TIERH ALTUN G Damit die Kühe nicht überhitzen Hitzestress bei Milchkühen ist nicht nur auf den grossen Farmen in Texas, sondern auch in der Schweiz ein Problem. Wie können die Kühe auch im Sommer einen kühlen Kopf bewahren? Das erklären Markus Sax und Nathalie Roth. ühe produzieren nicht nur Milch, andern a bhängig von Futteraufahm e, Lakta tionssta nd und Milchleistung auch viel Wärme. Dw-ch den Stoffwechsel entste ht in einer Kuh eine grosse Wärmemenge, welche das Tier an die Umgebung a bführen muss. Ihre Kühlmöglichkeiten hängen stark Nathalie Roth, von den Umgebw1gsbedingungen im HAFL, Stall ab - namentlich vo n der LufttemZollikofen peratur. der relativen Luftfeuchtigkeit, "' Schatten und Luftströmung sowie der ~ Ausgestaltung des Liegebereichs. ö ~ Markus Sax, Agroscope, Tänikon Kühe mögen keine Hitze Eine Kuh ka nn auf zwei Wegen Wärme an die Umgebung loswerden: Einerseits gibt sie Wärme über ihre Körperoberfläche ab . Das spürt man, wenn man das Ti er berührt. Andererseits kann eine Kuh in Wasserdampf gespeicherte - sogenannt latente Wärme abgeben. Etwa mit der feuchten Luft beim Ausatmen oder dem verdampfend em Schweiss auf dem Körper. Je heisser die Luft im Stall ist, desto weniger funktioniert die Wärmeab- gabe üb er di e Körperoberfläche. Der Grund: Di e Differenz zwischen der Körper- und der Umgebungstemperatur wird immer klein er (siehe Grafik) . Diese Situation führt bei ungenügenden Kühlmöglichkeiten zu Hitzesh·ess bei Kühen. Die id eale Lufttemperatw- für Milchkühe liegt zwischen etwa 4 und 1 7 ° C. In dieser sogenannt thermoneutralen Zone können die Tiere ihre Körpertemperatur ohne zusätzliche Anpassungsreaktionen konstant halten. Die Wärmeproduktion w1d die Wärmeabgabe Hegen sozusagen im Gleichgewicht. Bis zu einer Umgebungstemperatw- von rund 25 °C können die Küh e einen Grossteil der Wärme durch fühlbare Wärmeabgabe wie Wärmesh·ahIung, übe r die Körperoberfläche sh·ömende Luft und üb er direkten Körperkontakt mit Bauteilen oder Li egeunterlagen von geringerer Temperatur a bge ben (Grafik). Den Rest der üb erschüssigen Wärme müssen die Tiere mit der Verdw1stw1g von Wasser durch Schwitzen und über die Atem luft abführen. Diese latente Wärmeabgabe hängt je- Wärmeabgabe einer laktierenden Kuh 2200 - , - - , - , - - , - , - - , - - - , - - - , - - - , - - , - - , - - , - - , - - , - , - - , - , - - - - , 2000 - ~ 1800 1600 - ~ 1400 0, ~ 1200 a, § ''°S: 1000 - .... 600 - I- 400 - "iü 800 - 0 200 0-5 ·2,5 0 2,5 5 10 15 2,5 20 25 27,5 30 32 36 37 38 39 Umgebungstemperatur [0 ( ] Eine trächtige Milchkuh mit einer Tagesleistung von rund 25 kg Milch kann bei steigender Umgebungstemperatur immer weniger Wärme abgeben. 34 LANDfreund · 08/2016 doch stark vom Wasserd a mpfgehalt der Stallluft und der Luftgeschwindigkeit im Stall ab. Bereits eine Stallluft-Temperatur von 25 ° C w1d ein e relative Luftfeuchtigkeit von cir ca 60% erschweren den Tieren die Wärmeabgabe und können zu ersten Anzeichen von Hitzestress führen. Leichter Hitzestress äussert sich bei Kühen durch eine gut sichtbare, pumpend e Atmung mit einer erhöhten Frequenz. Oft suchen die Tiere Stellen mit Schatten w1d Luftzug oder Tränken auf. Steigt di e Stailluft-Temperatur auf 30° C oder höher und die relative Luftfe uchtigkeit auf 50-60%, können die