1 störungen im zusammenhang mit psychotropen substanzen

Werbung
STÖRUNGEN IM ZUSAMMENHANG MIT PSYCHOTROPEN SUBSTANZEN ...................................... 3
DROGEN ............................................................................................................................................................... 3
Definition ........................................................................................................................................................ 3
Einteilung von Drogen:................................................................................................................................... 3
SUBSTANZMISSBRAUCH ....................................................................................................................................... 3
DSM-IV-Kriterien ........................................................................................................................................... 3
SUBSTANZABHÄNGIGKEIT = SUCHT..................................................................................................................... 3
DSM-IV-Kriterien ........................................................................................................................................... 3
TOLERANZ UND ENTZUG...................................................................................................................................... 4
Was ist Wirkstofftoleranz? .............................................................................................................................. 4
Was ist Kreuztoleranz? ................................................................................................................................... 4
Was ist selektive Toleranz? ............................................................................................................................. 4
Was ist funktionelle Toleranz? ........................................................................................................................ 4
Was ist konditionierte Wirkstofftoleranz? ....................................................................................................... 5
Was ist kontingente Toleranz? ........................................................................................................................ 5
Was ist Entzug?............................................................................................................................................... 5
Was sind konditionierte Entzugserscheinungen? ............................................................................................ 5
Die Gegenprozesstheorie ................................................................................................................................ 5
Craving und Rückfall ...................................................................................................................................... 6
HÄUFIGKEIT DES DROGENKONSUMS .................................................................................................................... 6
SCHIZOPHRENIE............................................................................................................................................... 6
BESCHREIBUNG.................................................................................................................................................... 6
PRÄVALENZ UND ÄTIOLOGIE ............................................................................................................................... 6
SYMPTOME LAUT DSM IV................................................................................................................................... 7
Wahrnehmungsstörungen / Halluzinationen ................................................................................................... 7
Ich-Störungen.................................................................................................................................................. 7
Denkstörungen ................................................................................................................................................ 8
Affektive Störungen ......................................................................................................................................... 9
Störungen des Antriebs und der Psychomotorik ............................................................................................. 9
ARTEN/KLASSIFIKATION ..................................................................................................................................... 9
Arten der nicht-organischen Psychosen: ...................................................................................................... 10
Typ 1 - vs. Typ 2 - Symptomatik ................................................................................................................... 10
Plus- vs. Minus-Symptomatik ........................................................................................................................ 11
THERAPIEANSÄTZE ............................................................................................................................................ 11
Medikamente ................................................................................................................................................. 11
Psychotherapie.............................................................................................................................................. 12
SEXUELLE STÖRUNGEN ............................................................................................................................... 13
SEXUELLE FUNKTIONSSTÖRUNGEN ................................................................................................................... 13
Störungen der sexuellen Appentenz............................................................................................................... 13
Störungen der sexuellen Erregung................................................................................................................ 14
Orgasmusstörungen ...................................................................................................................................... 16
PARAPHILIEN ..................................................................................................................................................... 16
Pädophilie und Inzest.................................................................................................................................... 17
STÖRUNGEN DER GESCHLECHTSIDENTITÄT ....................................................................................................... 18
ESSSTÖRUNGEN .............................................................................................................................................. 19
Arten der Essstörungen ................................................................................................................................. 19
ANOREXIA NERVOSA ......................................................................................................................................... 19
Restriktiver Typus ......................................................................................................................................... 20
Fress-Brech-Typ............................................................................................................................................ 21
BULIMIA NERVOSA............................................................................................................................................. 22
ANOREXIE UND BULEMIE – VERGLEICH ............................................................................................................ 23
Set-Point-Theorie .......................................................................................................................................... 24
ADIPOSITAS ....................................................................................................................................................... 24
ADHS ................................................................................................................................................................... 25
DSM-IV-Kriterien ......................................................................................................................................... 25
ICD-10-Kriterien .......................................................................................................................................... 25
1
DSM-IV vs. ICD-10....................................................................................................................................... 26
Epidemiologie ............................................................................................................................................... 27
Verlauf........................................................................................................................................................... 27
ERKLÄRUNGEN .................................................................................................................................................. 28
Biologische Faktoren .................................................................................................................................... 28
Psychosoziale Faktoren ................................................................................................................................ 28
Therapie ........................................................................................................................................................ 28
2
Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen
Drogen
Definition
Drogen sind solche Stoffe, die …
• eine direkte Einwirkung auf das ZNS haben
und
• bei deren Zufuhr sich ein als subjektiv angenehm empfundener Zustand einstellt oder ein als mangelhaft
empfundener Zustand gemindert bzw. zum Verschwinden gebracht wird.
Einteilung von Drogen:
Sedativa und Anxiolytika (z.B. Valium, Alkohol)
Antipsychotika (z.B. (Haloperidol)
Antidepressiva (MAO-Hemmer)
Stimmungsstabilisierende Mittel (z.B. Lithium)
Narkotika / Analgetika (z.B. Morphin, Codein, Heroin)
Stimulantia (z.B. Kokain, Amphetamine, Koffein, Nikotin)
Psychedelika / Halluzinogene (z.B. Meskalin, LSD, Cannabis)
Substanzmissbrauch
Menschen, die eine bestimmte Substanz regelmäßig konsumieren, stützen sich im Übermaß / chronisch auf diese
und lassen zu, das sie einen zentralen Platz in ihrem Leben einnimmt
DSM-IV-Kriterien
Ein unangepasstes Muster von Substanzkonsum führt in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder
Leiden
Mindestens eines der folgenden Kriterien manifestiert sich innerhalb eines Jahres:
Wiederholter Substanzkonsum, der zu einem Versagen bei der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen bei der
Arbeit, in der Schule oder zu Hause führt
Wiederholter Substanzkonsum in Situationen, in denen es zu einer körperlichen Gefährdung kommen kann
Wiederholte Probleme mit dem Gesetz in Zusammenhang mit dem Substanzkonsum
Fortgesetzter Substanzkonsum trotz ständiger oder wiederholter sozialer oder zwischenmenschlicher Probleme
Süchtige sind Drogenkonsumenten, aber nicht alle Drogenkonsumenten sind Süchtige.
Abhängigkeit ist mehr oder etwas anderes als bloßer Drogengebrauch.
Merkmale für Abhängigkeit: Craving, Toleranz, Entzug, Sensibilisierung, Rückfall,
Substanzabhängigkeit = Sucht
Drogenabhängigkeit ist eine chronische Hirnkrankheit mit Rückfalltendenz!
Eine Körperliche Abhängigkeit einhergehend mit Entzugssymptomen und Toleranz muss nicht vorliegen. Das
zwanghafte Bedürfnis steht im Vordergrund. Nicht das Erreichen eines positiven Zustandes, die Toleranz oder
der Entzug.
DSM-IV-Kriterien
Ein unangepasstes Muster von Substanzkonsum führt in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen oder
Leiden
Mindestens drei der folgenden Kriterien:
Starkes Kosumverhalten
Verlust der Kontrollfähigkeit des Kosums
3
Toleranz
Entzugssymptome
Das zwanghafte Bedürfnis nach der Substanz ( ausschlaggebendes Kriterium)
Einengung der alltäglichen Lebensfähigkeit
Wichtige Aktivitäten werden aufgrund des Substanzkonsums aufgegeben
Fortgesetzter Substanzkonsum trotz Kenntnis eines anhaltenden oder wiederkehrenden körperlichen oder
psychischen Problems
Toleranz und Entzug
Toleranz entsteht vor allem durch den Versuch des Gehirns, die Effekte der Droge zu kompensieren, d.h. das
homöostatische Gleichgewicht wiederherzustellen. Ihre Wirkungen sind der Wirkung der Droge entgegengesetzt
und werden in der Abwesenheit der Droge sichtbar, d.h. im Entzug. Es sind zwei verschiedene Typen von
Kompensationsmechanismen zu unterscheiden.
Ein Hauptmechanismus für solche Neuroadaptationen steht in Zusammenhang mit den direkten
pharmakologischen Wirkungen der wiederholten Drogeneinnahme auf die Hirnzellen Es kommt zu
verschiedenen Umbauprozessen auf molekularer Ebene. Besonders gravierend sind Veränderungen in der
zellulären Genexpression..
Der zweite Hauptmechanismus für die Ausbildung von
Neuroadaptationen im Zusammenhang mit Toleranz beruht auf starken, gelernten Assoziationen zwischen dem
Belohnungseffekt der Droge und spezifischen Umweltreizen, die mit der Drogeneinnahme in Beziehung stehen.
Bei dem Lernmechanismus handelt es sich um klassische Konditionierung..
Was ist Wirkstofftoleranz?
Toleranz ist, wenn die Dosis einer Droge von Konsum und Konsum immer geringere Wirkung hat oder die
Dosis mit jedem Konsum erhöht wird.
Was ist Kreuztoleranz?
Die Toleranz gegen einen bestimmten Wirkstoff geht einher mit der Toleranz gegen einen anderen, ähnlich
wirkenden Wirkstoff.
Was ist selektive Toleranz?
Toleranz die sich nur gegenüber bestimmten Wirkungsweisen der Droge entwickelt und nicht gegenüber allen
(z.B. Übelkeit)
Was ist funktionelle Toleranz?
Funktionelle Toleranz wird vermittelt über Veränderungen in der Anzahl und Effizienz der Rezeptoren (adaptive
neuronale Veränderungen). Sie vermittelt Entzugserscheinungen. Sie kann auch Probleme bei „normalen
Medikamenten“ machen.
4
Was ist konditionierte Wirkstofftoleranz?
Konditionierte (situationsabhängige) Toleranz, die sich nur entwickeln kann, wenn die Droge immer in der
gleichen Situation verabreicht wird.
Die Toleranzentwicklung ist umso stärker, je öfter die Droge in einer bestimmten Umgebung genommen wird.
Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, sich in unbekannter Umgebung eine Überdosis zu verabreichen
(Goldener Schuss).
Konditionierte Toleranz repräsentieren konditionierte Kompensationsreaktionen.
Was ist kontingente Toleranz?
