3. KONZERT IM KANZLERBUNGALOW Mittwoch, 15. Juni 2011, 20 Uhr Im Herzen Frankreichs TRIO JEAN PAUL Ulf Schneider Violine Martin Löhr Violoncello Eckart Heiligers Klavier PROGRAMM KLASSIK BEGEISTERT Foto: Barbara Aumüller Immer wissen, was gespielt wird: Kostenlos unseren Newsletter abonnieren! www.beethoven-orchester.de PROGRAMM Im Herzen Frankreichs Lili Boulanger (1893-1918) D´un matin de printemps (1917/18) Maurice Ravel (1875-1937) Trio für Violine, Violoncello und Klavier a-Moll (1914) Modéré Pantoum: Assez vif Passacaille: Très large Finale: Animé PAUSE Lili Boulanger D´un soir triste (1917/18) Ernest Chausson (1855-1899) Trio für Violine, Violoncello und Klavier g-Moll op. 3 (1881) Pas trop lent. Animé Vite Assez lent Animé TRIO JEAN PAUL Ulf Schneider Violine Martin Löhr Violoncello Eckart Heiligers Klavier In Kooperation mit Die Hoffnungsträgerin der französischen Moderne: Lili Boulanger Unter den Komponistenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts stechen zwei Frauen hervor, deren Werke leider nach wie vor völlig zu Unrecht kaum bekannt sind: Es sind die Schwestern Lili und Nadia Boulanger. Während die ältere Nadia Boulanger, die 1887 geboren wurde, erst 1979 Lili Boulanger starb, wurde Lili nur 24 Jahre alt. Beide stammten aus einer Musikerfamilie. Die Mutter Raissa Mychetsky war Sängerin, der Vater Ernest Boulanger Komponist. Nadia Boulanger wurde übrigens eine der ganz großen Autoritäten der französischen Musikpädagogik: Zunächst unterrichtete sie an der École normale, später am Pariser Konservatorium und schließlich in den USA – unter anderem an der Juilliard School. Zu ihren Schülern gehörten Aaron Copland, Jean Françaix, Philipp Glass und sogar Größen, die man nicht zur so genannten E-Musik rechnet wie Astor Piazzolla und Quincy Jones. Auch Lili Boulanger wäre eine große Karriere vergönnt gewesen, doch die 1893 geborene Komponistin starb bereits 1918 an einer Lungenkrankheit – freilich nicht ohne der Welt faszinierende Beispiele ihrer immensen Begabung hinterlassen zu haben. Schon mit sieben Jahren begann sie zu komponieren, 1901 fand ihr erster öffentlicher Auftritt statt. Trotz ihrer schon 4 früh sehr labilen Gesundheit widmete sie sich voller Hingabe ihrem Kompositionsstudium am Pariser Konservatorium und gewann 1913 als erste Frau den angesehenen Prix de Rome, der mit einem staatlich finanzierten Aufenthalt in Rom verbunden war. Zu diesem Zeitpunkt konnte sie schon ein beträchtliches Œuvre vorweisen. Es bestand aus Chorwerken, Kantaten, Klavier- und Kammermusik. Ihr Rom-Aufenthalt wurde vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs überschattet. Sie kehrte nach Frankreich zurück und stellte sich in den Dienst humanitärer Aufgaben. Sie kam nicht mehr dazu, ein ab 1916 geplantes Opernprojekt nach einem Stoff von Maurice Maeterlinck (der auch für die Vorlage für Debussys Oper Pelléas et Mélisande gesorgt hatte) fertig zu stellen. Kurz vor ihrem Tod entstanden die beiden kammermusikalischen fantasieartigen Charakterbilder „D’un matin de printemps“ und „D’un soir triste“, in denen man Spuren des aufkommenden Impressionismus erkennen kann, mit dem sich die Komponistin sicher noch viel intensiver auseinandergesetzt hätte – wäre sie länger am Leben geblieben. Vor Ausbruch des Krieges: Ravels Klaviertrio Auch für den Komponisten Maurice Ravel sorgte der Erste Weltkrieg für einen deutlichen biografischen