Psychoreport 2015

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DAK FORSCHUNG
Psychoreport 2015
Deutschland braucht Therapie.
Herausforderungen
für die Versorgung.
EDITORIAL
Zielgerichtete Versorgung
für psychisch Kranke
Immer mehr Menschen werden wegen psychischer Leiden krankgeschrieben.
Noch nie haben Krankheiten wie Depressionen oder Angststörungen so viele
Fehltage verursacht wie im vergangenen Jahr. Die hohe Zahl der Ausfalltage ist
wohl auch Resultat einer präziseren und ehrlicheren Diagnostik: Während früher eher die körperlichen Manifestationen psychischer Probleme wie beispielsweise Rückenschmerzen oder Magenprobleme diagnostiziert wurden, gehen
Ärzte und Patienten heute viel offener mit der eigentlichen Ursache um. Trotz
allem alarmiert uns die enorme Steigerungsrate. Sie manifestiert sich in einem
Versorgungsproblem: Betroffene warten zum Teil extrem lange auf Unterstützung. Landen sie in einer Therapie, ist diese dann mitunter nicht zielgerichtet – oft
fehlt im komplexen System der Angebote die Orientierung.
Mit dem Psychoreport der DAK-Gesundheit wollen wir Wege zu einer besseren
Versorgung aufzeigen. Wir wollen zeigen, welche Probleme, welchen Bedarf es
gibt und wie Patienten genau die Therapie bekommen, die sie auch brauchen.
Außerdem kommt dem Thema E-Health bei der Behandlung von psychischen
Erkrankungen eine besondere Bedeutung zu. Welche Potenziale technische Lösungen bieten, haben wir ebenfalls in diesem Report eruiert.
Letztendlich möchten wir für einen sensiblen Umgang mit psychischen Erkrankungen plädieren – seitens der Betroffenen, ihres persönlichen Umfelds, der
Arbeitgeber und der Ärzteschaft. Denn auch Aufmerksamkeit und gegenseitige
Achtsamkeit bilden eine gute Basis für die Prävention psychischer Leiden.
Ihr
Herbert Rebscher
Vorsitzender des Vorstandes der DAK-Gesundheit
02
Bild: Courtney Keating/iStockphoto.com
INHALT
Kapitel 1
Kapitel 4
04 Wenn die Psyche streikt
Die Bedeutung psychischer
Erkrankungen für die Arbeitswelt
40 Versorgung verbessern
Wartezeiten verkürzen, zielgerichtet
behandeln – so kann die
Versorgung verbessert werden
05
Wer ist betroffen?
Auswertung der DAK-Statistik nach
Geschlecht, Alter und Bezug zur
Prävalenz in der Bevölkerung
08
Diagnosen im Detail
Analyse der häufigsten Diagnosen
mit Fokus auf Anpassungsstörungen
und Angststörungen
44 Interview mit Dr. Jan Helfrich
„Wir brauchen mehr Flexibilität“
Kapitel 5
46 Psychopharmaka – Fluch oder Segen
Gastbeitrag von Prof. Dr. Gerd Glaeske
19 Branchen im Blick
Unterschiede zwischen den Berufsgruppen
48 Glossar: Die wichtigsten Einzeldiagnosen
22 Interview mit Dr. Hans-Peter Unger
„Der Handlungs- und Behandlungsbedarf steigt“
51 Impressum
52Experten-Steckbriefe
Kapitel 2
24 Deutschlandkarte der
psychischen Gesundheit
Analyse der psychischen Erkrankungen
in den Bundesländern
53Reportdesign
54Kontaktdaten
Kapitel 3
36 Gender und psychische Gesundheit
Interview mit Prof. Dr. Anne
Maria Möller-Leimkühler
„Hilfe zu suchen ist unmännlich“
03
KAPITEL 1
WENN DIE PSYCHE STREIKT
Wenn
die Psyche streikt
Psychische Erkrankungen stehen
auf Platz zwei der AU-Statistik.
Nur Muskel-Skelett-Erkrankungen
verursachen mehr Fehltage
Nicht nur für das Gesundheitssystem,
auch für Arbeitgeber und Gesellschaft
bedeuten psychische Erkrankungen
eine Herausforderung
4
Depressionen, Angststörungen, Anpassungsstörungen – immer mehr
Menschen in Deutschland leiden an psychischen Erkrankungen. Das hat
gravierende Folgen für den Arbeitsmarkt, denn die Seelenleiden verursachen eine wachsende Zahl von Ausfalltagen: 2014 rangierten sie erstmals auf Platz zwei der Fehltage-Statistik der DAK-Gesundheit. Nur mit
Rückenschmerzen oder anderen Muskel-Skelett-Erkrankungen blieben
die Versicherten noch häufiger der Arbeit fern. Der vorliegende Psychoreport fasst die wichtigsten Daten und Fakten zur Anzahl der Betroffenen,
zu den häufigsten Diagnosen und dem unterschiedlich starken Auftreten
von Seelenleiden in den einzelnen Bundesländern (Kapitel 2) zusammen.
Dafür hat das Berliner IGES Institut die DAK-Statistiken der Jahre 2000
bis 2014 eingehend analysiert. Außerdem werden Wege zur Verbesserung
der Versorgung aufgezeigt und exemplarische, besonders innovative Angebote vorgestellt (Kapitel 4).
„Psychische Krisen sind keine Befindlichkeitsstörungen, sie können sich
zu ernstzunehmenden Krankheiten entwickeln“, sagt Dr. Hans-Peter
Unger, Chefarzt des Zentrums für seelische Gesundheit, Asklepios Klinik Hamburg-Harburg, der die DAK-Auswertung fachlich begleitet hat.
„Sie stellen nicht nur das Gesundheitssystem, sondern die ganze Gesellschaft vor eine große Herausforderung. Vor allem Unternehmen müssen
sich auf diese Problematik einlassen und mit gezielter Prävention gegensteuern.“ Dass der Leidensdruck der Betroffenen hoch ist, belegt auch
die „Burden of Disease-Studie“ der WHO. Im Vergleich der Volkskrankheiten in den Industrienationen verursachen Depressionen die meisten
mit Beeinträchtigungen gelebten Lebensjahre – noch vor Demenz oder
Diabetes. Der Grund: Psychische Erkrankungen sind häufig, sie dauern
vergleichsweise lange an und die Lebensqualität ist stark beeinträchtigt.
Laut WHO begehen eine Million Menschen pro Jahr Suizid.
Bild: Thinkstock.de/iStock/magurova, rufus young
Die Bedeutung psychischer Erkrankungen
in Deutschland wächst. Immer häufiger
sind sie der Grund für Ausfalltage im Job
KAPITEL 1
WER IST BETROFFEN?
Fehltage verdreifacht
Diagnosen wie Depressionen, Angststörungen und andere psychische
Leiden verursachten im vergangenen Jahr knapp 17 Prozent aller Fehltage. Auf 100 DAK-Versicherte entfielen 237 Ausfalltage. Der Anstieg ist
beispiellos, bei keiner anderen Krankheitsart gibt es eine vergleichbare
Entwicklung: Seit 1997 hat sich die Anzahl der durch psychische Erkrankungen verursachten Fehltage verdreifacht (209 Prozent).
Betroffenenquote bei Frauen doppelt so hoch
2014 betrug die Betroffenenquote bei den psychischen Erkrankungen in
Deutschland 4,9 Prozent. Das bedeutet, dass jeder 20. mindestens einmal mit einem psychischen Leiden krankgeschrieben war. Frauen waren
mit 6,5 Prozent fast doppelt so häufig betroffen wie Männer (3,6 Prozent). Langwierig waren die Fälle bei beiden Geschlechtern. Im Schnitt
dauerte eine Krankschreibung 35,1 Tage.
Sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern gibt es einen deutlichen
Anstieg bei den Fehltagen durch psychische Erkrankungen. Während im
Jahr 1997 die Zahl der Ausfalltage pro hundert weibliche DAK-Versicherte
94 betrug, waren es 2014 bereit s 303 Tage. Bei den Männern waren es
1997 lediglich 62 Fehltage pro 100 Versicherte, bis 2014 ist dieser Wert
auf 181 Tage angestiegen. Trotz des unterschiedlichen Niveaus verläuft
die Entwicklung bei beiden Geschlechtern also nahezu synchron.
i
Bundesweit und kassenübergreifend haben das Bundesministerium
für Arbeit und Soziales und die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin im Jahr 2012 rund
60 Millionen Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen registriert.
Sowohl bei Frauen als auch
bei Männern nimmt die Zahl
der Fehltage drastisch zu
300
250
200
Frauen:
Fehltage pro 100
DAK-Versicherte
150
100
50
62
0
94
181
303
19972014
Männer:
Fehltage pro 100
DAK-Versicherte
5
KAPITEL 1
WER IST BETROFFEN?
Fehltage je 100 Versicherte aufgrund psychischer
Erkrankungen nach Alter und Geschlecht 2014
500
450
400
350
300
Männer Frauen
250
200
150
100
50
0
57 115
80 172
104 183
133 239
160 296 192 319
208 342
237 372
262 422 293 435
15 – 19
20 – 24
25 – 29
30 – 34
35 – 39
45 – 49
50 – 54
55 – 59
40 – 44
60+
Mit dem Alter steigt die Anzahl der Fehltage
Je älter die Berufstätigen, desto höher die Zahl der Fehltage mit Seelenleiden: Auf 100 über 60-jährige weibliche DAK-Versicherte entfielen 2014
435 Ausfalltage, bei den Männern waren es 293 Tage. Die jüngste Gruppe,
die 15- bis 19-Jährigen, hatten 115 Tage (Frauen) beziehungsweise 57 Tage
(Männer). Im Mittelfeld, bei den 35- bis 39-Jährigen, betrug die Anzahl der
Ausfalltage bei den Frauen 296, bei den Männern 160.
Ältere Menschen
sind länger krankgeschrieben.
Das bedeutet nicht, dass sie häufiger
psychische Probleme haben
6
Die hohen Werte sind nicht darauf zurückzuführen, dass im Alter Menschen wesentlich häufiger psychische Probleme hätten. Sie resultieren vielmehr aus der mit dem Alter zunehmend längeren Erkrankungsdauer je Fall. So gibt es sowohl bei den 20- bis 24-jährigen Frauen als
auch bei denen über 60 im Jahr 8,1 Arbeitsunfähigkeitsfälle pro 100
Versicherte. Diese 8,1 Fälle verursachen bei den jungen Frauen 172,4
Fehltage, bei älteren hingegen 435 Tage. Bei den Männern ist das Bild
ähnlich: Mit zunehmendem Alter verändert sich die durchschnittliche
Zahl der Fälle nur geringfügig, aber die Zahl der durch sie verursachten
Fehltage steigt stark an.
KAPITEL 1
WER IST BETROFFEN?
Anstieg der Fehltage
je 100 Versicherte seit 1997:
Psychische Erkrankungen
im Vergleich zu den Fehltagen insgesamt
190 %
Psychische Erkrankungen
Alle Erkrankungsgruppen
209 %
140 %
90 %
21 %
40 %
-10 %
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Auswirkung auf den Gesamtkrankenstand
Auch wenn der Gesamtkrankenstand sich nicht sprunghaft nach oben entwickelt hat, wirkt sich die starke Zunahme im Bereich der psychischen Erkrankungen auch auf diesen Wert aus: Der Gesamtkrankenstand ist von
3,3 Prozent im Jahr 1997 auf 3,9 Prozent im Jahr 2014 gestiegen.
Krankheitsspektrum verschiebt sich
Angesichts der wachsenden Zahl der dokumentierten Diagnosen stellt sich
die Frage, ob heute mehr Menschen in Deutschland an psychischen Erkrankungen leiden als vor 15 Jahren. „Während Fehltage und Frühberentungen
dramatisch ansteigen, ist die tatsächliche Prävalenz psychischer Erkrankungen eher gleichbleibend“, erklärt Dr. Hans-Peter Unger, Chefarzt des Zentrums für seelische Gesundheit in der Asklepios Klinik Hamburg-Harburg.
„Die auffällige Steigerung ist dadurch erklärbar, dass sowohl Ärzte als auch
Patienten heute offener mit psychischen Problemen umgehen. Die Krankheiten werden mittlerweile besser diagnostiziert und entsprechend kodiert.
Früher wurden eher körperliche Beschwerden diagnostiziert, in denen sich
psychische Erkrankungen häufig manifestieren.“
Früher wurden eher körperliche
Symptome diagnostiziert, heute
ist der Umgang mit psychischen
Erkrankungen offener
7
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Statt einer generellen Zunahme findet also vielmehr eine Verschiebung
im Krankheitsgeschehen statt. Das belegen auch die DAK-Daten: So
verursachten psychische Erkrankungen 2014 deutlich mehr Ausfalltage als in den Vorjahren. Dafür ging aber die Zahl der Fehltage bei anderen Krankheitsarten zurück. Kreislaufprobleme, Erkrankungen des
Atmungssystems, Verdauungsbeschwerden und Rückenschmerzen
waren seltener Grund für Krankschreibungen. „Bei vielen Menschen
ist die Bereitschaft, sich mit psychischen Leiden auseinanderzusetzen,
gestiegen“, folgert Unger. „Das ist positiv, weil die Behandlung zielgerichteter erfolgen kann.“
Depressionen verursachen
besonders viele Fehltage
Diagnosen im Detail
Im Folgenden werden die fünf häufigsten Diagnosen im Bereich der
psychischen Erkrankungen genauer untersucht. Im Blickpunkt stehen
Depressionen (F32 und F33), Anpassungsstörungen (F43), andere neurotische Störungen (F48), somatoforme Störungen (F45) und andere
Angststörungen (F41). Betrachtet wurde die Entwicklung dieser Diagnosen zwischen 2000 und 2014.
Depressionen verursachen besonders viele Ausfalltage (2014: 112
Tage/100 DAK-Versicherte), mit großem Abstand folgen die Reaktionen
auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen mit 42 AU-Tagen
pro 100 Versicherte und die neurotischen Störungen mit 21 Fehltagen.
Krankheit als Folge der modernen Arbeitswelt?
Da der Anstieg im Bereich der psychischen Erkrankungen
mit der sich stark wandelnden Arbeitswelt einhergeht,
untersuchen zahlreiche Studien, welchen Einfluss der Job
auf die psychische Gesundheit hat. Laut dem „Stressreport
Deutschland 2012“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und
Arbeitsmedizin werden verschiedene Faktoren von den Beschäftigten als belastend empfunden: Ein Drittel fühlt sich
durch Termin- und Leistungsdruck beeinträchtigt, ein Viertel
findet Arbeitsunterbrechungen besonders störend. Auch die
reine Arbeitszeit kann zur Belastung werden: 30 Prozent der
Beschäftigten arbeiten länger als 40 Stunden pro Woche,
ein Viertel verzichtet häufig auf Pausen und fast die Hälfte
der Führungskräfte hat Probleme damit, Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bringen.
8
„Fakt ist, dass chronischer Stress das Entstehen von Depressionen begünstigt“, kommentiert Dr. Hans-Peter Unger. „Deshalb ist es entscheidend, erste Alarmsignale wie
Schlafstörungen, Schmerzen oder Reizbarkeit ernstzunehmen und gegenzusteuern, etwa in einem ersten Gespräch
mit dem Betriebsarzt.“ Denn die Gestaltung des Arbeitsumfeldes ist entscheidend für die psychische Gesundheit–
der Job hat sowohl gesundheitsfördernde als auch gesundheitsgefährdende Aspekte. Hier kommt der Führung eine
wichtige Bedeutung zu: So berichten vier von zehn Beschäftigten, die keine Unterstützung seitens des Chefs erfahren,
von häufig auftretenden Gesundheitsproblemen. Ist das
Führungsverhalten jedoch gut, leiden nur 17 Prozent unter
 www.baua.de
solchen Beschwerden. KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Platz vier teilen sich die anderen Angststörungen mit den somatoformen Störungen (je 16 Fehltage/100 Versicherte). Während der Anstieg
bei den neurotischen Störungen eher zu vernachlässigen ist, hat sich die
Zahl der Fehltage mit Depressionen, Anpassungs- und Angststörungen
in den letzten 15 Jahren verdreifacht.
