Philosophie – ein Auftakt mit Gelächter oder: „Spottet nur

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Geschichte der Philosophie I: Antike und Mittelalter (WS 2003/04) – Folien-Handouts
Philosophie – ein Auftakt mit Gelächter oder: „Spottet nur ...“
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Äsops Fabel vom stolpernden Sternengucker aus dem 6. Jh. v. Chr.
⇒ Die Erforschung des Fernen lässt das Naheliegende vergessen.
Platons (428–348 v. Chr.) Anwendung auf Thales von Milet (624–546 v. Chr.)
⇒ Verschärfung der Kontraste
⇒ Hilflosigkeit der Philosophie angesichts des praktischen Lebens
Aristoteles’ (384–322 v. Chr.) Ehrenrettung
⇒ „Wir könnten, wenn wir nur wollten!“
Zur Ehrenrettung der antiken Astronomie: das Brunnenfernrohr
Skeptischer Einwurf von Michel de Montaigne (1533–1592)
Die barocke Fortführung durch Abraham a Santa Clara im 17. Jh.
⇒ Hybris der heidnischen Philosophie
Philosophie – Liebe zur Weisheit?
Ein Liebhaber (phílos) der Weisheit (sophía) ist nicht unbedingt selbst weise, aber er erstrebt
Weisheit.
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Verhältnis Weisheit–Wissen
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Beispiel: Athens Sophisten wie Protagoras von Abdera (ca. 485–415 v. Chr.) und
Gorgias (ca. 480–380 v. Chr.)
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Leben in und für die Theorie (bíos theoretikós, vita contemplativa) als
philosophische Lebensform bei Aristoteles
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Nachdenken über die Fragen des Lebens – eine Sache für Kinder oder für die
Katz’?
Staunen : zu philosophieren beginnen
Im Ergriffensein der Verwunderung tut sich ein erster existentieller Weg auf, um ins
Philosophieren zu gelangen.
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Platon, Theaitet, 155 d:
Sokrates:
. . . Denn gar sehr ist dies der Zustand eines Freundes der Weisheit:
Verwunderung; ja es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen, und wer gesagt
hat, Iris sei die Tochter des Thaumas, scheint die Abstammung nicht übel getroffen zu haben.
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Aristoteles, Metaphysik, I 2, 982 b:
Denn Verwunderung war den Menschen jetzt wie vormals der Anfang des Philosophierens;
indem sie sich anfangs über das nächstliegende Unerklärte verwunderten, dann allmählich
fortschritten und auch über Größeres Fragen aufwarfen.
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Günther Anders (1902–1992), Philosophische Stenogramme:
Die Chance des Philosophen besteht in seiner Unfähigkeit, das Wort „selbstverständlich“ zu
verstehen. Seine Tugend in der Fähigkeit, diese Unfähigkeit allen Anfechtungen des Alltags
zum Trotz durchzuhalten.
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Theodor W. Adorno (1903–1969), Philosophische Terminologie I:
Philosophie ist der zum Bewusstsein erhobene Widerstand gegen alle Klischees.
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Vorsokratische Philosophie
I. Quellenlage
a) Wirkliche Fragmente sind als Zitate bei nachfolgenden antiken Autoren erhalten, vor
allem bei:
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Platon
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Aristoteles
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Simplikios (Neuplatoniker, 6. Jh. n. Chr.)
sodann auch bei:
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Plutarch (Philosoph & Historiker, 2. Jh. n. Chr.; Moralia)
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Sextus Empiricus (Skeptiker & Arzt, 2. Jh. n. Chr.)
–
Klemens von Alexandrien (2./3. Jh. n. Chr., Vergleiche zwischen
Heidentum und Christentum, Protreptikos & Stromateis)
–
Hippolytos von Rom (3. Jh. n. Chr., Widerlegung aller Häresien)
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Diogenes Laërtius (3. Jh. n. Chr., Leben berühmter Philosophen)
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Johannes Stobaeus (5. Jh. n. Chr., Anthologium)
b) Testimonien („Referate“)
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Platon (beiläufige Bemerkungen; Phaidon 96ff.)