Kondingente (erlebnisabhängige) Toleranz, die sich nur gegenüber den Drogenwirkungen entwickelt, die
unmittelbar mit einer Erfahrung verknüpft werden
Was ist Entzug?
Zustand, in dem Betroffene unangenehme, manchmal gefährliche Symptome erleben, wenn sie die Droge
plötzlich absetzen oder deren Dosis verringern
Entzugssymptome sind in der Regel genau die gegenteiligen Körperreaktionen zu dem, was die Droge bewirkt.
Was sind konditionierte Entzugserscheinungen?
Entzugserscheinungen, die durch das Drogenmilieu und damit verbundene Schlüsselreize verursacht werden.
Das macht besonders dann Probleme, wenn ehemalige Drogenabhängige in ihre alte Umgebung zurückkehren
(hohe Rückfallwahrscheinlichkeit).
Die Gegenprozesstheorie
5
Craving und Rückfall
Craving ist ein überw berwältigendes Bedürfnis nach Drogeneinnahme.
Dem Craving kommt eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Abhängigkeit zu.
Craving entsteht nicht nur in Phasen des Entzuges. Craving beruht vor allem auf der mit der Substanzeinnahme
antizipierten Wirkung einer Droge.
Craving ist auf Sensibilisierung zurückzuführen.
Auslöser: geringe Dosis der Droge; Stress
Ein einmal gebildetes Suchtgedächtnis ist Grundsätzlich immer in der Lage, Suchtverhalten zu reaktivieren.
Häufigkeit des Drogenkonsums
Die häufigsten konsumierten Drogen sind die legalen Drogen. Sie stellen das größte Suchtproblem dar.
Schizophrenie
Beschreibung
"Geisteskrankheit, Verrücktheit, Irresein oder Wahnsinn sind einige der zahlreichen Bezeichnungen derjenigen
Psychosen, die heute Schizophrenien genannt werden. Sie sind seit dem Altertum bekannt und wurden immer
wieder unter zahlreichen verschiedenen Namen beschrieben. Erst 1896 gelang es EMIL KRAEPELIN (...),
hinter der großen Vielgestaltigkeit der Erscheinungsbilder gemeinsame Merkmale zu erkennen und ein
Krankheitsbild herauszuarbeiten, das er Dementia praecox nannte...
Die Schizophrenien stellen vermutlich keine einheitliche sondern eine heterogene Gruppe von Psychosen dar.
Dieses gemeinsame Kennzeichen ist der Verlust des Kontakts mit der Realität, ein Zustand, den man gemeinhin
als „Psychose“ bezeichnet.
Prävalenz und Ätiologie
In Deutschland Lebenszeitprävalenz: 800 000 von 82 Millionen Personen
22% haben nur eine Episode
Bei 35% kommt es zu zunehmenden sozialen Beeinträchtigungen (wird mit jedem Schub schlimmer)
Die Ursachen sind weitgehend ungeklärt. Mehrere Möglichkeiten:
1.) Diastese-Stress-Modell ausgegangen.
Genetische Prädisposition + Umweltrisiko Krankheitsrisiko
Erblichkeitsschätzung:
Konkordanzrate EZ ~ 50 %
Konkordanzrate DZ ~ 10%
Stressor z.B. niedriger SES, Geburtskomplikationen, elterlicher Interaktionsstil)
2.) Dopaminhypothese
Überaktivität des dopaminergen Systems (dagegen helfen Neuroleptika)
6
Nicht erwiesen ob Überaktivität der Rezeptoren oder erhöhte Anzahl
3.) Hirnatropie
Typ 2 - Symptomatik: erweitere Ventrikel geringeres Hirnvolumen; weniger oder kleinere Neuronen
Die Masse des Gehirns bleibt die gleiche, der Umfang des Kopfes auch, die Hohlräume werden mit Wasser
gefüllt.
Geringe Aktivität im Bereich des Frontallappens (dadurch beeinträchtigte exekutive Funktionen,
Daueraufmerksamkeit, Selektive Aufmerksamkeit, Konzeptbildung, Initiative)
Außerdem (ich weiß nicht, wo das zuzuweisen ist): Schizophrene weisen eine geringere Glutamatkonzentration
im Hirn auf (Glutamat ist ein erregender Neurotransmitter, der die Informationsverarbeitung und das KZG
steuert)
Symptome laut DSM IV
I. Akutsymptome für mindestens zwei Wochen eines Monats:
1. Wahn
2. Halluzinationen
3. Desorganisierte Sprechweise
4. Grob desorganisiertes oder katatones Verhalten
5. Negative Symptome (flacher od. deutlich unpassender Affekt, Willensschwäche usw.)
II. Leistungsminderung in Arbeit, Sozialbeziehungen, Selbständigkeit
Dauer mindestens 6 Monate
Ausschluss anderer Störungen (Manie usw.)
Ausschluss von Krankheiten oder Substanzeinflüssen
Falls schon Diagnose "Autismus", Zusatzdiagnose "Schizophrenie" nur bei Vorherrschen
von Wahn / Halluzinationen
Wahrnehmungsstörungen / Halluzinationen
akustische Halluzinationen mit Stimmenhören und Hören von Geräuschen oder Tönen
Treten akustische Halluzinationen auf, so sind die Betroffenen suizidgefährdet. Die Stimmen kommentieren
häufig das Erleben des Betroffen, oder sie unterhalten sich mit ihm. Nicht selten sind die Inhalte negativ und
bedrohlich.
Bei optischen Halluzinationen werden häufig bunten Flecken oder empfundenen Szenen, z. B. kleinen
beweglichen Figuren gesehen.
Bei Geruchs- und Geschmackshalluzinationen werden meist schlechte Gerüche oder vergiftete Speisen
halluziniert.
Bei Körperhalluzinationen halluziniert der Kranke, berührt worden zu sein.
Wichtig ist immer: der Schizophrene Patient erlebt diese Sachen wirklich. Wenn ein Schizophrener behauptet
etwas zu hören, was wir nicht hören, ist sein Broca-Areal aktiv. Gesunde Menschen führen auch innere Dialoge,
wissen aber, was von außen kommt und was von innen.
Ein gutes Lehrbeispiel für die Positiv-Symptomatik sind LSD-induzierte Halluzinationen
Ich-Störungen
beruhen auf einer Veränderung der eigenen Erlebniswelt oder auf einer durchlässigen Grenze zwischen dem Ich
und der Umwelt.
Definitionsgemäß können folgende Ich-Störungen unterschieden werden:
Gedankenausbreitung:
Der Betroffene meint, andere wissen genau, was er denkt.
Gedankenentzug:
Es wird geglaubt, dass die eigenen Gedanken weggenommen werden.
Gedankeneingebung:
Eigene Gedanken und Vorstellungen werden empfunden als von außen eingegeben oder aufgedrängt.
Fremdbeeinflussungserlebnisse:
Nicht nur das Denken, sondern auch das Handeln und Fühlen werden als von außen gesteuert empfunden, wie
eine Marionette.
7
Depersonalisation:
Das Ich oder Teile des Körpers werden als fremd, unwirklich oder verändert erlebt.
Derealisation:
Die Umwelt erscheint unwirklich, verändert und fremd
Denkstörungen
Denkhemmung:
Die Betroffenen empfinden ihr Denken als gebremst oder stockend. Nach außen zeigt sich das in einer
schleppenden Sprache.
Perseveration:
Dabei kommt der Betroffene immer wieder auf gleiche Gedanken, Worte und Angaben zurück und kann sich
davon nicht lösen.
Ideenflüchtiges Denken:
Schnelle Denkabläufe und sehr viele unterschiedliche Ideen kennzeichnen diese Form. Die Gedanken
unterliegen keiner Kontrolle mehr, das Denken ist sprunghaft, flüchtig und dauernd unterbrochen.
Gedankenentzug, Gedankenabreißen, Sperrung des Denkens:
Plötzlich und ohne erkennbaren Grund bricht ein flüssiger Gedankengang ab. Betroffene geben z. B. an, Ihre
Gedanken würden von außen entzogen.
Zerfahrenes, inkohärentes Denken:
Die Gedanken des Betroffenen sind unverständlich und springen hin und her. Es bestehen keine Verbindungen
zwischen den Gedankenfetzen. Die Sprache ist oft zur bruchstückhaft, wie das Denken selbst. Es kann zu einem
vollständigen Zerfall der Sprache kommen, so dass Betroffene nur noch Wortsalat äußern.
Formale Denkstörungen
Paralogik:
Logik der Argumentation wird verzerrt, unstimmig, unrichtig
Konkretismus: abstrakte Begriffe werden konkret interpretiert
Kontamination: heterogene Sachverhalte verschmelzen
Neologismen
Wortneuschöpfungen
Zerfahrenheit
Gedanken verlieren ihren Zusammenhang
Schizophasie
äusserste Zerfahrenheit mit "Wortsalat“
Vorbeireden
falsche Antworten auf gestellte Fragen
Sperrung
plötzliches Unterbrechen des Gedankens beim Sprechen, subjektiv als Gedankenabreissen oder
Gedankenentzug erlebt!!
Inhaltliche Denkstörungen
werden auch als Wahn bezeichnet.
Dabei entwickeln die Betroffenen krankhafte falsche Vorstellungen, die von der Realität abweichen. Die
Wahnvorstellungen sind so wirklich für den Betroffenen, dass er unbeirrbar daran festhält und sie nicht anhand
der Realität überprüft.
Inhaltliche Denkstörungen werden unterschieden in:
Wahnstimmungen:
Die Welt des Betroffenen erscheint verändert, bedrohlich und unheimlich. Der Kranke
kann aber nicht erklären, warum. Werden auch als Wahnspannung und
Wahnbedürfnis bezeichnet. Sie gelten als Vorstufe des manifesten Wahns.
Wahnwahrnehmungen: Reale Wahrnehmungen mit veränderter, oft abwegiger Bedeutung. Z. B. meint jemand
verfolgt zu werden, nur weil jemand ebenfalls in den Supermarkt geht.
Wahneinfall:
Eine wahnhafte Meinung, die sich nur schwer von der Wirklichkeit trennen lässt, z. B.
kann ein Betroffener der Überzeugung sein, er sei Jesus.