Einschnitt. Ravel kam 1875 zur Welt. Sein Geburtsort Ciboure liegt an der spanischen Grenze und Ravels Geburtshaus, Ciboure 5 gehört zum Baskenland. Hierin könnte die Wurzel für Ravels lebenslange Faszination spanischer Einflüsse liegen, die sich unter anderem in seinem berühmtesten Werk – dem populären „Boléro“ – manifestieren. Ravel kam 1889 an das renommierte Pariser Konservatorium und entwickelte schnell ein rebellisches Aufbegehren gegen die alten akademischen Strukturen. Seine Erfahrungen mit dem „Rom-Preis“, der übrigens für eine in Klausur zu komponierende Kantate mit Orchester vergeben wurde, waren eher skandalöser Natur. Ravel, schon im Studium in seinen musikalischen Mitteln sehr zukunftsorientiert, wurde der Preis versagt, was zu einem Eklat und zu einer harten Frontenbildung zwischen den verschiedenen Generationen der Kompositionsprofessoren führte. Seltsamerweise erscheint der Komponist selbst in seinen Aussagen gar nicht wie ein „junger Wilder“. Ihm ging es nie um Provokation. Im Gegenteil: „Wir sollten uns immer daran erinnern” –, so Maurice Ravel Ravel, „dass Sensibilität und Gefühl den wirklichen Inhalt eines Kunstwerkes ausmachen.” Ravel starb an den Folgen eines Autounfalls, den er 1932 erlitt und der zu Lähmungen führte. Schon im Jahre 1908 plante Ravel sein einziges Klaviertrio, das er jedoch erst im Frühling und Sommer 1914 ernsthaft in 6 Angriff nahm und vollendete. Der Komponist verbrachte diese Monate in dem baskischen Ort Saint-Jean-de-Luz. Manche Autoren nehmen an, dass die immense Geschwindigkeit, mit der Ravel dieses erste reife Kammermusikwerk (das einzige Streichquartett von 1903 zählt noch als Jugendwerk) zu Papier brachte, einen bestimmten Grund hatte: Der Komponist sah den Weltkrieg heraufziehen und ahnte voraus, dass er zum Militär einberufen wurde. Wegen seines zu geringen Gewichts befand man ihn jedoch als untauglich, aber wie viele seiner Zeitgenossen suchte er – beseelt vom Geist des Nationalismus und der Meinung, dieser Krieg sei nur eine schnell wieder vorbeigehende Lappalie – einen Weg, um seinem Land zu dienen. Er bewarb sich bei der Luftwaffe, wurde dann jedoch Fahrer bei einer Transporteinheit und wurde als solcher auch an der Front eingesetzt. Das Klaviertrio, das im Januar 1915 in Paris seine Uraufführung erlebte, gilt einerseits als abgeklärter Beitrag zur Kammermusikgattung, den Ravel selbst als „fast zu klassisch“ bezeichnete. Trotzdem zeigen sich in dem dicht gearbeiteten Werk Spuren einer freien Rhythmik, mit der zum Beispiel Igor Strawinski nur knapp zwei Jahre zuvor in seinem 1913 in Paris uraufgeführten „Sacre du printemps“ aufhorchen ließ: Die melodischen Phrasen des auf dem Papier regelmäßig scheinenden Acht-Achtel-Taktes im ersten Satz verschieben sich asymmetrisch. Ravel mag dabei an außereuropäische Einflüsse gedacht haben – tatsächlich stammt der Titel des zweiten Satzes („Pantoum“) aus der malaiischen Dichtkunst. Wenn Ravel die Klassizität des Stückes betont, dann betrifft dies deutlich den dritten Satz – eine nach barocker Struktur gebaute Passacaglia mit 7 ständig wiederholter Basslinie. Im Finale mit seinen unregelmäßigen Taktarten haben Analytiker baskische Volksmusikelemente entdeckt, die Ravel vielleicht am Ort der Werkentstehung gehört hat und von denen er sich inspirieren ließ. Im Schatten César Francks: Chaussons Klaviertrio Auch Ernest Chausson wurde durch einen Verkehrsunfall