Lernsituation: Verhalten von Menschen mit Demenz als sinnhafte Lebensäußerung verstehen und eigenes Handeln reflektieren Lerneinheit V: Interaktion gestalten Inhaltsverzeichnis: © BMFSFJ Seite Didaktischer Kommentar 2 Unterrichtsablaufplan 4 Methoden 8 Informations- und Arbeitsblätter 24 Wandzeitungen 44 Mögliche Lösungen 57 Wissenswertes 62 V/1 Didaktischer Kommentar Lerneinheit V: Interaktion gestalten Didaktischer Kommentar Schritte im Reflexionszyklus Das „Zentrale“ Kompetenzen Mögliche Verortung im Gesetz Ausgewählte Inhalte der Lerneinheit © BMFSFJ Handlung – Rückschau auf die Handlung – Bewusstwerden wesentlicher Aspekte – Finden alternativer Handlungsverfahren – Ausprobieren In dieser Lerneinheit geht es um die Gestaltung der Interaktion in der Arbeit mit Menschen mit Demenz. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der nonverbalen Kommunikation zwischen Menschen mit Demenz und Pflegenden. Die Lernenden erfassen die Vielfalt der nonverbalen Ausdrucksmöglichkeiten. Sie unterscheiden zwischen Beobachtung und Interpretation und lernen Möglichkeiten kennen, ihre eigene Interpretation abzusichern. Auf verschiedenen Zugangswegen (Videoarbeit, Wahrnehmungsübung, Lehrervortrag) erfassen die Lernenden die Bedeutung der Synchronie zwischen Pflegeperson und Mensch mit Demenz in der Interaktion und lernen Möglichkeiten kennen, diese Synchronie herzustellen. Im letzten Teil der Lerneinheit wird der Fallbericht „Schülerin Andrea unterstützt Frau Klewe beim Mittagessen“ aus der ersten Lerneinheit aufgegriffen. Durch die erneute Bearbeitung am Ende der Lerneinheit haben die Lernenden Gelegenheit, das in der Lernsituation erworbene Wissen auf den Fall anzuwenden. Die Reflexion erfolgt anhand der drei Perspektiven Person, Team und Organisation. Damit eröffnet sie den Blick dafür, dass Pflegende für die Qualität der Interaktion nicht allein verantwortlich sein können. Fachkompetenz: • Nonverbale Signale deuten und die Interpretation absichern • Modell der Interaktion zwischen Menschen mit Demenz und Pflegepersonen als theoretische Grundlage nutzen • Eine Interaktionssituation vor dem Hintergrund des theoretischen Wissens beurteilen Personalkompetenz: • Eigene Körpersprache bewusst wahrnehmen und einsetzen • Die eigenen Möglichkeiten und Grenzen im Zusammenspiel von Person, Team und Organisation erkennen Sozialkompetenz: • Auf der nonverbalen Ebene eindeutig und klar kommunizieren • Auf den Rhythmus und den Takt des Menschen mit Demenz einstellen: Eigene Signalebenen mit der des Menschen mit Demenz synchronisieren Methodenkompetenz: • Körperliche Ausdrucksformen beobachten und dokumentieren Lernfeld 1.4: Lernfeld 1.3: Lernfeld 1.2: Anleiten, beraten und Alte Menschen personenPflege alter MenGespräche führen schen planen, durch- und situationsbezogen pflegen führen, dokumentie• Kommunikation ren und evaluieren und Gesprächsfüh• Pflege dementer und gerung (nonverbale rontopsychiatrisch verän• Wahrnehmung und derter alter Menschen Beobachtung Kommunikation) • Modell der Interaktion • Grundlagen der • Deutung nonverbazwischen Pflegepersonen gezielten Beoler Signale bei und Menschen mit Debachtung der KörMenschen mit Demenz persprache (Mimik, menz Gestik, Augenaus- • Interaktion mit Menschen mit Demenz in der Lebensdruck, Körperhalaktivität Essen und Trinken tung, Körperbewe• Rolle von Team und Orgung) ganisation in Bezug auf Interaktion V/2 Didaktischer Kommentar Lerneinheit V: Interaktion gestalten Methoden Exemplarisches Lernen Anforderungen an Lehrende Anforderungen an Lernende Stundenzahl © BMFSFJ • • • • • • • Kurzvortrag: „Das Was, Wie und Warum der Lerneinheit“ Vortrag „Verbale und nonverbale Signalebenen des Menschen“ Brainstorming, Vernissage und körpersprachliche Darstellung Vortrag „Regeln zur Bedeutungsabsicherung“ Videoarbeit mit Beobachtungsauftrag und Unterrichtsgespräch Synchronieübung Vortrag „Modell der Interaktion zwischen Menschen mit Demenz und Pflegepersonen“ (Athlin & Norberg 1987) • Interaktion gestalten (in einer Essenssituation) • Vertiefte Fallreflexion und Präsentation • Reflexion anhand des Lerntagebuches Die Lernenden erarbeiten und erproben wesentliche Prinzipien zur Synchronie der Interaktion mit Menschen mit Demenz anhand der Lebensaktivität Essen und Trinken. • Den technischen Ablauf der Videoarbeit koordinieren; den Bedarf der Lernenden in dieser Sequenz (Wiederholung bzw. Beschleunigung des Lernprozesses) aufgreifen • Die eigenen Erfahrungen der Lernenden in die Darstellung des Modells der Interaktion einbinden • Gezielte und verlangsamte Beobachtung während der Videoarbeit • Hineinversetzen in einen Menschen, der beim Essen und Trinken Unterstützung benötigt und dies in einer Wahrnehmungsübung erspüren bzw. darstellen • Die Erkenntnisse der gesamten Unterrichtswoche auf die Fallsituation des Anfangs (Lerneinheit I) übertragen 495 Minuten = 11 Unterrichtsstunden V/3 Unterrichtsablaufplan Lerneinheit V: Interaktion gestalten Unterrichtsablaufplan (Gesamtzeit ca. 11 Unterrichtsstunden) Handlungsschwerpunkte / Zeitangabe 0. Das Was, Warum und Wie der Lerneinheit verstehen (ca. 15 Minuten) 1. Signalebenen des Menschen unterscheiden (ca. 105 Minuten) © BMFSFJ Handlungsschritte Lernende und Lehrende Methoden / Sozialformen Medien • Lehrende gibt einen visualisierten Kurzüberblick über das Was, Warum und Wie der Lerneinheit Kurzvortrag (Plenum) • Tafel • Lehrende gibt einen Überblick über die verschiedenen verbalen und nonverbalen Signalebenen des Menschen Vortrag (Plenum) • Informationsblatt V/1.1 • Wandzeitung V/1.1 • Lernende finden Beispiele für körpersprachliche Signale (Mimik, Gestik …), die sie während der Lebensaktivität Essen und Trinken bei Menschen mit Demenz beobachten können • Lehrende moderiert den Ablauf der Vernissage und achtet auf die Unterscheidung zwischen Beobachtung und Interpretation • Lehrende bittet drei Personen, ein nonverbales Signal im Plenum darzustellen, welches von der Gesamtgruppe gedeutet wird Brainstorming, Vernissage und körpersprachliche Darstellung (Gruppenarbeit, Plenum) • Arbeitsblatt V/1.1 • Wandzeitungen V/1.2 (je eine WZ für Mimik, Gestik, Augenausdruck, Körperhaltung, Körperbewegung) • Stifte • Lehrende gibt einen visualisierten Infoinput über die drei Regeln zur Bedeutungsabsicherung von nonverbalen Signalen Vortrag (Plenum) • Informationsblatt V/1.2 • Wandzeitung V/1.3 V/4 Unterrichtsablaufplan Lerneinheit V: Interaktion gestalten Handlungsschwerpunkte / Zeitangabe 2. Körpersprache beobachten und interpretieren ca. 120 Minuten) © BMFSFJ Handlungsschritte Lernende und Lehrende • Lernende sehen die Ausgangssituation (Vorstellung von Herrn A.) und die Szene „Herr A. möchte etwas trinken“ (ohne Ton) ein erstes Mal in Normalgeschwindigkeit und beschreiben stichwortartig, was sie wahrgenommen haben • Lehrende moderiert die Auswertung Methoden / Sozialformen Videoarbeit mit Beobachtungsauftrag und Unterrichtsgespräch (Einzelarbeit, Partnerarbeit und Plenum) Medien • Arbeitsblatt V/2.1 • Film „Interaktionen mit dementen Menschen“ (Margraf 1999) • DVD-Player, Beamer • Lernende sehen die Szene ein zweites Mal ohne Ton in Zeitlupe und beobachten mit Hilfe eines Beobachtungsbogens gezielt die Signale von Herrn A. und der Pflegeperson • Lernende vergleichen und überprüfen ihre Beobachtungen • Lehrende erfragt möglicherweise aufgetretene Schwierigkeiten • Arbeitsblatt V/2.2 • Lernende formulieren aus ihren Beobachtungen mögliche Regeln für die nonverbale Kommunikation mit Menschen mit Demenz • Lehrende sammelt die Beiträge auf einer leeren Wandzeitung oder an der Tafel („Regelspeicher“) • Arbeitsblatt V/2.3 • Wandzeitung V/2.1 • Lernende ordnen die nonverbalen Signale von Herrn A. und die nonverbalen Signale der Pflegeperson den verschiedenen Kanälen zu und überprüfen, welche Sinneskanäle die Pflegekraft bei Herrn A. anspricht • Lehrende leitet und moderiert die Zurufabfrage und formuliert Fragen zur Weiterarbeit • Lernende ergänzen ggf. den „Regelspeicher“ • Arbeitsblatt V/2.4 • Tafel oder Wandzeitung V/2.2 • Lernende sehen den Film ein drittes Mal mit erläuterndem Ton V/5 Unterrichtsablaufplan Lerneinheit V: Interaktion gestalten Handlungsschwerpunkte / Zeitangabe 3. Synchronie in der Interaktion herstellen (ca. 105 Minuten) 4. Interaktion, Team und Organisation betrachten (ca. 60 Minuten) 5. Die Lerneinheit evaluieren (ca. 30 Minuten) © BMFSFJ Handlungsschritte Lernende und Lehrende Methoden / Sozialformen Medien • Lernende führen eine Partnerübung zur Synchronie in der Interaktion durch und reflektieren ihre Erfahrungen während der Übung • Lehrende leitet eine Partnerübung an und moderiert die anschließende Reflexion Synchronieübung (Partnerarbeit) • Arbeitsblatt V/3.1 • Lehrende erläutert das Modell der Interaktion zwischen Menschen mit Demenz und Pflegepersonen (nach Athlin und Norberg), greift dabei die vorausgegangene Übung auf Vortrag (Plenum) • Informationsblatt V/3.1 • Wandzeitung V/3.1 • Lernende versetzen sich in einer Wahrnehmungsübung in eine Essenssituation; sie gestalten, beobachten bzw. reflektieren den Kontakt zu einem Menschen mit Demenz aus verschiedenen Rollen • Lehrender erläutert die Wahrnehmungsübung und moderiert den Prozess • Lernende formulieren Schwierigkeiten und Erkenntnisse in Bezug auf die Wahrnehmungsübung • Lernende beurteilen die Interaktionssituation im Fallbericht aus Lerneinheit 1 vor dem Hintergrund des neu erworbenen Wissens; dabei beziehen sie die Perspektiven Interaktion, Team und Organisation ein • Lernende präsentieren ihre Ergebnisse • Lehrende moderiert die Ergebnispräsentation • Lernende reflektieren anhand des Lerntagebuches die Lerneinheit • Lehrender bittet die Lernenden, ihre Ergebnisse auf eine vorbereitete Wandzeitung zu übertragen und auf Wunsch zu kommentieren Interaktion gestalten (Grup- • Arbeitsblatt V/3.2 penarbeit) • Teller, Tassen und Besteck Vertiefte Fallreflexion und Präsentation (Einzelarbeit, Plenum) • Arbeitsblätter V/4.1 und V/4.2 • Je einen farbigen Kreis zu Interaktion, Team, Organisation Reflexion anhand des Lerntagebuches (Einzelarbeit) Einpunktabfrage (Plenum) • • • • Lerntagebuch Wandzeitung V/5.1 Wandzeitung V/5.2 Wandzeitung V/5.3 V/6 Unterrichtsablaufplan Lerneinheit V: Interaktion gestalten Handlungsschwerpunkte / Zeitangabe 6. Die gesamte Lernsituation evaluieren Handlungsschritte Lernende und Lehrende • Lernende schätzen ihren Lernzuwachs ein, bewerten die Lernsituation in Bezug auf Inhalte, Methoden und Medien und sprechen Konsequenzen für zukünftige Lernsituationen an Methoden / Sozialformen Befragung (siehe Arbeitsblatt V/6.1) Blitzlicht Medien • Arbeitsblatt V/6.1 (ca. 60 Minuten) © BMFSFJ V/7 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Methode Kurzvortrag: „Das Was, Wie und Warum der Lerneinheit“ Der Vortrag in Form eines „Informierenden Unterrichtseinstieges“ verfolgt das Ziel, den Lernprozess für die Lernenden transparent zu machen. Die Lernenden werden zu Beginn des Unterrichts über das „Was“, das „Wie“ und das „Warum“ der Lerneinheit informiert. Dadurch, dass sie den Sinn und das Ziel der Arbeit kennen, können sie eine willkürliche Lernbereitschaft entwickeln. Vorgehens- Der Lehrende teilt den Lernenden zu Beginn des Unterrichts in knapper und präziser Form mit, was sie durch die folgende Lerneinheit lernen können. weise und Zum besseren Verständnis schreibt er die grobe Übersicht über den geplanSozialform ten Verlauf der Lerneinheit an die Tafel. Hierbei erläutert er: Ziel • das Thema sowie das übergeordnete Ziel der Lerneinheit (Was) und