§4 Die reellen Zahlen

Werbung
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
Montag 15.11
$Id: reell.tex,v 1.8 2010/11/15 13:12:24 hk Exp $
§4
Die reellen Zahlen
4.3
Das Vollständigkeitsaxiom
Wir hatten das Supremum einer Menge M ⊆ R als die kleinste obere Schranke von
M definiert, sofern eine solche überhaupt existiert. Dieser Begriff ist mit dem Begriff
des Maximums der Menge M verwandt, aber er ist nicht dasselbe. Wir wollen uns den
Zusammenhang der beiden Begriffe kurz einmal klar machen.
Zunächst nehme an, dass M ein Maximum a = max M besitzt. Dann ist a insbesondere eine obere Schranke von M und ist b ∈ R eine beliebige obere Schranke von
M , so gilt wegen a ∈ M auch a ≤ b. Damit ist a die kleinste untere Schranke von
M , d.h. das Supremum von M . Gibt es also ein Maxiumum von M , so ist dieses auch
gleich dem Supremum.
Umgekehrt muss ein Supremum aber kein Maximum sein, ist zum Beispiel M =
(0, 1), so ist sup M = 1 aber wegen 1 ∈
/ M ist 1 kein Maximum von M . Haben wir
allerdings eine Menge M ⊆ R mit a = sup M ∈ M , so ist a ∈ M insbesondere eine
in M liegende obere Schranke von M , also ein Maximum von M . Entsprechendes gilt
dann auch für das Minimum und das Infimum einer Menge M ⊆ R. Zusammenfassend
haben wir für M ⊆ R also die folgenden Implikationen:
a = max M
a = sup M ∧ a ∈ M
a = min M
a = inf M ∧ a ∈ M
=⇒
=⇒
=⇒
=⇒
a = sup M,
a = max M,
a = inf M,
a = min M.
Sei M ⊆ R gegeben. Gibt es dann ein Supremum a ∈ R von M , so ist a insbesondere
eine obere Schranke von M , d.h. M ist nach oben beschränkt. Ist b ∈ R eine reelle
Zahl mit b < a, so kann b keine obere Schranke von M mehr sein, da sonst ja a ≤ b
gelten müsste, und dies bedeutet das es ein x ∈ M mit x > b gibt. Insbesondere muss
M 6= ∅ sein. Diese Beobachtung können wir jetzt zu einer äquivalenten Definition des
Supremums umformulieren.
Lemma 4.2 (Charakterisierung von Supremum und Infimum)
Seien M ⊆ R eine Teilmenge und a ∈ R.
(a) Genau dann ist a ein Supremum von M wenn a eine obere Schranke von M ist
und es für jedes b ∈ R mit b < a stets ein Element x ∈ M mit x > b gibt.
(b) Genau dann ist a ein Infimum von M wenn a eine untere Schranke von M ist
und es für jedes b ∈ R mit b > a stets ein Element x ∈ M mit b > x gibt.
7-1
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
Montag 15.11
Beweis: (a) ”=⇒” Dies haben wir bereits oben eingesehen.
”⇐=” Keine reelle Zahl b ∈ R mit b < a ist eine obere Schranke von M , und damit
muss für jede obere Schranke b von M stets b ≥ a gelten. Damit ist a ein Supremum
von M .
(b) Analog zu (a).
Die Existenz von Supremum oder Infimum kann über die Axiome eines angeordneten
Körpers nicht bewiesen werden, und das noch ausstehende Vollständigkeitsaxiom der
reellen Zahlen fordert diese Existenz einfach.
Vollständigkeitsaxiom:
Jede nach oben beschränkte, nicht leere Teilmenge ∅ 6= M ⊆ R der reellen
Zahlen besitzt ein Supremum.
Dieses ist das letzte noch fehlende Axiom für die reellen Zahlen, man sagt auch das R
ein vollständig angeordneter Körper ist. Hierdurch sind die reellen Zahlen in gewissen
Sinne auch eindeutig festgelegt, aber dies wollen wir hier nicht näher ausführen. Am
Vollständigkeitsaxiom fällt auf das hier das Supremum vor dem Infimum ausgezeichnet
wird, während wir die beiden bisher als völlig analoge Spiegelbilder zueinander behandelt haben. Diese Auszeichnung des Supremums ist auch nur eine optische Täuschung,
die Existenz des Infimums werden wir gleich beweisen. Umgekehrt hätte man genauso
gut fordern können, dass jede nicht leere, nach unten beschränkte Menge reeller Zahlen
ein Infimum hat, und könnte dann die Existenz des Supremums beweisen.
