Psychische Erkrankung oder Suchterkrankung betrifft die ganze Familie Christiane Spranger-Paul Psychische Störungen sind keine seltenen Erkrankungen ! Jährlich erleiden 33,3% der Bevölkerung mindestens eine psychische Störung davon sind 1/3 episodisch/zeitlich begrenzt 1/3 fortdauernd, aber im Schweregrad wechselnd 1/3 chronisch über Jahre hinweg (Wittichen u. Jacobi, Studie DEGS1-MH , 2012) Christiane Spranger-Paul Psychische Störungen sind keine seltenen Erkrankungen ! Häufigste Störungen: Männer : Frauen: Substanzstörungen, Angststörungen, Depression Angststörungen, Depression, Somatoforme Höchste Prävalenzraten in der Altersgruppe von 18 bis 34 Jahren (45%) (Wittichen u. Jacobi, Studie DEGS1-MH , 2012) Christiane Spranger-Paul Menschen mit einer psychischen Störung/Erkrankung ….sind immer auch Teil einer Familie! Sie sind Tochter oder Sohn, Schwester oder Bruder (Ehe-)Partnerin oder Partner und auch Mutter oder Vater Christiane Spranger-Paul Kinder psychisch kranker Eltern haben ein hohes Risiko, selbst zu erkranken Kinder von psychisch kranken Eltern haben genetisch eine höhere Verletzlichkeit/Anfälligkeit für psychische Erkrankungen Kinder von psychisch kranken Eltern leben häufig unter besonderen psychischen und sozialen Belastungsfaktoren Ein Drittel der Patienten/Patientinnen in stationärer kinderund jugendpsychiatrischer Behandlung haben mindestens einen psychisch kranken Elternteil Christiane Spranger-Paul Risiko bedeutet nicht zwangsläufig auch Erkrankung Der Risikofaktor ist eine Wahrscheinlichkeitsaussage über die vermutete Verletzlichkeit - nicht über die Erkrankung selbst Die genetische Ausstattung moderiert die Umwelteffekte Bei einer hohen erblich bedingten Verletzlichkeit sind Umwelteinflüsse -positiv wie negativ- besonders ausschlaggebend Christiane Spranger-Paul Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die Kinder Direkte Auswirkungen der psychischen Erkrankung Störungen der Eltern-Kind-Interaktionen durch emotionale Unerreichbarkeit Über- oder Unterstimulation Einbeziehung des Kindes in ein Krankheitssystem Christiane Spranger-Paul Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die Kinder Indirekte Auswirkungen der psychischen Erkrankung psychosoziale Belastungsfaktoren durch häufigere Trennungserlebnisse der Kinder, u.a. durch Kliniksaufenthalte Disharmonie und Konflikte in der Elternbeziehung sozioökonomische Belastungen Christiane Spranger-Paul Die wichtigsten Probleme der Kinder Unmittelbare Probleme sie können die Krankheit nicht verstehen und nicht einordnen Desorientierung und Angst „Mama (Papa) ist krank/traurig/ durcheinander, weil ich böse war“ Schuldgefühle sie haben (oft zu Recht) das Gefühl, mit niemandem darüber reden zu dürfen Tabuisierung sie fühlen sich allein gelassen, ziehen sich zurück Isolierung Christiane Spranger-Paul Die wichtigsten Probleme der Kinder Folgeprobleme sie erhalten zu wenig Aufmerksamkeit Betreuungsdefizit sie sind durch zusätzliche Aufgaben belastet Zusatzbelastungen (Haushalt, Kinderbetreuung) sie übernehmen Verantwortung für die Eltern Verantwortungsverschiebung Eltern und sie selbst werden von anderen abgelehnt Abwertungserlebnisse (Parentifizierung) innerhalb der Familie: Das Gefühl, sich zwischen den Eltern entscheiden zu müssen außerhalb der Familie : Loyalitätskonflikte (Konflikt zwischen Loyalität und Distanzierung) sie schämen sich für die Eltern Christiane Spranger-Paul Belastungen wirken sich unterschiedlich aus… je nach Alter des Kindes : bei einem Kleinkind wirken sie sich anders aus als bei einem Grundschulkind oder Jugendlichen je nach Dauer der Belastung : je länger eine Belastung besteht, desto stärker wirkt sie sich aus Christiane Spranger-Paul Resilienz-Forschung Aber: die Mehrzahl der Kinder erkrankt nicht, obwohl sie vielfältigen Belastungen und Problemen ausgesetzt sind Sie haben Widerstandsfähigkeit (Resilienz) entwickelt Christiane Spranger-Paul Resilienz-Forschung Protektive Faktoren robustes, aktives Temperament emotionale Einfühlungs- und Ausdrucksfähigkeit soziale Problemfähigkeit Überzeugung von Selbstwirksamkeit emotional stabile Beziehung zu einem Elternteil positives Familienklima alters-/entwicklungsgerechte Aufklärung