Systematisierter Wahn: Es werden verschiedene Wahnerlebnisse zu einem komplexen Wahnsystem verknüpft.
Im Vordergrund steht eine Art Erklärungswahn. Alles wird durch entsprechende
Erklärungsbeweise in das Wahnssystem eingebaut.
Wahnthemen:
Zusammenfassung Erfahrungen unter ein gemeinsames Thema
Beispiele: Beziehungswahn (alles wird auf die Person bezogen), Verfolgungswahn,
Eifersuchtswahn, Größenwahn, Nichtigkeitswahn, Versündigungs- oder Schuldwahn,
Verarmungswahn, hypochondrischer Wahn.
Wo liegt nun der entscheidende Unterschied zwischen formalen und inhaltlichen Denkstörungen?
Bei formalen Denkstörungen kommt es zur Verzerrung der Logik. Bei inhaltlichen Denkstörungen wird etwas
völlig neues erfunden, nicht nur das gegebene ungewöhnlich interpretiert.
8
Affektive Störungen
kurz andauernde starke Gefühlszustände (Affekte) wie Zorn, Wut, Hass oder Freude u/oder lang anhaltend
bestehende Stimmungen
Unterschieden werden folgende Affektstörungen:
Affektlabilität/Stimmungslabilität: Schneller Wechsel in der Stimmungslage oder der Affekte, meistens bei
organisch bedingten psychischen Störungen.
Affektarmut:
Kaum auslösbare Gefühlsregungen bzw. Affekte. Die Betroffenen wirken
interesselos und emotional zurückhaltend.
Gefühl der Gefühllosigkeit:
Der Mangel oder vollständige Verlust von affektiven Regungen wird von den
Betroffenen als leidvoll und quälend erlebt. Der Zustand wird auch als
Gemütsleere beschrieben.
Affektinkontinenz:
Fehlende Beherrschung von Gefühlen. Gefühlsäußerungen sind bei geringen
Anlässen übertrieben und unkontrolliert.
Euphorie:
Übersteigertes Wohlbefinden, Heiterkeit, Zuversicht oft verbunden mit einem
übermäßigen Vitalgefühl.
Depressivität:
Starke Niedergeschlagenheit, Lustlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Die
Betroffenen leiden unter Gefühlen von Gefühllosigkeit, Freudlosigkeit und
vermindertem Antrieb.
Ambivalenz:
Gegensätzliche Gefühle, z. B. im Hinblick auf eine Person oder eine
Handlung, bestehen nebeneinander. Das führt bei den Betroffenen zu einem
angespannten Zustand, den sie als quälend erlebend
Parathymie:
Der Gefühlsausdruck der Betroffenen stimmt nicht mit der Realität überein,
z. B. Weinen über einen Witz, Lachen über Trauer
Angst:
Die Betroffenen empfinden unbestimmte oft starke Gefühle der Gefahr oder
Bedrohung.
Störungen des Antriebs und der Psychomotorik
Antriebsstörungen sind Störungen, die die Initiative, Energie und Aktivität von Menschen betreffen.
Psychomotorik umfasst die durch psychische Vorgänge geprägte Gesamtheit von
Bewegungsabläufen.
Meistens sind diese Störungen durch die Beobachtung von Betroffenen auch spontan
feststellbar.
Katatone Symptome
Die Betroffenen verharren lange in seltsamen Positionen. Nach Patientenaussagen dient das zur Beruhigung der
inneren Unruhe. Manchmal folgt auf das Ausharren ein plötzlicher Ausbruch.
Beispiele:
Katatoner Stupor: Bewegungslosigkeit bei erhaltenem Bewusstsein
Mutismus: spricht nicht, meist infolge eines psychotischen Ereignisses, was später erzählt werden kann
Katalepsie: passive Formbarkeit der Gliedmaßen
Negativismus: der Patient macht automatisch das Gegenteil von dem, was man sagt
Befehlsautomatismus: der Patient tut automatisch alles, was man ihm sagt
Echolalie: der Patient wiederholt alles Gehörte und Gesehene
Echopraxie: der Patient macht alles nach, was er sieht
Bewegungsstereotypie: sinnlose, rhythmische, leer laufende Bewegungen
Raptus: katatoner Erregungszustand mit starker motorischer Unruhe und z.T. stereotypen Bewegungsabläufen,
Schreien, Herunterreissen der Kleider, Grimassieren bis zum ungeordneten Bewegungssturm mit SichHerumwälzen, Um-sich-Schlagen, zielloser Aggressivität
Arten/Klassifikation
Die Symptome der verschiedenen Arten sind vielfältig und es gibt verschiedene Möglichkeiten der
Klassifikation.
Allgemein gilt:
Bei den schizophrenen Psychosen verwischen sich die Grenzen zwischen Realität und individueller
Wahrnehmung. Die Betroffenen sind hochsensibel und oft sehr kreativ. Durch die Fähigkeit, sehr viel
wahrnehmen zu können, verlieren die Betroffenen die Ordnung und die feste Beziehung zu ihrer Umwelt.
Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Handeln haben keinen Bezug zur Wirklichkeit.
9
Arten der nicht-organischen Psychosen:
Paranoide Schizophrenie
Dieser Typ kommt besonders häufig vor. Beginn ist meistens zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr.
Schleichender Beginn, wird aber als plötzlich erlebt. Schnellerer Onset als Typ 2 (siehe unten). Die
häufigsten Beschwerden sind Wahn und akustische Halluzinationen oft nur geringe MinusSymptomatik und geringe Störung der Psychomotorik.
hebephrene Schizophrenie
Früher Beginn zwischen dem 15. und 25 Lebensjahr ist charakteristisch Vorherrschend sind:
Minus-Symptomatik
Hypochondrie
affektive Störungen
Halluzinationen und Wahn kommen nur selten und geringfügig vor
katatone Schizophrenie
Diese Form der Erkrankung ist in den industriell entwickelten Ländern selten geworden
Sie äußert sich insbesondere in:
psychomotorischen Störungen, die sehr schwer sein können. Es kann Katatonie mit Stupor auftreten.
Kommt Hyperthermie und Elektrolytentgleisung hinzu, kann der Zustand lebensbedrohend sein
schizoides Residuum
Dieser Typ bezeichnet einen chronischen Zustand zwischen einzelnen akuten Schüben. Bleibende
Beeinträchtigungen bestehen in:
sozialem Rückzug
Passivität
Antriebsverlust
emotionaler Abstumpfung
Es kann zu einer geringfügigen Beibehaltung von systematischem Wahnvorstellungen kommen
Eher Typ 1 (siehe unten) zuzuordnen, denn Typ 2 hat keine Schübe, damit auch keine Zwischenzeiten.
Schizophrenia simplex
Dieser Subtyp ist durch einen langsamen und schleichenden Beginn mit geringfügiger Symptomatik
und chronischem Verlauf gekennzeichnet. Es kommt vorwiegend zur Minus-Symptomatik.
Im Prinzip die günstigste Diagnose, die Symptome sind so leicht, dass man alltagstauglich bleibt.
Abgrenzung von der schizoiden Persönlichkeit: aus dem Krankheitsverlauf, Patienten mit Schizophrenia
Simplex hatten vorher mal stärkere Schübe.
affektive Psychose
psychotische Depression
Manie
schwere manisch-depressive Erkrankungen
schizoaffektive Psychose
Dieser Begriff wird für Formen der Psychose angewandt, bei der sich Symptome der schizophrenen und
der affektiven Psychose mischen. Als Ursache werden komplizierte Zusammenhänge körperlicher,
seelischer und sozialer Faktoren diskutiert Auch Stoffwechselstörungen und Störungen von
Neurotransmittern werden angenommen
Typ 1 - vs. Typ 2 - Symptomatik
Typ 1 – Symptomatik
Entspricht eher der Positiv-Symptomatik (siehe unten)
Halluzinationen, Wahn
Leichte kognitive Defizite
Plötzliches Einsetzen
Variabler Verlauf
Spricht gut auf Neuroleptika an
Normale Ventrikel
Veränderungen im limbischen System angenommen
Typ 2 – Symptomatik
Entspricht eher Negativsymptomatik (siehe unten)
10
Wollen keine sozialen Kontakte
Deutliche kognitive Defizite
Schleichender Beginn
Chronischer Verlauf
Überwiegend Männer
Ins alltägliche Leben zurückführbar
Spricht schlecht auf Neuroleptika an
Vergrößerte Ventrikel
Plus- vs. Minus-Symptomatik
Minus-Symptomatik
Wegfall früher vorhandener persönlicher Fähigkeiten, sozialer Fertigkeiten, emotionaler Erfahrungen.
z. B.
zu Antriebsverlust,
mangelnder Körperpflege,
verarmter Sprache,
verminderter Leistungsfähigkeit,
weniger soziale Kontakte,
Rückzug in die eigene Erlebniswelt,
psychomotorischer Verlangsamung,
Gefühlsverflachung.
Plus-Symptomatik
es kommt „etwas dazu“
Die Betroffenen können unter
Halluzinationen,
Wahnvorstellungen oder
Ich-Störungen leiden.
Therapieansätze
Therapie in 70 von 100 Fällen erfolgreich abgeklungene Symptome, keine Rückfälle. Je früher die Therapie
begonnen wird, desto besser die Chancen
Grundlage ist immer eine moderne Psychopharmakotherapie mit antipsychotischen Medikamenten
(Neuroleptika)
+ Verhaltenstherapie
+ ergänzende Psychopharmakotherapien (andere als antipsychotische)
+ soziotherapeutischen Maßnahmen und Angehörigenarbeit
Medikamente
Klassische Neuroleptika haben im Akutbereich nach wie vor ihre wichtige Bedeutung
11
Atypische Neuroleptika haben positiven Einfluss auf Prognose, soziale Integration und Lebensqualität,
weswegen sie, wenn immer möglich den klassischen Neuroleptika vorzuziehen sind (Compliance-Verbesserung)
Statt einer Kombination hoch- und niederpotenter Neuroleptika wird heute in der Regel eine Kombination eines
hochpotenten N. mit einem Benzodiazepin vorgezogen
Wechsel des Neuroleptikums erst nach Therapieversagen von 4 – 6 Wochen!
