Meissner Bolte MILESTONES (01/2017) Die Werbung mit

Werbung
Meissner Bolte MILESTONES (01/2017)
Die Werbung mit Prüfzeichen und ihre
wettbewerbsrechtlichen Hürden
Werbung mit Prüfzeichen suggeriert
Verbrauchern, dass es sich um beworbene Produkte handelt, die bestimmte
Normen erfüllen und von einer unabhängigen Stelle geprüft wurden. Daher
sind Werbeaussagen mit Prüfzeichen
besonders beliebt, aber zugleich anfällig
für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, wenn verschiedene Kriterien, wie
etwa Wahrheit, Vollständigkeit und
Transparenz, nicht oder nicht gänzlich
gewahrt werden.
Von Dr. Melanie Ries
Gute Werbung zu kreieren, ist schwierig. Die Hürden an rechtskonforme
Werbung sind allerdings nicht minder
hoch.
Im Jahr 2016 gab es einige relevante
Entscheidungen zu den rechtlichen
Anforderungen an Werbeaussagen,
insbesondere bei Werbung mit Prüfzeichen.
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem
Urteil vom 21. Juli 2016 (Az. I ZR 26/15
– LGA tested) die Anforderungen an
Werbung mit Prüfzeichen näher spezifiziert.
I.
Sachverhalt
Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs war die Werbung für ein
Haarentfernungsgerät mit den Prüfzeichen „LGA tested Quality“ sowie „LGA
tested safety“ des TÜV Rheinland. Weitere Angaben zu den verwendeten Prüfzeichen waren in der Werbung nicht
enthalten. Das Haarentfernungsgerät
wurde auch tatsächlich der Prüfung
durch den TÜV Rheinland unterzogen,
allerdings gab es zu den Zertifizierungen
keinerlei Veröffentlichungen.
Rechtlich zu beurteilen war die Frage,
ob der Werbende in der Werbung dennoch zusätzlich darauf hinweisen muss,
nach welchen Prüfungsrichtlinien das
Prüfzeichen erteilt wird, bzw. eine Fundstelle angeben muss, welcher Informationen über die Vergabe des Prüfzeichens entnommen werden kann.
II. Rechtliche Rahmenbedingungen
Ob in der streitgegenständlichen Werbung weitere Informationen hätten
mitangegeben werden müssen, bestimmt sich nach § 5a Abs. 2
Satz 1 UWG.
Nach dieser Vorschrift handelt unlauter,
wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher
eine wesentliche Information vorenthält,
die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung
zu treffen, und deren Verhalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen
hätte.
1.
Wesentliche Informationen
In einem ersten Schritt ist zu fragen,
welche Informationen der Werbung als
„wesentlich“ einzustufen sind.
Weitere Informationen: Meissner Bolte – Dr. Melanie Ries, Rechtsanwältin, Fachanwältin für gewerblichen Rechtschutz –
Widenmayerstrasse 47, 80538 München, Deutschland
Telefon +49-89-21 21 86-0, Fax +49-89-21 21 86-70, Email: [email protected], www.mb.de
Die in diesem Newsletter enthaltenen Informationen geben die bei Veröffentlichung bekannten neuesten rechtlichen Entwicklungen wieder. Es wird jedoch darauf
hingewiesen, dass keine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen wird. Diese Informationen stellen keine Hinweise für künftige Ergebnisse dar
und sollen nicht als solche angesehen werden. Meissner Bolte weist ausdrücklich darauf hin, dass keine Haftung für vorgenommene oder unterlassene Aktivitäten
aufgrund der in dem Newsletter enthaltenen Informationen übernommen wird.
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Wichtig ist in diesem Zusammenhang,
dass die Richter trotz des vorherrschenden Grundsatzes des Verbraucherschutzes nicht einseitig auf die Interessen des
Verbrauchers abgestellt haben.
Es ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht ausreichend, dass die
Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers eine Rolle
spielt.
Die Richter ermitteln die Wesentlichkeit
vielmehr in einer Abwägung der beiderseitigen Interessen. Auf Seiten des
Unternehmers sei das Interesse des
Unternehmers zu berücksichtigen, die
Information den Verbrauchern nicht zu
offenbaren. Hierbei müsse der zeitliche
und kostenmäßige Aufwand des Unternehmers für die Beschaffung der Information und die für den Unternehmer
mit der Informationserteilung verbundenen Nachteile, insbesondere auch
etwaig bestehende Geheimhaltungsbelange, berücksichtigt werden.
Auf Seiten eines Verbrauchers ist zunächst von dem in der Rechtsprechung
beliebten
Durchschnittsverbraucher
auszugehen. Der Bundesgerichtshof hat
klargestellt, dass der Hinweis auf ein
Prüfzeichen für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers über den
Erwerb des damit beworbenen Produkts
erhebliche Bedeutung hat.
