Klinische Pharmakologie und Therapie JWG-Universität FFM Psychopharmakatherapie J. Lötsch Neuroleptika • Wirkungen von Neuroleptika Die antipsychotische Wirkung von Neuroleptika wird über ihre blockierende Wirkung auf Dopamin-Rezeptoren im ZNS vermittelt. Auch einige Nebenwirkungen, vor allem extrapyramidale Symptome) sind so zu erklären. Angriffspunkt Klinisches Korrelat Blockade von D2-Rezeptoren im ZNS mesolimbischwirksam gegen produktive mesokortikales SySymptome der Schizophrestem nie nigro-striatäres Syextrapyramidal-motorische stem Symptome: akut (auch Akathisie), tardiv Area postrema antiemetische Wirkung (eine der wenigen außerhalb der psychiatrischen Therapie genutzten Wirkungen von Neuroleptika) Malignes neuroleptisches Syndrom • Fieber • Rigor • CK-Erhöhung (Muskelzerstörung) • Tachykardie, Blutdrucklabilität • Stress-Leukozytose • Bewusstseinsstörung • Notfallbehandlung: Absetzen des Neuroleptokums, Stabilisierung der Vitalfunktionen (eventuell Anticholinergika, Benzodiazepinen, Dantrolen, welches setzt Calcium aus dem sarkoplasmatischen Retikulum freisetzt und dadurch Muskelkontraktionen hemmen soll) _ Einteilung der Neuroleptika Neben der chemischen Einteilung (siehe oben) werden Neuroleptika nach ihrer antipsychotischen Wirkstärke in hoch, -mittel- und niedrigpotente aufgeteilt. Parallel zur antipsychotische Wirkung haben sie unterschiedlich starke extrapyramidale Nebenwirkungen. Die vegetativen Nebenwirkungen und die sedierende Wirkung verhalten sich dagegen meist umgekehrt zur antipsychotischen Wirkstärke. Benperidol Bromperidol Flupentixol Fluphenazin Fluspirilen Haloperidol Perphenazin Pimozid Risperidon Trifluperidol Clozapin Perazin Sulpirid Zotepin Zuclopenthixol Chlorprotixen Levomepromazin Melperon Pipamperon Promazin Promethazin Thioridazin Triflupromazin Vegetative Wirkung • Sedierende W irkung • Hochpotent • Neuroleptika sind in ihrer pharmakologischen Wirkung aufgrund ihrer chemischen Struktur jedoch nicht auf Dopaminrezeptoren beschränkt. Durch Angriff an anderen Systemen verursachen sie eine Reihe weiterer Wirkungen, die in der Mehrzahl unerwünscht sind. Blockade von H1-Rezeptoren senkt z.B. die Krampfschwelle (EEG vor Therapiebeginn!), und Blockade von α1-Adrenorezeptoren kann die der Wirkung von Antihypertonika verstärken. Durch Blockade von Muskarinrezeptoren werden atropinartige Wirkungen verursacht wie Sedierung, Mundtrockenheit, Obstipation, Urinretetion. Einige unerwünschte Wirkungen von Neuroleptika lassen sich nicht direkt über Rezeptorangriffspunkte erklären. Am wichtigsten ist die Agranulozytose bei Clozapin-Therapie, die in 1(-2)% der Behandlungsfälle auftritt. Sie ist reversibel nach Absetzen von Clozapin. Wöchentliche Blutbildkontrolle bei Clozapintherapie! Mittelpotent • Antipsychotika blockieren (zumeist) D2Rezeptoren Reserpin (ein altes Antihypertensivum) entleert Speichervesikel von Dopamin und hat antipsychotische Wirkungen α-Methyltyrosin (ein Hemmer der Katecholaminsynthese) kann Neuroleptikadosis bei Schizophrenen reduzieren Amphetamin (ein Dopamin-Freisetzer) erzeugt psychotische Symptome bei Gesunden, die wiederum durch Neuroleptika gehemmt werden Amphetamin oder L-DOPA provozieren Symptome bei Schizophrenen Schwachpotent • Angriffspunkt Klinisches Korrelat Blockade von