Grundschaltungen

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Kapitel 2
Grundschaltungen
2.1
Allgemeines
Die bisherige Beschreibung der Transistoren hatte sich auf den Fall beschränkt, dass die
Emitter- bzw. Source-Elektrode die dem Eingang und dem Ausgang gemeinsame Elektrode ist, also in der Regel die Masseelektrode. Dies ist keineswegs zwingend. Man kann
genauso gut die Kollektor- bzw. Drain-Elektrode auf Masse legen. Verbindet man also Basis oder Gate mit Masse, dann heißen die entstandenen Schaltungen Basis- oder
Gate-Schaltung. Masseverbindung von Kollektor oder Drain führt zur Kollektor- bzw.
Drain-Schaltung.
Um zunächst zu einem grundsätzlichen Verständnis der beiden anderen Verstärker-Grundschaltungen zu kommen, soll von einem hinsichtlich Gleichstromversorgung und Arbeitspunkteinstellung autarken (bipolaren) Transistor (Bild 2.1 a) ausgegangen werden (wie er
in der Praxis allerdings nicht eingesetzt wird). Dadurch wird die Betrachtung frei von der
Arbeitspunktproblematik. Dieser Transistor wird nun gemäß Bild 2.1 b mit einer seiner
drei Elektroden an Masse angeschlossen und mit zwei für Wechselspannung als Kurzschluss wirkenden Kondensatoren mit der Ein- bzw. Ausgangsschaltung verkoppelt. In
Bild 2.2 sind aus diesen Elementen die drei Grundschaltungen zusammengesetzt.
Abbildung 2.1: a) Transistor mit autarker Stromversorgung b) Kontaktierung zu Generator und Last durch Kondensatoren als Wechselstromkurzschlüsse
2
KAPITEL 2. GRUNDSCHALTUNGEN
Die Reihenfolge des Lastwiderstandes R und der Spannungsquelle darf vertauscht werden,
weil sie ohne weitere Außenverbindung in Serie liegen.
Abbildung 2.2: Die drei Grundschaltungen: Emitter-, Kollektor- und Basisschaltung
2.1.1
Unterschiede zwischen den drei Grundschaltungen
Ein Blick auf die Kollektorschaltung zeigt, dass der Unterschied zwischen U 2 und U 1
nur aus jener Spannung besteht, die an einer in Durchlassrichtung gepolten Diode anfällt
(B − E Sperrschicht), d.h. U 2 ≈ U 1 . Die Basisschaltung weist eine andere Besonderheit
auf: Der von der Quelle kommende Wechselstrom ist der Emitterstrom. Als solcher tritt er
nahezu unvermindert als Kollektorstrom wieder auf und teilt sich auf in I 2 und den Strom
durch RC . Bei für Wechselströme sehr hohen Werten von RC gilt also |I 2 | ≈ |I 1 |. Diese
beiden Umstände sind in der nachstehenden Tabelle durch die Einsen charakterisiert.
EmitterVU
VI
hoch
invertierend
hoch
BasisSchaltung
hoch,nicht
invertierend
≈1
Kollektor≈1
hoch
Tab GS1: Spannungs- und Stromverstärkung der Grundschaltungen
Eingangsimpedanz
Ausgangsimpedanz
Basisschaltung
niedriger
gleich
Kollektorschaltung
höher
niedriger
Tab GS2: Vergleich von Eingangs- und Ausgangsimpedanzen mit der Emitterschaltung
Der Eingangsstrom I 1 gibt Aufschluss, welche der Schaltungen sich hoch- und welche
sich niederohmig verhält gegenüber einer Signalquelle. Bei der Kollektorschaltung liegt
an der Basis-Emitterdiode nur noch die Differenz der beiden nahezu gleich großen Spannungen U 1 und U 2 . Der Strom I 1 wird gegenüber der Emitterschaltung klein sein, die
Eingangsimpedanz also höher.
2.1. ALLGEMEINES
3
Bei der Basisschaltung fließt der um den Faktor β (Stromverstärkung) höhere Strom, weil
I 1 nun Emitter- und nicht mehr Basisstrom ist. Die Eingangsimpedanz ist also etwa um
den Faktor β niedriger.
