Studie T5 3410 2011 Strategie zur Bewältigung negativer sozialer Identität (niedrigem Gruppenstatus): auf Grundalge der Sozialen Identitätstheorie & Theorie der relativen Deprivation Strategies to cope with negative social identity: Predictions by Social Identity theorie & reltive deprivation theory Mummendey, Kessler, Klink & Mielke (1999) Freidrich-Schiller Universität Jena Einführung In diesem Artikel werden Annahmen bzgl. der Präferenz für unterschiedliche individuelle und kollektive Strategien zur Bewältigung des niedrigen Status der Eigengruppe getestet, die aus der Theorie relativer Deprivation und der Theorie der sozialen Identität abgeleitet werden. Im Mittelpunkt steht eine vergleichende Testung beider Theorien im Hinblick auf die Präferenz für bestimmte Bewältigungsstrategien im Kontext der deutschen Wiedervereinigung. Auf der Grundlage der empirischen Daten wird ein Modell zur Vorhersage der Präferenz von Ostdeutschen für die untersuchten Strategien vorgeschlagen, das zentrale Prädiktoren beider Theorien integriert. Die Studie testete Vorhersagen der Theorie der Sozialen Identität (SIT) und der Theorie Relativer Deprivation (RDT) in Bezug auf die Bevorzugung von Strategien, um mit negativem Gruppenstatus umzugehen. Der Fokus der vorliegenden Forschungsarbeit lag auf dem Vergleich der beiden Theorien bezogen auf ihre unterschiedlichen Muster von Vorhersagen. Zu diesem Zweck wurde eine natürliche Gruppe innerhalb einer besonderen historischen Situation untersucht: Ostdeutsche nach der deutschen Wiedervereinigung. Zunächst wurde die Vorhersagekraft von SIT-Variablen und RDT-Variablen jeweils separat getestet. In einem zweiten Schritt wurde der Versuch unternommen, die beiden Theorien zu integrieren. Die Kombination der SIT-Variablen und der RDT-Variablen führte zu einem integrierten Modell – dieses verweist auf eine differenzierte Vorhersagekraft für Intergruppenstrategien. Die RDT Komponenten erklärten kollektive Strategien, die SIT-Konstrukte bezogen sich auf individuelle Strategien. I. Ausgangspunkt Theorie der sozialen Identität (SIT) & fraternale reltive Deprivation (RDT) Deutschland 1992 nach der Wiedervereinigung 1989-1990 Psychosozialen Situation ⇒ Assimilationsdruck der Ossis sich an die Wessis anzupassen (Miniortät tritt einer Majorität bei) Ossis fühlten sich als Bürger 2. Klasse Überschneidung SIT & RD in folgenden Punkten: • Stabilität ⇒Sozialer Wandel ist möglich ⇒ sozialer Protest • Legimität • Permabilität ⇒ Aufsteigen oder nicht in eine andere Gruppe Es gibt kaum Felduntersuchungen zu SIT & RDT • Niedriger Gruppenstatus ⇒ soziale Identität (SIT) durch Selbstdefinition • Mitglieder einer Gruppen stellen eine Ist ⇔ Soll Diskrepanz fest ⇒ stellen fest das sie einen Soll-Anspruch haben ⇒ negative emotionlae Reaktionen ⇒ System o. Gesellschaft wird dafür verantwortlich gemacht II. Ziele 1) Vergleich der Vorhersagekraft der SIT und RDT Modelle im Hinblick auf die Strategie im Umgang mit dem negativen Status der Eigengruppe im Kontext der Deutschen Wiedervereinigung 2) Explorative Testung eine integrativen Modells III. Ergebnisse: SIT Prädiktoren waren mit individuellen Strategien verbunden; Hoch sig. negtiver Zusammenhang zw. Identifikation mit der Gruppe ⇔ Wahl der Strategien Sig, positiver Zusammenhang zw. Identifikation ⇔ Wahl der kollektiven Stratgien Das SIT erklärt besser Individuelle Strategien RDT Prädiktoren waren mit kollektiven Strategien verbunden (Wettbewerb); soziale Kreativitätsstrategien konnten nur eingeschränkt vorhergesagt werden. Sehr gute Varianzaufklärung für kollektive Stratgien Hoch sig. postiver Zusammenhang zw. Gruppenwirksmkeit ⇔ kollektiven Stragien ⇔ Gruppenwirksamkeit ⇔ fraternalem