D4-Rezeptoren wirksam gegen produktive und Negativsymptome einer Schizophrenie; Fehlen von extrapyramidal-motorischen Symptomen Extrapyramidal-motorische W irkung Hinweise, die für eine pathogenetische Beziehung von Überaktivität des dopaminergen Systems im ZNS und der Ausbildung einer Psychose sprechen: Antipsychotische W irkung Dopamin-Hypothese der Psychose 1 Klinische Pharmakologie und Therapie JWG-Universität FFM ginn bessern sich oft zuerst Schlaf- und Appetitsstörungen, dann der Antrieb, und erst nach einigen Wochen die eigentliche depressive Stimmungslage. Zu beachten ist, dass der Patient bei wiederhergestelltem Antrieb aber noch tieftrauriger depressiver Stimmung erhöht suizidgefährdet sein kann; eine engemaschige Überwachung bis hin zur Sitzwache kann unter Umständen angezeigt sein. Antidepressiva Amin-Hypothese der Depression MAO-A MAO-A Einteilung der Antidepressiva ReUptake Antidepressiva können nach ihrem Wirkmechanismus eingeteilt werden: 5HT 1A2 NARezeptor (α 1 , β ) G s Gi ATP cAMP 5-HT Rezeptor (5HT 1A, 5HT 2 ) Amin-Reuptake Inhibitoren Selektive SerotoninFluoxetin, Sertralin, Wiederaufnahmehemmer Paroxetin, Fluvoxamin, Citalopram Selektive NoradrenalinReboxetin Wiederaufnahmehemmer Serotonin-NoradrenalinTrizyklika (Amitriptylin, Wiederaufnahmehemmer Nortriptylin, Imipramin, Desipramin) Venlafaxin, Gq Ca PIP 2 IP 3 DAG ++ Enzymakti vität postsynaptisches Neuron Die Aminhypothese sieht die Stimmung als Folge des Gleichgewichts von Noradrenalin (NA) und Serotonin (=5-Hydroxytryptamin, 5-HT). Depression soll der Hypothese nach Folge eines Defizits an monoaminerger postsynaptischer Erregung (NA, 5-HT) sein Eine Reihe von Beobachtungen widersprechen der Aminhypothese, die also die klinischen Wirkungen von Antidepressiva nicht erschöpfend zu erklären vermag: • Amphetamin setzt Noradrenalin (NA) und Serotonin (5-HT) in den frei, wirkt jedoch nicht antidepressiv Die Änderungen der Aminaktivität an den zentralnervösen Sysnapsen können nach Stunden beobachtet werden, während die klinische antidepressive Wirkung erst nach Tagen oder Wochen eintritt. Antidepressiva bewirken letztlich DownRegulation der Aminrezeptoren • • Inhibitoren des enzymatischen Abbaus MonoaminoxidaseTranylcypromin (irreHemmer versibel) Moclobemid (reversibel) Rezeptor-Antagonisten (Hemmung der FeedbackHemmung der Monoaminfreisetzung) 5-HT2A-Antagonisten Nefazodon und SerotoninWiederaufnahmehemmer Mirtazapin 5-HT2A, und α2Antagonisten Antidepressiva-Substanzgruppen Trizyklische Antidepressiva N CH2 CH3 C C N H2 H2 CH3 Imipramin Wirkungen von Antidepressiva Antidepressiva wirken • • thymoleptisch = stimmungsaufhellend thymeretisch = antriebssteigernd, hemmungslösend anxiolytisch = angstlösend • stark ausgeprägt • Ängstlichkeit • Schlaflosigkeit • Appetitlosigkeit • Antrieb • Libido • Traurigkeit • Pessimismus Inhibieren NA- und 5-HT-Reuptake (siehe oben) Unterschiedlich starke sedierendeWirkung: Amitriptilin, Doxepin > Imipramin, Nortriptilin > Desipramin, Protriptilin Unerwünschte Wirkungen: • exzessive Sedation • atropin-ähnliche Effekte • orthostatische Hypotension, • Klasse-1A-(wie Chinidin, Na-Kanal-Blocker)antiarrhythmische Effekte: Verlängerung der Aktionspotentialdauer, arrhythmogener Effekt, ventrikuläre Arrythmien Æ EKG vor Therapiebeginn