Einsatzmöglichkeiten des Transaktionskostenkonzepts zur Bewertung von Kundenbeziehungen als Seminararbeit an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg eingereicht bei Dr. rer. oec. Konrad Walser Departement für Informatik von Gerhofer, Judith – Liebl, Veronika aus Linz im 6. Semester Matrikelnummer: 06-207-617 – 06-207-633 Studienadresse Route du Mont Carmel 29/12 1762 Givisiez (Tel. 078/9089380 – 076/2152639) (Tel. 00436505510024 – 004369911876031) (e-mail: [email protected] – [email protected]) Freiburg, 15.06.2007 Inhaltsverzeichnis II Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................II 1 2 3 Einleitung............................................................................................................. 1 1.1 Problemstellung ........................................................................................... 1 1.2 Zielsetzung................................................................................................... 1 1.3 Aufbau der Arbeit ........................................................................................ 1 Transaktionskostentheorie ................................................................................... 2 2.1 Grundbegriffe und Grundideen der Transaktionskostentheorie .................. 2 2.2 Verhaltensannahmen der Transaktionskosten-theorie ................................. 7 2.3 Merkmale einer Transaktion........................................................................ 9 2.4 Formen der Organisation des Tausches ..................................................... 10 2.5 Vor- und Nachteile der Transaktionskostentheorie ................................... 11 Kundenbeziehungen........................................................................................... 13 3.1 Grundbegriffe und Grundideen des Kundenbeziehungsmanagement ....... 13 3.2 Zielformulierung der Kundenbeziehungsstrategien................................... 15 3.3 Kundenbeziehungslebenszyklus ................................................................ 17 3.4 Customer Buying Cycle............................................................................. 19 3.4.1 3.5 Konzept und Phasen des Customer Buying Cycles ........................... 20 4 Multichannelmanagement und Kundenverhalten ...................................... 22 3.5.1 Multichannelmanagementansatz........................................................ 22 3.5.2 Verändertes Kundenverhalten............................................................ 23 3.6 Customer Lifetime Value........................................................................... 24 3.7 Schnittstellen zwischen Kunden und Unternehmen .................................. 26 3.7.1 Internet Center ................................................................................... 26 3.7.2 Call Center ......................................................................................... 28 3.7.3 eMail Center ...................................................................................... 30 3.7.4 Fax Center.......................................................................................... 31 3.7.5 Persönlicher Vertrieb/ Persönliche Kommunikation ......................... 31 Kombination Prozesse/Transaktionen: Einfluss und Einsatzmöglichkeiten des Transaktionskostenkonzeptes auf Kundenbeziehungen ............................................ 33 4.1 4.1.1 Erscheinungsarten von Transaktionskosten bei Kundenbeziehungen ....... 33 Aus Unternehmersicht ....................................................................... 33 Inhaltsverzeichnis 4.1.2 Aus Kundensicht................................................................................ 35 4.1.3 ABC-Analyse zur Bewertung von TK der Kundenbeziehungen....... 38 4.2 5 III Schlussfolgerungen.................................................................................... 41 Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................... 42 5.1 Zusammenfassung ..................................................................................... 42 5.2 Ausblick ..................................................................................................... 42 Abbildungsverzeichnis............................................................................................... 43 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 44 Selbständigkeitserklärung.......................................................................................... 46 Kapitel 1: Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Problemstellung Unsere Problemstellung war, die integrative Betrachtung von Customer Relationship Management und dem Transaktionskostenansatz. Diese integrative Betrachtungsweise basierte auf der Motivation diverse Kunden- bzw. Geschäftsbeziehungen mit dem Transaktionskostenkonzeptansatz zu bewerten. Dabei wurde von den Autoren versucht sowohl klassische Ansätze aus der Literatur, als auch eigene Ansätze darzustellen. 1.2 Zielsetzung Vorrangiges Ziel dieser Seminararbeit ist es, einerseits sowohl die CRM-Prozesse zu beleuchten und andererseits einen detaillierten Überblick über Transaktionskosten zu geben, da zur Behandlung der Problemstellung beides von höchster Relevanz ist. Es sollen speziell die CRM-Prozesse erläutert werden, die schließlich auch Einfluss auf Transaktionskosten haben. Augrund der Vielzahl an solche Prozessen, wurden die aus der Sicht der Autoren Wesentlichsten ausgewählt und schließlich integriert. Außerdem galt die Aufmerksamkeit speziell auch dem letzten Kapitel, das im Prinzip die Problemstellung lösen soll. 1.3 Aufbau der Arbeit Die folgende Seminararbeit gliedert sich in drei Teile. Im Kapitel 1 sollen theoretische Grundlagen zu Transaktionskosten näher gebracht werden. Im darauf folgenden Kapitel werden wie schon erwähnt wichtige CRM Prozesse ausgeführt und ein Überblick über die Grundbegriffe und Grundideen des Customer Relationship Management dargelegt. Außerdem werden die wichtigsten Kundenschnittstellen überblicksmäßig behandelt. Im letzten Teil sollten die ersten beiden Kapitel in eine kombinierte Sichtweise münden und damit der Problemstellung Antwortmöglichkeiten anbieten. Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 2 2 Transaktionskostentheorie 2.1 Grundbegriffe und Grundideen der Transaktionskostentheorie Die Transaktionskostentheorie (engl. transaction cost theory) oder der Transaktionskostenansatz (abk. TKA, engl. transaction cost approach) versucht festzulegen, unter welchen Rahmenbedingungen Transaktionen stattfinden sollten. 1 Ihr eigentliches Ziel ist es das Zusammenspiel von Unternehmen, Markt und Kooperationen zu erklären. Eine wesentliche Prämisse der Transaktionskostentheorie ist vor allem, dass jedes Handeln in einer marktwirtschaftlich organisierten Ökonomie Kosten zur Folge hat. Die Transaktionskostentheorie wird als eine Organisationstheorie bezeichnet und ist Bestandteil der neuen Institutionenökonomie. Erstmals eingehende Betrachtung fand die Transaktionskostentheorie 1937 durch Ronald Coase in seiner Arbeit „The Nature of the Firm“, wofür er 1991 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. Auch Kenneth Arrow beschäftigte sich detaillierter mit Transaktionen und Oliver Williamson veröffentlichte schließlich 1985 mit „The Economic Institutions of Capitalism: Firms, Markets, Relational Contracting“ eine detaillierte Beschreibung der Transaktionskostentheorie. Auch in der Politikwissenschaft wurde die Transaktionskostentheorie im Rahmen der Ermittlung von Kosten beim Austausch von Wählerstimme und Wahlversprechen untersucht. Transaktionen sind im Grunde alle in Zusammenhang mit Verfügungsrechten stehende Aktionen wie Kauf, Verkauf und Miete, die als Austauschbeziehung mindestens zweier Vertragspartner zustande kommen. Das Hauptaugenmerk liegt bei der Transaktionskostentheorie darauf, dass jede Transaktion so gestaltet werden sollte, dass sie in Summe die geringsten Produktions- und Transaktionskosten aufweist. Erst dann kann eine Transaktion als gänzlich effizient bezeichnet werden. Hierzu kann 1 Vgl. Homburg/Krohmer (2006), S. 212. Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 3 folgende Abbildung zur Gestaltung der totalen Kosten als weitere Erklärungshilfe dienen. Abbildung 1: The Firm’s Cost Scheme 2 Auch die ökonomische Effizienz spielt bei dem Transaktionskostenansatz ganz offensichtlich eine äußerst wichtige Rolle. Ziel dieser Theorie ist es natürlich im Rahmen der gesamten Ökonomie auch die Transaktionen so effizient wie möglich zu gestalten, um den sparsamen Einsatz knapper Ressourcen gewährleisten zu können. Nach Williamson werden nämlich knappe Ressourcen nicht nur bei der Produktion von Gütern und Dienstleistungserstellungen verbraucht, sondern vor allem auch bei der Organisation und bei dem Ablauf des Austausches selbst (Transaktion). Eindeutiges Merkmal der Transaktionskostentheorie ist es, dass Kosten sowohl vor als auch nach dem Vertragsabschluss auftreten können. Dabei ist aber zu beachten, dass Transaktionskosten keinesfalls nur bei durchgeführten Verkäufen vorkommen, sondern auch bei abgebrochenen oder nicht zu Stande gekommenen Transaktionen auftreten. Außerdem lässt oftmals die Höhe der anfänglichen Transaktionskosten das Zustandekommen einer Transaktion nicht zu, wenn nämlich beispielsweise die Informationskosten für den Käufer bereits zu Beginn unverhältnismäßig groß sind. 3 Somit verhindern Transaktionskosten schließlich häufig, dass ein potentieller Käufer bzw. Verkäufer das für sie oder ihn idealste/günstigste Angebot findet, da die Transaktionskosten mit der Dauer der Suche ansteigen und somit einen möglichen Vorteil 2 Cordella/Simon (k.A.). 3 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktionskosten [Abruf: 2006-04-10] Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 4 eines anderen Angebots wieder ausgleichen. Bestimmte, neue Informationsmedien beispielsweise aus dem Internet können allerdings diese Transaktionskosten wiederum senken (eBay, Wikipedia, Preisvergleichsseiten). 