Ernährung Ernährung 86 3.1 Energie-Einheiten kJ = 4,184 · kcal kcal = 0,24 · kJ Die Kalorie war lange Zeit die gemeinsame Einheit aller Energieformen, wie etwa für chemische, elektrische oder kinetische Energie. Sie ist definiert als die Wärmeenergie, die 1 Gramm Wasser bei normalem Atmosphärendruck zugeführt werden muss, um dessen Temperatur von 14,5 auf 15,5 °C zu erhöhen. Da die Anwendung der Kalorie als Einheit wegen der Abhängigkeit der spezifischen Wärme des Wassers von Druck und Temperatur problematisch ist, wird Energie heute durch Umrechnung in Joule definiert. Das Joule ist die abgeleitete gemeinsame SI-Einheit für Energie, Arbeit und Wärme. Für die Umrechnung gilt: 1 cal = 4,184 J bzw. 1 Joule = 0,239 cal. Grundumsatz Altersgruppe Formel für die Voraussage des Grundumsatzes (GU) nach WHO, 1985 Frauen 10–18 Jahre 19–30 Jahre 31–60 Jahre Über 60 Jahre GU = 0,056 · kg KG + 2,898 GU = 0,062 · kg KG + 2,036 GU = 0,034 · kg KG + 3,538 GU = 0,038 · kg KG + 2,755 Männer 10–18 Jahre 19–30 Jahre 31–60 Jahre Über 60 Jahre GU = 0,074 · kg KG + 2,754 GU = 0,063 · kg KG + 2,896 GU = 0,048 · kg KG + 3,653 GU = 0,049 · kg KG + 2,459 Der Energiebedarf des Menschen lässt sich in drei wesentliche Komponenten unterteilen: – Grundumsatz, – Umsatz für körperliche Aktivität und – die Energie für die nahrungsinduzierte Thermogenese. Der Grundumsatz ist der Energieverbrauch einer gesunden Person in Ruhe, morgens vor dem Aufstehen, nach mindestens 12-stündiger Nahrungskarenz in einer thermoneutralen Umgebung. Er entspricht dem Energiebedarf für die Aufrechterhaltung aller lebenswichtigen Prozesse. Beim Erwachsenen mit leichter körperlicher Arbeit macht der Grundumsatz mit 50–60 % den größten Teil des täglichen Energiebedarfs aus. Energie-Einheiten 87 8–12 % werden für die postprandiale Thermogenese, 30–40 % für körperliche Aktivität benötigt. Dazu kommen maximal 10 % für weitere Faktoren, wie z.B. Thermoregulation. Der Grundumsatz kann mittels indirekter Kalorimetrie über die Bestimmung des Sauerstoffverbrauchs und der Kohlendioxidproduktion relativ genau erfasst werden. Einfacher und für die Praxis ausreichend genau lässt sich der Grundumsatz mit statistischer Sicherheit mittels prädiktiver Formeln ermitteln. Sehr häufig werden dazu die von der WHO empfohlenen Formeln benutzt (s.o.). Die Berechnung ergibt den Grundumsatz in MJ/Tag. Durch Multiplikation mit 239 erhält man den Grundumsatz in kcal/Tag. Der Grundumsatz ist keine konstante Größe, sondern unterliegt individuellen Schwankungen. So wird er beispielsweise durch den Schlafrhythmus oder die Außentemperatur beeinflusst. Der Energieverbrauch des Körpers ist in erster Linie von der fettfreien Körpermasse abhängig. Da Frauen einen höheren Anteil an Fettgewebe haben, ist ihr Grundumsatz generell um etwa 10 % niedriger anzusetzen als der von Männern. Im Übrigen hat auch die genetische Veranlagung einen Einfluss auf die Höhe des Grundumsatzes. Mit zunehmendem Alter kommt es durch eine Reduzierung des stoffwechselaktiven Gewebes (v.a. Muskelgewebe) zu einer Verminderung des Grundumsatzes. Übungsaufgaben: Errechnen des Grundumsatzes Errechnen Sie den Grundumsatz folgender Patienten: 3.1.1 3.1.2 3.1.3 Marta Meier, Körpergröße 158 cm, Gewicht 70 kg, 69 Jahre. Karl Schmidt, Körpergröße 180 cm, Gewicht 81 kg, 41 Jahre. Susanne Zack, Körpergröße 162 cm, Gewicht 47 kg, 22 Jahre. Ernährung 88 3.2 Energiebedarf bei körperlicher Aktivität Gesamtenergieumsatz = PAL · Grundumsatz Ein erheblicher Teil des Energieumsatzes beruht auf dem Energiebedarf für körperliche