begründet beides (Warum); • die übergeordneten Arbeitschritte und das methodische Vorgehen (Wie). Zeitaufwand Material Hinweise Literatur © BMFSFJ Im Anschluss an diese Ausführungen bittet der Lehrende die Lernenden, zu seinen Ausführungen Stellung zu nehmen. Max. 15 Minuten • Tafel Der Lehrende sollte begründete Kritik der Lernenden zum Ablauf der Lerneinheit ernst nehmen und genügend Raum für Diskussion geben, selbst auf die Gefahr hin, dass der Zeitplan nicht eingehalten werden kann. Bei dieser Diskussion sollte der Lehrende einerseits seine eigene Meinung nicht verbergen, anderseits sollte er den Lernenden aber gewisse Auswahlmöglichkeiten für die Bearbeitung anbieten. Grell, J., Grell, M. (1999): Unterrichtsrezepte. (2. Auflage). Weinheim, Basel: Beltz, 199-231. V/8 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Methode Vortrag: „Verbale und nonverbale Signalebenen des Menschen“ Ziel dieses Lehrervortrags ist es, einen vertieften Einblick in die Möglichkeiten Ziel der Kommunikation zwischen Menschen mit Demenz und Pflegepersonen zu gewinnen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der nonverbalen Kommunikation. Vorgehens- Der Lehrende gibt den Lernenden anhand einer Wandzeitung einen visualisierten Überblick über die verschiedenen verbalen und nonverbalen Signalweise und ebenen der Kommunikation. Er erläutert, dass es innerhalb der nonverbalen Sozialform Signalebene verschiedene Kanäle gibt (Mimik, Gestik …), auf denen Mitteilungen mittels Signalen / Zeichen sowohl gesendet als auch empfangen werden können. Damit die Lernenden eine genauere Vorstellung von der Vielfalt der nonverbalen Signalebene bekommen, empfiehlt es sich, dass der Lehrende für jeden Kanal beispielhaft ein Zeichen, welches von Pflegenden in der Interaktion beobachtet werden kann, nennt (z. B. kann innerhalb des Kanals Mimik das Zeichen „herunterhängende Mundwinkel“). Zeitaufwand Ca. 20 Minuten Material • Informationsblatt V/1.1 • Wandzeitung V/1.1 Die verbale Kommunikation wird an dieser Stelle zur Vollständigkeit aufgeHinweise führt, der Schwerpunkt liegt jedoch auf der nonverbalen Signalebene. Für die Lernenden kann es eine Schwierigkeit sein, die verschiedenen Begrifflichkeiten (Signalebenen, Kanäle, Signale) in ihrer Bedeutung zu erfassen. Grell, J., Grell, M. (1999): Unterrichtsrezepte (2. Auflage). Weinheim, Basel: Literatur Beltz, 199-231 © BMFSFJ V/9 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Methode: Brainstorming, Vernissage und körpersprachliche Darstellung Bei dieser Methode geht es insbesondere darum, die eigene Beobachtungsfähigkeit in Hinblick auf die Körpersprache zu schulen und den Unterschied zwischen Beobachtung und Deutung bewusst zu machen. Vorgehens- Schritt I: Brainstorming und Vernissage (Kleingruppenarbeit) weise und • Der Lehrende bereitet fünf verschiedene Wandzeitungen vor und beSozialform schriftet jede Wandzeitung mit einer Überschrift (Mimik, Gestik, Augenausdruck, Körperhaltung, Körperbewegung). • Die Lernenden bilden fünf Gruppen, jede Gruppe ordnet sich einer Wandzeitung zu. • Jede Kleingruppe sammelt spontan beobachtbare nonverbale Signale zu „ihrem“ Kanal (Mimik, Gestik …) und notiert diese auf der Wandzeitung. • Im Anschluss rotieren alle Kleingruppen zur nächsten Wandzeitung. Dort lesen sie die gesammelten Signale ihrer Vorgruppe und ergänzen diese um weitere. Dieses geschieht so oft, bis alle Gruppen einmal vor jeder Wandzeitung waren. • Wenn alle Gruppen wieder vor ihrem ursprünglichen Plakat stehen, haben die Gruppen die Aufgabe, die Ergebnisse noch einmal anzusehen und der Großgruppe zusammenfassend vorzustellen. Ziel Der Lehrende moderiert die Präsentation der Produkte und achtet hierbei insbesondere auf die richtige Unterscheidung zwischen Beobachtung und Deutung. Zeitaufwand Material Hinweise Literatur © BMFSFJ Schritt II: Körpersprachliche Darstellung (Plenum) Im Anschluss an die Veröffentlichung der Ergebnisse bittet der Lehrende drei Lernende, ein für sie „typisches“ nonverbales Signal von Menschen mit Demenz in Essenssituationen körpersprachlich darzustellen. Die anderen Lernenden haben die Aufgabe, dieses Signal zu deuten (zunächst jeder für sich) und ihre Deutung zu begründen. Hierbei kann es helfen, dass jeder Lernende das nonverbale Signal, das gezeigt wurde, für sich nachmacht. Wahrscheinlich werden die Aussagen zur Deutung unterschiedlich sein. An dieser Stelle zeigt sich für die Lernenden in der Regel die Schwierigkeit in Bezug auf die Deutung von nonverbalen Signalen. Der Lehrende greift diese Schwierigkeit auf, indem er die Lernenden über die drei Regeln zur Bedeutungsabsicherung von nonverbalen Signalen informiert (siehe Lehrervortrag). Vernissage inkl. Präsentation: ca. 40 Minuten Körpersprachliche Darstellung: ca. 25 Minuten • Arbeitsblatt V/1.1 • Wandzeitungen V/1.2 • Stifte Bei diesem Brainstorming kommt es darauf an, die Vielfältigkeit der Signale zu erfassen, ohne zwingend eine Vollständigkeit zu erzielen. Dabei können sowohl eigene Erfahrungen aus der beruflichen Praxis, Beobachtungen aus dem Film „Personenzentrierte Pflege als Chance und Perspektive“ als auch Informationen aus dem Fallbericht (Lerneinheit I) hilfreich sein. Die Kanäle Atmung und Muskeltonus wurden im Sinne der didaktischen Reduktion an dieser Stelle ausgelassen. Der Wechsel von einer Wandzeitung zur nächsten sollte vom Lehrenden zügig moderiert werden, d.h. die Lernenden lesen kurz das bereits Geschriebene, notieren weitere Ergebnisse und gehen unmittelbar weiter zur nächsten Wandzeitung. Schneider, K. (2001). Moderationsprozess. Grundlagen für Lehr- und Führungskräfte. Brake: Prodos. V/10 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Ziel Vorgehensweise und Sozialform Zeitaufwand Material Hinweise Literatur © BMFSFJ Methode Vortrag: „Regeln zur Bedeutungsabsicherung“ Der Lehrervortrag greift die Schwierigkeit der Deutung von nonverbalen Signalen auf. Ziel ist es, grundlegende „Regeln“ kennen zu lernen, welche die Deutung von nonverbalen Signalen und damit die Kommunikation mit Menschen mit Demenz insgesamt erleichtern. Wichtig ist dabei zu betonen, dass diese Regeln nicht als starre Handlungsanweisungen gelten, die automatisch zum Erfolg führen. Statt dessen sind sie als Hilfestellungen zu verstehen, die das Gelingen der Kommunikation wahrscheinlicher machen können. Der Lehrende gibt den Lernenden anhand einer Wandzeitung einen visualisierten Überblick über die drei Regeln zur Bedeutungsabsicherung in der nonverbalen Kommunikation mit Menschen mit Demenz. Dabei veranschaulicht er die einzelnen Regeln anhand von praxisnahen Beispielen (siehe auch Wissenswertes zur Lerneinheit V). Ca. 20 Minuten • Informationsblatt V/1.2 • Wandzeitung V/1.3 Die einzelnen Regeln zur Bedeutungsabsicherung können begrifflich für die Lernenden schwer zu erfassen sein, da die Sprache zur nonverbalen Kommunikation (Signale, Signalebenen …) ungewohnt ist. Daher sind an dieser Stelle anschauliche Praxisbeispiele besonders wichtig. Grell, J., Grell, M. (1999): Unterrichtsrezepte (2. Auflage). Weinheim, Basel: Beltz, 199-231. V/11 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Ziel Methode: Videoarbeit mit Beobachtungsauftrag und Unterrichtsgespräch Ziel dieser Videoarbeit ist es, sich anhand einer konkreten Situation „Herr A. möchte etwas trinken“ aus dem Film „Interaktionen mit dementen Menschen“ (Margraf 1999) mit der Interaktion zwischen einem Menschen mit Demenz und einer Pflegeperson während einer Essenssituation auseinanderzusetzen. Der Schwerpunkt liegt darauf, die eigene Wahrnehmung und Beobachtung in Bezug auf die nonverbale Kommunikation zu schulen. Die gestufte Vorgehensweise beim Ansehen der Filmsequenz ermöglicht einen sich aufbauenden, vertieften Zugang zum Inhalt. Vorgehensweise und Sozialform Schritt I: Filmsequenz ein erstes Mal sehen (Einzelarbeit, Plenum) Die Lernenden sehen die Filmsequenz (Ausgangssituation mit Ton und Ablauf ohne kommentierenden Ton) ein erstes Mal in Normalgeschwindigkeit (Menü Extra: Ausgangssituation) und lassen das Gesehene dabei einfach auf sich wirken. Sie beschreiben stichwortartig mit Hilfe eines Arbeitsblattes (Arbeitsblatt V/2.1), was sie wahrgenommen haben. Im Anschluss moderiert der Lehrende einen Austausch im Plenum über das Gesehene. Die Antworten der Lernenden werden höchstwahrscheinlich unterschiedlich sein, sie werden jedoch an dieser Stelle noch nicht bewertet oder korrigiert. Auf diese Weise haben die Lernenden die Möglichkeit, ihre Beobachtungen / Deutungen in der Weiterarbeit selbst noch einmal zu überprüfen. Schritt II: Filmsequenz ein zweites Mal sehen (Einzel-, Partner- und Plenumsarbeit) Die Lernenden sehen die Filmsequenz „Herr A. möchte etwas trinken“ nun ein zweites Mal, wieder ohne Ton, aber jetzt in Zeitlupe (Menü Extra: Zeitlupe). Die Filmsequenz ist in vier Zeitlupen unterteilt. Bei der Bearbeitung geht es nun darum, mit Hilfe eines Beobachtungsbogens gezielt die Signale von Herrn A. und der Pflegeperson in den dargestellten Zeitlupen zu beobachten (Arbeitsblatt V/2.2): • Beobachten Sie genau: Welche nonverbalen Signale senden und empfangen die Pflegeperson und Herr A.? • Dokumentieren Sie Ihre Beobachtungen auf dem vorbereiteten Beobachtungsbogen (Arbeitsblatt V/2.2) Damit die Beobachtung gut gelingen kann, stoppt der Lehrende den Film nach jeder Zeitlupe, damit die Lernenden genügend Zeit haben, Ihre Beobachtungen zu dokumentieren. Am Ende der vier Zeitlupen vergleichen die Lernenden ihre Ergebnisse in Partnerarbeit und tauschen sich über Schwierigkeiten, die sich im Rahmen der Beobachtung ergeben haben, aus. Der Lehrende greift mögliche Schwierigkeiten auf. Falls Bedarf besteht, kann die Zeitlupe nochmals gezeigt werden. (Eine detaillierte Vorstellung der Beobachtungsergebnisse im Plenum ist an dieser Stelle nicht zwingend, da mit den Ergebnissen im Folgenden noch weitergearbeitet wird. Sie kann allerdings erfolgen, wenn große Schwierigkeiten bei der Bearbeitung geäußert werden.) Schritt III: Regeln zur Klarheit in der nonverbalen Kommunikation formulieren (Plenum) Bei der Weiterverarbeitung der Lernaufgabe geht es nun darum, dass sich die Lernenden die Abfolge der Signale / die Wechselseitigkeit zwischen Herrn A. und der Pflegeperson bewusst machen und Regeln für die nonverbale Kommunikation mit Menschen mit Demenz formulieren. Der Lehrende bereitet eine leere Wandzeitung („Regelspeicher“) vor. Er bittet die Lernenden, aus ihren Beobachtungen Regeln für die Klarheit in der nonverbalen Kommunikation mit Menschen mit Demenz abzuleiten. Die Lernenden äußern ihre Gedanken auf Zuruf, der Lehrende notiert diese für alle sichtbar auf der Wandzeitung. © BMFSFJ V/12 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Schritt IV: Signale von Herrn A. und der Pflegeperson den Kanälen der nonverbalen Signalebene zuordnen (Einzelarbeit, Plenum) In diesem Schritt geht es erstens darum, die nonverbalen Signale von Herrn A. und der Pflegeperson den verschiedenen Kanälen der nonverbalen Sprache (Mimik, Gestik, Augenausdruck, Körperbewegung und Körperhaltung) zuzuordnen. Dieses ist wichtig, um herauszufinden, auf welchen Kanälen Herr A. und die Pflegeperson schwerpunktmäßig miteinander kommunizieren. Zur Bearbeitung der Aufgabe lesen die Lernenden ihre Aufzeichnungen auf dem Beobachtungsbogen (Arbeitsblatt V/2.2) noch einmal durch und rufen dem Lehrenden ihre Antworten nach einer kurzen Denkpause zu. Der Lehrende notiert die Antworten auf einer vorstrukturierten Wandzeitung oder der Tafel. Bei der Zuordnung zu