4 Transaktionskosten treten vor allem dann auf, wenn zwischen den beteiligten Vertragspartnern Kommunikationsbedarf besteht bzw. Verständigungsprobleme, Missverständnisse oder Konflikte auftreten. In der Literatur findet man verschiedene Einteilungen von Transaktionskosten, auch wenn damit eine kombinierte Betrachtung der verschiedenen Gliederungen von Vornherein nicht ausgeschlossen wird: Ronald Coase unterteilt demnach die Transaktionskosten in folgende Unterpunkte: 5 • Such- und Informationskosten • Verhandlungs- und Entscheidungskosten • Kontroll- und Durchsetzungskosten Williamson hingegen gliedert Transaktionskosten in „Ex-Ante“ und „Ex-Post“ ein: 6 „Ex-Ante“ • Informationsbeschaffungskosten wie Informationssuche über potentielle Partner • Anbahnungskosten wie Kontaktaufnahme • Vereinbarungskosten über Verhandlungen, Vertragsformulierungen, Einigung „Ex-Post“ • Abwicklungskosten wie Provisionen und Transportkosten • Kontrollkosten wie der Einhaltung von Terminen, Qualitätskriterien, Mengen, Preisen • Änderungs- und Anpassungskosten wie Termin-, Mengen-, Qualitäts- und Preisänderungen 4 Vgl. Kapitel 3.7 und Kapitel 4 5 Vgl. http://www.sjsu.edu/faculty/watkins.coase.htm [Abruf: 2007-04-10] 6 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktionskosten [Abruf: 2007-04-10] Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 5 Milgrom und Roberts unterscheiden sich allerdings durch die Aufspaltung in Koordinationskosten und Motivationskosten deutlicher von den anderen Gliederungsschemata: 7 • Koordinationskosten: Die Aktivitäten müssen aufeinander abgestimmt werden, um Anbieter und Konsumenten am Markt zusammenzubringen. Dazu gehören unter anderem auch Marktforschungen, Preisfestlegungen, Erhebungen der Konsumentenwünsche, Werbekosten sowie Suchkosten der Käufer nach idealen Angeboten. • Motivationskosten: Unvollständige Informationen beeinträchtigen beispielsweise die Motivation aufgrund von Informationsasymmetrien beträchtlich. Außerdem wollen sich meist nicht alle Teilnehmer verpflichten die für beide Seiten vorteilhafteste Aktion zu wählen, da somit ein späterer Rückzug ausgeschlossen werden würde. Durch diese unvollkommenen Verpflichtungen steigen die Motivationskosten. Eine zusammenfassende, integrierte Sichtweise aller Transaktionskosten bzw. Gliederungsschemata würde zu folgendem Ergebnis führen. Transaktionskosten beinhalten: • Vertragsanbahnungskosten (Such-, Informations- und Kontaktaufnahmekosten) • Vertragsgestaltungskosten (Entscheidungs-, Einigungs- und Vertragformulierungskosten) • Vertragabwicklungskosten (Vertragsüberwachungs-, Vertragsanpassungs-, Verhandlungs-, Kontroll- und Durchsetzungskosten) • Unvorhergesehene Kosten (Kosten bei Insolvenz einer Vertragspartners, Änderungs- und Anpassungskosten) Ein nicht zu unterschätzender Faktor in der Transaktionskostentheorie sind unter anderem auch soziale Kontrollmechanismen, die die Abwicklung der Beziehung bzw. der Transaktion wesentlich erleichtern. Vertrauen beispielsweise ist ein effizienzsteigerndes Mittel, das zur Senkung der Kontrollkosten und der Verkürzung der Verhandlungsdauer ideal geeignet ist. Die Kultur andererseits macht eine gegenseiti7 Vgl. http://wwwai.wu-wien.ac.at/~hahsler/research/diss/diss/node49.html [Abruf: 2007-04-10] Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 6 ge Abstimmung schon alleine durch gemeinsame Präferenzen, Werte, Ziele und Kompetenzen leichter und transaktionsspezifisch gesehen gleichzeitig günstiger. Auch eine gute Reputation lässt die Wahrscheinlichkeit von opportunistischem Verhalten sinken, da sie als wichtiger Faktor geschützt und verteidigt werden muss. Allerdings sind soziale Kontrollmechanismen alles andere als unfehlbar. Sie bergen die Gefahr einerseits eines unfairen Verhaltens (Schwarzfahrerverhalten) andererseits darf ein Vertragspartner auch nicht von dem Vorhandensein einer einheitlichen Kultur ausgehen. Schließlich ist weder eine hervorragende Reputation, noch eine gemeinsame Kultur oder ein tiefes Vertrauen ein Garant für eine ideale Abwicklung der Transaktion. In der Praxis findet sich die Problematik der Transaktionskosten häufig bei „Makeor-Buy“ Entscheidungen. Folglich sind Transaktionskosten auch der Grund dafür, dass nicht alle Güter und Dienstleistungen am Markt beschaffen werden, sondern vielfach eine Selbsterstellung im eigenen Unternehmen in Betracht gezogen wird, durch die der Marktmechanismus ausgeschaltet wird. Man unterscheidet hierbei zwischen einem horizontalen (marktbasierten) und vertikalen (unternehmensbasierten) Güteraustausch, der wiederum direkten Einfluss auf die Höhe der Transaktionskosten ausübt. Weiters kommt die Transaktionskostentheorie auch bei einigen Internationalisierungsstrategien multinationaler Unternehmungen in der Praxis zur Anwendung, wobei hier vor allem von internationalen strategischen Allianzen wie Jointventures gesprochen wird. Schließlich ist die Transaktionskostentheorie auch bei der Gestaltung von Beschäftigungsverhältnissen nicht mehr wegzudenken. Gerade die Organisation von Arbeitsverträgen, Mitbestimmungsrechten oder dem Kündigungsschutz stehen teilweise ganz im Zeichen der Betrachtung hinsichtlich der Transaktionskosten. 8 Die folgende Abbildung beschreibt hervorragend eine kombinierte Betrachtung der Verhaltensmaßnahmen, die im Rahmen des Transaktionskostenansatzes eine wesentliche Rolle spielen, sowie der typischen Merkmale der Transaktionen, die ihrerseits wieder wesentliche Auswirkungen auf die Höhe der Transaktionskosten haben. In 8 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktionskostenansatz [Abruf: 2007-04-10] Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 7 den folgenden zwei Unterpunkten finden sich dann differenziertere Erläuterungen zu den in der Abbildung erwähnten Begriffen. Abbildung 2: Element- und Wirkungsbeziehungen des Transaktionskostenansatzes 9 2.2 Verhaltensannahmen der Transaktionskostentheorie Die Transaktionskostentheorie unterstellt den beteiligten Vertragspartnern drei spezielle Verhaltensannahmen, die im Gesamtkonzept einen bestimmten, realistischen Menschen abbilden sollen: Beschränkte Rationalität, Opportunismus und Risikoneutralität. 10 9 Meffert/Bruhn (2006), S. 93. 10 Vgl. Nienhüser/Jans (2004). Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 8 Bei der begrenzten Rationalität geht man davon aus, dass durch die eingeschränkte Wahrnehmung und Information der involvierten Akteure ein vollkommen rationales Handeln der Vertragspartner ausgeschlossen wird. Dies begründet sich allerdings auch in Wahrnehmungs- und Verarbeitungsgrenzen sowie in Kommunikationsfehlern der menschlichen Spezies. Dabei wird trotz alle dem unterstellt, dass die Agierenden ein rationales Verhalten anstreben, aufgrund ihrer Fehlbarkeit schließlich aber scheitern. Gerade in Kombination mit einer unsicheren bzw. komplexen Umwelt kann die begrenzte Rationalität in problematischen und unspezifischen Verträgen enden. Gerade in heutigen Zeiten scheint die Problematik des Opportunismus allgegenwärtig zu sein. Durch mögliche Informationsasymmetrien kann ein Vertragspartner dazu verleitet werden durch List und Tücken lediglich seinen Interessen zu folgen und seinen eigenen Nutzen zu maximieren, auch wenn dabei der Gesamtnutzen auf der Strecke bleibt und dem Vertragspartner nachträglich geschadet wird. Diese Art von strategischem Verhalten kann in „Ex-Ante“ - Opportunismus und „Ex-Post“ - Opportunismus unterschieden werden und stellt besonders bei nachvertraglichem Opportunismus eine hohe Gefahr dar, weil hier bereits die meisten Transaktionskosten investiert wurden. Außerdem kann verallgemeinert werden, dass bei einer größeren Anzahl an Vertragspartnern auch die Wahrscheinlichkeit der Neigung zum Opportunismus steigt. Zur Vereinfachung der Transaktionskostentheorie wird schließlich noch Risikoneutralität angenommen. Dabei geht man von einer neutralen Einstellung der Vertragspartner gegenüber allen möglichen Vertragsalternativen aus. Daraus folgt der Rückschluss, dass eine ideale, risikominimierte Transaktion so konstruiert wird, dass die aus beschränkter Rationalität resultierenden Unsicherheitsfaktoren so unwahrscheinlich wie möglich gehalten werden und zweckmäßige Schutzvorrichtungen gegen opportunistisches Verhalten ausgestaltet werden. Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 9 2.3 Merkmale einer Transaktion Die Höhe der Transaktionskosten werden im Wesentlichen von drei Merkmalen beeinflusst, nämlich Faktorspezifität, Unsicherheit und Häufigkeit. Natürlich beeinflussen auch politische, soziale, rechtliche sowie eine Reihe weiterer Faktoren die Transaktionskosten, die aber in der so genannten Transaktionsatmosphäre zusammengefasst werden. Die Faktorspezifität unterstellt, dass mit zunehmendem Spezialisierungsgrad der Investition (z.B. produktspezifische Anlage) die Transaktionskosten ansteigen. Dies muss allerdings im Gegensatz dazu für Produktionskosten durch eventuelle Spezialisierungsvorteile nicht gelten. Weiters steigen die Transaktionskosten schon alleine dadurch an, dass bei hoher Faktorspezifität ein Wechsel zu einem anderen Vertragspartner zunehmend schwieriger und somit teurer wird. Natürlich kann man solche Unsicherheiten durch Aushandeln von detaillierten Verträgen minimieren, auch wenn dieser Vorgang wiederum die Transaktionskosten erhöht! Bei der Unsicherheit unterteilt man zwischen der parametrischen Unsicherheit, welche beschreibt, dass die Vertragsbeteiligten nicht im Stande sind mögliche Umweltunsicherheiten bzw. deren Einflüsse vorauszusehen, um diese in den Vertrag einbinden zu können und Verhaltensunsicherheit. Letzteres folgt aus dem möglichen opportunistischen Verhalten der Akteure bzw. Informationsasymmetrien, die einen Vertragspartner begünstigen würden. Beide Arten der Unsicherheit haben zur Folge, dass die Anpassungs- und Kontrollkosten steigen und somit ganz allgemein die Transaktionskosten. Man geht weiters davon aus, dass diese Arten von Unsicherheiten keinen Einfluss auf Produktionskosten haben. 11 Die Häufigkeit einer Transaktion geht davon aus, dass mit zunehmender Standardisierung bzw. identischer Ausführung der Transaktionen sowohl die Produktions- als auch die Transaktionskosten sinken, wobei sich dies in Skalen- und Synergieeffekten 11 Vgl. Homburg/Krohmer (2006), S. 213f. Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 10 bzw. (Fix-) Kostendegressionsvorteilen begründet. Trotzdem ist die Häufigkeit im Vergleich zu den anderen beiden Faktoren (speziell der Faktorspezifität) zu vernachlässigen. 2.4 Formen der Organisation des Tausches Das Ziel der richtigen Vertrags- bzw. Organisationsform, des so genannten institutionellen Arrangements, die sich entweder in Markt bzw. Hierarchie sowie den dazwischen liegenden Hybridformen ausformen kann, ist einmal wieder die derartige Gestaltung, dass sowohl Transaktionskosten minimal als auch die Transaktionen selbst so effizient wie möglich gestaltet werden. Der Markt ist als institutionelles Arrangement in Betracht zu ziehen, wenn einerseits die Unsicherheit gering gehalten werden kann, also die vertraglichen Leistungen leicht messbar und schließlich auch kontrollierbar sind, und wenn andererseits keine faktorspezifische Investitionen vorhanden sind. Dadurch verfällt kein Vertragspartner in eine Abhängigkeit vom Anbieter und könnte so im Falle von opportunistischem Verhalten (das jedoch durch die hohe Konkurrenz auf den meisten Märkten sowieso relativ unwahrscheinlich scheint) mit geringen Kosten zu einem neuen Anbieter wechseln. Die Hierarchie als Organisationsform ist hingegen bei hoher Unsicherheit und hohen transaktionsspezifischen Investitionen mit geringeren Kosten verbunden. Dadurch werden nämlich offensichtlich hohe Transaktionskosten wie Vertragsanbahnungsund Vertragsgestaltungskosten eingespart und intern abgewickelt. Opportunistisches Verhalten einerseits und Marktmechanismen andererseits können somit gänzlich ausgeschlossen werden. In der Realität ist es allerdings um ein vielfaches wahrscheinlicher die Hybridform, ein gemischtes Netzwerk, anzutreffen, als die reine Markt- bzw. Hierarchieform. Die Vertragspartner machen hierbei von Sanktionen im Falle opportunistischen Verhaltens Gebrauch oder sichern sich schon „Ex-Ante“ mit detaillierten Verträgen ab. Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 11 Zusammenfassend erklärt die folgende Abbildung, dass gerade bei hohem Aufkommen des Transaktionsmerkmales Faktorspezifität es tendenziell günstiger ist, die Aktionen über die Koordinationsform Hierarchie abzuwickeln, während ein niedriger Spezialisierungsgrad eher den Markt fordert. Abbildung 3: Trabsaktionskosten idealtypischer Koordinationsformen 12 2.5 Vor- und Nachteile der Transaktionskostentheorie Bei einer derart komplexen Organisationstheorie wie dem Transaktionskostenansatz ist es nur natürlich, dass der Vielzahl an Vorteilen auch eine Reihe an Nachteilen gegenübersteht. Die wichtigsten dieser Pro- und Con – Argumente werden im Folgenden zusammengefasst. Die Transaktionskostentheorie hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet zu erklären, weshalb es Organisationen überhaupt gibt und warum es teilweise besser ist, bestimmte Arten von Transaktionen bei gewissen institutionellen Gegebenheiten zu bevorzugen. Weiters konnte mit diesem Ansatz deutlich gemacht werden, dass zur Transaktionsabschlussentscheidung mehr benötigt wird als nur der konkrete Produktionspreis. Außerdem legt die Transaktionskostentheorie auch eine Analyse der Or- 12 Homburg/Krohmer (2006), S. 214. Kapitel 2: Transaktionskostentheorie 12 ganisationsformen dar, die zwischen den verschiedenen Unternehmungen ausgestaltet sind. Diese doch erheblichen Vorteile werden allerdings durch diverse Nachteile in Frage gestellt. Äußere relevante Einflussfaktoren, wie die Machtverteilung zwischen den Transaktionspartnern werden leider teilweise oder völlig außer Acht gelassen. Ganz generell fehlt weiters oft eine schließende Herstellung eines Zusammenhangs zwischen mehreren Transaktionen. Gerade die Theorien zum institutionellen Arrangement sind mit Vorsicht zu genießen, da sie für ein derart komplexes Entscheidungsgebiet nur unverhältnismäßig wenige Alternativen anbieten und in der Praxis die am wenigsten beschriebe und erforschte Koordinationsform, hybride Netzwerke, mit Abstand am häufigsten vorkommen. Schließlich wird noch ein ganz zentraler Punkt der Transaktionskostentheorie in Frage gestellt: Opportunismus. In der Realität haben Vertragspartner soziale, politische oder kulturelle Beziehungen und können demnach ihrem opportunistischem Verhalten nicht im dem Maß nachkommen, wie in der Theorie angenommen wird. 13 13 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Transaktionskosten [Abruf: 2006-04-10] Kapitel 3: Kundenbeziehungen 13 3 Kundenbeziehungen 3.1 Grundbegriffe und Grundideen des Kundenbeziehungsmanagement In den letzten Jahren hat der Begriff des Customer Relationship Management oder abgekürzt CRM mehr an Bedeutung dazu gewonnen bzw. wird dieser Begriff heute immer intensiver und öfter verwendet. Der vermehrte Einsatz von CRM beruht zum einen auf der Erkenntnis, dass man heutzutage, wo nur mehr marginale Produkt- und Preisunterschiede herrschen, man nur aufgrund eines z.B. niedrigen Preises nicht mehr konkurrenzfähig ist. CRM versucht alle Prozesse, die mit dem Kunden zu tun haben so aufzubauen, dass daraus auf Dauer profitable Geschäftsbeziehungen mit ausgesuchten Kunden resultieren. 14 Viele in der Unternehmenspraxis haben weiters erkannt, dass es um ein Vielfaches günstiger ist, Stammkunden zu halten, als neue Kunden zu akquirieren. Aus diesem Grund ist in sehr vielen Unternehmen der Aufbau und besonders die Pflege von langfristigen Geschäftsbeziehungen sehr groß geschrieben und von großer Bedeutung. „In einer Analyse der Unternehmensberatung A.T. Kearney konnte nachgewiesen werden, dass kundenorientierte Unternehmen bis zu neun Prozent höhere Preise durchsetzen und bis zu sechs Prozent höhere Marktanteile erzielen. Zugleich belegen Untersuchungen, dass es fünfmal teurer ist, einen neuen Kunden zu gewinnen, als bisheriger zu halten.“ 15 Wobei an dieser Stelle nochmals betont werden muss, dass nicht alle Unternehmen es zum primären Ziel haben, langfristige Geschäftsbeziehungen zu haben. Etliche Unternehmungen setzen auf Laufkundschaft und können mit dieser Strategie auch hohe Gewinne generieren.16 14 Vgl. Ahlert/Hesse/Wunderlich (2004), S. 333. 15 Gawlik/Kellner/Seifert (2002), S. 22. 16 Vgl. Homburg/Krohmer (2006), S. 9. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 14 Trotzdem kann man sagen, dass mit dem systematischen Aufbau von langfristigen Geschäftsbeziehungen unzählbare potenzielle Vorzüge für das Unternehmen zum Vorschein kommen können. Homburg und Krohmer sprechen an dieser Stelle von drei wesentlichen Vorteilen: • Umsatzbezogene, • Kostenbezogene und • Stabilitätsbezogene Vorteile Umsatzbezogene Vorteile sagen aus, dass sich im Laufe von Geschäftsbeziehungen die Absatzzahlen bzw. Absatzmengen ändern. Je länger eine Geschäftsbeziehung andauert, bzw. je besser die Unternehmen die persönlichen Bedürfnisse ihrer Kunden erkennen können, desto gezielter können sie diverse Offerten bzw. Angebote abstimmen und folglich werden die Absatzmengen steigen. Umso zufriedener die Kunden gestellt werden können, desto größer wird die gewollte Kaufabsicht sein. Kundenzufriedenheit ist ein unerlässliches Maß für eine dauerhafte Kundenloyalität. Kostenbezogene Vorteile resultieren z.B. aus den sinkenden Transaktionskosten. Je länger eine Geschäftsbeziehung andauert, desto weniger Informationsbzw. Koordinationsaufwand hat man. Außerdem fällt Neukundenakquisition weg, wenn sich die Unternehmen langfristige profitable Geschäftsbeziehungen aufbauen. Wie bereits im oberen Teil der Arbeit angesprochen, sind die Kosten einer Neukundenakquisition nicht zu unterschätzen bzw. wie bereits erwähnt, um ein Vielfaches teurer. Stabilitätsbezogene Vorteile sind bei langfristigen Geschäftsbeziehungen in dem Ausmaß gegeben, dass z.B. Fluktuationen bei externen Einflüssen geringer sind bzw. kaum vorkommen, da mit den Jahren eine gewisse Stabilität entsteht. Davon abgesehen kann man auch sagen, dass mit der Zeit natürlich auch das Ver- Kapitel 3: Kundenbeziehungen 15 trauen des Kunden an das Unternehmen wächst und somit lässt sich der Kunde nicht so schnell abwerben. . 17 3.2 Zielformulierung gien der Kundenbeziehungsstrate- Mit so genannten Erfolgsketten werden beziehungsorientierte Erfolgsgrößen aufgegliedert. Sie werden als kognitive Basis für die Planung, der Steuerung und der Kontrolle des CRM eingesetzt. Folgende Abbildung zeigt diese Erfolgskette. 18 Abbildung 4: Erfolgskette des Relationship Marketing 19 17 Vgl. Homburg/Krohmer (2006), S.524 ff. 18 Vgl. Meffert/Bruhn (2006), S. 78 f. 19 Meffert/Bruhn, (2006), S. 79. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 16 Diese Erfolgskette verdeutlicht weiter, dass es wichtig ist, diverse Marketinginstrumente einzusetzen und dann diese auch gezielt in Form von Analysen oder Interpretationen nachbereitet. 20 Der Leitgedanke bei einer Erfolgskette ist ursprünglich die inhaltliche Kombination von Variablen, die untereinander in Verbindung stehen. Im CRM soll mit der Erfolgskette auch verdeutlicht werden, dass Kundenbeziehungen einige Phasen durchlaufen müssen, bevor daraus wesentliche Erfolge zu verzeichnen sind. Die Erfolgskette wird grundsätzlich in drei Stufen untergliedert, dies geht bei Abbildung fünf sehr gut hervor. 21 Diese drei Stufen werden folgendermaßen bezeichnet: „ 1.) Unternehmensaktivitäten (Input auf Unternehmensseite, hier: Aktivitäten des CRM), 2.) Wirkungen der Unternehmensaktivitäten beim Kunden (z.B. Kundenzufriedenheit, Kundenbindung), 3.) Ökonomischer Erfolg (Output auf Unternehmensseite).“ 22 Im Bereich des CRM werden generell Ziele auf verschiedenen Ebenen verfolgt. Es handelt sich hierbei um 4 Zielkategorien, in denen je nach strategischer Ausrichtung unterschiedliche Unterziele von Bedeutung sein können. 23 20 Vgl. Meffert/Bruhn (2006), S. 79. 21 Vgl.Bruhn (2001), S. 430. 22 Bruhn (2001) S. 431. 23 Vgl. Hippner/Wilde (2006) S. 50. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 17 Abbildung 5: Zielkategorien des CRM entlang der CRM-Erfolgskette24 Als Hauptziel des CRM kann man die ökonomischen Ziele sehen. Es handelt sich hier im Wesentlichen um, Gewinnsteigerungen, Steigerung des Umsatzes oder Steigerung des Deckungsbeitrages. Das Erreichen der ökonomischen Zielsetzungen hängt in erheblichem Maße vom Transaktionskostenverhalten der Kunden ab, so dass als Bedingung für den ökonomischen Erfolg kundenverhaltensbezogene Ziele definiert werden müssen. Kundenverhaltensbezogene Ziele umfassen z.B. Erhöhung von Wiederkauf-, Cross- und Up Selling, Weiterempfehlungsraten und Reduzierung von Kündigungsquoten. Der Ausgangspunkt für Verhaltensänderungen beim Kunden stellt dessen Wahrnehmung des Unternehmens sowie der in Anspruch genommenen Unternehmensleistungen dar. Diese Überlegungen greifen die kundenwahrnehmunsbezogenen Ziele auf, welche durch Zielgrößen wie z.B. Image, Bekanntheit des Unternehmens, Kundenzufriedenheit, Commitment oder wahrgenommener Wert der Unternehmensleistung erfasst werden können. Die kundenorientierten Optimierungsmaßnahmen werden durch prozessbezogene Ziele beschrieben. Im Fokus dieser Zielsetzungen steht in erster Linie eine verbesserte Effizienz und Effektivität der CRM-relevanten Geschäftsprozesse. Exemplarisch können an dieser Stelle die Reduzierung von Durchlaufzeiten und Prozesskosten sowie die Erhöhung der Prozessqualität genannt werden. 3.3 Kundenbeziehungslebenszyklus Der Kundenbeziehungslebenszyklus demonstriert die Beziehung zwischen Anbieter und Nachfrager. Diese Relation bzw. Verbindung wird bei diesem Modell auch in den Vordergrund gestellt. Er zeigt die verschiedenen Phasen einer Kundenbeziehung auf, indem die Beziehungsdauer in Relation zu der Beziehungsintensität gesetzt 24 Hippner/Wilde (2006)S. 50. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 18 wird. 25 Gerade in den letzten Jahren hat dieses Modell aufgrund zahlreicher Publikationen zusätzlich an Aufmerksamkeit gewonnen. Nach Bruhn beschreibt der Kundenbeziehungslebenszyklus „idealtypische Gesetzmäßigkeiten im zeitlichen Verlauf einer Kundenbeziehung, die in verschiedenen Phasen einer Kundenbeziehung resultieren und aufgrund der Intensität der Kundenbeziehung Schlussfolgerungen für das Relationship Marketing zulassen.“ 26 Der eigentliche Grundgedanke des Kundenbeziehungslebenszyklus ist, dass Anbieter und Nachfrager während ihrer Geschäftsbeziehung unterschiedliche Abschnitte in Abhängigkeit von der Stärke der Kundenbeziehung durchlaufen. 27 Zur Erklärung des bereits angesprochenen Begriffes Beziehungsintensität unterscheidet Bruhn zwischen drei Arten von Indikatoren: • Kundenakquise • Kundenbindung • Kundenrückgewinnung Abbildung 6: Phasen des Kundenbeziehungslebenszyklus 28 25 Vgl. http://www.munich-business-school.de/Downloads/MBS-WP-2005-10.pdf [Abruf: 2007-05- 12] 26 Vgl. http://www.munich-business-school.de/Downloads/MBS-WP-2005-10.pdf [Abruf: 2007-05- 12] 27 Vgl. Bruhn (2001), S. 431 f. 28 Meffert/Bruhn (2006), S. 77. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 19 Die Kundenakquisitionsphase bezeichnet die erste Kontaktaufnahme zwischen dem Anbieter und dem Nachfrager. In dieser Phase versucht der Kunde Informationen über den Anbieter zu gewinnen und es findet noch kein Güteraustausch zwischen Kunde und Anbieter statt. Wie bereits erwähnt, geht es in dieser Phase lediglich darum, Informationen zu sammeln, um sich ein besseres Bild über den Anbieter zu machen. Die Kundenbindungsphase ist dadurch gekennzeichnet, dass sich hier die Beziehung zwischen dem Kunden und den Anbieter intensiviert und verstärkt. Zuerst steigt in der Wachstumsphase die Leistungsbeanspruchung durch den Kunden. Anschließend werden die vorhandenen Potenziale des Kunden ausgeschöpft und die Kundenrückgewinnungsphase tritt ein. 29 Zu den Zielen der Kundenrückgewinnungsphase gehören laut Meffert und Bruhn das Verhindern von negativer Mund-zu-Mund-Propaganda und die Verbesserung der Informationsgrundlagen im Hinblick auf Abwanderungsgründe, um in der Zukunft solchen Abwanderungen entgegen wirken zu können. 30 Dann tritt die Gefährdungsphase ein, in dieser eher unerfreulichen Phase denkt der Kunde daran zur Konkurrenz zu wechseln, da er mit den ihm angebotenen Leistungen aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr zufrieden ist. Sollte dieser Fall dann effektiv eintreten, spricht man von der Auflösungsphase. Von Abstinenzphase spricht man laut Bruhn, wenn der Kunde keinerlei Leistungen des bisherigen Anbieters mehr entgegen nimmt und zu einem anderen Anbieter wechselt. 31 3.4 Customer Buying Cycle 29 Vgl. http://www.munich-business-school.de/Downloads/MBS-WP-2005-10.pdf [Abruf: 2007-06- 01] 30 31 Vgl. Meffert/Bruhn (2006), S. 268. Vgl. http://www.munich-business-school.de/Downloads/MBS-WP-2005-10.pdf [Abruf: 2007-05- 14] Kapitel 3: Kundenbeziehungen 20 Der Customer Buying Cycle zeigt den Zusammenhang und die Berührungspunkte zwischen Kunden und Unternehmen. Dieser Zusammenhang wird in verschiedene Phasen aufgegliedert. 32 Auf die Phasen des Customer Buying Cycle oder kurz CBC wird in Kapitel 3.4.1 noch genauer und präziser eingegangen. 3.4.1 Konzept und Phasen des Customer Buying Cycles Der Customer Buying Cycle (CBC) hat sich als Modell zur Strukturierung der Anbieter-Kunden-Beziehung etabliert. Er dient dazu die Bedürfnisse der Kunden zu erkennen und wie bereits erwähnt die Bedürfnisse zwischen Anbieter und Kunden dar zu stellen. Die Anbieter-Kunden Beziehung wird in vier Phase aufgeteilt. Wenn der Kunde mit den Leistungen des Unternehmens zufrieden ist und sich an das Unternehmen binden lässt, dann resultiert daraus ein Zyklus. 33 Abbildung 7: Phasen des Customer Buying Cycle 34 In der Anregungsphase sollten die Bedürfnisse, mit Hilfe von Marktforschung, des potentiellen Kunden erkannt werden und durch externe Einflüsse geweckt werden. Ein externer Einfluss kann z.B. Werbung sein. In dieser Phase hat dieser Interessent noch keinerlei konkrete Kaufabsichten, ist aber nicht abgeneigt. Die Aktivitäten in dieser Phase sind auf alle Interessenten ausgerichtet. Das können einerseits bereits 32 Vgl. http://www.newcome.de/gruenderguide/index.php?timme=&oid=12799 [Abruf : 2007-03-17] 33 Vgl. http://www.marketing.ch/kompetenz/crm/studien/diplomcrm.pdf [Abruf: 2007-04-12] 34 http://www.marketing.ch/kompetenz/crm/studien/diplomcrm.pdf [Abruf: 2007-04-12] Kapitel 3: Kundenbeziehungen 21 bestehende Kunden sein und andererseits aber auch Nichtkunden. Bestehende Kunden und auch Nichtkunden werden durch diverse Marketingprozesse gewonnen. In der nächsten Phase, der Evaluationsphase präzisiert der Kunde seine Vorstellungen und Bedürfnisse. Weiters holt er in dieser Phase diverse Angebote und Preise ein, um sich noch ein besseres Bild vom Anbieter machen zu können. In dieser Phase stellt die Beratung eine enorme Bedeutung dar, der Anbieter muss darauf achten, dass der Kunde ausführlich beraten wird und die gewünschten Informationen erhält. Leider versuchen viele Unternehmen oft z.B. Preise der Konkurrenz zu vertuschen und zu verschleiern. Falls ein Kunde diese Intransparenz erkennt, ist das natürlich alles andere als förderlich für das Unternehmen. In der Kaufphase wird von der Bestellung bis hin zur Leistungserbringung durch das Unternehmen alles inkludiert. Eine problemlose Abwicklung ist hier von unvorstellbarer Wichtigkeit. Der Kunde von heute erachtet hier einen fehlerfreien Prozess als Selbstverständlichkeit. Sollte diese reibungslose Abwicklung nicht der Fall sein, ist das Risiko sehr hoch, dass der Kunde abwandert. Heutzutage wo die Märkte so übersättigt sind, kann man sich leicht neue Anbieter in der selben Branche suchen. In der letzten Phase, der After-Sales-Phase ist die Nachbetreuung des Kunden an oberster Stelle. Im Allgemeinen meint man hier Tätigkeiten, wie Schulung, Kundendienst…etc. Man möchte hier dem Kunden einen Mehrwert bieten, der von anderen Anbietern auffällig unterscheidet. Folglich kann man hier sagen, dass es das Endziel ist, dass sich Kundenzufriedenheit in Kundenbindung umwandelt. Dieser Phase soll sich ein neuer Zyklus anknüpfen. 35 35 Vgl. Walser (2006), S. 44 ff. und http://www.marketing.ch/kompetenz/crm/studien/diplomcrm.pdf [Abruf: 2007-05-16] Kapitel 3: Kundenbeziehungen 22 3.5 Multichannelmanagement und Kundenverhalten 36 Wie nun schon detaillierter erläutert, gewinnt gerade die langfristige Kundenpflege rund um dauerhafte Geschäftsbeziehungen im Customer Relationship Management (CRM) enorm an Bedeutung. Die zentrale Frage lautet nun vor allem wie man in den verschiedenen Phasen 37 des Kaufprozesses auf die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden eingehen kann, um über einen isolierten Verkaufsabschluss hinauszuwachsen. 3.5.1 Multichannelmanagementansatz Aus diesem Grund stellt die professionelle und verstärkte Ausgestaltung der verschiedenen Absatzkanäle die höchste Priorität im Multichannelmanagement dar, da sie nicht nur ein zur Effizienzsteigerung hervorragend geeignetes Mittel, sondern auch ein zentrales Bindeglied zwischen den Vertragspartnern darstellt. Mit dem Multichannelmanagement (Mehrkanalsystem) können viele Reibungspunkte zwischen Anbietern und Nachfragern adäquat abgedeckt werden und stellen somit einen nicht mehr wegzudenkenden Bereich des Customer Relationship Managements dar. Die wesentliche Überlegung diesbezüglich ist, wie das Produkt bzw. die Dienstleistung vom Hersteller zum Kunden gelangt (Weg des Absatzkanals), wobei diese zwei Vertragsbeteiligten noch durch eine Vielzahl an anderen Akteuren erweitert werden können (man denke etwa an Logistikunternehmen). Die folgende Grafik versucht die einzelnen Schritte in einem Absatzkanal festzulegen und zeigt, an welchen Punkten die verschiedenen Akteure mögliche Leistungen erbringen können. 36 Anm.: In die Erläuterungen dieses Kapitels werden lediglich jene Bereiche des Multichannelmana- gement mit einbezogen, die konkret für die Ausarbeitung relevant scheinen. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird daher nicht gestellt. 