Marktplätze und indirekte Netzwerkeffekte

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Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2006 7(3): 317–333
Marktplätze und indirekte
Netzwerkeffekte
Martin Peitz∗
International University in Germany
1.
Einleitung
Die ökonomische Analyse von Märkten unterstellt typischerweise, dass
Markteilnehmer, nämlich Käufer und Verkäufer, in einem Markt zusammentreffen, wobei der Markt ein abstraktes Konzept ist und nicht einen physischen oder virtuellen Platz meint, zu dem Zugang beschränkt werden kann
und für deren Nutzung ein Preis zu zahlen ist. Ein großer Teil von Transaktionen wird aber in Wirklichkeit auf Marktplätzen über Intermediäre abgewickelt. Diese Intermediäre spielen eine herausragende Rolle in der Entstehung
(und eventuell Beschränkung) von Handel. Eine wichtige Frage ist, wie Marktplätze funktionieren. Insbesondere, wie kommen Akteure auf den verschiedenen Marktseiten zusammen und welche Preise werden auf den verschiedenen
Marktseiten gesetzt.
Eine vom konkreten Einzelfall abstrahierende Analyse von Marktplätzen
wurde in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur erst in jüngster Zeit vorangetrieben. Insbesondere sind die Arbeiten von Caillaud und Jullien (2003),
Rochet und Tirole (2003) und Armstrong (2005) hervorzuheben. 1 Hierbei
spielt das Konzept der indirekten Netzwerkeffekte die zentrale Rolle: Auf
einem Marktplatz hängt der Nutzen auf einer Marktseite von den Entscheidungen über Teilnahme am Markt und Zahl der gewünschten Transaktionen auf der/den anderen Marktseiten ab. Diese wiederum hängen von den
strategischen Entscheidungen (insbesondere den Preisen für Zugang und
Nutzung des Marktplatzes) des Betreibers des Marktplatzes, den man als
Intermediär bezeichnen kann, ab. Aufgrund indirekter und häufig beidseitiger Netzwerkeffekte kann man die beiden Marktseiten dann nicht isoliert
*School of Business Administration, International University in Germany, 76646 Bruchsal,
[email protected]. Der Autor dankt Florian Müller, Volker Nocke, dem Herausgeber Achim
Wambach und einem anonymen Gutachter für hilfreiche Anmerkungen.
1. Vorläufer dieser Literatur sind eine Reihe von Arbeiten über Intermediäre (siehe Spulber, 1999).
Allerdings wird in dieser Literatur nicht die Bedeutung von indirekten Netzwerkeffekten herausgearbeitet. In diesem Sinne kann die neuere Literatur als ein Beitrag zur Literatur der Intermediäre verstanden werden.
C Verein für Socialpolitik und Blackwell Publishing Ltd. 2006, 9600 Garsington Road, Oxford OX4 2DQ, UK
und 350 Main Street, Malden, MA 02148, USA.
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betrachten. Das scheint der gemeinsame Nenner und Startpunkt dieser Literatur zu sein, die unter dem Begriff “two-sided markets” geführt wird. 2
Im Allgemeinen ist die Plattform der Platz, auf dem Transaktionen vollzogen werden; sie erfüllt damit die Aufgabe eines Intermediärs. Zusätzlich
übernimmt sie häufig Dienstleistungsfunktionen (einschließlich Zahlungsabwicklung). Für die Bereitstellung des Handels- oder Marktplatzes und eventuell
für die Abwicklung von Transaktionen erhebt der Betreiber typischerweise
Gebühren auf einer oder mehreren Marktseiten. Diese können ein Prozentsatz
des Transaktionspreises, ein Preis pro umgesetzter Einheit oder ein Eintrittsoder Mitgliedspreis sein. 3 Des weiteren kann der Betreiber eines Marktplatzes
eventuell Einnahmen durch die Bereitstellung von weiteren Dienstleistungen
und durch den Verkauf von Werbeflächen auf dem Marktplatz erzielen.
Um zu zeigen, dass Marktplätze mit indirekten Netzwerkeffekten in vielen
Bereichen der Ökonomie anzutreffen sind, ist es hilfreich, mit einer Reihe von
Beispielen für solche Marktplätze oder Plattformen zu beginnen (für weitere
Beispiele und nähere Betrachtungen siehe Evans, 2003, und Evans, Hagiu und
Schmalensee, 2005). Wir werden mit Hilfe einiger dieser Beispiele später versuchen, einige Eigenschaften von Marktplätzen herauszuarbeiten.
Die erste Gruppe von Beispielen sind Handelsplätze, zum einen physische Handelsplätze wie Markthallen, Einkaufszentren, Auktionshäuser, Börsen,
Messen, Arbeitsagenturen und Immobilienhändler, zum anderen virtuelle
Marktplätze. Bei letzteren kann man unterscheiden zwischen Business-toConsumer (B2C) sowie Consumer-to-Consumer Marktplätzen wie zum Beispiel
ebay, 4 Amazon Marketplace, expedia, zum anderen Business-to-BusinessMarktplätzen wie Covisint. In diesen Beispielen bilden die Käufer eine Marktseite und Verkäufer die andere. Verkäufer bieten ein Produkt oder eine Dienstleistung (oder einen Vertrag für deren Lieferung) über die Plattform an, Käufer
ersteigern oder kaufen das Gut. In einem Einkaufszentrum beispielsweise
2. Rochet und Tirole (2005) schlagen eine engere Definition vor, wonach ein Markt als ,,twosided“ zu betrachten ist, falls die Struktur der Preise, die der Intermediär für eine Transaktion
auf beiden Marktseiten verlangt, nicht neutral ist und somit das Transaktionsvolumen beeinflusst. Bei Neutralität kommt es lediglich auf die Summe der Transaktionspreise auf den verschiedenen Marktseiten an, nicht aber darauf, welche Seite welchen Anteil trägt. Da Verkäufer
häufig Preise setzen, können sie eine veränderte Struktur von Nutzungsgebühren eventuell
aber neutralisieren. Ein Beispiel, das deutlich macht, wann eine solche Neutralisierung nicht
stattfindet, ist der Markt für Zahlungen über Kreditkarten. Falls Verkäufer problemlos einen
höheren Betrag für Kreditkartenzahlungen verlangen können, ohne den Preis für Barzahlungen zu verändern, so können sie eine veränderte Gebührenstruktur neutralisieren. Falls aber
eine solche Diskriminierung zwischen Personen, die Karten nutzen, und solchen, die das
nicht tun, nicht möglich ist, so ist die Preisstruktur der Plattform (hier des Kreditkartenunternehmens) nicht neutral.
3. Im Fall von Einkaufszentren beispielsweise gibt es häufig einen fixen Bestandteil in der Ladenmiete sowie eine Umsatzbeteiligung. Der Betreiber eines solchen Zentrums stellt nicht nur
das Ladenlokal zur Verfügung sondern bietet Dienstleistungen wie beispielsweise kostenloses
Parken und Kinderbetreuung für Käufer an und führt verkaufsfördernde Maßnahmen durch.
4. Beispielsweise können Personen (oder Unternehmen) bei Ebay beiden Marktseiten angehören.
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besteht die Verkäuferseite aus den Geschäften und die Käuferseite aus den
Besuchern des Einkaufszentrums.