Langzeittherapie:
mit atypischer N. und andere Psychophyarmaka zur Depressions-,
Angst- und Dyskinesiebehandlung
Akut-Therapie
Hochakute Psychose:
Hoch- oder mittelpotentes N., z.B. 5 - 10mg Haldol, ggf. kombiniert mit 100mg Nozinan oder Clopixol
(Zuclopenthixol) (Ciatyl-Z) 75 - 150mg als Akutagabe i.m. oder oral 20-40mg
Bei unklarem Erregungszustand und fraglicher Intoxikation wird in der Regel Haldol verabreicht.
Zur Behandlung des Katatonen Stupors: Neuroleptikum und Benzodiazepin (Lorazepam)
Ein Verzicht auf medikamentöse Behandlung bedeutet den Verlust der erworbenen und zugewiesenen sozialen
Rollen für einen Patienten in Beruf, Familie und Bekanntenkreis. Keine Medikamente einzunehmen, bedeutet
oft, unverhältnismäßiges Leiden in Kauf zu nehmen. Neuroleptika wirken spezifisch auf psychotische
Symptome, ohne die Ursachen der Psychose zu beseitigen. Sie bewirken eine Verbesserung von
Verfolgungsangst, psychomotorischer Erregung, Halluzinationen oder Denkstörungen.
Neuoleptika in niedriger Dosierung führen oft auch zur Besserung so genannter Minussymptomatik wie
Antriebsarmut und Apathie.
Nebenwirkungen
Bewegungsstörungen (sog. Extrapyramidale Störungen (EPS) oder Dyskinesien
Akathisie (Unvermögen, ruhig zu sitzen, Trippelmotorik)
Parkinsonoid (Tremor, Rigor, Akinese)
Dystonie (kurz anhaltende oder auch fixierte abnorme Körperhaltungen, v.a. im Mundbereich, an den
Augen, Hals und Rücken)
Dyskinesie (unwillkürliche hyperkinetische Bewegungen, meist im Mundbereich, oft leichte
Bewegungen an Fingern, Armen, Zehen oder Beinen)
Während Frühdyskinesien meist in der 1. Behandlungswoche beobachtet werden, können bei Behandlung mit
klassischen Neuroleptika in ca. 20% der Langzeitbehandelten auch Spätdyskinesien auftreten
Atypische Neuroleptika lösen meist keine oder nur sehr geringe, zumeist dosisabhängige Bewegungsstörungen
aus.
Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, Akkomodationsstlörungen, Obstipation, Herzrasen, niedriger Blutdruck,
Glaukom, Harnträufeln bei vorbestehender Prostatavergrösserung (alles anticholinerge Effekte) oder Müdigkeit,
Gewichtszunahme (antihistaminerge oder antiadrenerge Effekte)
Psychotherapie
Schizophrene haben häufig auch vielfältige Lebensprobleme. Die Behandlung muss flexibel erfolgen und auf
den jeweiligen Krankheitszustand des Patienten Rücksicht nehmen.
Sinnvoll hat sich erwiesen:
Sozialtherapeutische Hilfen
z.B. nach der Klinik 6 Monate in eine unterstützte Wohngemeinschaft. Nicht so belastend wie das echte Leben,
aber realitätsnaher als eine Klinik. Solche Projekte haben auch über lange Zeit stabilisierende Effekte gezeigt,
werden aber nur selten finanziert.
Token economy
Wenn der Patient etwas gut macht (kein psychotisches Verhalten zeigt) bekommt er ein Token, was er dann
gegen etwas tauschen kann (z.B. Zigaretten, in harten Fällen auch Nahrung an sich)
Kritik: die Patienten unterdrücken die Symptome nur, zeigen sie aber unbeobachtet wieder. (Bsp.: „Wir die
Regierung schätzen diese Maßnahme nicht…“)
12
Hilft aber gegebenenfalls den Patienten, ein normales Leben zu führen.
Sexuelle Störungen
Störungen sind gewöhnlich Abweichungen von der Norm, aber was ist die Norm? Ab wann ist eine Abweichung
pathologisch. Es gibt gesetzliche Regelungen, dass keinem Leid entsteht.
Sexuelle Funktionsstörungen
Prävalenz:
31 % Männer
43 % Frauen
Die meisten Probleme entstehen aus den Mythen, die über Sexualität herrschen (Männer können immer und
Frauen alle Frauen können multiple Orgasmen haben)
Die Einteilung der Störungen erfolgt entlang der 5 Phasen der sexuellen Reaktion
Erotisches oder sexuelles Interesse, sexuelleAnziehung (erotic or sexual desire)
Verlangen nach sexueller Aktivität, sexuelle Phantasien und Tagträume, Gefühl der sexuellen
Hingezogenheit
Appetenz (appetitives Verhalten)
Verlangen nach sexueller Aktivität, sexuelle Phantasien oder Tagträume
und das Gefühl, zu anderen hingezogen zu werden
Erregung (arousal and physical excitement)
Veränderungen in der Lendenregion, körperliche Aktivierung, Anstieg von Herzrate,
Muskelanspannung, Blutdruck und Atemfrequenz
Orgasmus (kopulatorisches Verhalten)
Entspannung (postkopulatorisches Verhalten)
Es liegt eine Hemmung in einem Abschnitt des menschlichen sexuellen Reaktionszyklus vor und daher können
sich die Personen nicht des Geschlechtsverkehrs erfreuen
Lebenslanger Typus:
Erworbener Typus:
Generalisierter Typus:
Situativer Typus:
Menschen leiden ihr ganzes Leben lang an einer Dysfunktion
Der Dysfunktion ging eine normale sexuelle Funktion voran
Die Dysfunktion ist in allen sexuellen Situationen vorhanden
Die Dysfunktion ist nur in bestimmten Situationen vorhanden
Störungen der sexuellen Appentenz
Verminderte sexuelle Appetenz
Ein Mangel an sexuellem Interesse und infolgedessen geringe sexuelle Aktivität
13
DSM-IV-Kriterien
Anhaltender oder wiederkehrender Mangel an sexuellen Phantasien und des Verlangens nach sexueller Aktivität
Deutliches Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten
Prävalenz:
15 % Männer
20 – 35 % Frauen
Mögliche Ursachen
wahrscheinlich durch physische und psychische Ursachen hervorgerufen
Hormonmangel wird diskutiert
Schmerz
Angst
Mangel an Erfahrung
Sexuelle Aversion
Menschen finden Sex äußerst unangenehm und abstoßend
DSM-IV-Kriterien
Anhaltende oder wiederkehrende extreme Aversion gegenüber oder Vermeidung von (fast) jeglichem genitalen
Kontakt mit dem Sexualpartner
Deutliches Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten
Prävalenz:
Männer (gen Null) < Frauen
Biologische Ursachen
Ein hoher Spiegel von Prolaktin
Niedriger Spiegel des männlichen Geschlechtshormons Testosteron
Ein hoher oder niedriger Spiegel des weiblichen Geschlechtshormons Östrogen
Psychologische Ursachen
Ein genereller Anstieg in Ängstlichkeit oder Zorn
Bestimmte psychologische Störungen
Soziokulturelle Ursachen
Viele Betroffene leiden unter situativem Druck – Scheidung, Tod in der Familie, Arbeitsbelastung, mangelnde
Fruchtbarkeit, die Geburt eines Kindes
Probleme in der Beziehung
Die Erfahrung, sexuell missbraucht oder vergewaltigt worden zu sein
Störungen der sexuellen Erregung
Erektionsstörung
beim Mann (früher als Impotenz bezeichnet)
DSM-IV-Kriterien
Anhaltende oder wiederkehrende Unfähigkeit, eine adäquate Erektion zu erlangen oder bis zur Beendigung der
sexuellen Aktivität aufrechtzuerhalten
Deutliches Leid oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten
Prävalenz:
10 %
Überwiegend ältere Männer
Lebenszeitprävalenz:
50 %
Ursachen:
meist durch physische und psychische Faktoren determiniert
Nur in 10 von 63 Fällen rein psychogen
Nur in 5 Fällen rein somatische Ursache
14
50% aller Diabetiker
Medikamentös bedingte Herabsetzung des Sexualtriebes bei antihypertensiver Therapie, Allergiebehandlung und
psychopharmakologischer Behandlung von Angst und Depression.
Gefäßbedingte Auffälligkeiten durch Behinderung des Blutstromes in die Schwellkörper des Penis infolge einer
kardiovaskulären Störung einer Arteriosklerose (Rauchen, Alkohol) eines übermäßigen Blutabflusses über
abnorm vergrößerte Penisvenen (Huws,1991) durch Risse oder Traumen in den Schwellkörpern.
Diagnose somatoerger Erektionsstörungen
Durch nächtliche Penistumeszenz (NPT) im Schlaflabor
Proband A hat keine somatoforme
Erregungsstörung. Während des Schlafes hat er
normale Erektionen. Patient B hat eine
somatoforme Erektionshemmung. Die
Erektionsstörung ist teilweise psychogen bedingt.
Die Erregungsstörung von Patient C hat in erster
Linie somatische Ursachen
Psychogene Ursachen:
Leistungsangst
Erfolgsangst
Art der sexuellen Beziehung
Art und Ausmaß sexueller Stimulation während sexueller Kontakte
Falsche Vorstellungen über sexuelle Leistungsfähigkeit und sexuelle Rolle
Ejakulationsstörungen
Ejakulation praecox (Prävalenz 10-35%, Mehrzahl unter 30 Jahre alt)
Ejakulatorische Inkompetenz (im Prinzip der Oberbegriff)
Verzögerte Ejakulation
Fehlende Ejakulation
Ejakulationsangst
Störung der sexuellen Erregung
bei der Frau (früher als Frigidität bezeichnet)
DSM-IV-Kriterien
Anhaltende oder wiederkehrende Unfähigkeit, Lubrikation und Anschwellung der äußeren Genitale als Zeichen
genitaler Erregung zu erlangen oder bis zur Beendigung der sexuellen Aktivität aufrechtzuerhalten
Deutliches Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten
Prävalenz:
10 %
Mangel and Libido und/oder Lust
Mangel an Lubrikation und mangelndes Anschwellen der äußeren Genitalien
Orgasmusstörungen als Unfähigkeit, einen sexuellen Höhepunkt zu erleben
Vaginismus
Mangel and Libido und/oder Lust
• Mangel an Lubrikation und mangelndes
Anschwellen der äußeren Genitalien
• Orgasmusstörungen als Unfähigkeit, einen
sexuellen Höhepunkt zu erleben
15
Vaginismus
DSM-IV-Kriterien
Wiederkehrende oder anhaltende unwillkürliche Spasmen der Muskulatur des äußeren Drittels der Vagina, die
den Geschlechtsverkehr beeinträchtigen.