den Kanälen der nonverbalen Sprache kann es zu Überschneidungen kommen, da z. B. beobachtbare Signale im Bereich von Gesten bzw. Körperbewegungen ähnlich und nicht immer klar voneinander zu trennen sind. Hier liegt der Fokus nicht darauf, zwingend den „richtigen“ Kanal herauszufinden, sondern ein Gefühl für die Vielfältigkeit der Signale zu bekommen. Zeitaufwand Material Hinweise © BMFSFJ Zweitens geht es darum herauszufinden, welche unterschiedlichen Sinneskanäle (visuell, akustisch, taktil) die Pflegeperson bei Herrn A. anspricht und wie sie das genau macht. Der Lehrende unterstützt über zentrierende Fragen: • Was fällt Ihnen auf, wenn Sie vergleichen, auf welchen Kanälen Herr A. und die Pflegeperson Mitteilungen austauschen? • Ab wann begreift Herr A. die Situation und woran liegt das Ihrer Ansicht nach? • Welche weiteren Regeln lassen sich daraus für die nonverbale Kommunikation mit Menschen mit Demenz ableiten? (An dieser Stelle kann der erstellte Regelspeicher vervollständigt werden.) Schritt V: Filmsequenz ein drittes Mal sehen (Einzelarbeit, Plenum) Zum Abschluss der Videoarbeit wird der Film ein letztes Mal – mit kommentierendem Ton – gesehen. Die Lernenden haben die Gelegenheit, ihre Einschätzungen zur Interaktionsqualität in der Filmszene im Kommentar bestätigt zu sehen. Möglicherweise weichen ihre eigenen Einschätzungen aber auch vom Kommentar ab. In diesem Fall können die unterschiedlichen Sichtweisen diskutiert werden. Ca. 120 Minuten (Filmsequenz jeweils wenige Minuten) • Arbeitsblätter V/2.1 – V/2.4 • Film „Interaktionen mit dementen Menschen“ (Margraf 1999) (Der Film enthält ein Begleitheft für Lehrende mit Kommentaren zu den dargestellten Szenen und weitere mögliche Bearbeitungsvorschläge.) • DVD-Player, Beamer Der reibungslose Ablauf dieser Methode hängt stark mit den gegebenen technischen Möglichkeiten zusammen. Kann der Film nur über einen normalen Fernseher gezeigt werden, wird es für die Lernenden schwierig, die Details genau zu beobachten. Das Zeigen des Films über DVD-Player / Beamer ist daher – sofern möglich – vorzuziehen. Hilfreich ist es, wenn eine weitere Person zur Koordination der Technik hinzukommt. In jedem Fall muss die Anwendung vorab erprobt werden, um die jeweiligen Stellen im Film passend aufzufinden. Für die Bearbeitung relevant sind drei verschiedene Filmsequenzen: • Ausgangssituation: Herr A. wird vorgestellt (mit Ton) • Ablauf der Szene „Herr A. möchte etwas trinken“ in Normalgeschwindigkeit (ohne Ton) • Ablauf der Szene „Herr A. möchte etwas trinken“ in vier Zeitlupen (ohne Ton) V/13 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Durch die Verlangsamung des Lernprozesses (Zeitlupen) kann die Videoarbeit für die Lernenden anstrengend sein. Das Füllen des Regelspeichers (Schritt III) wird als willkommene „Auflockerung“ zwischen der Arbeit an den Beobachtungsergebnissen empfunden. Zu den „Regeln“ sollte der Lehrende verdeutlichen, dass diese nicht als starre Handlungsanweisungen zu verstehen sind, die in jedem Fall zum Erfolg führen, sondern als Hilfestellungen, die das Gelingen der Interaktion wahrscheinlicher machen. Literatur © BMFSFJ Kittelberger, R. & Freisleben, I. (1994). Lernen mit Video und Film. Zweite neu ausgestattete Auflage. Weinheim: Beltz. Margraf, K. (1999). Interaktionen mit dementen Menschen. Video. Fachhochschule Frankfurt am Main, Fachbereich Pflege und Gesundheit. Im Auftrag der Alzheimer-Gesellschaft Mittelhessen e.V. Produktion und Vertrieb: AXIS Kommunikation GmbH, Hudtwalckerstr. 31a, 22299 Hamburg. V/14 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Ziel Vorgehensweise und Sozialform Methode: Synchronieübung In dieser Wahrnehmungsübung geht es darum, dass sich die Lernenden im Takt und Rhythmus einer anderen Person bewegen und hierdurch Synchronie erspüren. In einem ersten Schritt wird die Übung in Partnerarbeit ohne Berührung durchgeführt und dann anhand vorgegebener Leitfragen mit dem Partner reflektiert. Im zweiten Schritt wird die Übung mit Berührung durchgeführt und dann ebenfalls mit Hilfe der Leitfragen überdacht. Der Erkenntnisgewinn ergibt sich aus dem Vergleich beider Übungen miteinander. Schritt I: Übung durchführen (Partnerarbeit) Damit die Übung richtig wirken kann, ist die gezielte Anleitung durch den Lehrenden von Bedeutung: Während der gesamten Übung – außer bei der Reflexion – darf nicht gesprochen werden. 1. Jeder Lernende sucht sich einen Partner. Sie stehen einander gegenüber und stellen sich vor, dass Sie vor einem „Spiegel“ stehen. 2. Sie sorgen dafür, dass beide genügend Raum für die gemeinsame Bewegung haben. 3. Nun heben Sie ihre beiden Handflächen zueinander, ohne dass sich diese berühren. 4. Alle Bewegungen des Partners vollziehen Sie möglichst gleich und gleichzeitig. 5. Sie finden einen Anfang, ohne abzusprechen, wer die Bewegung leitet. 6. Die Übung führen Sie solange durch, bis der Lehrende ein StoppZeichen gibt. 7. Die Übung in Partnerarbeit wird anhand folgender Fragen reflektiert: • Wie habe ich mich gefühlt? • Was war leicht? • Was war schwer? • Wer hat geführt? • Woher wusste ich, wie ich mich bewegen musste? 8. Die Lernenden wiederholen die Wahrnehmungsübung mit folgender Änderung: Sie heben ihre beiden Handflächen zueinander und legen sie aneinander, so dass sich Ihre Handflächen berühren. Die Übung wird erneut anhand der oben stehenden Fragen reflektiert. Schritt II: Weiterverarbeitung (Plenum) Die Wahrnehmungsübung wird im Plenum in Form eines kurzen Blitzlichtes reflektiert. Um diesen Prozess anzustoßen, hat der Lehrende die Möglichkeit, folgende zentrierende Fragen zu stellen: Beispiele für zentrierende Fragestellungen durch den Lehrenden: • Welchen Unterschied haben Sie zwischen dem ersten Schritt (ohne Berührung) und dem zweiten Schritt (mit Berührung) gespürt? • Was bedeutet das für die Interaktion mit Menschen mit Demenz? • Welche Erkenntnisse können Sie sonst noch aus der Übung für die Interaktion mit Menschen mit Demenz ableiten? Material Hinweise Partnerarbeit: 20 Minuten Weiterverarbeitung: 10 Minuten • Arbeitsblatt V/3.1 Für das Gelingen der Übung ist es wichtig, die einzelnen Sequenzen schrittweise in der Großgruppe anzuleiten. In der Reflexion der Wahrnehmungsübung stellen die Lernenden in der Regel © BMFSFJ V/15 Zeitaufwand Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Literatur © BMFSFJ fest, dass sie die zweite Übung – mit sich berührenden Handflächen – klarer, eindeutiger, leichter, harmonischer empfinden. Damit haben sie die Kernaussagen des Modells der Interaktion von Athlin und Norberg (anschließender Lehrervortrag) bereits durch die Übung erfasst. Es ist durchaus möglich, dass einzelne Lernende die Übung mit Berührung gegenteilig beurteilen. Dies kann mit der individuellen Durchführung der Übung in Partnerarbeit (Einlassen auf die Übung, Einstellung zum Gegenüber) zusammenhängen. Luther, M. & Maaß, E. (1994). NLP Spiele- Spektrum: Basisarbeit. ÜbungenSpiele-Phantasiereisen. Paderborn: Junfermann. V/16 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Methode: Vortrag „Modell der Interaktion“ (Athlin & Norberg 1987) Dieser Lehrervortrag hat die Aufgabe, die wesentlichen Aspekte zur InteraktiZiel on zwischen Menschen mit Demenz und Pflegepersonen noch einmal zusammenfassend anhand des Modells von Athlin und Norberg (1987) darzustellen. Vorgehens- Der Lehrende greift für die Erläuterung des Modells der Interaktion die vorab durchgeführte Wahrnehmungsübung zur Synchronie auf und verdeutlicht an weise und ihr die wesentlichen Elemente des Modells. Sozialform Die Lernenden haben fast alle Elemente bereits im Vorfeld kennen gelernt, erhalten jedoch durch den Lehrervortrag die Gelegenheit, das Gelernte in einem Bild zusammenzuführen. Zeitaufwand Ca. 15 Minuten Material • Informationsblatt V/3.1 • Wandzeitung V/3.1 Der Lehrende stellt bei der Vorstellung des Modells jeweils die Verbindung zu Hinweise bereits Gelerntem her, zum Beispiel unter dem Aspekt „Interpretation“ die Verbindung zu den „Regeln zur Bedeutungsabsicherung“ in der nonverbalen Kommunikation. Je nach Lerngruppe kann es vorkommen, dass das Modell in seiner Bedeutung bereits vollständig durch die vorherigen Arbeitsphasen erfasst ist. In diesem Fall kann es in aller Kürze vorgestellt werden. Die Vorstellung dient dann dazu, den Einbezug (pflege-)wissenschaftlicher Erkenntnisse deutlich zu machen. Literatur zur Grell, J., Grell, M. (1999): Unterrichtsrezepte (2. Auflage). Weinheim, Basel: Beltz, 199-231. Methode © BMFSFJ V/17 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Ziel Vorgehensweise und Sozialform Methode: Interaktion gestalten (in einer Essenssituation) In dieser Wahrnehmungsübung geht es darum, sich in eine Essenssituation hineinzuversetzen und den Kontakt aus drei verschiedenen Positionen heraus wahrzunehmen, zu beobachten und zu reflektieren. Es geht in dieser Wahrnehmungsübung nicht darum, einen Menschen mit Demenz, der beim Essen unterstützt wird, zu spielen, sondern bei sich selbst zu bleiben und nachzuspüren, „was ankommt“ und „wie es ankommt“. Der Sinn besteht darin, Folgendes am eigenen Leib zu erspüren: „Welche Form der individuellen Unterstützung benötige ich, um die Situation für mich zu begreifen, um die Handlung Trinken bzw. Essen möglichst eigenständig durchführen zu können? Hierbei sind häufig Kleinigkeiten (die „richtige Berührung" und „richtige Mikrobewegung“, d. h. im Sinne des Menschen mit Demenz ausgeführt) von großer Bedeutung. Der Lehrende erläutert den Sinn und die Durchführung der Wahrnehmungsübung. Hierbei ist es von Bedeutung, dass er die verschiedenen Positionen kurz erläutert. Die Lernenden versuchen in dieser Übung folgender Frage nachzugehen: „Welche Form der individuellen Unterstützung benötigt der Mensch, um die Situation für sich zu begreifen? Was braucht er, um die Handlung Trinken bzw. Essen möglichst eigenständig durchführen zu können?“ Sie bilden Kleingruppen mit je drei Personen und entscheiden wer A, wer B und wer C ist. Person A: Person A ist in der Lage, mit Unterstützung selbstständig zu essen und zu trinken. Sie hat aber manchmal Schwierigkeiten, mit einer Handlung zu beginnen oder die Handlung nach Beginn fortzusetzen. Außerdem fällt es Person A. schwer, verbale Aufforderungen zu verstehen. Person B: Person B möchte Person A beim Essen unterstützen, so dass diese die Handlung weitgehend selbstständig ausführen kann. Person C Person C beobachtet und protokolliert die Kommunikation mit Hilfe eines Beobachtungsbogens. Die Lernenden führen nun die Übung durch und reflektieren sie anschließend anhand der Leitfragen. Dabei gehen sie so vor, dass zunächst Person A und dann Person B reflektiert. Erst im Anschluss daran erläutert Person C ihre Beobachtungen. Leitfragen zur Reflexion: Person A: • Wie habe ich mich gefühlt? • Was hat mir gut gefallen? • Was war schwierig für mich? • Was hätte ich mir gewünscht? Person B: • Wie habe ich mich gefühlt? • Was war leicht? • Was war schwer? • Was würde ich beim nächsten Mal gerne anders machen? © BMFSFJ V/18 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Person C: • Was habe ich beobachtet? Die Lernenden tauschen nun die Positionen, so dass jeder einmal alle Positionen eingenommen hat. Zeitaufwand Material Hinweise Literatur © BMFSFJ In einem abschließenden Blitzlicht im Plenum werden die gewonnenen Erkenntnisse der Schülerinnen und Schüler erhoben, Gelerntes bewusst gemacht und auf die Interaktion mit Menschen mit Demenz übertragen. Die Erfahrungen der Lernenden können dabei in Art und Qualität vielfältig und unterschiedlich sein. Gruppenarbeit: 40 Minuten Blitzlicht: 20 Minuten • Arbeitsblatt V/3.2 • Teller, Tassen und Besteck Die Lernenden hatten bis dahin schon Gelegenheit, die drei Schritte des Kontaktes – Kontakt herstellen, Kontakt halten und Kontakt beenden (siehe Arbeitsblatt V/3.2) – kennen zu lernen. Die aufgezeigte Struktur ist handlungsleitend für die Person B, die das Essen anreicht. Darüber hinaus soll Person C, in ihrer Rolle als Beobachter, die Handlung mit Hilfe dieser Struktur gezielt beobachten. In der abschließenden Reflexion dient die Struktur als Reflexionsinstrument. Falls der Lehrende den Eindruck hat, dass die Lernenden diese Handlungsstruktur bisher noch nicht ausreichend erfasst haben, kann er sie vor der Übung noch einmal im Überblick erläutern. In der Begleitung der Gruppenarbeit kann es notwendig sein, dass der Lehrende den Schülern entsprechende Hilfestellung anbietet. Hierbei kann er beispielsweise noch einmal den Einsatz des Körper-Hilfs-Ichs verdeutlichen. Die Konzentration der Kleingruppen kann erhöht werden, wenn alle Lernenden an Tischgruppen im Klassenraum arbeiten (besonders bei Anfängergruppen hilfreich). Scheller, I. (1998). Szenisches Spiel: Handbuch für pädagogische Praxis. Berling: Cornelsen Scriptor. Stevens, J. O. (2000). Die Kunst der Wahrnehmung. Übungen zur GestaltTherapie. Gütersloh: Gütersloher Verl.