Die zweite Gruppe von Beispielen umfasst Softwareplattformen wie
Microsoft Windows, Palm und auf Java basierende Plattformen. Weitere Softwareplattformen sind Plattformen für Videospiele (z.B. Sony Playstation,
Microsoft XBox, Nintendo). Hierbei bietet die Plattform nicht nur integrierte
Funktionen an sondern erfüllt auch eine Intermediärsfunktion. Die Verkäuferseite besteht hierbei aus den Entwicklern von Anwendersoftware, die
Käuferseite aus den Nutzern der Software (bzw. Videospiele). Der Nutzen der
Softwareplattform/Betriebssystem für einen Nutzer hängt von der Vielfalt und
Qualität der erhältlichen Anwendersoftware ab, entsprechend hängt die Attraktivität für einen Entwickler von Anwendersoftware von der Zahl der Nutzer
ab. Insbesondere Microsoft Windows verkörpert die Monopolstellung einer
Plattform. Als Alternative zu Plattformen mit einem einzigen Eigentümer werden häufig Linux und Apache genannt, die als Teil der open source Bewegung
von vielen Programmierern gemeinsam entwickelt wurden und die frei zur
Verfügung gestellt werden.
Die dritte Gruppe von Beispielen umfasst Medien wie Zeitungen, Radiosender, Fernsehsender, und Internetportale. In diesen Medien wird Werbung
geschaltet. Eine Marktseite sind werbende Unternehmen, eine andere die
Konsumenten des Mediums. Werbende Unternehmen zahlen dafür, dass sie
ihre Produkte bei den Lesern, Zuhörern bzw. Zuschauern bekannt machen.
Wenn diese unter der Werbung leiden, so bestehen im Unterschied zu den
früheren Beispielen negative indirekte Netzwerkeffekte. Medienplattformen finanzieren sich in vielen Fällen ausschließlich über Werbung. Konsumenten „zahlen“ dann indirekt damit, dass sie sich bewerben lassen, ein
Beispiel dafür sind kommerzielle Anbieter von Fernsehprogrammen wie RTL
und Sat1.
Die vierte Gruppe von Beispielen umfasst Partnervermittlungen, Nachtclubs
etc. Hier besteht eine Marktseite typischerweise aus Frauen und die andere
aus Männern. Da es keine (beobachtbare) monetäre Transaktion zwischen den
beiden Marktseiten gibt, können typischerweise nur Eintritts- und Mitgliedsbeiträge bezahlt werden. Allerdings können diese Zahlungen häufig daraufhin
konditioniert werden, ob ein erfolgreicher Match zustande gekommen ist.
Außerdem beobachtet man typischerweise, dass der Plattformbetreiber unterschiedliche Preise auf den beiden Marktseiten setzt. Insbesondere kann man
häufig beobachten, dass Frauen freien Eintritt haben (oder durch kostenlose
Getränke sogar subventioniert werden).
Die Liste von Beispielen kann verlängert werden, unter anderem mit
Flughäfen (mit Fluggästen und Fluggesellschaften als zwei Marktseiten),
Transportunternehmen für Touristen (mit Touristen und Anbietern von Touristikdienstleistungen), Kreditkartenunternehmen (mit Geschäften und Kartenhaltern), den gelben Seiten (mit werbenden Unternehmen und potentiellen
Kunden), Telekommunikationsunternehmen (mit Anrufern und Angerufenen)
und Konferenzen (mit Vortragenden und Zuhörern).
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An dieser Stelle ist es aus unserer Sicht hilfreich, darauf hinzuweisen, dass
nicht alle Transaktionen über Marktplätze mit indirekten Netzwerkeffekten
abgewickelt werden. Insbesondere kann ein Unternehmen Produkte direkt an
Konsumenten verkaufen. Wenn beispielsweise Ladenlokale, die sozusagen die
Kontaktpunkte zwischen Unternehmen und Konsumenten darstellen, unter
vollständigem Wettbewerb mit konstanten Grenzkosten zur Vermietung angeboten werden, so besteht keine Notwendigkeit, den Eigentümer eines Ladenlokals als Intermediär zu betrachten. Ähnlich gelagert kann man die Frage
stellen, ob nicht ein Unternehmen (beispielsweise ein Handelsunternehmen)
als Intermediär in einem Marktplatz mit indirekten Netzwerkeffekten zu betrachten ist. Die Antwort hängt davon ab, ob Inputs, das heißt, die Produkte
der Produzenten, die zum Kauf angeboten werden, oder die Dienstleistungen
des Intermediärs unter vollständigem Wettbewerb zu konstanten Grenzkosten
angeboten werden. Im ersten Fall, kann die Inputseite vernachlässigt werden,
im zweiten Fall ist die Funktion des Intermediärs vernachlässigbar. Im Allgemeinen sollte aber davon ausgegangen werden, dass weder Marktplatzbetreiber
noch irgendeine Marktseite vernachlässigt werden kann, so dass die gesamte
Verkäufer-Intermediär-Käufer-Beziehung untersucht werden muss.
Alle Beispiele von Marktplätzen haben gemeinsam, dass indirekte zweiseitige Netzwerkeffekte bestehen. Hierbei kann der Betreiber eines Marktplatzes
typischerweise Preise auf beiden (oder mehreren) Marktseiten setzen, allerdings
setzt er nicht die Preise für die Produkte, die zwischen Käufer und Verkäufer
ausgetauscht werden. 5 Mit diesen Preisen versucht der Intermediär, den Zugang und die Nutzungsintensität auf beiden Marktseiten so zu steuern, dass
seine Gewinne maximiert werden.
In einigen Beispielen gibt es neben indirekten auch direkte Netzwerkeffekte.
Ein Beispiel sind Marktplätze, auf denen mehr Wettbewerber zu einem intensiverem Wettbewerb führen (siehe Nocke, Peitz und Stahl, 2004, und Hagiu,
2005). Solche negativen direkten Netzwerkeffekte können auch auf beiden
Marktseiten auftreten. So kann eine Zunahme an ,,Konkurrenten“ in einer Partnerschaftsvermittlung ceteris paribus zu einem niedrigeren erwarteten Nutzen
führen. Ein anderer Grund für negative direkte Netzwerkeffekte ist die
Überlastung eines Marktplatzes (beispielsweise das Gedränge in einem Einkaufszentrum oder die niedrigere Übertragungsrate auf einem Internetportal).
Direkte Netzwerkeffekte können aber durchaus auch positive sein. Zum
Beispiel bilden Fernsehsendungen vielfach geschätzten Gesprächsstoff, so dass
positive Externalitäten aufgrund sozialer Interaktion bestehen.
Im Folgenden beschränken wir uns auf den Effekt indirekter Netzwerkeffekte. Wir unterscheiden zwischen zwei idealtypischen Arten von Netzwerkeffekten, nämlich Marktgrößen- und Sortierungsexternalitäten. In beiden
Fällen hängt die individuell optimale Entscheidung eines Teilnehmers auf einer
5. Dies unterscheidet die Analyse von Marktplätzen von der Literatur über vertikale Beziehungen,
in der die Produzenten nicht direkt mit den Konsumenten in Verbindung treten und die
Preissetzung für die Produkte durch die Händler erfolgt.