37 Vgl. Kapitel 3.4 Kapitel 3: Kundenbeziehungen 23 Abbildung 8: Der Absatzkanal als Wertkette 38 Ein differenziert gestaltetes Mehrkanalsystem hat den Vorteil, mit den verschiedenen Kanälen eine breitere Kundenschicht ansprechen zu können und so im Endeffekt auch eine höhere Marktabdeckung zu erreichen. Außerdem kann man somit die spezifischen Kundenwünsche kanalgerecht abwickeln und spezifische Leistungen erbringen. Ganz allgemein trägt das Multichannelmanagement neben der bereits erwähnten Effizienzsteigerung auch zur Kostensenkung bei. Wenngleich die Vorteile von Mehrkanalsystemen überzeugend scheinen, dürfen doch die Nachteile nicht vernachlässigt werden. So stellt beispielsweise eine mögliche Kannibalisierung der Kanäle untereinander eine schwierige Problematik dar. Auch der Verwirrung von Kunden durch eine zu unübersichtlich gestaltete Kanalorganisation sollte möglichst bald vorgebeugt werden. Gerade auch bei einer Vielzahl an verschiedenen Leistungen über verschiedene Kanäle scheint eine Kontrollverlust durch überhand nehmende Komplexität gefährlich zu sein. 3.5.2 Verändertes Kundenverhalten „Aktuelle Ergebnisse der Konsumentenforschung charakterisieren Kunden häufig als individuell, heterogen, multioptional, mobil, souverän, zeitknapp und darauf bedacht, sein Leben einfacher, aber auch abwechslungsreicher zu gestalten.“ 39 Trotz oder gerade aufgrund dieser Darstellung eines modernen Nachfragers ist es schwierig, Kun- 38 Schögel/Schmidt/Sauer (2004), S. 109. 39 Schögel/Schmidt/Sauer (2004), S. 110. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 24 den in ein wenig differenziertes Konzept einzugliedern. An diesem problematischen Wendepunkt setzt das Multichannelmanagement ein, indem die persönlichen und individuellen Präferenzen jedes Kunden durch kanalspezifische Betreuung sichergestellt werden, denn der heutige Kunde möchte die Entscheidung selbst tätigen, wann, wo, mit wem und unter welchen Rahmenbedingungen er einen Kaufprozess startet. Kunden haben trotz allem aber kein Gefühl für verschiedene Kanäle. Sie benützen ganz selbstverständlich jene Absatzkanäle die entweder am naheliegendsten oder am gewohntesten sind und differenzieren hierbei nicht zwischen den einzelnen Kanälen. Neue und alte Kanäle werden parallel verwendet und Eindrücke eines Kanals fließen in die Bewertung anderer (möglicherweise auch theoretisch unvergleichbarer) Kanäle ein. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass Kunden während des gesamten Kaufprozesses den gleichen Kanal in Anspruch nehmen, im Gegenteil, für sie spielt es keine Rolle wann sie welchen Kanal benutzen so lange sie an ihr Ziel, den Kauf, kommen. Der verantwortungsvolle Umgang mit den zur Verfügung gestellten, persönlichen Daten hat für die meisten Kunden höchste Priorität. Gleichzeitig fordern sie aber auch den effizienten Umgang mit ihren Daten, damit auch zu einem späteren Zeitpunkt auf ihre Präferenzen zugegriffen werden kann und nicht bei jedem Kaufprozess die Daten neu erhoben werden müssen. 40 3.6 Customer Lifetime Value Zu Beginn sei an dieser Stelle ein Zitat von Hajo Hippner angeführt, welches den Grundgedanken des Customer Lifetime Value gut widerspiegelt: „Der gewinnbringende Kunde ist ein Kunde, der über die Dauer der Beziehung einen Zahlungsstrom erbringt, der den Kostenstrom des Unternehmens für seine Akquisition und Bedienung um ein akzeptables Minimum überschreitet.“ 41 40 Vgl. Schögel/Schmidt/Sauer (2004), S. 105ff. 41 Hippner/Wilde (2006), S. 18. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 25 Im Zuge der immer wichtigeren Beziehungsorientierung im Bereich des Marketing wurde die Betrachtung des Kundenwerts nochmals überdenkt und auch verändert. Hatte man sich früher eher auf statische Kennziffern gestützt, tendiert man heutzutage fast ausschließlich nur mehr zu einer dynamischen Betrachtung. Weiters ist dieses so genannte proaktive CRM nur mehr möglich, wenn ein anständiges Controlling die Grundlage bietet, das auch Komponenten wie Kundenzufriedenheit oder auch Kundenbindung einbezieht. Und genau diese Verknüpfung von monetären bzw. nichtmonetären Größen wird mit Hilfe des Customer Life Time Values gemacht. 42 Der Customer Lifetime Value oder kurz gesagt der CLV zielt auf die zukunftsorientierte wirtschaftliche Bewertung von Absätzen über einige Perioden ab. Der CLV wird aufgrund prognostizierter Ein- bzw. Auszahlungen berechnet. Die Berechnung erfolgt folgendermaßen: die geplanten Einzahlungsüberschüsse werden mit Hilfe eines Abzinsungsfaktor abgezinst, anschließend werden die Einzahlungen aufsummiert und den Auszahlungen gegenüber gestellt. Es wäre natürlich von Vorteil, wenn ein positiver Wert als Ergebnis herauskommen würde, da dies eine positive Bewertung der Kundenbeziehung bedeuten würde. 43 Nach Homburg/Krohmer ergibt sich der Customer Life Time Value anhand folgender Formel: Abbildung 9: Formel CLV 44 Die Hauptintention des Customer Lifetime Value liegt demgemäß darin, dass man die Geschäftbeziehung mit seinen Kunden monetär darstellt bzw. wie eine Investition behandelt. Aufgrund der bereits oben ausführlich erklärten Investitonsmethode kann man die Qualität der Kundenbeziehung sehr gut bewerten.45 42 Vgl. Meffert/Bruhn (2006), S. 160. 43 Vgl. Homburg/Krohmer (2006), S. 1229 f. 44 Homburg/Krohmer (2006), S. 1229. 45 Vgl. Homburg/Krohmer (2006), S. 1230 f. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 26 3.7 Schnittstellen zwischen Kunden und Unternehmen In allen bereits thematisierten Prozessen aus Kapitel 2 und Kapitel 3 kommen zahlreiche Schnittstellen zwischen Unternehmen und Kunden vor. Für die Höhe der Transaktionskosten ist es mitunter ausschlaggebend für welche Schnittstelle sich ein Kunde entscheidet bzw. vor allem auch welcher Kunde welche Schnittstelle wählt. Wählte ein A-Kunde eine Schnittstelle mit der höhere Transaktionskosten verbunden sind, ist es nicht so problematisch wie wenn ein C-Kunde eine solche Schnittstelle präferiert. 46 Nahezu alle Transaktionskosten entstehen an einem Reibungspunkt Unternehmen/Kunde, woraus sich direkt die enorme Relevanz ihrer differenzierten Gestaltung ergibt. Für den Kunden sind die obersten Qualitätsmerkmale einer adäquaten Schnittstelle Schnelligkeit, Kundenorientierung bzw. Bedürfnisbefriedigung, Individualität und Effizienz. Dies bedingt jedoch, dass die Schnittstellen intern derart angepasst gestaltet sind, dass sie diesen Anforderungen gerecht werden. Jede Schnittstelle hat dabei jedoch sein persönliches Charakteristikum, beispielsweise die außerordentliche Leistungsfähigkeit des Internets. Schnittstellen können in einer Vielzahl an Ausprägungen vorkommen, teilweise äußerst erfolgreich, teilweise weniger beliebt bei Kunden. Anzumerken ist aber, dass die folgende Auswahl an Schnittstellen nur einen Teil aller möglichen Kontaktpunkte wiedergibt und deshalb nicht als vollständig angesehen werden kann. Trotzdem bildet es keine willkürliche Auswahl ab, sondern ist eine Darstellung jener Schnittstellen, die in der heutigen Zeit am meisten gebräuchlich sowie am erfolgreichsten sind. 3.7.1 Internet Center Das Internet stellt zweifelsohne eine der leistungsstärksten und fehlersichersten Schnittstellen dar, auch wenn es bis heute nicht vollständig erprobt ist bzw. sich so- 46 Vgl. Kapitel 4.1.3 Kapitel 3: Kundenbeziehungen 27 zusagen noch in einer Evolutionsphase befindet und immer wieder stark kritisiert wird. Der Vorteil für Kunden liegt auf der Hand: Man „klickt“ sich in Sekunden durch die verschiedenen Angebote und genießt dabei auch noch Vereinfachungen wie Preisvergleichsseiten. Das lässt in der Folge große Effizienzsteigerungen durch schnellere Bearbeitungsprozesse zu. Auch für Unternehmen hat es den Vorteil ganze Verwaltungsaufgabenblöcke nun in die Hand der Kunden zu geben und beispielsweise Adressänderungen autonom von den Kunden organisieren zu lassen. Zudem ist es relativ einfach und meist auch kostengünstig über Homepages Kunden über Produkte, Dienstleistungen, Ansprechpartner und vieles mehr zu informieren. Stellt allerdings diese Seite gleichzeitig den Anspruch mit dem Kunden in Dialog zu treten, sozusagen ein interaktives Medium zu sein, beispielsweise durch Kaufmöglichkeiten etc., dann gestaltet sich die Organisation schon als wesentlich schwieriger und komplexer. Das für das Customer Relationship wesentliche Ziel der Kundenbindung verlangt es aber bedingungslos einen solchen interaktiven Dialog zu gestalten und keinesfalls eine Manipulation bzw. ledigliche Ausschlachtung der für das Unternehmen wichtigen Informationen anzustreben. Wird dies vermieden, können die gesammelten Daten hervorragend zur systematischen Analyse von Kundenbedürfnissen sowie deren Präferenzen herangezogen werden und in einem weiteren Schritt die Produkte und Dienstleistungen dementsprechend angepasst werden. In der Folge können somit auch neue, bisher noch nicht erreichte Kundensegmente angesprochen und für das Produkt bzw. die Dienstleistung begeistert werden. Ohne entsprechendem Bekanntheitsgrad bzw. Image ist aber auch ein Auftritt im Internet nicht erfolgsversprechend und hat angesichts der Fülle an Informationen, die im Web verfügbar sind, meistens nur eine kurze Lebensdauer. Weiters fehlt offensichtlich der direkte Kontakt der Kunden, was die Kundenloyalität stark auf die Probe stellt. Außerdem kann im Internet, trotz zahlreicher Versuche, nicht in dem Maße individuell auf Kunden eingegangen werden, wie es zum Beispiel in Call Centern möglich ist. Gerade bei nicht automatisch beantwortbaren Fragen sind dem Internet Grenzen gesetzt, bei denen Kunden auf alternative Schnittstellen zurückgreifen müssen. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 28 Speziell bei einer Problematik bezüglich des Internets hat man noch keine Lösung gefunden: Verlangt ein Vertrag eine Unterschrift kann dies noch nicht über das Internet abgewickelt werden. Neue Ansätze, wie beispielsweise der in Österreich eingesetzten Bürgerkarte, versuchen zwar diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind aber speziell bei hohen Vertragssummen oder Verträgen mit großer Reichweite gesetzlich noch nicht erlaubt. Ganz generell sind gesetzliche Rahmenbedingungen des Internets zurzeit ein aktuelles Thema, da es teilweise (gerade in Hinblick auf die Privatsphäre der Internetuser) für dieses „neue“ Medium noch unzulängliche gesetzliche Bestimmungen gibt. Trotz dieser doch schwerwiegenden Anzahl an Nachteilen, erfreut sich das Internet immer größerer Beliebtheit. Der Grund hierfür liegt nahe: Das Internet erfüllt die oben genannten Qualitätsmerkmale einer Schnittstelle nahezu vollständig. Das Internet als ein global verfügbares Medium ist für den Kunden preiswert, schnell, leicht zu bedienen, bequem und effizient. Und solange das Internet in die verschiedenen Abläufe wie Vertrieb, Produktion, Auslieferung, Rechnungsstellung und Kundenservice der Unternehmen integriert wird, ist dessen Potential noch lange nicht ausgeschöpft. Zusammenfassen ist das Internet für das CRM aufgrund der schnellen Verbreitung von Informationen und Produkten über die ganze Welt, der Prozessverlagerung auf den Kunden, dem Vorteil des Informationsmediums und des Kaufkanals für den Kunden, der Sammlung von Informationen, auch von Nicht-Kunden und schließlich der Möglichkeit, neue Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten von großer Bedeutung. 47 3.7.2 Call Center Das Call Center ist aus zwei Gründen eine wesentliche Schnittstelle: Einerseits hat so ziemlich jeder Haushalt ein Telefon, weit mehr als ein Internet, und kann somit diesen Kanal problemlos nützen und andererseits ist die Individualität, die Effizienz 47 Vgl. Wehrmeister (2001), S. 161. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 29 durch die möglichen Interaktionen sowie deren Geschwindigkeit unübertroffen. Allerdings muss auch erwähnt werden, dass bei dem Call Center die Erwartungen an eine schnelle Antwortgeschwindigkeit weit höher sind als bei allen anderen Kundenschnittstellen. Dennoch ist es für Unternehmen kaum möglich eine durchschnittliche Erreichbarkeit über 70% – 80%, geschweige denn 100% zu realisieren, da es nicht möglich ist, Spitzenzeiten komplett abzufangen. Einen massiven zusätzlichen Personalaufwand (mit enormen Zuschlägen) benötigt auch ein Call Center, das rund um die Uhr arbeiten muss. Bei heutigen Personalkosten scheint es deshalb verständlich zu sein, dass eine totale Erreichbarkeit schier unmöglich scheint. Gerade Unternehmen, die keine hohe Notwendigkeit in Call Centers sehen, sparen in der Realität meist an dieser Stelle reichlich Geld ein. Dies hat jedoch fatale Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit und letztlich – noch verheerender – auch auf die Kundenbindung. Da an beiden Enden dieser Schnittstelle Menschen sitzen, sind Fehler bzw. Missverständnisse vorprogrammiert. Deshalb variiert auch die Qualität des Call Centers als solches stark und hängt vor allem auch von der Kompetenz der Mitarbeiter und der zur Verfügung stehenden Software ab. Ein umfangreiches Softwarepaket kann hier einiges bewegen und vor allem dem Mitarbeiter auf einfache Weise helfen, die Daten ohne Informationsverlust verlässlich zu sammeln. Dennoch wird von den Call Center Mitarbeitern oftmals eine hohe soziale Kompetenz und Spontaneität abverlangt, speziell wenn eine Anfrage nicht standardisiert ist. Außerdem ist es unumgänglich, dass die Mitarbeiter mit der entsprechenden Software über alle für die Interaktion wesentlichen Informationen ausgestattet werden. Der organisatorische Aufwand eines Call Centers wird häufig rigoros unterschätzt, stellt doch die Integration des Call Centers in den restlichen Unternehmensprozess eine komplexe Anforderung dar. Außerdem finden im Call Center neben der herkömmlichen Telefonie auch umfangreiche Nachbearbeitungen, Beschwerdenmanagement, Kündigungsrückholungen und Vertriebsunterstützungen statt. 48 48 Vgl. Vgl. Wehrmeister (2001), S. 173ff. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 30 3.7.3 eMail Center Bei dem eMail Center muss man generell zwischen zwei verschiedenen Arten von Mails unterscheiden. Einerseits gibt es Formulare auf den Internetseiten, die leicht automatisierbar sind und an die Organisation der Unternehmen nur wenige Ansprüche stellen. So können die Anfragen relativ schnell verarbeitet werden bzw. die Geschwindigkeit der Rückmeldung ist sehr hoch und Daten können auf höchstem Niveau gesammelt werden. Für den Kunden ist es eine äußerst einfache und saubere Methode mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten. Allerdings bleiben die Individualität und der persönliche Kundenkontakt deutlich auf der Strecke. Andererseits stellen aber freitextliche Mails die überwiegende Mehrheit dar. Auch wenn Kunden generell bei Mails längere Rückmeldungszeitspannen in Kauf nehmen als beispielsweise bei Warteschlangen am Telefon, kann bei dieser Art von Mails durch den erhöhten Integration- und Bearbeitungssaufwand nicht von der gleichen Geschwindigkeit ausgegangen werden wie bei automatisierten Formularen. Dennoch steigt im Gegensatz zu letzterem die Individualität, auch wenn die Qualität durch den möglicherweise fehlerhaften, menschlichen Eingriff der gesammelten Daten wiederum sinkt. Daraus ergibt sich im Prinzip der gleiche Arbeitsaufwand wie in Call Centers. Oftmals wird deshalb diskutiert, ob eine Integration des eMail Centers in das Call Center sinnvoll ist, wenngleich in beiden spezifische Fähigkeiten benötigt werden. Oftmals wird bereits in den Unternehmen die Mail-Software mit den Funktionen der Telefonanlagen in den Call Centers zusammengeschlossen, um so ein ganzheitliches System – ganz im Sinne des CRM – zu bekommen. Durch neue technologische Verfahren versucht man, Freitext-Mails automatisch zu klassifizieren, um diese gegebenenfalls beantworten, weiterleiten oder sammeln zu können. Ähnliche, jedoch äußerst vereinfachte, Formen dieser Technologien sind bereits in Gebrauch, beispielsweise Programme, die gezielt nach Schlüsselworten suchen. Nichts desto trotz verlangen bis dato all diese Programme menschliche Nachbereitung und gerade bei der Beantwortung kann man praktisch nie auf Automatisierung zurückgreifen. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 31 3.7.4 Fax Center Das Fax Center bietet einen elementaren Vorteil, der bei den bisherigen Erläuterungen noch völlig unbeachtet blieb. Das Internet hat immer noch nicht in jedem Haushalt Einzug gefunden, somit kann es nicht vorausgesetzt werden. Abhilfe schafft hier gerade das Fax Center, das sowohl von zu Hause (bzw. überwiegend eigentlich vom Arbeitsplatz) aber auch von öffentlichen Orten, wie Postämtern benutzt werden kann. Daneben bietet es die gleichen Vorteile wie ein eMail: es ist schnell geschrieben und leicht handhabbar. Allerdings kann die Beantwortung um ein vielfaches länger dauern, da es nur in den seltensten Fällen auch wieder per Fax retourniert wird. Das Fax wird sowohl aus Kundensicht als auch aus Unternehmersicht eher als ergänzender Kanal angesehen und eignet sich deshalb meistens nicht zur isolierten Anwendung. Daher sollte das Fax Center stets eng mit anderen Kundenschnittstellen verbunden sein. Nimmt das Fax Center in einem Unternehmen einen großen Stellenwert ein sollte möglicherweise überlegt werden, ob nicht ein System zur automatischen Bewertung bzw. Erfassung der eingehenden Faxe eingesetzt wird. Ein derartiges Programm ist jedoch äußerst komplex und verlangt trotz allen Vorteilen meist immer noch menschliche Nachbearbeitung. Auch das Problem der Lesbarkeit stellt heutzutage noch eine gravierende Erschwernis für derartige automatisierte Systeme da. 3.7.5 Persönlicher Vertrieb/ Persönliche Kommunikation Ganz grundsätzlich stellt zwar der persönliche Vertrieb bzw. die persönliche Kommunikation einen nicht wegdenkbaren Teil der heutigen Absatzkanäle dar, wird aber trotzdem aus der Sicht des Customer Relationship Management etwas kritischer betrachtet, weil eingesammelte Informationen einerseits sehr subjektiv bewertet werden können und andererseits diese Daten auch durch menschliche Fehler oftmals verfälscht sind. So sind diese Informationen mit Vorsicht zu genießen und sollten nur nach eingehender Prüfung in die Analyse eingehen. Kapitel 3: Kundenbeziehungen 32 Allerdings ist der persönliche Vertrieb bzw. die persönliche Kommunikation immer noch mit Abstand die individuellste aller Lösungen und bietet dem Kunden – bei kompetenter Betreuung – das Gefühl etwas Besonderes zu sein. Dies stärkt auch in hohem Maße die für das CRM so wichtige Kundenbindung. Gerade jener persönliche, angenehme Kontakt bietet spezielle Vorteile, wobei er aufgrund seiner hohen Kosten grundsätzlich eher eine Schnittstelle für A-Kunden bzw. für Hochpreisprodukte sein sollte. 49 49 Wehmeister (2001), S. 173ff. Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 33 4 Kombination Prozesse/Transaktionen: Einfluss und Einsatzmöglichkeiten des Transaktionskostenkonzeptes auf Kundenbeziehungen 4.1 Erscheinungsarten von Transaktionskosten bei Kundenbeziehungen Wie nun schon eingehender erläutert, treten Transaktionskosten häufig an Reibungspunkten zwischen den Kunden und Unternehmen auf. Bei jedem Verkauf-, Kaufoder Mietprozess hat man es zwingend auch mit Transaktionskosten zu tun. Die Frage stellt sich nun, welche Schlüsse man daraus zieht. Die zentrale Frage lautet dabei wie man den Transaktionskostenansatz so spezifisch einsetzt, dass die Kundenbeziehungen langfristig sowohl billiger als auch effizienter gestaltet werden können bzw. welche Art von Kundenbeziehungen sich am günstigsten auf die Transaktionskosten auswirken. Aus Kundensicht stellt sich jedoch diese Problematik nicht. Für sie ist es allerdings auch, wenn auch meistens unbewusst, von höchster Priorität ihre Transaktionen so effizient wie möglich zu gestalten. Daraus ergibt sich folglich, dass die Möglichkeiten bzw. Grenzen des Transaktionskostenansatzes zur Bewertung von Kundenbeziehungen in Unternehmenssicht und in Kundensicht unterteilt werden müssen. 