Eine Erhöhung des Ausgangsstromes I 2 bei der Kollektorschaltung wird zunächst den
Strom durch R erhöhen. Der Zuwachs bei der Spannung U 2 bedeutet gleichzeitig eine
Verringerung der Basis-Emitterspannung und reduziert den Emitterstrom. Dies bedeutet eine weitgehende Übernahme der anfangs angenommenen Erhöhung von I 2 , so dass
U 2 nahezu konstant bleiben kann, was gleichbedeutend ist mit einem relativ niedrigen
Ausgangswiderstand.
4
2.2
KAPITEL 2. GRUNDSCHALTUNGEN
Emitter- und Sourceschaltung
Abbildung
2.3:
a)Emitterschaltung
Wechselstromersatzschaltbild
b)Sourceschaltung
c)Kleinsignal-
Jede Verstärkerschaltung wird durch eine Signalquelle gespeist (z.B. Mikrofon, Wiedergabekopf oder vorhergehende Stufe) und arbeitet auf eine Last (z.B. Lautsprecher oder
nachfolgende Stufe). Dies bedeutet, die Schaltung wirkt eingangsseitig selbst als Lastwiderstand und ausgangsseitig als gesteuerte Quelle mit Innenwiderstand. Eine Beschreibung der Eigenschaften muss also neben der Angabe der Verstärkung von Spannung oder
Strom auch den Eingangs- und den Ausgangswiderstand oder Leitwert mit einschließen.
In Bild 2.3 ist der Weg von der vollständigen Schaltung zum Wechselstrom-Ersatzschaltbild skizziert. Die Koppelkondensatoren werden als hinreichend groß dimensioniert angenommen und können für Wechselgrößen durch Kurzschlüsse ersetzt werden. Da die Versorgungsspannung Ub konstant sein soll, stimmt sie für Wechselgrößen mit Massepotenzial
überein. Dies führt dazu, dass RC und RD und auch R1 in Bild 2.3 c im Ersatzschaltbild
nach Masse gelegt werden müssen.
Zur Ermittlung der Spannungsverstärkung V = U 2 /U 1 soll für den ausgangsseitigen
Knoten die Strombilanz aufgestellt werden. Die Parallelschaltung von RL mit RC oder
RD soll durch den Leitwert G = 1/RL + 1/RD beschrieben werden:
SU 1 + GU 2 + g3 U 2 + (U 2 − U 1 )g2 = 0
(2.1)
2.2. EMITTER- UND SOURCESCHALTUNG
5
Sortieren der von U 1 bzw. U 2 abhängigen Terme führt auf
(S − g2 )U 1 = −(G + g3 + g2 )U 2
und erbringt anschließend die Spannungsverstärkung
V =
s − g2
U2
=−
U1
G + g2 + g3
(2.2)
Da der Leitwert g2 bei niedrigen Frequenzen immer klein gegen S ist, kann die Vernachlässigung von g2 im Zähler als sehr gute Näherung angesehen werden.
Der Eingangsleitwert ergibt sich aus dem Verhältnis des Eingangsstromes I 1 zur Eingangsspannung U 1 . Drückt man I 1 zunächst durch die Knotengleichung für den eingangsseitigen
Knoten aus
I 1 = U 1 (g1 + 1/R1 ) − (U 2 − U 1 )g2
und ersetzt dann mit Hilfe von Gl. 2.2 die Spannung U 2 durch U 1 :
Ye = I 1 /U 1 = (g1 + 1/R1 ) + g2 (1 − V )
(2.3)
Zur Ermittlung des Ausgangsleitwerts wird noch einmal auf den Ausgangsknoten zugegriffen. Aus Gl. 2.1 wird:
SU 1 + GU 2 + g3 U 2 + (U 2 − U 1 )g2 = I 2
(S − g2 )
I
U1
+ (G + g3 + g2 ) = 2 = Ya
U2
U2
Der Quotient U 1 /U 2 läßt sich nun aus dem Spannungsteiler bestehend aus g2 und G1 ,
der Parallelschaltung von g1 , R1 und dem Quelleninnenwiderstand RG , ermitteln:
1/G1
U1
g2
=
=
U2
1/G1 + 1/g2
G1 + g2
(S − g2 )
g2
I
+ (G + g3 + g2 ) = 2 = Ya
G1 + g2
U2
(2.4)
Die Auswertung der Ausdrücke nach Gleichung 2.2, 2.3 und 2.4 für die Transistoren BF
240 und BF 245 ergibt unter der Annahme eines sehr hochohmigen R1 (1/R1 = 0) und
RCD = 10kΩ:
Transistor
Ye
V
Ya
BIP: BF 240
0,45 mS
-333
108 µS
FET: BF 245
0
-40
125 µ S
6
2.3
KAPITEL 2. GRUNDSCHALTUNGEN
Kapazitäten des Transistors / Miller Effekt
Der innere Aufbau der Transistoren bringt es mit sich, dass zusätzliche Kapazitäten existieren. Bei höheren Frequenzen bewirken diese Kapazitäten Veränderungen in der Matrizendarstellung und den Ersatzschaltbildern.