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Marktplätze und indirekte Netzwerkeffekte
Marktseite vom Verhalten der Teilnehmer auf der anderen Marktseite ab. Wir
erläutern das Koordinationsproblem zwischen den verschiedenen Marktseiten
(siehe Abschnitt 2). Hierbei untersuchen wir insbesondere die Bedingung für
Handel auf nur einem oder mehr als einem Marktplatz. Wir beschreiben dieGewinn maximierende Preisstruktur auf Märkten mit mehreren Marktseiten
und erklären, warum es individuell und gesamtwirtschaftlich optimal sein
kann, eine Marktseite durch die andere Marktseite zu subventionieren
beziehungsweise einer Marktseite freien Zutritt zu gewähren (siehe Abschnitt
3). Hier untersuchen wir auch die Rolle von Wettbewerb zwischen
Marktplätzen.
Des weiteren diskutieren wir den Effekt der Eigentümerstruktur auf einem
Marktplatz (siehe Abschnitt 4). Eine wichtige Frage ist, ob eine Monopolstellung des Intermediärs zu niedrigerer sozialer Wohlfahrt führt im Vergleich zu
Marktplätzen, die als offene Plattform (beispielsweise Linux) betrieben werden. Eine weitere Frage ist, ob eine Plattform nicht besser von einer Marktseite
entwickelt und zur Verfügung gestellt werden soll (wie im Fall von Symbian,
einem Standard für Mobiltelefone, der von führenden Mobiltelefonherstellern
entwickelt wurde). Schließlich leiten wir einige wettbewerbspolitische Folgerungen ab (siehe Abschnitt 5).
2.
Netzwerkeffekte und die Funktion von Marktplätzen
2.1
Marktgrößen- und Sortierungsexternalitäten
Indirekte Netzwerkeffekte sind entscheidend für die Erklärung, warum und
welche Marktplätze bestehen. Indirekte Netzwerkeffekte zwingen die Akteure
(und den sozialen Planer) bei der Betrachtung einer Marktseite das Verhalten
auf der anderen Marktseite zu berücksichtigen. Es besteht ein Koordinationsproblem zwischen den verschiedenen Marktseiten. Sowohl die Größe als auch
die Zusammensetzung der anderen Marktseite kann einen externen Effekt
oder eine Externalität ausüben. Wir unterscheiden zwischen Marktgrößen- und
Sortierungsexternalitäten.
Eine Marktgrößenexternalität besteht, falls nicht die Zusammensetzung der
Akteure auf der anderen Marktseite sondern lediglich die Zahl der Akteure auf
der anderen Marktseite den Nutzen bestimmt, der aus der Teilnahme an einem
Marktplatz gezogen wird: Käufer und Verkäufer bevorzugen häufig große
Marktplätze. In den ersten beiden Gruppen von Beispielen, die in der Einleitung aufgeführt wurden, sind die Gründe folgende. Falls Preise erst bei
Besuch an einem Marktplatz genau beobachtet werden können, so verspricht
ein Marktplatz mit vielen Verkäufern intensiven Wettbewerb und damit
niedrige Preise. 6 Außerdem, falls differenzierte Produkte angeboten werden, so
verspricht ein Marktplatz mit vielen Verkäufern eine größere Produktvielfalt. In
6. Wie bereits erwähnt, bestehen in diesem Fall positive indirekte Netzwerkeffekte, aber negative
direkte Netzwerkeffekte auf der Verkäuferseite. Der Grund ist, dass aus Verkäufersicht mehr
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den anderen Beispielen ist ebenfalls die Produktvielfalt oder Angebotsvielfalt
der Grund dafür, dass große Marktplätze attraktiver sind als kleine.
Verkäufer sind an einer großen Zahl von Käufern und einer hohen Anzahl
von Transaktionen pro Käufer interessiert, weil sie dann mehr Produkte absetzen können. Falls der Marktplatzbetreiber Eintrittspreise auf der Käuferseite
verlangt, so beeinflussen diese Preise die Zutrittsentscheidungen der Käufer
und somit die Gewinne, die die Verkäufer erzielen können. Falls der Marktplatz
Nutzungsgebühren verlangt, so beeinflussen diese Gebühren außerdem möglicherweise die Zahl der nachgefragten Transaktionen pro Käufer. Dann hängt es
von den Eigenschaften der Nachfrage ab, in welchem Maß der Betreiber eines
Marktplatzes Nutzungs- oder Eintrittspreise verlangt. Entsprechendes gilt auf
der Angebotsseite. 7
Da Marktgrößenexternalitäten große Marktplätze besonders attraktiv
machen, besteht die Tendenz zu einer geringen Zahl von Marktplätzen. Im
Extremfall gibt es ein natürliches Monopol. Es erscheint wichtig herauszufinden, welche Faktoren das Entstehen von einem oder mehreren Markplätzen
begünstigen. Bevor wir dies tun, möchten wir die andere Art von Externalität
betrachten.
Ein externer Effekt, bei der lediglich die Zusammensetzung der Akteure der
anderen Marktseite relevant ist nicht aber die Anzahl, kann als Sortierungsexternalität bezeichnet werden. Sortierungsexternalitäten bestehen beispielsweise bei Medienplattformen und Nachtclubs, aber auch für Immobilienhädler und Einkaufszentren, die auf bestimmte Marktsegmente ausgerichtet
sind (beispielsweise nach Vermögen und Einkommen der Käufer). Hier verringern zusätzliche Teilnehmer auf der anderen Marktseite vom ,,falschen“
Typ den Nutzen eines Teilnehmers und üben somit einen negativen externen
Effekt aus. Ein Nachtclub kann sich beispielsweise auf bestimmte Altersgruppen oder soziale Schichten ausrichten. Dies erhöht häufig aus Sicht der
,,Teilnehmer“ den Nutzen des Marktplatzes. Das gleiche gilt für Einkaufszentren. Eine Spezialisierung kann hier zu einem besser auf die Käuferwünsche
abgestimmten Angebot führen, von dem bei gegebenen Preisen für den Besuch und die Nutzung des Marktplatzes Käufer und Verkäufer profitieren.
Dies erlaubt dem Betreiber des Marktplatzes, Zugangs- oder Nutzungsgebühren
zu erhöhen. Somit kann das Betreiben von differenzierten Marktplätzen
als Segmentierungsstrategie verwendet werden. Eine solche Differenzierung
kann sowohl nach horizontalen als auch nach vertikalen Gesichtspunkten
erfolgen.
Sortierungsexternalitäten sprechen gegen einen einzigen Marktplatz. Hier
dient das Betreiben von mehreren Marktplätzen (in einer oder in mehreren
Händen) als ein Segmentierungs- oder Diskriminierungsmechanismus, der die
Käufer zu höheren Erlösen, aber mehr Verkäufer zu niedrigeren Erlösen führen. Für eine formale Darstellung siehe Nocke, Peitz und Stahl (2004) sowie Hagiu (2005).
7. In einer Reihe von Anwendungen lassen sich Nutzung oder Zugang nur schwer kontrollieren.
In diesem Fall stehen dem Marktplatzbetreiber weniger Preisinstrumente zur Verfügung.
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Gesamtheit der Marktplätze profitabler machen kann (siehe Damiano und Li,
2005a und 2005b).