Lemma 4.3 (Existenz des Infimums)
Jede nicht leere, nach unten beschränkte Menge ∅ =
6 M ⊆ R reeller Zahlen hat ein
Infimum.
Beweis: Sei ∅ 6= M ⊆ R nach unten beschränkt, d.h. M hat eine untere Schranke.
Dann ist die Menge
N := {a ∈ R|a ist eine untere Schranke von M } ⊆ R
aller unteren Schranken von M nicht leer N 6= ∅. Ist a ∈ M , so gilt für jedes x ∈ N
stets x ≤ a, da x ja eine untere Schranke von M ist, d.h. a ist eine obere Schranke von
N . Damit ist jedes Element von M eine obere Schranke von N . Wegen M 6= ∅ gibt es
insbesondere überhaupt eine obere Schranke von N , d.h. die Menge N ist nach oben
beschränkt. Nach dem Vollständigkeitsaxiom existiert das Supremum
a := sup N ∈ R,
und wir behaupten das a auch das Infimum von M ist. Ist x ∈ M so ist x eine obere
Schranke von N , also a ≤ x. Damit ist a überhaupt eine untere Schranke von M . Ist
jetzt b ∈ R eine beliebige untere Schranke von M , so ist b ∈ N und damit auch b ≤ a.
Folglich ist a die größte untere Schranke von M , d.h. a = inf M .
7-2
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
Montag 15.11
Wir werden im Laufe des Semesters sehr viele Anwendungen von Supremum und
Infimum sehen, tatsächlich handelt es sich bei diesen beiden Begriffen um zwei der
mit Abstand wichtigsten technischen Hilfsmittel der gesamten Analysis. Hier wollen
wir jetzt nur noch eine allererste kleine Anwendung vorführen, und die sogenannte
archimedische Eigenschaft der reellen Zahlen beweisen.
Lemma 4.4 (Die archimedische Eigenschaft von R)
Sind a, b ∈ R mit a > 0 so existiert eine natürliche Zahl n ∈ N mit na > b.
Beweis: Wir beweisen dies per Widerspruchsbeweis. Gäbe es kein solches n ∈ N mit
na > b, so wäre na ≤ b für alle n ∈ N, d.h. b ist eine obere Schranke der Menge
M := {na|n ∈ N} ⊆ R.
Damit ist M nach oben beschränkt und wegen 0 ∈ M ist auch M 6= ∅. Nach dem
Vollständigkeitsaxiom existiert das Supremum s := sup M von M . Wegen s − a < s
gibt es nach Lemma 2.(a) ein x ∈ M mit x > s − a, und nach Definition von M gibt
es weiter ein n ∈ N mit na = x > s − a. Damit ist auch (n + 1)a ∈ M mit
(n + 1)a = na + a > s − a + a = s,
aber andererseits ist auch (n + 1)a ≤ s da s eine obere Schranke von M ist. Dies ist
ein Widerspruch und das Lemma ist bewiesen.
Beachte das wir in diesem Beweis die Existenz der natürlichen Zahl n durch einen
Widerspruchsbeweis eingesehen haben. Das Wort Existenz“ bedeutet in der Mathe”
matik nicht das man das existierende Gebilde in irgendeiner Weise konkret angeben
können muss oder eine Methode hat es zu berechnen. Daher ist es auch möglich die
Existenz von etwas durch einen Widerspruchsbeweis zu beweisen. Manchmal ist es bequem für überhaupt jede Teilmenge M ⊆ R Supremum und Infimum bilden zu können,
unabhängig davon ob sie nach oben beschränkt ist oder nicht. Hierzu gehen wir zu den
sogenannten erweiterten reellen Zahlen
R := R ∪ {−∞, ∞}
über, indem zwei neue Elemente ±∞ zu R hinzugefügt werden. Wir setzen die Ordnung
von R durch
−∞ < x < ∞
für alle x ∈ R fort, also insbesondere −∞ < ∞. Addition und Multiplikation sind auf
R nicht vollständig definiert, man setzt nur
∞ + ∞ = x + ∞ = ∞ + x := ∞ und (−∞) + (−∞) = (−∞) + x = x + (−∞) := −∞
für alle x ∈ R und
(∞) · (∞) = (−∞) · (−∞) := ∞, (∞) · (−∞) = (−∞) · (∞) := −∞
7-3
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
Montag 15.11
sowie
(
(
∞,
x > 0,
−∞, x > 0
x · ∞ = ∞ · x :=
x · (−∞) = (−∞) · x :=
−∞, x < 0,
∞,
x<0
für alle x ∈ R\{0}. Andere Summen oder Produkte werden nicht definiert.
