Ausgabe SCHWEIN 04 2011 Dysenterie: In jedem Winter ein Problem Der Fall im Flatdeck: Husten, Husten und noch mal Husten 0 otier Kurz n t Hygiene im Schweinestall: Immer noch Optimierungspotential 0 Buchtipp: Zukunftsorientiertes Bauen für die Tierhaltung 0 Ferkeldurchfall: Wie vorbeugen, welche Medikation ist sinnvoll? Erscheint quartalsweise ISSN 1867-3996 2|3 aktuell TIERGESUNDHEIT SCHWEIN Foto: Dr. Nienhoff Die Bekämpfung der Dysenterie scheint eine Geschichte ohne Ende zu sein. Die Krankheit ist vielen Landwirten leidlich aus eigener Erfahrung bekannt. Die zur Verfügung stehenden Antibiotika wurden in den letzten Jahren stark reduziert und es wurde nur ein Präparat neu zugelassen. Zudem hat sich die Resistenzsituation deutlich verschärft. So sind z.B. etwa 90 % der Stämme resistent gegen Tylosin. Vor dem Hintergrund der Reduktion des Arzneimitteleinsatzes in der Tierhaltung ist zu erwarten, dass die Dysenterie auch in den nächsten Jahren wieder zu hohen wirtschaftlichen Verlusten führen kann. Dr. Hendrik Nienhoff vom Schweinegesundheitsdienst der LWK Niedersachsen informiert deshalb ausführlich über diese Erkrankung, damit Landwirte wissen, was zu tun ist. Die Erreger der Dysenterie werden über den Kot ausgeschieden, allerdings nicht immer während der Erkrankung, so dass dies bei der Diagnostik unbedingt beachtet werden muss. Dysenterie ist eine Faktorenerkrankung Die eigentliche Erkrankung, also schleimig blutiger bis zementfarben breiiger Durchfall, tritt häufig erst dann auf, wenn größere Erregermengen von den Tieren aus dem Kot aufgenommen werden und resistenzmindernde Faktoren wie Stress bei Transport, Umgruppieren, Futterwechsel, schlechtes Stallklima oder andere Erkrankungen vorliegen. Es kommt dann im Dickdarm zum Eindringen der Erreger in die Dickdarmschleimhaut und zu den typischen entzündlichen Veränderungen. Foto: Engels Die Ausprägung der Krankheitserscheinungen ist stark von den oben genannten Faktoren abhängig. So können von Wachstumsdepression über milde Verlaufsformen mit leichten Durchfällen, die relativ unspezifisch sind, bis hin zur klassischen Dysenterie, der schweren Verlaufsform mit Futterverweigerung, Fieber bis 40 °C, blutigem Durchfall und sogar Todesfällen, alle Erscheinungsformen der Erkrankung auftreten. Ferkel erkranken meistens noch nicht an Dysenterie, erst in der Aufzucht oder Mast bricht die Erkrankung aus. Der Erreger Brachyspira hyodysenteriae (früher Serpulina hyodysenteriae) wird über verschiedene Wege in den Bestand eingeschleppt. So sind klinisch gesunde Tiere, die aber Erregerträger sind, eine der Hauptinfektionsquellen. Das zentrale Problem hierbei ist, dass diese Tiere den Erreger nicht kontinuierlich ausscheiden und damit die Diagnose am latent infizierten, klinisch gesunden lebenden Tier äußerst schwierig ist. Ursprung in der Kette der Infektion sind latent infizierte Sauen. Deren Ferkel nehmen in der Säugezeit über den Kot der Sau den Erreger in nicht unerheblicher Menge auf. In aller Regel erkranken die Ferkel aber noch nicht. Erst in der Ferkelaufzucht, der Vor- und Endmast kann es dann zum Ausbruch der Erkrankung kommen. Einmal Dysenterie immer Dysenterie? Ist die akute Erkrankung im Betrieb einmal überstanden, so heißt dies nicht, dass nun der Erreger im Bestand besiegt ist. Brachyspira hyodysenteriae verbleibt bei den Tieren in der Dickdarmschleimhaut und wird diskontinuierlich immer wieder ausgeschieden. Kommen nun wieder resistenzmindernde Faktoren hinzu, so kann es innerhalb eines Mastdurchganges zum Zweit- oder auch Drittausbruch kommen. Ist der Erreger erst einmal im Bestand, so hält er sich bei niedrigen Temperaturen bis zu acht Monaten in der 8 aktuell TIERGESUNDHEIT SCHWEIN Foto: Dr. Nienhoff 4|5 Schleimig blutiger Durchfall weist auf die Dysenterie hin. Gülle und bleibt auch infektionsfähig. Des weiteren sind Ratten und Mäuse ein Erregerreservoir für Brachyspira auf den