Aristoteles (ernsthafte Auseinandersetzung; Metaphysik A)
Theophrast (†287 v. Chr.; enzyklopädische Aktivität)
die doxographische Tradition:
thematisch – biographisch – genealogisch
II.
Ionische Naturphilosophie – Die Suche nach der arché
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Thales von Milet
Urgrund der Gesamtwirklichkeit ist das Wasser. ⇒ Substanzdenken!
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Anaximander
ápeiron : qualitativ unbestimmter, grenzenloser Stoff; eine Art göttliches Prinzip.
Alles ist mit Notwendigkeit dem Werden unterworfen.
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Anaximenes
Urstoff „Luft“ geht durch Verdichtung bzw. Verdünnung in andere Stoffe über.
III. Xenophanes oder: Es gibt kein sicheres Wissen
⇒
Schritt zur philosophischen Kritik:
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mythische Göttervorstellungen als Projektionen menschlicher Züge
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Erkenntnisskepsis
⇒ Vermutungswissen (vgl. K. R. Popper)
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IV. Heraklits πάντα ‛ρει – ein Lehrstück der Verdunkelung
„Denen, die in dieselben Flüsse steigen, strömen andere und andere Wasser entgegen.“ (Fragment B
12 / DK)
V. Parmenides: das wahrhaft Wirkliche als unveränderliches Sein
Begründer der Metaphysik, deren Aufgabe in der Erkenntnis einer angenommenen erfahrungsjenseitigen Wirklichkeit besteht; fragmentar. erhaltenes Lehrgedicht Über die Natur (metaphysischer
& naturphilosophischer Teil)
Thesen:
Das Seiende ist und das Nicht-Seiende ist nicht.
Das wahrhaft Seiende ist unbeweglich, unveränderlich, unentstanden, einzig,homogen,
ohne Ziel in der zeit, kugelförmig.
Denken und Sein ist ein und dasselbe.
VI. Theorien des Werdens
Problemstellung: Wie ist es möglich, dass wir Entstehen, Veränderung und Vergehen von Dingen
erfahren?
Hintergrund:
Gegensatz zwischen dynamischer und statischer Wirklichkeitsauffassung bzw.
zwischen den Typen „Heraklit“ und „Parmenides“ wird zu überbrücken versucht.
Lösungsansatz: Die erfahrbaren Dinge sind veränderliche Aggregate unveränderlicher Partikel.
Das heißt: Anstelle der Annahme eines einzigen unveränderlichen Seienden hat man mit einer Vielheit
von unentstandenen, unveränderlichen und unvergänglichen Seienden zu rechnen, die qua empirische
Dinge in wandelbare Aggregate eintreten und bestehen bleiben, auch wenn sich diese Aggregate
auflösen.
A) Empedokles
Feuer – Wasser – Erde – Luft
Entstehung:
Verbindung der Elementarteile zu einem Komplex
Veränderung:
Neukombination der Anteile (Mischungsverhältnis)
Vergehen:
Zerfall des Komplexes ⇒ Erhaltung der Masse!
Verursacher:
Attraktions- („Liebe“) & Repulsionskräfte („Zwietracht“)
Ablauf:
Pulsieren zwischen Einheit (Kugel / sphairós) und Trennung (Kugelschalen)
Erkenntnistheoretisch bedeutsam ist die Rückführung der beobachtbaren Verhältnisse auf eine
zugrunde liegende eigentliche Wirklichkeit.
Spannung zwischen Über die Natur des nüchternen Wissenschaftlers und dem Reinigungslied des
religiösen Propheten, zwischen Naturalismus und Heilslehre, zwischen Sandale und Himmelfahrt.
B) Anaxagoras
Partikel von gleicher Art, wie die wahrnehmbaren Dinge
„Kein Ding nämlich entsteht oder vergeht [in einem absoluten Sinn], sondern aus vorhandenen
Dingen/Seienden mischt es sich und [durch deren Trennung] scheidet es sich wieder.“ (DK, B 17)
Jeder konkrete Stoff bestehe aus Teilen aller Grundstoffe in unterschiedlicher Gewichtung.