Deutliches Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten
Prävalenz: 1%
Dyspareunie
DSM-IV-Kriterien
Wiederkehrende oder anhaltende genitale Schmerzen in Verbindung mit dem Geschlechtsverkehr, entweder
beim Mann oder bei der Frau.
Deutliches Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten.
Prävelenz: 15% (gelegentliche Dyspareunie)
Orgasmusstörungen
Beim Mann
DSM-IV-Kriterien
Eine anhaltende und wiederkehrende Verzögerung oder ein Fehlen des Orgasmus nach einer normalen sexuellen
Erregungsphase während einer sexuellen Aktivität
Deutliches Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten.
Prävalenz: selten (ca. 1-3%), dennoch Thema von ca. 15% der Therapien
Bei der Frau
DSM-IV-Kriterien
Eine anhaltende oder wiederkehrende Verzögerung oder ein Fehlen des Orgasmus nach einer normalen sexuellen
Erregungsphase.
Deutliches Leiden oder zwischenmenschliche Schwierigkeiten.
Prävalenz: 10-15% (niemals Orgasmus, die, die das nur manchmal haben sind noch mehr),
dennoch nicht so viele in Therapie, weil Leidensdruck häufig gering. Außer es kommen
Probleme wegen schmerzhaften Geschlechtsverkehrs dazu
Paraphilien
Starke sexuelle Impulse und erregende Phantasien zu Objekten oder Situationen, die in der jeweiligen
Gesellschaft als unangemessen gelten
Störungen sind starke sexuelle Impulse und Fantasien auf Objekte, Kinder oder Menschen, die mit dieser
Interaktion nicht einverstanden sind
Fetischismus
Nicht-menschliche Reize
Überwiegend Männer, Onset in der Pubertät
Es wurde versucht, den Fetischismus behavioral zu erklären (erste sexuelle Erfahrungen in der Nähe schicker
Schuhe erhalten verstärkende Funktionen), aber warum gibt es dann keinen Zimmerdecken- oder
16
Transvestitischer Fetischismus oder Transvestitismus
Transvestitismus ist durch Verlangen gekennzeichnet, Kleider des anderen Geschlechtes offen oder
heimlich zu tragen, um sich sexuell zu erregen.
Transvestiten sind männlichen Geschlechts.
Sie sind jedoch in aller Regel heterosexuell.
Beginn liegt auch hier meist in der Kindheit.
Möglicherweise gibt es auch Frauen, die durch das tragen männlicher Kleidung erregt werden, allerdings würde
dieses Verhalten kaum auffällig.
Transvestitismus gilt nur als Störung, wenn jemand darunter leidet (z.B. die Ehefrau)
Exhibitionismus
Als Exhibitionismus wird das Zurschaustellen der eigenen Genitalien vor einer anderen Person des
gegenteiligen Geschlechtes charakterisiert. Direkte sexuelle Aktivitäten mit der anderen Person werden
gewöhnlich nicht versucht oder gewünscht. Überraschung und Erschrecken des anderen dominieren.
Fast alle Exhibitionisten sind Männer.
Bei sexuellen Kontakten sind diese Männer unreif, haben häufig-wenn in Partnerschaften lebendsexuelle und kommunikative Probleme mit ihren Partnerinnen (APA, 1994).
Voyeurismus
Steigerung sexueller Impulse beim Betrachten anderer Menschen, die sich ausziehen oder sexuell
miteinander interagieren
Beginnt meist vor dem 15. Lebensjahr und neigt zum chronischen Verlauf.
Auch hier besteht weitgehende Unfähigkeit zu normalen sexuellen Kontakten (APA, 1994).
Frotteurismus
Versuch, durch aggressives Reiben des eigenen Körpers oder an Körperteilen einer anderen Person
sexuelle Lust und Befriedigung zu erzielen.
Nur bei Männern bekannt.
Beginn ebenfalls in der Adoleszenz oder früher. Im Alter ab 25 scheint die Aktivität häufig
abzunehmen. Gründe dafür sind nicht bekannt. (APA, 1994).
Sexueller Masochismus
Sexuelle Lust und Befriedigung werden in Demütigung der eigenen Person oder in Schmerzzufügung
am eigenen Körper (meist durch andere) gesucht. Masochistische Phantasien beginnen meist in der
Kindheit (Hypoxiphilie, autoerotische Asphyxie), werden aber meist erst im Erwachsenenalter
ausgelebt.
Sexueller Sadismus
Sexuelle Lust und Befriedigung werden in Demütigung oder physischer/psychischer Verletzung einer
anderen Person gesucht. Sadistische Akte treten gehäuft im jungen Erwachsenenalter auf, werden aber
in der Kindheit bereits vorgeformt.
Pädophilie und Inzest
Pädophilie und Inzest sind ebenfalls Paraphilien und im Verhältnis zu den anderen relativ selten. Sie werden
aber als das gesellschaftlich relevanteste Thema in diesem Skript abgegrenzt.
Pädophilie
Sexuelle Erregung oder Befriedigung durch Beobachten oder Berühren von Kindern oder durch sexuellen
Mißbrauch von Kindern
entwickelt sich gewöhnlich in der Adoleszenz.
Täter per Definition älter als 16, das Opfer mindestens 5 Jahre jünger sein (rechtliche Normen evtl. abweichend).
Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich viel höher als die aktenkundlichen Fälle
Studien
Viele Täter waren früher selbst Opfer (McCormack et al., 1992).
Studie von Finkelhor (1979) an 796 Studierenden. 19 % der Frauen und 9,6 % der Männer wurden als Kind
sexuell missbraucht. Davon handelte es sich bei 28 % der Frauen und 23 % der Männer um einen inzestuösen
17
Übergriff.
Viele Täter entstammen konservativ-religiösem Hintergrund. Heißt NICHT, dass ein entsprechender
Hintergrund zwangsläufig eine Disposition für Pädophilie mit sich bringt. Erklärung: Evtl. Kompensation.
Pädophile Täter sollten von pädophilen „Vergewaltigern“ unterschieden werden.
Pädophile Täter wollen dem Kind kein Leid zu fügen. Sie fühlen sich von Kindern sexuell angezogen. Der
Missbrauch bzw. die Misshandlung besteht in der unfreiwilligen sexuellen Handlung, zumeist in der irrigen
Annahme, die Kinder wären „einverstanden“.
Kinder sind jedoch nicht in der Lage ein Einverständnis für sexuelle Handlungen zu geben!
Pädophile Vergewaltiger quälen ihre Opfer und wollen ihnen Schmerz zufügen. Nicht das sexuelle Verlangen,
sondern Gewalt und Aggression stehen im Vordergrund. Diese Täter zeigen oftmals eine antisoziale
Persönlichkeitsstruktur mit eindeutig sadistischen Zügen.
Inzest
Fast alle Kulturen kennen ein Inzesttabu.
evolutionsbiologische Vorteile: Inzest erhöht die Wahrscheinlichkeit des Auftretens rezessiver
Erbkrankheiten.
Am häufigsten: Bruder und Schwester, mit und ohne Einwilligung
Zweithäufigster Inzest: Vater und Tochter (Stiefvater und Tochter)
Unterschied zum pädophilen Täter: Inzestuöse Väter missbrauchen i.d.R. ihre Töchter erst nach der
Geschlechtsreife.
Väter gehen oftmals, wie pädophile Täter, fälschlich von der Einwilligung der Töchter aus („hat sich nicht
gewehrt“)
Probleme in den Familien:
Häufig liegt extrem patriarchalische Familienstruktur vor Die Mütter befinden sich in extremer Zwickmühle;
Oftmals kein Schutz für dir Töchter durch die Mutter
Töchter wehren sich nicht, um die Familie nicht zu zerstören (auch siehe oben…)
Extrem hilflose Situation (wer helfen müsste ist stiller Mitwisser oder Täter) dauert über Jahre an Je nach
Schwere des Missbrauchs extreme Traumatisierungen möglich
ABER: gibt es viele Kinder, vor allem in weniger schweren Fällen, in denen die Täter und der Rest der Familie
bereit sind, das Problem anzuerkennen (!!!) und zu behandeln, die eine solche Situation ohne ein bleibendes
Trauma überstehen.
Störungen der Geschlechtsidentität
DSM-IV-Kriterien
Ein starkes und andauerndes Zugehörigkeitsgefühl zum anderen Geschlecht (das heißt, geäußertes Verlangen,
dem anderen Geschlecht anzugehören; häufiges Auftreten als Angehöriger des anderen Geschlechts; der
Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechts zu leben und als solcher behandelt zu werden; die
Überzeugung, die typischen Gefühle und Reaktionsweisen des anderen Geschlechts aufzuweisen).
Anhaltendes Unbehagen im Geburtsgeschlecht oder Gefühl der Person, dass die Geschlechtsrolle des eigenen
Geschlechts nicht die richtige ist (zum Beispiel Eingenommensein von dem Gedanken darüber, die primären und
sekundären Geschlechtsmerkmale loszuwerden, oder der Glaube, im falschen Geschlecht geboren zu sein)
Deutliches Leiden oder Beeinträchtigung.