Abbildung 2.4: Aufbau und daraus resultierende innere Kapazitäten bei einem bipolaren
und einem Feldeffekttransistor
Beim bipolaren Transistor sind dies in der Hauptsache die Basis-Emitter-Kapazität CBE =
C1 und die Basis-Kollektor-Kapazität CCB = C2 . Die räumliche Trennung von Emitter
und Kollektor durch die Basiselektrode verhindert die Existenz eines nennenswerten CEC .
Die Einarbeitung der beiden Kapazitäten in das Π-Ersatzschaltbild geschieht entweder
durch einfaches Parallelschalten zu den Parametern g1 und g2 oder aber durch die nun
komplexe Interpretation der Π-Parameter.
y 1 = g1 + jωC1
,
y 2 = g2 + jωC2
Bei Feldeffekttransistoren ist eine abschirmende Wirkung durch die Gate Elektrode nicht
gegeben, so dass hier auch eine Drain-Source-Kapazität auftritt.
y 3 = g3 + jωC3
2.3. KAPAZITÄTEN DES TRANSISTORS / MILLER EFFEKT
7
Für die beiden Transistoren BF 240 und BF 245 ergeben sich laut Datenblatt folgende
Werte für die Kapazitäten:
Transistor
C1
C2
BIP: BF 240
18 pF 0,25 pF
FET: BF 245
3 pF
1 pF
C3
0,5 pF
Greift man noch einmal zurück auf Gleichung 2.3 ohne Berücksichtigung des Widerstandes
R1 , dann ergibt sich der nun komplexe Eingangsleitwert zu
Y e = g1 + jωC1 + (g2 + jωC2 )(1 − V )
Streng genommen enthält die Verstärkung V nun ebenfalls einen geringen Imaginärteil.
Unter seiner Vernachlässigung ergibt sich der Imaginärteil von Y e nun zu
Im(Y e ) = jω(C1 + C2 (1 − V ))
(2.5)
wobei zu beachten ist, dass V negative Werte hat. C2 (1 + |V |) wird Miller-Kapazität genannt. Um ihren Wert wird bei hoher Verstärkung die Kapazität am Eingang der Emitterschaltung vergrößert. Zusammen mit dem Innenwiderstand der ansteuernden Quelle
wird auf diese Weise ein unerwünschtes Tiefpassglied simuliert.
Transistor
Miller-Kapazität bei RCD = 10 kΩ
BIP: BF 240
334 * 0,25 = 83 pF
FET: BF 245
1 * 1 = 1 pF
8
2.4
KAPITEL 2. GRUNDSCHALTUNGEN
Kollektor- bzw. Drainschaltung
Wird anstelle von Emitter oder Source nun Kollektor bzw. Drain die Eingang und Ausgang
gemeinsame Elektrode, dann spricht man von der Kollektor- bzw. Drainschaltung (auch
Emitter- bzw. Sourcefolger genannt). Der Übergang von der Emitter- bzw. Sourceschaltung kann durch Umzeichnen des Π -Ersatzschaltbildes nach Bild 2.2 oder 2.5 a erfolgen,
wobei Kollektor- und Emitterklemme die Plätze tauschen. Beachtet man hierbei, dass die
C
die Stromquelle steuernde Spannung U 1 bei der Kollektorschaltung übergeht in U C
1 −U2 ,
dann ergibt sich zunächst das Bild 2.5 b. Zerlegt man die Stromquelle nun in ihre beiden
C
Bestandteile SU C
1 und SU 2 , dann ergibt sich das Bild 2.5 c.
Abbildung 2.5: Der Weg von den Π-Parametern der Emitterschaltung zu denen der Kollektorschaltung
Die Stromquelle SU C
2 prägt denselben Strom, wie ihn ein passiver Leitwert der Größe
S auch führen würde, wenn er an derselben Stelle läge. Dies macht den Austausch der
Quelle durch den Leitwert S möglich.