Aktivität. Somit hat die Art der beruflichen Beschäftigung ebenso wie das Freizeitverhalten einen bedeutenden Einfluss auf den täglichen Energiebedarf. Mithilfe der so genannten PAL-Werte (= physical acitivity level) lässt sich der durchschnittliche tägliche Energiebedarf eines Erwachsenen in Abhängigkeit von seiner körperlichen Aktivität leicht als Mehrfaches des Grundumsatzes errechnen. Unter hierzulande üblichen Lebensbedingungen kann der PAL-Wert zwischen 1,2 und 2,4 variieren. Durch den Bezug auf den Grundumsatz werden auch Faktoren wie Körpergewicht, Alter und Geschlecht berücksichtigt. Dadurch wird der Energieaufwand für definierte körperliche Aktivitäten auch bei unterschiedlichen Personen vergleichbar. Für Heranwachsende kann der tägliche Energiebedarf mit der o.g. Formel nicht berechnet werden, da zusätzliche Energie für den Aufbau der Körpermasse benötigt wird. Tab.: PAL-Werte zur Berechnung des durchschnittlichen täglichen Energieumsatzes bei unterschiedlichen körperlichen Aktivitäten PAL* Körperliche Aktivität Beispiele 1,2 Ausschließlich sitzende oder Alte, gebrechliche Menschen liegende Lebensweise 1,4–1,5 Ausschließlich sitzende Tätigkeit Büroangestellte, Feinmechaniker 1,6–1,7 Sitzende Tätigkeit, zeitweilig Laboranten, Kraftfahrer, zusätzlicher Energiebedarf Fließbandarbeiter für gehende und stehende Tätigkeiten 1,8–1,9 Überwiegend gehende und Hausfrauen,Verkäufer, stehende Tätigkeit Handwerker, Kellner, Apotheker 2,0–2,4 Körperlich anstrengende Bauarbeiter, Landwirte, berufliche Arbeit Waldarbeiter, Bergarbeiter, Leistungssportler * Für sportliche Betätigungen oder für anstrengende Freizeitaktivitäten (30–60 Minuten, 4bis 5-mal pro Woche) können zusätzlich pro Tag 0,3 PAL-Einheiten zugelegt werden. Energiebedarf bei körperlicher Aktivität 89 Übungsaufgaben: Errechnen des Energieumsatzes Berechnen Sie den durchschnittlichen täglichen Energieumsatz für die Ihnen bereits bekannten Patienten aus dem Kapitel »Grundumsatz«. Sie gehen folgenden Berufen nach: 3.2.1 3.2.2 3.2.3 Marta Meier: Hausfrau. Karl Schmidt: Sachbearbeiter. Susanne Zack: Laborantin. Ernährung 90 3.3 Beurteilung des Körpergewichts nach Broca Normalgewicht nach Broca: Körperlänge (cm) – 100 Körpergewicht (kg) Broca-Index = –––––––––––––––––––––––––––––––– Broca-Normalgewicht (kg) Nach statistischen Untersuchungen einer amerikanischen Versicherungsgesellschaft ist das »Normalgewicht nach Broca« das Gewicht mit dem geringsten Risiko zu erkranken oder vorzeitig zu sterben. Der Broca-Index als Quotient aus dem gemessenen Körpergewicht und dem errechneten Broca-Normalgewicht gibt eine Aussage über den Grad der Abweichung vom Sollgewicht. Er wird häufig in Prozent angegeben (multipliziert mit 100). Eine Adipositas besteht dann, wenn das Ist-Gewicht um mehr als 20 % über dem Soll-Gewicht liegt. Das früher populäre »Idealgewicht nach Broca« (Normalgewicht abzüglich 10–15 %) basierte auf z. T. fehlerhaften Untersuchungen. Es wird heute nicht mehr empfohlen, da es zu niedrig und damit für die Gesundheit unvorteilhaft ist. Beurteilung des Körpergewichts nach Broca 91 Übungsaufgaben: Errechnen des Normalgewichts Errechnen Sie das Normalgewicht sowie den Broca-Index für folgende Patienten: 3.3.1 3.3.2 3.3.3 Marta Meier, Körpergröße 158 cm, Gewicht 70 kg. Karl Schmidt, Körpergröße 180 cm, Gewicht 81 kg. Peter Müller, Körpergröße 184 cm, Gewicht 92 kg. Ernährung 92 3.4 Beurteilung des Körpergewichts mit dem Body Mass Index (BMI) Körpergewicht (kg) BMI= –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Körpergröße (m) · Körpergröße (m) Der BMI gilt heute als Standard zur Beurteilung des Körpergewichts. Er ist definiert als Quotient des Körpergewichts (kg) und dem Quadrat der Körpergröße (m2). Von den verschiedenen Gewichtsgrößen-Indizes korreliert der BMI am besten mit der Körperfettmasse. Allerdings ist im Einzelfall zu berücksichtigen, dass ein hohes Körpergewicht auch z.B. aus großer Muskelmasse oder extrazellulärem Wasser (Ödeme) resultieren kann. So haben BodyBuilder oder Leistungssportler oft einen hohen BMI bei gleichzeitig niedriger Körperfettmasse. Bei Kindern und Jugendlichen hat sich die Verwendung des BMI bis heute nicht etabliert. Zur Beurteilung des Ernährungszustands werden hier stattdessen weiterhin die Wachstums- und Gewichtskurven in Perzentilen angewandt. Der Ernährungszustand wird anhand des BMI allgemein wie folgt beurteilt: BMI Beurteilung < 18,5 18,5–24,9 25 –29,9 Untergewicht Normalgewicht Leichtes Übergewicht: Bei Vorliegen weiterer Risikofaktoren wird Gewichtsreduktion empfohlen Adipositas: Gewichtsreduktion empfohlen ≥ 30 Statistische Untersuchungen haben ergeben, dass ein BMI > 30 bzw. < 18,5 kg/m2 mit einer erhöhten Mortalität einhergeht. In Abhängigkeit vom Alter werden folgende BMI-Bereiche hinsichtlich der Gesundheit als wünschenswert beurteilt: 19–24 Jahre 25–34 Jahre 35–44 Jahre 45–54 Jahre 55–64 Jahre über 64 Jahre 19–24 20–25 21–26 22–27 23–28 24–29 Beurteilung des Körpergewichts mit dem Body Mass Index (BMI) 93 Übungsaufgaben: Errechnen des BMI 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 Errechnen Sie Ihren eigenen BMI. Errechnen Sie den BMI folgender Patienten und beurteilen Sie das Körpergewicht unter gesundheitlichen Aspekten: Marta Meier, Körpergröße 158 cm, Gewicht 70 kg, 69 Jahre, Karl Schmidt, Körpergröße 180 cm, Gewicht 81 kg, 41 Jahre, Susanne Zack, Körpergröße 162 cm, Gewicht 47 kg, 20 Jahre. Wie viel Kilo muss Frau Zack mindestens zunehmen, um Normalgewicht zu erlangen? Errechnen Sie für Ihre eigene Körpergröße und Ihr Alter den gesundheitlich empfehlenswerten Gewichtsbereich. Ernährung 94 3.5 Fettverteilung Taillenumfang (cm) Waist-Hip-Ratio (WHR) = –––––––––––––––––––––––– Hüftumfang (cm) Der Quotient aus Taillen- und Hüftumfang ist ein häufig genutztes anthropometrisches Maß zur Beurteilung der Fettverteilung. Als Begriff hat sich die englische Bezeichnung Waist-Hip-Ratio eingebürgert. Übergewichtige Männer weisen in der Regel ein androides oder abdominelles Fettverteilungsmuster auf, d.h. der Taillenumfang (Abdominalfett) übertrifft den Hüftumfang. Bei Frauen ist es meist umgekehrt. Doch gibt es auch Frauen mit androider bzw. auch Männer mit gynoider Fettverteilung. Abdominell abgelagertes Fett geht mit einem höheren Risiko kardiovaskulärer Folgeerkrankungen einher als Fett im Hüftbereich. Somit ist also nicht nur das Ausmaß des Übergewichts, sondern auch die Verteilung der Fettdepots für die Bewertung des Körpergewichts bedeutsam. Bei nur mäßigem Übergewicht ist die WHR ein Entscheidungskriterium für die Frage, ob eine Gewichtsreduktion notwendig ist. Die Waist-Hip-Ratio sollte bei Männern unter 1,0 und bei Frauen unter 0,85 liegen, darüber liegende Werte gehen mit einem deutlich erhöhten Risiko für Folgeerkrankungen einher. Neuerdings wird auch der Taillenumfang allein für die Risiko-Bewertung von Übergewicht herangezogen. Ein Taillenumfang von mehr als 102 cm bei Männern bzw. von mehr als 88 cm bei Frauen wird als deutlich erhöhtes Krankheitsrisiko angesehen. Fettverteilung 95 Übungsaufgabe 3.5.1 Ermitteln Sie Ihre eigene