18
Essstörungen
Arten der Essstörungen
Adipositas (Übergewicht)
Akute Form
Chronische Form
Untergewicht (Gewichtsmangel)
Akute Form
Chronische Form
Anorexia nervosa (Magersucht)
Restriktiver Typus
Ess-Brech-Typus
Bulemia nervosa (Ess-Brech-Sucht)
Ess-Brech-Typus
Typus ohne Erbrechen
Essanfallstörung (Binge-Eating-Disorder)
über die Dauer häufig lebensbedrohlich
schwer behandelbar
Meist Frauen betroffen, aber die Männer holen auf
Magersucht tritt meist bei Jüngeren auf, Adipositas meist nach der Pubertät (mittlere und ältere Patienten, in der
Regel nicht lebensbedrohlich)
Die verschiedenen Typen der Essstörungen können sich überlappen
Anorexia nervosa
Auch als Anorexie oder Magersucht bezeichnet. Die Bezeichnung Anorexie (Appetitlosigkeit) ist jedoch
irreführend, denn die Betroffenen haben nicht keinen Appetit, sondern sie haben panische Angst zuzunehmen.
Opfer streben unbeirrbar danach, extrem dünn zu sein und nehmen soviel ab, dass sie sogar verhungern können.
Die Ernährung erfolgt meist am Minimum (600-800 Kalorien).
Es liegt keine körperliche Erkrankung zugrunde. Anorektische Patienten kann im Alltag nur ein geübtes Auge
erkennen. 5-18% der Patienten sterben im Verlauf der Krankheit.
Der Term „nervosa“ macht deutlich, dass für Krankheit emotionale Gründe verantwortlich gemacht werden.
DSM-IV-Kriterien
Weigerung, das Minimum des normalen Körpergewichts zu halten
Ausgeprägte Ängste vor einer Gewichtszunahme oder vor dem Dickwerden – trotz bestehenden Untergewichts
Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur und des Körpergewichts, übertriebener Einfluss des
Körpergewichts oder der Figur auf die Selbstbewertung oder Leugnen des Schweregrades des gegenwärtigen
geringen Körpergewichts
Bei postmenarchalen Frauen das Vorliegen einer Amenorrhoe (Ausbleiben der Menstruation)
Weitere diagnostisch relevante Merkmale sind:
KEINE KRANKHEITSEINSICHT
kognitive Störungen (verzerrtes Körper- und Selbstbild, und Selbstbild, Fehleinstellungen und
Fehlwahrnehmungen)
affektive Probleme (Depression, zwanghafte Verhaltensmuster und Kognitionen)
Persönlichkeitsprobleme (Störung des Selbstwertgefühls), Ängstlichkeit, Unentschlossenheit
ständige Beschäftigung mit Essen (Lektüre, Planungen, Träume)
Häufig Entwicklung von Nahrungsbezogenen Zwängen (Horten häufig Nahrungsmittel)
medizinische Folgestörungen bzw. Folgeerkrankungen (APA,1994)
Sozialer Rückzug (Besonders: Nicht-Teilnehmen an Gesellschaften in denen gegessen wird; Betroffene kochen
häufig gut und gerne z.B. für die Familie, essen dann aber nichts)
Halten die Störung häufig 6-8 Jahre geheim, bis es zum ersten Kontakt mit einem Therapeuten kommt.
BMI (kg/m²) < 17,5
19
Der BMI ist kein besonders gutes Maß, weil er nicht berücksichtigt, was Fett, was Muskeln usw. sind. Aber man
kann ihn als Anker benutzen, es geht sehr schnell. Aber nicht jeder mit einem BMI < 17,5 ist magersüchtig.
Die Patienten sind häufig hochkompetent, haben auch medizinische Fachliteratur über ihre Störung gelesen,
sagen aber, trotzdem sie wissen, dass sie alle Symptome haben und sie vielleicht schon mehrmals auf der
Intensivstation waren, dass es ihnen gut gehe.
Häufig sind ihnen auch die üblichen Fragebögen bekannt, was immer problematisch ist.
Bei visueller Stimulation mit Bildern anderer Magersüchtiger kommt es eher zu Reaktionen wie: „das könnte
mein Vorbild sein, sie hat es geschafft“ als zu Erkenntnissen.
Prävalenz:
Frauen 1%, Männer seltener. 90-95% der Betroffenen sind Frauen.
Onset meist mit 13-25 Jahren (Betroffene werden immer Jünger) aber lebenslang möglich
Besonders häufig in Industrieländern und in der Oberschicht.
Das die Patientinnen überwiegend so jung sind, liegt auch daran, dass die wenigsten von ihnen sehr alt werden.
Es besteht bei keiner der explizite Todeswunsch, aber bis zu 18% sterben an den Folgen (z.B. Herz- und
Nierenversagen)
Häufige Folgeerkrankungen
Amenorrhoe (Ausbleiben der Regel häufig schon Monate vor dem Gewichtsverlust)
andere Hormonstörungen (im Zusammenhang mit dem verringerten Fettanteil produziert der Körper kein
Östrogen mehr, um eine Schwangerschaft zu verhindern)
erniedrigte Körpertemperatur, niedriger Blutdruck
geschwollenes Abdomen reduzierte
Knochendichte(Osteoporose)
verlangsamter Puls
Elektrolyt-Störungen
Stoffwechselstörungen
Herz Kreislauf-Störungen
Veränderungen der Haut (Laguno-Behaarung)
Sehstörungen
Pseudoatrophie des ZNS (wie bei Alzheimer oder Alkoholsucht: Volumenabnahme ohne Funktionsreduktion)
Mögliche Auslöser
Häufig unklar (Patienten generieren sie im Nachhinein)
Soziale Konflikte (Familie)
Persönliche Versagenserlebnisse
Verlust eines nahen Vertrauten
Missbrauch
Restriktiver Typus
Anfangs Beschränkung auf bestimmte Lebensmittel, die kalorienarm und eiweißhaltig sind (APA, 1994).
Danach allmähliche Ausdehnung der Liste „verbotener“ Nahrungsmittel, einhergehend mit einseitiger Ernährung
und Minderung an Vergnügen beim Essen. Streben nach Schlankheit wird zur Prüfung der Selbstdisziplin.
Die Betroffenen sind häufig auch in anderen Lebensbereichen sehr diszipliniert (guten Noten, ehrgeizige
Sportler). Als Folge dessen wird die Störung von der Familie häufig akzeptiert, denn es geht ihr ja gut, sie bringt
weiter ihre Leistungen und ist sehr vorzeigbar.
Andere diagnostisch relevante Merkmale:
Höchstgewicht vor der Störung normal (geringe familiäre Prädisposition für Dickleibigkeit)
Vor der Störung eher Anpassung an die Eltern
Tendenz zur Leugnung familiärer Probleme
emotional übermäßig beherrscht mit Schwierigkeiten, Gefühle zu empfinden und auszudrücken
Eher sexuell unreif und unerfahren
Frauen lehnen traditionell weibliche Rolle eher ab
20
Fress-Brech-Typ
Reduktion der Nahrungsaufnahme + Verdauung der Nahrung und die damit einhergehende Energieaufnahme
durch absichtlich herbeigeführtes Erbrechen weiter reduziert.
Auch durch Missbrauch von Entwässerungs- und Abführmitteln.
Erbrechen häufig als „Ausgleich für die vorherige Disziplinlosigkeit“ genutzt.
Behandlung:
Gewicht wieder erreichen und essen
In den letzten Jahren entwickelte sich eine unterstützende pflegerische Betreuung, kombiniert mit
hochkalorischer Kost, zum verbreitetsten verfahren, um das Gewicht wiederherzustellen
Wie werden bleibende Veränderungen erzielt?
Essgestörte müssen auch ihre grundlegenden emotionalen Probleme lösen und ihre fehlangepassten Denkmuster
ändern
Autonomie und Selbstbewusstsein aufbauen
Kontrolle ausüben und Unabhängigkeit entwickeln
Gefühle erkennen und ihnen trauen
Gestörte Kognitionen korrigieren
Für eine vollständige, anhaltende Genesung ist es entscheidend, die falschen Vor- / Einstellungen anorektischer
Personen zu Essen und Gewicht zu verändern - was allerdings schwierig ist
Die Interaktion innerhalb der Familie verändern
In manchen Fällen der Störung wird eine Familientherapie durchgeführt
Die Nachwirkungen der Anorexie
Gewicht ist rasch wieder erreicht, wenn erst einmal die Therapie beginnt, und die therapiebedingten Besserungen
können über Jahre weitergehen
Frauen menstruieren wieder
20 Prozent der Anorektiker sind ernsthaft über Jahre beeinträchtigt
Bei der Katamnese leiden 40 bis 60 Prozent der anroektischen Patienten weiterhin unter gewissen emotionalen
Problemen
Je mehr Gewicht die Patienten vor der Behandlung verloren haben, desto schlechter ist die Prognose
21
Bulimia nervosa
Auch als Bulimie (vom griechischen bous limos = „Rinderhunger“) oder Ess-Brech-Sucht bezeichnet
Höchstgewicht vor der Störung eher leicht über dem normalen
Starke familiäre Disposition zu Dickleibigkeit
Intensive Hungergefühle
Menschen haben häufig wahre Fressattacken, in denen sie unkontrolliert große Mengen Nahrungsmittel in sich
hineinstopfen
Kompensatorische Verhaltensweisen
Zum Erbrechen zwingen oder Griff zu anderen drastischen Maßnahmen (Missbrauch
von Laxativa, Diuretika,
Klistiere, Fasten oder Einsatz von übertriebener körperlicher Bewegung), um nicht zuzunehmen
Untergewicht, (fast) Normalgewicht oder Übergewicht
Irreguläre Menses häufig; Amenorrhoe selten, außer bei niedrigem Körpergewicht
DSM-IV-Kriterien
Wiederholte Episoden von „Fressattacken“
Wiederholte Anwendung von einer Gewichtszunahme gegensteuernden Maßnahmen
Die „Fressattacken“ und das unangemessene Kompensationsverhalten kommen drei Monate lang im
Durchschnitt mindestens zweimal pro Woche vor
Figur und Körpergewicht haben einen übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung
Andere diagnostisch relevante Kriterien
KRANKHEITSEINSICHT GEGEBEN; LEIDEN UNTER DER KRANKHEIT
Fressanfälle werden als eklig erlebt Geheimhalten aus Scham
wenn ein Bekannter mal darauf anspricht kommt es zu Gefühlen der Erlösung. Bulemiker sind meist froh,
Hilfe zu bekommen
Essen gewöhnlich leicht erbrechbare Nahrung
Haben einen starken Drang zu körperlicher Betätigung
Selbstwertstörung
Fixierung auf Gewicht/Figur
Kein Hunger- oder Sättigungsgefühl
Bulemiker können das Erbrechen willentlich steuern (brauchen keinen Finger oder Brechmittel)
Bulemie ist kostenintensiv. Viele Bulemikerinnen stehlen (muss man, wenn man es mitbekommt, aufmerken,
denn warum sollte eine gutsituierte Frau Lebensmittel stehlen)
Vor Anfällen häufig ein Gefühl innerer Spannung, Fixierung auf „verbotene“ Nahrungsmittel. Die Fressattacken
werden meist nicht spontan beendet (völliger Kontrollverlust), sondern, weil dem Betroffenen schlecht wird,
jemand kommt oder die Nahrung alle ist
Gewöhnlich nur vom Profi zu erkennen
Verformung des Zeigefingers
Verätzungen an den Zähnen
Typen
Ess-Brech-Typus
wenn das Kompensationsverhalten durch regelmäßiges Erbrechen dominiert ist.