Neben der unterschiedlich großen Anzahl an Ausfalltagen, die mit psychischen Erkrankungen begründet werden, differiert auch die Erkrankungsdauer je nach Diagnose: So sind Betroffene mit Depressionen
oder Angststörungen besonders lange krankgeschrieben, während Anpassungsstörungen und somatoforme Störungen mit kürzeren Ausfallzeiten einhergehen.
Depressionen
Spitzenreiter unter den Seelenleiden
Gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit, immer müde – das sind häufige
Symptome von Depressionen. Auffällig ist der hohe Anteil von Depressionen
an den Ausfalltagen. 47 Prozent der Psycho-Fehltage wurden 2014 mit dieser
Diagnose begründet – somit rangieren Depressionen mit großem Abstand
auf Platz eins der häufigsten Seelenleiden. Auch der Anstieg ist bemerkenswert: Während im Jahr 2000 nur 37 Fehltage pro 100 DAK-Versicherte auf die
Prävalenz versus AU-Statistik
Die einschlägigen Experten sind sich einig: Die starke Zunahme von psychischen Leiden als Ursache für
Krankschreibungen bildet den realen Gesundheitszustand der erwerbstätigen Menschen in Deutschland nicht eins zu eins ab. Die AU-Statistik ist ein
vermittelter Indikator, da sie durch verschiedene
Faktoren beeinflusst wird – zum Beispiel die Akzeptanz für bestimmte Diagnosen.
Tatsächlich ist die Prävalenz psychischer Erkrankungen in der Bundesrepublik sogar noch höher als
die AU-Daten vermuten lassen: Einer Zusatzuntersuchung im Rahmen der bevölkerungsrepräsentativen „Studie zur Gesundheit Erwachsener“ (DEGS)
i
des Robert Koch-Instituts zufolge leiden gut ein
Drittel der Frauen (36 Prozent) und 31 Prozent
der Männer einmal oder mehrmals im Jahr unter
einer psychischen Störung. Psychische Erkrankungen sind also weiter verbreitet als angenommen.
Ebenfalls interessant: Psychische Störungen treten
oft zusammen auf. Mehr als ein Drittel der Betroffenen hat also nicht nur eine, sondern mehrere
Diagnosen. Die Untersuchung zeigt außerdem,
dass Frauen von nahezu allen Seelenleiden häufiger betroffen sind, lediglich bei Alkoholstörungen
ist die Prävalenz bei den Männern deutlich höher.
Mehr zum Thema Gender und psychische Gesundheit in Kapitel 3.
9
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Fehltage aufgrund psychischer
Erkrankungen: Die zehn häufigsten
Einzeldiagnosen 2014
Spezifische Persönlichkeitsstörungen 1,9
F60
Anhaltende affektive Störungen 2,3
F34
Bipolare affektive Störungen 2,4
F31
3,7
F20
Schizophrenie
Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol
7,3 F10
Somatoforme Störungen
15,9 F45
Andere Angststörungen
15,9 F41
Andere neurotische Störungen
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
Depressionen
21,0 F48
42,0 F43
111,5 F32 + F33
120
100806040200
Diagnosen F32 und F33 entfielen, waren es 2014 bereits 112. Die Anzahl
der Fehltage hat sich also verdreifacht (Anstieg um 201 Prozent).
Ältere Menschen fehlen zwar
häufiger mit Depressionen, der
Anstieg ist aber bei den jungen
Erwachsenen am höchsten
Je älter, desto länger krank
Mit dem Alter steigt die Zahl der Ausfalltage aufgrund von Depressionen. 2014 verursachten die Diagnosen bei den über 60-Jährigen
199 Fehltage pro 100 DAK-Versicherte. Zum Vergleich: Bei den 40bis 44-Jährigen waren es 120 Tage, bei den 30- bis 34-Jährigen 73
Tage und bei den 15- bis 19-Jährigen nur noch 27 Fehltage pro 100
DAK-Versicherte.
Die höchsten Anstiege bei den Ausfalltagen gibt es in der Altersgruppe der 20- bis 24-jährigen Frauen mit 164 Prozent und bei den 30- bis
39-jährigen Männern mit 162 Prozent. In der Altersgruppe der 55- bis
59-Jährigen sind die Anstiege sowohl bei den Frauen als auch bei den
Männern mit 91 und 68 Prozent am geringsten.
Frauen stärker betroffen
Frauen werden deutlich häufiger mit Depressionen krankgeschrieben
als Männer: Während bei den Frauen im Jahr 2014 bereits 144 Ausfalltage pro 100 DAK-Versicherte auf das Konto von Depressionen gingen,
waren es bei den Männern nur 84 – Frauen bleiben also fast doppelt so
viele Tage aufgrund einer Depression der Arbeit fern wie ihre Kollegen.
10
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Fehltage aufgrund von Z73: Probleme mit Bezug
auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung („Burnout“)
12
10,2
Zum Vergleich:
Depressionen 2014
10
111,5
8
Burnout (Z73)
6,7
Depressionen
(F32 + F33)
5,2
5,4
4,0
4
0
8,0
5,2
6
2
10,0
0,6
2004
1,2
2005
1,8
2006
2,8
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
i
Die Zusatzdiagnose Burnout (Z73) wurde in den Jahren
2011 und 2012 auffallend oft vergeben. Jetzt gibt es eine
Trendwende: Die Krankschreibungen gehen kontinuierlich zurück. Seit 2012 hat sich die Anzahl der Fehltage
fast halbiert (minus 48 Prozent). Dem gegenüber steigt
die Zahl diagnostizierter anderer psychischer Erkrankungen, wie beispielsweise der Depressionen oder Anpassungsstörungen, stärker an.
Laut DAK-Statistik entfielen 2012 auf 1.000 DAK-Versicherte noch 100 Fehltage wegen Burnout (Z73). In 2013
sank die Zahl auf 67 Tage. Im Jahr 2014 waren es noch
52 Tage. Der jahrelange steile Anstieg – von sechs Ausfalltagen in 2004 auf 100 Tage in 2012 – wurde somit
gestoppt. Zum Vergleich: Die Anzahl der Fehltage auf-
grund von Depressionen hat sich in den vergangenen
13 Jahren um 178 Prozent erhöht, bei Anpassungsstörungen sogar mehr als verdreifacht.
Die DAK-Gesundheit sieht als Grund für diese Entwicklung unter anderem einen offeneren und differenzierteren Umgang von Ärzten und Patienten sowie ein
verändertes Bewusstsein und Sensibilität, wenn es um
das Thema Burnout, aber auch um psychische Erkrankungen im Allgemeinen geht. Burnout wird heute eher
als Risikozustand, nicht als Krankheit verstanden. Eine
zunehmend differenziertere Diagnosepraxis führt mittlerweile dazu, dass häufiger eine Anpassungsstörung
oder Depression benannt wird, die eigentlich hinter
dem Burnout steckt.
Bild: thinkstock.de/iStock/adanv1
Trendwende beim Burnout – deutlich weniger Ausfälle
11
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Der Fokus der DAK-Analyse liegt auf
Anpassungs- und Angststörungen
Besonderer Fokus auf die Top zwei und vier
Da Depressionen einen prominenten Platz unter den psychischen Erkrankungen haben, verwundert es nicht, dass es mittlerweile zahlreiche Studien und Analysen zu diesem Thema gibt. Weniger Beachtung in der öffentlichen Diskussion finden die Psychodiagnosen auf dem zweiten und
vierten Platz. Deshalb sollen die Anpassungsstörungen (F43) und Angststörungen (F41) im Folgenden etwas ausführlicher analysiert werden.
Anpassungsstörungen
Bild: Thinkstock.de/iStock/Yezik
Starker Anstieg, kurze Dauer
Als Anpassungsstörung wird die krankhafte Reaktion auf ein belastendes Ereignis bezeichnet. Das kann der Tod des Partners sein, die Flucht
aus einem Krisengebiet oder eine schwere Krebserkrankung. Aber auch
Probleme am Arbeitsplatz können so belastend werden, dass eine Anpassungsstörung daraus resultiert. Kurzum, die Diagnose ist abhängig
von der ganz individuell ausgeprägten Resilienz, der seelischen Widerstandsfähigkeit der Menschen. Wer unter einer Anpassungsstörung leidet, fühlt sich überfordert, ist depressiv oder ängstlich. Einige Patienten
reagieren mit verändertem Verhalten – sie sind aggressiv, flüchten sich in
Alkohol- oder Drogenkonsum oder werden sogar gewalttätig. Kommen
Suizidgedanken hinzu, kann die Anpassungsstörung lebensbedrohlich
12
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
werden. Die Diagnose manifestiert sich nicht selten auch in körperlichen
Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Problemen, Magen-Darm-Erkrankungen oder Rückenschmerzen. Im Unterschied zu anderen psychischen Erkrankungen sind Anpassungsstörungen von eher kurzer Dauer: In der Regel halten sie nach Beendigung des belastenden Ereignisses nicht länger
als sechs Monate an. Auch die Ausfallzeiten im Job sind eher kurz: Laut
DAK-Statistik fehlten die Betroffenen im Jahr 2014 im Schnitt 22,3 Tage.
Häufig gehen Anpassungs­störungen
mit körperlichen Beschwerden einher
Neben den Beeinträchtigungen, die mit der Erkrankung einhergehen,
leiden die Betroffenen oft unter dem Unverständnis ihres Umfelds.
Belastung und Stress werden subjektiv empfunden und entsprechend
verarbeitet: Was der eine gut wegsteckt, kann den anderen völlig aus
der Bahn werfen. Treffen Patienten mit Anpassungsstörungen auf wenig rücksichtsvolle oder gar abwertende Mitmenschen, verschlimmert
sich ihre Situation. Sie ziehen sich zurück und begeben sich damit in eine
Abwärtsspirale.
Stärkster Anstieg der Fehltage
Im Hinblick auf die Fehltage im Job verzeichnet keine andere Psychodiagnose eine stärkere Steigerungsrate als die Anpassungsstörungen. Seit
dem Jahr 2000 hat sich die Anzahl der Ausfalltage mehr als verdreifacht
(206 Prozent). Jeder sechste Fehltag mit einer F- D iagnose ist eine Anpassungsstörung – damit liegt die Diagnose auf dem zweiten Platz der
psychischen Erkrankungen. Im Jahr 2014 entfielen auf 100 DAK-Versicherte 42 Fehltage.
Anpassungsstörungen
verzeichnen die stärksten
Steigerungsraten
Frauen öfter krank
Wie bei allen psychischen Erkrankungen wird auch die Diagnose F43 bei
Frauen nahezu doppelt so oft gestellt wie bei Männern (vgl. Fallzahl 2,6
zu 1,3). Auch die Anzahl der Ausfalltage ist bei den Frauen fast doppelt
so hoch: Während bei 100 weiblichen DAK-Versicherten im vergangenen
Jahr 57 Fehltage auf das Konto der Anpassungsstörungen gingen, waren
es bei den Männern nur 29. Besonders betroffen sind die älteren Arbeitnehmerinnen: Die 50- bis 59-jährigen Frauen verursachten fast doppelt so
viele AU-Tage wie die 15- bis 24-Jährigen.
Hohe Steigerungsraten bei jungen Männern
Obwohl ältere Menschen häufiger mit Anpassungsstörungen krankgeschrieben werden, lohnt der Blick auf die jungen Arbeitnehmer.
Auffällig ist, dass die 15- bis 19-jährigen Männer die höchste Steigerungsrate bei den Ausfalltagen aufgrund dieser Diagnose haben.
Zwischen 2005 und 2014 ist die Anzahl um 247 Prozent gestiegen.
Auch in der Gruppe der 25- bis 29-Jährigen verzeichnete die DAKGesundheit im vergangenen Jahr 191 Prozent mehr Fehltage wegen
Anpassungsstörungen als noch vor zehn Jahren. Bei den Frauen ist
der Anstieg mit Blick auf die Fehltage deutlich weniger rasant – dafür
ist die Betroffenenquote insgesamt höher.
Immer mehr männliche
Berufseinsteiger leiden
unter Anpassungsstörungen
13
Bild: Thinkstock.de/DigitalVision/Phil Ashley
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Angststörungen
Angst ist ein überlebenswichtiger
Mechanismus, der aus
den Fugen geraten kann
14
Große Belastung, lange Fehlzeiten
Angst ist eine überlebenswichtige Reaktion des Menschen: Kleine Kinder
fangen an zu weinen, wenn sie Mama oder Papa im Supermarkt aus den
Augen verlieren. Jungen Leuten klopft das Herz beim ersten Vorstellungsgespräch. Und Autofahrer bekommen bei einem Beinahe-Unfall einen
Adrenalinstoß. Der Körper reagiert auf eine bedrohliche, ungewisse oder
unkontrollierbare Situation. Er steigert Herzschlag und Blutdruck, spannt
die Muskeln an, weitet die Bronchien und schüttet zusätzliche Energien
in Form von Blutzucker aus – alles, um im Zweifelsfall weglaufen oder
kämpfen zu können. Ein biologischer Mechanismus, der unseren Vorfahren in freier Wildbahn das Leben sicherte. Bei Patienten, die unter einer
Angststörung leiden, ist dieser natürliche Mechanismus aus den Fugen
geraten. Die Angst entwickelt eine Eigendynamik und plagt sie auch in
ganz normalen Alltagssituationen. Den Betroffenen klopft das Herz bis
zum Hals, sie fangen heftig an zu schwitzen. Oft folgen Schwindel- und
Ohnmachtsgefühle. Die Angst überfällt sie ungewöhnlich stark und hält
oft auch nach der auslösenden Situation noch an. Die Attacken treten immer häufiger auf und sind nicht mehr zu kontrollieren. Wenn Ängste über
das normale Maß hinausgehen, unangemessen stark auftreten, häufig
vorkommen und lange andauern, werden sie irgendwann zur Krankheit.
Die Betroffenen entwickeln Angst vor der Angst und beginnen, angstauslösende Situationen zu vermeiden.