über die Erkrankung der Eltern positive Krankheitsbewältigung des erkrankten Elternteils Christiane Spranger-Paul Soziale Schutzfaktoren • Unterstützung durch Freunde • Stabile Beziehungen zu weiteren Erwachsenen: Großeltern, Verwandte, „Paten“ • Integration in Peer-Gruppe • Integration in Gruppen, Vereinen Christiane Spranger-Paul Häufige Einstellungen in der Psychiatrie Unser Auftrag betrifft die Behandlung des Patienten Unser Auftrag betrifft den erwachsenen Patienten Für Patienten wirkt ein Kind stabilisierend Jugendämter nehmen die Kinder aus der Familie Christiane Spranger-Paul Häufige Einstellungen in der Psychiatrie Unser Auftrag betrifft den erwachsenen Menschen Angehörigengruppen gehören mittlerweile zum standardmäßigem Angebot, richten sich aber an erwachsene Angehörige Kinder als Angehörige werden meist vergessen Christiane Spranger-Paul Häufige Einstellungen in der Psychiatrie Für Patienten wirkt ein Kind stabilisierend Aber Kinder ….mit ihren Bedürfnissen und Ansprüchen an die Eltern sind auch eine Belastung ….können durch Schuld-/Versagensgefühle der Eltern deren Probleme verstärken ….verhindern manchmal eine notwendige stationäre Behandlung ….können auch tatsächlich eine Überforderung darstellen Christiane Spranger-Paul Häufige Einstellungen in der Psychiatrie Jugendämter nehmen die Kinder aus der Familie ….aber eine psychiatrische Diagnose eines Elternteils ist noch kein Grund für die Herausnahme eines Kindes aus der Familie !! damit wird die Angst der betroffenen Eltern verstärkt und verhindert die Inanspruchnahme von Hilfen Christiane Spranger-Paul Häufige Einstellungen in der Jugendhilfe Wenn Kinder keine Auffälligkeiten zeigen, besteht kein Hilfebedarf Bestimmte Krankheitsbilder schließen Erziehungsfähigkeit aus Wenn Kinder Auffälligkeiten zeigen, liegt das an den Eltern …aber Kinder können auf Belastungen auch mit auffälliger Angepasstheit reagieren …aber nicht die Diagnose, sondern der Umgang mit der Erkrankung ist entscheidend für die Erziehungsfähigkeit …aber nicht jede Störung des Kindes ist auf die Erkrankung der Eltern zurückzuführen Christiane Spranger-Paul Die Unterstützung von psychisch-/suchtkranken Eltern und ihrer Kinder erfordert die Zusammenarbeit der Versorgungssysteme Psychiatrie und Jugendhilfe Mitarbeiter der Jugendämter Stadt Kassel Landkreis Kassel Mitarbeiter in der Frühförderung Sozialpädagogischen Familienhilfe Suchtberatung Frühe Hilfen Erziehungsberatung Freundeskreis der Suchtkrankenhilfe Arbeitskreis Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern der Region Kassel (seit 2006) Mitarbeiter aus beiden psychiatrischen Kliniken Vitos Kurhessen Klinikum Kassel Mitarbeiter des Gesundheitsamtes der Region Kassel Christiane Spranger-Paul Seit 2011 Installierung und Durchführung einer monatlichen Informationsveranstaltung in den psychiatrischen Kliniken über Hilfeangebote für psychisch kranke und suchtkranke Eltern und ihre Kinder Der Informationsvortrag mit 24 Terminen im Jahr wird im Wechsel von Mitgliedern des Arbeitskreises gehalten Für die Eltern steht ein Hand-out des Vortrages zur Verfügung Christiane Spranger-Paul Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder Tagesmutter Hort Kinderkrippe Kindergarten Pflegefamilie oder Wohngruppe Tagesgruppe Pate (Patenschaft für Kinder psychisch kranker Eltern) Christiane Spranger-Paul Hilfen für psychisch- /suchtkranke Eltern und ihre Kinder in Stadt und Landkreis Kassel Ambulante Jugendhilfe Erziehungsbeistand / Jugendhelfer / ambulante Einzelfallhilfe Sozialpädagogische Familienhilfe psychisch kranker Eltern für Kinder Sozialpädagogische Familienhilfe für Kinder suchtkranker Eltern Patenschaften für Kinder psychisch kranker Eltern Frühintervention bei suchtmittelabhängigen Schwangeren Gruppenangebot für Kinder psychisch- oder suchtkranker Eltern Haushaltstraining Kindertagespflege Notmütter Christiane Spranger-Paul Kinder und ihre Eltern haben ein Recht auf Unterstützung, wenn es Probleme oder Schwierigkeiten in der Familie gibt …und Eltern haben die Wahl, eine für ihre Familie geeignete Hilfe in Anspruch zu nehmen Christiane Spranger-Paul Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Christiane Spranger-Paul