2.2
Das Koordinationsproblem zwischen Käufern und Verkäufern
Aufgrund der oben beschriebenen Externalitäten hängt die individuell optimale Entscheidung eines Akteurs auf einer Marktseite von den Erwartungen
über das Verhalten der Akteure auf der anderen Marktseite ab. Es besteht
somit ein Koordinationsproblem zwischen den verschiedenen Marktseiten. Ein
solches „Henne-Ei“-Problem kann dazu führen, dass Gleichgewichte bestehen,
in denen niemand am Marktgeschehen teilnimmt. In einem solchen Fall bricht
der Markt zusammen. Eine Möglichkeit, das Henne-Ei-Problem zu lösen, ist es,
einer Marktseite so starke Anreize zu geben, dass sich die Teilnahme auch ohne
die Teilnahme der anderen Marktseite lohnt (beispielsweise durch subventionierten Zugang). 8
Eine andere Möglichkeit, das Koordinationsproblem zu lösen, besteht in sequentiellem Marktzutritt. Damit erhält eine Marktseite Information über das
Verhalten der anderen Marktseite. Falls sich eine Marktseite früher festlegt als
die andere, so lohnt es sich, Akteuren auf dieser Marktseite Anreize zur Teilnahme zu geben. Wenn sich beispielsweise Entwickler von Anwendersoftware
für ein Betriebssystem entscheiden müssen, bevor sich der Käuferpool gebildet
hat, so sollte der Plattformbetreiber die Entwickler von Anwendersoftware unterstützen. Das bedeutet, der Plattformbetreiber sollte die Marktseite fördern,
die zuerst ihre Entscheidung zu treffen hat. Dies deckt sich mit den Beobachtungen in der Realität, siehe Evans, Hagiu und Schmalensee (2005). Alternativ,
wie oben erwähnt, kann der Plattformbetreiber genügend Anwenderprodukte
selbst entwickeln. In diesem Fall muss er nicht die Marktseite der Entwickler
subventionieren, sondern kann versuchen, Käufern ein attraktives Angebot zu
machen und über Lizenzen und eigene Anwenderprodukte Erlöse zu erzielen
(wie zum Beispiel in der Industrie für Videospiele). In diesem Zusammenhang
ist es interessant zu beobachten, dass eine Reihe von Softwareplattformen
zunächst vertikal integriert waren und Anwendungen zunächst selbst entwickelten und später, als die andere Marktseite an Bord war, vertikal separierten (für konkrete Beispiele siehe Evans, Hagiu und Schmalensee, 2005).
Im Folgenden wählen wir unter mehreren Gleichgewichten solche mit positivem Handelsvolumen aus. Wir betrachten also solche Gleichgewichte, in
denen die beiden Marktseiten (Käufer und Verkäufer) das Koordinationsproblem zumindest teilweise lösen. Formal gesagt, wir betrachten nur Gleichgewichte, die stabil sind gegen das Abweichen von Käufer-Verkäufer-Paaren.
8. Die Erwartungen der Marktteilnehmer können auch beim Wettbewerb zwischen Marktplätzen
eine Rolle spielen. Insbesondere liegt die Asymmetrie zwischen einem etablierten und einem
neuen Marktplatz möglicherweise in den Erwartungen der Marktteilnehmer begründet (siehe
Jullien, 2005). Dann nämlich, wenn diese davon ausgehen, dass die übrigen Marktteilnehmer
sich im Zweifelsfall auf den etablierten Marktplatz koordinieren.
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2.3
Anzahl der Marktplätze
Anhand eines Beispiels betrachten wir Faktoren, die darüber entscheiden, ob
nur ein oder mehrere Marktplätze im Wettbewerb bestehen und ob ein Marktplatz der im Wettbewerb steht, Gewinne macht. In unserem Beispiel gibt es
zwei Käufer (1 und 2), zwei Verkäufer (1 und 2) und zwei Marktplätze (A und
B). Jeder Käufer ist an genau einer Einheit des Gutes von jedem Verkäufer
interessiert. Käufer 1 ist bereit, 4 Geldeinheiten für Gut 1 und 2 Geldeinheiten für Gut 2 zu zahlen. Käufer 2 ist bereit, 4 Geldeinheiten für Gut 2 und
2 Geldeinheiten für Gut 1 zu zahlen. Den Verkäufern entstehen keine Kosten.
Falls eine Transaktion zwischen einem Käufer und einem Verkäufer zustande
kommt, werden Zugewinne zwischen Käufer und Verkäufer per Annahme zur
Hälfte geteilt. Somit ist der Wertzugewinn für Käufer 1 und Verkäufer 1 jeweils 2 Geldeinheiten, falls der Handel zwischen beiden zustande kommt. Für
Käufer 1 und Verkäufer 2 ist er jeweils nur 1 Geldeinheit. Umgekehrt für Käufer
2. In diesem Beispiel hat jeder Käufer sein bevorzugtes Produkt, allerdings zieht
jeder Käufer auch einen Nutzen aus dem anderen Gut.
Wir betrachten folgende zweistufige Interaktion. Zuerst setzen die beiden
Marktplatzbetreiber simultan jeweils einen Preis, der von beiden Marktseiten
pro Transaktion zu zahlen ist. Das bedeutet, dass wir lediglich Preisstrukturen
untersuchen mit der Eigenschaft, dass Käufer und Verkäufer gleichviel pro
Transaktion bezahlen. Käufer und Verkäufer beobachten die Preise p A und p B
und entscheiden sich dann simultan, zu welchem Marktplatz sie gehen.
Zunächst betrachten wir die Situation, dass beide Marktplätze homogen aus
Sicht der Käufer und Verkäufer sind. In einer solchen Situation gibt es kein
Gleichgewicht, das robust ist bezüglich paarweiser Abweichungen, in dem
beide Marktplätze aktiv sind und somit jeweils ein Gut auf jedem Marktplatz
gehandelt wird. Bei beliebigen symmetrischen Preisen pA = pB kleiner als 1 ist es
optimal für jedes Käufer-Verkäufer Paar abzuweichen und zum anderen Marktplatz zu wechseln. Der Grund sind Netzwerkeffekte, die hier dazu führen, dass
das zweite Gut zu einem Nutzenzuwachs in Höhe von insgesamt 2 Geldeinheiten pro Transaktion führt. Bei symmetrischen Preisen pA = pB größer als 1
lohnt es sich für jeden Marktplatzbetreiber mit einem hinreichend niedrigen
Preis abzuweichen, um alle Käufer und Verkäufer anzuziehen. Falls beispielsweise Preise pA = pB = 2 gesetzt wurden, erzielen beide Marktplatzbetreiber
einen Gewinn von 4 Geldeinheiten. Ein Abweichen zu einem Preis leicht unterhalb von pA = 1 führt dazu, dass alle Käufer und Verkäufer Marktplatz A
besuchen. Der Marktplatzbetreiber würde damit einen Gewinn von knapp 8
Geldeinheiten erzielen.
