Kapitel 7 Rückkopplungsschaltungen mit Operationsverstärkern 7.1 Allgemeines/Idealer OP Jede Rückkopplung beruht darauf, einen Teil des Ausgangssignals auf den Eingang zurückzuführen. Hierbei kann man anhand des Vorzeichens zunächst grob unterscheiden zwischen Mitkopplung und Gegenkopplung. In Bild 7.1 sind zunächst allgemein die vier Möglichkeiten der Rückkopplung skizziert, wenn man von Verstärkern ohne Differenzeingang und einem vierpolartigen Rückkopplungsnetzwerk ausgeht. Abbildung 7.1: Verschiedene Möglichkeiten der Rückkopplung 2KAPITEL 7. RÜCKKOPPLUNGSSCHALTUNGEN MIT OPERATIONSVERSTÄRKERN In a) wird abhängig von der Ausgangsspannung ein Strom in den Eingang zurückgeführt. Anhand der gestrichelten Inhalte für Verstärker und Rückkopplungsnetzwerk erkennt man unschwer die Emitterschaltung mit Spannungsgegenkopplung aus Kapitel SE wieder. Wird dagegen eine dem Ausgangsstrom proportionale Spannung zum Eingang zurückgeführt, dann ergibt sich Bild 7.1 b. Hier findet man die ebenfalls unter SE betrachtete Emitterschaltung mit Gegenkopplung durch den Emitterwiderstand als bereits bekannten Repräsentanten. In Bild 7.1 c ist die Rückführung einer von der Ausgangsspannung abhängigen Spannung dargestellt, während Bild 7.1 d schließlich die Rückführung eines vom Ausgangsstrom abhängigen Stromes wiedergibt. Vergleicht man nun die realen Rückkopplungsschaltungen mit OP nach Bild 7.2 und 7.3 mit den vier Varianten des Bildes 7.1, dann findet man nur bei Bild 7.2 Übereinstimmung, weil dort die Differenzbildung noch außerhalb des OP vorgenommen wird. Offenbar wird hierzu ein von der Ausgangsspannung abhängiger Strom über R2 zurückgeführt, so dass eine Entsprechung zu Schaltung 7.1 a vorhanden ist. Abbildung 7.2: Die erste Schaltungsvariante des gegengekoppelten OP: Umkehrverstärker Bei Schaltung 7.3 hingegen wird zur Differenzbildung der Differenzverstärker des OP und nicht eine Serien- oder Parallelschaltung benutzt, eine direkte Übereinstimmung ist damit nicht möglich. Da es sich aber um die Rückführung einer Spannung handelt (Spannungsteiler R1 , R2 ), kann wenigstens eine gewisse Analogie zu Schaltung 7.1 c festgestellt werden. 7.1. ALLGEMEINES/IDEALER OP Idealisiert man den OP hinsichtlich aus den beiden Bildern 7.2 und 7.3 werden. Ua kann bei V → ∞ nur Umkehrverstärker der invertierende folgt 3 seiner Verstärkung (V → ∞), dann können bereits die wesentlichen Kenngrößen Ze und V 0 abgeleitet endlich bleiben, wenn Ud → 0. Damit liegt beim Eingang ebenfalls fast auf Massepotenzial. Daraus Ze (U mkehrverst.) ≈ R1 Da gleichzeitig der in diesen Eingang fließende Strom fast verschwindet, gilt I e ≈ −I c V 0 (U mkehrverst.) = U a /U e ≈ −R2 /R1 U a /R2 ≈ −U e /R1 (7.1) Abbildung 7.3: Die zweite Schaltungsvariante des gegengekoppelten OP: Elektrometerverstärker Beim Elektrometerverstärker gilt ebenfalls die Forderung nach verschwindendem Eingangsstrom am nichtinvertierenden Eingang und führt auf Ze (Elektrometerv.) ≈ ∞ Diesem Umstand verdankt der Verstärker