Wirkung von Drogen am Beispiel Cannabis Übersicht • Fakten, Produkte und Kulturgeschichte von Cannabis • Wirkstoffe und Rezeptoren • Auswirkungen und Folgen • Medizinische Verwendung von Cannabis • Abhängigkeit? • Therapie-Modell • Fazit Cannabis Einige Synonyme : Marijuana, Haschisch, Bhang, Gras, Sawi,Ganja, Charas, Shesa, Esrar, Anascha, Kif, Dimba, Dagga, Lebake, Njemu, Vongony, Machona Fakten, Produkte und Kulturgeschichte von Cannabis Die Pflanze • Es gibt drei Hanfarten Cannabis sativa, Cannabis indica und Cannabis ruderalis • Familie der Urticacceen (verwandt mit Hopfen und Feigenbaum ) • Sind einjährige Pflanzen mit einer Wachstumsund Blütephase • Sie sind zweihäusig, d. h. es gibt eine männliche und eine weibliche Pflanze Verschiedene Geschlechter der Pflanze • Weibliche Pflanzen werden 6 bis 8 m groß • Männliche Pflanzen sind kleiner • Somit werden primär die weiblichen Pflanzen zur Drogengewinnung verwendet, da sie größer sind und mehr Blüten tragen • Haarige Drüsen an Stengeln, Blütenständen und Vorblättern produzieren Harz 2 Verfahren der Drogengewinnung : • Ernte der Blütenstengel, Blätter und Vorblätter • Trockung Æ Marijuana • Harzgewinnung aus den Harzdrüsen • Trockung • Zusammenpressen zu kleinen Würfeln Æ Haschisch ( umgangssprachlich auch als „Piece“ bekannt) Kulturgeschichte des Cannabis • Seit Jahrtausenden benutzt (Nutzpflanze - Hanf) • Erste schriftliche Erwähnung stammt aus China um 8500 v. Chr. zur Herstellung von Kleidung aus Hanf • Alte indische Schriften (2000 v. Chr.) – erste Erwähnung der Cannabis Indica Gattung (Droge) des Hanfes • Inder verstanden darunter : - Götternahrung (Indracana) - Sieg (Vijaya) - Herrlichkeit (Jaya) → psychoaktive Wirkung war ihnen bekannt • Herodot berichtet bereits 430 v. Chr. Über die Skythen 2 Verbreitungskategorien • Länder in denen Cannabis seit jeher durch die Tradition als Genussmittel von Volksmassen verwendet wird : • • • Mittel- und Vorderasien Ganz Afrika Lateinamerika → „Traditionsländer“ • Länder in denen das traditionelle Genussmittel Alkohol ist, der Genuss von Cannabis jedoch im Laufe des 19. Jahrhunderts rapide zugenommen hat : • • • • USA Kanada Südrussland Europa → „Expansionsländer“ Geschichtliche Verbreitung in Europa • Durch Kreuzzüge aus Asien eingeführt • Im Mittelalter galt die Cannabisbenutzung als unchristlich und wurde dem Teufel und den Hexen zugeschrieben (1484 verurteilte Papst Innocent VIII alle Mittel der Teufelsbeschwörung zu denen er auch Cannabis zählte) • Seit Mitte des 19. Jahrhunderts in bohemischen Kreisen zur Bewusstseinserweiterung verbreitet (Minderheit der Bevölkerung) • Moreau, französischer Psychiater, verfasste 1845 das erste Buch über Cannabis und gründete mit Victor Hugo, Charles Baudelaire und Honore Balzac den „Club der Haschischins“ Marijuana- und Haschisch-Import heute • USA : - mehr als die Hälfte heutzutage aus dem eigenen Land - Rest aus der Karibik, Lateinamerika und Mexiko • Europa : - überwiegend aus Marokko, den Niederlanden und Pakistan Cannabiskonsum in Deutschland • Bundesstudie 2003 : • 26 % der Erwachsenen zwischen 18 und 59 Jahren sind schon mindestens einmal mit Cannabis in Berührung gekommen • Unter den Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren liegt die Quote bei 42,7 % → annähernd jeder zweite • Cannabiskonsum zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten • größtenteils bleibt es beim einmaligen „Experiment“ • Jedoch nimmt der Cannabiskonsum stetig zu (2001 : 21%) Wirkstoffe und Rezeptoren Wirkstoffe • Die wichtigsten Wirkstoffe der Hanfpflanze sind die Cannabinoide, von denen heute mehr als 70 Arten bekannt sind • Das wichtigste psychoaktive Cannabinoid ist das ∆9-THC (Tetrahydrocannabinol) Wirkung über das endocannabinoide System • Der Körper besitzt ein eigenes cannabinoides System • Cannabinoide entfalten ihre Wirkung über zwei verschiedene Rezeptoren (CB1- und CB2-Rezeptoren) • endogener Liganden: Anandamid Rezeptor-Typen CB1-Rezeptoren befinden sich vorwiegend im ZNS (Basalganglien), jedoch ebenso in der Peripherie • CB-2-Rezeptoren hauptsächlich in der Peripherie Auswirkungen und Folgen Generelle Auswirkungen • psychoaktive Effekte (v.a. Kognition und Verhalten betreffend) • appetitstimulierende Effekte • motorische Effekte • kardiovaskuläre Effekte • immunsuppressive Effekte Akute Auswirkungen • • • • • Panikattacken und Angststörungen Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit Beeinträchtigung der Reaktionszeit Beeinträchtigung motorischer Fertigkeiten Störung des Kurzzeitgedächtnis Akute Auswirkungen • • • • Euphorie Entspannung Wahrnehmungsänderungen Intensivierung normaler sensorischer Erfahrungen • Störung des Zeitgefühls • Herzrate steigt um 20-50% Langfristige Folgen • Gefahr Joint! Æ Nikotin und Teerstoffe Æ erhöhtes Krebsrisiko und Beeinträchtigung des respiratorischen Trakts • Durch den Cannabiskonsum während der Pubertät (vor dem 16.-17. Lebensjahr) entstehen Aufmerksamkeitsstörungen und Störungen verbaler Fertigkeiten im erwachsenen Alter Andere negative Effekte • Diese Effekte konnten beim Menschen bisher nicht nachgewiesen werden • Die Reproduktion bei männlichen (Testosteron- und Spermienproduktion) sowie der Ovulationszyklus bei weiblichen Tieren wird gestört Zusammenhang zwischen Cannabis und Schizophrenie • Erhöhtes Risiko schizophrener Psychosen bei chronischem Cannabiskonsum • Pubertärer Cannabiskonsum kann Schizophrenie bei bereits vulnerablen Personen hervorrufen oder das Risiko bei nicht-vorbelasteten Personen erhöhen • Übersichtsstudie von Arsenault kommt zur Schlussfolgerung, dass sich etwa 8% der psychotischen Erkrankungen durch einen generellen Cannabis-Verzicht Jugendlicher Konsumenten verhindern lassen würde Gibt es einen „gateway-effect“? • Risiko bei Cannabiskonsum weitere Drogen (z.B. Opioide) einzunehmen liegt höher • Zeitliche Reihenfolge Æ Cannabiskonsum liegt in den meisten Fällen vor der Einnahme anderer Drogen • Korrelation zwischen hohem Cannabiskonsum einer Population mit einem umso höheren Konsum sonstiger Drogen • Dagegen spricht eine genetische Veranlagung, die Cannabiskonsum, aber auch die Einnahme anderer Drogen, begünstigt. Medizinische Verwendungen von Cannabis Therapieeffekte bei verschiedenen Erkrankungen • Reduktion der Übelkeit bei Chemotherapie-Patienten • Stimulation des Appetits bei AIDS Patienten • Reduktion der Muskelspastiken bei Patienten mit neurologischen Störungen, z.B. Parkinson oder MS • Reduktion des intraokularen Druckes bei grünem Star • Befreiung von Depressionen, Migräne, Schlaflosigkeit und chronischen Schmerzen • Allgemeine Verbesserung des Wohlbefindens („Glückseligkeit“) Synthetisches THC : • In Tablettenform erhältlich • Jedoch nicht so effektiv wie gerauchtes Cannabis • Unangenehme Nebenwirkungen wie Halluzinationen etc. wahrscheinlicher als bei gerauchtem