schwach ausgeprägt 0 1 2 Behandlungswoche 3 4 Die klinischen Wirkungen von Antidepressiva verlaufen nicht unbedingt parallel. Zu Behandlungsbe- 2 Klinische Pharmakologie und Therapie JWG-Universität FFM Therapieüberwachung Heterozyklische Antidepressiva CH3 Monitoring von Blutbild O HC N OH CH2 CH2 N N H3C CH2 CH3 Mianserin Venlafaxin Inhibieren NA- und 5-HT-ReUptake: Venlafaxin Unterschiedlich starke sedierende Wirkung: Mirtazapin, Trazodon > Amoxapin, Maprotilin Aktivierend: Bupropion, Venlafaxin Unerwünschte Wirkungen: • exzessive Sedation • atropinartige Effekte (Amaoxapin, Maprotilin, Mirtazapin, Trazodon) • Inhibition von Cytochrom P450 (z.B. 2D6 Buproprion) ÆInteraktionen mit anderen Arzneimitteln, z.B. Haloperidol Trizyklika 2 mal pro Monat, Mianserin wöchentlich, andere Antidepressiva aller 6 Monate Blutdruck/Puls Regelmäßig Trizyklika monatlich, andere GOT, GPT, γ-GT Antidepressiva aller 6 Monate Behandlungsbeginn, 1. Monat, EKG: Trizyklika halbjährlich Behandlungsbeginn, 1. Monat EEG: Therapeutisches Drug-Monitoring bei Trizyklika (=regelmäßige Kontrollen der Plasmakonzentrationen der Substanzen und Adjustierung der Dosis, um bestimmte „wirksame Konzentrationen“ zu erreichen und zu halten). Johanniskraut SSRIs = ”Selektive Serotonin-ReUptakeInhibitoren“ z.B. Fluoxetin, Paroxetin, Fluvoxamin, Sertralin, Citalopram Geringe antimuskarinerge Wirkungen (evtl. dadurch höhere Akzeptanz) Sind eher aktivierend, daher werden sie morgens verabreicht, damit keine Schlaflosigkeit induziert wird Unerwünschte Wirkungen: Angst, Schwitzen, Schlaflosigkeit, Tremor, GISymptome, Exantheme, Inhibition von Cytochrom P450 (1A2, 2D6, 2C9, 2C19, 3A4) Æ Interaktionen Hypericum perforatum • MAO-Hemmer NA-Release Tyramin Noradren alin Serotonin Moclobemid: reversible Hemmung Dopamin MAO-A Metanephrin Normetanephrin 3-Methoxy-4-Hydroxymandelsäure • • MAO-B 3,4-dihydroxyphenylacetic acid (DOPAC) Tranylcy promin: irreversible Hemmung Tyramin ist ein in Käse und Rotwein enthaltener Freisetzer von Noradrenalin und Serotonin aus den Speichern. Bei mit MAO-Hemmern behandelten Patienten kann nach Genuss von Käse oder Rotwein NA freigesetzt werden und nicht mehr abgebaut werden mit der Gefahr hypertensiver Krisen.Aus dem Gleichen Grunde, d.h., der Gefahr hypertensiver Krisen, dürfen MAOHemmer auch nicht mit den NA-Reuptake Hemmenden Antidepressiva (Trizyklika, Heterozyklika) oder Sympathomimetika kombiniert werden. • Wirkt antidepressiv und kann bei leichten bis mittelschweren Depressionen eingesetzt werden, wenn es ausreichend dosiert ist: Wirkung ab >300 mg, Klinisch Dosen von 500 – 1000 mg/d Wirksame Substanzen: Hypericin, Hyperforin Wirkmechanismus: MonoaminWiederaufnahmehemmung erklärt Wirkungen partiell Nebenwirkungen: o Übelkeit o “Rash” o Müdigkeit, Kraftlosigkeit o Ruhelosigkeit o Photosensitivität o Akute Neuropathie o Episoden von Manie o Serotonin-Syndrom o Kreislauf instabil o Arzneimittelinteraktionen: CYP3A4-Induktion P-Glykoprotein-Induktion (akut auch erst Hemmung) Anwendung von Antidepressiva Depression mit Hemmung: mit Agitiertheit Nicht-sedierendes Antidepressivum (z.B. Nortriptylin, Paroxetin) Sedierendes Antidepressivum (z.B. Amitryptilin, Doxepin) Panikstörung Chronischer neuropathischer Schmerz (nur diese Schmerzform). 3