Nous / Geist als erstes bewegendes Prinzip ⇒ Zweckgerichtetheit / Teleologie
–
–
–
–
C) Leukipp & Demokrit: Atomistik
Atome (átomon = unteilbar)
Atome sind bewegliche, absolut träge, kompakte Partikel von konstanter Masse, Gestalt,
Größe und Dichte.
Bewegung: Eigenschaft der Materie (Schwere)
sekundäre Qualitäten: Reaktionen des Subjekts auf Reize von Seiten der Dinge
NB: naturphilosophische Theorie des Werdens
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Platon
I.
(428/27 – 348/47 v. Chr.)
Die platonische Wende
zuvor
Wesen der Wirklichkeit
jetzt
Reflexion der Erkenntnis der Wirklichkeit, genauer:
des Allgemeinen, der Inhalte des begrifflichen
Denkens
Denken richtet sich auf
⇒ Zwei-Welten-Lehre
II.
Reich der Vernunftgegenstände / Ideen
⇓ Wertgefälle ⇓
Reich der materiellen Dinge / Vordergrund
Persönlichkeit & Werk
Sohn einer vornehmen athenischen Familie
Denkarbeit zur Gewinnung neuer Grundlagen der Politik anstelle einer politischen Laufbahn
Begegnung mit Sokrates (ca. 404 bis zu dessen Hinrichtung 399 v. Chr.)
1. Sizilienreise samt geistig-erotischer Beziehung zu Dion, Schwager des Dionysios I. von
Syrakus
ca. 385 v. Chr. Gründung der Akademie (bestand über 900 Jahre bis zur Auflösung durch
Kaiser Justinian 529 n. Chr. ⇒ Urbild der europäischen Universitäten)
2. & 3. Sizilienreise: Scheitern des politischen Experiments (Niederschlag in den Nomoi)
Leitung der Akademie geht nach Platons Tod an dessen Neffen Speusippos
III.
Corpus Platonicum
Mit Ausnahme der von Platon nachgestalteten Verteidigungsrede des Sokrates (Apologie) handelt es sich
im Folgenden der literarischen Gattung nach um Dialoge. Aus der Verknüpfung von sprachstatistischen
Untersuchungen mit inhaltlichen Gesichtspunkten (z. B. dem Übergang zu metaphysischen Lehrinhalten)
erhält man die heute gängige Einteilung in Werkphasen. In der Klammer werden jeweils die Hauptthemen
angegeben.
A. Frühe Werke:
Apologie,
Kriton („Abschied“ des Sokrates),
Ion (Dichtung),
Hippias minor (Lüge / Irrtum),
Protagoras (Lehrbarkeit der Tugend),
Laches
(Erziehung zum guten Menschen, Tapferkeit),
Charmides (Besonnenheit – sophrosyne),
Euthyphron (Frömmigkeit),
Gorgias (Kritik der Sophisten).
B. Mittlere Werke: Menon (Wesen und Lehrbarkeit der Tugend – aretē),
Phaidon (Tod,
Unsterblichkeit der Seele, Ideen), Symposion (Leben, Eros, Schönheit, Werte),
Politeia
(Hauptwerk, 10 Bücher; Staat, Gerechtigkeit, Ideen, Seele, Pädagogik, Kosmologie; die ganze
Philosophie Platons kommt zur Sprache),
Kratylos (Richtigkeit der Wörter als Bedingung
für die Erkenntnis der Sache) [Zuordnung strittig].
C. Übergang zum Spätwerk:
Phaidros (Rhetorik, gute Einführung in die gesamte platonische
Philosophie, Ideen- und Seelenlehre),
Parmenides (Ideenlehre und deren Aporien),
Theaitetos (Erkenntnistheorie, Teilhabe, Analogie, Auseinandersetzung mit Heraklit und
Protagoras)
D. Spätwerke:
Sophistes (Kritik an den Sophisten, Ontologie),
Politikos (politische
Theorie),
Timaios (Kosmologie, Naturphilosophie, Ideen, Teilhabe),
Kritias (AtlantisGeschichte),
Philebos (Lust – hēdonē),
Nomoi (Alterswerk, 12 Bücher; Gesetze,
Staat; politische, rechtliche, religiöse und pädagogische Themen werden in großer Breite und in
vielen Details behandelt; unvollendet).