Betrieben. Auch Fliegen, Personen und Bekleidung inklusive Schuhwerk sowie Transportfahrzeuge sind wichtige Vektoren bei der Übertragung und dem Verbleib des Erregers im Bestand. Wie wird die Diagnose gestellt? Das klinische Bild mit zementfarben breiigem bis schleimig blutigem Durchfall recht- fertigt eine Verdachtsdiagnose und einen Behandlungsversuch. Vor Beginn der Behandlung sollten jedoch Proben für die endgültige Diagnose entnommen werden. Sind Tiere verendet, so sollten Tierkörper zur Sektion gegeben werden, ansonsten ist die Untersuchung mittels PCR und kulturelle Untersuchung von Kotproben die Untersuchungsmethode der Wahl. Besonders die kulturelle Untersuchung von Kotproben mit Erstellung eines Resistenztestes nimmt vor dem Hintergrund der zunehmenden Resistenzbildung immer mehr an Bedeutung zu. Da sich der Erreger aber nur schlecht anzüchten lässt, dauert diese Untersuchung jedoch 17 Tage. Wichtig ist es bei Verdacht mehrere Kotproben untersuchen zu lassen, da, wie bereits erwähnt Brachyspira nicht kontinuierlich ausgeschieden wird. Drei-SäulenBehandlungsstrategie Die gezielte medikamentelle Behandlung aller Tiere der betroffenen Stallabteilungen ist eine zentrale Säule in der Bekämpfung. Welche der wirksamen Medikamente verwendet werden, sollte mit dem Haustierarzt abgesprochen werden. Wichtig ist hierbei, dass die Dosierung der Medikamente eingehalten wird und die Behandlungsdauer ausreichend lange gewählt wird. Bei Futtermedikation ist darauf zu achten, dass bei Futterreduktion die Medikamentenmenge pro kg Futter dementsprechend erhöht wird. Tiere die kein oder wenig Futter aufnehmen, müssen zusätzlich per Injektion behandelt werden. Eine weitere Säule der Bekämpfung ist die Reduktion der Erregerkonzentration im Betrieb. Hierzu ist es vorteilhaft, wenn die Ställe bzw. Abteile im Rein-Raus-Verfahren belegt werden. Vor der Neubelegung eines Abteiles wird die Gülle abgelassen, da sie ein dauerndes Erregerreservoir darstellt. Die Restgülle sollte mit dysenteriewirksamen Mitteln auf Cyanamidbasis behandelt werden, diese wirken auch gegen Fliegen. Hier hat sich z.B. das Alzogur bewährt. Es wird mit drei Litern je Kubikmeter Restgülle mit der Gießkanne im leeren Stall aufgetragen und danach wieder abgespült. Jeglicher Tierkontakt, auch Hautkontakt beim Anwender, ist zu vermeiden, da die Aufnahme von Cyanamidverbindungen zu Todesfällen führen kann. Die dritte wichtige Säule ist die gezielte Bekämpfung der Schadnager. Sie wird leider auf vielen Betrieben unterschätzt. Da vor allem Ratten zum Teil Resistenzen gegen einige der verwendeten Gifte aufgebaut haben, kann es sinnvoll sein sich an einen professionellen Kammerjäger zu wenden, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Gute Erfahrungen haben Betriebe bei hoher Keimbelastung mit einer Sanierung ihres Bestandes gemacht. Der Sanierungsfahrplan im Kasten stellt eine Sanierung für den laufenden Betrieb vor. Der Tierzukauf sollte dann aus Dysenterie-unverdächtigen Betrieben erfolgen. Sanierungsfahrplan für Dysenterie (nach Heggemann/Jungbloot, verändert durch Nienhoff) Vorbereitung: Sanierung möglichst im Sommer n Zeitplan erarbeiten n Probennahme, Resistenztest, Testbehandlung n Eventuell Belegstopp (4 Monate vor Sanierung) n Aufräumen und Entrümpeln im und vor dem Stall n Schadnagerbekämpfung n Leerung der Güllekanäle und Behälter n Kümmerer merzen n Ausdünnungsschlachtung n Personal informieren n Desinfektionsmittel, z.B. Alzogur bestellen n Injektionsmedikamente bestellen n Kein Tierzukauf n Sanierungsphase: Dreiwöchige Futtermedikation aller Tiere n Tägliche Injektion der Ferkel n Hohen Hygienestatus halten n Alle Abteile einmal leer bekommen (Rein und Raus) n Gülle ablassen, Schadnager weiter bekämpfen n Restgüllebehandlung mit Alzogur n Zwischendesinfektion wo immer möglich n Kein Zukauf von Tieren n Nach der Sanierung: Reinigung und Desinfektion der Buchten n Hohe