushaltsoptimum. • Sind zusätzlich die Präferenzen konvex, dann ist die Tangentialbedingung notwendig und hinreichend für das Haushaltsoptimum. Ökonomische Interpretation der Tangentialbedingung GRS p1 p2 Wie viel von Gut2 würde die Konsumentin für eine zusätzliche Einheit von Gut 1 maximal hergegeben? © K. Morasch 2015 Menge von Gut 2 Menge von Gut 1 Wie viel an Gut 2 muss man auf dem Markt für den Erwerb einer Einheit von Gut 1 bezahlen? Grundzüge der Mikroökonomik 66 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Kein optimaler Konsumpunkt bei Verletzung der Tangentialbedingung! Anwendung auf nicht optimalen Konsumpunkt: p GRS 1 p2 x 2I x 2M x 1I x 1M bzw. dx 2I dx 2M dx 1I dx 1M d.h. Indifferenzkurve und Budgetgerade schneiden sich, wobei im Schnittpunkt die Indifferenzkurve steiler ist. Folgerung: Dies kann nicht das Ergebnis rationalen Verhaltens sein, da die durch die GRS in Einheiten von Gut 2 gemessene individuelle Wertschätzung der Konsumentin für eine zusätzliche Einheit von Gut 1 größer ist als der auf dem Markt zu bezahlende Relativpreis dieser zusätzlichen Einheit von Gut 1. D.h. die Konsumentin könnte sich besserstellen, wenn sie im Tausch gegen p1/p2 Einheiten an Gut 2 eine zusätzliche Einheit von Gut 1 erwerben würde. © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 67 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Gleiche Grenzraten der Substitution bei einheitlichem Marktpreis Konsequenz für Situation mit mehreren Konsumenten: Die Optimalitätsbedingung GRS p1 p2 Menge von Gut 2 Menge von Gut 1 muss für alle (rationalen) Konsumenten erfüllt sein! Sehen sich diese Konsumenten denselben (Markt‐)Preisen gegenüber, so weisen somit alle Konsumenten in ihren Haushaltsoptima dieselbe Grenzrate der Substitution auf. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 68 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Haushaltsoptimum – analytische Lösung (I) Maximierungsproblem und Lösung durch Substitution p1 x 1 p2 x 2 m max u ( x 1 , x 2 ) unter der NB x1 , x 2 max u ( x 1 , x 2 ( x 1 )) x1 max u ( x 1 , x1 m p1 x1 ) p2 p2 Lösung über Bedingung erster Ordnung: u u dx 2 u u x 1 x 2 dx 1 x1 x 2 u x1 p 1 u x 2 p2 © K. Morasch 2015 p1 ! 0 p2 GN 1 p 1 GN 2 p 2 Grundzüge der Mikroökonomik 69 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Haushaltsoptimum – analytische Lösung (II) Alternativer Ansatz: Lagrangefunktion max x1 , x 2 u ( x 1 , x 2 ) unter der NB p1 x 1 p2 x 2 m L u ( x 1 , x 2 ) ( p1 x 1 p 2 x 2 m ) Lösung über Lagrangeansatz ! L u p1 0 x1 x1 © K. Morasch 2015 u x 1 p1 u x 2 p2 ! L u p2 0 x2 x2 GN 1 p1 GN 2 p2 Grundzüge der Mikroökonomik 70 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Haushaltsnachfrage als komparativ statische Analyse Wir haben einen optimalen Konsumpunkt (x1, x2) zu gegebenen Preisen (p1, p2) und gegebenem Budget m bestimmt. Daraus lassen sich die Güternachfrage des Konsumenten in Abhängigkeit von Güterpreisen und Budget ableiten: x1 ( p1 , p2 , m) und x2 ( p1 , p2 , m) komparativ statische Analyse: Nur Vergleich von zwei statischen Gleichgewichten, keine Untersuchung des dynamischen Anpassungsprozesses! konkret: Auswirkung von Preis‐ und Budgetänderung (Verlauf der Nachfrage‐ und Engelkurven) © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 71 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Auswirkung einer Einkommensänderung Fragestellung: Wie ändert sich die Nachfrage nach einem Gut, wenn sich das Budget des Haushalts (marginal) erhöht? x i x i ( p1 , p2 , m) m m Wichtige Unterscheidung: xi 0 m xi 0 m © K. Morasch 2015 normales Gut (absolut) inferiores Gut Grundzüge der Mikroökonomik 72 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Normale Güter: Superior vs. relativ inferior Nachfrage nach beiden Gütern steigt, jedoch bei Gut 2 nur unterproportional (Gut 2 ist damit relativ inferior, Gut 1 entsprechend superior). x2 Einkommens‐ expansionspfad (konkav) x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 73 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage (Absolut) inferiores Gut x2 Nachfrage nach Gut 1 sinkt mit steigendem Einkommen. Gut 1 ist damit (absolut) inferior. Einkommens‐ expansionspfad x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 74 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Engelkurve bei inferiorem Gut Engel‐Kurve (Zusammenhang zwischen Einkommen und Konsum eines Gutes) m Inferioritätsbereich (absolut inferior) linear: konstanter Einkommensanteil konkav: superiores Gut konvex: inferiores Gut (im Bereich absoluter Inferiorität neigt sich dabei die Engelkurve zurück) x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 75 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Auswirkung von Preisänderungen Für die Analyse ist folgende Überlegung hilfreich: • Entscheidend für das Nachfrageverhaltendes Konsumenten ist der relative Preis der beiden Güter, nicht deren absolute Preise. • Somit genügt es, eine Veränderung des Preises von Gut 1 bei Konstanz des Preises von Gut 2 (und konstantem Budget) zu betrachten. Wichtige Unterscheidung: xi 0 pi xi 0 pi © K. Morasch 2015 gewöhnliches Gut Giffen‐Gut Grundzüge der Mikroökonomik 76 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Gewöhnliches Gut x2 Gut 1 ist gewöhnliches Gut: Nachfrage sinkt, wenn der der Preis des Gutes steigt. m p2 m p1 © K. Morasch 2015 m p1 x1 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 77 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Giffen‐Gut x2 Gut 1 ist Giffen‐Gut: Nachfrage steigt, wenn der der Preis des Gutes steigt. Unklar, ob empirisch relevant (evt. Ernährung armer Schichten im 19. Jh.) m p2 m p1 © K. Morasch 2015 m p1 Grundzüge der Mikroökonomik x1 78 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Nachfrage und inverse Nachfrage Zu gegebenem Einkommen und gegebenem Preis des anderen Gutes können wir bei einem gewöhnlichen Gut ist die Nachfrage eine fallende Funktion des eigenen Preises: p1 x1 ( p1 ) mit x1 ( p1 ) 0 Ist diese Funktion durchgehend fallend, dann kann sie umgekehrt werden zur inversen Nachfragefunktion: p1 ( x 1 ) mit N p1 (x1 ) p1 ( x 1 ) 0 Damit haben wir auf der Ebene des Individuums eine Begründung für den fallenden Verlauf der (inversen) Nachfragekurve im üblichen Preis‐Mengen‐Diagramm. x1 © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 79 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Interpretation der inversen Nachfrage Inverse Nachfrage = marginale Zahlungsbereitschaft für Gut 1 • Der Preis des Gutes 2 sei auf Eins normiert. • Im Haushaltsoptimum zeigt der Preis des Gutes 1 dann an, wie viel von Gut 2 der Konsument für eine marginale Einheit von Gut 1 abzugeben bereit ist. • Somit misst die inverse Nachfrage den Absolutbetrag der GRS : GRS • © K. Morasch 2015 p1 p2 p1 p2 GRS Interpretiert man nun Gut 2 als alle anderen Güter, dann zeigt uns die inverse Nachfrage an, wie viel Geld der Konsument aufzugeben bereit ist, um seinen Konsum von Gut 1 marginal zu erhöhen. Grundzüge der Mikroökonomik 80 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Substitute und Komplemente