4.1.1 Aus Unternehmersicht Aus der Unternehmenssicht scheint besonders die gesonderte Betrachtung der Kanäle in Bezug auf Transaktionskosten sinnvoll zu sein. Speziell an diesen Schnittstellen treten gehäuft Transaktionskosten auf und verursachen höhere Gesamtkosten. Sowohl die Vertragsanbahnung, die Vertragsgestaltung, die Vertragsabwicklung als auch unvorhergesehene „ex-post“ Vertragsveränderungen müssen über diese Schnittstellen abgewickelt werden. Das Ziel dahinter ist somit diese Transaktionen derart zu gestalten, dass die Gesamtkosten niedriger werden und die Kundenbeziehungen langfristig gestärkt werden. Aus diesem Grund ist die Integration der richtigen CRM Pro- Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 34 zesse notwenig. Auch die Phasen des im CRM so wichtigen Customer Buying Cycle Prozesses werden letztendlich über die verschiedenen Schnittstellen bzw. Kanäle abgewickelt. Daraus erkennt man, dass eben alle für Transaktionskosten wesentlichen Prozesse in der effizienten Gestaltung der Kanäle enden sollten. Friedman und Furey haben dazu zahlreiche Untersuchungen angestellt. Im speziellen forschten sie, welche Kanäle höhere und welche niedrigere Transaktionskosten haben. Dabei sollten Kunden auf günstige, alternative Kanäle umsteigen, ohne dabei die Kundenzufriedenheit oder die langfristige Kundebindung zu gefährden. Dabei fand man heraus, dass in den meisten Branchen – so etwa bei Banken oder Industrieprodukten – das Internet die geringsten Transaktionskosten aufweist. Abbildung 10: Transaction cost by channel – industrial products 50 Im Mittelfeld liegen meistens Telekommunikationskanäle, während persönlicher Verkauf oder Kontakt praktisch immer die höchsten Transaktionskosten verzeichnet. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Kanälen sind enorm groß: So hat der teuerste Kanal bei industriellen Gütern 50mal höhere Transaktionskosten als der billigste Kanal, das Internet. Die Transaktionskosten werden nach Friedman und Furey wie folgt berechnet: 51 Kosten pro Transaktion = Totalen Kanalausgaben / Anzahl der Transaktionen 50 Friedman/Furey (2003), S. 153. 51 Vgl. Friedman/Furey (2003), S. 61ff. Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 35 An einigen Beispielen aus dem Kundenschnittstellenmanagement kann man exakt erkennen, welche Faktoren entscheidend sind für die Höhe der Transaktionskosten in Verbindung mit Kundenbeziehungen. Das Internet bietet sowohl für Unternehmen als auch für Kunden hervorragende Möglichkeiten zur Reduzierung der Transaktionskosten. Durch die Möglichkeit Kunden sozusagen auch passiv zu erreichen, ohne dass man den Kunden von sich aus anspricht, sinken die Transaktionskosten spürbar, dennoch ist eine Bindung der Kunden nur schwer durchführbar. Durch die Effizienz des Call Centers, vor allem individuell Fragen schnell und verständlich beantworten zu können, sinken sowohl auf Unternehmensseite als auch auf Kundenseite die Transaktionskosten deutlich, auch wenn die Gesamtkosten in Call Centers meistens relativ groß sind. Durch ebenfalls schnelle Antwortquoten und der zudem einfacheren Integration des Mediums eMail (im Vergleich zu Fax oder Brief) können auch hier die Transaktionskosten bei richtiger Hinhabung sinken. Persönlicher Vertrieb und Kontakt ist zwar äußerst effizient, aber durch den hohen Integrationsbedarf und der häufigen subjektiven Färbung mit hohen Transaktionskosten verbunden. Schließlich muss aber noch angeführt werden, dass Transaktionskosten von verschiedenen Produkt- oder Dienstleistungskäufen oftmals nicht miteinander vergleichbar sind. Transaktionskosten hängen natürlich auch stark von der Branche, der Größe der Unternehmen oder Faktoren wie der Erklärungsbedürftigkeit der Produkte ab. Zudem setzt natürlich die Berechnung der Transaktionskosten genügend Datenmaterial und deren laufende Sammlung voraus. 4.1.2 Aus Kundensicht Bisher gibt es nur wenig Literatur zur Bewertung des Transaktionskostenkonzeptes für Kundenbeziehungen. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass sie einerseits schwerer messbar sind und andererseits nur nachrangig im Interesse der Literatur stehen. Die einschlägige Literatur wird selten für die Kundenseite geschrieben, sondern enthält viel mehr Wesentliches für Wirtschaftsfachinteressierte aus Theorie und Praxis. Dennoch ist dies ein Versuch Transaktionskosten auf Kundenseite zu differenzieren basierend auf allen bisher erläuterten Prozessualvorgängen. Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 36 Aus Kundensicht kann man prinzipiell zwei Arten von Transaktionskosten entscheiden. Einerseits gibt es finanzielle Kosten, also jene die sich beim Kunden auch wirklich in Geldminderung niederschlagen und andererseits Opportunitätskosten, also übertragene Kosten wie Zeit, Geduld oder Konzentration. Es ist die Summer beider, die die tatsächlichen Transaktionskosten der Kunden ausmachen. Trotzdem denken natürlich die meisten Kunden nicht in dem Ausmaß strategisch wie es Unternehmen oder Organisationen machen. Einfacher ausgedrückt: Kunden versuchen ihr Ziel, meistens der Kauf, mit dem geringsten Aufwand zu verfolgen. Auch sie haben knappe Ressourcen, die es vernünftig und verhältnismäßig einzusetzen gilt. Bei der Auswahl der Kanäle bzw. der Schnittstellen durch Kunden kommt es schließlich oftmals zu tatsächlichen Kosten. Natürlich spielen sich die Kosten für Kunden in einer weit niedrigeren Höhe als für Unternehmen ab, dennoch sind sie zu berücksichtigen. Providergrundentgelte für die Internetnutung, Telefonanschlussgebühren, Fahrtkosten bis hin zu Energiekosten spielen für Kunden in Bezug auf die Transaktionskosten eine wesentliche Rolle und fließen in die Entscheidung zur Auswahl des geeigneten Kanals mit ein. Dies wäre auch ein geeigneter Ansatzpunkt für Unternehmen, Kunden durch Incentives so zu manipulieren, dass sie die für die Unternehmen günstigsten Kanäle benutzen. Es ist äußerst schwierig eine definitive Aussage darüber zu machen, wie sich Transaktionskosten von Kunden berechnen lassen. Mit Sicherheit ist es eben die Kombination aus tatsächlichen Kosten und Opportunitätskosten, wie angefallene Zeit oder Nerven. Im Letzteren liegt jedoch das Problem: Bei Unternehmen würde diese Zeit einfach mit dem Stundensatz des jeweiligen Mitarbeiters berechnet werden. Wie drückt jedoch ein Kunde seine Opportunitätskosten in Geldeinheiten aus? Dafür wird es wahrscheinlich nie eine konkrete Formel geben können. Es ist vielmehr eine Einschätzung der Kunden selbst, wie viel sie in die entsprechende Kaufentscheidung investiert haben. Deshalb werden die Transaktionskosten von Kunden oft stark nach dem Gefühl variieren und dementsprechend teilweise schwer vergleichbar sein. Eine Hypothese lässt sich allerdings aus Sicht der Autoren aufstellen: Der Nettonutzen der Kunden muss größer sein als die Summer des Preises zuzüglich der in Geldeinheiten ausdrückbaren Transaktionskosten zuzüglich der gefühlten Transaktionskosten. Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 37 Nettonutzen ≥ Preis + Transaktionskosten (in GE) + Transaktionskosten (gefühlt) Solange diese Formel gilt, wird sich der Kunde (ohne Berücksichtigung äußerer Faktoren, die im folgenden Absatz besprochen werden) für den Kauf entscheiden und dabei ein positives Gefühl haben. Nur dann ist es nämlich möglich den Kunden langfristig an ein Unternehmen zu binden bzw. Loyalitäten herzustellen. Trotz dieser Erklärungen, fließt bei Kunden ein wesentlicher Faktor mit ein, der verhältnismäßig hohe Transaktionskosten aus Sicht der Kunden vertretbar macht. Für Kunden ist der soziale Kontext in dem sie sich bewegen eines der wichtigsten Faktoren überhaupt. Diese langjährig aufgebaute soziale Umgebung gilt es zu schützen bzw. zu erweitern. Aus diesem Grund treffen Kunden teilweise irrationale Entscheidungen, bei denen auch hohe Transaktionskosten aufgrund der nicht veränderbaren Rahmenbedingung in Anspruch genommen werden. In der Realität resultiert dies beispielsweise oft aus politischen Beziehungen oder Verwandtschaftsverhältnissen. Ein weiteres Beispiel wäre zum Beispiel ein Mitarbeiter, der von seinem Vorgesetzten den Tipp eines neuen Golfschlägers bekommen hat, der äußerst schwer erhältlich ist. Um dem Vorgesetzten beim nächsten Golfspiel zu imponieren wird der Mitarbeiter alles Mögliche daran setzen, diesen Golfschläger trotz erhöhter Transaktionskosten zu erwerben. Dies resultiert daraus, dass für den Mitarbeiter hier der Nettonutzen wesentlich größer ist als nur der Golfschläger, sondern eben auch mögliche Jobvorteile in der Zukunft. Auch bei besonderen Marken mit gutem Image (z.b.: Callaway Golfausrüstung) kommt dieses Phänomen häufiger vor. Für den Kunden ist nun einmal der Nutzen ein ausdehnbarerer Begriff als für Unternehmen, die zwar auch in einem sozialen Kontext stehen, aber nicht so stark verwickelt sind bzw. sein dürfen als Privatpersonen. Nichts desto trotz kann allerdings auch ein umgekehrter Effekt eintreten, in dem Transaktionskosten durch die sozialen Rahmenbedingungen sinken. Kunden haben zwar meistens das Ziel, das günstigste bzw. beste Angebot zu finden, können dies aber meistens aufgrund von unvollständiger Informationen nicht realisieren. Sie suchen deshalb meistens die beste Leistung in ihrem Umfeld. Oft wird Ihnen dabei durch ihre soziale Umgebung geholfen, wodurch Transaktionskosten sinken, da we- Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 38 sentliche Faktoren wie Informationsbeschaffung wegfallen. Sie haben dadurch möglicherweise nicht den best möglichen Kaufpreis gefunden, in Summe sind die Kosten dennoch häufig niedriger als bei anderen Angeboten, da die Transaktionskosten wesentlich geschmälert wurden. 4.1.3 ABC-Analyse zur Bewertung von TK der Kundenbeziehungen Die ABC-Analyse sagt offensichtlich aus, dass nicht alle Kunden für das Unternehmen von gleicher Wertigkeit sind und große Unterschiede in der Umsatzeinbringung bestehen. A-Kunden bringen dabei, trotz dem mengenmäßig geringsten Anteil, den größten Umsatzanteil. Vergleichsweise viele C-Kunden bringen hingegen nur einen schwachen Umsatzanteil. B-Kunden liegen sozusagen im Mittelfeld und nehmen daher (gerade für spätere Analysen bzw. Kundenbeziehungsplanungen im Unternehmen) eine relativ schwierige Stellung ein. Die folgende Abbildung zeigt noch einmal eine Zusammenfassung dieser Analyse. Abbildung 11: Sollen alle Kunden in gleichem Umfang gebunden werden? 52 52 Michalski (2007), Folie 33. Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 39 So kann, wie an früherer Stelle bereits erläutert, zwischen den Kunden differenziert werden und anhand dieser Gliederung ein Schema erstellt werden, bei welchen Kunden mehr Transaktionskosten und bei welchen weniger in Kauf genommen werden kann. Dies sollte – sofern bereits Daten über Kunden im Unternehmen vorliegen oder Kunden schon vorab als A-, B- oder C-Kunden klassifiziert werden können – zu einer wesentlichen Aufschlüsselung der Transaktionskosten beitragen. Ein von den Autoren selbst durchgeführtes Beispiel soll diese Theorie noch verdeutlichen: Man nehme an ein Unternehmen mit 1000 Kunden und einem prognostizierten Umsatz von 100 Mio. CHF. Rechnet man das durch, würde sich daraus pro A Kunde ein Umsatz von rund 5500 CHF, pro B Kunde von rund 34000 CHF und pro C Kunde von rund 51000 CHF ergeben. Würde man daraus dann Schlüsse für die Transaktionskosten machen wollen, könnte man die Hypothese aufstellen, dass dem Unternehmen ein B Kunde mehr als 6mal soviel Transaktionskosten als ein C Kunde und ein A Kunde rund 1,5mal soviel als ein B Kunde bzw. mehr als 9mal soviel als ein C Kunde Wert sein sollte. Ist das realistisch? Wohl eher nicht! Auch bei Transaktionskosten gibt es so etwas wie Fixkosten, die man nicht umgehen kann. Diese können dann im Falle eines Verlustes bei C Kunden auf B- und A Kunden umgelegt werden. Dennoch verdeutlicht es den enormen Unterschied zwischen der Wertigkeit der Kunden und sollte zumindest einen Anhaltspunkt der Unternehmen bei Kundenbeziehungen darstellen! Auch Kanalbezogen könnten Schlussfolgerungen getätigt werden. Benützen C Kunden generell eher einen teureren Kanal, sollte sich das Unternehmen überlegen, wie es möglich ist C Kunden auf einen günstigeren Kanal zu transferieren, um die Transaktionskosten zu schmälern. Dies erfolgt in der Praxis meist mit Incentives, die einen Anreiz zur Benützung des gewünschten Kanals darstellen. Banken könnten beispielsweise bei dem Versuch C Kunden auf Online Banking zu verschieben, mit Vergebührungsbefreiungen oder Geschenken arbeiten. Vorsicht ist bei dieser Analyse aber trotzdem geboten, denn sie enthält zwei Annahmen. Sind in speziellen Fällen diese zwei Annahmen nicht gegeben, sollten Transaktionskosten nicht nach der ABC-Analyse eingeteilt werden bzw. diese nur mit Vorsicht genossen werden. Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 40 Natürlich ist einerseits die Klassifizierung nach A-, B- und C-Kunden in der Gegenwart nicht allzu schwer durchzuführen. Man kann meist relativ einfach auf Daten zugreifen, welcher Kunde wie viel Umsatz bei seinen letzten Einkäufen gebracht hat. Dementsprechend wird dann nach der Wertigkeit der Kunden die Intensität der Beziehung eingeteilt. Allerdings wird hierbei außer Acht gelassen, dass derzeitig B- und C-Kunden möglicherweise in der Zukunft zu A-Kunden aufsteigen. Eine vergleichsweise geringe Interaktion mit diesen Kunden würde dann möglicherweise zu ihrer Verärgerung führen bzw. langfristig gesehen, im schlimmsten Fall, zu ihrer Abwanderung. Dem sollte aber grundsätzlich damit entgegengewirkt werden, dass allen Kunden – auch wenn nicht mit der gleichen Intensität – die selbe Grundaufmerksamkeit entgegen gebracht werden sollte. Diese Grundaufmerksamkeit könnte das Unternehmen ja dann mit einer Zusatzaufmerksamkeit für A Kunden ausbauen. Im Idealfall würde dann ein C Kunde nicht merken, dass es „nur“ ein C Kunde ist. Ganz grundsätzlich sollte man auch anmerken, dass nicht alle Kunden vergleichbar sind. Manche Kunden stört so etwas nicht, so lange sie das erhalten, was sie sich vorgestellt haben, wohingegen andere die Interaktion brauchen und sehr wohl über eine mindere Aufmerksamkeit verärgert wären. Als problematischer könnte man andererseits die mangelnde Differenzierbarkeit der Ausübung von Kundenbeziehungen ansehen. Man kann schließlich beim Verlaufsprozess nur dann zwischen A-, B- und C Kunden unterscheiden, wenn dies von der Beschaffenheit der Leistung aus möglich ist. Manche Produkte und Dienstleistungen lassen sich nur schwer auf verschiedene Arten verkaufen bzw. würde dies für viel Unternehmen einen zu hohen Organisationsaufwand darstellen. Allerdings muss dir Zusatzaufmerksamkeit nicht unbedingt über den Verkaufsprozess selbst, sondern kann auch „Ex-Ante“ bzw. „Ex-Post“, miteinbezogen werden. In der Praxis ist es beispielsweise häufig, dass A Kunden mehr Informationen zu den Angeboten oder bessere Serviceverträge erhalten, die Kontaktaufnahme wesentlich erleichtert wird etc. und generell intensivere Betreuung vor und nach der Kaufentscheidung besteht. Kapitel 4: Kombination Prozesse/Transaktionen 41 4.2 Schlussfolgerungen Durch diese anschaulichen Beispiele kann man eindeutig erkennen, dass das Transaktionskostenkonzept, egal wie es angewendet wird, oftmals auf seine Grenzen stößt. Es kann ohne Zweifel mit viel Erfolg für wichtige Prozesse sowohl auf Kunden- als auch auf Unternehmensseite herangezogen werden. Dennoch ist eine kritische Betrachtung dieser Vorgehensweise laufend notwendig, um einerseits nicht vom richtigen Pfad abzukommen und andererseits die Effizienz der Theorie überhaupt zu gewährleisten. Weiters ist und bleibt der Transaktionskostenansatz nur ein Prozess einer Erfolgversprechenden Kette an CRM-Prozessen. Isoliert angewendet, kann er zwar kurzfristig Nutzen bringen, langfristig sollte aber dennoch eine systematisch, integrierte Prozesskombination erfolgen. Wird dies dementsprechend umgesetzt, besteht in der Bewertung von Kundenbeziehungen durch den Transaktionskostenansatz noch enormes Leistungs- und Ausbaupotential. Kapitel 5: Zusammenfassung und Ausblick 42 5 Zusammenfassung und Ausblick 5.1 Zusammenfassung Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das CRM in der heutigen Zeit bzw. gerade in der Zukunft einen nicht mehr wegzudenkenden Teil in manchen Branchen einnehmen wird. In dieser Zeit, wo es kaum noch nicht übersättigte Märkte gibt, muss man sich abheben bzw. wie bereits des Öfteren in unserer Arbeit angesprochen, einen Mehrwert schaffen. Diesen Mehrwert schaffen die meisten Unternehmen, indem sie verstärkt auf langfristige Kundenbeziehungen setzen und Prozesse in das Unternehmen einbauen, die dies ermöglichen und zugleich Kosten senken. Hierfür hervorragend geeignet ist eben der Transaktionskostenansatz. 5.2 Ausblick Zusammenfassend wollen die Autoren an dieser Stelle festhalten, dass gerade zu diesem Thema, also dem Transaktionskostenansatz zu Bewertung von Kundenbeziehungen, noch sehr viel Forschungsbedarf besteht. Um den praktisch relevanten Einsatz dieser Theorie für Unternehmen möglich zu machen, sollten konkrete Anwendungsalternativen aufgezeigt werden. Zurzeit ist der Transaktionskostenansatz noch zur sehr Theorie, als dass er bereits flächendeckend in Unternehmen zum Einsatz kommen könnte. Trotzdem würden gerade durch diese Theorie enorme, alternative Einsparungsmöglichkeiten bestehen, ohne immer nur Mitarbeiter rationalisieren zu müssen. Das wesentliche Ziel der nächsten Jahre sollte darin liegen, Unternehmen bewusst zu machen, dass Transaktionskosten entscheidend sein können und diese bedingungslos in die Gesamtkosten mit einfließen müssen. Darüber hinaus sollte deutlich gemacht werden, dass einerseits Kanäle einen großen Kostenposten darstellen und dass andererseits sie hervorragend dazu geeignet sind, Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Würde dies berücksichtigt werden, könnten Unternehmen genauere Preisentscheidungen tätigen und somit präzisere operative und strategische Entscheidungen treffen. Abbildungsverzeichnis 43 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: The Firm’s Cost Scheme ....................................................................... 3 Abbildung 2: Element- und Wirkungsbeziehungen des Transaktionskostenansatzes. 7 Abbildung 3: Trabsaktionskosten idealtypischer Koordinationsformen ................... 11 Abbildung 4: Erfolgskette des Relationship Marketing ............................................ 15 Abbildung 5: Zielkategorien des CRM entlang der CRM-Erfolgskette .................... 17 Abbildung 6: Phasen des Kundenbeziehungslebenszyklus ....................................... 18 Abbildung 7: Phasen des Customer Buying Cycle.................................................... 20 Abbildung 8: Der Absatzkanal als Wertkette ............................................................ 23 Abbildung 9: Formel CLV......................................................................................... 25 Abbildung 10: Transaction cost by channel – industrial products............................. 34 Abbildung 11: Sollen alle Kunden in gleichem Umfang gebunden werden?............ 38 Literaturverzeichnis 44 Literaturverzeichnis Literaturquellen: • Bruhn, M., Relationship Marketing, 1. Aufl., München: Verlag Vahlen 2001. • Gawlik, T., Kellner, J., Seifert, D., Effiziente Kundenbindung mit CRM, 1. Aufl., Bonn: Galileo Press 2002. • Friedman, F., Furey, T., The Channel Advantage, 6. Aufl., Oxford/Woburn: Butterworth-Heinemann 2003. • Hippner, H., Wilde, K. D., (Hrsg.), Grundlagen des CRM, 2. Aufl., München: Gabler 2006. • Hippner, H., Wilde, K.D., (Hrsg.), Management von CRM-Projekten. Handlungsempfehlungen und Branchenkonzepten, 1. Aufl., Wiesbaden: Gabler 2004. • Homburg, C., Krohmer H., Marketingmanagement, 2. Aufl., Wiesbaden: Gabler 2006. • Meffert, H., Bruhn, M., Dienstleisungsmanagement, 5. Aufl., Wiesbaden: Gabler 2006. • Walser, K., Auswirkungen des CRM auf die IT-Integration, Dissertation, Institut für Wirtschaftsinformatik, Universität Bern, 1. Aufl., Lohmar: Eul Verlag 2006. • Wehrmeister, D., Customer Relationship Management. Kunden gewinnen und an das Unternehmen binden, 1. Aufl., Köln: Dt. Wirtschaftsdienst 2001. 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Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäss aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche kenntlich gemacht. Mir ist bekannt, dass andernfalls der Senat gemäss Gesetz über die Universität zum Entzug des aufgrund dieser Arbeit verliehenen Titels berechtigt ist.“ Fribourg, 15.06.2007 Gerhofer Judith - Liebl Veronika