Typus ohne Erbrechen
wenn Erbrechen als Kompensation keine Rolle spielt. Kompensation durch Sport oder Abführmittel
Essanfall-Störung (Binge-Eating-Disorder)
Essanfälle ohne kompensatorisches Verhalten (nicht näher bezeichnete Essstörung).
Prävalenz:
1 – 6% 90 – 95 % Frauen
Beginn: 15 – 21 Jahre
Behandlung
Viele kombinieren mehrere therapeutische Strategien
22
Bei Bulimia nervosa erhält zurzeit die kognitive Therapie am meisten Beachtung, wobei fehlangepasste
Einstellungen beseitigt werden
Gruppentherapie
Gruppenmahlzeit
Eine neue Technik, die vorsieht, dass die Klienten gemeinsam mit dem Therapeuten eine Mahlzeit planen und
verzehren und dabei ständig die aufkommenden Gedanken und Gefühle diskutieren
Verhaltenstherapie
Zunehmender Einsatz der Technik von Konfrontation und Reaktionsverhinderung, um den Ess-BrechTeufelskreis zu durchbrechen
Im letzten Jahrzehnt wurde Bulimie häufig mit Antidepressiva behandelt
Anorexie und Bulemie – Vergleich
23
Wodurch werden Essstörungen verursacht?
Multidimensionaler Risikoansatz = Eine Sichtweise, nach der mehrere Schlüsselfaktoren
einer Person ein Risiko für Essstörugen auferlegen
Gesellschaftlicher Druck
Es wird davon ausgegangen, dass das in unserer Kultur zur Zeit propagierte Schlankheitsideal zu dem jüngsten
Anstieg der Essstörungen beigetragen hat
Familienumgebung
Salvador Minuchin glaubte, dass ein, wie er es nennt, verstricktes Familienmuster oft zu Essstörungen führt
Kognitive Störungen
Hilde Bruch zufolge führen gestörte Mutter-Kind-Interaktionen beim Kind zu schweren Ich-Schwächen und
kognitiven Störungen, die gemeinsam gestörtes Essverhalten produzieren
Angemessen reagierende Eltern gehen mit differenzierender Aufmerksamkeit auf die biologischen / emotionalen
Bedürfnisse ihrer Kinder ein, füttern sie, wenn sie aus Hunger schreien, und trösten sie, wenn sie aus Angst
schreien
Unangemessen reagierende Eltern können nicht auf die inneren Bedürfnisse ihrer Kinder eingehen und stülpen
ihren Kindern stattdessen ihre eigene Definition dieser Bedürfnisse über
Affektive Störungen
Viele Menschen mit Essstörungen, insbesondere mit Bulimie, weisen Symptome von Depression wie
Traurigkeit, niedriges Selbstwertgefühl, Pessimismus und Denkfehler auf
Biologische Faktoren
Es wurde eine Beziehung zwischen Essstörungen und den Genen, die für die Produktion des Neurotransmitters
Serotonin verantwortlich sind, aufgedeckt
Set-Point-Theorie
Hypothalamus: Regelung verschiedener Körperfunktionen und Beeinflussung
des endokrinen Systems über die Hypophyse
Der laterale Hypothalamus oder LH, an den Seitenregionen des Hypothalamus, erzeugt Hunger, wenn er
aktiviert wird
Der ventromediale Hypothalamus oder VMH, der Unter- und Mittelteil des Hypothalamus, unterdrückt
Hungergefühle, wenn er aktiviert wird
LH und VMH könnten so hintereinander geschaltet sein, dass sie einen „Gewichtsthermostat“ im Körper bilden,
der eine Person für ein bestimmtes Körpergewicht, den set point, prädisponiert
Fällt das Gewicht eines Menschen unter seinen set point, wird der LH aktiviert, und dieser versucht, das
verlorene Gewicht mittels Hunger wieder zu erreichen
Bei strenger Diät sinkt das Gewicht schließlich unter den set point, und das Gehirn leitet Ausgleichsmaßnahmen
ein
Die psychischen Symptome von Ausgehungertsein sind Manifestationen der Bemühungen des Hypothalamus,
den set point wieder zu erreichen
Wenn das Gehirn und der Körper versuchen, einen Menschen wieder auf seinen set point zu bringen, nimmt der
Diäthaltende eine Art Kampf gegen sich selbst auf
Adipositas
24
ADHS
18% der Kinder in der Kinder- und Jugendambulanz sind wegen ADHS da.
DSM-IV-Kriterien
Die Störung muss vor dem Alter von 6 Jahren begonnen haben und sollte in mindestens zwei
Lebensbereichen/Situationen (z.B. in der Schule, in der Familie, in der Untersuchungssituation) konstant
auftreten.
Mindestens sechs Monate lang mindestens sechsder folgenden Symptome von Unaufmerksamkeit in einem mit
dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß.
Aspekte der Unaufmerksamkeit
•sind häufig unaufmerksam gegenüber Details oder machen Sorgfaltsfehler bei den Schularbeiten und sonstigen
Arbeiten und Aktivitäten;
•sind häufig nicht in der Lage, die Aufmerksamkeit bei Aufgaben und beim Spielen aufrechtzuerhalten;
•hören häufig scheinbar nicht, was ihnen gesagt wird;
•können oft Erklärungen nicht folgen oder ihre Schularbeiten, Aufgaben oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht
erfüllen (nicht wegen oppositionellem Verhalten oder weil die Erklärungen nicht verstanden werden);
•sind häufig beeinträchtigt, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren;
•vermeiden ungeliebte Arbeiten, wie Hausaufgaben, die häufig geistiges Durchhaltevermögen erfordern;
•verlieren häufig Gegenstände, die für bestimmte Aufgaben wichtig sind, z.B. für Schularbeiten, Bleistifte,
Bücher, Spielsachen und Werkzeuge;
•werden häufig von externen Stimuli abgelenkt;
•sind im Verlauf der alltäglichen Aktivitäten oft vergeßlich.
2. Überaktivität und 3.Impulsivität:
Mindestens sechs Monate lang mindestens sechs der folgenden Symptome von Überaktivität und Impulsivität in
einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß.
Aspekte der Überaktivität
fuchteln häufig mit Händen und Füßen oder winden sich auf den Sitzen;
verlassen ihren Platz im Klassenraum oder in anderen Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird;
laufen häufig herum oder klettern exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (bei Jugendlichen oder
Erwachsenen entspricht dem nur ein Unruhegefühl);
sind häufig unnötig laut beim Spielen oder haben Schwierigkeiten bei leisen Freizeitbeschäftigungen;
zeigen ein anhaltendes Muster exzessiver motorischer Aktivitäten, die durch den sozialen Kontext oder Verbote
nicht durchgreifend beeinflußbar sind.
Aspekte der Impulsivität
platzen häufig mit der Antwort heraus, bevor die Frage beendet ist;
können häufig nicht in einer Reihe warten oder warten, bis sie bei Spielen oder in Gruppensituationen an die
Reihe kommen;
unterbrechen und stören andere häufig (z.B. mischen sie sich ins Gespräch oder Spiel anderer ein);
reden häufig exzessiv, ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren.
ICD-10-Kriterien
A.
In Bezug auf Alter und Entwicklungsstand nachweisbare Abnormität von Aufmerksamkeit und Aktivität
zuhause. Gekennzeichnet durch mindestens drei dieser Aufmerksamkeitsschwierigkeiten:
Kurze Dauer spontaner Aktivitäten.
Mangelnde Ausdauer beim Spielen.
Überhäufiges Wechseln zwischen verschiedenen Aktivitäten.
Stark beeinträchtigte Ausdauer bei der Bewältigung von Aufgaben, die von Erwachsenen gestellt werden.
Ungewöhnlich hohe Ablenkbarkeit während schulischer Arbeiten wie Hausaufgaben oder Lesen.
Ständige motorische Unruhe (rennen, hüpfen, etc.).
Bemerkenswert ausgeprägte Zappeligkeit und Bewegungsunruhe während spontaner Beschäftigungen.
Bemerkenswert ausgeprägte Aktivität in Situationen, die relative Ruhe verlangen (wie z.B. Mahlzeiten, Reisen,
Besuche, Gottesdienst).
Schwierigkeiten sitzen zu bleiben, wenn es verlangt wird.
B.
In Bezug auf Alter und Entwicklungsstand nachweisbare Abnormität von Aufmerksamkeit und Aktivität im
25
Kindergarten oder in der Schule (falls zutreffend). Gekennzeichnet durch mindestens drei dieser
Aufmerksamkeitsschwierigkeiten:
Außergewöhnlich geringe Ausdauer bei der Bewältigung von Aufgaben.
Außergewöhnlich hohe Ablenkbarkeit, d.h. häufiges Zuwenden zu externen Stimuli.
Überhäufiger Wechsel zwischen verschiedenen Aktivitäten, wenn mehrere zur Auswahl stehen.
Extrem kurze Dauer von spielerischen Beschäftigungen.
Beständige und exzessive motorische Unruhe (Rennen, Hüpfen etc.) in Situationen, in denen freie Aktivität
erlaubt ist.