Nachfrageffekte einer Preisänderung beim anderen Gut Die Begriffe „Substitut“ und „Komplement“ lassen sich präzisieren, indem wir sogenannte Kreuzpreis‐Ableitungen verwenden: Substitut dx 1 0 dp 2 Komplement dx 1 0 dp2 (Achtung: Bei drei oder mehr Gütern anders zu definieren!) © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 81 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Substitutions‐ und Einkommenseffekt ‐ Grundüberlegung Idee: Wenn sich der Preis eines Gutes (z.B. Gut 1) ändert, dann • wirkt sich das auf den Relativpreis der Güter (Substitutionseffekt) • und auf die Kaufkraft des Budgets (Einkommenseffekt) aus. Problemstellung: Zerlegung des Gesamteffekts der Preisänderung in die Teileffekte Warum interessant? • Beziehung zwischen normalen/inferioren und gewöhnlichen/Giffen‐Gütern • Analyse von Politikmaßnahmen (z.B. Ökosteuer mit pauschaler Rückerstattung) Beachte: zwei verschiedene Definitionen für Substitutionseffekt • Slutsky‐Substitutionseffekt: konstante Kaufkraft (Drehung der Budgetgerade im bisherigen Konsumoptimum) • Hicks‐Substitutionseffekt: konstanter Nutzen (Berührpunkt zwischen bisheriger Indifferenzkurve und Budgetgerade mit neuer Steigung) © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 82 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Substitutions‐ und Einkommenseffekt ‐ Graphik x2 Annahmen: ursprüngliche Budgetgerade • Preissenkung von Gut 1 • Slutsky‐Subsitutionseffekt (konstante Kaufkraft) A gedrehte Budgetgerade C B neue Budgetgerade (2) (1) x1 (1) Substitutionseffekt (2) Einkommenseffekt © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 83 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Substitutions‐ und Einkommenseffekt – Erläuterung der Graphik (I) (1) Substitutionseffekt • Drehung der Budgetgeraden im ursprünglichen Haushalts‐ optimum A derart, dass sie den neuen Relativpreis reflektiert. • Da der Preis des Gutes 1 gesunken ist, muss die gedrehte Budget‐ gerade durch A ein niedrigeres Budget m' repräsentieren: p1 x 1 p2 x 2 m m m m ( p1 p1 ) x 1 p1 x 1 p1 x 1 p2 x 2 m • A ist nicht mehr optimal: Nutzenerhöhung durch Übergang auf B (dabei wird Gut 2 durch Gut 1 substituiert) • Mengenänderung bei Gut 1 durch Substitutionseffekt: x 1S x 1 ( p1 , m ) x 1 ( p1 , m ) © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 84 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Substitutions‐ und Einkommenseffekt – Erläuterung der Graphik (II) (2) Einkommenseffekt • In einem gedanklichen zweiten Schritt verschieben wir die durch Drehung in A erzeugt neue Budgetgerade derart, dass sie wieder das tatsächliche Haushaltsbudget m repräsentiert. • Damit erreicht der Konsument das neue Haushaltsoptimum C nach der Preissenkung bei Gut 1. • Mengenänderung bei Gut 1 durch Einkommenseffekt: x 1E x 1 ( p1 , m ) x 1 ( p1 , m ) © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 85 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Vorzeichen des Einkommenseffekts • Eine Einkommenserhöhung führt beim ‐ normalen Gut zu einer Konsumsteigerung und beim ‐ inferioren Gut zu einem Konsumrückgang. • Die Einkommensänderung ist der zugrundeliegenden Preisänderung entgegen gerichtet (z.B. weniger Einkommen nach Preiserhöhung). • Darum sagt man, dass der Einkommenseffekt ‐ beim normalen Gut negativ und ‐ beim inferioren Gut positiv ist. • Fazit: Das Vorzeichen des Einkommenseffekts hängt somit von den Eigenschaften des betrachteten Gutes (normal vs. inferior) ab. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 86 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Vorzeichen des Substitutionseffekts x2 Beweisidee: (bekundete Präferenz) ursprüngliche Budgetgerade • Punkte links von A wurden ursprünglich nicht gewählt (obwohl realisierbar). • Somit wird auch jetzt A gegenüber diesen Bündeln präferiert. A es gilt also: gedrehte Budgetgerade B p1 p1 x1S 0 Der Substitutionseffekt ist negativ, d.h. der Preis‐ änderung entgegen gerichtet. (1) x1 Substitutionseffekt © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 87 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Slutsky‐Gleichung (diskrete Version) Wir führen nun die beiden Teileffekte zusammen: x1 x 1 ( p1 , m ) x1 ( p1 , m ) x1S x1E x 1 ( p1 , m ) x1 ( p1 , m ) x 1 ( p1 , m ) x 1 ( p1 , m ) x 1S x1E Von Interesse ist weniger die Gleichheit (Slutsky‐Identität), als vielmehr die Zerlegung des Gesamteffekts der Preisänderung von Gut 1 auf die Nachfrage nach Gut 1 in die beiden Teileffekte Substitutionseffekt und Einkommenseffekt. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 88 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Anwendung der Slutsky‐Gleichung: Inferiorität und Giffen‐Gut Mengenänderung bei Anstieg des Preises von Gut 1: (Beachte: Bei Rückgang des Preises, wie in Graphik, umgekehrtes Vorzeichen!) x 1 x 1S x 1E x1 x1S x1E ? x1 x1S x1E normales Gut (absolut) inferiores Gut Giffen‐Gut Zusammenhang zwischen Inferiorität und einem Giffen‐Gut: • Bei einem Giffen‐Gut ist die Inferiorität des Gutes so stark ausgeprägt, dass sie den Substitutionseffekt dominiert. • Ein Giffen‐Gut ist somit immer auch ein absolut inferiores Gut, während ein absolut inferiores Gut nicht notwendigerweise ein Giffen‐Gut sein muss. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 89 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Beispiel: Rückerstattung einer Ökosteuer (I) © K. Morasch 2015 Idee: Anhebung der Mineralölsteuer („Ökosteuer“), um einen fossilen Rohstoff relativ zu verteuern Probleme: ‐ politische Durchsetzbarkeit ‐ Effekt auf gesamtwirtschaftliche Nachfrage „Lösung“: Steuereinnahme als Pauschaltransfer an die Konsumenten zurückgeben (z.B. für Altersvorsorge) Frage: Welche Auswirkung auf den Nutzen der Konsumenten? Grundzüge der Mikroökonomik 90 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Beispiel: Rückerstattung einer Ökosteuer (II) Vereinfachende Annahmen: • Betrachtung eines repräsentativen Konsumenten • Konsumenten tragen voll die Steuer: p1 p1 t Dies impliziert folgende Änderung der Budgetbedingung: p1 x1 x 2 m ursprünglich ( p1 t ) x1 x2 m tx1 jetzt ? x 1 x 1 zu klären: © K. Morasch 2015 ? x 2 x 2 Grundzüge der Mikroökonomik 91 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Beispiel: Rückerstattung einer Ökosteuer (II) x2 neue Budgetgerade m tx1 ursprüngliche Budgetgerade m B A Substitutionseffekt © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik x1 92 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Beispiel: Rückerstattung einer Ökosteuer (II) Erläuterungen : • Da die Höhe der Rückvergütung durch die Entscheidung aller Konsumenten bestimmt wird, verändern sich die Anreize für den einzelnen Konsumenten, obwohl im Durchschnitt die Steuer vollständig zurückvergütet wird. • Punkt B gehörte bereits im Ausgangszustand zur Budgetmenge des Konsumenten, wurde aber nicht gewählt. Aufgrund der bekundeten Präferenzen des Konsumenten ist B somit schlechter als A (auch Indifferenzkurve entsprechend gezeichnet). • Trotz der Rückerstattung des Steuerbetrages ist ein durchschnittlicher Konsument also