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Platz vier der Psychodiagnosen
Krankhafte Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen – sie rangieren hinter Depressionen, Anpassungsstörungen
und neurotischen Störungen auf Platz vier. Pro 100 DAK-Versicherte gingen 2014 rund 16 Tage auf das Konto der Diagnose F41. Angststörungen
treiben – neben den Anpassungsstörungen und den Depressionen – in
besonderem Maße die Fehlzeiten bei der Arbeit hoch. Die Zahl der Ausfalltage verursacht durch Angststörungen kletterte in den vergangenen
15 Jahren um 160 Prozent.
Die Zahl der Ausfalltage
aufgrund von Angststörungen ist
um 160 Prozent gestiegen
Hohe Steigerungsraten bei jungen Frauen
Auffällig dabei sind die hohen Steigerungsraten bei jungen Frauen:
Zwischen 2005 und 2014 hatten die 15- bis 19-jährigen Frauen einen
Anstieg bei den Fehltagen um 138 Prozent, die 20- bis 24-Jährigen
sogar um 155 Prozent. Bei den jungen Männern in derselben Altersgruppe waren es nur 4,1 Prozent. Trotz der hohen Steigerungsrate ist die
absolute Zahl der Fehltage wegen Angststörungen in der jungen Altersgruppe vergleichsweise gering. Bezogen auf 100 DAK-Versicherte hatten
2014 die 20- bis 24-Jährigen nur neun Fehltage mit Diagnose F41, die
über 60-Jährigen hingegen 25 Tage.
i
Angststörungen sind besonders verhaltenstherapeutisch sehr gut zu behandeln. Trotzdem brauchen die
Patienten mitunter Jahre, bis sie die richtige Therapie
bekommen. Einer der Gründe dafür ist, dass die
Betroffenen zunächst an eine körperliche Erkrankung
denken. Herzrasen, Engegefühl in der Brust, Atemnot
– die Symptome einer Panikattacke ähneln tatsächlich denen schwerer körperlicher Erkrankungen,
einem Herzinfarkt beispielsweise. Der behandelnde
Arzt betreibt entsprechend Ursachenforschung und
der Patient fordert auch weiterführende Untersuchungen ein, weil er wissen will, welche Krankheit er
hat und wie diese zu behandeln ist. Auf diese Weise
geht wertvolle Zeit verloren – der Leidensdruck der
Betroffenen wächst ins Unerträgliche. Dabei gibt
es inzwischen effektive Methoden, um Ängste und
Phobien zu besiegen. Am erfolgreichsten ist die Verhaltenstherapie. Hierbei lernen die Patienten, angstauslösende Situationen aufzusuchen, die Angst- und
Panikreaktion zu bewältigen und nicht gleich beim
ersten Schweißausbruch zu flüchten. Sie erfahren,
dass die auftretenden Symptome nicht lebensbedrohlich sind und nach einiger Zeit von selbst wieder
verschwinden. Bei der Verhaltenstherapie liegt die
Erfolgsquote zwischen 70 und 90 Prozent. Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Patient darauf
einlässt, während der Therapie die unangenehmen,
angsteinflößenden Situationen zu durchleben.
Bild: Thinkstock.de/iStock/Tantoon Studio
Erfolgreiche Verhaltenstherapie
15
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Bild: Thinkstock.de/iStock/Cameron Whitman
Angst beeinflusst den Alltag der
Betroffenen immens
Angst, Panik oder Phobie?
Bei Angsterkrankungen unterscheiden Ärzte und Psychologen zwischen
Panikstörung, Phobien und der generalisierten Angststörung. Bei der Panikstörung treten die Attacken plötzlich, wie aus heiterem Himmel auf –
ganz im Gegensatz zur generalisierten Angststörung, die durch eine ständige Sorge um alles und jeden gekennzeichnet ist. Die Phobien sind noch
einmal unterteilt: Agoraphobie beschreibt die Angst, sich auf öffentlichen
Plätzen aufzuhalten. Dazu gehört auch die Angst, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder einkaufen zu gehen. Bei der sozialen Phobie fürchten die Betroffenen den Umgang mit anderen Leuten, insbesondere, von
diesen abgewertet zu werden. Und wer unter einer spezifischen Phobie leidet, bekommt Panik beim Anblick von Spinnen, Zahnarzt-Bohrern,
in Prüfungen oder im Flugzeug. So unterschiedlich die verschiedenen
Angststörungen auch sind, eines haben sie gemeinsam: Die Betroffenen
verspüren einen erheblichen Leidensdruck. Sie versuchen, die als unerträglich empfundene angstauslösende Situation zu vermeiden. Dadurch
sind sie in ihren täglichen Aktivitäten derart eingeschränkt, dass die Angst
schließlich das Leben bestimmt.
16
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
Neurotische Störungen
Verliert ein alter Begriff an Relevanz?
Neurotische Störungen manifestieren sich häufig in starker körperlicher und
geistiger Müdigkeit oder einem Gefühl von Entfremdung. Während die Zahl der
Fehltage aufgrund von Depressionen oder Anpassungsstörungen nahezu kontinuierlich steigt, ist die Entwicklung bei den anderen neurotischen Störungen
(F48) leicht rückläufig: Nach einem Höchststand von 25 AU-Tagen auf 100 DAKVersicherte im Jahr 2012 pendelte sich der Wert auf 21 Tage im vergangenen
Jahr ein. Damit belegte die Diagnose den dritten Platz unter den Seelenleiden.
Im Gegensatz zu anderen
Psychodiagnosen ist die Tendenz bei
den neurotischen Störungen rückfällig
Auch beim Vergleich der Jahre 2000 und 2014 fällt auf, dass der Anstieg bei
den Fehltagen aufgrund neurotischer Störungen verhältnismäßig gering ist.
Im Jahr 2000 entfiehlen 19 Fehltage mit dieser Diagnose auf hundert Versicherte, im vergangenen Jahr waren es lediglich zwei Tage mehr.
„Statt einer neurotischen Störung werden heute vermehrt Anpassungsoder Angststörungen diagnostiziert“, sagt Unger. „Der alte Begriff spielt
eine immer geringere Rolle, die Diagnose entwickelt sich zu einer Restkategorie. Das erklärt auch die rückläufige Tendenz bei Fehltagen.“
Frauen vorn
Mit 29 Fehltagen pro 100 DAK-Versicherte liegen die Frauen auch bei den neurotischen Störungen weit vor den Männern – auf sie entfielen nur halb soviele Tage (14 Tage/100 Versicherte). Besonders viele Ausfalltage gehen auf das
Konto der 55- bis 59-jährigen Arbeitnehmerinnen (39 Tage/100 Versicherte). Bei
den Männern ist die Generation 60 plus mit 26 Fehltagen besonders betroffen.
Frauen sind auch von dieser
Diagnose deutlich häufiger
betroffen als Männer
Starker Anstieg bei jungen Männern
Beim Blick auf die Altersgruppen fällt eine extreme Steigerung bei den 15- bis
19-jährigen Männern auf: Der Anteil der Fehltage mit neurotischen Störungen
i
Kosten für die Kassen
Die Leistungsausgaben für
psychische Erkrankungen steigen
konstant an. Allein bei der DAKGesundheit sind im vergangenen
Jahr 254 Millionen Euro für vertragsärztliche psychotherapeutische Leistungen angefallen. Zum
Vergleich: Noch vor fünf Jahren
waren es 54 Millionen weniger.
Der volkswirtschaftliche Schaden ist noch höher: Bereits
2011 hat die Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
(BAuA) die direkten Krankheitskosten auf fast 16 Milliarden
Euro pro Jahr beziffert – Tendenz
steigend. Laut Berechnungen der
BAuA könnten sie sich bis 2030
noch einmal verdoppeln. Dabei
ist der Anteil der indirekten
Kosten, die durch verminderte
Produktivität oder vorzeitige
Verrentung entstehen, noch nicht
berücksichtigt.
17
Bild: Thinkstock.de/iStock/Evgeny Sergeev
KAPITEL 1
DIAGNOSEN IM DETAIL
ist seit 2005 um 236 Prozent gewachsen. Dennoch liegt der Höchstwert von vier
AU-Tagen im Jahr 2014 deutlich unter den Fehlzeiten der älteren Arbeitnehmer.
Somatoforme Störungen
Somatoforme Störungen
manifestieren sich in
körperlichen Beschwerden
Körperliche Beschwerden, seelische Ursache
Als somatoforme Störungen gelten körperliche Beschwerden, für die es keine hinreichenden organischen Ursachen gibt. Dazu gehören zum Beispiel
Magen-Darm-Probleme, Schmerzen oder unangenehme Hautempfindungen
wie Jucken oder Brennen. Die Diagnose F45 ist im Hinblick auf die Fehltage
die fünfthäufigste unter den psychischen Erkrankungen. Bei den Frauen verursachte sie im vergangenen Jahr fast doppelt so viele Fehltage (21 Tage/100
Versicherte) wie bei den Männern (12 Fehltage/100 Versicherte).
Moderate Steigerung
Ähnlich wie bei den neurotischen Störungen ist die Entwicklung in diesem
Bereich etwas weniger dramatisch als bei den Depressionen, Angst- oder
Anpassungsstörungen: 2000 gingen zehn Fehltage pro 100 Versicherte auf
das Konto der somatoformen Störungen, 2014 waren es 16 Tage.
Besonders bei den Männern ist
der Anstieg im Bereich der
somatoformen Störungen hoch
Viele Fehltage bei den 50- bis 54-Jährigen
Bei der Mehrheit der psychischen Erkrankungen ist die Anzahl der Fehltage bei den über 60-Jährigen besonders hoch. Einen kleinen Unterschied
gibt es bei den somatoformen Störungen: Hier betrifft der höchste Fehltage-Wert (21,8 Tage/100 Versicherte) die Altersgruppe der 50- bis 54-Jährigen. Danach gibt es keine Steigerung mehr, die Generation 60 plus verzeichnet sogar etwas weniger Fehltage (21,2/100 Versicherte).
Deutlicher Anstieg bei Männern
Frauen haben mehr Fehltage aufgrund somatoformer Störungen als Männer, aber der Anstieg der Fehltage ist in vielen Altersgruppen bei den
Männern höher: Bei den 15- bis 19-jährigen Männern stieg der Wert um
167 Prozent an und auch bei den 25- bis 29-Jährigen verdoppelte sich die
Anzahl der Fehltage zwischen den Jahren 2005 und 2014.
18
KAPITEL 1
BRANCHEN IM BLICK
Branchen im Blick
Besonders viele Fehltage im Gesundheitswesen
Krankschreibungen aufgrund von psychischen Erkrankungen sind je nach
Berufsgruppe sehr unterschiedlich verbreitet. Insgesamt, also über alle
Branchen hinweg, betrug das Volumen der Ausfalltage bei psychischen
Erkrankungen im Jahr 2014 durchschnittlich 237 Tage pro 100 Versicherte.
Einige Branchen liegen deutlich über diesem Wert.
Vor allem zwei Wirtschaftsgruppen fallen auf: das Gesundheitswesen und
die öffentliche Verwaltung. Sie liegen übrigens nicht nur bei den psychischen
Erkrankungen an der Spitze, sondern im gesamten Krankheitsgeschehen.
Im Gesundheitswesen lag die Anzahl der durch psychische Erkrankungen
verursachten Ausfalltage mit 51 Prozent deutlich über dem DAK-Durchschnitt. Die Branche verzeichnete 358 Fehltage pro 100 Versicherte. Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung verzeichneten 31 Prozent mehr
Ausfalltage als der Durchschnitt der Branchen. Psychische Erkrankungen
verursachten hier 311 Tage pro 100 Versicherte.
Gesundheitswesen und öffentliche
Verwaltung liegen bei den Fehltagen
aufgrund psychischer Erkrankungen vorn
Bild: Thinkstock.de/iStock/upixa
Ganz anders sieht es bei den Branchen Baugewerbe mit „nur“ 148 Tagen,
Rechtsberatung und andere Unternehmensdienstleistungen mit 167 Tagen sowie Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau mit 178 Tagen aus. Hier fehlten
vergleichsweise wenig Beschäftigte aufgrund von psychischen Erkrankungen.
Die Branche Organisation und Verbände entspricht mit 238 Fehltagen pro 100
Versicherten in etwa dem Durchschnitt der DAK-Versicherten. Auffällig ist auch
die Branche Banken und Versicherungen: Sie hat zwar einen weit unterdurchschnittlichen Gesamtkrankenstand (20 Prozent Abweichung nach unten), liegt
aber bei den psychischen Erkrankungen im Durchschnitt. Ähnlich verhält es
sich bei der Branche Datenverarbeitung und Informationsdienstleistungen (siehe Grafiken auf den nächsten Seiten).
19
KAPITEL 1
BRANCHEN IM BLICK
Fehltage pro 100 Versicherte aufgrund psychischer Erkrankungen
nach Wirtschaftsgruppen
358,3
Gesundheitswesen
311,1
Öffentliche Verwaltung
Verkehr, Lagerei und Kurierdienste
243,9
Organisationen und Verbände
238,4
231,4
Banken, Versicherungen
224,7
Handel
Datenverarbeitung und
Informationsdienstleistungen
218,4
Bildung, Kultur, Medien
212,9
Nahrungs- und Genussmittel
203,0
sonstige Dienstleistungen
202,5
Holz, Papier, Druck
201,7
Chemische Industrie
186,6
Land-, Forst-, Energie- und Abfallwirtschaft
186,0
181,5
sonstiges verarbeitendes Gewerbe
178,1
Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau
Rechtsberatung u. a.
Unternehmensdienstleistungen
167,0
148,3
Baugewerbe
237,3
DAK gesamt
0
20
100
200
300
400
KAPITEL 1
BRANCHEN IM BLICK
Abweichungen vom DAK-Durchschnitt nach Branchen
14,7 %
Gesundheitswesen
13,8 %
Öffentliche Verwaltung
Verkehr, Lagerei und Kurierdienste
-16,0 %
0,5 %
-20,3 %
Banken, Versicherungen
-4,2 %
-5,3 %
-24,5 %
-10,3 %
Nahrungs- und Genussmittel
-14,5 %
sonstige Dienstleistungen
-14,7 %
Holz, Papier, Druck
-15,0 %
Chemische Industrie
-21,4 %
Land-, Forst-, Energieund Abfallwirtschaft
-21,6 %
sonstiges verarbeitendes Gewerbe
Abweichungen vom
DAK-Durchschnitt bei
psychischen Erkrankungen
-8,0 %
-23,8 %
Bildung, Kultur, Medien
Maschinen-, Anlagenund Fahrzeugbau
Abweichungen vom
DAK-Durchschnitt bei
allen Erkrankungen
-2,5 %
Handel
Datenverarbeitung und
Informationsdienstleistungen
31,1 %
16,0 %
2,8 %
Organisationen und Verbände
51,0 %
10,2 %
-5,7 %
-0,8 %
0,8 %
4,5 %
-2,0 %
-23,5 %
-7,0 %
-25,0 %
Rechtsberatung u. a.
-20,2 %
Unternehmensdienstleistungen -29,6 %
Baugewerbe
-3,3 %
-37,5 %
-40 % -20 %
0%
20 %
40 %
21
KAPITEL 1
INTERVIEW MIT DR. HANS-PETER UNGER
„Der Handlungs- und
Behandlungsbedarf
steigt“
Interview mit Dr. Hans-Peter Unger, Chefarzt des Zentrums für
seelische Gesundheit in der Asklepios Klinik Hamburg-Harburg
Die tatsächliche Anzahl
der Betroffenen ist nicht
signifikant gestiegen
Immer mehr Fehltage werden durch psychische
Erkrankungen verursacht. Wie erklären Sie diesen Trend?
Man muss zwischen der rasanten Entwicklung der AU-Zahlen und
der tatsächlichen Prävalenz psychischer Krankheiten unterscheiden:
Es gibt heute nicht mehr psychisch kranke Menschen als vor zehn
oder zwanzig Jahren, sie werden aber besser diagnostiziert und weniger stigmatisiert. Fakt ist, dass der Handlungs- und Behandlungsbedarf weiter steigt. Epidemiologische Studien zeigen, dass rund
40 Prozent der Menschen in Deutschland mindestens einmal im
Leben an einer behandlungsbedürftigen psychischen Krise erkranken.
Viele Fälle bleiben also auch heute noch unerkannt.
Warum werden psychische Erkrankungen in Ballungszentren
häufiger diagnostiziert als im ländlichen Raum?