Ärger RDT erklärt besser kollektive Stratgien Integratives Modell von SIT & RDT Direkter Effekt negativ ⇒ Mobilität (individuell) Positiv ⇒ realitsischen Wettbewerb (kollektiv) Indirketer Effekt negativ ⇒ Identifikation (individuelle Strategien) Positiv ⇒ fraternaler Ärger (kollektive) & Rekategorisierung (individuell) Zweichfach indirekter Effekt Positiv ⇒ Identifikation & Gruppenwirksamkeit (kollektiv) ⇒ temporaler Vergleich (kollektiv) ⇒ Identifikation & Fraternaler Ärger ⇒ Rekategorosierung IV. Hypothese Wahrgenommene Stabilität und Legitimität des inferioren Status der Ingroup sowie wahrgenommene Permeabilität der Gruppengrenzen (soziostrukturelle Faktoren) sagen die Präferenzen in Bezug auf Identitätsmanagement Strategien sowie das Ausmaß an Gruppenidentifikatin vorher. Gruppenidentifikation mediiert den Einfluss von soziostrukturellen Faktoren auf die Wahl der Identitätsstrategie. Leitfrage: Prüfung des Einflusses unterschiedlicher Determinanten von Strategien im Umgang mit negativer sozialer Identität bzw. negativem Eigengruppenstatus. Determinanten und Strategien werden aus zwei Theorien abgeleitet: (1) Theorie der sozialen Identität (2) Theorien relativer Deprivation Vorhergesagte Strategien: Individuelle Strategien Kollektive Strategien Wettbewerb: (Mediator Variablen Soziale Kreativität: a) Individuelle Mobilität (Verbesserung des persönlichen Status) b) Rekategorisierung auf höheren Ebene a) Sozialer Wettbewerb, b) Realistischer Wettbewerb a) Wechsel der Vergleichsdimension: temporal, b) Abwertung der salienten Vergleichdimension V. Experiment 2 Feldstudien: Studie 1 misst SIT & RDT, Studie 2 misst Integratives Modell Studie 1 VPN Ablauf SIT Ergebnis RDT 517 Ost Deutsche ∅ 38 Jahren (17-87) 310f (∅ 36j) 174m (∅ 40j) 291 Arbeiter, 65 Studenten, 64 Selbständige, 32 Arbeitlose, 14 geringfügig Beschäftigte Fragebogen mit einem Messzeitpunkt 5 Punkte Skale (stimme nicht zu – stimme sehr zu) 3 Soziokulturelle Variablen Mediator ⇒ Eigengruppenidentifikation hoch negative Beziehung zw. Stabilität und Permability 1 Materielle Status Variable Mediator 1 ⇒ fraternale relative Deprivation (Gefühl o. Ärger) Mediator 2 ⇒ Gruppeneffekt Studie 2 RDT alles wie bei Studie 1 (Folger 1986, 87) VI. Design Studie 1 Pfadanalyse LISERL 8 Prädiktoren Stabilität Legimität Permabilität Referent Outcome Mediatoren soizale Identifikation Fraternaler Ärger Gruppenwirksamkeit Strategien Individuelle Mobilität Sozialer Wettkampf Realistister Wettkampf (2 Fragen) (2 Fragen) (2 Fragen) (1 Frage) (2 Fragen) (2 Fragen) (2 Fragen) (2 Fragen) (2 Fragen) (2 Fragen) Studie 2 Pfadanalyse LISERL 8 X2 Test ⇒ Studie 2 um die Passung zu Prüfen (bestätigung des RDT) (136, N= 517)=193.15, p=.0009 Kriteriumsvariable 6 identity managment Stragtegien wurden nur einmal gemessen für RDT und SIT Operationalisierung: Prädiktoren SID Wahrgenommene Stabilität Wahrgenommene Legitimität Wahrgenommene Durchlässigkeit Operationalisierung: Prädiktoren RDT Wahrgenommenes Vergleichsergebnis Wahrgenommene Wahrscheinlichkeit der Verbesserung Wahrgenommene vergleichsbezogene Instrumentalität Intergruppale Resentiments (Mediator) Operationalisierung: Mediatorvariablen Soziale Identifikation (kollektive) Gruppenwirksamkeit Fraternaler Ärger (intergruppale Resentiments). VII. Fazit Das „integrative“ Modell legt nahe, dass soziale Identifikation einen indirekten Effekt auf die Bereitschaft zu kollektiven Strategien (Wettbewerb) ausübt, der über Resentment und kollektive Wirksamkeitswahrnehmung vermittelt wird. Nachfolgende Untersuchungen legen andere Effekte dar ⇒ politolisierte Identität (Machtkampf zw. Eigengruppe ⇔ Fremdgruppe und dieser als größerer politischert Kontext wahrgenommen wird. VIII. Fragen Wie ist das Konzept kollektive Wirksamkeit („group efficacy“) definiert? Kollektiv geteilte Überzeugung, dass die eigene Gruppe bzw. die Gruppenmitglieder in der Lage sind, gruppebezogene Probleme durch gemeinsame Anstrengung zu lösen. Bei welchen Variablen in den von den Autoren spezifizierten Modellen handelt es sich um Mediatorvariablen? Soziale Identifikation, Gruppenwirksamkeit, Fraternaler Ärger. 