www.evimed.ch Doxycyclin ist Azithromycin in der Behandlung einer urogenitalen Infektion mit Chlamydia trachomatis überlegen Frage: Kann für Azithromycin bei der Behandlung einer urogenitalen Infektion mit Chlamydia trachomatis eine Noninferiority gegenüber der Therapie mit Doxycyclin gezeigt werden? Hintergrund: Eine urogenitale Infektion mit Chlamydia trachomatis zählt weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten und kann bei Frauen zu Extraunteringraviditäten oder zur Infertilität führen. Ein Grundpfeiler einer effektiven Kontrolle ist eine adäquate antibiotische Therapie. Das Center for Disease Control and Prevention (CDC) empfiehlt aktuell als Therapie 1g Azithromycin als Einmaldosis oder 2x100mg Doxycyclin für sieben Tage. Frühere Studien zur Behandlung mit Azithromycin zeigten jedoch verschiedenste Limitationen auf: zu wenig sensitive diagnostische Tests (was zu einer Unterschätzung von Therapieversagern führte), fehlende Kontrollen zur Doxycyclin- Medikamentenadhärenz sowie zu einer möglichen Reexposition durch Partner als auch die fehlende Kontrolle auf Rezidive auf Grund einer nicht erfolgten Eradikation. Ziel dieser Studie war es unter optimalen Bedingungen eine Nicht-Unterlegenheit („Noninferiority“) von Azithromycin gegenüber Doxycyclin zu untersuchen. Einschlusskriterien: Männer und Frauen zwischen 12- und 21 Jahren mit positiven Test auf Chlamydien Ausschlusskriterien: Schwangere oder stillende Frauen, Koinfektion mit Gonokokken, Allergien gegenüber Tetrazyklinen oder Makroliden, bekannte Photosensitivität auf Tetrazykline Unfähigkeit Tabletten zu schlucken, antibiotische Therapie (innerhalb der letzten drei Wochen vor dem Screening) oder geplante antibiotische Therapie mit einem Antibiotikum mit Aktivität gegenüber Chlamydien Bestehendes Pelvic Inflammatory Disease Syndrom, Epididymitis. Studiendesign und Methode: Randomisierte, open-label, Noninferiority-Studie. Dezember 2009 bis April 2014 Studienort: Die Studie wurde in vier Langzeit-Justizvollzugsanstalten für Jugendliche in Los Angeles, USA, durchgeführt. Die Rekrutierung in Justizvollzugsanstalten wurde bewusst gewählt, da in diesen Einrichtungen die Prävalenz hoch ist, eine Reexposition mit unbehandelten Partnern in der Regel nicht stattfindet, alle Insassen bei Eintritt automatisch gescreent werden und eine Medikamenteneinnahme unter Aufsicht stattfindet. Interventionen: Azithromycin 1g p.o. Single-Dosis 2x Doxycyclin 100mg/Tag p.o. für eine Woche Outcome: Therapieversager nach 28 Tagen (d.h. Nachweis von Chlamydien mittels NucleinsäurenAmplifikations-Test und übereinstimmender Stamm im Vergleich zur Erstuntersuchung) www.evimed.ch Wirksamkeit der Therapie und Medikamentensicherheit Resultat: 567 Probanden konnten randomisiert werden (284 Azithromycin-Gruppe, 283 DoxycyclinGruppe). Das erste Follow-up nach 28 Tagen konnte bei 155 Probanden pro Gruppe (je 55%) durchgeführt werden. Von diesen konnte bei 90% in der Azithromycin-Gruppe und bei 81% in der Doxycyclin-Gruppe das zweite Follow-up nach insgesamt 67 Tagen stattfinden. Die Probandencharakteristika waren in beiden Gruppen ausgeglichen. 65% der Probanden waren männlich und das mittlere Alter betrug 17 Jahre. 75% der männlichen Probanden waren beschwerdefrei ohne urogenitale Symptome. Dagegen beklagten sich 61% der weiblichen Probanden über urogenitale Symptome. 22% der männlichen und 40% der weiblichen Probanden gaben an, schon einmal eine Chlamydien-Infektion gehabt zu haben. Sowohl im ersten, als auch zweiten Follow-up zeigten sich in der Doxycyclin-Gruppe keine Therapieversager. In der Azithromycin-Gruppe zeigten sich dagegen im ersten Follow-up sieben positive Tests auf Chlamydien (Bei zwei Probanden fanden sich andere ChlamydienStämme, so dass insgesamt fünf Therapieversager gezählt wurden). Im zweiten Follow-up fand sich bei einem weiblichen Probanden (mit initial negativen Test im ersten Follow-up) ein positiver Test. Statistisch konnte die Noninferiority von Azithromycin gegenüber Doxycyclin nicht gezeigt werden. Die Therapieversagerrate lag für Azithromycin bei insgesamt 3.9%. In der Doxycyclin-Gruppe erhielten 77% der Probanden alle 14 Dosen. Weniger Dosen (11-13) erhielten 17% der Probanden. Bei 23% der Probanden in der Azithromycin-Gruppe und bei 27% der Probanden in der Doxycyclin-Gruppe wurde über unerwünschte Ereignisse, v.a. gastrointestinale Beschwerden, berichtet. Kommentar: Die hohen Drop-Outs zwischen Randomisierung und Follow-Up sind vor allem durch ungeplante frühzeitige Entlassungen zu erklären. In dieser Studie konnte die Noninferiority von Azithromycin gegenüber Doxycyclin bei der Behandlung einer urogenitalen Infektion mit Chlamydia trachomatis nicht gezeigt werden. Die Effizienz beider Therapien ist insgesamt jedoch hoch (97% vs. 100%). Es sollte jedoch bedacht werden, dass die Therapie mit Doxycyclin eine wesentlich höhere Patientencompliance benötigt als die Therapie mit Azithromycin. Therapieversager von 20% bei Einnahme von weniger als 10 Dosen werden in der Literatur beschrieben. Bei Patienten mit fragwürdiger Compliance kann daher die Therapie mit einmalig 1g Azithromycin zu einem besseren Therapieerfolg führen, als eine unvollständige Therapie mit Doxycyclin. Literatur: Geisler WM et al. Azithromycin versus Doxycycline for Urogenital Chlamydia trachomatis Infection. N Engl J Med. 2015; 373: 2512-21 Verfasser: Andreas Plate