Der Stresspegel ist in Großstädten höher. Untersuchungen belegen,
dass Menschen, die auf dem Land aufwachsen, weniger auf Stress
anspringen als Städter. Außerdem ist in der städtischen Community
das Gesundheitsbewusstsein größer. Psychische Probleme werden
deshalb schneller als solche benannt und diagnostiziert. Nicht zuletzt korreliert die Inanspruchnahme von Behandlungen auch mit der
Dichte des Angebots – und die ist in Städten naturgemäß höher als
in ländlichen Gegenden.
Der Satz „ich bin gestresst”
gehört für viele zum guten Ton
22
Sind psychische Erkrankungen heute salonfähiger als vor zehn Jahren?
Es gibt in jedem Fall einen Shift zu Psychothemen und eine Abnahme der Stigmatisierung. Heute spielen körperliche Belastungen in
der Arbeitswelt nicht mehr eine so große Rolle wie beispielsweise
in der Produktionsgesellschaft der 70er-Jahre. Wir haben kaum
noch Probleme mit Hygienemängeln, die Arbeitsplatzbedingungen
sind deutlich besser geworden. Krankheit steht immer auch im
gesellschaftlichen Kontext. Früher wurde beispielsweise die Krankheit Neurasthenie mit der Industrialisierung und der Verdichtung
KAPITEL 1
INTERVIEW MIT DR. HANS-PETER UNGER
des Verkehrswesens begründet, heute sind es Digitalisierung und
globale Vernetzung, die wir mit unseren psychischen Beschwerden
in Verbindung setzen. Für viele gehört der Satz „ich bin gestresst“
mittlerweile zum guten Ton, insofern kann man schon sagen, dass
psychische Leiden ziemlich en vogue sind.
Das zeigt auch der vor einigen Jahren inflationär benutzte Begriff des Burnouts …
Die Burnout-Diskussion ist auch eine Folge der veränderten psychiatrischen Diagnostik. Zu Zeiten als die Diagnoseklassifikation noch nach
dem Systems ICD 9 lief, wurde das jeweilige Modell des Krankheitsentstehens in die Diagnose mit einbezogen. Eine Depression konnte
beispielsweise eine Reaktion auf ein belastendes Ereignis sein, eine
biologische Ursache haben oder Ausdruck eines biografischen Konflikts
sein. Heute haben wir mit dem ICD 10 eine beschreibende Diagnostik
ohne Berücksichtigung der Ursache. Deshalb wird beispielsweise im
öffentlichen Diskurs ein „leerer“ Depressionsbegriff an ein gesellschaftlich wahrgenommenes Unbehagen geknüpft und so gefüllt: „Arbeit macht krank“scheint eine logische Schlussfolgerung zu sein – das
erklärt auch die rege Burnout-Diskussion in den letzten Jahren.
Statt Burnout zu kodieren,
beschränken sich Ärzte mittler­weile auf
die Hauptdiagnosen Depressionen oder
Anpassungsstörungen
Seit ein paar Jahren nimmt die Bedeutung des Burnouts wieder ab. Warum?
Die Ärzte diagnostizieren heute eher eine Depression, eine Anpassungsstörung oder eine Angststörung und verzichten auf die Zusatzdiagnose Burnout. Auch die gesellschaftliche Rezeption verändert sich
langsam: Burnout entwickelt sich von einer typischen Manager-Krankheit zu einem Problem der Niedriglohnempfänger, Alleinerziehenden
oder Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Der Begriff
veredelt nicht mehr die Leistungsstarken und verliert an Popularität.
Sie setzen sich aktiv für betriebliche Prävention ein.
Wie kann man sich vor psychischen Krankheiten schützen?
Wichtig ist, dass körperliche und seelische Warnzeichen rechtzeitig
erkannt werden und das innere Gleichgewicht zwischen Beanspruchung
und Regeneration bewahrt bleibt. Es ist zunächst Sache des Einzelnen,
hierauf zu achten. Doch auch die Unternehmen tragen Verantwortung
für die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Workshops mit Führungskräften sind deshalb wichtig, um an den entscheidenden Stellen
zu sensibilisieren. Im besten Fall steuert der Chef aktiv gegen, bevor
der Mitarbeiter ernsthaft krank wird. Vor allem, wenn Change-Prozesse
anstehen, rücken die Emotionen in den Vordergrund. Die für das Anpacken der Veränderung notwendige Motivation kann schnell in negativen
Gefühlen von Angst, Wut und Resignation steckenbleiben. Daran scheitern entscheidende Veränderungsprozesse in Unternehmen.
23
DAK-Gesundheit/iStock
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
Deutschlandkarte der
psychischen Gesundheit
Von wegen deutsche Einheit: Bei der Analyse der psychischen Erkrankungen
in den einzelnen Bundesländern fallen deutliche Unterschiede auf
Ob Osten oder Westen, Stadtstaat oder Flächenland, Norden oder Süden: Bei der Analyse der Arbeitsunfähigkeit (AU) aufgrund psychischer
Erkrankungen fallen starke Schwankungen im Bundesgebiet auf. So zählen Baden-Württemberg und Bayern die wenigsten AU-Tage mit diesen
Diagnosen. Berufstätige im Saarland hingegen fehlen besonders lange
wegen seelischer Leiden im Job.
Menschen in Westdeutschland
sind häufiger mit
F-Diagnosen krankgeschrieben
24
Auch beim Ost-West-Vergleich zeigen sich deutliche Unterschiede. Der
Anteil der psychischen Erkrankungen am Gesamtkrankenstand liegt in
den westlichen Bundesländern im Jahr 2014 mit 17 Prozent über dem
Wert der östlichen Bundesländer. Dort betrug der Anteil nur 14 Prozent.
Jedoch: Die östlichen Bundesländer holen dramatisch auf. Außerdem
werden Beschäftigte in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin
und Sachsen auffallend oft mit der Diagnose somatoforme Störungen
(F45) krankgeschrieben.
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
Fehltage je 100 Versicherte
aufgrund psychischer Erkrankungen nach Bundesländern (2014)
273,5
258,0
288,7
246,9
292,0
234,5
256,8
255,8
233,3
259,2
234,5
236,7
256,8
305,7
192,5
197,3
< 200 < 250
< 300
Gesamt: 237,3
Fehltage
1.Saarland
305,7
2.Berlin
292,0
3 Hamburg
288,7
4Schleswig-Holstein
273,5
5Brandenburg
259,2
6 Mecklenburg-Vorpommern 258,0
7 Sachsen-Anhalt
256,8
8.Rheinland-Pfalz
256,8
9.Nordrhein-Westfalen
255,8
10. Niedersachsen
234,5
11. Bremen
246,9
12. Hessen
236,7
13. Sachsen
234,5
14. Thüringen
233,3
15. Baden-Württemberg
197,3
16. Bayern
192,5
25
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
In den Stadtstaaten leiden viele
Menschen an Depressionen
Auch bei den einzelnen Diagnosen ergibt sich kein einheitliches Bild: In
den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg leiden vergleichsweise
viele Menschen an einer Depression. Neurotische Störungen werden
vor allem in Hamburg und Berlin diagnostiziert. Bremen hingegen liegt
hier auf dem letzten Platz. Das größte Flächenland Nordrhein-Westfalen bewegt sich bei den psychischen Erkrankungen meist im Mittelfeld. Lediglich bei den Depressionen liegt NRW im Bundesvergleich
auf Platz drei.
Anteil der psychischen Erkrankungen
am Krankenstand in den Bundesländern (2014)
22,3 %
19,2 %
18,8 %
18,3 %
18,3 %
17,1 %
17 %
16,6 %
16,5 %
15,7 %
15,5 %
15 %
14,7 %
14,5 %
14,1 %
13,4 %
19,2
17,1
14,7
22,3
18,3
16,5
14,1
18,3
15
15,7
13,4
17
18,3
15,5
16,6
26
< 15 % < 20 % < 25 %
14,5
Bild: thinkstock.de/iStock/dikobraziy/Hemera/Adrian Sawvel
1. Hamburg
2.Schleswig-Holstein
3.Saarland
4.Berlin
5.Nordrhein-Westfalen
6.Bremen
7.Rheinland-Pfalz
8.Baden-Württemberg
9.Niedersachsen
10. Hessen
11. Bayern
12. Sachsen
13. Mecklenburg-Vorpommern
14. Brandenburg
15. Sachsen-Anhalt
16. Thüringen
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
Prozentualer Anstieg der Fehltage
aufgrund von psychischen
Erkrankungen (2000 bis 2014)
131
203
76
100
1.Sachsen-Anhalt
2.Mecklenburg-Vorpommern
3.Brandenburg
4 Thüringen
5.Sachsen
6.Schleswig-Holstein
7.Nordrhein-Westfalen
8.Rheinland-Pfalz
9.Niedersachsen
10. Hessen
11. Saarland
12. Bremen
13. Baden-Württemberg
14. Bayern
15. Hamburg
16. Berlin
45
115
256 %
203 %
196 %
180 %
149 %
131 %
121 %
115 %
115 %
112 %
112 %
100 %
97 %
86 %
76 %
45 %
196
256
121
112
149
180
115
112
86
97
< 100 %
≥ 100 %
> 200 %
Baden-Württemberg: Verdopplung der Ausfalltage seit dem Jahr 2000
Baden-Württemberg hat traditionell einen sehr niedrigen Krankenstand.
Das ist auch bei den psychischen Erkrankungen der Fall. Dennoch: Ihr
Anteil am Gesamtkrankenstand in Baden-Württemberg liegt bei 16,6 Prozent – und damit im deutschen Mittelfeld.
BadenWürttemberg
Im Jahr 2014 rangierten seelische Leiden in Baden-Württemberg auf Platz
zwei der Krankheitsarten-Statistik. Der Anstieg zum Vorjahr betrug neun
Prozent. Die Zahl der Fehltage erhöhte sich auf 197 Tage pro 100 DAKVersicherte. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl der Ausfalltage bei den
psychischen Erkrankungen nahezu verdoppelt (97 Prozent).
Die meisten Fehltage im Bereich der psychischen Erkrankungen entfallen auf Depressionen (F32 + F33: 94,4 AU-Tage je 100 Versicherte) –
Baden-Württemberg hat
traditionell einen sehr
niedrigen Krankenstand
27
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 32,4 AU-Tage je 100 Versicherte),
neurotischen Störungen (F48: 16 AU-Tage je 100 Versicherte), anderen
Angststörungen (F41: 13 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie somatoformen Störungen (F45: 10,3 AU-Tage je 100 Versicherte).
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen im Durchschnitt
35,1 Tage. Die Betroffenenquote liegt bei 4,1 Prozent und ist damit vergleichsweise gering.
Bayern
Erstmals belegen psychische
Erkrankungen auch in Bayern den
zweiten Platz der Fehltage-Statistik
Bayern: letzter Platz bei Depressionen und Anpassungsstörungen
Bayern weist genau wie Baden-Württemberg insgesamt einen geringen Krankenstand auf und lag in den vergangenen Jahren deutlich unter
dem Bundesdurchschnitt. Der Anteil der psychischen Erkrankungen am
Gesamtkrankenstand lag im Jahr 2014 in Bayern bei 15,5 Prozent und
damit im Bundesvergleich auf Platz elf. Im vergangenen Jahr sind die
Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen wie Depressionen und
Angstzustände im Freistaat um zehn Prozent angestiegen. Sie landeten
damit erstmals auf Platz zwei der AU-Statistik. Die Zahl der Fehltage in
diesem Bereich erhöhte sich auf 193 Tage pro 100 DAK-Versicherte, das
entspricht einem Anstieg um 86 Prozent seit dem Jahr 2000.
Die meisten Fehltage im Bereich der psychischen Erkrankungen werden in Bayern durch Depressionen verursacht (F32 + F33: 92,6 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen
auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 29,8 AU-Tage je 100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 15,8 AU-Tage je
100 Versicherte), anderen Angststörungen (F41: 12,6 AU-Tage je 100
Versicherte) sowie somatoformen Störungen (F45: 12,3 AU-Tage je 100
Versicherte). Bei den Diagnosen Depressionen sowie den Reaktionen
auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen belegt Bayern damit jeweils den letzten Platz im Bundesvergleich. Im Bereich der neurotischen Störungen liegt das Bundesland auf dem vorletzten Platz, bei
den somatoformen Störungen auf dem drittletzten.
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen im Durchschnitt
34,2 Tage. Die Betroffenenquote liegt genau wie in Baden-Württemberg
bei vergleichsweise geringen 4,1 Prozent.
Berlin: Depressionen verursachen viele Fehltage
Berlin liegt bei den psychischen Erkrankungen auf dem zweiten Platz im Bezug auf die Anzahl der Fehltage. Vor allem Depressionen und Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen machen den Berufstätigen in der Hauptstadt zu
schaffen. Der prozentuale Anstieg der Ausfalltage seit 2000 ist mit
45 Prozent im Bundesvergleich am geringsten.
28
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
Im Jahr 2014 lagen die psychischen Erkrankungen in Berlin mit 18,3 Prozent an zweiter Stelle aller Krankheitsarten. Die Zahl der Fehltage in diesem Bereich stieg auf 292 Tage pro 100 DAK-Versicherte an. Die meisten
Fehltage im Bereich der psychischen Erkrankungen entfallen in Berlin auf
Depressionen (F32 + F33: 135,4 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 61,9 AU-Tage je 100 Versicherte), neurotischen
Störungen (F48: 26,1 AU-Tage je 100 Versicherte), anderen Angststörungen (F41: 17,8 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie somatoformen Störungen
(F45: 21,6 AU-Tage je 100 Versicherte). Bei den Diagnosen Depressionen
sowie den Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen lag Berlin damit jeweils auf Platz zwei im Bundesvergleich.
Berlin
In Berlin ist die Betroffenenquote
vergleichsweise hoch
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen in Berlin im
Durchschnitt 35,6 Tage. Die Betroffenenquote liegt bei 5,8 Prozent und
ist damit vergleichsweise hoch.
Brandenburg: höchste Betroffenenquote bei psychischen Leiden
In Brandenburg zeigt sich eine dramatische Zunahme der psychischen
Erkrankungen. Von 2000 bis 2014 haben sich die Ausfalltage bei Seelenleiden nahezu verdreifacht (195,7 Prozent). Allein im Jahr 2014 sind psychische Erkrankungen um elf Prozent angestiegen und lagen auf Platz
zwei der AU-Statistik.
Brandenburg
Die Zahl der Fehltage im Bereich der psychischen Erkrankungen stieg
auf 259,2 Tage pro 100 DAK-Versicherte. Depressionen verursachen in
Brandenburg die meisten Ausfalltage (F32 + F33: 114,2 AU-Tage je 100
Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 59,9 AU-Tage je 100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 20,3 AU-Tage je 100 Versicherte),
somatoformen Störungen (F45: 22,9 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie
anderen Angststörungen (F41: 16,1 AU-Tage je 100 Versicherte). Bei den
somatoformen Störungen liegt Brandenburg auf dem ersten Platz im
Bundesvergleich, bei den Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen auf Platz zwei.
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen in Brandenburg
im Durchschnitt 31,5 Tage. Neben Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern bleiben Beschäftigte aus Brandenburg damit am kürzesten mit einer psychischen Erkrankung der Arbeit fern. Die Betroffenenquote liegt
bei 6,1 Prozent – das ist der Spitzenwert aller Bundesländer.