-Haus. V/19 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Ziel Vorgehensweise und Sozialform Methode: Vertiefte Fallreflexion und Präsentation Ziel dieser Methode ist es, die Interaktion zwischen einer Schülerin und einer Person mit Demenz zu beurteilen. Dazu wird der Fallbericht aus der Lerneinheit I erneut aufgegriffen. Die Lernenden haben die Möglichkeit, ihr erworbenes Wissen in die Beurteilung der Interaktionsqualität einfließen zu lassen. Ein weiterer Aspekt der erneuten Fallreflexion ist der Blick auf die drei Perspektiven: Person, Team und Organisation. Hierbei wird der Blick dafür geöffnet, dass Team und Organisation zum Gelingen bzw. Misslingen von Interaktion beitragen. Die Präsentation und Auswertung der Reflexionsergebnisse soll in einer Form erfolgen, welche das Zusammenspiel zwischen den Perspektiven Interaktion, Team und Organisation hervorhebt. Gleichzeitig ist es wünschenswert, dass möglichst viele Lernende zu Wort kommen, ohne jedoch ihre jeweiligen Ergebnisse im einzelnen und in vollständiger Form vorzutragen. Schritt I: Vertiefte Reflexion (Einzelarbeit) Der Lehrende erläutert den Lernenden den Arbeitsauftrag zur Reflexion und stellt die Leitfragen bezogen auf die Interaktion, das Team und die Organisation vor (Arbeitsblatt V/4.1). Anschließend bittet er die Lernenden, für sich allein und in Ruhe den Fallbericht unter die aufgeführten Fragestellungen erneut zu lesen und die Fragen zu beantworten. Schritt II: Präsentation der Reflexionsergebnisse (Plenum) Voraussetzung für die Auswertung ist es, dass ausreichend Platz im Klassenraum zur Verfügung steht. Der Lehrende bittet die Lernenden, aufzustehen und einen großen Stuhlkreis zu bilden. Dabei werden drei freibleibende Stühle eingebaut, vor die der Lehrende drei runde, verschiedenfarbige Kreise mit den Begriffen Interaktion, Team bzw. Organisation legt. Ablauf der Methode Die Auswertung verläuft in drei Runden – Runde 1: „Wie beurteilen Sie die Interaktion / das Team / die Organisation?“ Runde 2: „Was könnte die Schülerin / das Team / die Organisation Ihrer Meinung nach tun?“ Runde 3: „Was würde sich Ihrer Meinung nach dadurch verändern?“ • Zeitaufwand © BMFSFJ Der Lehrende stellt die erste Frage und bittet nun drei Lernende, zu den freien Stühlen zu gehen und sich einem der drei Kreise (Interaktion, Team, Organisation) zuzuordnen. Entsprechend ihrer Zuordnung geben die Lernenden nun jeder ein Statement zu der Fragestellung ab. • Anschließend verlassen diese drei den Kreis, und es haben nun drei weitere Lernende Gelegenheit, zur ersten Frage in den Kreis zu treten und ein Statement abzugeben. Dieser Wechsel kann so lange wiederholt werden, bis keine ergänzenden Statements von den Lernenden kommen. • Erst dann leitet der Lehrende zur Runde zwei über, indem er die nächste Frage stellt. Das gleiche Procedere wird nun für Runde zwei und drei wiederholt. • Abschließend kann der Lehrende erfragen, ob es nun noch weitere Ergänzungen oder auch Fragen zur Reflexion des Fallberichtes gibt. Falls die Lernenden dies nicht bereits selbst im Rahmen der Präsentation äußern, kann der Lehrende noch einmal die Wichtigkeit des Zusammenspiels aller drei Ebenen betonen. Einzelarbeit: 40 Minuten Plenum: 20 Minuten V/20 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Material Hinweise Literatur © BMFSFJ • Arbeitsblätter V/4.1 und V/4.2 • Je einen farbigen Kreis zu Interaktion, Team, Organisation Der Lehrende sollte als Moderator darauf achten, dass jeder Lernende nur einen ausgewählten Aspekt – nicht sein gesamtes Ergebnis – im Plenum vorstellt, da sonst der lebendige Wechsel in der Präsentation verloren geht und nur wenige Lernende zu Wort kommen. Mattes, W. (2002). Methoden für den Unterricht. Paderborn: Schöningh Verlag, S. 54. V/21 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Ziel Vorgehensweise und Sozialform Methode: Reflexion anhand des Lerntagebuches Ein Lerntagebuch stellt ein individuelles Dokument des Lernenden dar, in welchem er seine persönlichen Lernerlebnisse und Lernprozesse fortlaufend dokumentiert. Das primäre Ziel eines Lerntagebuches besteht darin, die Selbstreflexion und Selbstbeurteilung des Lernenden anzuregen und diese Fähigkeiten kontinuierlich zu fördern. Reflexionen finden mit Hilfe des Lerntagebuch zum einen auf der inhaltlichen Ebene statt, zum anderen wird durch das Lerntagebuch die Reflexion über das eigene Lernen und Denken (Metakognition) angeregt. Somit wird der individuelle Lernprozess durch das Lerntagebuch auf folgende Weise unterstützt: Der Lernende • bereitet den Lernstoff regelmäßig nach und vertieft so den Unterrichtsinhalt • verknüpft die Themen eigenständig miteinander und erfasst den roten Faden • wird sich der eigenen Arbeits- und Lernstrategien bewusst und ist in der Lage, sie konstruktiv zu verändern • verbessert die schriftliche Ausdrucksfähigkeit durch das häufige Üben • lernt selbstverantwortlich zu arbeiten und zu entscheiden, was er für das Lerntagebuch nutzen möchte Die Dokumentation mit Hilfe des Lerntagebuchs ist bereits eine Lernleistung, die auch zur Leistungsbeurteilung herangezogen werden kann. Der Lehrende führt das Lerntagebuch zu Beginn der Lernsituation ein. Er erläutert das Ziel, die einzelnen Elemente und den Umgang mit dem Lerntagebuch. Elemente des Lerntagebuches: 1. Öffentlicher Teil des Lerntagebuches • enthält Tagesrückblicke zu den einzelnen Lerneinheiten strukturiert nach dem TZI Modell von Ruth Cohn • enthält persönliche Sichtweisen (Gedanken, Gefühle Anmerkungen) des Lernenden zu den einzelnen Lerneinheiten in Bezug auf den Menschen mit Demenz, in Bezug auf den Lernenden selbst in seiner Rolle als Auszubildender und in Bezug auf die Beziehung zwischen dem Menschen mit Demenz und dem Lernenden 2. Nichtöffentlicher Teil des Lerntagebuches • enthält persönliche Sichtweisen (Gedanken, Gefühle, Anmerkungen) des Lernenden zu den einzelnen Lerneinheiten in Bezug auf das Thema und die Arbeitsweise • enthält ein Formular zur persönlichen Lernstandsbestimmung als Ergebnissicherung nach einer Lernberatung Umgang mit dem Lerntagebuch in der Lernsituation: • Jeder Lernende erhält zu Beginn der Lernsituation sein persönliches Lerntagebuch. • Die Lernenden schließen jede Lerneinheit mit einer Reflexion anhand des Lerntagebuches (Tagesrückblick und Persönliche Sichtweisen) ab. Für diese Reflexion sind in jeder Lerneinheit 30 Minuten vorgesehen. • Die Lernenden füllen ihr Lerntagebuch (Tagesrückblick und Persönliche Sichtweisen) am Ende jeder Lerneinheit für sich in Einzelarbeit aus. • Im Anschluss übertragen alle Lernenden ihre Ergebnisse vom Tagesrückblick auf eine vorbereitete Wandzeitung (siehe Einpunktabfrage). • Abschließend haben Lernende und Lehrende Gelegenheit, zu dem Ergebnis Stellung zu nehmen. Bei dieser Reflexion geht es darum, konstruktiv auf den weiteren Lernprozess einzuwirken und z. B. zu überlegen, was in Bezug auf die nächsten Lerneinheiten verbessert bzw. verändert werden könnte. © BMFSFJ V/22 Methoden Lerneinheit V: Interaktion gestalten Zeitaufwand Material Hinweise Literatur © BMFSFJ Zu Beginn der Einführung des Lerntagebuchs sollte genügend Zeit für die Erläuterungen der einzelnen Elemente und deren Anwendung eingeplant werden. Bei regelmäßigem Einsatz wenden die Lernenden die Methode zunehmend selbstorganisiert an. • Lerntagebuch • Wandzeitung V/5.1 • Wandzeitung V/5.2 • Wandzeitung V/5.3 Das Lerntagebuch kann mit Fortgang der Ausbildung von Lehrenden und Lernenden weiterentwickelt und um weitere Elemente ergänzt werden (z. B. Beurteilungskriterien für die Arbeit in Gruppen, für Präsentationen). Indem die Lernenden in den Prozess der Weiterentwicklung eingebunden werden, können sie sich stärker mit dem Lerntagebuch auseinandersetzen. Auf diese Art entsteht die Struktur des Lerntagebuchs stückweise, und die Lernenden lernen, nach und nach das Lerntagebuch anzuwenden. Der „nichtöffentliche Teil“ des Lerntagebuches enthält persönliche Gedanken, Gefühle oder Anmerkungen des Lernenden. Dieser Teil wird zu Lernberatungen oder Beurteilungen nicht mitgebracht und auch nicht bewertet. Depping, D. (2003): Lerntagebuch, ein Begleitinstrument. Unterricht Pflege, 4, 8, 34-35. Herold, M. & Landherr, B. (2003). Selbstorganisiertes Lernen. Ein systematischer Ansatz für den Unterricht. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag. Hohengehren. S. 146-164. V/23 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Informationsblatt V/1.1: „Ein Mensch – viele Ausdrucksmöglichkeiten“ – Signalebenen des Menschen unterscheiden Verbale und nonverbale Signalebenen Signalebenen Verbale Signalebene Das gesprochene Wort Signale Kanäle Wörter m mm ggg gg ggg g g z.B. angehobene oder gesenkte Stimme Tonfall ... z.B. Frage und Antwort ... ... Nonverbale Signalebene Die verschiedenen Kanäle der Körpersprache Kanäle Mimik z.B. herunterhängende Mundwinkel Gestik z.B. Hände falten Augenausdruck z.B. Blickkontakt aufnehmen Körperhaltung Körperbewegung Atmung Muskeltonus © BMFSFJ Signale z.B. Hände in die Hüften stemmen z.B. ein Bein oder einen Arm ausstrecken z.B. beschleunigte Atmung z.B. erhöhter Muskeltonus V/24 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/1.1: „Ein Mensch – viele Ausdrucksmöglichkeiten“ – Signalebenen des Menschen unterscheiden In dieser Aufgabe geht es darum, sich die Vielfalt der nonverbalen Signale von Menschen mit Demenz in Essenssituationen bewusst zu machen. Hierbei können Ihnen die Beobachtungen, die Sie bisher in Ihrer beruflichen Praxis gemacht haben, helfen. Ebenso können Sie Beobachtungen aus dem Film „Personenzentrierte Pflege als Chance und Perspektive – Über den Umgang mit Verwirrten“ und den Beobachtungen aus dem Fallbericht (Frau Klewe) ergänzen. 1. Ihre Lehrerin / Ihr Lehrer hat zu jedem Kanal der nonverbalen Sprache eine Wandzeitung vorbereitet. Bilden Sie in Ihrer Klasse fünf Arbeitsgruppen und ordnen Sie sich einer Wandzeitung zu. 2. Sammeln Sie nun spontan zu Ihrem jeweiligen Kanal, z. B. Mimik, mögliche nonverbale Signale, die Sie bei einem Menschen mit Demenz in Essenssituationen beobachten können. Notieren Sie Ihre Ergebnisse auf der Wandzeitung. 