Damit Bild 2.5 d formal völlig mit Bild 2.5 a übereinstimmt, soll auch noch der Richtungssinn der Stromquelle SU − 1C umgedreht werden. Ein Vergleich der beiden Bilder
erbringt die Elemente des Π-Ersatzschaltbildes der Kollektorschaltung:
yC
= y2
1
yC
= y1
2
yC
= y3 + S
3
S C = −S
(2.6)
2.4. KOLLEKTOR- BZW. DRAINSCHALTUNG
9
Durch die erzielte Übereinstimmung können nun die Formeln 2.2 bis 2.4 zur Ermittlung
von Spannungsverstärkung, Eingangs- und Ausgangswiderstand verwendet werden:
VC =−
−S − y 1
G + y1 + y3 + S
(2.7)
Ist die Steilheit hinreichend groß und der Lastleitwert G (Bild 2.6) hinreichend klein,
dann wird die Spannungsverstärkung 1.
Abbildung 2.6: a) Kollektor- und b) Drainschaltung mit c) Kleinsignal-WechselstromErsatzschaltbild
Eingangs- und Ausgangswiderstand können nun analog erhalten werden:
C
YC
e = y 2 + 1/R1 + y 1 (1 − V )
−S − y 1
1
+ S + y3 + y1 +
1 + G1 /y 1
RE,S
Für R1 = ∞ und G =1mS ergeben sich die nachstehenden Werte:
YC
a =
Transistor
YC
e
BIP: BF 240
6,7 µS
FET: BF 245
0
VC
YC
a
0,97 37 mS
0,83
6 mS
(2.8)
10
2.5
KAPITEL 2. GRUNDSCHALTUNGEN
Basis- und Gateschaltung
Als letzte der drei Elektroden kann noch die Basis bzw. das Gate Eingang und Ausgang
gemeinsam zugeordnet werden. Umzeichnen des Bildes 2.2 bzw. 2.7 a führt auf Bild 2.7 b
Abbildung 2.7: Der Weg von den Π-Parametern der Emitterschaltung zu denen der Basisschaltung
Der durchgezogen gezeichnete, rein passive Vierpol mit den drei Leitwerten kann betrachtet werden als parallel geschaltet zu einem weiteren Vierpol, bestehend aus der Stromquelle SU1B . Deren Eigenschaft ist es nun, an Eingang und Ausgang die Ströme
B
IB
1 = SU 1
B
IB
1 = −SU 1
einzuprägen. Dies kann auch erzielt werden eingangsseitig mit dem passiven Leitwert
S und ausgangsseitig mit der Stromquelle −SU B
1 nach Bild 2.6 d. Zusammenfassen des
neuen Vierpols mit dem passiven Teilvierpols aus 2.7 b erbringt das vollständige Π- Ersatzschaltbild 2.7 e mit der Transformation
yB
= y1 + S
1
yB
= y3
2
yB
= y2
3
S B = −S
(2.9)
Die Spannungsverstärkung ergibt sich nun zu
VB =−
−S − y 3
G + y2 + y3
(2.10)
2.5. BASIS- UND GATESCHALTUNG
11
Bis auf das Vorzeichen und den Ersatz von y 2 durch y 3 unterscheidet sich 2.10 nicht
von dem entsprechenden Ausdruck der Emitterschaltung, beide Verstärkungen dürften
deshalb etwa gleich sein.
Der Eingangsleitwert
B
YB
e = y 1 + S + 1/R1 + y 3 (1 − V )
(2.11)
weist wiederum eine von der Verstärkung abhängige kapazitive Komponente auf (MillerEffekt), die allerdings parallel zu dem sehr niederohmigen Leitwert S nicht so stark wie
bei der Emitterschaltung ins Gewicht fällt.
Abbildung 2.8: a) Basis- und b) Gateschaltung mit c) Kleinsignal-WechselstromErsatzschaltbild
Beim Ausgangsleitwert ergibt sich derselbe Wert wie bei der Emitterschaltung:
YB
a =
−S
1
+
1 + G1 /y 2 RC,D + y 3 + y 2
Transistor
YB
e
VB
YB
a
BIP: BF 240
40 mS 333 0,108 mS
FET: BF 245
7 mS
40
0,125 mS
(2.12)
12
KAPITEL 2. GRUNDSCHALTUNGEN
Abbildung 2.9: Von den Parametersystemen in Emitterschaltung zu den Schaltungseigenschaften aller drei Grundschaltungen
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