Die Brandenburger sind relativ
kurz krankgeschrieben
Bremen: letzter Platz bei somatoformen und neurotischen Störungen
Bremen liegt beim Anteil der psychischen Erkrankungen am Krankenstand auf Platz fünf im Bundesvergleich. Von 2000 bis 2014 haben sich
die Ausfalltage bei Seelenleiden verdoppelt (100 Prozent). Vor allem
29
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
Depressionen und Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen beeinträchtigen die Beschäftigten im Stadtstaat. Bei
den somatoformen und anderen neurotischen Störungen belegt Bremen den letzten Platz im Bundesvergleich.
Bremen
Bremen liegt bei den
somatoformen und neurotischen
Störungen auf dem letzten Platz
Im Jahr 2014 betrug der Anteil der psychischen Erkrankungen am Gesamtkrankenstand 17,1 Prozent und belegt damit Platz zwei aller Krankheitsarten
in Bremen. Die Zahl der Fehltage in diesem Bereich stieg auf 246,9 Tage
pro 100 DAK-Versicherte. Die meisten Fehltage im Bereich der psychischen
Erkrankungen entfallen in Bremen auf Depressionen (F32 + F33: 119,4 AUTage je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen
auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 43,6 AU-Tage
je 100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 15,4 AU-Tage je 100 Versicherte), somatoformen Störungen (F45: 9,7 AU-Tage je 100 Versicherte)
sowie anderen Angststörungen (F41: 16,7 AU-Tage je 100 Versicherte).
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen in Bremen im
Durchschnitt 33,5 Tage. Die Betroffenenquote liegt bei fünf Prozent und
damit im Mittelfeld aller Bundesländer.
Hamburg: Seelenleiden spielen besonders große Rolle
In Hamburg ist der Anteil der psychischen Erkrankungen am Gesamtkrankenstand mit 22,3 Prozent deutschlandweit am größten. Seelenleiden
waren im Jahr 2014 erneut die häufigste Ursache für Krankschreibungen
in der Hansestadt. Von 2000 bis 2014 stiegen die Ausfalltage um 75,5
Prozent. Besonders auf Depressionen und neurotische Störungen entfielen viele Fehltage.
Hamburg
Nirgends ist der Anteil psychischer
Leiden am Gesamtkrankenstand höher
Allein im Jahr 2014 sind die psychischen Erkrankungen um zehn Prozent angestiegen. Die Zahl der Fehltage stieg auf 288,7 Tage pro 100
DAK-Versicherte. Die meisten Ausfalltage im Bereich der psychischen
Erkrankungen entfallen auf Depressionen (F32 + F33: 153,5 AU-Tage je
100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf
schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 41,9 AU-Tage je
100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 31 AU-Tage je 100 Versicherte), anderen Angststörungen (F41: 17,3 AU-Tage je 100 Versicherte)
sowie somatoformen Störungen (F45: 14,8 AU-Tage je 100 Versicherte).
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen in Hamburg im Durchschnitt 38,6 Tage. Nach dem Saarland bleiben Beschäftigte aus der Hansestadt
damit am längsten mit einer psychischen Erkrankung der Arbeit fern. Die Betroffenenquote liegt in Hamburg bei 5,2 Prozent und damit im Mittelfeld.
Hessen: Ausfalltage mehr als verdoppelt
Wenn es um die Anzahl der Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen geht, liegen die Hessen im Bundesvergleich im unteren Mittel-
30
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
feld (Platz elf). Der Anteil der Seelenleiden am Gesamtkrankenstand liegt
bei 15,7 Prozent. Dennoch: Von 2000 bis 2014 haben sich die Ausfalltage
mehr als verdoppelt (112,1 Prozent). Allein im Jahr 2014 sind psychische
Erkrankungen um zwölf Prozent angestiegen und lagen auch in Hessen
auf Platz zwei der Krankheitsarten. Die Zahl der Fehltage in diesem Bereich stieg auf 236,7 Tage pro 100 DAK-Versicherte. Die meisten Ausfalltage entfallen auf Depressionen (F32 + F33: 112,2 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere
Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 37,4 AU-Tage je 100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 23,6 AU-Tage je 100 Versicherte),
anderen Angststörungen (F41: 16 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie somatoformen Störungen (F45, 15,9 AU-Tage je 100 Versicherte).
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen im Durchschnitt
34,6 Tage. Die Betroffenenquote liegt bei fünf Prozent.
Hessen
Die Hessen liegen bei den
psychischen Erkrankungen im
unteren Mittelfeld
Mecklenburg-Vorpommern: hohe Betroffenenquote
In Mecklenburg-Vorpommern ist ein dramatischer Anstieg der psychischen Erkrankungen zu beobachten: Von 2000 bis 2014 hat sich die Zahl der Fehltage
mehr als verdreifacht (203,1 Prozent). Nur Sachsen-Anhalt verzeichnet einen
noch größeren Anstieg. In Mecklenburg-Vorpommern verursachen somatoforme Störungen besonders viele Fehltage.
Allein im Jahr 2014 sind psychische Erkrankungen um zehn Prozent angestiegen und lagen mit 14,7 Prozent auf Platz zwei der Krankheitsarten. Die Zahl der Fehltage in diesem Bereich stieg auf 258 Tage pro 100
DAK-Versicherte. Die meisten entfallen in Mecklenburg-Vorpommern auf
Depressionen (F32 + F33: 110,3 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 57,1 AU-Tage je 100 Versicherte), neurotischen
Störungen (F48: 24,3 AU-Tage je 100 Versicherte), somatoformen Störungen (F45: 22,3 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie anderen Angststörungen
(F41: 18,6 AU-Tage je 100 Versicherte).
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern im Durchschnitt 31,5 Tage. Die Betroffenenquote
liegt bei sechs Prozent und ist damit bundesweit die zweithöchste
hinter Brandenburg.
MecklenburgVorpommern
Mecklenburg-Vorpommern hat die
zweithöchste Betroffenenquote
Niedersachsen: starker Anstieg, aber bundesweit im Mittelfeld
Niedersachsen befindet sich im Bundesvergleich im Mittelfeld bei
den psychischen Erkrankungen. Der Anteil der Seelenleiden am
Gesamtkrankenstand liegt bei 16,5 Prozent. Doch auch in Niedersachsen ist ein starker Anstieg der Seelenleiden zu beobachten:
Von 2000 bis 2014 haben sich die Ausfalltage mehr als verdoppelt
(114,7 Prozent).
31
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
Niedersachsen
Im Jahr 2014 sind psychische Erkrankungen um acht Prozent angestiegen, sie lagen auf Platz zwei der AU-Statstik. Allein die Ausfalltage
aufgrund von Depressionen nahmen um etwa ein Fünftel zu. Die Zahl
der Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen stieg auf
234,5 Tage pro 100 DAK-Versicherte.
Die meisten Fehltage entfallen in Niedersachsen auf Depressionen
(F32 + F33: 107,2 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand
gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungs­
störungen (F43: 43,4 AU-Tage je 100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 24 AU-Tage je 100 Versicherte), somatoformen Störungen
(F45: 17,4 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie anderen Angststörungen
(F41: 14,7 AU-Tage je 100 Versicherte).
Auch in Niedersachsen sind
Depressionen die mit Abstand
häufigste psychische Erkrankung
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen im Durchschnitt
34,3 Tage. Die Betroffenenquote liegt bei fünf Prozent.
Nordrhein-Westfalen: Depressionen und Anpassungsstörungen vorn
Nordrhein-Westfalen rangiert mit einem Anteil von 18,3 Prozent der
psychischen Erkrankungen am Krankenstand auf Platz vier im Bundesvergleich. Vor allem Depressionen und Reaktionen auf schwere
Belastungen und Anpassungsstörungen machen den Berufstätigen in NRW zu schaffen. Mehr noch: Von 2000 bis 2014 haben sich
die Ausfalltage aufgrund von Seelenleiden mehr als verdoppelt
(120,5 Prozent).
NordrheinWestfalen
Nordrhein-Westfalen belegt
bei den psychischen Erkrankungen
den vierten Platz
Im Jahr 2014 lagen die psychischen Erkrankungen in NRW an zweiter
Stelle aller Krankheitsarten. Die Zahl der Fehltage in diesem Bereich
stieg auf 255,8 Tage pro 100 DAK-Versicherte. Die meisten Fehltage
im Bereich der psychischen Erkrankungen entfallen auf Depressionen
(F32 + F33: 125,5 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand
gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungs­
störungen (F43: 42,7 AU-Tage je 100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 21,9 AU-Tage je 100 Versicherte), anderen Angststörungen
(F41: 17,4 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie somatoformen Störungen
(F45: 14,7 AU-Tage je 100 Versicherte).
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen im Durchschnitt 37,2 Tage und ist damit vergleichsweise hoch. Die Betroffenenquote liegt bei fünf Prozent.
Rheinland-Pfalz: Betroffenenquote liegt im Mittelfeld
Rheinland-Pfalz liegt beim Anteil der psychischen Erkrankungen am
Krankenstand auf Platz sechs im Bundesvergleich. Von 2000 bis
2014 haben sich die Ausfalltage bei Seelenleiden mehr als verdoppelt (115,1 Prozent). Im Jahr 2014 stiegen die Fehlzeiten aufgrund psy-
32
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
chischer Erkrankungen um zwölf Prozent an und lagen mit insgesamt
17 Prozent der Ausfälle auf Platz zwei der AU-Statistik. Die Zahl der Fehltage in diesem Bereich stieg auf 246,9 Tage pro 100 DAK-Versicherte.
Die meisten Fehltage im Bereich der psychischen Erkrankungen entfallen
auf Depressionen (F32 + F33: 114,1 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit
deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 47,2 AU-Tage je 100 Versicherte),
neurotischen Störungen (F48: 20,2 AU-Tage je 100 Versicherte), somato­
formen Störungen (F45: 19,7 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie anderen
Angststörungen (F41: 19,1 AU-Tage je 100 Versicherte).
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen in RheinlandPfalz im Durchschnitt 36,3 Tage. Die Betroffenenquote liegt bei 5,1 Prozent und damit im Mittelfeld aller Bundesländer.
RheinlandPfalz
Rheinland-Pfalz liegt in puncto
Seelenleiden im Mittelfeld
Saarland: Betroffene sind am längsten krankgeschreiben
Im Saarland beträgt der Anteil der psychischen Erkrankungen am Krankenstand 18,8 Prozent – das entspricht dem dritten Platz im Bundesvergleich. Lediglich Hamburg und Schleswig-Holstein verzeichnen einen
noch höheren Anteil (22,3 und 19,2 Prozent).
Psychische Erkrankungen waren damit im Jahr 2014 die zweithäufigste
Ursache für Krankschreibungen – hinter Muskel-Skelett-Erkrankungen.
Von 2000 bis 2014 stiegen die Ausfalltage bei Seelenleiden um 112 Prozent. Bei den Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen sowie anderen Angststörungen rangiert das Saarland im
Bundesvergleich auf dem ersten Platz.
Die Zahl der Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen im
Jahr 2014 stieg auf 305,7 Tage pro 100 DAK-Versicherte. Die meisten
Ausfalltage entfallen auf Depressionen (F32 + F33: 122,5 AU-Tage
je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen
auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 68,5 AUTage je 100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 27,9 AU-Tage
je 100 Versicherte), anderen Angststörungen (F41: 26 AU-Tage je 100
Versicherte) sowie somatoformen Störungen (F45: 19,1 AU-Tage je
100 Versicherte).
Saarland
Mit durchschnittlich fast
40 Tagen sind die Saarländer
am längsten mit psychischen
Erkrankungen krankgeschrieben
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen im Saarland
im Durchschnitt 39,7 Tage. Damit bleiben Beschäftigte im Saarland am
längsten mit einer psychischen Erkrankung der Arbeit fern. Die Betroffenenquote liegt bei 5,8 Prozent.
Sachsen: kürzeste Falldauer, dramatische Steigerung
Wenn es um psychische Erkrankungen geht, liegen die Sachsen
im Bundesvergleich im unteren Mittelfeld (Platz elf). Der Anteil der
33
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
Seelenleiden am Gesamtkrankenstand liegt bei 15 Prozent. Doch die
Entwicklung ist dramatisch: Von 2000 bis 2014 haben sich die Ausfalltage verzweieinhalbfacht (149,2 Prozent).
Sachsen
Die Falldauer in Sachsen beträgt
durchschnittlich nur 31 Tage
Allein im Jahr 2014 sind psychische Erkrankungen um 22 Prozent
angestiegen und lagen auf Platz zwei der Krankheitsarten.
Die Zahl der Fehltage in diesem Bereich stieg auf 234,5 Tage
pro 100 DAK-Versicherte. Die meisten Fehltage entfallen in Sachsen
auf Depressionen (F32 + F33: 102,8 AU-Tage je 100 Versicherte) –
mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 52,9 AU-Tage je 100 Versicherte), somatoformen Störungen (F45: 21 AU-Tage je
100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 16,3 AU-Tage
je 100 Versicherte) sowie anderen Angststörungen (F41: 15,7 AUTage je 100 Versicherte).
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen durchschnittlich 30,9 Tage und ist somit die kürzeste im Bundesgebiet. Die Betroffenenquote liegt bei 5,4 Prozent.
Sachsen-Anhalt: Ausfalltage mehr als verdreifacht
Sachsen-Anhalt ist das Bundesland mit dem höchsten prozentualen
Anstieg bei psychischen Erkrankungen in Deutschland. Von 2000 bis
2014 haben sich die Ausfalltage verdreieinhalbfacht (255,7 Prozent).
SachsenAnhalt
Nirgends gibt es einen höheren
prozentualen Anstieg bei psychischen
Erkrankungen als in Sachsen-Anhalt
Allein im Jahr 2014 sind psychische Erkrankungen um 25 Prozent angestiegen und lagen mit einem Anteil am Gesamtkrankenstand von
14,1 Prozent erstmals auf Platz zwei der Krankheitsarten in SachsenAnhalt. Die Zahl der Fehltage in diesem Bereich stieg auf 256,8 Tage
pro 100 DAK-Versicherte. Die meisten Fehltage entfallen auf Depressionen (F32 + F33: 118,6 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit deutlichem
Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 56,9 AU-Tage je 100 Versicherte), somatoformen Störungen (F45: 18,2 AU-Tage je 100 Versicherte), anderen Angststörungen (F41: 21 AU-Tage je 100 Versicherte) sowie neurotischen
Störungen (F48: 17,8 AU-Tage je 100 Versicherte). Bei den Fehltagen,
die durch Angststörungen verursacht werden, liegt Sachsen-Anhalt im
Bundesvergleich auf dem zweiten Platz.
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen durchschnittlich 32,7 Tage. Die Betroffenenquote liegt bei 5,6 Prozent.
Schleswig-Holstein: zweiter Platz bei psychischen Erkrankungen
Das nördlichste Bundesland hat den zweithöchsten Anteil von
psychischen Erkrankungen am Gesamtkrankenstand (19,2 Prozent).
Lediglich in Hamburg ist der Anteil mit 22,3 Prozent noch höher. Von
34
KAPITEL 2
DEUTSCHLANDKARTE DER PSYCHISCHEN GESUNDHEIT
2000 bis 2014 stiegen die Ausfalltage bei Seelenleiden in Schleswig-Holstein um 130,9 Prozent. Im Jahr 2014 sind die psychischen
Erkrankungen um 22 Prozent angestiegen. Allein die Fehltage aufgrund von Depressionen nahmen um ein Drittel zu. Die Zahl der
Ausfalltage stieg insgesamt auf 273,5 Tage pro 100 DAK-Versicherte.