Lysis (Freundschaft – philía),
Euthydemos (sophistische Streitkunst) und
Hippias maior (wenn
echt: Schöne – kalón) bilden möglicherweise eine eigene Übergangsgruppe vom frühen zum mittleren
Werk. Der 7. Brief (autobiographisch) zählt vermutlich zu den wenigen echten der 13 im Corpus erhaltenen
Briefe.
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IV. Was ist x? – Ein Strukturelement der Frühdialoge
Das sokratische Frage-Antwort-Verfahren in den platonischen Frühdialogen beginnt häufig mit einer
Ausgangsfrage vom Typ „Was-ist-x?“; zum Beispiel in der überdeutlichen Formulierung in
Euthyphron 5c:
So sage mir nun um Zeus’ willen, was du jetzt eben so genau zu wissen behauptest, worin doch
deiner Behauptung nach das Gottesfürchtige und das Gottlose bestehe, sowohl in Beziehung auf
Totschlag als auf alles übrige. Oder ist nicht das Fromme in jeder Handlung sich selbst gleich
und das Ruchlose wiederum allem Frommen entgegengesetzt und sich selbst ähnlich, so dass
alles, was ruchlos sein soll, soviel nämlich seine Ruchlosigkeit betrifft, eine gewisse Gestalt
hat?
⇒ Die „Was-ist-x?“-Frage zielt auf die Gestalt („Idee“) von etwas.
⇒ Nach Platon/Sokrates ist die Definition Voraussetzung sinnvollen Denkens/Sprechens. (sic!)
⇒ Problematisch ist ferner die Annahme, dass jedes Wort genau eine Bedeutung haben müsse.
⇒ Unterscheide: Eigennamen – Prädikat-Ausdrücke
⇒ Einwand: Prädikat-Ausdrücke sind Kriterien, die einer Klasseneinteilung von Gegenständen
nach ihren Eigenschaften zugrunde gelegt werden können. Eine ontologische Verselbständigung der Bedeutungen sprachlicher Ausdrücke ist nicht angebracht.
V. Die Unsterblichkeit der Seele (Phaidon)
Definition:
Tod = Trennung der Seele vom Körper
Seele = Zentrum des Menschen
Plausibilitätsargumente für die Unsterblichkeitsannahme
1. Antapodosis (Phaidon 70c–72d)
Argument der Reversibilität sowie des ständigen Wechsels und Kreislaufs (regelmäßige
„Wiedererstattung“)
Leben : Tod = Wachen : Schlafen
2. Anamnesis (Phaidon 72e–77e)
Problem des Ursprungs erfahrungsfreier („apriorischer“) Erkenntnis
Argument der Wiedererinnerung an „Perfektionsbegriffe“
3. Syngeneia (Phaidon 78b–84b)
Argument der Verwandtschaft der Seele mit der Ideenwelt
4. Ideenlehre (Phaidon 84c–107b)
Simmias’ Einwand: Nicht alles Unsichtbare überdauere seinen materiellen Träger.
Kebes’ Einwand: Möglichkeit der „Aufzehrung“
Sokratisch-Platonische Ursachentheorie: Teilhabe an der Idee
Unsterblichkeitsbeweis: Die Seele als Lebensprinzip (notwendige Verknüpfung) kann
den Tod nicht in sich aufnehmen, muss also das Feld räumen und den Körper verlassen.
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PHILOSOPHIE IM MITTELALTER
I.
Überblick & geistige Situation
Die einflussreichsten philosophischen Schulen der ausgehenden Antike sind die Stoa (Stichwort
„Weltbürgertum“) und der Neuplatonismus (Lehre vom Ureinen, das sich durch Emanationen in den
Geist und die Seele sowie in die Gattungen und Arten der Natur spezifiziert; von Plotin verschriftlicht,
von Proklos in die christliche Ära hineingetragen).
