Pädaudiologie Teil 1: Diagnostik Sylvi Meuret Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde Universitätsmedizin Leipzig Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Andreas Dietz Sektion Phoniatrie und Audiologie Leitung: Prof. Dr. med. Michael Fuchs Sommersemester 2015 Fachgebietsbestimmung HNO Phoniatrie Pädaudiologie kindliche Hörstörungen Stimme Sprache Schlucken Häufigkeit von Hörstörungen • ca. 20% der Bevölkerung betroffen • in allen Altersstufen, Anstieg ab 50-60 Jahre Kinder: • Schallleitungsschwerhörigkeiten • permanent (Fehlbildungen): 1 : 10.000 • schwankend (Paukenergüsse): 10-20% der Klein- und Schulkinder > 3 Monate/Jahr • Schallempfindungsschwerhörigkeiten • angeboren: 1-2 : 1.000 (zählt zu den häufigsten angeborenen Gesundheitsstörungen) Entwicklung des Hörvermögens à pränatale akustische Stimulation • ab 20. SSW Innenohr voll entwickelt • ab 26. SSW Hörempfindungen • ab 28. SSW Kindbewegungen bei Geräuschen (intrauterine Schallpegel 30-65 dB) à erstes und zweites Lebensjahr • Absenkung audiologischer Schwellen • audiophonatorische Rückkopplung (Lautbildungskontrolle) • Entwicklung des binauralen (räumlichen) Hörens Nicht erkannte oder schlecht versorgte schwerhörige Kinder leiden unter: • ausbleibender / gestörter Sprachentwicklung • Verhaltensstörungen • allgemeiner Entwicklungsverzögerung à Probleme in der Familie, für die Schul- und Berufslaufbahn HNO Phoniatrie Pädaudiologie Pädaudiologische Untersuchung • Anamnese (Familienanamnese) • HNO-ärztliche Untersuchung • audiologische Diagnostik • Sprachstatus • Zusatzuntersuchungen zu anderen Sinnes- und Hirnleistungen • ggf. bildgebende Diagnostik. Hörprüfungen • audiologische Diagnostik was ist möglich? objektive Verfahren subjektive Verfahren wann ist es möglich? Alter allgemeine Entwicklung. Objektive Verfahren Messung von akustischen Eigenschaften des Gehörgangs und der Mittelohr–Übertragungskette Impedanzmessung (Tympanometrie / Stapediusreflexmessung) Funktionsprüfung der äußeren Haarzellen des Innenohrs Otoakustische Emissionen (OAE) Elektrophysiologische Eigenschaften des Innenohrs, den N. VIII und der Hörbahn: Elektrische Reaktionsaudiometrie (ERA) 1. Impedanzmessung • Messung des akustischen Trommelfellwiderstandes bei einer bestimmten Frequenz (Tympanometrie) • Reaktion der Binnenohrmuskelkontraktion auf einen lauten Schallreiz (Stapediusreflexmessung) • Indikationen: – bei fraglicher Schallleitungsschwerhörigkeit – bei fraglicher kombinierter Schwerhörigkeit. 2. Otoakustische Emissionen (OAE) • eigene Schallaussendungen des Innenohrs als Ausdruck der Funktion der äußeren Haarzellen (akustisches Äquivalent der akustischen Verstärkerprozesse) • spontane und evoziierte Emissionen à nur evoziierte haben klinische Bedeutung. 3. Evozierte Potentiale • Veränderungen im Elektroencephalogramm (EEG) durch äußeren akustischen Reiz • ERA (evoked response audiometry, elektrische Reaktionsaudiometrie) • besonders aussagefähig im mittleren Frequenzbereich (1-4 kHz) • Bestimmung der Hörschwelle • Ausschluss retrocochleärer Läsionen (Schäden des N. statoacusticus) Hörprüfungen • audiologische Diagnostik was ist möglich? objektive Verfahren subjektive Verfahren wann ist es möglich? Alter allgemeine Entwicklung. Subjektive Audiometrie – Verfahren • Tonschwellenaudiometrie • Sprachaudiometrie • Überschwellige Audiometrie. • Reizdarbietung Freifeld Kopfhörer Knochenleitungshörer. Freifeldaudiometrie • Reizdarbietung über Lautsprecher • Kind sitzt oder liegt in der Mitte zwischen den Lautsprechern (definierter, gleicher Abstand) • grundsätzlich gleichzeitige Untersuchung beider Ohren • Trennung der Befunde nach Seite nur bedingt möglich (Richtungsempfinden) Hörprüfungen • audiologische Diagnostik was ist möglich? objektive Verfahren subjektive Verfahren wann ist es möglich? Alter allgemeine Entwicklung. Neugeborene/ junge Säuglinge TEOAE: • Voraussetzung: regelrechte Druckverhältnisse im Mittelohr • Vorteile: – objektive Methode – schnell und kostengünstig – gut von Laien erlernbar – bis 25 (30) dB Hörverlust zu evozieren – zum Ausschluss therapiebedürftiger peripherer Schwerhörigkeit, die die Sprachentwicklung beeinträchtigt Hörprüfungen ab 3. Lebensmonat: Freifeld-Audiometrie • binaural im freien Schallfeld • Hörreaktionen zu erwarten – keine Hörschwelle!!! mit 6 Monaten bei 40 bis 50 dB mit 12 Monaten bei 30 bis 40 dB mit 24 Monaten bei 20 bis 30 dB • Prüfung über Knochenleitung Hörreaktionen bei etwa 30 dB. 3. Lebensjahr bis Schulalter Spielaudiometrie: • ab Entwicklungsalter von 3 Jahren • Kopfhörer • erstmals kann über Luft- und Knochenleitung jedes Ohr getrennt zw. 125 Hz und 10 kHz (Sinustöne) untersucht werden • ab 5. bis 6. Lebensjahr wird Vertäubung bewältigt. Schulkind • • • • Reintonaudiogramm Sprachaudiogramm überschwellige Tests Zentrale Hörtests: Hören im Störschall, Auditive Lokalisation • Unbehaglichkeitsschwelle, Bestimmung des Dynamikbereiches, wichtig für Hörgeräteversorgung • bei Diskrepanzen/speziellen Fragen: OAE, DPOAE, BERA.