Die meisten entfallen auf Depressionen (F32 + F33: 132,8 AU-Tage
je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 42,6
AU-Tage je 100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 27 AUTage je 100 Versicherte), anderen Angststörungen (F41: 20,4 AUTage je 100 Versicherte) sowie somatoformen Störungen (F45:
19,4 AU-Tage je 100 Versicherte). Bei den Fehltagen bei Depressionen, Angststörungen sowie neurotischen Störungen liegt
Schleswig-Holstein im Bundesvergleich jeweils auf dem dritten Platz.
Die Falldauer beträgt im Durchschnitt 37,6 Tage. Nach dem Saarland
und Hamburg bleiben Beschäftigte aus Schleswig-Holstein am längsten mit einer psychischen Erkrankung der Arbeit fern. Die Betroffenenquote liegt in Schleswig-Holstein bei 5,3 Prozent und damit im Mittelfeld aller Bundesländer.
Thüringen: niedrigster Anteil psychischer Erkrankungen
Mit 15,5 Prozent ist in Thüringen der prozentuale Anteil der psychischen Erkrankungen am Gesamtkrankenstand bundesweit am niedrigsten. Allerdings: Die Entwicklung ist rasant. Von 2000 bis 2014
stiegen die Ausfalltage bei Seelenleiden um 180 Prozent. Damit liegt
Thüringen auf dem vierten Platz aller Bundesländer – hinter SachsenAnhalt (255,7 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (203,1 Prozent) und
Brandenburg (195,7 Prozent). Allein in 2014 nahmen Seelenleiden um
18 Prozent zu und landeten auf Platz drei der Gründe für Ausfallzeiten
in Thüringen. Die Zahl der Fehltage stieg insgesamt auf 233,3 Tage pro
100 DAK-Versicherte.
Die meisten Fehltage im Bereich der psychischen Erkrankungen
entfallen auf Depressionen (F32 + F33: 101,4 AU-Tage je 100 Versicherte) – mit deutlichem Abstand gefolgt von Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43: 42,8 AU-Tage je
100 Versicherte), neurotischen Störungen (F48: 23,1 AU-Tage je 100
Versicherte), somatoformen Störungen (F45: 16,1 AU-Tage je 100
Versicherte) sowie anderen Angststörungen (F41: 14,9 AU-Tage je
100 Versicherte).
SchleswigHolstein
Bei der durchschnittlichen
Erkrankungsdauer belegt
Schleswig-Holstein den dritten Platz
Thüringen
Niedrigster Anteil – dramatischte
Entwicklung: In Thüringen werden
immer häufiger psychische Leiden
diagnostiziert
Die Falldauer beträgt bei den psychischen Erkrankungen in Thüringen im Durchschnitt 32,1 Tage und ist damit vergleichsweise niedrig.
Die Betroffenenquote liegt bei 5,3 Prozent und damit im Mittelfeld
aller Bundesländer.
35
KAPITEL 3
GENDER UND PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Gender
und psychische
Gesundheit
Bild: thinkstock.de/iStock/michaeljung
Psychische Probleme scheinen Frauensache zu
sein. Geht es den Männern wirklich besser?
Ein Exkurs
Neben den DAK-Daten zeigen auch
epidemiologische Studien, dass Frauen
häufiger psychisch krank sind
Bei vielen Krankheitsbildern gibt es ausgeprägte geschlechtsabhängige
Unterschiede. So zeigt die Analyse der DAK-Daten im ersten Kapitel
dieses Reports, dass die Betroffenenquote bei psychischen Erkrankungen stark divergiert: Frauen sind mit knapp sechs Prozent fast doppelt
so oft mit solchen Leiden krankgeschrieben wie Männer (3,3 Prozent).
Auch epidemiologische Studien verdeutlichen Unterschiede zwischen
den Geschlechtern.
Warum die Unterschiede so groß sind und welchen Einfluss eine geschlechtsspezifische Wahrnehmung und Präsentation von Beschwerden
auf das Krankheitsgeschehen hat, ist ein Forschungsschwerpunkt von
Prof. Dr. Anne Maria Möller-Leimkühler.
36
KAPITEL 3
GENDER UND PSYCHISCHE GESUNDHEIT
„Hilfe zu suchen
ist unmännlich“
Interview mit Prof. Dr. Anne Maria Möller-Leimkühler, leitende
Diplom-Sozialwissenschaftlerin an der Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München
Frauen haben wesentlich mehr Fehltage wegen psychischer
Störungen als Männer. Warum ist das so?
Frauen sind sehr viel sensibler, was körperliche Vorgänge angeht. Sie
nehmen Symptome schneller wahr und reagieren darauf. Ihr Gesundheitsverständnis ist eher ganzheitlich. Männer hingegen haben stärker
ein instrumentelles Verhältnis zum Körper. Es ist für sie selbstverständlich, dass er funktioniert und sich selbst reguliert. Wenn sie doch etwas
wahrnehmen, bagatellisieren sie es lieber. Männer vermeiden einen
Arztbesuch solange es geht. Präsentismus ist bei ihnen verbreiteter:
Obwohl sie sich nicht gut fühlen, gehen sie zur Arbeit. Da spielt auch die
Angst vor einem möglichen Arbeitsplatzverlust eine Rolle.
Männer bagatellisieren
Gesundheitsprobleme häufiger
als Frauen
Das bedeutet, Männer leiden tatsächlich nicht seltener unter
einer psychischen Störung als Frauen?
Zumindest muss man davon ausgehen, dass psychische Störungen bei
ihnen unterdiagnostiziert und unterbehandelt sind. Das liegt zum einen
daran, dass Männer weniger Krankheitseinsicht haben als Frauen. Sie
merken erst, wenn sie den Boden unter den Füßen verlieren, dass sie
depressiv sind. Zum anderen verarbeiten sie beispielsweise eine Depression ganz anders als Frauen. Sie zeigen Verhaltensweisen, die wir
traditionellerweise nicht im Kontext dieser Störung interpretieren.
Was bedeutet das konkret?
Männer zeigen eher externalisierende Verhaltensweisen. Sie reagieren
verstärkt mit Aggressivität, Hyperaktivität und antisozialem Verhalten.
Auch problematischer Alkoholkonsum gehört zu den männerspezifischen
Symptomen. Weil diese Symptome in den gängigen Fragebögen zur Diagnostik nicht enthalten sind, bleiben Männer oft unter dem Schwellenwert für eine klinische Depression. Sobald diese Symptome mit aufgenommen werden, sind die Unterschiede in der Prävalenz gering.
Die Unterschiede in der Prävalenz
sind auch der gängigen Praxis bei
der Datenerhebung geschuldet
37
KAPITEL 3
GENDER UND PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Männer werden seltener mit
Depressionen diagnostiziert –
sie bringen sich aber deutlich
öfter um als Frauen
Eine schreckliche Folge unzureichend behandelter psychischer Störungen
sind Selbstmorde. Wie interpretieren Sie die höhere Suizidrate bei Männern?
Drei Viertel aller vollendeten Suizide sind Männern zuzuordnen. Das ist
ein Paradoxon: 70 Prozent der Selbsttötungen stehen in Zusammenhang
mit einer Depression, aber Männer sind nur halb so häufig depressiv wie
Frauen. Daran kann man ablesen, wie hoch die Dunkelziffer von Depressionen in der männlichen Bevölkerung sein muss. Statt Hilfe zu suchen,
bringen Männer sich um. Hilfe zu suchen ist im traditionellen Männlichkeitsverständnis keine Form der Problemlösung, sondern bedeutet
eigenes Versagen und Unmännlichkeit.
Bild: thinkstock.de / iStock / Alliance
Welche Rolle spielen traditionelle Männer- und Frauenbilder?
Ist die Stigmatisierung bei psychisch erkrankten Männern größer?
Männer werden deutlich stärker stigmatisiert. Das hängt mit unserem
traditionellen Männerbild zusammen. Männer assoziieren wir eher mit
psychischer Gesundheit. Sie gelten als psychisch stabil, rational und
aktiv. Deshalb werden psychische Störungen von ihnen selbst eher als
Charakterschwäche angesehen. Frauen hingegen billigt man zu, dass sie
depressiv, passiv und emotional sind. Frauen gelten klassischerweise als
das psychisch kranke Geschlecht, denken Sie nur an Freud.
38
Bild: thinkstock.de/Polka Dot/Jupiterimages
KAPITEL 3
GENDER UND PSYCHISCHE GESUNDHEIT
Trotzdem gibt es auch bei den Männern einen rasanten Anstieg bei den
Fehltagen. Vor allem bei Depressionen, Anpassungs- oder Angststörungen.
Das hat verschiedene Gründe. Erstens zeigt sich darin ein gewisser
Trend zur Entstigmatisierung. Männer sind heute eher bereit, psychische
Probleme zuzugeben, als noch vor fünf oder zehn Jahren. Zweitens liegt
das auch an der zunehmenden Bedeutung, die psychosoziale Stressbelastungen am Arbeitsplatz für die Entwicklung psychischer Störungen
haben. Gerade die Anpassungsstörungen kann man als Reaktion auf
Belastungssituationen interpretieren, die man selbst nicht mehr in den
Griff bekommt. Ein dritter Grund ist, dass heute die diagnostische Erkennungsrate – auch bei Allgemeinmedizinern – besser ist.
Es gibt einen Trend zur
Entstigmatisierung
39
Versorgung
verbessern
Statt den Patienten die Organisation
der Behandlung zu überlassen, müssen
Krankenkassen steuernd eingreifen
Lange Wartezeiten verursachen hohe
Kosten für das Gesundheitssystem
Wer in Deutschland einen Therapieplatz sucht, wartet im Schnitt ein halbes Jahr darauf. Vorher telefonieren die Hilfesuchenden lange Listen psychotherapeutischer Praxen ab, um einen Termin für ein Erstgespräch zu
bekommen. Auch bei der Wahl der richtigen Therapieform tappen viele
Betroffene im Dunkeln – nicht immer kommen sie ohne Umwege zu einer Behandlung, die zur individuellen Problemstellung passt und zielorientiert ist. So führt bei Patienten mit einer konkreten Angststörung eine
Verhaltenstherapie in der Regel schneller zum Erfolg als eine Psychoanalyse. Neben der Belastung, die lange Wartezeiten und die Odyssee durch
das Gesundheitssystem für den Einzelnen bedeuten, verursacht der Versorgungsengpass hohe Kosten. Laut einer Studie, die die Allgemeine
Hospitalgesellschaft mit Unterstützung der DAK-Gesundheit bereits im
Jahr 2004 veröffentlicht hat, lassen sich die durchschnittlichen Behandlungskosten mit dem richtigen Konzept um mehr als die Hälfte senken
(von rund 40.000 auf 18.000 Euro).
„Bei keiner anderen Krankheit werden die Patienten so sehr sich selbst
überlassen wie bei psychischen Leiden. Obwohl es gar nicht ihre Aufgabe
sein kann, bleibt vielen Betroffenen nichts anderes übrig, als sich in Eigenregie um Hilfe zu bemühen“, kommentiert Dr. Jan Helfrich, Leiter des Bereichs
ambulante Leistungen bei der DAK-Gesundheit. „Hier gibt es eine Versorgungslücke, die wir mit unserem Spezialisten-Netzwerk schließen. Gemeinsam mit einer Reihe von qualifizierten Partnern übernehmen wir eine
wichtige Lotsenfunktion. Wir wollen zum ersten Ansprechpartner für unsere
Versicherten mit psychischen Problemen werden.“ Die DAK-Gesundheit hat
deshalb ihr Angebot zur Behandlung psychischer und psychosomatischer
Erkrankungen kontinuierlich ausgebaut. Bundesweit gibt es mittlerweile 33
Verträge zur Integrierten Versorgung, an denen über 1.000 Leisitungserbringer teilnehmen. Damit kann die Krankenkasse die Betroffenen schnell und
unbürokratisch in eine zielgerichtete Behandlung steuern.
Zwei exemplarische Behandlungsangebote werden auf den nächsten
Seiten vorgestellt.
40
Bild: Stefanie Timmermann/gettyimages
KAPITEL 4
VERSORGUNG VERBESSERN
KAPITEL 4
VERSORGUNG VERBESSERN
Beispiel 1
Veovita – Therapie ohne Warteliste
Speziell für Patienten mit Depressionen, Ängsten oder Burnout hat die
GAIA AG im Auftrag der DAK-Gesundheit ein ganzheitliches Programm
entwickelt. Das verhaltenstherapeutische Versorgungskonzept ohne
Wartezeit heißt Veovita. „Die Versorgung psychisch kranker Menschen
kann vor allem mit einer fundierten, gut dokumentierten Diagnostik, die
idealerweise neben der psychologischen auch die psychiatrische Untersuchung beinhaltet, verbessert werden“, erklärt Dr. Mario Weiss, Begründer von Veovita. „Ebenso wichtig ist der Kontakt zu den Hausärzten der
Patienten und ein zügiger und flexibler Beginn der Therapie mit einem
guten Langzeitmonitoring.“ Hier setzt das moderne Konzept an. Veovita
diagnostiziert bei Verdacht auf Depression, Angststörung oder Burnout
nach aktuellem wissenschaftlichen Standard. Lange Wartezeiten für die
Patienten gibt es nicht: Ein Anruf genügt, um nahezu sofort einen Gesprächstermin zu bekommen. Die Diagnose wird sorgfältig erstellt und
beinhaltet eine Erhebung der aktuellen psychischen und sozialen Problematik, die Anamnese und standardisierte Psychodiagnostik, ergänzt um
testdiagnostische Befunde. Anschließend erstellen die Veovita-Therapeuten einen ausführlichen Bericht mit Behandlungsempfehlungen. Dieser
Bericht wird allen Behandlern zugänglich gemacht und bildet eine solide
Grundlage für die Versorgung der Betroffenen. „Uns ist wichtig, dass alle
Beteiligten auf dem gleichen Stand sind und sich im besten Fall gegenseitig ergänzen“, sagt Weiss. „Wir verstehen uns als Unterstützer für die
behandelnden Akteure. Mit der transparenten Dokumentation und einer
zielgerichteten Kommunikation können wir die Behandlung der Kranken
insgesamt verbessern.“
Ein weiterer Vorteil des Angebots: Nach abgeschlossener Diagnostik bekommen die Patienten rasch die verhaltenstherapeutische Behandlung,
die zu ihrer individuellen Situation passt. Der schnelle Therapiebeginn ist
das beste Mittel, um lange Ausfallzeiten im Job, Krankenhausaufenthalte
und chronische Verläufe zu vermeiden. Veovita kombiniert moderne, evidenzbasierte Methoden, die sich genau nach dem Bedarf der Patienten
richten. Dazu gehören die Behandlung durch Fachärzte, einzeltherapeutische Sitzungen oder die teilstationäre oder stationäre Therapie und, sofern indiziert, nachgewiesen wirksame E-Health-Programme wie Deprexis. Jeder Patient bekommt außerdem eine kontinuierliche persönliche
Begleitung durch einen festen Ansprechpartner am Telefon.
Veovita ist zielgerichtete
Verhaltenstherapie ohne Wartezeiten
Mit dem Versorgungsprogramm
werden lange Ausfallzeiten und
Krankenhausaufenthalte reduziert
Das Angebot ist auf eine maximale Laufzeit von zwei Jahren angelegt.
Es ist flexibler als eine klassische Psychotherapie: Patienten in akuten
Krisen können beispielsweise mehr als ein Gespräch pro Woche führen,
so lange das therapeutisch notwendig ist. Gilt jemand nach einem halben
Jahr als ausreichend behandelt, erkundigt sich der behandelnde Thera-
41
KAPITEL 4
VERSORGUNG VERBESSERN
peut nach einiger Zeit nach dem Befinden. „Wir leisten aktive Präventionsarbeit. Mit gezielter Vorsorge verhindern wir, dass es den Patienten
erst wieder richtig schlecht gehen muss, bevor sie sich an uns wenden“,
erklärt Mario Weiss.