Es gibt lediglich asymmetrische Gleichgewichte, in denen alle Käufer und
Verkäufer zu demselben Marktplatz gehen. Hierbei kann der Marktplatz positive Gewinne erzielen, falls Käufer und Verkäufer ihre Entscheidungen nicht
vollständig koordinieren können. Bei einem Preis pA = 1/2 erzielen Käufer
und Verkäufer jeweils einen Nettonutzen von 2. Selbst bei einem Preis von 0
auf Marktplatz B lohnt sich eine Abwanderung zu Marktplatz B für keines der
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Marktplätze und indirekte Netzwerkeffekte
Käufer-Verkäufer-Paare gegeben das Verhalten des anderen Käufer-VerkäuferPaares. Somit können aufgrund von indirekten Netzwerkeffekten positive
Gewinne auf einem Marktplatz entstehen. In unserem Zahlenbeispiel beträgt
der Gewinn 4 Geldeinheiten. Falls allerdings die Koordination perfekt ist,
so müssen die Gewinne notwendigerweise 0 sein, weil es dann zu einem
Bertrandwettbewerb zwischen beiden Marktplätzen kommt.
Falls Marktplätze differenziert sind, müssen Marktplatzbetreiber dies bei
ihrer Preissetzung berücksichtigen. Dazu betrachten wir die Situation, dass
Käufer 1 und Verkäufer 1 einen Nutzenverlust t kleiner als 1 Geldeinheit erleiden wenn sie Marktplatz B aufsuchen und dass Käufer 2 und Verkäufer 2
einen Nutzenverlust t kleiner als 1 Geldeinheit erleiden wenn sie Marktplatz
A aufsuchen. In diesem Fall gilt weiterhin, dass lediglich ein Marktplatz aktiv ist. Allerdings muss der Marktplatz, auf dem Handel erfolgt, Transaktionen
zu einem niedrigeren Preis abwickeln, als dies bei homogenen Marktplätzen
mit partieller Käufer-Verkäufer-Koordination der Fall ist. Zum Beispiel: Falls
der Nutzenverlust 1/2 Geldeinheit ist, setzt der aktive Marktplatzbetreiber den
Preis von 1/4 Geldeinheit pro Transaktion und erzielt einen Gewinn von
2 Geldeinheiten. Im Fall eines höheren Nutzenverlusts muss der Betreiber
den Preis allerdings noch niedriger setzen, um ein Abwandern eines KäuferVerkäuferpaars zum anderen Marktplatz zu verhindern. 9
Eine größere Differenzierung der Marktplätze bedeutet, dass Marktplatz A
besonders attraktiv für eine Gruppe von Käufern und Verkäufern ist und Marktplatz B für die andere. Falls diese Differenzierung stark genug ist, findet Handel
auf beiden Marktplätzen statt.
Um dies zu zeigen, nehmen wir nun an, dass Käufer 1 und Verkäufer 1
einen Nutzenverlust größer als 1 Geldeinheit erleiden, wenn sie Marktplatz B
aufsuchen. Diese gilt ebenso für Käufer 2 und Verkäufer 2, wenn sie Marktplatz A aufsuchen. Dann kann ein Marktplatzbetreiber nicht mehr den Markt
monopolisieren. Dies erkennt man wie folgt. Gegeben ein Marktpreis pA =
pB = p∗ so lohnt es sich für einen Marktplatzbetreiber nicht, den Preis so zu
senken, dass beide Käufer und Händler zu ihm gehen. Wenn auf Marktplatz A
der Preis gesenkt wird so dass 3 − t − 2 p > 2 − p∗ , so haben auch Käufer 2 und
Verkäufer 2 den Anreiz, über Marktplatz A zu handeln. Falls andererseits auf
Marktplatz A der Preis Hp∗ gilt, so entstehen Gewinne 2 p∗ . Diese sind größer als
bei einem Abweichen zu p , falls p∗ ≤ 2 (t − 1). 10 Sei zum Beispiel t = 3/2. Dann
beträgt der Preis pro Transaktion der keine profitable Monopolisierung zulässt
pA = pB = 1 und jeder Marktplatzbetreiber macht einen Gewinn von 2 Geldeinheiten. Marktplatzbetreiber A könnte nun einen hinreichend niedrigeren Preis
setzen, um damit alle Käufer und Verkäufer anzuziehen. Dieser Preis liegt
9. Für t zwischen 0 und 1 ist der Gleichgewichtspreis (1 − t)/2. Falls Käufer und Verkäufer ihre
Entscheidungen vollständig koordinieren können, so ist der Gleichgewichtspreis das Maximum aus t/2 und (1− t)/2.
10. Der maximale Gewinn für Marktplatz A wird mit p = ( p∗ − (t − 1))/2 erzielt und liegt bei
8 p = 4 ( p∗ − (t − 1)), vorausgesetzt natürlich dass p ≤ 1.
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aber bei höchstens 1/4. Dies würde dann zu einem Gewinn von höchstens 2
Geldeinheiten führen. Ein solches Abweichen ist somit nicht profitabel. Damit
haben wir gezeigt, dass bei hinreichender Differenzierung trotz Netzwerkeffekten mehr als ein Marktplatz aktiv ist. 11
In dem hier präsentierten Zahlenbeispiel kann man außerdem untersuchen,
was die gesamtwirtschaftlich optimale Allokation ist. Interessanterweise maximiert selbst bei einer relativ hohen Differenzierung der Marktplätze (und
zwar bis t = 2) der Handel auf nur einem Marktplatz die soziale Wohlfahrt. Dass
es im Wettbewerb nicht zu dieser Allokation kommt, liegt darin begründet, dass
der Marktplatzbetreiber, der Handel auf dem anderen Marktplatz unterbinden
will, nur sehr unvollkommen die Renten der für ihn prädestinierten Käufer
und Verkäufer abschöpfen kann, weil er nicht diskriminieren kann.
Zusammenfassend stellen wir fest, dass aufgrund von indirekten Netzwerkeffekten in der Form von Marktgrößeneffekten häufig nur ein Marktplatz aktiv ist. Besteht allerdings genügend Differenzierung zwischen Marktplätzen,
so überlebt mehr als ein Marktplatz. In Märkten in denen weniger die Zahl als
vielmehr die Zusammensetzung der Marktteilnehmer eine Rolle spielt (so dass
Sortierungsexternalitäten bestehen), sind mehrere Marktplätze aktiv, weil dies
eine Segmentierung des Marktes erlaubt.
3.
Preissetzung auf Marktplätzen mit mehreren
Marktseiten
Ein zentrales Anliegen bei der Analyse von Märkten mit mehrseitigen Marktstrukturen ist es, ein besseres Verständnis für die in der Realität zu beobachtenden und die gesamtwirtschaftlich wünschenswerten Preisstrukturen zu gewinnen.
Falls positive indirekte und beidseitige Netwerkeffekte bestehen, so kann
man leicht verstehen, dass es nicht sozial optimal sein kann, den Preis für
Teilnahme und Handel auf Marktplätzen gleich den Grenzkosten zu setzen.