Hygieneniveau halten n Schadnager weiter bekämpfen n Zukauf nur über Quarantäne und Medikation n Tiere und Kot auf Dysenterie-Anzeichen beobachten n Eventuell alle vier bis sechs Monate Kotproben untersuchen n Fazit Dr. Hendrik Nienhoff Foto: Engels Eine Dysenteriebekämpfung im Betrieb ist zur Zeit leider ohne Antibiotika noch undenkbar. Aber auch die begleitenden Maßnahmen wie Schadnagerbekämpfung und die Unterbrechung der Infektionsketten sind eine zwingende Notwendigkeit. Auch die anderen belastenden Faktoren wie Belegdichte, Stallklima, Wasserversorgung u.s.w. sind zu optimieren. Der Zukauf sollte generell aus Dysenterie-unverdächtigen Betrieben erfolgen. Der Aufbau von linearen Strukturen mit festen Ferkelerzeuger-Mäster-Beziehungen erleichtert die Bekämpfung der Dysenterie in den Beständen. Aufgrund der Reduktion des Medikamenteneinsatzes in der Tierproduktion, welcher zum Teil auch eine Wirkung auf das klinische Auftreten von Dysenterie im Betrieb hatte, wird die gezielte Bekämpfung der Dysenterie in den nächsten Jahren nicht an Bedeutung verlieren. n Dysenterie wird auch in den nächsten Jahren große Bedeutung in den Schweineställen haben. 6|7 aktuell TIERGESUNDHEIT SCHWEIN Foto: Engels Der Komplex der Atemwegserkrankungen (engl. Porcine Respiratory Disease Complex = PRDC) ist nach wie vor ein aktuelles Thema für viele Schweine haltende Betriebe in ganz Deutschland. Sogenannte Primärerreger des PRDC wie Mycoplasma hyopneumoniae, PRRSV und SIV (Influenza des Schweines) verursachen im Zusammenspiel mit den Sekundärerregern PCV 2, Pasteurella multocida, Bordetella bronchiseptica, Streptococcusc suis, Haemophilus parasuis (HPS, Glässersche Krankheit), Actinobacillus pleuropneumoniae (APP) Atemwegssymptome mit den unterschiedlichsten Schweregraden. Einen nicht zu unterschätzenden Einflussfaktor haben in diesem Zusammenhang ebenfalls die Haltungsbedingungen und das Herdenmanagement. Aus diesem Grunde werden unter anderem die Glässersche Krankheit und die durch APP hervorgerufene Pneumonie auch als Faktorenerkrankung bezeichnet. Im Folgenden beschreibt der Tierarzt Dr. Tesfaye Worku einen Betrieb mit immer wieder aufflackernden Atemwegsproblemen im Flatdeck und stellt einen möglichen Behandlungsansatz vor. Mit der Auslagerung des Flatdecks aus der Sauenanlage sollte der Gesundheitsstatus der Ferkel verbessert werden. Mithilfe eines sorgfältig abgestimmten Eingliederungsschemas werden die Jungsauen danach zur Herde gestallt. Die Altsauen erhalten routinemäßig Impfungen gegen Parvovirose , Influenza und Coli-Clostridien. Der Betrieb befindet sich in Thüringen und besteht aus einer Sauenanlage und einem neugebauten Flatdeck, welches Ende 2007 zum ersten Mal belegt wurde. Das Flatdeck ist ca. 1 Kilometer Luftlinie von der Sauenanlage entfernt. Die Sauenanlage weist eine gewachsene Struktur auf und hat aus diesem Grunde auch gewisse Nachteile in der Bewirtschaftung. Der Fall im Flatdeck Im Betrieb sind 1.800 Sauen der PICGenetik aufgestallt. Die Anlage wird im Wochenrhythmus bewirtschaftet bei dreiwöchiger Säugezeit. Im Jahr werden 28 Ferkel/ Sau abgesetzt. Das durchschnittliche Absetzgewicht beträgt zwischen 6,0 bis 6,2 kg pro Ferkel. Mit der Auslagerung des Flatdecks Ende 2007 sollten die Ferkelqualität und der allgemeine Zustand der Ferkel verbessert werden. Das neue, etwa einen Kilometer von der Sauenanlage entfernte Flatdeck ist 100 m lang und 40 m breit. Es teilt sich in 21 Abteile für jeweils 380 Tiere. Die PRRS- freie Anlage bezieht ihre Jungsauen aus einem Vermehrungsbetrieb mit SPF- Status (specific pathogen free = SPF). Eine Neueinstallung von Jungsauen erfolgt alle drei Wochen. Es werden 60 Jungsauen eingestallt, die dann in eine sechs Wochen dauernde Quarantäne gehen. In der Quarantäne werden folgende prophylaktische Maßnahmen bei den Jungsauen durchgeführt: Nach der Inbetriebnahme des neuen Flatdecks verschlechterte sich der