Das Angebot wird vor allem
von Menschen mit mittelschweren
oder schweren Depressionen genutzt
Das Konzept ist so neu, dass es noch keine großen Studien dazu gibt.
Einige Vorteile sind aber bereits deutlich erkennbar: „Wir stellen fest,
dass vor allem Menschen mit schweren und mittelschweren Depressionen oder Angststörungen das Angebot nutzen“, sagt Jan Helfrich. „Es
kommt also genau den Menschen zugute, die schnelle Hilfe am dringendsten brauchen. Außerdem vermeiden wir Fehlversorgung durch
die differenzierte Diagnostik, die Haus- und Fachärzte unterstützt.“
Bisher steht das Programm DAK-Versicherten in Nord- und Ostdeutschland zur Verfügung, eine sukzessive Ausweitung auf das gesamte Bundesgebiet ist der nächste Schritt.
Beispiel 2
Zentrum für seelische Gesundheit –
Depressionen und Burnout bewältigen
Depressionen, Angststörungen, Erschöpfung und Burnout resultieren
häufig aus Stress, der über eine längere Zeit anhält. Die psychischen
Symptome stehen in engem Zusammenhang mit körperlichen Beschwerden, zum Beispiel Tinnitus, Bluthochdruck, Schwindel, Schmerzen oder Schlafstörungen. Selbst das Herzinfarktrisiko steigt. Chronischer Stress entsteht dann, wenn die erlernten Bewältigungsstrategien
nicht mehr greifen.
Stress ist Auslöser für psychische
Erkrankungen. Im Zentrum für seelische
Gesundheit finden Betroffene Hilfe
Naturgemäß kann sich Überlastung im Job auf die psychische Gesundheit
auswirken: Laut DAK-Gesundheitsreport 2012 leidet nahezu jeder zehnte
Arbeitnehmer an gefährlichem Arbeitsstress. Der entsteht, wenn Verausgabung und Belohnung dauerhaft in ein Missverhältnis geraten. Ein wissenschaftliches Instrument zur Stress-Messung ist das „Trierer Inventar
zum chronischen Stress“ (TICS). Eine Analyse der DAK-Gesundheit aus
dem Jahr 2014 zeigt, dass Frauen eine höhere Belastung durch Dauerstress aufweisen als Männer. Auch Alleinerziehenden, Studierenden und
Erwerbslosen wachsen Leistungsdruck und ständige Sorgen häufiger
über den Kopf als anderen.
Auf die Behandlung von stressinduzierten Beschwerden hat sich das Zentrum für Stressmedizin der Asklepios Klinik Hamburg-Harburg spezialisiert. Das Zentrum für Stressmedizin ist Bestandteil eines Integrierten
Versorgungsvertrages, den die DAK-Gesundheit und die Klinik bereits im
42
Bild:Stefanie Timmermann/gettyimages
KAPITEL 4
VERSORGUNG VERBESSERN
Jahr 2004 geschlossen und seitdem ständig weiterentwickelt haben. Das
Versorgungskonzept ist einzigartig: Es folgt einem sogenannten SteppedCare-Modell, also einer Betreuung, die nach dem Prinzip „ambulant vor
stationär“ organisiert ist. Die ambulante Behandlung erfolgt durch Hausund Fachärzte sowie Psychotherapeuten und wird – je nach Schweregrad
der Erkrankung – durch tagesklinische oder stationäre Behandlungsmöglichkeiten der Klinik ergänzt.
Neben der Therapie schwerer bis mittelschwerer Depressionen und bipolarer Störungen gibt es eigene Burnout-Gruppen für chronisch Gestresste. Das Konzept kombiniert psychodynamische und kognitivverhaltenstherapeutische Ansätze – Lösungsorientierung steht klar im Vordergrund.
„Mit unserem Angebot wollen wir den Patienten neue Strategien an die
Hand geben, mit denen sie ihren Alltag wieder gut bewältigen können“,
erklärt Dr. Hans-Peter Unger, Chefarzt und Leiter des Zentrums. „Wichtig
ist uns auch, lange Ausfallzeiten zu verhindern, denn die verschlimmern
die Situation der Betroffenen oft erheblich.“ Die Therapie der Patienten
mit Stressdepression oder Burnout dauert acht Wochen und findet in festen Gruppen statt. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Anschlussbehandlung. Es gibt eine Vielzahl ambulanter Angebote wie Achtsamkeitstraining, Einzel-, Partner- oder Gruppengespräche, Meditation sowie
psychoedukative Angebote in den Bereichen Ernährung, Schlaf, Stress,
Schmerz und Herz. Außerdem bietet das Zentrum arbeitsmedizinische
Beratungen an, um die Wiedereingliederung in den Job gut vorzubereiten und konkret zu planen. Gemeinsam mit der DAK-Gesundheit macht
sich Unger für aktive Stressprävention in den Unternehmen stark. „Wir
stehen in engem Dialog mit den Betriebsärzten. Wenn sie frühzeitig gefährdete Mitarbeiter zu uns schicken, können wir gezielt gegensteuern
und schlimme Krisen verhindern.“
Der enge Kontakt zu Betriebsärzten
ist entscheidend für die
Stressprävention am Arbeitsplatz
43
KAPITEL 4
INTERVIEW MIT DR. JAN HELFRICH
„Wir brauchen
mehr Flexibilität“
Interview mit Dr. Jan Helfrich, Leiter des Bereichs ambulante
Leistungen bei der DAK-Gesundheit
Das Angebot an Psychotherapie muss
zum Bedarf der Patienten passen
Der Bedarf an Psychotherapie wächst, die Wartezeiten sind lang.
Muss es mehr Kassenzulassungen für Therapeuten geben?
In Deutschland mangelt es nicht an Therapeuten. Aber das Angebot ist
zu standardisiert. Wer eine Psychotherapie macht, hat in der Regel eine
Sitzung pro Woche, immer zur selben Zeit. Deshalb sind viele Termine
über Monate blockiert. Wir brauchen mehr Flexibilität: Gerade in einer
akuten Krise benötigen die Patienten oft mehr Unterstützung. Später
sind größere Abstände oder kürzere Termine ausreichend. Das System
ist nicht am Bedarf der Betroffenen ausgerichtet. Erschwert wird die Situation dadurch, dass einige Therapeuten ihr Stundenkontingent nicht im
vollen Umfang den Kassenpatienten zugutekommen lassen. Aus unserer
Sicht besteht hier ein deutlicher Handlungsbedarf.
Besonders Menschen mit schwereren psychischen Beschwerden
finden schwer Hilfe. Woran liegt das?
Auch das ist systembedingt. Schwere und leichte Fälle werden derzeit
gleich vergütet. Dabei ist es deutlich aufwändiger, einen unzuverlässigen
Borderline-Patienten zu betreuen als einen Menschen mit einer leichten
Depression. Aus meiner Sicht muss es hier eine Unterscheidung geben.
Als Krankenkasse begrüßen wir es sehr, dass die Psychotherapie-Richtlinien jetzt überarbeitet werden und wir gemeinsam mit den Verbänden
die Versorgung verbessern können.
Versorgungssteuerung
ist bei der Behandlung psychischer
Erkrankungen entscheidend
44
Die Steuerung psychisch Kranker in die richtige Therapie erfolgt oft unsystematisch oder gar nicht. Theoretisch können Betroffene in einer Psychoanalyse
landen, obwohl eine kognitive Verhaltenstherapie zielorientierter wäre. Wie lässt
sich das ändern? Berät die DAK-Gesundheit bei der Therapieentscheidung?
Krankenkassen dürfen keine Therapieempfehlungen aussprechen. Wir können unseren Versicherten trotzdem ganz praktisch dabei helfen, die richtige Behandlung zu finden: Zum einen führen die Ärzte an unserer MedizinHotline ein erstes Beratungsgespräch mit den Betroffenen. Anschließend
bieten unsere Kundenberater Unterstützung bei der Therapeutensuche an.
Und natürlich weisen wir auf die regionalen Angebote unserer Spezialisten-Netzwerke für Menschen mit psychischen Leiden hin. Damit reduzieren wir lange Wartezeiten und sorgen dafür, dass weniger Menschen
stationär behandelt werden müssen. Vor allem für Versicherte mit schweren psychischen Erkrankungen sind diese niedrigschwelligen Angebote
KAPITEL 4
INTERVIEW MIT DR. JAN HELFRICH
gut geeignet – sie benötigen unmittelbar Hilfe und sind oft überhaupt nicht
in der Lage, lange Listen von Psychotherapeuten abzutelefonieren.
Wie kann die Zusammenarbeit zwischen den Haus- und Fachärzten und
Therapeuten beziehungsweise der Übergang von stationären zu ambulanten
Therapien verbessert werden?
Die Behandlung muss besser organisiert werden. In der Regelversorgung ist ein Austausch zwischen Haus- oder Fachärzten und Therapeuten
nicht üblich. Dabei ist das gerade bei psychischen Erkrankungen wichtig:
Beispielsweise müssen körperliche Ursachen ausgeschlossen werden,
um die Therapie zu planen. Mit strukturierten Behandlungsprogrammen,
die sektorübergreifend aufgebaut sind, lösen wir das Problem. Der aktive
Austausch ist ein Ziel, das wir mit den beteiligten Akteuren vereinbaren.
Genauso die Beteiligung und Zustimmung des Patienten. Beides ist
entscheidend für den Behandlungserfolg.
Der Austausch zwischen Ärzten und
Therapeuten muss intensiviert werden
Wie erfahren die Betroffenen von diesen Angeboten?
Haus- und Fachärzte sind für uns wichtige Ansprechpartner, da viele
Betroffene sich direkt an sie wenden. Deshalb stehen wir in Kontakt mit
den Praxen und den Verbänden, um unsere Angebote in den Regionen
bekannt zu machen. Außerdem informieren wir unsere Versicherten über
unsere Webseite, über die DAK-Magazine und andere Medien sowie im
persönlichen Gespräch mit den Kundenberatern vor Ort oder am Telefon.
Angesichts der sich verschärfenden Versorgungsproblematik geraten
E-Health-Angebote für psychisch Kranke immer mehr in den Blickpunkt.
Wie beurteilen Sie solche Therapieformen?
Webbasierte Angebote sind nicht nur in der öffentlichen Diskussion präsent,
sie werden auch von immer mehr Versicherten nachgefragt und positiv bewertet. Sie schätzen die Flexibilität, die die Programme bieten – gerade Menschen, die beruflich und privat stark gefordert sind oder in strukturschwachen
Gegenden leben, profitieren davon. Unsere Erfahrung zeigt außerdem, dass
E-Health-Anwendungen gut dabei unterstützen können, Diagnosen zu validieren und die Betroffenen in die richtige Behandlung zu steuern. Für uns ist
es aber wichtig, dass die Angebote ausreichend evaluiert sind.
Wie beurteilen Sie die Rolle der Prävention im Bereich der
psychischen Erkrankungen?
Hier muss man unterscheiden, über welche Krankheiten man spricht.
Schwere psychische Erkrankungen wie Schizophrenie lassen sich nicht
durch Prävention vermeiden. In solchen Fällen können wir nur unterstützen, dass die Betroffenen frühzeitig die richtige Behandlung bekommen,
damit akute Schübe abgefedert werden. Bei stressinduzierten psychischen Störungen hingegen ist Prävention sinnvoll und wichtig – vor allem
am Arbeitsplatz. Das unterstützen wir mit unseren Angeboten für Unternehmen und individuell für unsere Versicherten.
45
Psychopharmaka –
Fluch oder Segen?
Damit Psychopharmaka bei der Bewältigung psychischer
Leiden helfen, ist die richtige Anwendung entscheidend.
Ein Gastkommentar von Prof. Dr. Gerd Glaeske
Co-Leiter der
Abteilung Gesundheit, Pflege und
Alterssicherung am SOCIUMFoschungszentrum Ungleichheit
und Sozialpolitik der
Universität Bremen
Umfragen in der Bevölkerung zeigen immer wieder, dass viele Menschen
Psychopharmaka mit großer Skepsis betrachten. Auch wenn die Akzeptanz
dieser Mittel zur Behandlung von psychischen Krankheiten und Störungen
steigt, werden sie doch häufig mit der Entwicklung einer Abhängigkeit, der
Ruhigstellung älterer Menschen, der Anpassung von Kindern an das gegenwärtige Schulsystem oder der Verbesserung der Leistungsbereitschaft von
Erwachsenen am Arbeitsplatz in Zusammenhang gebracht. Daneben gibt es
immer wieder Kritik an den Herstellern, die oftmals schwerwiegende, unerwünschte Wirkungen und Risiken bei Psychopharmaka herunterspielen und
Studienergebnisse besser darstellen als es der Wirklichkeit entspricht – der
Umsatz von jetzt schon rund 1,4 Mrd. Euro soll schließlich weiter wachsen.
Die Skepsis vieler Menschen ist nicht immer unberechtigt: In der Tat gibt es
in Deutschland rund 1,5 Millionen Menschen, vor allem ältere Frauen, die
von Tranquilizern und Schlafmitteln abhängig sind. Diese Mittel sind allesamt abgeleitet von Valium, einem Arzneimittel, das bereits 1963 auf den
Markt kam und dessen „Kinder“ und „Enkel“ noch heute Bedeutung in der
Therapie haben, zum Beispiel bei der Vorbereitung von Operationen, bei
Krämpfen, bei akuten Schlafstörungen oder bei Angst- und Panikattacken.
Werden die Mittel richtig angewendet, nämlich nicht länger als acht bis 14
Tage, wird sich keine Abhängigkeit entwickeln.
Besonders kritisch werden Psychostimulanzien wie Ritalin oder Medikinet
diskutiert, die Kindern zur Behandlung von ADHS gegeben werden – zu
schnell, zu viel und zu lange lautet der Vorwurf. Und Antidepressiva, die derzeit am häufigsten verordneten Psychopharmaka, werden im Zusammenhang mit erhöhter Leistungsbereitschaft am Arbeitsplatz, in der Ausbildung
oder im Studium angewendet, kein wirklicher Indikationsbereich für diese
Mittel. So werden bei vielen dieser Psychopharmaka, bei den Tranquilizern,
den Neuroleptika, den Psychostimulanzien und den Antidepressiva, oft
die kritischen Aspekte herausgestellt, die unerwünschten Wirkungen. Sie
werden hinter den verschlossenen Türen der Psychiatrie angewendet, sie
46
Bild: Thinkstock.de/Anna Dudko/iStock
KAPITEL 5
PSYCHOPHARMAKA – FLUCH ODER SEGEN?
KAPITEL 5
PSYCHOPHARMAKA – FLUCH ODER SEGEN?
werden für Menschen verordnet, die Probleme mit der Gesellschaft haben
oder für „Verrückte“, die besser ruhiggestellt werden.