Betrachten wir den Fall, dass jeder Käufer genau eine Einheit von jedem
Verkäufer nachfragt und dass positive Renten beim Handel entstehen. Außerdem nehmen wir an, dass Marktteilnehmer heterogene Marktzutrittskosten
haben. Nehmen wir als Startpunkt unserer Analyse den Fall, in dem jeder Marktteilnehmer die Grenzkosten für die Benutzung des Marktplatzes trägt. Senken
wir den Eintrittspreis auf einer Marktseite etwas, so treten auf dieser Marktseite
11. Wie häufig in Modellen mit diskreten Typen (hier auf der Käufer- und Verkäuferseite), kann
man nicht Nash-Gleichgewichte betrachten, sondern untersucht Strategiekombinationen,
die stabil im folgenden Sinne sind: 1. Kein Preissetzer kann den Kontrahenten aus den Markt
drängen und damit seine Gewinne steigern. 2. Preissetzer wählen lediglich Strategien, die robust gegenüber solchen Monopolisierungsversuchen sind. Da der Preis p∗ notwendigerweise
kleiner als 2 ist, sind Preise als das Minimum aus 2 und 2(t − 1) die gewinnmaximierenden
Preise, die robust gegenüber derartigen Monopolisierungsversuchen sind.
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Marktplätze und indirekte Netzwerkeffekte
weitere Teilnehmer hinzu. Dies führt aufgrund indirekter Netzwerkeffekte zu
höheren Renten auf der anderen Marktseite (und es gibt positive „feed-back“Effekte, weil auch auf der anderen Marktseite weitere Teilnehmer hinzutreten).
Somit kann es nicht sozial optimal sein, Preis gleich Grenzkosten zu setzen. Es
ist stattdessen sozial optimal, beide Marktseiten zu subventionieren. Dies führt
dann zu Verlusten des Marktplatzbetreibers. Falls Verluste nicht erlaubt sind,
muss die sozial optimale Preisstruktur gefunden werden, bei der der Betreiber
des Marktplatzes keine Verluste erleidet. Die Lösung dieses Ramsey-Problems
führt zu einer Subventionierung der Marktseite, deren Nachfrage besonders
elastisch ist und von der besonders starke Netzwerkeffekte ausgehen (siehe
Armstrong, 2005). 12
Ein privater Intermediär hingegen maximiert seine Gewinne. Auch er setzt
einen relativ niedrigeren Preis auf der Marktseite, die besonders elastisch
reagiert und von der besonders starke Netzwerkeffekte ausgehen.
Um ein besseres Verständnis für die Gewinn maximierende Preisstruktur zu
gewinnen, betrachten wir ein numerisches Beispiel für den Fall eines Marktplatzes, der nicht im Wettbewerb mit anderen steht. Statt eines Eintrittspreises
betrachten wir hier den Fall, dass der Intermediär einen Preis pro Transaktion setzt: Er setzt einen Preis p s auf der Verkäuferseite and einen Preis p b auf
der Käuferseite pro Transaktion auf dem Marktplatz. Auf beiden Marktseiten
findet sich eine bestimmte Zahl von Marktteilnehmern. Käufer und Verkäufer
erzielen positive Bruttorenten. Die Höhe dieser Renten hängt positiv von der
Zahl der Marktteilnehmer auf der anderen Marktseite ab. Somit bestehen positive indirekte Netzwerkeffekte. Jeder Käufer fragt entweder keine oder genau
eine Einheit von jedem Verkäufer nach. Falls Handel zustande kommt, zahlen
Verkäufer somit p b n s und Käufer p s n b an den Intermediär wobei n s die Zahl
der Verkäufer und n b die Zahl der Käufer ist. Der Einfachheit halber nehmen
wir an, dass der Intermediär keine variablen Kosten hat.
Betrachten wir zunächst eine Situation, in der es jeweils 3 Käufer und
Verkäufer gibt. Die Käuferseite ist homogen. Wir nehmen an, dass jeder Käufer
eine Bruttorente von 2 n s hat. Die Verkäufer sind heterogen: Verkäufer 1 hat
eine Bruttorente von n b , Verkäufer 2 von 2 n b und Verkäufer 3 von 3 n b .
Somit ist die durchschnittliche Bruttorente dieselbe auf beiden Marktseiten,
allerdings führt beispielsweise eine Preisreduktion von p s = p b = 2 nach
p s = p b = 1 zu einer Änderung der Zahl der Verkäufer, nicht aber der Zahl
der Käufer. Eine Preisreduktion auf der Verkäuferseite ist vorteilhaft, weil damit
mehr Verkäufer angezogen werden, was zu höheren Erlösen auf der Käuferseite
führt. 13
12. Wenn u j für den Nutzen eines Teilnehmers auf Marktseite j und n i für die Masse der Teilnehmer auf Seite i steht, so misst ∂u j /∂n i die Stärke des Netzwerkeffektes, der von Marktseite
i ausgeht.
13. Die Gewinn maximierende Preisstruktur ist p s = 1 und p b = 2. In diesem Fall beträgt der
Gewinn 27 Geldeinheiten. Hätte der Intermediär Preise p s = 2 und p b = 2 gesetzt, wäre der
Gewinn nur 24 Geldeinheiten.
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Das Beispiel zeigt, dass die Preissetzung auf den beiden Marktseiten von
Preiselastizitäten abhängt. Man kann auch zeigen, dass sie von der Stärke der
Netzwerkeffekte abhängt. Im Allgemeinen gilt, dass eine Marktseite weniger
zahlt, wenn die Preiselastizität höher ist oder von ihr ein stärkerer Netzwerkeffekt ausgeht.
Wir betrachten nun eine Situation mit 6 potentiellen Marktteilnehmern auf
jeder Marktseite. Käufer erzielen die Bruttorente 6 n s . Verkäufer i von 1 bis 6
erzielen Bruttorente n b (i − 3). Das bedeutet, dass selbst bei einem Preis von 0,
Verkäufer 1 und 2 dem Markt fernbleiben. In diesem Beispiel gehen besonders
starke Netzwerkeffekte von der Verkäuferseite aus.
Die Gewinn maximierende Preisstruktur ist p s = −1 und p b = 6. Das bedeutet, dass in diesem Beispiel die Verkäuferseite subventioniert wird. Der indirekte Netzwerkeffekt, den die Zahl der Käufer auf die Zahlungsbereitschaft
der Verkäufer für die Intermediärfunktion ausübt, ist hinreichend groß, um
eine Subventionierung der Verkäuferseite zu rechtfertigen.
Wir sehen, dass in beiden Zahlenbeispielen die Preisstruktur nicht neutral
ist, das heißt, die Allokation (und soziale Wohlfahrt) wird nicht nur vom
Gesamtpreis für eine Transaktion p s + p b sondern auch von der Aufteilung
auf Käufer- und Verkäuferseite beeinflusst. Wie wir im letzten Zahlenbeispiel
gesehen haben, kann es Gewinn maximierend sein, negative Preise auf einer
Marktseite zu setzen. In diesem Beispiel ist es für den Intermediär optimal, die
Verkäuferseite mit einer Geldeinheit pro Transaktion zu subventionieren. Es
ist auch gesamtwirtschaftlich optimal, die Verkäuferseite zu subventionieren,
allerdings sollte die Subvention noch stärker ausfallen, in unserem Beispiel bei
2 Geldeinheiten pro Transaktion.
Die Nichtneutralität der Preisstruktur behält ihre Gültigkeit, wenn statt
Transaktionspreisen Teilnehmergebühren gesetzt werden. Im letzteren Fall
besteht bei negativen Preisen allerdings die Gefahr, dass sich Marktteilnehmer
nur zum Schein auf einem Marktplatz registrieren, das heißt, sie sind gar
nicht an Transaktionen auf dem Marktplatz interessiert. Dann sind negative
Preise nicht mehr optimal, und der Intermediär kann mit freien Zusatzleistungen versuchen, die Zahl der aktiven Marktteilnehmer auf einer Marktseite zu
vergrößern. Dies kann gelingen, falls diese Zusatzleistungen nur für die Marktteilnehmer attraktiv sind, die tatsächlich auf dem Marktplatz Transaktionen
tätigen.