4. Auf welche Weise wirkt sich dem in Abb. 6 vorgeschlagenen Modell zufolge die wahrgenommene (In)Stabilität der Statusbeziehungen auf die Präferenz für spezifische individuelle und kollektive Strategien aus? Beschreiben Sie sowohl direkte als auch indirekte Effekte. Direkte Effekte: negativ auf Mobilität (individuelle Strategie) und positiv auf realistischen Wettbewerb (kollektive Strategie). Indirekte Effekte 1) über Identifikation negativ auf individuelle Strategien; 2) über fraternalen Ärger positiv auf kollektive Strategien + positiv auf Rekategorisierung (individuelle Strategie) Zweifach indirekte Effekte 1) über Identifikation und über Gruppenwirksamkeit positive Effekte auf kollektive Strategien + positiv auf temporaler Vergleich (kollektive Kreativitätsstrategie) 2) über Identifikation und über fraternalen Ärger positiv auf kollektive Strategien + positiv auf Rekategorisierung. Wenn Personen den inferioren Status der eigenen Gruppe als stabil wahrnehmen, befürworten sie kollektive und verneinen individuelle Strategien. Außerdem führt warhgenommene Stabilität zu stärkerer Identifikation mit der Ingroup und zum fraternalen Ärger auf die Outgroup –zwei Variablen, die ihrerseits die Wahl kollektiver Strategien begünstigen (Ausnahme: Rekategorisierung). Schließlich führt die Wahrnehmung von Stabilität über die Identifikation mit der Ingroup zur Herausbildung der kollektiven Überzeugung, dass die Gruppe die Situation ändern kann sowie zum fraternalen Ärger. Diese Überzeugung und der Ärger fördern wiederum die Wahl kollektiver Strategien. Diskutieren Sie potentielle Einschränkungen der Validität der Feldstudie! Einschränkung der internen Validität: LISREL Modelle sind hinsichtlich der postulierten Zusammenhänge nicht eindeutiges lassen sich in der Regel mehrere Kausalmodelle finden, die mit einer gegebenen Kovarianz- bzw. Korrelationsstruktur im Einklang stehen. Deshalb sollte im Vorfeld genau definiert werden, welche Zusammenhänge erwartet werden. Die Hypothesen sind hier allerdings sehr allgemein gehalten. Die Prüfung der Anpassungsgüte von integrativem Modells führte zu einem signifikanten Chi2 Wert, d.h. die erhobenen korrelativen Daten (Empirie) stimmten mit den aus den Parameterschätzungen reproduzierten Korrelationen im Strukturmodell (Theorie) nicht überein. Andere Fitindizes erwiesen sich als zufrieden stellend. Es handelt sich um eine Querschnittstudie, so dass kausale Effekte theoretisch postuliert und statistisch untermauert werden können, aber zusätzlich z.B. in einer Längsschnittstudie empirisch geprüft werden müssten. Operationalisierung der Kriteriumsvariablen suboptimal = Konstrukte aus zwei verschiedenen Modellen werden durch ein und dieselben Items erfasst mit den Kriterien werden u.U. auch jeweils andere, modellirrelevante Merkmale erfasst. Die Zusammenhänge aus dem geschätzten Modell stimmen mit den Annahmen der SIT nicht überein, siehe z.B. die Effekte der Stabilität auf die Wahl kollektiver Strategien. Einschränkung der externen Validität: Lassen sich die Befunde auf alle Ostdeutschen übertragen? Die Leserin erfährt nichts über die Ziehung der Stichprobe. Lassen sich die Befunde auf andere inferiore Gruppen übertragen? Hier bräuchte man eine Kreuzvalidierung mit einer anderen Stichprobe.