Martina Pohl Kreiskantorin Bahnhofstr. 29 06526 Sangerhausen Tel : 03464 260822 [email protected] Wiederentdeckung eines romantischen Oratoriums „Luther in Worms“ von Ludwig Siegfried Meinardus erlebt Aufführungen in der Lutherstadt Eisleben, Halle/Saale und Sangerhausen 1. Das Werk Das 1872 komponierte Werk kann als das einzige Oratorium von internationaler Bedeutung zum Thema Luther gelten. Nach seiner durch Franz Liszt geförderten Uraufführung 1874 in der Stadtkirche in Weimar kam es vor allem im Lutherjahr 1883 zu zahlreichen umjubelten Aufführungen in allen protestantisch geprägten Regionen Deutschlands, aber auch in Genf, Philadelphia und Reval. Im 20. Jahrhundert mit seinem gespaltenen Verhältnis zur Musik der Romantik geriet das Werk in Vergessenheit. Lediglich zwei Aufführungen sind belegt: 1921 in Worms und 1983 in Göttingen. Dem heutigen Zuhörer vermittelt dieses Werk einen starken Eindruck von der Kraft und Radikalität in Luthers Gedankengut aber auch die befreiende Wirkung einer ganz neuen GottMensch-Beziehung. Stilistisch lehnt sich Meinardus eng an Mendelssohn an. Eine wichtige Rolle in der Dramaturgie des Werkes bilden die Choräle Martin Luthers. Hier zeigt sich auch eine Nähe zu barocken Vorbildern. Die Ensembleteile und Arien sind opernhaft dramatisch gestaltet. Der Text (W. Rossmann) hält sich eng an die geschichtliche Überlieferung. Zahlreiche Zitate aus Luthers Schriften, aus der goldenen Bulle und aus der Rede Luthers vor dem Reichstag in Worms vermitteln eine überzeugende Authentizität. Dennoch ist dies unverkennbar ein Werk des Deutschen Nationalismus im ausgehenden 19. Jahrhundert. 2. Die Ausführenden Die Besetzung des Oratoriums entspricht der symphonischen Klanggewalt der späten Romantik: ein großes Sinfonieorchester, zwei gemischte Chöre, ein Kinderchor sowie sechs Solisten. Für den Orchesterpart konnte mit der Staatskapelle Halle eines der Spitzenorchester Mitteldeutschlands gewonnen werden. Namhafte Solisten werden die handelnden Personen verkörpern. Die Kantoreien Eisleben und Sangerhausen sind erfahrene Oratorienchöre und arbeiten seit Jahrzehnten bei großen Projekten zusammen. Die Leitung haben Thomas Ennenbach (Lutherstadt Eisleben) und Martina Pohl (Halle, Sangerhausen). 3. Thematische Einbindung Im September 2012 wird Luthers Sterbehaus in Eisleben nach umfangreichen Erweiterungsund Restaurierungsarbeiten wieder der Öffentlichkeit zugänglich sein. Dies ist Anlass, sich näher mit dem Lutherbild im ausgehenden 19. Jahrhundert zu beschäftigen. Die Aufführung des Oratoriums leistet dazu einen einmaligen Beitrag. Ergänzt wird die Aufführung durch eine Vortragsveranstaltung zu Musik und Inhalt des Werkes. 4. Außenwirkung Im Themenjahr „Luther und die Musik“ bilden die drei Aufführungen des Lutheroratoriums den kirchenmusikalischen Höhepunkt in Sachsen Anhalt. Zum einen erwarten uns Konzerte auf höchstem künstlerischen Niveau, daneben wird mit der Wiederentdeckung dieses Oratoriums ein wichtiger Beitrag zur Lutherrezeption des 19. Jahrhunderts geleistet. Martina Pohl Oktober 2011