Gesundheitszustand der eingestallten Tiere jedoch erheblich. Die Tiere zeigten Atemwegssymptome, die insbesondere ab der 6. Lebenswoche auftraten. Zum Zeitpunkt der Ablieferung betrug das Verkaufsgewicht nur 25 bis 26 kg (10. Lebenswoche). ¢ Impfung gegen APP ¢ Impfung gegen PCV 2 ¢ Impfung gegen Parvo ¢ Impfung gegen Influenza Um die Ursache für die aufgetretenen Probleme zu ermitteln, wurden zahlreiche Untersuchungen im Jahr 2008/2009 eingeleitet. In verschiedenen Labors fanden serologische Untersuchungen oder Sektionen lebend gelieferter Läufer statt. Jeweils fünf lebende Läufer wurden vom Flatdeck zur Sektion ins Labor Bakum und dem Staatlichen Labor Bad Langensalza zur Untersuchung eingeliefert. 8 8|9 aktuell TIERGESUNDHEIT SCHWEIN Foto: Engels Organbefunde durch Sektionen und Schlachthofchecks ergaben die Diagnose Mischinfektion mit verschiedensten Atemwegserregern. n Foto: Engels Durch die durchdachte Umstellung der Therapie konnte eine grundsätzliche Ferkelgesundheit erreicht werden, Atemwegsprobleme treten so gut wie nicht mehr auf. aktuell 10 | 11 TIERGESUNDHEIT SCHWEIN ert noti z r u K Hygiene im Schweinestall: Immer noch Optimierungspotenzial Foto: Engels Eine gute Stallhygiene sollte oberstes Gebot sein, denn nur so können Tier und Mensch auf Dauer gesund bleiben. Doch mit Reinigen und Desinfizieren ist es alleine nicht getan. Grundlage eines ordentlichen Hygienemanagements ist neben der Schadnagerund Fliegenbekämpfung die regelmäßige Reinigung und Desinfektion des Stalls, seiner Einrichtung sowie der zugehörigen Gänge und Treibewege. Entscheidend für den Erfolg dieser Maßnahmen sind zunächst die stallbaulichen Voraussetzungen, z.B. ob das Abteil rein-raus gefahren werden kann oder die Oberflächen gut zu reinigen sind. Die Sorgfältigkeit der Reinigung legt den Grundstein dafür, wie gut die abschließende Desinfektion wirken kann. Warmes Wasser, das Vorhandensein einer Einweichanlage und der Zusatz von Waschmitteln ist dabei wichtig. Hygiene zur Vermeidung von Krankheiten ist oberstes Gebot - so sollten Schilder den Eintritt betriebsfremder Personen in den Stall verbieten. Die Desinfektion verläuft optimal, wenn sie mit einem geeigneten Mittel in passender Konzentration und Aufwandmenge als Schaum in einem abgetrockneten Stall bei abgestellter Lüftung mit der vom Hersteller oder der DVG empfohlenen Einwirkzeit durchgeführt wird. Doch auch beim Einstallen neuer Tiere ist Hygiene wichtig. Das heißt zum Beispiel, dass die zur Abferkelung aufgestallten Sauen bereits sie- stumpfe Nadeln verursachen unnötig Stress und Schmerzen. Außerdem steigt das Risiko einer Hämatom- und Abszessbildung. Doch nicht nur die Tiere sind zu waschen. Regelmäßiges Händewaschen und -desinfizieren sollte auch für das Stallpersonal zur Routine werden. Spezielle schonende Reinigungsmittel aus dem Fachhandel beugen rissiger Haut vor, was auch die Hygiene dient, denn in den Hautrissen können sich Bakterien und Viren „verstecken“. Saubere Stallkleidung und stalleigene Gummistiefel brin- Futterschalen sind regelmäßig zu reinigen, gen mehr als das pflichtschuldige Desinfek- denn in den Futterresten vermehren sich Bakterien rasend schnell. tionsbad für Stiefel vor dem Stalleingang. n Buchtipp: Zukunftsorientiertes Bauen für die Tierhaltung. KTBL-Tage vom 6. bis 7. April in Münster/Westfalen Beim Bau von Stallanlagen setzen Landwirte auf den technischen Fortschritt. Dieser eröffnet Horizonte hinsichtlich Produktivität und Arbeitsalltag, wird aber von Teilen der Öffentlichkeit zunehmend kritisch betrachtet. Der Begleitband zur KTBL-Tagung „Zukunftsorientiertes Bauen für die Tierhaltung“ bietet auf 168 Seiten einen umfassenden Einblick in den Stand der Technik beim Bau von Stallanlagen. Die Autoren erläutern die Stallplanung und Standortsuche unter anderem aus der Sicht des Umwelt- und Tierschutzes. Von den Anforderungen der Kreditwirtschaft über die besonderen bauli- chen Anforderungen an Tierhaltungsanlagen bis hin zu neuen Planungsgrundsätzen und verfahrenstechnischen Trends reicht die Bandbreite in den Beiträgen. Referenten aus Praxis, Wissenschaft und Wirtschaft geben Antworten auf die Frage, was zukunftsorientierte Stallbauvorhaben auszeichnet. Das Heft mit der ISBN-Nr. 978-3-94158348-1 kostet 24 Euro und ist erhältlich beim Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e.V., Bartningstr. 