Ist dann M ⊆ R eine beliebige Teilmenge, so existieren in R sowohl Supremum als
auch Infimum. Ist nämlich M 6= ∅ und nach oben beschränkt, so gibt es sup M ∈ R
nach dem Vollständigkeitsaxiom. Ist M nicht nach oben beschränkt, so ist ∞ die einzige
obere Schranke von M in R, also auch sup M = ∞. Ist schließlich M = ∅, so ist jedes
a ∈ R obere Schranke von M , also sup M = −∞. Insbesondere haben wir
sup M ∈ R ⇐⇒ M 6= ∅ ist nach oben beschränkt.
Entsprechendes gilt dann fürs Infimum, also insbesondere inf ∅ = ∞ in R. Wenn wir
±∞ als Supremum und Infimum zulassen wollen, so sprechen wir auch davon das
Supremum und Infimum in R gebildet werden. Man könnte sogar sup M und inf M
für Teilmengen M ⊆ R betrachten, aber in aller Regel sind für uns nur Teilmengen
von R von Interesse. Beachte das ±∞ keine reellen Zahlen sind, der Übergang zu den
erweiterten reellen Zahlen ist nur ein formaler Trick gelegentlich Fallunterscheidungen
zu vermeiden.
Ein Beispiel ist etwa die Übungsaufgabe (12.b). Wir haben zwei Mengen M, N ⊆
R und wollen sagen, dass M ∪ N genau dann nach oben beschränkt ist, wenn M
und N beide nach oben beschränkt sind und das in diesem Fall sup(M ∪ N ) =
max{sup M, sup N } gilt. Interpretieren wir dies in R, so können wir uns das Gerede
über nach oben beschränkt“ sparen und müssen nur noch die Gleichung sup(M ∪N ) =
”
max{sup M, sup N } hinschreiben. Da M ⊆ R genau dann nach oben beschränkt ist,
wenn in R die Bedingung sup M 6= ∞ gilt, ist die Aussage über nach oben beschränkte
Mengen in der Gleichung für die Suprema enthalten. Auch der Fall das eine oder beide
der Mengen leer sind, wird automatisch mit behandelt.
Schließlich können die Symbole ±∞ auch noch verwendet werden um unbeschränkte
Intervalle zu definieren.
Definition 4.3: Sei a ∈ R. Dann heissen die Mengen
[a, ∞) := {x ∈ R|x ≥ a} und (−∞, a] := {x ∈ R|x ≤ a}
unbeschränkte, abgeschlossene Intervalle und die Mengen
(a, ∞) := {x ∈ R|x > a} und (−∞, a) := {x ∈ R|x < a}
heissen unbeschränkte, offene Intervalle. Außerdem setzen wir noch (−∞, ∞) := R.
Wie bei den beschränkten Intervallen ist die Terminologie so gewählt, dass abgeschlos”
sen“ bedeutet das die reellen Randpunkte zum Intervall gehören und offen“ bedeutet
”
das sie nicht zum Intervall gehören.
7-4
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
4.4
Montag 15.11
Potenzen mit rationalen Exponenten
Reelle Potenzen xa werden in mehreren Stufen, geordnet nach immer allgemeineren
Exponenten a definiert. In der ersten Stufe werden natürliche Exponenten a = n ∈ N
mit n ≥ 1 behandelt, und bei diesen ist für die Basis x jede reelle Zahl zugelassen. Für
x ∈ R und n ∈ N mit n ≥ 1 definieren wir die Potenz xn als
xn := x
. . · x} .
| · .{z
n mal
Nullte Potenzen werden dagegen durch x0 := 1 für alle x ∈ R eingeführt, also insbesondere 00 = 1. Interpretieren wir ein Produkt mit Null Faktoren per Konvention als 1, so
deckt sich diese Definition mit derjenigen von xn für n ≥ 1. Aus den Körperaxiomen
folgen die Potenzrechenregeln, dies wollen wir hier einfach glauben und es nicht alles
vorführen:
(xy)n = xn y n , xn · xm = xn+m und (xn )m = xnm
m)
jeweils für alle x, y ∈ R, n, m ∈ N. Beachte das x(n
(23 )4 = 212 = 4096 während
6= (xn )m ist, zum Beispiel ist
4
2(3 ) = 281 = 2417851639229258349412352
sehr viel größer ist. Es gibt auch eine Rechenregel für Potenzen von Summen, dies
ist die sogenannte allgemeine binomische Formel. Bevor wie sie aussprechen können,
müssen wir an eine kleine Bezeichnung erinnern. Sind n, k ∈ N mit k ≤ n, so definiert
man den Binomialkoeffizienten n über k als
n
n!