Bemerkenswert ausgeprägte Zappeligkeit und motorische Unruhe in strukturierten Situationen.
Extrem viel Nebenaktivitäten bei der Erledigung von Aufgaben.
Fehlende Fähigkeit, auf dem Stuhl sitzenbleiben zu können, wenn es verlangt wird.
C.
Direkt beobachtete Abnormität von Aufmerksamkeit oder Aktivität. Diese muss in Anbetracht des Alters und
des Entwicklungsstandes des Kindes sehr ausgeprägt sein. Anzeichen dafür können sein:
Direkte Beobachtung der Kriterien wie in A oder B geschildert, nicht nur berichtet durch Eltern oder Lehrer.
Beobachtung abnormer motorischer Aktivität, unstrukturierten Arbeitsverhaltens oder mangelnder Ausdauer bei
Beschäftigungen in einer Situation außerhalb von Zuhause oder Schule (wie z.B. Klinik).
Signifikante Beeinträchtigung in psychometrischen Tests, die die Aufmerksamkeit prüfen.
E.
Beginn
Beginn der Symptomatik vor dem 6. Lebensjahr.
F.
Dauer
Dauer der Symptomatik mindestens 6 Monate
G.
IQ
IQ über 50
DSM-IV vs. ICD-10
Eine gründliche Diagnose ist im Fall von ADHS unerlässlich, da sie meist weit reichende Folgen für die Kinder
hat. Bei der Diagnose sollten auch Risiko- und Schutzfaktoren in der Umgebung der Kinder einbezogen werden.
Gerade Ärzte verschreiben viel zu schnell Medikamente.
Gut: EEG zum Ausschluss anderer Krankheiten (z.B. Epilepsie)
Super: Videobeobachtungen
Fragebögen für Eltern UND Erzieher
Entwicklungs- und Intelligenztest; IQ < 50 keine ADHS-Diagnose mehr
Ausschlussdiagnostik
• Altersentsprechend hohes Aktivitätsniveau, insbesondere bei jüngeren Kindern
• Vorwiegend milieubedingte Verhaltensauffälligkeiten
• Isolierte Teilleistungsschwächen (Lese-Rechtschreib- oder Rechenstörung, Seh-, Hörstörungen)
26
• Hochbegabung
• Anfallsleiden
• Nebenwirkungen medikamentöser Dauertherapie (z.B. Antikonvulsiva wie Valproat / Phenobarbital)
• Folgen eines Schlafapnoesyndroms
• Umschriebene Angststörungen
• Tic-Störungen, Tourette-Syndrom
• Zwangsstörung
• Isolierte Störungen des Sozialverhaltens
• Psychosen
• Autismus
Epidemiologie
Veranlagung: 2,5% der Kinder (ADHS)
Auftreten: 1-6 % von Schulalterskindern (ADS/ADHS) (Whalen, 1989;Barkley, 1990)
Alter des Auftretens: vor dem 7. Lebensjahr nach der Definition
Prävalenzraten kulturell verschieden: Studienaussagen schwanken zwischen 3%-24%.
wird Übereinstimmung zwischen Eltern, Lehrern und Experten gefordert, dann fällt die Prävalenzrate unter 1 %
nur Lehrerurteil = 14.3 % hyperkinetisch auffällig
Geschlechterverhältnis: Jungen-Mädchen-Relation: 3:1 oder 9:1
Hyperkinetisch gestörte Mädchen im Vergleich zu den Jungen in stärkerem Maße kognitive Defizite,
Sprachdefizite und neurologische Störungen.
Parallel vorhandene Störungen:
F91 Störungen des Sozialverhaltens (30-50 %)
Sprachbeeinträchtigung (30%)
Angststörungen (25%)
Depression (25%)
Lernbehinderungen und Teilfunktionsstörungen (20%)
Enkopresis / Enuresis
Tickstörungen (Tourette)
Substanzmissbrauch
Verlauf
gewöhnlich über die gesamte Kindheit kognitive und psychosoziale Folgen
bei 1/3 bis in das Erwachsenenalter
Säuglingsalter
ca. 60% der Kinder zeigen extreme Unruhe
Besonders häufiges ausdauerndes und schrilles Schreien
Ununterbrochener Bewegungsdrang
instabiler Wach- und Schlaf-Rhythmus
Sauberkeitserziehung und Sprachentwicklung sind häufig verzögert
Kleinkindalter
Vermehrte Aggressionen + mangelnde Impulskontrolle
Unkontrollierbare Wutanfälle
Chaotisches und destruktives, wenig zielgerichtetes Spielverhalten
Kindergartenalter
Gruppenunfähigkeit und Störverhalten => Außenseiterrolle
Ständiges Herumzappeln und Dazwischenreden im Stuhlkreis
Starker Bewegungsdrang gefährdet diese Kinder und Unbeteiligte
Kein Gefahrenbewusstsein
Kein Lernzuwachs durch negative Erfahrungen
Im Durchschnitt 8-10 Punkte weniger als der Altersdurchschnitt in IQ-Tests (Trotz der hochbegabten, die als
ADHS diagnostiziert werden und den Schnitt heben…) kann auch aus Problemen mit ruhigem Testablauf
kommen
27
Schulzeit
Symptome des HKS treten voll zu Tage (besonders nach expliziter Anweisung zur Ruhe kommen Ausbrüche)
keine Probleme, wenn die Kinder sich freiwillig ruhig beschäftigen (z.B. am Computer)
Einfügen in den Klassenverband sehr erschwert
Die Kinder schlagen häufig und werden geschlagen
85% der Schulwegunfälle
Jugendalter
Die motorischen Symptome der Hyperaktivität gehen zurück (muss keine natürliche Entwicklung sein, denn die
meisten bekommen Ritalin)
Impulsivität und verminderte Aufmerksamkeit bleiben erhalten
Orientierung an sozialen Randgruppen
Risiko, eine Suchtbereitschaft zu entwickeln
Bereitschaft zum Hochrisikoverhalten
Häufige Autounfälle
Erklärungen
Es konnte kein einzelner Faktor gefunden werden, deshalb, wie immer, ein multifaktorielles Erklärungsmodell.
Seit entdeckt wurde, wie gut Ritalin wirkt, ist das Interesse der Forschung an den Ursachen ziemlich
eingeschlafen.
Biologische Faktoren
1.) Störung des Neurotransmitter-Austausches zwischen Stirnhirn und Basalganglien durch Dopamin und
Noradrenalin. Bei einem Mangel der beiden Neurotransmitter ist die Konzentration auf eine Sache oder Tätigkeit
gestört. Das Gehirn kann unwichtige innere und äußere Reize und Impulse schlecht hemmen und filtern. So
kommt es schnell zur Reizüberflutung.
2) Veränderungen im Glucose-Stoffwechsel und Minderdurchblutung in bestimmten Hirnarealen (bes.
Frontalhirn) konnten nachgewiesen werden.
Ursachen:
•Genetische Disposition (70% erhöhtes Krankheitsrisiko bei Kindern betroffener Eltern)
•Exogene Faktoren (Nikotin-, Alkoholmissbrauch)
Psychosoziale Faktoren
1) Als sicher gilt, dass ADHS nicht - wie ehemals vermutet – durch psychosoziale Störungen, Fehler in der
Erziehung oder niedriges Intelligenzniveau hervorgerufen wird. ABER: Umgebungsbedingungen, die
unüberschaubar, unstrukturiert, chaotisch und/oder unzuverlässig sind, können bei entsprechend vulnerablen
Kindern auslösend bzw. verstärkend bezogen auf ADHS wirken.
2) Überempfindlichkeiten auf Nahrungsmittelbestandteile (Phosphate, Zucker, Milch,
Eier,Nahrungsmittelzusätze wie Farbstoffe), Vergiftungen mit Schwermetallen und Allergien können zu ADHS
vergleichbaren Symptomen führen, die dann durch eine entsprechende Diät behoben werden können (etwa 10
Prozent der Fälle).
Die Umgebung kann auch ein Puffer sein.
Es wird auch gemutmaßt, dass motorische Aktivität eine Art Selbstbehandlung ist, um ein angenehmes
Erregungsniveau zu behalten. In diesem Fall sollte die Bewegung gefördert werden.
Therapie
Medikamente
Trotzdem Medikamente sehr schnell verschrieben sind und für manche andere Therapie als Grundlage
unerlässliche sind, sind die Behandlungserfolge weniger positiv, als häufig angenommen. Nur 70% der Kinder
vertragen das Medikament (üblicherweise Ritalin)
Ritalin: Wirkstoff Methylphenidat, eigentlich ein Aufputschmittel. Erhöht die Dopamin- und NoradrenalinKonzentration
In Deutschland wurden im Jahr 1993 34 Kg Ritalin verschrieben. 2001 waren es 639 Kg.
28
Die Einnahme des Medikamentes hat keinen positiven Effekt auf den Schulerfolg.
Psychologische Intervention
• Selbstinstruktionstraining (wenig erfolgreich bei Kindern)
• PC gestütztes Aufmerksamkeitstraining
• Soziales Kompetenztraining
• Vermittlung von Kompensationsstrategien (Umgang mit Aktivitätseinschränkungen)
• Elterntraining
Therapieziele:
•Verzögerung der impulsiven Reaktion
•Training der Aufmerksamkeit
•Förderung der Selbstwahrnehmung
•Stärkung des Selbstwertgefühls
Leitlinien für Eltern
• Wissen und Verständnis fördern
• Denken Sie positiv über Ihr Kind und handeln Sie entsprechend
• Bauen Sie bei Ihrem Kind ein positives Selbstwertgefühl auf
• Nachdruck auf Routine, Struktur und Vorhersagbarkeit
• Realistische Erwartungen
• Klare Kommunikation und Steuerung
• Sich um sich selbst kümmern und Hilfe suchen
• Bewegungsreiche Freizeitgestaltung (Natur)
Die Ergebnisse der Verhaltenstherapie sind nicht überwältigend. Verhaltenstherapie + Medikamente liegen
knapp vor allen anderen Therapieformen. Am wichtigsten ist jedoch immer die Aufklärung der Eltern und
Schulen um Hilflosigkeit mit dem Kind abzubauen.
29
Herunterladen