49, 64289 Darmstadt, [email protected], www.ktbl.de. Foto: Engels ben bis zehn Tage vor dem Umtreiben entwurmt und enträudet worden sein sollten, damit die Hauptlast an Parasiten im Wartebereich verbleibt. Eine Waschung der Tiere unmittelbar vor oder während des Umstallens entfernt dann den restlichen Schmutz am Tier. Hygienepulver auf der Liegefläche des Ferkelnests, immer frische Einweghandschuhe bei allen Arbeiten am Tier, besonders am Ferkel, saubere Impf- und Injektionsbestecke sowie Skalpelle sollte zum selbstverständlichen Standard gehören. Die Kanülen der Spritzen sollten zumindest gruppenweise gewechselt werden. Bei spürbarem Schärfeverlust Kanüle sofort erneuern, denn aktuell 12 | 13 TIERGESUNDHEIT SCHWEIN Ferkeldurchfall: Wie vorbeugen, welche Medikation ist sinnvoll? Durchfallerkrankungen verursachen beim Schwein neben Atemwegserkrankungen weltweit die höchsten, durch Krankheitserreger hervorgerufenen wirtschaftlichen Verluste. Durchfallerreger gibt es viele. Unsere Autoren Dr. Andrea Ladinig, Dr. Andreas Palzer, Prof. Dr. Mathias Ritzmann geben einen Überblick über die Erreger und geben Tipps, wie im Ernstfall zu handeln ist. Die relevantesten Erkrankungen bei Saug-, Absetz- und Aufzuchtferkeln sind in Tabelle 1 dargestellt. Im Folgenden werden therapeutische und prophylaktische Maßnahmen bei den einzelnen Krankheitsursachen dargestellt. Escherichia coli Escherichia (E.) coli gilt als einer der relevantesten Durchfallerreger bei Saug- und Absetzferkeln. Für den Erfolg einer Therapie gegen Infektionen mit E. coli ist entscheidend, dass Behandlungsmaßnahmen so rasch wie möglich eingeleitet werden. Aufgrund der sich schnell ändernden Resistenzeigenschaften dieser Keime ist die Anfertigung eines Antibiogramms zwingend erforderlich. In eigenen Untersuchungen wurden 174 E. coliIsolate auf ihre Empfindlichkeit gegenüber verschiedener Antibiotika getestet. Dabei wurden sehr hohe Resistenzraten für Lincospectin (86 %), Gentamycin (55 %) und Amoxicillin (52 %) ermittelt. Für Sulfamethoxazol-Trimethoprim betrug die Resistenzrate 38 % und für Colistin 27%. Nur für Enrofloxacin (14 %) und Cefquinome (2 %) lag die Resistenzrate unter 15 %. Foto: Ladinig Neben der antibiotischen Therapie empfiehlt es sich, glukosehaltige Elektrolytlösungen anzubieten. Hierfür sind verschiedene handelsfertige Präparate erhältlich. Bei der Verabreichung dieser Lösungen ist besonderer Wert auf die Hygiene zu legen; so sollten die Elektrolytlösungen immer frisch zubereitet werden und die Tränkeschalen mindestens einmal täglich gereinigt werden. Durchfall bei Schweinen kann durch viele verschiedene Erreger ausgelöst werden - in jedem Fall ist die Erkrankung sehr ernst zu nehmen und schnellstmöglich zu behandeln. Prophylaktische Maßnahmen haben eine Senkung des Infektionsdruckes, eine Optimierung der Haltungsbedingungen sowie eine Verbesserung des Immunstatus der Ferkel zum Ziel. Zu diesen Maßnahmen zählen ein konsequentes Rein-RausVerfahren mit Reinigung und Desinfektion der Stallabteile, adäquate Umgebungstemperaturen (Saugferkel: 30-34°C), Verhinderung von Zugluft, Trockenhalten der Liegeflächen, Vermeidung von Stressfaktoren nach dem Absetzen, etc. Bei Absetzferkeln sind zudem diätetische Maßnahmen, wie Erhöhung des Rohfasergehaltes, restriktive Fütterung, Reduktion des Rohproteingehaltes, Einsatz von Futtersäuren sowie eine Kontrolle der Fütterungstechnik zu empfehlen. Eine Verbesserung des Immunstatus der Ferkel kann durch