3. Gehen Sie auf diese Weise nacheinander von Wandzeitung zu Wandzeitung. Lesen Sie sich dabei zunächst die bereits von Ihren Vorgruppen notierten Ergebnisse durch und ergänzen Sie diese, wenn Ihnen weitere beobachtbare Signale einfallen. Am Ende der Aufgabe haben Sie sich so mit allen fünf Kanälen der nonverbalen Sprache auseinandergesetzt. 4. Stellen Sie am Ende der Bearbeitung die Wandzeitung, die Sie zuletzt bearbeitet haben, im Plenum vor. Kanal Mimik Nonverbale Signale/Beobachtungen Gestik Augenausdruck Körperhaltung Körperbewegung © BMFSFJ V/25 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Informationsblatt V/1.2: „Ein Mensch – viele Ausdrucksmöglichkeiten“ – Signalebenen des Menschen unterscheiden Drei Regeln zur Bedeutungsabsicherung von nonverbalen Signalen 1. Regel: Signale im Verbund mit anderen Signalen deuten Bei Menschen mit Demenz, die auf der verbalen und nonverbalen Signalebene senden: • Verbale und nonverbale Signalebenen in die Interpretation mit einfließen lassen, d.h. es soll mindestens ein Signal aus der nonverbalen Signalebene hinzukommen. Bei Menschen mit Demenz, die nur auf der nonverbalen Signalebene senden: • Mindestens einen zweiten Kanal der nonverbalen Signalebene in die Interpretation mit einfließen lassen (z. B. Gestik und Mimik). Bei Unsicherheit, ob die Interpretation im Sinne des Menschen mit Demenz ist: • Körpersprachlich nachfragen, ob die Interpretation stimmt. 2. Regel: Signale im Kontext deuten Nonverbale Signale immer im Kontext der Situation, in der sie auftreten, deuten. 3. Regel: Auf Übereinstimmung zwischen verbalen und nonverbalen Signalen achten Wenn verbale und nonverbale Signalebene nicht übereinstimmen, hat das nonverbale Signal Vorrang. Quellen: Argyle, M. (2005). Körpersprache & Kommunikation. Das Handbuch zur nonverbalen Kommunikation (9. Auflage). Paderborn: Junfermann. Ulmer, E-M & Margraf, K. (2005). Interaktionen mit dementen Menschen. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft. Im Auftrag der Alzheimer-Gesellschaft Mittelhessen e.V. © BMFSFJ V/26 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/2.1: „Der Körper sagt mehr als tausend Worte“ – Körpersprache beobachten und interpretieren Ziel: Diese Aufgabe besteht aus mehreren. Es geht darum, sich mit der Interaktion zwischen einem Menschen mit Demenz (Herr A.) und einer Pflegeperson während einer Essenssituation auseinanderzusetzen. Der Schwerpunkt liegt darauf, die eigene Wahrnehmung und Beobachtung anhand der Filmsequenz „Herr A. möchte etwas trinken“ aus dem Film „Interaktion mit dementen Menschen“ (Margraf 1999) zu schulen. Schritt I: Filmsequenz „Herr A. möchte etwas trinken“ (1. Mal) Sehen Sie sich den Filmausschnitt „Herr A. möchte etwas trinken“ aus dem Film „Interaktion mit dementen Menschen“ ein erstes Mal in Normalgeschwindigkeit und ohne Ton an. Beschreiben Sie im Anschluss daran stichwortartig, was Sie gesehen haben. Blick auf die Situation Was habe ich gesehen? Beschreiben Sie stichwortartig. Wir wollen uns im Anschluss über Ihre Eindrücke in der Großgruppe austauschen. Bearbeitungszeit: 10 Minuten © BMFSFJ V/27 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/2.2: „Der Körper sagt mehr als tausend Worte“ – Körpersprache beobachten und interpretieren Schritt II: Filmsequenz „Herr A. möchte etwas trinken“ (2. Mal) Sehen Sie die Filmsequenz „Herr A. möchte etwas trinken“ jetzt ein zweites Mal in Zeitlupe und ohne Ton an. Damit Sie alles genau beobachten können, ist die Szene in vier Zeitlupen aufgeteilt. Ihre Lehrerin / Ihr Lehrer wird den Film nach jeder Zeitlupe kurz stoppen, damit Sie genügend Zeit haben, Ihre Beobachtungen zu dokumentieren. Nach der vierten Zeitlupe wird die gesamte Filmsequenz noch einmal in Normalgeschwindigkeit gezeigt. Falls Sie das Gefühl haben, noch nicht alles beobachtet zu haben, kann Ihre Lehrerin / Ihr Lehrer Ihnen die Zeitlupen nochmals zeigen. 1. Beobachten Sie genau: • Welche nonverbalen Signale senden und empfangen die Pflegeperson und Herr A.? 2. Dokumentieren Sie Ihre Beobachtungen auf dem vorbereiteten Beobachtungsbogen auf der folgenden Seite. 3. Nachdem Sie die gesamte Beobachtung und Dokumentation abgeschlossen haben, vergleichen und überprüfen Sie Ihre Ergebnisse mit einer Partnerin / einem Partner. 4. Notieren Sie mögliche Fragen und Unstimmigkeiten. Bearbeitungszeit für die Partnerarbeit: 15 Minuten © BMFSFJ V/28 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Beobachtungsbogen Zeitlupe 1 Zeitlupe 2 Zeitlupe 3 Zeitlupe 4 Herr A. Pflegeperson Herr A. Herr A. Pflegeperson Herr A. Pflegeperson Herr A. © BMFSFJ V/29 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/2.3: „Der Körper sagt mehr als tausend Worte“ – Körpersprache beobachten und interpretieren Regeln zur Klarheit in der nonverbalen Kommunikation mit Menschen mit Demenz Regel 1: © BMFSFJ V/30 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/2.4: „Der Körper sagt mehr als tausend Worte“ – Körpersprache beobachten und interpretieren Schritt III: „Auf welchen Kanälen kommunizieren Herr A. und die Pflegeperson?“ Im ersten Teil dieser Aufgabe geht es darum, die nonverbalen Signale von Herrn A. und der Pflegeperson den verschiedenen Kanälen (Mimik, Gestik, Augenausdruck, Körperhaltung, Körperbewegung) zuzuordnen. Dieses ist wichtig, um herauszufinden, auf welchen Kanälen Herr A. und die Pflegeperson schwerpunktmäßig miteinander kommunizieren. In einem zweiten Teil der Aufgabe überlegen Sie, welche unterschiedlichen Sinneskanäle (visuell, akustisch, taktil) die Pflegeperson bei Herrn A. anspricht und wie sie dies genau macht. 1. Lesen Sie nun noch einmal Ihre Aufzeichnungen auf dem Beobachtungsbogen. Ordnen Sie die von Ihnen beobachteten Signale von Herrn A. und der Pflegeperson nun gemeinsam den verschiedenen Kanälen der nonverbalen Sprache zu. Ihre Lehrerin / Ihr Lehrer wird Ihre Ergebnisse an der Tafel festhalten. Tabelle 1: Ergebnisse Tafelbild Kanal Herr A. Nonverbale Signale / Beobachtungen Kanal Mimik Mimik Gestik Gestik Augenausdruck Augenausdruck Körperhaltung Körperhaltung Körperbewegung Körperbewegung © BMFSFJ Pflegeperson Nonverbale Signale / Beobachtungen V/31 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten 2. Überlegen Sie nun, welche unterschiedlichen Sinneskanäle die Pflegekraft bei Herrn A. anspricht und wie sie dies genau macht. Tragen Sie Ihre Ergebnisse in die nachfolgende Tabelle ein. Tabelle 2: Sinneskanäle Sinneskanäle Visuell (sehen) Visuelles Signal: Taktil (berühren) Taktiles Signal: Akustisch (hören) Akustisches Signal: © BMFSFJ Beobachtungen / Signale V/32 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/3.1: „Im Kon-Takt sein“ – Synchronie in der Interaktion herstellen In dieser Wahrnehmungsübung geht es darum, sich in dem Takt und Rhythmus einer anderen Person zu bewegen und Synchronität zu erspüren. Schritt I: Eine Wahrnehmungsübung ohne Berührung durchführen und reflektieren 1. Suchen Sie sich einen Partner oder eine Partnerin und stellen Sie sich einander gegenüber. Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor einem „Spiegel“. 2. Sorgen Sie dafür, dass Sie beide genügend Raum für die gemeinsame Bewegung haben. 3. Heben Sie nun Ihre beiden Handflächen zueinander, ohne dass sich diese berühren. 4. Vollziehen Sie alle Bewegungen Ihres Partners / Ihrer Partnerin möglichst gleich und gleichzeitig. 5. Finden Sie einen Anfang, ohne abzusprechen, wer die Bewegung leitet. 6. Führen Sie die Übung solange durch, bis Ihre Lehrerin / Ihr Lehrer Ihnen ein StoppZeichen gibt. Wichtig: Während der gesamten Übung darf nicht gesprochen werden! 7. Reflektieren Sie die Übung in Partnerarbeit anhand folgender Fragen: • Wie habe ich mich gefühlt? _________________________________________________ • Was war leicht? __________________________________________________________ • Was war schwer? _________________________________________________________ • Wer hat geführt? _________________________________________________________ • Woher wusste ich, wie ich mich bewegen musste? _______________________________ Schritt II: Eine Wahrnehmungsübung mit Berührung durchführen und reflektieren 1. Wiederholen Sie die Wahrnehmungsübung mit folgender Änderung: Heben Sie Ihre beiden Handflächen zueinander und legen sie sie aneinander, so dass sich Ihre Handflächen berühren. 2. Reflektieren Sie die Übung in Partnerarbeit: © BMFSFJ V/33 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten • Wie habe ich mich gefühlt? _________________________________________________ • Was war leicht? __________________________________________________________ • Was war schwer? _________________________________________________________ • Wer hat geführt? _________________________________________________________ • Woher wusste ich, wie ich mich bewegen musste? _______________________________ Bearbeitungszeit: 20 Minuten © BMFSFJ V/34 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Informationsblatt V/3.1: „Im Kon-Takt sein“ – Synchronie in der Interaktion herstellen Modell der Interaktion zwischen Menschen mit Demenz und Pflegepersonen Mensch mit Demenz Klarheit der verbalen und nonverbalen Signale Empfänglichkeit Interpretation / Deutung Erwiderungsbereitschaft Pflegeperson (in Anlehnung an Athlin &. Norberg 1987) • Klarheit der verbalen und nonverbalen Signale: • Empfänglichkeit: • Interpretation / Deutung: • Erwiderungsbereitschaft: © BMFSFJ V/35 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/3.2: „Im Kon-Takt sein“ – Synchronität in der Interaktion herstellen In dieser Wahrnehmungsübung geht es darum, sich in eine Essenssituation hineinzuversetzen und den Kontakt (Kontakt herstellen, Kontakt halten, Kontakt beenden) aus verschiedenen Positionen heraus zu gestalten, zu beobachten und zu reflektieren. Versuchen Sie hierbei folgender Frage nachzugehen: „Welche Form der individuellen Unterstützung benötigt der Mensch, um die Situation für sich begreifen? Was braucht er, um die Handlung Trinken bzw. Essen möglichst eigenständig durchführen zu können? 1. Bilden Sie eine Kleingruppe mit drei Personen 2. Entscheiden Sie wer A, wer B und wer C ist Person A: Person A ist in der Lage, mit Unterstützung selbstständig zu essen und zu trinken. Sie hat aber manchmal Schwierigkeiten, mit einer Handlung zu beginnen oder die Handlung nach Beginn fortzusetzen. Außerdem fällt es Person A. schwer, verbale Aufforderungen zu verstehen. Person B: Person B möchte Person A beim Essen unterstützen, so dass diese die Handlung weitgehend selbstständig ausführen kann. Person C Person C beobachtet und protokolliert die Kommunikation mit Hilfe eines Beobachtungsbogens. 3. Führen Sie nun die Übung durch. 4. Reflektieren Sie die Übung anhand der Leitfragen. Gehen Sie dabei so vor, dass zunächst Person A und dann Person B reflektiert. Erst im Anschluss daran erläutert Person C ihre Beobachtungen. Leifragen zur Reflexion: Person A: • Wie habe ich mich gefühlt? • Was hat mir gut gefallen? • Was war schwierig für mich? • Was hätte ich mir gewünscht? Person B: • Wie habe ich mich gefühlt? • Was war leicht? • Was war schwer? • Was würde ich beim nächsten Mal gerne anders machen? Person C: 1. Was habe ich beobachtet? 