Kühe kawn mehr latente Wärme abgeben w1d leiden unter Hitzestress . Bei erheblichem Hitzestress hechelt die Kuh mit gestrecktem Hals und offenem Maul . Der reduzierte Futte rverzehr an Hitzetagen wirkt sich negativ auf Milchleistw1g w1d Tierges undheit aus . Zudem ist nach Hitzeperioden mit Fruchtbarkeitsstörungen zu r echnen. Es lohnt sich deshalb , dw·ch ein verbessertes Stallklima einem Hitzestress vorzubeugen. Mit Sprinkler und Ventilatoren kühlen Um bei Sommerhitze die Luft etwas zu kühlen, werden in der Praxis häufig Wassersprinkler oder Hochdruck-Vernebler eingesetzt. Das Wasser verdw1stet w1d wird von der Luft als Wasserdampf aufgenommen. Die Verdw1stung des Wassers entzieht der Luft Energie in Form von Wä rme. Man bezeichnet das als Verdunstungskühlw1g. Die abgekühlte Luft wird relativ schnell mit der Umgebw1gsluft vermischt und erwärmt sich dadurch wieder. Deshalb sollte die kühle Luft möglichst direkt zu den Tieren gefill1rt werden, damit ihnen der Kühleffekt auch nützlich ist. Zu beachten ist, dass die relative Luftfeuchte der Stallluft durch die Kühlung ansteigt. Bei Umgebungstem- TIERHALTUNG Wenn eine Kuh die Zunge raushängen lässt und hechelnd mit einer hohen Frequenz atmet, ist das ein sicheres Zeichen für Hitzestress. peraturen über 25°C kann das zu einem feuchtwarmen Stallklima und damit zu erschwerter latenter Wärmeabgabe bei den Tieren führen. Zusammen mit einer Befeuchtung ist deshalb immer auch für einen ausreichenden Luftwechsel zu sorgen, damit sich die Kühe nicht dauerhaft in feuchtwarmem Klima mit hohen Temperaturen w1d hoher Luftfeuchte aufhalten müssen. Bevor ein Milchviehhalter in eine Sprinkleranlage investiert, sollte er daher sein Lüftungskonzept überprüfen. Beim Einsatz von Sprinkleranlagen in Ställen ist zudem darauf zu achten, dass die Liegeboxen nicht benetzt werden. Sonst kann in der Liegeunterlage ein guter Nährboden für Keime entstehen. Dies gilt auch, wenn sich die Kühe nach dem Besuch von Wassersprengern, Kuhduschen w1d Ähnlichem nass in die Liegeboxen legen. Es ist deshalb wichtig, den Standort von solchen Anlagen bewusst auszuwählen. Um einen Kühleffekt mit Luftströmw1gen - etwa durch Ventilatoren zu erreichen, sollte die Luftgeschwindigkeit bei den Tieren ungefähr 1 bis 2,5 rn/s betragen. Bein1 Einsatz von einzelnen Grossraumventilatoren ist daher auf eine gleichmässige Luftverteilung im Stall zu achten, damit mögli chst alle Tiere von einer wärmeabführenden Luftströmung profitieren können. von rw1d 25°C geben die Kühe vermehrt Wärme durch Schwitzen w1d über die Atemluft ab. Das fw1ktioniert aber nur bei einer geringen relativen Luftfeuchtigkeit. • Deshalb ist an heissen Tagen unbedingt für einen ausreichenden Luftaustausch zu sorgen. O'.J '9 ai C '" U Fazit '0- ~ a, 0. • Kühe produzieren nicht nur Milch, sondern auch viel Wärme. • Diese Wärme müssen sie laufend an ihre Umgebung abgeben. • Eine Kuh kühlt sich, indem sie Wärme direkt oder in Wasserdampf gespeichert an ilu-e Umgebung abgibt. • Zwischen etwa 4 und l 7°C liegt der für Kühe angenehme Temperaturbereich. Da müssen sie sich weder kühlen noch aufwärmen. • Ab einer Umgebungstemperatur e .,;J Ol .E =-- ~ g "' B .l: Beispiel einer Kühlung mit Verdunstungskühlung und Ventilatoren über dem Fressplatz. LANDfreund · 08/2016 35