Referat Dalteparin: Dosisanpassung bei niereninsuffizienten Patienten nicht erforderlich UNTERSUCHUNG VON SHPRECHER AR ET AL. Mittlerweile haben sich niedermolekulare Heparine zur Prophylaxe venöser Thromboembolien gegenüber den unfraktionierten Heparinen vor allem auf Grund ihrer einfachen Anwendung und ihres vorhersagbaren antikoagulatorischen Effekts durchgesetzt. In dieser offenen prospektiven Studie untersuchten SHPRECHER und Mitarbeiter den Zusammenhang zwischen den unter Dalteparin erreichten Anti-Xa-Spitzenspiegeln und Niereninsuffizienz. Sie prüften an Patienten mit und ohne eingeschränkte Niereninsuffizienz, ob die unter Dalteparin erreichten Anti-Xa-Spiegel in den beiden Studiengruppen unterschiedlich sind. In diesem Fall wäre bei Patienten mit Niereninsuffizienz eine Dosisanpassung des Dalteparins notwendig. Mittlerweile haben sich niedermolekulare Heparine zur Prophylaxe venöser Thromboembolien gegenüber den unfraktionierten Heparinen vor allem auf Grund ihrer einfachen Anwendung und ihres vorhersagbaren antikoagulatorischen Effekts durchgesetzt. Die kurzen NMH-Fragmente haben eine geringere Bindungsaffinität, so dass unspezifische Bindungen der NMHFragmente an zirkulierende und zelluläre Proteine praktisch nicht vorkommen. Ein weiteres behandlungsbegleitendes Labormonitoring ist nicht erforderlich. Tabelle 1: Anti-Faktor-Xa-Spiegel unter Dalteparin (100 I.E./kg KG alle 12 Std.) bei niereninsuffizienten und nierengesunden Patienten Dalteparin 100 I.E./kg KG alle 12 Stunden Patienten mit einer Kreatinin-Clearance < 40 ml/Min. (n = 11) Kontrollgruppe (Kreatinin-Clearance > 80 ml/Min.) (n = 11) Anti-Xa-Spitzenspiegel 0,1 – 1,0 I.E./ml (Median 0,5 I.E./ml) 0,3 – 0,9 I.E./ml (Median 0,6 I.E./ml 0,47 ± 0,25 I.E./ml 0,55 ± 0,20 I.E./ml Durchschnittliche Anti-Xa-Aktivität (± SD) 44 VASCULAR CARE 1/2006 VOL. 10 NMH hemmen die Faktor-Xa-Aktivität. Eine Korrelation zwischen der Anti-Xa-Aktivität und dem antikoagulatorischen Effekt ließ sich jedoch nicht belegen. Neben der Faktor-Xa-Inhibition sind noch andere Mechanismen für den antikoagulatorischen Effekt der NMH verantwortlich. Die NMH-Spiegel können jedoch nicht direkt gemessen werden. In Studien wird daher immer wieder auf die Anti-Xa-Aktivität als Marker für die antikoagulatorische Wirkung einer Substanz zurückgegriffen, auch wenn dieser Marker nicht direkt mit dem klinischen Outcome korreliert. Die zur Verfügung stehenden niedermolekularen Heparine gehören zwar alle zu einer Substanzklasse; dennoch sind die einzelnen Substanzen durch unterschiedliche biologische Wirkungen und Clearance-Mechanismen charakterisiert. Dies wirkt sich auf die Dosierungen der verschiedenen NMH aus. Eine Studie zur Wirksamkeit von Nadroparin, Enoxaparin und Cy 222 zeigte beispielsweise einen Einfluss der individuellen renalen Clearance-Raten auf die Anti-XaAktivität. Für Tinzaparin konnte dieser Effekt nicht nachgewiesen werden. In der vorliegenden Studie wurde ein möglicher Zusammenhang von Niereninsuffizienz und Anti-Xa-Aktivität unter Dalteparin überprüft. Dazu erhielten elf Patienten mit Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance < 40 ml/Min.) und elf nierengesunde Kontrollen (Kreatinin-Clearance > 80 ml/Min.) 100 I.E. /kg KG Dalteparin alle zwölf Stunden (therapeutische Dosierung). Die Indikationen für eine Dalteparin-Gabe waren in der Gruppe der Niereninsuffizienten venöse Thromboembollien (n = 6), Vorhofflimmern (n = 3), instabile Angina pectoris (n = 2). In der Kontrollgruppe waren venöse Thromboembolien bei sieben, Vorhofflimmern bei drei und instabile Angina pectoris bei einem Patienten Anlass zur Dalteparin-Gabe. Kein Einfluss auf die Anti-Xa-Aktivität Fazit Die Anti-Faktor-Xa-Aktivität war damit in beiden Die gemessenen Anti-Xa-Spitzenspiegel betrugen 0,1 bis 1,0 I.E./ml (Median 0,5 I.E./ml) im Kollektiv mit Niereninsuffizienz und 0,3 bis 0,9 I.E./ml (Median = 0,6 I.E./ml) in der Kontrollgruppe. Die durchschnittlichen Anti-Xa-Spiegel lagen zwischen 0,47 ± 0,25 bzw. 0,55 ± 0,20 I.E./ml. Die Anti-Faktor-Xa-Aktivität war damit in beiden Gruppen signifikant gleich (p = 0,0001) (Tab. 1). Unterschiede wurden auch dann nicht gefunden, wenn die Patienten nach ihrem Körpergewicht (normalgewichtig, übergewichtig, adipös) klassifiziert wurden. Patienten mit einem BMI > 40 kg/m2 waren aus der Studie ausgeschlossen (Tab. 2). Auch wenn das Spektrum der gemessenen Anti-Xa-Aktivitäten in der Gruppe der niereninsuffizienten Patienten breiter ausfiel, waren die Anti-Xa-Spiegel in beiden Gruppen statistisch und klinisch gleich. Wird die Anti-Xa-Aktivität als Marker für den antikoagulatorischen Effekt und damit für eine möglicherweise erforderliche Dosisanpassung verwendet, so machen die Daten aus dieser Untersuchung deutlich, dass unter Dalteparin eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienten ohne Dialysepflichtigkeit nicht erforderlich ist. Gruppen signifikant gleich. Literatur: Shprecher AR, Cheng-Lai A, Madsen EM et al.: Peak Antifactor Xa Activity produced by Dalteparin Treatment in Patients In den Patientenkollektiven traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf. Alle Studienteilnehmer haben die Dalteparin-Gaben gut vertragen. Keiner der Patienten musste aus der Studie ausgeschlossen werden oder die Behandlung abbrechen. with renal impairment compared with Controls. Pharmacotherapy 6, Vol. 25 (2005) 817–22 Tabelle 2: Anti-Xa-Spitzenspiegel unter Dalteparin nach Körpergewicht ohne Berücksichtigung der renalen Funktion NormalÜbergewichtige gewichtige (n = 9) (n = 8) Mittlere Anti-XaSpitzen-Spiegel 0,5 I.E./ml 0,45 I.E./ml Adipöse (n = 5) 0,65 I.E./ml VASCULAR CARE 1/2006 VOL. 10 45