=
.
k
k!(n − k)!
Ähnlich zu Aufgabe (3) kann man per Induktion zeigen, dass nk genau die Anzahl der
k-elementigen Teilmengen einer n-elementigen Menge ist.
Lemma 4.5 (Allgemeine binomische Formel)
Für alle x, y ∈ R, n ∈ N gilt
n X
n k n−k
n
(x + y) =
x y .
k
k=0
Beweis: Dies kann man etwa durch eine Induktion über die natürliche Zahl n beweisen,
die exakte Durchführung dieses Beweises ist eine Übungsaufgabe.
Beispielsweise sind damit
n n
X
X
n
n
n
k n
= (1 + 1) = 2 und
(−1)
= (1 − 1)n = 0.
k
k
k=0
k=0
7-5
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
Montag 15.11
Konkret haben wir für einige kleine Werte des Exponenten n die Gleichungen
(x + y)2
(x + y)3
(x + y)4
(x + y)5
(x + y)6
=
=
=
=
=
x2 + 2xy + y 2 ,
x3 + 3x2 y + 3xy 2 + y 3 ,
x4 + 4x3 y + 6x2 y 2 + 4xy 3 + y 4 ,
x5 + 5x4 y + 10x3 y 2 + 10x2 y 3 + 5xy 4 + y 5 ,
x6 + 6x5 y + 15x4 y 2 + 20x3 y 3 + 15x2 y 4 + 6xy 5 + y 6 .
Wie Sie wahrscheinlich aus der Schule kennen, kann man die Binomialkoeffizienten
bequem über das sogenannte
Pascalsche Dreieck berechnen. Denken wir uns die Bino
n
mialkoeffizienten k zu festen n zeilenweise angeordnet
0
0
& .
1
1
0
1
.
&
.
& 2
2
2
0
1
2
.
&
.
&
.
& 3
3
3
3
0
1
2
3
so ergibt sich der k-te Binomialkoeffizient in Zeile n als die Summe des (k − 1)-ten
und des k-ten Binomialkoeffizienten in Zeile n − 1, d.h. als die Summe der links und
rechts über ihm stehenden Einträge. Beispielsweise erhalten wir für n = 1, 2, 3, 4, 5, 6
die Werte
1
1
1
1
2
1
1
3
3
1
1
4
6
4
1
1
5
10
10
5
1
1
6
15
20
15
6
1
wie in den obigen binomischen Formeln gesehen. Ebenfalls leicht zu sehen ist das Zusammenspiel zwischen Potenzen und Anordnung
∀(x, y ∈ R, x, y ≥ 0)∀(n ∈ N, n ≥ 1) : x < y ⇐⇒ xn < y n .
Andere Abschätzungen für Potenzen kann man jetzt durch Verwendung der allgemeinen
binomischen Formel erhalten. Sind beispielsweise n ∈ N und 1 ≤ k ≤ n gegeben, so
folgt für jedes x ∈ R mit x ≥ 0 auch
n X
n k
n l
n
(1 + x) =
x ≥1+
x .
l
k
l=0
7-6
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
Montag 15.11
Hier haben wir einfach alle Terme bis auf zwei in der binomischen Formel weggelassen,
was den Ausdruck wegen x ≥ 0 kleiner macht. Speziell für k = 1 wird dies zu (1+x)n ≥
1+nx für alle n ∈ N mit n ≥ 1 und alle x ∈ R mit x ≥ 0. Tatsächlich gilt diese Aussage
noch etwas allgemeiner:
Lemma 4.6 (Die Bernoulli-Ungleichung)
Für alle x ∈ R mit x ≥ −1 und alle n ∈ N gilt die Ungleichung
(1 + x)n ≥ 1 + nx.
Beweis: Dies ist Aufgabe (11).
Als nächsten Schritt definiert man dann Potenzen mit negativen, ganzzahligen Exponenten. Diese kann man aber nur noch für eine von Null verschiedene Basis einführen.