In der Spätantike artikuliert sich Philosophie bereits im Zeichen des Christentums, das sich ab den
Kirchenvätern genötigt sieht, dem zeitgenössischen heidnischen Denken mit philosophischen Argumenten zu begegnen (vgl. Apologien): Die mythologischen Elemente des Christentums werden als
Vernunftlehren im neuplatonischen Sinn vorgestellt. Augustinus entdeckt die Geschichte als Thema
der Philosophie.
Boethius als Mittler der Antike – Johannes Scotus Eriugena (neuplaton. Naturphilosophie; extremer
Begriffsrealismus: universalia ante res) – Roscelinus und Petrus Abaelard (frühscholastischer Nominalismus: universalia post res) – gemäßigter Realismus (universalia in rebus) der dominikanischen
Schule der Hochscholastik: Aristoteles-Rezeption durch Albertus Magnus und Thomas v. Aquin –
Rivalität der franziskanischen Schule (traditionell augustinisch; Bonaventura; Voluntarismus).
II. Thomas von Aquin zur Einführung
Schönberger, Rolf: Thomas von Aquin zur Einführung, Hamburg: Junius 2002 (Zur Einführung 251), 10–49.
III. Ockham oder Vom messerscharfen Prinzip der Denk-Ökonomie
Wilhelm von Ockham (um 1280 – 1349), Franziskaner, lehrte in Oxford und London; stellte sich im
Armutsstreit gegen den Papst und unter den Schutz Kaiser Ludwigs des Bayern.
Hauptwerke: Sentenzenkommentar & Summe der gesamten Logik
(1) Die in der Unvergleichlichkeit Gottes Grund gelegte strikte Trennung von religiöser
Gewissheit (Glaube) und philosophischer bzw. wissenschaftlicher Erkenntnis (Wissen) bereitet
den Boden für die Lehre von der doppelten Wahrheit. Das Scheitern des scholastischen
Bemühens, Glauben und Wissen zusammen zu schmieden, zeichnet sich ab.
(2) „Ockham’s razor“: Wissenschaftliche Theorien sollen nicht mehr annehmen, als zur
Erklärung der in Frage stehenden Tatsachen erforderlich ist (Prinzip der sparsamsten Auffassung).
(3) Kontingenz der Dinge
(4) Abkehr vom Universalienrealismus (= Annahme allgemeiner Wesenheiten) ⇒ Das
Individuelle ist erster und grundlegender Inhalt des Wissens („absolute Singularität alles
Wirklichen“); Allgemeines gibt es nur in Form von Allgemeinbegriffen (Konzeptualismus);
die Terme haben Zeichenfunktion und sind daher keine abbildende Nachahmung des
Wirklichen.
„Die Verstandesakte heißen Zustände der Seele und stehen auf Grund ihrer Natur für die
äußeren Dinge selbst oder für andere Dinge in der Seele, so wie Wörter kraft Festsetzung für
Dinge stehen.“ ⇒ Nominalismus
Das „Rasiermesser“ lässt beispielsweise weder „Woheit“ noch „Wannheit“ zu, sondern nur ein
„Wann“ und „Wo“; es gibt auch keine „Relation“ als selbständig Seiendes, sondern nur
aufeinander bezogene Dinge.
(5) Partikularismus: In der Wirklichkeit gibt es nur konkrete Seiende; das Problem der
Individuation entfällt. ⇒ Empirismus
(6) Ausgangspunkt der Erkenntnis: sinnliche Anschauung (Intuition)
Gegenstände der Verstandeserkenntnis: Begriffe von Dingen (signa, termini)
Wissenschaft hat folglich nicht unmittelbar mit Gegenständen zu tun, sondern mit Begriffen von
Gegenständen und mit Aussagen über sie.
(7) „Es ist unmöglich [...] irgendeine Wissenschaft zu betreiben [...] ohne die Kenntnis der
Logik.“ – Die Bedingungen des Denkens untersucht Ockhams Theorie der Bedeutung von
Termini (gedanklichen Zeichen) ⇒ „Terministen“
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