aus dem Leben gerissen. Allerdings war dabei kein Auto im Spiel, sondern ein Fahrrad. Chausson wurde in eine Familie des typischen französischen Großbürgertums hineingeboren. Sein Vater hatte als Bauunternehmer in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts bei der Sanierung der Pariser Innenstadt ein Vermögen verdient, was dem jungen Ernest die Möglichkeit gab, ohne finanzielle Zwänge Ernest Chausson nach seinen Neigungen zu leben. Immerhin studierte er seinem Vater zuliebe Jura, wandte sich dann jedoch bald den Künsten zu und schwankte eine Weile zwischen Malerei, Literatur und Musik. Im Oktober 1879, also mit Mitte zwanzig schon relativ spät, wurde er Schüler von Jules Massenet am Pariser Konservatorium. Im selben Jahr besuchte er München, wo er eine Reihe von Wagner-Opern hörte. Es war ein einschneidendes Erlebnis: Er entschloss sich nicht nur, der Musik treu zu bleiben – er 8 entwickelte sich auch zu einem leidenschaftlichen Wagnerianer. Ein Besuch in Bayreuth, wo Chausson 1882 die Uraufführung der Oper „Parsifal” miterlebte, verstärkte diese Entwicklung. Bühnenbild der Parsifal-Premiere 1882 Im selben Jahr schrieb Chausson sein erstes bedeutendes Orchesterwerk: Die sinfonische Dichtung „Viviane” – nach einer Geschichte aus der Artussage, die den Komponisten auch zu seiner 1895 vollendeten Oper „Le roi Arthus” inspirierte. Chausson widmete „Viviane” übrigens seiner Verlobten, die er 1883 heiratete. Dass die Hochzeitsreise ebenfalls nach Bayreuth ging, wo das Paar einer weiteren „Parsifal”Aufführung beiwohnte, verstand sich bei diesem Hintergrund von selbst. Doch neben der Bühnen- und Orchestermusik kam in Chaussons Schaffen auch die Kammermusik nicht zu kurz. Das 9 Klaviertrio g-Moll aus dem Jahre 1881 entstand ganz im Zuge der Begeisterung für die deutsche Romantik. Zwei Jahre hatte Chausson nach seinem Misserfolg beim „Rom-Preis“ das Konservatorium verlassen. Neue Orientierung fand er bei dem Kollegen César Franck, der sich ebenfalls darum bemühte, die Sprache Wagners und seiner ästhetischen Weggefährten nicht nur sinfonisch, sondern auch auf dem Boden der Kammermusik in Frankreich zu etablieren. Dabei soll Francks Klavierquintett von 1879 als direktes Vorbild gedient haben. Bei den Zeitgenossen kamen die weiträumig ausgedehnten Themendurchführungen mit dem harmonisch aufgeheizten, an die Grenzen der Tonalität reichenden Klima schlecht an. Das Werk, 1882 uraufgeführt, erhielt schlechte Kritiken. Claude Debussy, der ab den frühen 90er Jahren zu Chaussons engeren Freunden zählte, schrieb: „Du überlastest deine musikalischen Ideen so schwer, dass sie es nicht wagen, sich Dir in ihrem natürlichen Zustand zu präsentieren, aus Angst nicht genug ausgeschmückt zu werden.“ Erst 1919 wurde das Trio gedruckt – 20 Jahre nach dem Tod des Komponisten, der am 10. Juni 1899 tödlich verunglückt war. Oliver Buslau 10 Das Trio Jean Paul Trio Jean Paul Das Trio Jean Paul gehört zu den profiliertesten KammermusikEnsembles der Gegenwart. Zu den Auftritten der jüngsten Spielzeiten gehören Konzerte im Wiener Konzerthaus, in der Berliner Philharmonie, im Palais des Beaux Arts Brüssel, Wigmore Hall London, der Tonhalle Zürich, der Musikhalle Hamburg sowie bei der renommierten Sociedad Filarmónica in Bilbao, der Gulbenkian Foundation Lissabon und im renommierten Liceo de Cámara in Madrid. Nach 1. Preisen bei internationalen Wettbewerben in Osaka (1993), Melbourne (1995) sowie beim Deutschen Musikwettbewerb, begann eine ausgedehnte Konzerttätigkeit, die das Ensemble regelmäßig in die großen Musikzentren sowie auf Tourneen führt. Meisterkurse und Auftritte bei internationalen Festivals sowie Zusammenarbeit mit Musikern wie Sharon Kam, Lars Anders Tomter und Vladimir Mendelssohn ergänzen die vielfältigen künstlerischen Aktivitäten des Trios. 