Impfung der Muttersauen erreicht werden. Abhängig von den nachgewiesenen E. coli-Stämmen, können handelsfertige oder betriebsspezifische Impfstoffe eingesetzt werden, wobei bei erneutem Auftreten klinischer Symptome eine Überprüfung nachweisbarer Stämme und Anpassung des Impfstoffes erforderlich sind. Als Impfschema hat sich eine produktionsorientierte Grundimmunisierung sechs (bis vier) und (vier bis) zwei Wochen vor der Abferkelung, sowie Wiederholungsimpfungen jeweils zwei Wochen vor der Abferkelung bewährt. In Betrieben mit hohem Infektionsdruck kann auch bei den Wiederholungsimpfungen eine zweimalige Impfung erfolgen. Die Impfung von Ferkeln zum Schutz von Durchfallerkrankungen nach dem Absetzen bzw. zum Schutz vor Ödemkrankheit hat unter Praxisbedingungen wechselnde Erfolgsraten. Clostridium perfringens Beim Schwein haben die Clostridium (C.) perfringens Typen C und A klinische Bedeutung. Durchfallerkrankungen durch C. perfringens Typ C treten vorwiegend in der ersten Lebenswoche, oftmals bereits am ersten bis dritten Lebenstag, auf. Ein Durchfallgeschehen in Zusammenhang mit einer C. perfringens Typ A-Infektion wird in letzter Zeit zunehmend beschrieben, wobei der Verlauf in der Regel milder ist als bei C. perfringens Typ C-Infektionen. Eine Antibiotikatherapie (vor allem beta-Lactam Antibiotika) muss möglichst früh erfolgen. Bei Tieren mit ausgeprägter klinischer Symptomatik ist die Therapie aufgrund der Darmschleimhautschädigung jedoch häufig erfolglos. Daher muss besonderer Wert auf die Prophylaxe gelegt werden. Hierfür hat sich die Impfung der Muttertiere bewährt, wobei handelsfertige oder betriebsspezifische Impfstoffe eingesetzt werden können. Eine ausreichende Kolostrumversorgung der Ferkel muss dabei jedoch sichergestellt werden. Die Impfung der Zuchtsauen erfolgt produktionsorientiert (sechs und zwei Wochen ante partum). In manchen Fällen sind eine zusätzliche dritte Impfung der Sauen und/oder eine antibiotische Behandlung der Ferkel an den ersten drei Lebenstagen hilfreich. Zusätzlich besteht die Möglichkeit der Anwendung von Kombinationsimpfstoffen mit E. coli. Kokzidien Der beim Schwein klinisch wichtigste parasitäre Durchfallerreger ist Isospora suis. Andere Kokzidien wie verschiedene Eimeria-Arten können vor allem bei älteren Schweinen zwar nachgewiesen werden, haben jedoch keine klinische Bedeutung. Isospora suis ist weltweit stark verbreitet. Im Gegensatz zu den anderen Durchfallerkrankungen scheinen die Sauen als Infektionsquelle eine untergeordnete Rolle zu spielen, wobei dieser Umstand von einigen Wissenschaftlern bezweifelt wird. Daher ist eine Therapie der Sauen zur Kontrolle von Infektionen der Saugferkel wenig Erfolg versprechend. Die Behandlung erfolgt bei Saugferkeln in der ersten Lebenswoche durch orale Gabe eines Kokzidienpräparates. Um den Infektionsdruck zu reduzieren muss besonderer Wert auf Hygienemaßnahmen gelegt werden. Dazu zählt, dass Abferkelbuchten nach jedem Durchgang gründlich gereinigt und desinfiziert werden. Bei der Desinfektion muss die hohe Widerstandsfähigkeit der Kokzidieneier gegen Desinfektionsmittel berücksichtigt werden. 8 aktuell 14 | 15 TIERGESUNDHEIT SCHWEIN Wirksam sind kresolhaltige Präparate. Des Weiteren soll die Übertragung von einer Bucht zur anderen, z. B. durch Stiefel, Nagetiere etc. verhindert werden. Rotaviren Am stärksten betroffen sind Saugferkel ab der 2. Lebenswoche. Eine gezielte Therapie gegen Rotaviren ist nicht möglich. Behandlungen gegen nachgewiesene Mischinfektionen sind jedoch sinnvoll. Weiterhin empfiehlt sich, den Ferkeln Elektrolytlösungen anzubieten. Prophylaktisch sollte eine gleichmäßige Durchseuchung der Herde versucht werden. Dabei spielen besonders Jungsauen eine wichtige Rolle. Ihnen muss durch Kontaktmöglichkeiten zu Altsauen oder eventuell auch älteren Ferkeln die Möglichkeit einer ausreichenden Immunisierung gegeben werden. Impfstoffe gegen