Die Richter haben noch einmal die ständige Judikatur bestätigt, dass ein Prüfzeichen ein Zeichen dafür ist, dass ein
neutraler Dritter mit entsprechender
Kompetenz die Ware nach objektiven
und aussagekräftigen Kriterien geprüft
hat, und der Verbraucher daher auch
entsprechende Erwartungen an das
Produkt knüpfen könne. Es liegt insofern
eine wesentliche Information vor.
2.
Vorenthalten
Angesichts der Tatsache, dass es keine
Veröffentlichung zu den Testergebnissen gab, musste der Bundesgerichtshof
sich mit der Frage beschäftigen, welche
konkreten Informationen in der Werbung vorenthalten wurden. Die Richter
stellten diesbezüglich recht knapp fest,
dass es dem Werbenden zumutbar
gewesen wäre, die Kriterien der Prüfung
zusammenzufassen und nachvollziehbar
festzuhalten. Diese Informationen wurden dem Verbraucher demnach vorenthalten.
III. Bewertung
Zusammengefasst verlangt der Bundesgerichtshof von Unternehmern die Angabe der Fundstelle zum Testergebnis in
hinreichend lesbarer Form. Gibt es eine
solche Fundstelle nicht, dann ist es die
Aufgabe des Werbenden, die Kriterien
der Prüfung zusammenzufassen und
dem Verbraucher zur Verfügung zu
stellen.
Die Richter des Bundesgerichtshofs sind
der Auffassung, der Durchschnittsverbraucher müsse ohne weiteres in der
Lage sein nachzuprüfen, nach welchen
Kriterien und in welchem Umfang das
beworbene Produkt geprüft wurde.
Diesem Ansatz kann jedoch nicht ausnahmslos gefolgt werden. Richtigerweise hätte hier allerdings eine Differenzierung nach der Art der Waren
vorgenommen werden müssen.
Es erscheint insbesondere fraglich, ob
sämtliche Waren des täglichen Lebens,
die mit einem Prüfzeichen beworbenen
werden, tatsächlich auch eine Fundstelle
enthalten müssen. In der Regel erfolgt
der Kauf dieser Waren ohne jeglichen
vorherigen langen Vergleich durch den
Verbraucher. Aber selbst wenn der
Verbraucher schon bei solchen Waren
im Supermarkt auf die Überprüfung des
Testsiegels wertlegen würde, müsste
man sich dann nicht die Frage stellen,
ob der Durchschnittsverbraucher mit
einem Smartphone ausgerüstet ist und
mit den gängigen Internetsuchmaschinen die Fundstelle ohne Weiteres auffinden kann. Der Bundesgerichtshof hat
diese Aspekte bedauerlicherweise nicht
erörtert.
Die Richter meinen, es sei ausreichend,
wenn in der Werbung auf eine Internetseite verwiesen wird, auf der für den
Verbraucher Informationen der Prüfkriterien zur Verfügung gestellt würden.
Da es solche aber vorliegend nicht in
Form einer Veröffentlichung gab, bedeutet das in der Konsequenz, dass der
Unternehmer selbst laiengerecht das
Testergebnis aufbereiten muss.
Dies birgt die Gefahr von erneuten
Rechtsstreitigkeiten unter dem Aspekt,
dass zukünftig eingewendet werden
könnte, die Aufbereitung des Testergebnisses sei nicht verständlich erfolgt
oder wesentliche Kriterien seien ausgelassen worden. Es gibt daher Stimmen,
die diesen Aspekt des Urteils ebenfalls
kritisieren. Daraus sollte jedoch nicht
der Schluss gezogen werden, dass der
Bundesgerichtshof ein generelles Werbeverbot mit Prüfzeichen von unveröffentlichten
Testpublikationen
hätte
aussprechen sollen. In der Praxis sollten
daher die vom BGH aufgestellten Anforderungen für Werbemaßnahmen mit
Prüfzeichen beachtet werden.
Weitere Informationen: Meissner Bolte – Dr. Melanie Ries, Rechtsanwältin, Fachanwältin für gewerblichen Rechtschutz –
Widenmayerstrasse 47, 80538 München, Deutschland
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hingewiesen, dass keine Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit übernommen wird. Diese Informationen stellen keine Hinweise für künftige Ergebnisse dar
und sollen nicht als solche angesehen werden. Meissner Bolte weist ausdrücklich darauf hin, dass keine Haftung für vorgenommene oder unterlassene Aktivitäten
aufgrund der in dem Newsletter enthaltenen Informationen übernommen wird.
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