5. Tauschen Sie nun die Positionen, so dass jeder einmal alle Positionen eingenommen hat. Bearbeitungszeit: 40 Minuten © BMFSFJ V/36 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Beobachtungsbogen zur Übung: „Kontakt mit Menschen mit Demenz herstellen, halten und beenden“ Beobachtungsaspekte 1. Kontakt herstellen (Kontakt vor Funktion) • auf Augenhöhe begegnen • Blickkontakt herstellen • körpersprachlich klar und eindeutig sprechen • eindeutig und angemessen berühren (Berührungsgeste) • genügend Zeit zum Wahrnehmen geben Beobachtungsnotizen • 2. Kontakt halten • körpersprachlich klar und eindeutig sprechen • visuelle Signale senden • akustische Signale senden • taktil/haptische Signale senden 3. Kontakt beenden • körpersprachlich klar und eindeutig sprechen • eindeutig und angemessen berühren (Berührungsgeste) • genügend Zeit zum Wahrnehmen geben © BMFSFJ V/37 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/4.1: „Alles spielt zusammen“ – Interaktion, Team und Organisation betrachten Das Ziel dieser letzen Aufgabe in der Lernsituation besteht darin, dass Sie sich in dieser Woche erarbeitetes Wissen noch einmal vor Augen führen und anwenden. Dabei kehren Sie zum Ausgangspunkt der Lernsituation zurück: zum Fallbericht von Schülerin Andrea und Frau Klewe. Die nachfolgenden Leitfragen unterstützen Sie dabei, die Situation im Fallbericht erneut zu reflektieren – diesmal unter Einbezug dessen, was Sie im Verlauf dieser Lernsituation an neuem Wissen hinzugewonnen haben. Abschließend schätzen Sie selbst ein, ob und – wenn ja – wie sich Ihre Sichtweise auf die Situation verändert hat. 1. Lesen Sie die Leitfragen aus den verschiedenen Blickwinkeln Interaktion, Team und Organisation auf den Seiten 40 und 41. 2. Überprüfen Sie, ob Sie die Fragen verstehen. 3. Lesen Sie nun den Fallbericht „Schülerin Andrea unterstützt Frau Klewe beim Mittagessen“ noch einmal durch. 4. Bearbeiten Sie jeder für sich die Leitfragen vor dem Hintergrund Ihres neu erworbenen Wissens. Bearbeitungszeit: 40 Minuten Fallbericht: Schülerin Andrea unterstützt Frau Klewe beim Mittagessen Schülerin Andrea Baumann befindet sich gerade im Praxiseinsatz im Altenheim. Zu der Bewohnergruppe, für die Andrea gemeinsam mit ihrer Praxisanleiterin verantwortlich ist, gehört auch die 85-jährige Frau Maria Klewe. Sie hat eine Demenz vom Alzheimer Typ. Frau Klewe kann noch gut laufen, benötigt aber bei den meisten übrigen Aktivitäten die Unterstützung der Pflegekräfte. Sie ist sehr ruhig und sitzt häufig teilnahmslos in ihrem Sessel. Wenn sie eine bestimmte Handlung anfängt, vergisst sie schon einmal, was sie gerade tut, hört mitten in der Bewegung auf und schließt die Augen. Öfter weiß Frau Klewe auch gar nicht, was sie denn in einer bestimmten Situation tun soll, z. B. während der Körperpflege oder beim Essen und Trinken. Schülerin Andrea kommt es heute vor, als sei der Vormittag rasend schnell verflogen. Nach dem Mittagessen will sie unbedingt noch einige Dinge dokumentieren, das hat sie in der Hektik noch gar nicht geschafft. Jetzt soll sie allerdings erst einmal Frau Klewe bei der Einnahme ihres Mittagessens unterstützen. Gemeinsam mit einigen anderen Bewohnern begleitet Schülerin Andrea Frau Klewe zu ihrem Platz im Speisesaal. Es dauert noch einige Minuten, bis das Mittagessen von einer Mitarbeiterin aus der Küche gebracht wird. Teller, Besteck und ein Getränk stehen schon auf dem Tisch. Andrea nutzt die Zeit, um einigen Bewohnerinnen, die beim Essen und Trinken häufiger etwas verschütten, ein Tuch als Schutz umzubinden. Im Speisesaal läuft Musik, und Andrea summt leise mit. Das Mittagessen besteht aus einem Eintopf, gemischtem Salat und einer Nachspeise. Frau Klewe sitzt abwesend auf ihrem Platz, auch als das Essen vor ihr steht, scheint sie dies nicht wahrzunehmen. Schülerin Andrea setzt sich neben Frau Klewe an den Tisch und fragt: „Frau Klewe, haben Sie noch gar keinen Hunger?“ Die Bewohnerin hebt den Kopf und sieht Andrea an. „Ich helfe Ihnen jetzt beim Essen. Riechen Sie mal, es gibt Eintopf mit Rindfleisch.“ Frau Klewe wirkt ein wenig aufmerksam, sie hebt ihre rechte Hand und reibt vor sich über die Tischkante. Schülerin Andrea hebt das Wasserglas an Frau Klewes Lippen. „Trinken Sie mal © BMFSFJ V/38 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten erst einen Schluck, dann klappt es mit dem Essen gleich besser“, fordert Andrea Frau Klewe auf. Frau Klewe zuckt zunächst mit dem Kopf zurück, öffnet dann aber den Mund und trinkt einige große Schlucke. Anschließend gibt Andrea Frau Klewe einen Löffel in die rechte Hand und führt diese zu ihrem Teller. Daraufhin beginnt Frau Klewe mit dem Essen. Andrea ist erleichtert darüber, dass Frau Klewe isst. Nach ein paar Löffeln erkundigt sie sich: „Schmeckt gut, oder?“. „Ja, Eintopf schmeckt immer gut“, antwortet Frau Klewe. Da Frau Klewe jetzt allein isst, steht Andrea auf, um einem anderen Bewohner beim Zerkleinern des Essens und beim Einnehmen der Medikamente zu helfen. Nach einigen Minuten geht Andrea zu Frau Klewe zurück; auf dem Weg nimmt sie noch Frau Klewes Mittagsmedikamente mit. Inzwischen hat Frau Klewe aufgehört zu essen, sie spielt mit dem Löffel in ihrer Hand, ihr Blick geht geradeaus ins Leere. Der Teller scheint bis auf ein paar Löffel unberührt. Andrea seufzt leise und setzt sich wieder neben die Bewohnerin. „Frau Klewe, warum essen Sie denn nicht? Sie müssen doch etwas essen. Außerdem schmeckt es Ihnen doch!“ Frau Klewe sieht Andrea an und lächelt ein wenig, sie lässt den Löffel los und streichelt Andrea mit der Hand über den Arm. Andrea versucht, Frau Klewe zum Weiteressen zu überreden. Sie spricht ermutigend auf sie ein und führt Frau Klewes Hand mit einem gefüllten Löffel zum Mund. Frau Klewe wendet den Kopf ab und wehrt den gefüllten Löffel ab, so dass Eintopf über ihr Kleid und ihren Stuhl läuft. Ihr Blick wirkt angestrengt. Andrea ekelt sich und spürt, wie sie sich innerlich verkrampft. So gut es geht, säubert sie mit einer Serviette das Kleid und den Stuhl von Frau Klewe. Sie versucht dann erneut, Frau Klewe zum Essen zu bringen: „Frau Klewe, dann nehmen Sie wenigstens Ihre Medikamente, das ist wichtig für Sie!“ Andrea gibt Frau Klewe zwei Tabletten in die Hand. Da sie nicht reagiert, gibt Andrea die Tabletten auf einen Löffel und berührt damit Frau Klewes Mund. Frau Klewe presst jetzt die Lippen ganz fest aufeinander, ihr Gesichtsausdruck ist verkniffen. Andrea fühlt sich hilflos und überfordert. Sie versucht es noch einmal mit etwas Wasser, aber Frau Klewe schlägt jetzt nach dem Glas und ruft laut: „Nein, nein, nein!“ Frustriert steht Andrea auf. © BMFSFJ V/39 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/4.2: „Alles spielt zusammen“ – Interaktion, Team und Organisation betrachten Leitfragen zur Reflexion aus den Blickwinkeln Interaktion, Team und Organisation Blickwinkel: Interaktion 1. Wie beurteilen Sie die Interaktion zwischen Schülerin Andrea und Frau Klewe? 2. Was könnte Andrea Ihrer Meinung nach anders machen? 3. Wie würde sich die Interaktion dadurch möglicherweise verändern? © BMFSFJ V/40 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Blickwinkel: Team 1. Wie beeinflusst das Team Ihrer Ansicht nach die Interaktion? 2. Was könnte das Team Ihrer Ansicht nach tun? 3. Was könnte sich dadurch verändern? Blickwinkel: Organisation 1. Wie beeinflusst die Organisation Ihrer Ansicht nach die Interaktion? 2. Was könnte die Organisation Ihrer Ansicht nach tun? 3. Was könnte sich dadurch verändern? © BMFSFJ V/41 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten Arbeitsblatt V/6.1 „Blick zurück und nach vorn“ – die Lerneinheit evaluieren Meine Rückmeldung zur Lernsituation Code-Nr.: ________ 1. Folgende Themen, Aspekte und Inhalte fand ich ... ... wichtig ... weniger wichtig ... überflüssig 2. Die folgenden Aspekte waren für mich Aspekte nicht geeignet (--) weniger geeignet (-) gut geeignet (+) sehr gut geeignet (++) Fallbericht (Schülerin Andrea und Frau Klewe) Szenische Darstellungen Wahrnehmungsübungen Gruppenarbeit Schülerpräsentationen Lehrervortrag Medien Thematik „Essen und Trinken“ Lernmaterialien (Arbeits- und Informationsblätter) Wandzeitungen Lerntagebuch © BMFSFJ V/42 Informations- und Arbeitsblätter Lerneinheit V: Interaktion gestalten 3. Folgende Themen, Aspekte und Inhalte glaube ich, in der Praxis anwenden zu können: auf jeden Fall ab und zu gar nicht - 4. Durch die Lernsituation habe ich neue Erkenntnisse hinzu gewonnen ... in sehr geringem Maße (--) in geringem Maße (-) in hohem Maße (+) in höchstem Maße (++) Was ich noch sagen wollte! © BMFSFJ V/43 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/1.1: Verbale und nonverbale Signalebenen © BMFSFJ V/44 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/1.2: Nonverbale Signalebenen © BMFSFJ V/45 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/1.2: Nonverbale Signalebenen © BMFSFJ V/46 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/1.2: Nonverbale Signalebenen © BMFSFJ V/47 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/1.2: Nonverbale Signalebenen © BMFSFJ V/48 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/1.2: Nonverbale Signalebenen © BMFSFJ V/49 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/1.3: Drei Regeln zur Bedeutungsabsicherung von nonverbalen Signalen © BMFSFJ V/50 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/2.1: Regelspeicher – Regeln zur Klarheit in der Kommunikation mit Menschen mit Demenz Regeln zur Klarheit in der Kommunikation mit Menschen mit Demenz © BMFSFJ V/51 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/2.2: Auf welchen Kanälen kommunizieren Herr A. und die Pflegeperson? © BMFSFJ V/52 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/3.1: Modell der Interaktion © BMFSFJ V/53 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/5.1: Tagesrückblick „Ich“ © BMFSFJ V/54 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/5.2: Tagesrückblick „Es“ (das Thema) © BMFSFJ V/55 Wandzeitungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wandzeitung V/5.3: Tagesrückblick „Wir“ (die Gruppe) © BMFSFJ V/56 Mögliche Lösungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Mögliche Lösungen Mögliche Lösungen zum Handlungsschwerpunkt V/1: Signalebenen des Menschen unterscheiden Erwartungshorizont zum Brainstorming / Vernissage Nonverbaler Kanal Mimik Gestik Augenausdruck Körperhaltung © BMFSFJ Beobachtbare Signale • Augenzwinkern • Lippen zusammenpressen • Augenbrauen hochziehen • Kussmund • Nase krausen • Stirn runzeln • Mundwinkel nach oben bzw. unten • aufgeblasene Wangen • … • • Vogel zeigen • Fäuste ballen • winken • Arme verschränken • mit dem Finger zeigen • Ohren zuhalten • Finger in den Hals stecken • Nase zuhalten • … • • Augen geschlossen • Augen verdrehen • an die Decke schauen • weit aufgerissene Augen • auf anderen Teller schielen gedeutete Beobachtungen (beim Augenausdruck liegen Beobachtung und Deutung besonders eng zusammen): • böser Blick • leerer Blick • erwartungsvoller Blick • freudiger Blick • … • • im Stuhl hängen lassen • zur Seite kippen • aufrechtes Sitzen • gekrümmte Haltung • Hand vor den Mund gehalten • Kopf weggedreht • hängende Schultern • Kopf hängen lassen • Kopf in die Hände abstützen • steifes Stehen • … • V/57 Mögliche Lösungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten • • • • • • • • • • Körperbewegung auf den Tisch hauen Arme ausstrecken Hände verschränken Däumchen drehen Sachen aus der Hand schlagen schlagen Kopfschütteln gehen, weglaufen mit den Beinen trampeln … Beispiele zur Unterscheidung von Beobachtung und Deutung aus dem Film „Personenzentrierte Pflege als Chance und Perspektive“: Kanäle Nonverbale Signalebene Nonverbale Signale des Menschen mit Demenz (mögliche Deutung) Mimik • Die Lippen zusammenpressen (z. B. der Mensch möchte vielleicht nicht mehr essen oder er kann sich im Moment