Rotaviren beim Schwein sind nicht erhältlich. TGE/EVD Gezielte therapeutische Maßnahmen gegen die Transmissible Gastroenteritis des Schweines (TGE) sowie die Enzootische Virusdiarrhoe der Schweine (EVD) gibt es nicht. Der Einsatz von Elektrolytlösungen kann kontraproduktiv sein. Hingegen sollte betroffenen Ferkeln reichlich frisches Wasser angeboten werden. Als unterstützende Faktoren für den Heilungsprozess werden eine Erhöhung der Stalltemperatur sowie möglichst trockene und saubere Liegeflächen angesehen. Eine antibiotische Therapie ist angezeigt, wenn sich parallel bakterielle Infektionen, besonders mit E. coli, entwickeln. Als prophylaktische Maßnahme sollte eine Durchseuchung angestrebt werden. Impfstoffe stehen nicht zur Verfügung. Salmonellen Gegen manche Durchfallerreger gibt es Impfstoffe, die bei entsprechend großem Infektionsdruck fü Schweine können mit einer Vielzahl von Salmonellentypen infiziert werden, wobei besonders häufig Infektionen mit S. typhimurium vorkommen. Eine Antibiotikatherapie bei klinischer Salmonellose zielt darauf ab, den Schweregrad der Erkrankung zu minimieren, die Ausbreitung der Infektion zu reduzieren und das Widerauftreten der Erkrankung in der Herde zu verhindern. Hierzu zählt insbesondere die Reduktion der Kontaktmöglichkeiten mit infektiösem Material, was u. a. durch gründliche Reinigung und Desinfektion, Isolation er-krankter Tiere, Minimierung von Tier- und Personalverkehr, sowie Kontrolle und Beseitigung möglicher Eintragsquellen er-reicht werden kann. Weiters sind Überbelegung und Stress zu vermeiden und der Tierkomfort zu optimieren. Diese Ziele sind jedoch schwer erreichbar, weil einerseits viele Salmonellenstämme Resistenzen aufweisen und andererseits die Erreger intrazellulär sitzen und somit zahlreichen Antibiotika nicht zugänglich sind. Generell gilt, dass Antibiotika gegen Salmonellen mit Vorsicht einzusetzen sind, weil durch ihre Anwendung das Auftreten von Dauerausscheidern gefördert werden kann. Entscheidend bei der Bekämpfung von Salmonellen sind Hygiene- und Managementmaßnahmen. Zur Impfung stehen handelsfertige Impfstoffe gegen S. typhimurium und S. cholerae suis zur Verfügung. Möglich sind eine produktionsorientierte Impfung der Sauen und eine Schluckimpfung der Ferkel. Neben den handelsfertigen Impfstoffen können bestandsspezifische Impfstoffe eingesetzt werden. Durch die Impfung lassen sich klinische Erkrankungen verhindern sowie die Nachweisrate von Salmonellen verringern. Eine Elimination von Salmonellen durch Impfung ist jedoch nicht zu erwarten. Salmonelleninfektionen beim Schwein führen in seltenen Fällen zu klinischer Erkrankung, jedoch stellt die symptomlose Infektion ein ernstes lebensmittelhygienisches Problem dar. Um das vom Schweinefleisch ausgehende Risiko für die menschliche Gesundheit zu vermindern, sind Maßnahmen für alle Stufen der Lebensmittelproduktion erforderlich. Dies beginnt bei der Reduktion von Salmonelleninfektionen in Schweinebeständen. International haben sich Untersuchungen von Fleischsaft- bzw. Blutproben zur Erfassung der Salmonellenbelastung auf Bestandsebene eingebürgert. Lawsonia intracellularis Infektionen mit Lawsonia intracellularis können akut oder chronisch verlaufen. Die wesentlich häufigere chronische Verlaufsform r Ruhe sorgen können. Foto: Engels (Porzine Intestinale Adenomatose, PIA) tritt hauptsächlich bei Absetzferkeln und Mastschweinen zwischen der 6. und 20. Lebenswoche auf. Die akute Verlaufsform (proliferative hämorrhagische Enteropathie, PHE), tritt hauptsächlich bei Tieren im Alter zwischen 4 und 12 Monaten auf. Zur Therapie von Lawsonien-Infektionen werden Antibiotika (Makrolidantibiotika, Lincosamide, Pleuromutiline) eingesetzt. Resistenzen gegen diese Wirkstoffgruppen sind bislang nicht aufgetreten. Beim Einsatz einer antibiotischen Therapie ist besonders auf den richtigen Behandlungszeitpunkt zu achten. Die Behandlung