11 Mit der Wahl ihres Namenspatrons Jean Paul bringen die drei Musiker ihre besondere Affinität zum Werk Robert Schumanns zum Ausdruck und verweisen auf ihr künstlerisches Credo, die sprachlich-rhetorischen Elemente der Musik zum Ausgangspunkt ihrer Interpretationen zu machen. Dieser Ansatz spannt den Bogen von den Werken der Klassik über die romantische Idee der „poetischen Musik“ bis zur Musik der Gegenwart. Ein wichtiger Schwerpunkt in der Arbeit dieses Ausnahme-Ensembles ist daher auch die Beschäftigung mit dem zeitgenössischen Repertoire, wie zahlreiche Uraufführungen von namhaften Komponisten zeigen. Eckart Heiligers, Klavier, ist 1964 in Kleve geboren. Sein Studium absolvierte er bei Karl-Heinz Kämmerling in Hannover und Leon Fleisher in Baltimore, USA. Eckart Heiligers ist Professor für Klavier und Kammermusik an der Züricher Hochschule der Künste. Ulf Schneider, Violine, ist 1968 in Braunschweig geboren und Professor an der Hochschule für Musik und Theater Hannover. Er studierte bei Jens Ellermann in Hannover, bei Felix Galimir und Masao Kawasaki an der Juilliard School New York sowie bei Thomas Zehetmair an der Hochschule der Künste in Berlin. Martin Löhr, Violoncello, ist 1967 in Hamburg geboren. Sein Studium bei Wolfgang Mehlhorn in Hamburg, bei Zara Nelsova an der Juilliard School in New York, schloss er bei Wolfgang Boettcher an der Hochschule der Künste in Berlin ab. Martin Löhr ist Solocellist der Berliner Philharmoniker und Professor an der Universität der Künste, Berlin 12 ORCHESTERFEST 17.7.2011 Ab 11 Uhr, Beethovenhalle Eintritt frei! KlassikSpaß für Groß und Klein Wunschkonzert, Kinder- und Familienkonzert, Instrumentenvorstellungen, Publikumsorchester und viele weitere Überraschungen www.beethoven-orchester.de 13 THEATER- UND KONZERTKASSE Tel. 0228 - 77 8008 Windeckstraße 1, 53111 Bonn Fax: 0228 - 77 5775, [email protected] Öffnungszeiten: Mo - Fr 9.00 - 18.30 Uhr, Sa von 9.00 - 16.00 Uhr Tel. Vorbestellung: Mo - Fr 10.00 - 15.30 Uhr, Sa 9.30 - 12.00 Uhr Kasse in den Kammerspielen Am Michaelshof 9, 53177 Bad Godesberg Tel. 0228 - 77 8022 Öffnungszeiten: Mo - Fr 9.00 - 13.00 Uhr und 14.00 - 18.00 Uhr, Sa 9.00 - 12.00 Uhr BONNTICKET: 0228 - 50 20 10, www.bonnticket.de Fax: 0228 - 910 41 914, [email protected] print@home: Karten buchen & drucken von zu Hause aus IMPRESSUM Beethoven Orchester Bonn Generalmusikdirektor Stefan Blunier Wachsbleiche 1 53111 Bonn Tel. 0228 - 77 6611 Fax 0228 - 77 6625 [email protected] www.beethoven-orchester.de Redaktion Markus Reifenberg Brigitte Rudolph Texte Oliver Buslau Gestaltung res extensa, Norbert Thomauske Druck Druckerei Carthaus, Bonn Bildnachweise: Für die Überlassung der Fotos danken wir den Künstlern und Agenturen. 14 HINWEISE Wir möchten Sie bitten, während des gesamten Konzertes Ihre Mobiltelefone ausgeschaltet zu lassen. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir Konzertbesucher, die zu spät kommen, nicht sofort einlassen können. 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