Bereits im Axiom (M4) haben wir für 0 6= x ∈ R die Schreibweise x−1 eingeführt, und
nach unserer Bruchdefinition ist
x−1 = 1 · x−1 =
1
.
x
Für n ∈ N mit n ≥ 1 und 0 6= x ∈ R setzen wir allgemein
n
1
1
−n
.
x := n =
x
x
Auch für diesen allgemeineren Potenzbegriff gelten dann die Potenzrechenregeln
n
x
xn
n
n n
= n , xn · xm = xn+m und (xn )m = xnm
(xy) = x y ,
y
y
für alle x, y ∈ R\{0}, n, m ∈ Z. Auch dies müsste man eigentlich beweisen, aber wir
wollen uns dies an dieser Stelle ersparen. Eine vernünftige Formel für Potenzen von
Summen bei negativen Exponenten gibt es leider nicht. Ordnungsbeziehungen drehen
sich bei negativen Exponenten um, für x, y ∈ R mit x, y > 0 haben wir zunächst
x < y ⇐⇒
1
1
<
y
x
und für jedes n ∈ N mit n ≥ 1 folgt weiter
n n
1
1
1
1
< ⇐⇒
<
,
y
x
y
x
also haben wir insgesamt
∀(x, y ∈ R, x, y > 0)∀(n ∈ Z, n < 0) : x < y ⇐⇒ y n < xn .
7-7
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
Montag 15.11
Die nächste Ausdehnung des Potenzbegriffs erfolgt auf rationale Exponenten, d.h. wir
wollen Potenzen xa für reelles x ∈ R mit x > 0 und rationales a ∈ Q definieren. Dies
erfolgt durch Rückgriff auf reelle Wurzeln, aber leider sagen unsere Axiome für die reellen Zahlen nicht direkt das es solche Wurzeln überhaupt gibt. Wie schon bemerkt legen
die angegebenen Axiome die reellen Zahlen vollständig fest, wir sollten die Existenz
von Wurzeln also beweisen können.
Lemma 4.7 (Existenz von Wurzeln)
Sei n ∈ N mit n ≥ 1. Dann existiert für jede reelle Zahl a ∈ R mit a ≥ 0 genau eine
reelle Zahl s ∈ R mit s ≥ 0 und sn = a.
Beweis: Da für x, y ∈ R mit 0 ≤ x < y stets xn < y n also insbesondere xn 6= y n gilt,
ist die Eindeutigkeit der Wurzel s klar. Es ist also nur noch die Existenz zu beweisen.
Da diese im Fall a = 0 klar ist, können wir a > 0 annehmen. In diesem Fall setzen wir
s := sup{x ∈ R|x ≥ 0 ∧ xn ≤ a},
und das dies tatsächlich die gesuchte Wurzel ist, ist der Inhalt von Aufgabe (15).
√
n
Die Zahl s des
Lemmas
wird
dann
natürlich
als
die
n-te
Wurzel
a := s von a
√
n
definiert, d.h. a ist diejenige, nicht negative, reelle Zahl deren n-te Potenz gleich a
ist.
Sind jetzt x ∈ R mit x > 0 und a ∈ Q gegeben, so schreiben wir a = p/q mit
p, q ∈ Z, q ≥ 1 und definieren
p
√ p
xa = x q := q x > 0.
Diese Zahl hängt tatsächlich nur von a und nicht von den speziell gewählten p und q
ab, denn sind auch t, s ∈ Z mit s ≥ 1 und
a=
also haben wir
p qs
√
√ pqs
q
x
= qx
=
und somit ist auch
t
p
= , so ist auch qt = sp,
s
q
q ps
√
q
x
= xps = xqt =
s qt
t qs
√
√ sqt √
s
s
x
= sx
=
x
,
p
√
√ t
q
x = sx .
Damit ist xa tatsächlich sinnvoll definiert. Auch für diese allgemeineren Wurzeln ergeben sich jetzt wieder die Potenzrechenregeln
a
x
xa
a
a a
= a , (xa )b = xab und xa xb = xa+b
(xy) = x y ,
y
y
7-8
Mathematik für Physiker I, WS 2010/2011
Montag 15.11
für alle x, y ∈ R, a, b ∈ Q mit x, y > 0. Auf den Nachweis dieser Formeln wollen wir hier
verzichten. Auch die Regeln für Ungleichungen gelten für die Potenzen mit rationalen
Exponenten. Sind zunächst x, y ∈ R mit x, y ≥ 0 und n ∈ N mit n ≥ 1, so haben wir
√
√ n
√
√
n
x < n y ⇐⇒ n x < ( n y)n ⇐⇒ x < y.
Sind dann weiter x, y ∈ R und a ∈ Q mit x, y, a > 0, so können wir a = p/q mit
p, q ∈ N, p, q ≥ 1 schreiben, und es ergibt sich
√
√ p
√
√
x < y ⇐⇒ q x < q y ⇐⇒ q x < ( q y)p ⇐⇒ xa < y a .
7-9
Herunterladen