Waist-Hip-Ratio. Ernährung 96 3.6 Nährstoffdichte Nährstoffgehalt(µg/mg/g pro 100 g Lebensmittel) Nährstoffdichte [µg/mg/g pro MJ] = ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Brennwert (MJ pro 100 g Lebensmittel) Die Nährstoffdichte beurteilt ein Lebensmittel als Nährstofflieferant. Dabei wird der Nährstoffgehalt in Beziehung zum Energiegehalt des Lebensmittels gesetzt: die Nährstoffdichte ist definiert als Quotient von Nährstoffgehalt und Brennwert eines Lebensmittel. Je höher die Nährstoffdichte ist, desto günstiger ist das Verhältnis zwischen Nährstoff- und Energiegehalt. Es ist zu beachten, dass die Zubereitung eines Lebensmittels dessen Nährstoffdichte verändern kann: etwa wenn der Energiegehalt steigt (z.B. beim Frittieren) oder der Gehalt eines Nährstoffs abnimmt (z.B. Verlust von Kalium im Kochwasser). Die Kenntnis der Nährstoffdichte ist wichtig, wenn eine energiebegrenzte aber nährstoffreiche Ernährung erforderlich ist. Alte Menschen beispielsweise benötigen eine Ernährung mit überdurchschnittlich hoher Nährstoffdichte, da der Energieumsatz im Alter sinkt, der Bedarf an Protein, Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen jedoch unverändert bleibt. Die Nährstoffdichte lässt sich auch für die gemischte Kost eines Tages berechnen. So wird jeweils die Summe der Nährstoffgehalte durch die Summe der Brennwerte der verzehrten Portionen dividiert. Anhand der DGEEmpfehlungen der Nährstoffdichten für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen ist eine Beurteilung des Versorgungszustands eines Menschen möglich. Obst und Gemüse weisen aufgrund ihres hohen Vitamin- und Mineralstoffgehaltes und ihres geringen Energiegehaltes die höchsten Nährstoffdichten auf. Auch fettarme Milch(produkte) sowie mageres Fleisch und Fisch verfügen über hohe Nährstoffdichten. Beispiel 1: Die Nährstoffdichte verschiedener Obstsorten Die Banane ist als besonders kaliumreiches Obst bekannt. Gleichzeitig ist sie aber auch sehr energiereich. Bezogen auf die Nährstoffdichte schneiden andere Obstsorten wie z.B. Erdbeeren ebenso gut ab. Obst Kalium (mg je 100 g) Energie (MJ je 100 g) Nährstoffdichte für Kalium (mg/MJ) Banane Erdbeere 382 147 0,392 0,134 974 1 097 Nährstoffdichte 97 Übungsaufgaben: Errechnung der Nährstoffdichte 3.6.1 Errechnen Sie die Nährstoffdichte der unten genannten Lebensmittel für die angegebenen Nährstoffe: Lebensmittel Trinkmilch 3,5% Fett Trinkmilch 1,5% Fett Buttermilch Lebensmittel Kalbsschnitzel Schweineschnitzel Hinterschinken Calcium (mg je 100 g) 120 123 109 Vitamin B1 (mg je 100 g) 0,18 0,80 0,80 Energie (MJ je 100 g) Nährstoffdichte für Calcium (mg/MJ) 0,267 0,195 0,144 Energie (MJ je 100 g) 0,414 0,443 1,145 Nährstoffdichte für Vitamin B1 (mg/MJ) Ernährung 98 Literaturquellen Biesalski, Hans Konrad u.a. (Hrsg.): Ernährungsmedizin. Stuttgart, New York 1999 Biesalski, Hans Konrad; Grimm, Peter: Taschenatlas der Ernährung. Stuttgart, New York 1999 Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Frankfurt am Main 2000 Elmadfa, Ibrahim; Fritzsche, Doris: Die große GU Vitamin und Mineralstoff Tabelle. München 1998 Müller, Manfred J.: Ernährungsmedizinische Praxis: Methoden – Prävention – Behandlung. Berlin, Heidelberg 1998 Paul-Prößler, Ute: Was heißt Nährstoffdichte? Aus : wichtige Fragen – richtige Antworten, CMA Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH (Hrsg.), 1998 Schauder, Peter; Ollenschläger Günter: Ernährungsmedizin: Prävention und Therapie. München, Jena 1999 Suter, Paolo M.: Checkliste Ernährung. Stuttgart, New York 2002