nicht mehr orientieren) • Den Mund öffnen (z. B. der Mensch möchte essen oder trinken oder etwas sagen) Gestik • Vom Körper wegführende Handbewegungen (Ablehnung, vor allem wenn sie von oben nach unten ausgeführt werden >auf den Tisch hauen@. Dieses gilt nicht, wenn der Tastsinn durch den Bewegungssinn ersetzt wird) • Zum Körper hinführende Handbewegungen (Gesten des Nehmens, Holens und Einverleibens, also zustimmende Geste) Augenausdruck • Eine Bewohnerin (Frau Bolzhausen) nimmt Blickkontakt mit der Pflegeperson auf (z. B. Frau Bolzhausen möchte Kontakt mit der Pflegeperson aufnehmen, sich mitteilen) Körperhaltung • Im Stuhl zusammensinken (z. B. Erschöpfung, nicht mehr weiter wissen) Körper• Eine bestimmte Handlung / Teilhandlung – das Glas zum Mund fühbewegung ren – anfangen und mitten in der Bewegung aufhören (z.B. der Mensch möchte trinken, weiß aber nicht, wie es geht – Apraxie) (Körper• Nach dem Löffel schlagen (z. B. der Mensch möchte vielleicht nicht bewegungen sind mehr essen oder kann sich im Moment nicht mehr zur Situation orienzum Teil schwer tieren) von Gesten zu • Mit dem Löffel in der Hand spielen (z. B. der Mensch kann sich im unterscheiden) Moment nicht mehr zur Situation orientieren oder dem Menschen ist langweilig) Anmerkung: Die möglichen Deutungen liegen nicht im Erwartungshorizont der Lernenden, sondern sind als Hintergrundinformationen für die Lernenden gedacht. Erwartungshorizont zur Deutung der körpersprachlichen Darstellungen Wahrscheinlich werden die Lernenden die im Plenum demonstrierten körpersprachlichen Darstellungen unterschiedlich deuten. An dieser Stelle zeigt sich in der Regel die Schwierigkeit in Bezug auf die Deutung von nonverbalen Signalen. Die / der Lehrende greift diese Schwierigkeit auf, indem er die Lernenden über die drei Regeln zur Bedeutungsabsicherung von nonverbalen Signalen informiert (Lehrervortrag). © BMFSFJ V/58 Mögliche Lösungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Mögliche Lösungen zum Handlungsschwerpunkt V/2: Körpersprache beobachten und interpretieren 1. Erwartungshorizont: Beobachtungsbogen zur Filmsequenz „Herr A. möchte etwas trinken“ (aus dem Film „Interaktionen mit dementen Menschen“, Margraf 1999) Zeitlupe 1 Herr A. • blickt auf den Tisch • hebt beide Hände und tastet auf der Tischoberfläche • greift mit der rechten Hand nach vorne • blickt vor sich ins Leere • rutscht in seine Sitzposition zurück • hebt die linke Hand, rechte Hand zittert (Tremor) Pflegeperson • wackelt mit dem Glas mit Apfelsaft (visuelles Signal) • stellt das Glas mehrere Male hörbar auf dem Tisch ab (akustisches Signal) Herr A. • tastet mit der linken Hand suchend auf dem Tisch, bleibt in der Bewegung stecken Zeitlupe 3 Herr A. • blickt nach rechts in Richtung der Pflegeperson • blickt die Pflegeperson an Pflegeperson • kniet sich auf die gleiche Höhe wie Herr A. • führt die rechte Hand von Herrn A. zum Glas, schiebt das Glas in seine rechte Hand (taktiles Signal) • blickt Herrn A. an (visuelles Signal) Zeitlupe 4 Herr A. • hebt die linke Hand und greift nach vorne auf den Tisch Pflegeperson • verfolgt mit ihrem Blick die Handbewegung von Herrn A. • greift die linke Hand von Herrn A. und schließt sie ebenfalls um das Glas (taktiles Signal) • nimmt Blickkontakt auf, lächelt und sagt etwas (visuelles und verbales Signal) Zeitlupe 2 Herr A. • öffnet den Mund und sagt etwas • führt das Glas mit beiden Händen zum Mund, beugt den Kopf nach vorne und beginnt zu trinken 2. Erwartungshorizont zu den Regeln zur Klarheit in der nonverbalen Kommunikation Die Regeln werden von den Lernenden an dieser Stelle bzw. im weiteren Verlauf dieser Lerneinheit in den Regelspeicher aufgenommen. Dabei muss deutlich werden, dass diese nicht im Sinne unumstößlicher Handlungsanweisungen zu verstehen sind, die immer zum Erfolg führen. Stattdessen stellen sie Hilfen dar, die eine gelungene Kommunikation wahrscheinlicher machen. • • • • zunächst Kontakt mit dem Menschen aufnehmen (Kontakt vor Funktion) sich auf Augenhöhe des Menschen begeben auf Takt und Rhythmus des Menschen einstellen sich auf der gleichen Signalebene (verbal bzw. nonverbal) austauschen © BMFSFJ V/59 Mögliche Lösungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten • • • • • • • • wenn verbale und nonverbale Signale widersprüchlich sind, hat das nonverbale Signal Vorrang sich auf dem gleichen nonverbalen Kanal austauschen akustische, visuelle und taktile Signale senden alle Signale in dieselbe Richtung senden Signale schrittweise geben, aufeinander aufbauend, dem Bedarf des Menschen angemessen (Ermöglichung von Selbstständigkeit) das eigene Körper-Hilfs-Ich einsetzen eine Handlung vormachen .. 3. Erwartungshorizont zur Zurufabfrage im Plenum Tabelle 1: Zuordnung der Signale zu den Kanälen der nonverbalen Sprache (Tafelbild oder Wandzeitung) Herr A. Pflegeperson Nonverbale Signale / BeobachNonverbale Signale / BeKanal Kanal tungen obachtungen Mimik Mimik • öffnet den Mund • lächelt Herrn A. an • öffnet den Mund Gestik Augenausdruck Gestik • • • blickt auf das Glas blickt die Pflegeperson an blickt vor sich ins Leere Körperhaltung Körperbewegung • • • • • • © BMFSFJ hebt beide Hände und tastet an der Tischoberfläche rutscht in seine Sitzposition zurück hebt die rechte Hand tastet mit der linken Hand suchend auf den Tisch, bleibt in der Bewegung stecken hebt die linke Hand und greift nach vorne auf den Tisch führt das Glas mit beiden Händen zum Mund und fängt an zu trinken Augenausdruck • nimmt Blickkontakt auf zu Herrn A. Körperhaltung • kniet sich auf die gleiche Höhe wie Herr A. Körperbewegung • greift die rechte Hand und führt sie zum Glas führt die linke Hand von Herrn A. zum Glas • V/60 Mögliche Lösungen Lerneinheit V: Interaktion gestalten Bei der Zuordnung der Signale zu den Kanälen der nonverbalen Sprache kann es zu Unsicherheiten kommen, da z. B. beobachtbare Signale im Bereich von Gesten bzw. Körperbewegungen ähnlich und nicht immer klar voneinander zu trennen sind. Hier liegt der Fokus nicht darauf, zwingend den „richtigen“ Kanal herauszufinden, sondern ein Gefühl für die Vielfältigkeit der Signale zu bekommen. Tabelle 2: Zuordnung der Signale der Pflegeperson zu den Sinneskanälen Sinneskanäle Beobachtungen / Signale Visuell (sehen) • zeigt Herrn A. das Glas Apfelsaft, indem sie es auf dem Tisch hin und her bewegt Taktil (berühren) • führt die rechte Hand von Herrn A. zum Glas, schiebt das Glas in seine rechte Hand greift die linke Hand von Herrn A. und schließt sie ebenfalls um das Glas stellt das Glas mehrere Male hörbar auf dem Tisch ab • Akustisch (hören) • Eine Schwierigkeit für die Lernenden liegt darin, dass neben der Systematik der nonverbalen Signalebene (Mimik, Gestik …) nun die Ebene der Wahrnehmungsbereiche des Menschen (die verschiedenen Sinneskanäle wie visuell, akustisch …) hinzukommt. © BMFSFJ V/61 Wissenswertes Lerneinheit V: Interaktion gestalten Wissenswertes: Allgemeine Hintergrundinformationen zu Lerneinheit V Bedeutung der nonverbalen Kommunikation im Kontakt mit Menschen mit Demenz Menschen kommunizieren im Allgemeinen auf der verbalen und auf der nonverbalen Signalebene. Menschen mit Demenz kommunizieren mit Fortschreiten der Demenz bevorzugt auf der nonverbalen Signalebene. Sie haben die Fähigkeit, sich bis zu ihrem Tod über die nonverbale Signalebene auszudrücken und können Mitteilungen auf dieser Signalebene auch länger verstehen als Mitteilungen, die aus der verbalen Signalebene kommen. Der Ausdruck über die Körpersprache geschieht meist unbewusst. Auch wenn man dem verbalen Inhalt der Sprache eines Menschen mit Demenz keine Bedeutung mehr entnehmen kann, gelingt es doch häufig, über das gezielte Beobachten der Körpersprache etwas über den derzeitigen Zustand des Menschen mit Demenz zu erfahren. Über die Körpersprache werden Gefühle und Bedürfnisse mit einer hohen Authentizität vermittelt. Aus diesem Grund ist es für Pflegende sehr wichtig, sowohl für den Ausdruck der eigenen Körpersprache als auch für das Verstehen der Körpersprache des Menschen mit Demenz sensibel zu sein (zur Vertiefung siehe Literatur zur Lerneinheit V). Informationen zum Modell der Interaktion zwischen Menschen mit Demenz und Pflegepersonen (nach Athlin & Norberg 1987) Die Phänomene Verwirrtheit und Verstörtheit führen bei Menschen mit Demenz häufig zu Veränderungen und Schwierigkeiten in der Kommunikation und Interaktion. Im Allgemeinen wird Menschen mit Demenz die Fähigkeit zur Interaktion abgesprochen. Durch mehrere Studien (Renneke 2005, Wagener et al. 1998) konnte jedoch nachgewiesen werden, dass Menschen mit Demenz durchaus Fähigkeiten besitzen, die für eine Interaktion von Bedeutung sind. Sie können nonverbale Signale empfangen und senden. So sind sie beispielsweise in der Lage, das Verhalten ihrer Interaktionspartner wahrzunehmen und ihre Körperbewegungen und Gesten nachzumachen. (Wagener et al. 1998, Margraf 1999) Das hier vorgestellte theoretische Modell von Athlin und Norberg (1987) dient zur Einschätzung von Interaktionen. Das Modell beruht auf den von Barnard (1981) beschriebenen Interaktionen zwischen dem Säugling und seiner Mutter. In der Interaktion steht der Mensch mit Demenz mit seinen Fähigkeiten und Einschränkungen der Pflegeperson gegenüber. Die Aufgabe der Pflegeperson besteht darin, die Fähigkeiten und Einschränkungen von Menschen mit Demenz einzuschätzen und das eigene Interaktionsverhalten den Fähigkeiten des Menschen mit Demenz anzupassen. Dieser ist mit Fortschreiten des demenziellen Prozesses immer weniger in der Lage, sein Interaktionsverhalten situativ anzupassen. Das theoretische Modell der Interaktion von Athlin und Norberg (1987) dient in Bezug auf die Lernsituation dazu, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, das eigene Interaktionsverhalten in der Arbeit mit Menschen mit Demenz auf der Folie der wesentlichen Elemente, die für eine erfolgreiche Interaktion zentral sind, zu reflektieren und weiterzuentwickeln. I. Synchronie Synchronie umfasst die Harmonie zwischen verbaler und nonverbaler Kommunikation. Sie kann sich sowohl auf die Person selbst als auch auf die Interaktion zwischen zwei Personen beziehen. In Bezug auf die Person selbst bedeutet Synchronie, dass verbale Sprache und nonverbale Sprache kongruent sind (Selbstsynchronisation). In Bezug auf die Interaktion bedeutet Synchronie das Aufeinanderfolgen von Aktionen und Reaktionen: Ein Partner agiert, der andere reagiert, darauf reagiert wieder der erste und so weiter. Die Aktionen und Reaktionen beider Interaktionspartner sind hierbei aufeinander abgestimmt, sie folgen einem gemeinsamen rhythmischen Muster (Interaktionssynchronisation). Damit dieses gelingen kann, müssen die Interaktionspartner die Signale ihres jeweiligen Gegenübers lesen können, um zu verstehen, wann eine Aktion beginnt und endet. Dieses ist wichtig, damit insgesamt © BMFSFJ V/62 Wissenswertes Lerneinheit V: Interaktion gestalten stimmige Übergänge erreicht werden. Neben dieser Wechselseitigkeit gibt es auch noch eine Gegenseitigkeit, d. h. eine Parallelität in der Interaktion (Athlin und Norberg 1987). Synchronie spielt eine sehr große Rolle für die gelungene Interaktion zwischen Menschen mit Demenz und Pflegepersonen. Eine fehlende Synchronie weist häufig auf eine Störung in der Beziehung zwischen den Interaktionspartnern hin. Um Synchronie in der Interaktion mit Menschen mit Demenz zu erlangen, bringt die Pflegeperson ihre verbalen und nonverbalen Signale, d. h. das eigene Interaktionsverhalten mit dem des Menschen mit