Cannabis ⇒ Cannabis wird trotz der Illegalität als Medizin eingesetzt, was juristische Folgen nach sich ziehen kann Marinol • • • • Wirkstoff : Cannabidiol Seit 1986 legal erhältlich Tablettenform 90% erreicht nie das Ziel, da sie durch den Magenund Darmtrakt muss • Resultat : Marinol wird wegen schlechter Dosierbarkeit nur sehr selten verschrieben Wirkung von Marinol bei AIDSPatienten Fazit : • Ärzte stehen zwischen medizinischem Nutzen und Illegalität • Debatte zur Teil-Legalisierung im medizinischen Bereich wird angeschürt • Forschung wird weiter ausgebaut Begriffsklärung zur Einschätzung des Abhängigkeitspotentials von Cannabis Physische Abhängigkeit (=Neuroadaption) • Veränderter Steuerungsmechnismus im Nervensystem • Unter chronischer Zufuhr der Abhängigkeit auslösenden Substanz entsteht neue Homöostase • Zur Verhinderung eines Entzugssyndroms muss entspr. Substanz in ausreichender Dosis repititiv zugefügt werden Psychische Abhängigkeit • Definition problematisch, deshalb: • Festlegung von Verhaltenskriterien, als Wichtigstes: die Suche (das Streben) nach der Wirkung der abhängigkeitauslösenden Substanz (="drug seeking behaviour") Toleranz • Kann sich bei repititiver Einnahme ergeben • Durch Adaptionsvorgänge herbeigeführter Zustand • Zum Erreichen der Initialwirkung Dosissteigerung nötig • Vorhandensein von Toleranz deutet auf Abstinenzsyndrom nach Beendigung der Substanzeinnahme hin Sucht • Starke Abhängigkeit • Bestreben, entspr. Substanz zu besorgen, einzunehmen, ihre Wirkungen zu erleben Æ oberste Handlungsmaxime Droge • Ursprünglich: aus Pflanzen extrahierte Substanzen als Heilmittel • Umgangssprachlich: Bezeichnung von Abhängigkeit auslösenden Substanzen Cannabisabhängigkeit nach WHO Cannabisabhängigkeit? • Toleranzentwicklung bei übernormal hohen Dosen und regelmäßiger Zufuhr • Psychische Abhängigkeit , häufig dient C. zur Kompensation/ bzw. zur Distanzierung von eigenen Emotionen • Entwicklung einer Abhängigkeit dynamischer Prozess, Gefahr: „süchtige Identität“ Cannabisabhängigkeit? • „primäres reinforcement“ drängt Verlangen nach Substanz, Verlangen häufig durch Reizeindrücke konditioniert • Blockade des körpereigenen cannabinoiden Systems durch CB1-Antagonisten ruft eindeutige Entzugserscheinungen hervor, z.B. Ausschüttung von CRH (Corticotropin) Æ Neuroadaption Macht Cannabis abhängig? • Neuere Studien mit dem CB1-Antagonisten SR 141716 (Cook 1998 und Kouri 1999) scheinen eine Cannabisabhängigkeit bei Mensch und Tier immer mehr zu bestätigen • Die Blockade des cannabinoiden Systems führt zu eindeutigen Entzugserscheinungen • z.B. die Ausschüttung von CRH (Corticotropinreleasing-Hormon), welches auch bei anderen Drogenentzügen (Alkohol, Kokain und Opiaten) vorkommt Der „Therapieladen e.V.“ ein Therapiemodell Der „Therapieladen e.V.“ ein Therapiemodell • • • • • • Ambulante Therapieeinrichtung Zielgruppe:Konsumenten von Partydrogen (Cannabis, LSD, Amphetamine, Kokain...) 80% der Klienten zw. 19-27 J. Behandlung erfolgt auf freiwilliger Basis Keine Einrichtung für physischen Entzug Schwerpunkte der Therapie • Differenzierte Diagnostik, d.h. Einbeziehung des Bedingungsgefüges Person-Droge-Umwelt • Ich-Stärkung • Alternativenfindung Fazit • Forschung liefert eindeutige Hinweise, aber sind noch keine Langzeitstudien vorhanden • Jugendliche stellen eine besonders gefährdete Gruppe dar • Gefährlichkeit von Cannabis bleibt weiterhin umstritten.