durch die Steuer schlechter gestellt (geringerer Nutzen). Ursache ist das negative Vorzeichen des (Slutsky‐)Substitutionseffekts. © K. Morasch 2015 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Grundzüge der Mikroökonomik 93 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Außenhandel im Tauschmodell – Annahmen und Fragestellungen Annahmen: • Alle Konsumenten im In‐ und Ausland haben identische homothetische Präferenzen (damit stehen Wohlfahrtsindifferenzkurven W für individuellen und Gesamtnutzen) • Die Erstausstattungen E unterscheiden sich zwischen Inland und Ausland (*), aber bei Autarkie (A) identisches Nutzenniveau im In‐ und Ausland (WA = W*A) • Nach Aufnahme von Außenhandel können die beiden Länder die Güter ohne Handelskosten miteinander tauschen (Freihandel F) • Zunächst haben alle Bewohner eines Landes identische Erstausstattungen, dann werden individuelle Effekte bei unterschiedlichen Ausstattungen analysiert. Fragestellungen: • Welches Preisverhältnis stellt sich nach Aufnahme von Handel ein? • Können beiden Länder von der Handelsaufnahme profitieren? • Welche individuellen Effekte ergeben sich bei heterogenen Konsumenten? © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 94 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft Außenhandel im Tauschmodell: Vorteil für beide Länder y Notation: x,y: Gütermengen E: Erstausstattung C: Konsumpunkt W: Wohlfahrts‐ EX x indifferenzkurve Indizes: A: Autarkie F: Freihandel *: Ausland y E=C A F C = C* F C F = C* F IMy E* = C* IM*x F p A p W A W F W* W *A EX*y F pF x (a) Inland © K. Morasch 2015 A p* x (b) Ausland Grundzüge der Mikroökonomik Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft A 95 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Außenhandel im Tauschmodell: Individuelle Effekte Annahmen und Folgerungen: • Konsument 1 ist relativ zu 2 reichlich mit Gut y ausgestattet. y • Ohne Außenhandel würden die Konsumenten zu pA tauschen und beide in CA den Nutzen uA erreichen. • Gut x ist im Inland relativ zum Ausland reichlich vorhanden. Die Preisgerade pF ist darum steiler als die Autarkiepreisgerade pA. p F pA C2 E1 • Davon profitiert Konsument 2, derin C2 den Nutzen u2 realisiert, während der Nutzen von 1 in C1 mit u1 geringer ist als uA in CA. © K. Morasch 2015 CA C u 2 1 E 2 A u 1 u x Grundzüge der Mikroökonomik 96 Institut für Ökonomie und Recht der globalen Wirtschaft 2.1 Budgetbedingung des Konsumenten 2.2 Präferenzen und Nutzenfunktion 2.3 Konsumoptimum und individuelle Nachfrage Außenhandel im Tauschmodell – Ergebnisse • Unterschiedliche Autarkiepreisverhältnisse sind Voraussetzung für Handel: Die Autarkiepreise spiegeln die marginale Tauschbereitschaft der Konsumenten wider: Die Preise differieren bei verschiedenen Erstausstattungen wegen abnehmender GRS. Das Freihandelspreisverhältnis liegt zwischen den beiden Autarkiepreisverhältnissen. • Handelsmuster: Das relativ reichliche und damit bei Autarkie billige Gut wird exportiert, um im Austausch mehr vom relativ knappen Gut zu erhalten. • Vorteilhaftigkeit des Handels: Im Tauschgleichgewicht realisieren beide Länder eine höhere Wohlfahrt. (im Beispiel identische Mengen, da bei Autarkie Wohlfahrt in beiden Ländern gleich) • Individuelle Effekte: Bei unterschiedlichen Erstausstattungen profitieren die Konsumenten, die viel von dem im Inland relativ reichlich vorhandenen Gut besitzen, die anderen verlieren. Gesamtvorteil bleibt, da Gewinner die Verlierer vollständig kompensieren könnten. © K. Morasch 2015 Grundzüge der Mikroökonomik 97