sollte genau vor dem Peak der Infektion durchgeführt werden. Bei zu spätem Behandlungsbeginn sind Darmläsionen bereits so weit fortgeschritten, dass die Therapie klinische Symptome und Leistungseinbußen nicht verhindern kann. Eine zu frühe Therapie verhindert die Ausbildung einer aktiven Immunität. Die Tiere infizieren sich nach abgeschlossener Therapie mit dem Erreger und entwickeln klinische Symptome. Die Behandlung sollte nicht nur bei klinisch auffälligen Tieren, sondern auch bei Kontakttieren bzw. -gruppen oral über das Futter oder Trinkwasser erfolgen. Klinisch erkrankte Tiere sollen zusätzlich durch Injektion behandelt werden. Die Dauer der Therapie muss mindestens zwei, besser jedoch drei Wochen betragen. 8 16 aktuell TIERGESUNDHEIT SCHWEIN Zur Prophylaxe steht ein handelsfertiger Lebendimpfstoff zur Verfügung. Die Impfung muss rechtzeitig, also mindesten drei Wochen vor der Infektion erfolgen. Der Impfstoff wird oral verabreicht, entweder mittels Drencher oder über das Trinkwasser. Zu beachten ist, dass den Tieren drei Tage vor bis drei Tage nach der Impfung keine antibiotisch wirksamen Substanzen verabreicht werden dürfen, also ein antibiotikafreies Fenster von sieben Tagen erforderlich ist. Tab. 1: Auftreten von Krankheitserregern des Verdauungstraktes bei Saug-, Absetzund Aufzuchtferkeln 1. Lebenswoche ab 2. Lebenswoche Absetzferkel Aufzuchtferkel E. coli ++ + ++ + Clostridium perfringens Typ A + + + Clostridium perfringens Typ C ++ (+) Isospora suis + ++ Rotaviren Brachyspiren Die Dysenterie zählt insbesondere in Mastbeständen zu den am häufigsten auftretenden infektiösen Erkrankungen mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten, kann jedoch auch in der Aufzucht zu Problemen führen. Diese Erkrankung wird durch eine Infektion mit Brachyspira hyodysenteriae ausgelöst. Neben der Dysenterie tritt die durch Brachyspira pilosicoli hervorgerufene Spirochäteninfektion inzwischen weltweit auf. Die klinischen Symptome sind der Dysenterie sehr ähnlich. Bei akuten klinischen Ausbrüchen kann eine Antibiotikatherapie Todesfälle und größere Leistungsverluste verhindern. Alle Tiere, die direkten oder indirekten Kontakt (z.B. über die Gülle) zu erkrankten Tieren haben, sollten gleichzeitig behandelt werden. Optimal wäre es, behandelte Tiere nach der Therapie in gereinigte und desinfizierte TGE/EVD (+) + (+) (+) (+) (+) (+) Salmonellen + Lawsonia intracellularis ++ Brachyspira hyodysenteriae / pilosicoli + (+): weniger häufig; +: regelmäßig; ++: häufig Bereiche umzustallen. Für einen therapeutischen Einsatz werden meist Präparate wie Tiamulin, Valnemulin, Tylosin oder Lincomycin verwendet. Die Behandlungsdauer sollte 21 Tage betragen. Von verschiedenen Autoren werden teilweise ansteigende Resistenzen, insbesondere bei den beiden letzt erwähnten Präparaten gegenüber verschiedener Brachyspirenspezies beschrieben. Der metaphylaktische Einsatz wirksamer Präparate bei Einstallung der Tiere in die Aufzucht/Mast soll den Infektionsdruck senken und klinische Krankheitsausbrüche verhindern. Impfstoffe gegen die Dysenterie oder die Spirochätendiarrhö stehen derzeit nicht zur Verfügung, werden jedoch in einigen Ländern meist unter experimentellen Bedingungen eingesetzt. n Dr. Andrea Ladinig, Dr. Andreas Palzer, Prof. Dr. Mathias Ritzmann Impressum Herausgeber VetM GmbH & Co. KG Am Stadion 2 - 4 26871 Papenburg Tel: 0 49 61 - 9 82 88 - 17 Fax: 0 49 61 - 9 82 88 - 26 E-Mail : [email protected] Impressum Redaktion VetM GmbH & Co. KG Am Stadion 2 - 4 26871 Papenburg Tel: 0 49 61 - 9 82 88 - 17 Fax: 0 49 61 - 9 82 88 - 26 E-Mail : [email protected] Foto: Engels ISSN 1867-3996 An der Sau sind die Ferkel noch weitestgehend geschützt vor Krankheiten, doch mit nachlassendem mütterlichen Immunschutz steigt das Erkrankungsrisiko. Titelfoto: © CNL IMAGE 360° - Fotolia.com Realisation VetM GmbH & Co. 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