Das alles ist aber nur die eine Seite. Wie bei allen Arzneimitteln kommt es
nämlich auch bei den Psychopharmaka auf die richtige Anwendung und die
richtige Dosierung bei der richtigen Diagnose an. Dann zeigen sich auch der
Nutzen dieser Arzneimittel und der Fortschritt, den diese Mittel für viele Patientinnen und Patienten mit sich gebracht haben. Wie viele Menschen mit
psychischen Krankheiten mussten noch vor 50 Jahren stationär behandelt
werden, über Wochen und Monate in abgeschlossenen Kliniken? Psychopharmaka haben in vielen Fällen dazu beitragen können, dass diese Menschen nun außerhalb von Klinikmauern ambulant behandelt werden und mit
guter Lebensqualität am Alltag teilnehmen können. Die Öffnung der Kliniken,
die Ende der 1970er Jahre mit der „Blauen Karawane“ von Italien ausging,
wäre ohne wirksame Mittel wie Neuroleptika nicht möglich gewesen. Ebenso tragen Antidepressiva dazu bei, dass bei vielen Betroffenen die Depressionen nicht zur Selbsttötung führen wie dies zum Beispiel bei Robert Enke,
dem Torhüter von Hannover 96, zu beklagen war. Und Angst- und Panikattacken können mit Tranquilizern wirkungsvoll in Grenzen gehalten werden.
Insofern sind Psychopharmaka, wenn sie richtig eingesetzt werden, auch
Mittel zur Befreiung von kranken Menschen. Oft genug werden aber noch
immer Therapieentscheidungen gefällt, die mehr den Informationen der
Pharmaindustrie folgen als unabhängig erstellten Leitlinien und Empfehlungen. Ein wichtiger Aspekt betrifft die Verträglichkeit von Psychopharmaka, insbesondere bei älteren Menschen: Die sogenannte PRISCUS-Liste
(siehe www.priscus.net) nennt Arzneimittel, die bei älteren Menschen
eher vermieden werden sollten, sie nennt aber auch Alternativen.
Wenn Psychopharmaka richtig
angewendet werden, können sie die
Lebensqualität der Patienten verbessern
Die PRISCUS-Liste trägt zur
Arzneimittelsicherheit bei
Ein letzter Punkt ist ebenso wichtig: Die Psychotherapie und die psychosoziale Aufarbeitung gehört neben die Behandlung mit Psychopharmaka –
nur Arzneimittel alleine verändern zumeist nichts an der gesamten Situation der Patienten.
i
Quelle: IMS Health, 2015
Statistik: Psychopharmaka und Schlafmittel 2014
29,1 Mio. Packungen Schlaf- und Beruhigungsmittel (+ 3%)
142 Mio. Euro (+ 6%)
24,6 Mio. Packungen Antidepressiva (+/− 0%)
554 Mio. Euro (+ 3%)
13,7 Mio. Packungen Neuroleptika (+/− 0%)
588 Mio. Euro (− 6%)
8,4 Mio. Packungen Tranquilizer (− 3%) 25 Mio. Euro (− 3%)
2,2 Mio. Packungen Psychostimulanzien (− 1%)
72 Mio. Euro (+ 8%)
€€
78,0 Mio. Packungen
1.381 Mio. Euro
47
ANHANG
GLOSSAR
Die wichtigsten Einzeldiagnosen
F32
Porträts der sechs Störungsbilder,
die bei Seelenleiden die meisten
Fehltage verursachen
Depressive Episode
Die quantitativ bei weitem wichtigste
Diagnose ist die depressive Episode
(F32). Auf sie allein entfiel im Jahr
2014 gut ein Drittel aller Fehltage
wegen psychischer Diagnosen
(82,3 Fehltage pro 100 Versicherte
der DAK-Gesundheit).
Psychische Erkrankungen sind innerhalb des ICD-10, der
im Gesundheitswesen zur Verschlüsselung von Krankheiten
verwendet wird, im Kapitel V als F-Diagnosen von F00 - F99
kodiert. Auf dieses ICD-10-Kapitel entfielen im Jahr 2014 insgesamt 237,3 Fehltage pro 100 Versicherte. Darunter sind sechs
Einzeldiagnosen, die zusammen für die große Mehrzahl dieser
Ausfalltage (87 Prozent) verantwortlich sind. Die folgenden
Diagnoseporträts skizzieren, um was es sich bei diesen
besonders relevanten Störungen handelt.
Wie äußert sich eine
depressive Episode?
Die Betroffenen leiden unter einer
deutlich gedrückten Stimmung. Sie
fühlen sich freud- und interessenlos. Ihnen geht der Antrieb verloren,
etwas zu tun oder zu erledigen und
oft plagt sie ständige Müdigkeit. Zu
diesen Kernsymptomen kommen
verschiedene Zusatzsymptome hinzu
wie Konzentrationsschwierigkeiten, vermindertes Selbstvertrauen,
Schuldgefühle, negative Zukunftsperspektiven, Selbsttötungsgedanken,
Schlafstörungen oder Appetitmangel.
Depressive Patienten klagen mindestens über zwei Symptome aus beiden
Gruppen, die seit mehr als zwei
Wochen andauern.
Fehltage 2014
120
100
111,5
80
60
40
20
42,0
21,0
15,9
Wer ist betroffen?
15,9
48
majivecka/istock/thinkstock.de
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Im Laufe ihres Lebens erkranken
etwa siebzehn Prozent der Gesamtbevölkerung an einer Depression.
Frauen sind doppelt so häufig
betroffen wie Männer. Bei Depres­
sionen mit einem chronischen
Verlauf sind es sogar dreimal mehr
Frauen als Männer.
ANHANG
GLOSSAR
bei psychischen Erkrankungen
F33
F43
Rezidivierende
depressive Störung
Jeder achte Fehltag aufgrund einer psychischen Erkrankung wird bei Versicherten der
DAK-Gesundheit durch diese Einzeldiagnose
verursacht (29,2 Fehltage pro 100 Versicherte
im Jahr 2014).
Wie äußert sich eine
rezidivierende depressive Episode?
Die Betroffenen leiden zum wiederholten
Mal an einer Depression. Zwischen zwei
depressiven Episoden bessern sich ihre
Symptome zwar oft vollständig, aber sie
treten immer wieder auf – im statistischen
Mittel im Abstand von etwa fünf Jahren.
Wer ist betroffen?
Von einer rezidivierenden Depression sind
bis zu 80 Prozent der depressiven Patienten
betroffen. Sie durchlaufen in ihrem Leben
mehrere depressive Phasen. Mit zunehmendem Alter steigt nicht nur das Wiedererkrankungsrisiko, sondern die Episoden können
auch an Schwere zunehmen.
Anpassungsstörungen
Eine weitere Einzeldiagnose mit sehr großer
Bedeutung für die Arbeitsunfähigkeit sind
die Reaktionen auf schwere Belastungen
und Anpassungsstörungen. Jeder sechste
Fehltag mit einer F-Diagnose ist eine Anpassungsstörung. 2014 waren es bei der DAKGesundheit 42 Fehltage pro 100 Versicherte.
Wie äußert sich eine Anpassungsstörung?
Die Betroffenen leiden unter einer anhaltenden depressiven, manchmal auch
ängstlich-besorgten Verstimmung als Folge
eines schlimmen Ereignisses. Sie sind
in ihrer Leistungsfähigkeit im Alltag stark
beeinträchtigt. Die Symptome können sehr
unterschiedlich sein: Patienten klagen über
innere Unruhe, Überforderungsgefühle, aber
auch körperliche Beschwerden wie Herzrasen und Schweißausbrüche. Viele ziehen
sich sozial zurück.
Wer ist betroffen?
Menschen nach einem besonders traumatischen Erlebnis. Das kann ein Unfall, ein
Kriegserlebnis, ein Verbrechen oder eine
Naturkatastrophe sein. Menschen, die den
Verlust einer Beziehungsperson verarbeiten
müssen, sind ebenfalls häufig betroffen.
F32 Depressive Episode
17 % erkranken im Laufe
ihres Lebens an
einer Depression
F33 Rezidivierende depressive Episode
F43 Anpassungsstörung
Viele der Betroffenen
ziehen sich sozial zurück
Bis zu 80 % der
depressiven Patienten
sind betroffen
49
ANHANG
GLOSSAR
F41
F48
Andere Angststörungen
Knapp vier Prozent aller Fehltage aufgrund
von psychischen Erkankungen entfallen auf
Panik-/Angststörungen. Sie verursachten
2014 pro Jahr 15,9 Fehltage pro 100 Versicherte der DAK-Gesundheit.
Wie äußern sich diese
anderen Angststörungen?
Bei einer Panikstörung erleiden die Betroffenen mindestens eine Panikattacke pro Monat, häufig mit Herzrasen, Schweißausbruch
oder Zittern. Viele Patienten bekommen auch
Atemnot, Beklemmungen oder Übelkeit.
Diese Alarmreaktionen des Körpers und der
Psyche überfallen die Patienten ohne äußeren
Anlass. Sie bauen sich innerhalb weniger Minuten auf und werden oft als (lebens-)bedrohlich erlebt. Viele Patienten entwickeln deshalb
eine Angst vor der Angst. Bei der generalisierten Angststörung machen sich die Patienten
schwere Sorgen über alle möglichen Themen
(Familie, Gesundheit, Geld, Arbeit). Diese
Grübelneigung ist aber nicht auf bestimmte
Umgebungsbedingungen beschränkt, sondern
generell. Sie hält länger als sechs Monate an
und geht oft mit vegetativen Symptomen einher wie Herzrasen und Zittern. Die Patienten
sind unfähig, sich zu entspannen.
Andere neurotische
Störungen
Mit 21 Fehltagen pro 100 Versicherten haben
die anderen neurotischen Störungen (F48)
ebenfalls einen vergleichsweise großen
Anteil an allen Fehltagen wegen psychischer
Erkrankungen.
Wie äußern sich diese
neurotischen Störungen?
Zu den neurotischen Beschwerden gehören
unter anderem folgende drei Störungen:
1. Die Neurasthenie, bei der die Betroffenen vor allem über körperliche und geistige
Müdigkeit klagen. 2. Das seltene Depersonalisationssyndrom, bei dem die Patienten
den eigenen Körper und das eigene Denken als fremd wahrnehmen. 3. Das Derealisationssyndrom, bei dem ihre Umgebung
den Betroffenen fremd, wie verändert
erscheint. Der Kontakt zur umgebenden
realen Welt ist anhaltend gestört. Allen
Störungsbildern gemeinsam ist, dass die
Patienten großen Leidensdruck verspüren.
Dieser kann seelisch sein und sich als Angst
und Depression äußern oder körperlich. Die
Patienten leiden dann etwa unter Lähmungserscheinungen, Sehstörungen bis hin zur
Blindheit oder Gefühlsstörungen.
Wer ist betroffen?
Vier bis fünf Prozent aller Menschen ent­
wickeln irgendwann in ihrem Leben einmal
eine Angststörung. Frauen sind häufiger
betroffen als Männer.
F41 Panik-/Angststörung
15,9 Fehltage pro Jahr
50
Wer ist betroffen?
Es sind deutlich mehr Frauen von neuro­
tischen Störungen betroffen als Männer.
F48 andere neurotische
Störungen
Frauen sind häufiger betroffen
ANHANG
GLOSSAR
F45
Somatoforme Störungen
Auf das Konto der somatoformen Störungen
(F45) gehen knapp sieben Prozent der Fehltage
wegen psychischer Leiden. Bei der DAK-Gesundheit waren das 2014 bezogen auf 100 Versicherte
15,9 Fehltage.
Wie äußern sich somatoforme Störungen?
Kennzeichnend für eine somatoforme Störung ist
der Umstand, dass die Betroffenen seit mindestens zwei Jahren unter vielen unterschiedlichen körperlichen Beschwerden leiden, aber
sich für ihre Beschwerden keine ausreichenden
organischen Ursachen finden lassen. Oft sind
es Beschwerden im Magen-Darm-Trakt, wie
Schmerzen, Aufstoßen, Übelkeit oder Durchfall.
Aber auch unangenehme Hautempfindungen wie
Jucken und Brennen sind häufig. Manche Patienten leiden auch unter sexuellen oder menstruellen Störungen.
Wer ist betroffen?
Somatoforme Störungen betreffen etwa vier
Prozent der Bevölkerung. Frauen sind häufiger
betroffen als Männer.
Herausgeber und Kontakt:
DAK-Gesundheit
Gesetzliche Krankenversicherung
Nagelsweg 27–31
20097 Hamburg, Tel.: 040 23 96 1409
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Grafik
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Vorstandsvorsitzender
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Rechte
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Angabe der Quelle gestattet.
Dieser Report wurde in 10/15 gedruckt. Nachträglich kann es zum Beispiel durch gesetzliche oder
personelle Änderungen zu Abweichungen kommen.
Nähere Auskünfte erhalten Sie
bei der DAK-Gesundheit.
Verantwortlich
Jörg Bodanowitz,
Leiter Unternehmenskommunikation
Redaktion
Dagmar Schramm
Foto Titel: iStock
Grafiken: Universität Bielefeld/Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement, mdsCreative
Redaktionelle Mitarbeit
Sabine Langner, Nina Osmers
Gabriela Wehrmann, Dorothea Wiehe
51
ANHANG
EXPERTEN-STECKBRIEFE
Experten
Prof. Dr. Gerd Glaeske
ist Co-Leiter der Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung am SOCIUM - Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen. Sein Fokus liegt auf der kritischen
Analyse der Arzneimittelverordnungen in Deutschland.
Dr. Jan Helfrich
ist Leiter des Bereichs ambulante Leistungen bei der DAK-Gesundheit. Er entwickelt Versorgungskonzepte für Menschen mit psychischen Erkrankungen und sorgt für eine zielgerichtete Steuerung.
Prof. Dr. rer. soc. Anne Maria Möller-Leimkühler
leitet die Abteilung psychiatrische Soziologie an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der
Ludwig-Maximilians-Universität München. Einer der Forschungsschwerpunkte der Diplom-Sozialwissenschaftlerin ist Gender und psychische Störungen.
Dr. Hans-Peter Unger
ist Psychiater und Psychotherapeut und leitet als Chefarzt das Zentrum für seelische Gesundheit
in der Asklepios Klinik Hamburg-Harburg. Sein Ziel ist es, die Zahl der ambulanten Behandlungen
durch die Vernetzung verschiedener Versorgungsangebote zu steigern.
Dr. Mario Weiss
ist Vorstand der GAIA AG. Er gehört zu den E-Health-Pionieren und hat das Therapiekonzept
Deprexis entwickelt. Für die Versicherten der DAK-Gesundheit ist unter seiner Federführung
Veovita, ein neues Programm zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen, entstanden.
52
ANHANG
REPORTDESIGN
Reportdesign
Grundlage dieser Analyse
sind die Gesundheitsreporte
der DAK-Gesundheit
Bild:Thinkstock.de/iStock/Mizina
Auswertung DAK-Daten
Für den Psychoreport hat das IGES Institut die Daten zur Arbeitsunfähigkeit aller bei der DAK-Gesundheit versicherten Berufstätigen
analysiert. Die Grundlage dafür sind die jährlich erscheinenden Gesundheitsreporte, die einen verlässlichen Überblick über das Krankheitsgeschehen in der Arbeitswelt bieten. Mit dem vorliegenden
Report stellt die DAK-Gesundheit dar, wie sich die durch psychische
Erkrankungen verursachten Fehlzeiten zwischen den Jahren 1997 und
2014 entwickelt haben. Die geschlechts-, alters-, branchen- und regionalspezifischen Besonderheiten wurden anhand der häufigsten Diagnosen im Bereich der psychischen Leiden untersucht (F32/F33, F43,
F48, F41, F45, F10, F20, F31, F34, F60).
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Sie haben Fragen. Wir die Antworten.
24 Stunden an 365 Tagen.
DAK-Versicherungsexperten informieren und beraten
Sie über Leistungen, Beiträge und Mitgliedschaft.
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Herausgeber:
DAK-Gesundheit
Gesetzliche Krankenversicherung
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Internet: www.dak.de
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z. B. durch Gesetzesänderungen zu abweichenden Regelungen kommen.
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