Demenz in Übereinstimmung. Sie stellt sich auf seine bevorzugten Mitteilungskanäle, seinen Rhythmus und seinen Bewegungs- und Handlungstakt ein (tuning in). Sie parallelisiert und synchronisiert ihre verbalen und nonverbalen Signale mit den Signalen des Menschen mit Demenz. Sie wartet die Antworten ab und lässt Wahlmöglichkeiten zu. Die Synchronie in der Interaktion ist abhängig von vier Elementen: • Klarheit und Eindeutigkeit der verbalen und nonverbalen Signale • Empfänglichkeit • Interpretation • Erwiderungsbereitschaft Diese verschiedenen Elemente werden im Folgenden erläutert. II. Klarheit der verbalen und nonverbalen Signale Kommunikation meint den wechselseitigen Austausch von Informationen, Gefühlen oder Gedanken zwischen Personen, Gruppen und Systemen. Dieser Austausch geschieht mit Hilfe von verbalen und nonverbalen Signalen. Kommunikation kann nur dann gelingen, wenn Sender und Empfänger die gleiche Sprache sprechen und die Signale, die mitgeteilt werden, gegenseitig verstanden werden. Bei der Interaktion und Kommunikation mit Menschen mit Demenz sind folgende Elemente von zentraler Bedeutung (Ulmer & Margraf 1999). II.1 Auf der gleichen Signalebene austauschen Menschen mit Demenz verstehen Mitteilungen besser, wenn der Austausch auf der gleichen Signalebene (verbal oder nonverbal) stattfindet. Das heißt, auf ein nonverbales Zeichen erfolgt als Antwort ebenfalls ein nonverbales Zeichen. Wenn sich die Mitteilung auf der gleichen Signalebene befindet, muss sie nicht auf eine andere Ebene übersetzt werden. Hierdurch können die gesendeten Zeichen besser vom Empfänger erkannt werden. II.2 Auf dem gleichen Kanal der nonverbalen Signalebene austauschen Menschen mit Demenz verstehen Mitteilungen besser, wenn diese über die gleichen Kanäle (Gestik, Mimik, Blickkontakt, Körperhaltung, Körperbewegung) einer Signalebene ausgetauscht werden. Das heißt zum Beispiel, dass auf eine Geste eine gestische Antwort erfolgt. II.3 Mindestens zwei Signale senden Menschen mit Demenz verstehen Mitteilungen besser, wenn mindestens zwei Signale gesendet werden. Dieses zweite Signal sollte auf jeden Fall aus dem nonverbalen, körpersprachlichen Bereich kommen. II.4 Alle Signale in die gleiche Richtung senden Menschen mit Demenz verstehen Mitteilungen besser, wenn alle Signalebenen und Kanäle in die gleiche Richtung gehen. Dieses ist wichtig, um Double-bind-Situationen zu vermeiden. Double-bind-Situationen entstehen immer dann, wenn Menschen mit Demenz Signale erhalten, die sich widersprechen. Das heißt zum Beispiel, wenn auf der einen Seite Signale gesendet werden, mit dem Essen zu beginnen und gleichzeitig Signale gesendet werden, Medikamente einzunehmen II.5 Bei Inkongruenz dem nonverbalen Signal Vorrang geben Wenn nonverbale und verbale Äußerungen bei Menschen mit Demenz nicht zusammenpassen (zeigt das nonverbale Zeichen in eine andere Richtung als das verbale Zeichen), also © BMFSFJ V/63 Wissenswertes Lerneinheit V: Interaktion gestalten die Selbstsynchronisation nicht mehr stimmt, sieht die Pflegeperson die nonverbale Signalebene als die wesentliche an. II.6 Sich auf den Takt und Rhythmus des Menschen mit Demenz einstimmen Menschen mit Demenz verstehen Mitteilungen besser, wenn sich ihr Gegenüber auf ihren Takt und den Rhythmus einstimmt (Tuning in) und diesem in der Interaktion folgt. II.7 Akustische, visuelle, taktile und kinästhetische Signale senden Wagener et al. (1998) haben in ihrer Studie festgestellt, dass verbale Kommunikation als alleiniger Anreiz zur Essensaufnahme bei Menschen mit Demenz kaum von Bedeutung ist. Verbale Kommunikation ist nur in Verbindung mit nonverbaler Kommunikation wirksam. Durch das Ansprechen unterschiedlicher Sinneskanäle verdeutlicht sich der Informationsgehalt der Nachricht für den Menschen mit Demenz. Dieses bedeutet, dass die Pflegeperson im Rahmen der Interaktion gestuft akustische, visuelle, taktile und kinästhetische Signale sendet, die an den bevorzugten Sinneskanal (Schlüsselreize) des Menschen mit Demenz angepasst sind. • Akustisch (z. B. die Aufforderung, mit dem Essen zu beginnen oder das Glas geräuschvoll auf dem Tisch abzusetzen) • Olfaktorisch (z. B. Aufforderung, an dem Essen zu riechen) • Gustatorisch (z. B. etwas von dem Essen probieren lassen) • Visuell (z.B. auf den Löffel / Teller zeigen, die gewünschte Handlung vormachen, d.h. Mitmachbewegungen initiieren) • Taktil (z. B. die Berührung des Löffels mit der Handinnenfläche) • Kinästhetisch (z. B. das Einleiten der Bewegung durch das Füllen des Löffels oder das Heben des Armes) II.8 Körper-Hilfs-Ich einsetzen Menschen mit Demenz haben häufig Schwierigkeiten, bestimmte Handlungsabläufe (Beginn, Abfolge, Durchführung und Beendigung von Handlungsabläufen, einzelne Handlungsschritte bzw. Teilhandlungsschritte) in ihrer Gesamtheit zu erinnern. Dieses macht die Interaktion mit Menschen mit Demenz oft so schwierig. Die Pflegeperson kann den Menschen mit Demenz mit Hilfe des Körpergedächtnisses helfen, sich wieder zu erinnern und so zum selbstständigen Handeln zu kommen. Hierbei fühlt sie mit Hilfe ihres eigenen Körpergedächtnisses nach, welche Handlungsschritte nicht mehr erinnert oder nicht mehr richtig ausgeübt werden können. Sie nimmt über ihren eigenen Körper Kontakt mit dem Körpergedächtnis des Menschen mit Demenz auf und unterstützt ihn durch ihr eigenes Körper-Hilfs-Ich die Handlung in seinem Sinne auszuführen. Dabei lässt die Pflegeperson den Menschen mit Demenz durch sich und durch ihren eigenen Körper die fehlenden Handlungsschritte wieder fühlen. Dadurch hebt sie zum Teil die Fragmentierung des Gedächtnisses des Menschen mit Demenz wieder auf. Es entsteht ein begreifbarer Sinnzusammenhang, der es dem Menschen mit Demenz möglich macht, die Situation zu erkennen. Die Pflegeperson stellt für den Menschen mit Demenz ein Körper-Hilfs-Ich dar, indem sie seinen Handlungsversuch deutet und zurückhaltend ergänzt, so dass der Mensch mit Demenz selbst weitermachen kann. Diese Ergänzung kann zum Beispiel dadurch stattfinden, dass die Pflegeperson bestimmte Handlungen vormacht oder durch sinnesspezifische Signale im Takt des Menschen mit Demenz Bewegungen initiiert. Menschen mit Demenz können durch Nachahmung oder durch Fortsetzen der Bewegungen sich selbst wiederfinden und so zu selbstständigem Handeln kommen. Hierbei ist es entscheidend, dass die Pflegeperson fähig ist, die nonverbalen Signale des Menschen mit Demenz wahrzunehmen, zu beobachten und sie in die eigene Körpersprache rückübersetzen kann. Einige der Aspekte zur Klarheit in der nonverbalen Sprache finden sich unter III. (Interpretation) wieder. Dort sind sie – wie in der Lernsituation auch – zusammengefasst zu drei wesentlichen „Regeln zur Bedeutungsabsicherung“. © BMFSFJ V/64 Wissenswertes Lerneinheit V: Interaktion gestalten III. Empfänglichkeit (Sensitivität) Empfänglichkeit bedeutet, dass der Interaktionspartner für die Signale und Zeichen seines Gegenübers sensibel ist, d. h., dass er die Signale wahrnimmt und beobachtet, dass er sie richtig interpretiert und mit klaren Signalen beantwortet, die der andere wiederum verstehen kann (Athlin und Norberg 1987). Menschen mit Demenz sind darauf angewiesen, dass die Pflegepersonen sehr sensibel sind für ihre körpersprachlichen Signale. Es kommt zu einer Hierarchieverschiebung der verbalen Signalsprache hin zu nonverbaler Signalsprache (Ulmer & Margraf 1999). IV. Interpretation Durch die Interpretation der Signale erhält der Interaktionspartner einen Einblick in die Welt seines Gegenübers. In diese Interpretation fließen verbale und nonverbale Signalebenen mit ein. Signale, die als Mitteilungen sinngemäß interpretiert werden, ermöglichen einen Dialog (Athlin und Norberg 1987). Um die Interpretation abzusichern, sollten die Pflegepersonen in der Interaktion mit Menschen mit Demenz folgende drei Regeln beachten (Ulmer & Margraf 1999; Pease 2004): IV.1 Signale im Verbund mit anderen Signalen deuten Ein häufiger Fehler, der bei der Deutung und Interpretation der Körpersprache gemacht wird, ist, dass einzelne Signale unabhängig von anderen Signalen interpretiert werden. Dadurch, dass die Signale nicht im Verbund mit anderen Signalen beobachtet und interpretiert werden, kann es schneller zu Fehlinterpretationen kommen. In der Körpersprache gibt es, wie in der gesprochenen Sprache, Wörter, Sätze und Satzzeichen. In der gesprochenen Sprache ist man erst dann in der Lage, die Bedeutung des Satzes richtig zu verstehen, wenn man ein Wort in einem Satz, d.h. in Verbindung mit anderen Wörtern hört (Pease 2003). In der Körpersprache ist es ähnlich: Hier müssen mindestens zwei Kanäle (z. B. Mimik und Gestik) in dieselbe Richtung weisen, damit die Bedeutung abgesichert werden kann. Außerdem werden die Sätze der Körpersprache mit den verbalen Äußerungen verglichen. Für die Arbeit mit Menschen mit Demenz ergeben sich daraus folgende drei Grundsätze (Ulmer & Margraf 1999.: • Bei Menschen mit Demenz, die auf der verbalen und nonverbalen Signalebene senden, lässt die Pflegeperson verbale und nonverbale Signale in ihre Interpretation mit einfließen. Auf Grund der mangelnden Eindeutigkeit verbaler und nonverbaler Signale von Menschen mit Demenz reicht die verbale Ebene zur Bedeutungsabsicherung nicht aus. Hier muss also mindestens ein zusätzliches Signal aus der nonverbalen Signalebene hinzukommen. • Bei Menschen mit Demenz, die ausschließlich auf der nonverbalen Signalebene senden, ist es für die Absicherung der Interpretation entscheidend, dass die Pflegeperson mindestens einen zweiten Kanal dieser Signalebene (z. B. Mimik und Körperhaltung) beobachtet. • Ist sich die Pflegeperson unsicher, ob ihre Deutung im Sinne des Menschen mit Demenz ist, sollte sie körpersprachlich nachfragen. Dieses kann sie dadurch tun, dass sie etwas fragend nach- oder vormacht und die Antwort des Menschen mit Demenz abwartet. Dadurch ist es möglich, Erinnerungen über das Körpergedächtnis des Menschen mit Demenz zu bergen, diese werden mit dem Körper-Hilfs-Ich der Pflegeperson in Verbindung gebracht. IV.2 Signale im Kontext deuten Nonverbale Signale sollten immer im Kontext der Situation, in der sie auftreten, gedeutet werden. Hierzu geben Pease (2004, S. 34) folgendes Beispiel: „Wenn jemand zum Beispiel an einem kalten Wintertag mit fest verschränkten Armen, übereinander geschlagenen Beinen und gesenktem Kinn an einer Bushaltestelle sitzt, ist er nicht in Abwehrstellung, sondern er friert. Wenn Ihnen dieser Mensch aber in der gleichen Haltung am Tisch gegenübersitzt, © BMFSFJ V/65 Wissenswertes Lerneinheit V: Interaktion gestalten während Sie versuchen, ihm eine Idee, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verkaufen, zeigt seine Haltung durchaus, dass er Ihr Angebot ablehnt.“ IV.3 Auf die Kongruenz zwischen verbalen und nonverbalen Signalen achten Wenn nonverbale und verbale Äußerungen bei Menschen mit Demenz nicht zusammenpassen (zeigt das nonverbale Zeichen in eine andere Richtung als das verbale Zeichen), also die Selbstsynchronisation nicht mehr stimmt, sieht die Pflegeperson die nonverbale Signalebene als die wesentliche an. V. Erwiderungsbereitschaft Erwiderungsbereitschaft meint, dass die Person die geistigen und motorischen Fähigkeiten besitzt, eine Antwort zu formulieren. Für die Interaktion mit Menschen mit Demenz bedeutet dieses, dass die Pflegeperson während der gesamten Interaktion präsent und somit im „Hier und Jetzt“ ist. Sie ist bereit, ihr Interaktionsverhalten dem des Menschen mit Demenz anzupassen. © BMFSFJ V/66