seinen Namen, Verschwinden der Differenzeingangsspannung Ud verlangt Ur ≈ −Ue . Ur = Ua R1 ≈ Ue R1 + R2 V 0 (Elektrometerv.) = Ua R2 ≈1+ Ue R1 (7.2) 4KAPITEL 7. RÜCKKOPPLUNGSSCHALTUNGEN MIT OPERATIONSVERSTÄRKERN 7.2 Beschreibung der Rückkopplung mit Hilfe eines Signalflussplanes Um die Beschreibungen rückgekoppelter Systeme unabhängig von schaltungstechnischen Feinheiten allgemein darzustellen, ist eine Betrachtung der Verhältnisse mit Hilfe eines Signalflussdiagramms vorteilhafter. Abbildung 7.4: Signalflussdiagramm a)zur Ermittlung der Verstärkung b)zur Ermittlung der Ausgangsimpedanz Mit seiner Hilfe ergibt sich für das Ausgangssignal U a : U a = V · (U e ke + U a kr ) Über die Natur des Signals am Summationspunkt (Strom oder Spannung) und damit die Dimension von ke ,kr und V ist hier noch nichts gesagt worden. Durch Separieren der mit U e und der mit U a behafteten Terme erhält man als rückgekoppelte Verstärkung: Ua ke V = =V0 Ue 1 − kr V (7.3) Man sieht Gl.7.4 bereits an, dass bei den für OP typisch hohen Werten für V verglichen mit 1/ke und 1/kr sich mit guter Näherung mit U a /U e ≈ −ke /kr eine vom OP unabhängige Gesamtverstärkung ergibt. Der Einfluss der Rückkopplung auf die Ausgangsimpedanz lässt sich anhand von Bild 7.4 b angeben. Wenn der Verstärker einen Ausgangswiderstand Ra besitzt, dann würde ohne Rückkopplung ein Strom I a zunächst die Spannung U a um Ra I a verändern. Da diese Änderung aber auch noch über die Schleifenverstärkung kr V zurückwirkt, gilt: U a = Ra I a + kr V U a Ua Ra = = Za Ia 1 − kr V (7.4) 7.3. GENAUERE ANALYSE 7.3 7.3.1 5 Genauere Analyse Umkehrverstärker Ein Vergleich der Schaltung 7.2 mit dem Signalflussplan ergibt, dass die Differenz von Strömen gebildet wird. Dies bedeutet streng genommen, dass ke und kr die Dimension von Leitwerten bekommen müssten, V jedoch die Dimension eines Widerstandes haben müsste. Durch die Annahme eines hochohmigen Einganges (I d = 0) und den alleinigen Bezug auf U d vermeidet man diese unnötige Komplizierung: U ke = d U e U a =0 R2 =− R1 + R2 U kr = d U a U =− e =0 R1 R1 + R2 V = Vd und erhält aus Gl. 7.3 für die gegengekoppelte Verstärkung (mit der Abkürzung VR = R2 /R1 ): 1 R1 + R2 + R1 Vd 1 1 1 1 1 = = + + ≈ + (7.5) 0 V R2 Vd Vd VR VR V d Vd VR Gl. 7.6 geht für Vd → ∞ erwartungsgemäß in den für Gl. 7.1 abgeleiteten Näherungsausdruck über (V 0 ≈ −VR ). − 7.3.2 Elektrometerverstärker Beim Elektrometerverstärker wird durch den Eingang die Differenz von Spannungen gebildet, damit werden die drei Größen ke , kr und V dimensionslos. ke = 1 R1 1 U =− =− kr = d U a Ue =0 R1 + R2 1 + VR (7.6) und man erhält mit Gl. 7.3 für die gegengekoppelte Verstärkung 1 1 + 1+V Vd 1 1 1 1 1 R = = + ≈ + V0 Vd Vd 1 + VR Vd VR (7.7) einen Ausdruck, der für Vd → ∞ wiederum in dem bereits durch einfache Überlegungen gewonnenen übergeht. 