Falls Marktplätze im Wettbewerb miteinander stehen, wird der Effekt der
Quersubventionierung noch verstärkt. Eine Marktseite wird geködert, auf
der anderen Marktseite werden Gewinne gemacht. Eine solche ,,divide and
conquer“-Strategie maximiert die Unternehmensgewinne in einer Wettbewerbssituation (siehe Caillaud und Jullien, 2003).
In vielen Märkten, auf denen mehr als ein Marktplatz aktiv ist, zeichnen sich
die zwei Marktseiten zusätzlich durch unterschiedliches Frequentierungsverhalten aus. So ist es häufig der Fall, dass die Akteure auf einer Marktseite beide
Marktplätze aufsuchen (so genanntes ,,multi-homing“) und die Akteure auf
der anderen Marktseite sich für einen der beiden Marktplätze entscheiden (so
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Marktplätze und indirekte Netzwerkeffekte
genanntes ,,single-homing“). Ein Beispiel sind Medienmärkte. So können Unternehmen in mehreren Zeitungen werben. Leser, die zugleich die potentiellen
Kunden der Unternehmen sind, kaufen aber typischerweise nur eine Zeitung.
In einem solchen Fall stehen die Marktplatzbetreiber im Wettbewerb um die
Akteure auf der ,,single-homing“ Seite. Auf der ,,multi-homing“ Seite dagegen
besteht kein Wettbewerb um Teilnehmer. Daher schöpfen Marktplatzbetreiber
auf dieser Marktseite Monopolrenten ab. Das hat zur Folge, dass in einem
solchen Markt Teilnehmer auf der ,,single-homing“ Seite niedrige Preise
vorfinden: Monopolgewinne der Marktplatzbetreiber werden teilweise an die
Teilnehmer auf der ,,single-homing“ Seite weitergegeben (siehe Armstrong,
2005). Das kann sogar dazu führen, dass diese Akteure einen Preis von null oder,
falls möglich, einen negativen Preis zahlen. Damit können wir beispielsweise
erklären, warum Preise für Zeitungen oft unterhalb der Grenzkosten liegen und
Erlöse vor allem im Anzeigenmarkt erzielt werden. 14
4.
Eigentümerstrukturen auf einem Marktplatz
Ein Marktplatz kann von einem einzelnen oder von einer Gruppe von
Unternehmen betrieben werden. Beispiele für Marktplätze in einer Hand
(d.h. mit monopolistischer Eigentümerstruktur) gibt es zuhauf: Einkaufszentren, Microsoft, eBay usw. Es gibt aber auch Marktplätze mit dezentraler
Eigentümerstruktur. So mieten Einzelhändler im Innenstadtbereich ein Ladenlokal bei einem von vielen Vermietern an. Weitere Beispiele sind Softwareplattformen wie Linux, die als Open Source entwickelt wurden und Teilnehmern
auf beiden Marktseiten kostenlos zur Verfügung stehen.
Bei der Untersuchung von Marktplätzen und Plattformen spielt die Eigentümerstruktur eine entscheidende Rolle (für eine formale Analyse siehe Nocke,
Peitz und Stahl, 2004). Plattformen mit monopolistischer Eigentümerstruktur
sind, soweit es der Wettbewerb zwischen Marktplätzen zulässt, in der Lage,
bestehende Externalitäten teilweise zu internalisieren und maximieren so ihre
Gewinne. Bei starken Netzwerkeffekten kann es hierbei Gewinn maximierend
sein, eine Ausweitung des Handels zu subventionieren. Dagegen kann bei
dezentraler Eigentümerstruktur und fehlenden Koordinationsmechanismen
eine solche Subventionierung nicht stattfinden. Außerdem können auf einem
Marktplatz, der von einer Hand geführt wird, Preisstrukturen und andere Maßnahmen gewählt werden, so dass Handel ausgeweitet wird.
Als gegenläufiger Effekt ist hervorzuheben, dass ein solcher monopolistisch
geführter Marktplatz seine Marktmacht ausspielen kann und somit höhere
Preise für die Nutzung und den Zugang zu Marktplätzen auf dem Markt durchsetzen kann. Es ist somit a priori nicht klar, ob auf einem Marktplatz mit
14. Medienmärkte bilden eine interessante Gruppe von Beispielen für Marktplätze mit indirekten
Netzwerkeffekten, die negativ in eine Richtung sind. Für eine formale Analyse verweisen wir
auf Anderson und Coate (2005) und Peitz und Valletti (2004). Für eine empirische Analyse
verweisen wir auf Dewenter und Kaiser (2005).
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monopolistischer Eigentümerstruktur mehr oder weniger Handel zustande
kommt.
Bei schwach ausgeprägten Netzwerkeffekten führt eine Monopolisierung der
Eigentümerstruktur zu höheren Handelsspannen und somit zu einem kleineren Marktplatz. Die Intuition ist, dass in diesem Fall der Markplatzbetreiber
seine Marktmacht so ausnutzt, dass er hohe Nutzungs- oder Eintrittspreise setzt
und damit weniger Handel stattfindet als auf einem Marktplatz mit dezentraler
(und offener) Eigentümerstruktur, dadurch aber seinen Gewinn maximiert
(siehe Nocke, Peitz und Stahl, 2004).
Die resultierenden Marktgrößen unter unterschiedlichen Eigentümerstrukturen können mit der sozial optimalen Eigentümerstruktur verglichen
werden. Insbesondere bei hinreichend starken indirekten Netzwerkeffekten
kommt ein monopolisierter Marktplatz der sozial optimalen Allokation näher,
als dies ein Marktplatz mit dezentraler Eigentümerstruktur tun würde. Hier
werden auf einem monopolisierten Marktplatz Externalitäten teilweise internalisiert, was zur Subventionierung von marginalen Akteuren und zur Subventionierung einer ganzen Marktseite führen kann. Das bedeutet, dass eine
konzentrierte Eigentümerstruktur auf einer Plattform sozial erwünscht sein
kann.
Ein anderer relevanter Aspekt ist die Beurteilung von vertikaler Integration.
Das bedeutet, dass die Akteure auf einer Marktseite zugleich auch die Betreiber
des Marktplatzes sind. Wir beobachten dies bei der Entwicklung von Mobiltelefonstandards (Symbian) und einer Reihe von B2B und B2C-Plattformen
(Covisint ist ein Beispiel für eine B2B und Opodo ist ein Beispiel für eine
B2C-Plattform). Vertikale Integration kann gesamtwirtschaftlich erwünscht
sein, weil Renten, die auf einer der Marktseiten entstehen, internalisiert werden. Vertikale Integration kann außerdem, wie bereits erläutert, das HenneEi-Problem lösen, weil dann ein Marktplatz leichter kritische Größe aufbauen
oder zumindest das Koordinationsproblem zwischen beiden Marktseiten lösen
kann.