7.3.3 Ausgangswiderstände Zur Ermittlung des Ausgangswiderstandes wird der Eingang gegen Masse geschaltet. Für diesen Fall gehen die beiden Schaltungen 7.2 und 7.3 in eine einzige über. Dies bedeutet gleiche Ausgangswiderstände und nur eine Analyse. Mit dem für beide Schaltungen gültigen kr wird aus Gl.7.4: kr = − R1 1 =− R1 + R2 1 + VR Za = was sich für große Vd und VR zu Ra VR /Vd vereinfacht. Ra 1 + Vd /(1 + VR ) (7.8) 6KAPITEL 7. RÜCKKOPPLUNGSSCHALTUNGEN MIT OPERATIONSVERSTÄRKERN 7.4 Bandbreiteerweiterung durch Gegenkopplung Um eine gemeinsame Formulierung für den Bandbreitegewinn bei Gegenkopplung für beide Schaltungsarten zu erhalten, soll die für beide Gleichungen 7.5 und 7.7 geltende Näherung verwendet werden: 1 1 1 ≈ + 0 V Vd VR (7.9) Der kleinere der beiden Werte Vd und VR bestimmt also den Wert von |V 0 |. Abbildung 7.5: Bodediagramm der Verstärkungen und nichtlineare Kennlinie a)Leerlaufverstärkung Vd und VR = R2 /R1 b)Gegengekoppelter Verstärker und c)nichtlineare Kennlinie Der Übergang vom horizontalen Kurvenast zum abfallenden liegt nun beim gegengekoppelten Verstärker bei der höheren Frequenz fg0 . Befindet man sich noch in dem Frequenzbereich, in dem sich lediglich der erste Tiefpass auswirkt, dann besitzt der abfallende Ast die Steigung -1. Der Abstand der beiden horizontalen Kurvenäste in Bild 7.5 a ist damit gleich dem der beiden vertikalen Hilfslinien. log(fg0 /fg ) = log(Vd /VR ) = log g g wird Gegenkopplungsgrad genannt. Durch Delogarithmierung ergibt sich eine Konstanz des Verstärkungs-Bandbreite-Produkts: fg0 VR = fg Vd = const. (7.10) Im selben Maße, in dem man die Verstärkung zurücknimmt, steigt also die Bandbreite. Man kann auch sagen, die Bandbreite wächst um den Gegenkopplungsfaktor g = Vd /VR . fg0 = fg · g (7.11) 7.5. UNTERDRÜCKUNG VON VERSTÄRKUNGSSCHWANKUNGEN UND NICHTLINEAREN VERZ 7.5 Unterdrückung von Verstärkungsschwankungen und nichtlinearen Verzerrungen Nimmt man in Gl. 7.9 für Vd einen um dVd leicht variierenden Wert an, dann kann man durch Differentiation von Gl. 7.9 nach Vd schreiben: − 1 dV 0 1 =− 2 02 V dVd Vd dV 0 V 0 dV 0 1 dV 0 = ≈− Vd Vd dVd g Vd (7.12) Schwankt nun Vd durch z.B. Temperaturänderung oder Versorgungsspannungsänderungen um einen bestimmten Bruchteil dVd /Vd , dann ist die relative Schwankung des gegengekoppelten Verstärkers um den Gegenkopplungsgrad VR /Vd kleiner. In Bild 7.5 c) ist das Auftauchen höherer Harmonischer (2ω, 3ω usw.) im Ausgangssignal aufgrund der Kennlinien-Nichtlinearität veranschaulicht. Gängige Beschreibung der Verhältnisse ist die Angabe des Klirrfaktors. Interpretiert man nun die Abweichung ∆Ua vom Sollwert als amplitudenabhängige Verstärkungsschwankung, dann wird klar, dass auch hier Gegenkopplung die unerwünschte Abweichung um den Gegenkopplungsfaktor g reduziert. Alle Anteile höherer Harmonischer sind davon betroffen, so dass diese Reduktion sich auf den Klirrfaktor selbst überträgt. q K= 2 2 U2ω + U3ω + ... Uω K 0 = K/g (7.13) Kenngrößen des OP idealer OP ohne Gegenkoppl. mit Gegenkoppl. Spannungsverstärk. ∞ Vd Vd /g Ausgangs-Widerstand 0 Ra Ra /g Verstärkungsänderung 0 dVd /Vd dVd /Vd · 1/g Klirrfaktor 0 K K/g Bandbreite ∞ fg fg · g