5.
Wettbewerbspolitische Implikationen
Marktplätze mit indirekten Netzwerkeffekten besitzen einige Eigenschaften,
die bei einer Anwendung von traditionellen wettbewerbspolitischen Kriterien
leicht zu Fehlschlüssen verleiten können. An dieser Stelle möchten wir
einige dieser Eigenschaften unter einem wettbewerbspolitischen Blickwinkel
betrachten.
Aufgrund indirekter Netzwerkeffekte kann es effizient sein, dass nur ein
Marktplatz aktiv ist. 15 Damit können staatliche Eingriffe, die einen zweiten
Marktplatz am Leben erhalten, unerwünscht sein.
15. Darüber hinaus kann es effizient sein, dass dieser Marktplatz eine monopolistische
Eigentümerstruktur aufweist.
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Marktplätze und indirekte Netzwerkeffekte
Wenn nur eine Marktseite in Isolation betrachtet wird, werden hohe oder
niedrige Preise bei einer wettbewerbspolitischen Betrachtung möglicherweise
irrtümlich wettbewerbsschädigendem Verhalten zugeschrieben. So ist ein
Preis, der deutlich über den Grenzkosten liegt, nicht notwendigerweise ein Indiz von Marktmacht. Auch ist ein Preis unter den Grenzkosten nicht notwendigerweise Ausdruck von ,,predatory pricing“ (siehe Abschnitt 3). 16
Auch sollte ein Preis über den Grenzkosten auf einer Marktseite und Preis
unter den Grenzkosten auf der anderen Marktseite nicht als unzulässige Quersubventionierung eines nicht profitablen Marktsegments interpretiert werden.
Wie erläutert, liegt es in der Natur von mehrseitigen Märkten, dass beide Marktseiten zusammengeführt werden müssen und dass die Marktseite, die in starkem Maße positive indirekte Netzwerkeffekte generiert, einen niedrigeren
Preis zahlt und evtl. sogar subventioniert wird, d.h. einen Preis unterhalb der
Grenzkosten zahlt. Die andere Marktseite zahlt entsprechend einen höheren
Preis. Eine solche Preisstruktur kann sowohl privatwirtschaftlich wie gesamtwirtschaftlich wünschenswert sein. Auch kann eine Quersubventionierung zu
stärkerem Wettbewerb zwischen Intermediären führen. Das impliziert, dass auf
Marktplätzen mit indirekten Netzwerkeffekten Kostentests zur Beurteilung von
Missbrauch im Sinne von Monopolisierung und ,,predation“ nicht brauchbar
sind. Auch sollte in einem solchen Fall kostenbezogene Regulierung hinterfragt
werden. 17
Bei einer wettbewerbspolitischen Betrachtung fällt eine Marktabgrenzung
besonders schwer, insbesondere wenn auf beiden Marktseiten unterschiedliche
Wettbewerbssituationen vorherrschen. Hier steht die wettbewerbspolitische
Beurteilung beispielsweise von Fusionen vor großen Herausforderungen.
Falls auf einem Marktplatz die verschiedenen Marktseiten durch indirekte
Netzwerkeffekte verbunden sind, reicht es nicht aus, dass Unternehmen Preisabsprachen auf einer Marktseite treffen, um überhöhte Gewinne zu machen.
Überhöhte Preise auf einer Marktseite führen nämlich zu verstärktem Wettbewerbsdruck auf der anderen Marktseite. Somit müssen funktionierende Kartelle
Preise (oder Mengen) auf allen relevanten Marktseiten fixieren. Deshalb
erscheint die Gefahr, dass sich Kartelle bilden, ceteris paribus geringer als
16. Es wäre allerdings falsch zu behaupten, dass Netzwerkeffekte die einzige Erklärung für solche
Preise sind.
17. Im Telekommunikationsbereich werden Terminierungsentgelte, die Festnetzbetreiber an Mobiltelefonbetreiber zahlen müssen, von einigen Seiten als exzessiv betrachtet. Es stellt sich
somit die Frage nach einer Regulierung dieser Entgelte. Hierbei ist zu beachten, dass der
Markt für Mobiltelefonie ein ,,two-sided market“ ist und somit eine Beurteilung der Preise auf
lediglich einer Marktseite zumindest problematisch ist. Nach Auffassung der britischen Regulierungsbehörde Ofcom herrscht intensiver Wettbewerb im britischen Mobiltelefonmarkt.
Erlöse durch Terminierungsentgelte werden teilweise an Mobiltelefonkunden weitergegeben.
Eine offene Frage ist, wie diese Preisstruktur gesamtwirtschaftlich zu beurteilen ist. Jedenfalls
lehrt uns die Theorie über Marktplätze, dass eine große Spanne zwischen Terminierungsentgelt und Kosten nicht notwendigerweise ein Zeichen von Marktmacht ist.
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in Märkten, in denen die Marktseiten nicht über indirekte Netzwerkeffekte
verbunden sind (siehe auch Evans und Schmalensee, 2005).
Zusammenfassend haben wir folgende Erkenntnisse gewonnen:
•
•
•
6.
Aufgrund indirekter Netzwerkeffekte kann es effizient sein, dass nur ein
Marktplatz aktiv ist.
Die Preissetzung auf Märkten mit indirekten Netzwerkeffekten beinhaltet
häufig, dass eine Marktseite von der anderen subventioniert wird. Somit ist
insbesondere eine Preissetzung unter den Grenzkosten nicht notwendigerweise ein Ausdruck wettbewerbsschädigenden Verhaltens sondern führt
vielmehr zu einer effizienteren Allokation.
Kartelle und Kollusion, die nicht auf allen Marktseiten Preisabsprachen
beinhalten, sind wenig attraktiv für die Eigentümer von Marktplätzen.
Abschließende Bemerkungen
Unternehmen, die einen Marktplatz betreiben und bei ihrer Wahl der Preispolitik mehrere Marktseiten berücksichtigen, sind, wie anhand der Beispiele
in der Einleitung gezeigt wurde, ein wichtiger Teil der Unternehmenslandschaft. Ökonomen haben sich erst in jüngster Zeit mit solchen Marktplätzen
systematisch beschäftigt.
In diesem Beitrag haben wir eine Reihe von Eigenschaften solcher Marktplätze erläutert, teilweise mit Hilfe von Zahlenbeispielen. Die Ergebnisse legen
nahe, dass die Logik bei der Bewertung von wettbewerbspolitischen Fragestellungen teilweise eine andere sein muss als in traditionellen Märkten, auf denen es keine Netzwerkeffekte zwischen den Marktseiten gibt. Es ist allerdings
zu früh für eine abschließende Beurteilung auf diesem, für die Forschung noch
sehr jungen, Gebiet.
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Spulber, D. (1999), Market Microstructure. Cambridge University Press, Cambridge.
Abstract: This paper reviews the nascent literature on „two-sided markets“ which
can be characterized by two-sided indirect network effects. It presents key findings in
this literature, derives some of them in numerical examples and discusses how these
findings improve our understanding of real-world markets. It finally discusses some
implications for competition policy.
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