AK ADEMIE für ärztliche Fortbildung AKADEMIE-INFO Ausgabe 10/2007 Themen dieser Beilage Diagnostik von HIV – ein Update Diagnostik von HIV – ein Update Atypische Pneumonien, Teil 1 Veranstaltungen der synlab Akademie Seit 1988 wird an jedem 1. Dezember der Welt-AIDS-Tag begangen. Nationale und internationale Organisationen erinnern anlässlich dieses Tages an das Thema HIV/AIDS – aus gutem Grund: HIV/AIDS ist nach wie vor weltweit auf dem Vormarsch, auch in Deutschland. Bei uns ist die Zahl der Neuinfektionen nach RKI-Angaben von 2.600 im Jahr 2005 auf 2.700 im Jahr 2006 gestiegen; derzeit leben ca. 56.000 HIV-Positive in Deutschland. »Diagnostisches Fenster« ist enger Die HIV-Infektion wird in der Regel indirekt, d.h. über den Nachweis virusspezifischer Antikörper diagnostiziert. Diese sind als Marker der humoralen Immunantwort praktisch bei allen HIV-Infizierten nachweisbar und gleichbedeutend mit einer chronisch-aktiven HIVInfektion. Die heute gängigen Antikörper-Suchtests der 4. Generation spüren Antikörper gegen alle derzeit bekannten HIV-Typen (HIV-1 der Gruppen M und O sowie HIV-2) auf, sowie zusätzlich freies HIV-p24-Antigen, das in der frühen Phase der Infektion einige Tage vor Antikörperbildung nachgewiesen werden kann. Der Zeitraum zwischen Infektion und der Nachweisbarkeit von Antikörpern kann variieren, beträgt in der Regel jedoch 12 Wochen. Durch Verfeinerung der Assays in den letzten Jahren können Infektionen jetzt meist schon nach 3−6 Wochen detektiert werden; das diagnostische Fenster wird folglich verengt. Ausgeschlossen werden kann eine HIV-Infektion jedoch weiterhin erst dann mit hinreichender Sicherheit, wenn das Testergebnis 12 Wochen nach Exposition negativ ist. Blot nach »reaktivem« Suchtest Im Vergleich zu serologischen Testen für viele andere Infektionserreger haben HIV-Teste eine extrem hohe Sensitivität (an die 100%). Dies bedingt jedoch umgekehrt eine geringere Spezifität; das Testergebnis kann gelegentlich auch »falsch positiv« sein. Aufgrund der außerordentlichen Bedeutung, die der Diagnose einer HIV-Infektion zukommt, müssen »reaktive« Suchtest-Ergebnisse da- Trotz aller Informations-Kampagnen: HIV-Infektionen nehmen wieder zu — auch im aufgeklärten Deutschland. her in jedem Fall durch einen Westernblot bestätigt werden. Man verwendet den Begriff »reaktiv« statt »positiv«, um deutlich zu machen, dass ein reaktives HIV-Suchtestergebnis nicht zwangsläufig »HIV-positiv« bedeutet. Vor dem Westernblot wird der reaktive Suchtest in Doppelbestimmung wiederholt. Erst wenn die Probe dabei wiederum reaktiv ist, werden Bestätigungstests durchgeführt. Um Verwechslungen auszuschließen, sollte man eine zweite Blutprobe desselben Patienten parallel mit untersuchen. Die Probe wird mit Teststreifen inkubiert, auf denen die Proteinbestandteile des HIV ihrem Molekulargewicht nach in Banden angeordnet sind (Westernblot). Das Ergebnis des Western-Blots kann positiv oder negativ sowie bei inkompletten Bandenmustern auch uneindeutig (grenzwertig oder unspezifisch) ausfallen. In Deutschland gilt eine Patientenprobe dann als HIV-positiv, wenn sie im Westernblot mit mindestens einem viralen Glykoprotein und einem der anderen HIV-Proteine reagiert. Bei den Suchtests der 4. Generation, die Antikörper und Virusantigen nachweisen, können Bestätigungstests in der Phase vor Antikörperbildung negativ ausfallen – denn Westernblots weisen nur Antikörper nach, nicht aber Virusantigen. Die reine Antigenreaktivität im Frühstadium einer HIV-Infektion kann durch einen Nukleinsäurenachweis oder einen singulären p24-Antigen-Test bestätigt werden. Generell gibt hier auch eine zweite Blutprobe Aufschluss, die nach einigen Tagen als Verlaufskontrolle entnommen wurde. RNA-Nachweis ist wichtiges Therapiemonitoring Sehr wichtig ist die Viruslastbestimmung, der quantitative Nachweis von HIV-RNA im Plasma von HIV-Infizierten. Sie dient als prognostischer Marker, ist ein wichtiger Bestandteil in der Therapiekontrolle und Anhaltspunkt für die Abschätzung der Infektiosität. Hier werden mittlerweile Systeme in der Routine eingesetzt, die mit einer Nachweisgrenze von ≤ 40 Kopien/ml sehr sensitiv sind. Da der Großteil dieser Assays sehr hohe Anforderungen an Laborausstattung und Qualifikation des Personals ■ Diagnostik von HIV – ein Update stellt und zudem sehr teuer ist, können sich Entwicklungsländer die derzeit verfügbaren Tests nicht leisten. Therapie und Resistenzentwicklung Für die Therapie der HIV-Infektion steht heutzutage eine Reihe von Medikamenten aus verschiedenen Substanzklassen zur Verfügung; alle sollen die Viruslast unter die derzeitige Quantifizierungsgrenze von 20-50 HIV-RNA-Kopien/ml Plasma absenken. Bei der Behandlung von Infektionen mit dem HI-Virus Typ 1 erweist sich seit mehr als 10 Jahren die so genannte hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) als beste Strategie, um die Vermehrung des Erregers maximal zu unterdrücken. Durch Mutationen im HIV-Genom entwickeln sich jedoch früher oder später resistente Viren und es kommt zu einem Therapieversagen. Die üblichen Verfahren zur Abschätzung eines Therapieerfolges (z.B. Viruslast, Therapie-Historie) eignen sich aber nur bedingt zur Resistenzermittlung. Phänotyp- und Genotyp-basierte Resistenztestungen sind vom Ansatz und ihrer Aussage komplementär. In Phänotyp-basierten Tests werden aktive HI-Viren kultiviert, vermehrt und ihre Empfindlichkeit gegen das Medikament schließlich direkt gemessen. Bei genotypischen Tests werden resistenzassoziierte Mutationen nachgewiesen; dies ist häufig zur Therapiesteuerung ausreichend. Genotyp-basierte Tests (z.B. geno2pheno) beruhen auf einer statistischen Auswertung von Sequenzierungsdaten. Für jede getestete Substanz werden »z-scores« ermittelt, wobei diese »z-scores« eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit der Resistenz gegenüber einer Substanz erlauben. Die numerischen Ergebnisse und die zur Bewertung herangezogenen Mutationen werden zusammengefasst dem einsendenden Arzt übermittelt. Sie fließen ein in die Gesamtbeurteilung der Therapie. Bei ca. 10 % aller HIV-Patienten besteht das Risiko mit einer nicht-optimalen Therapie zu starten, da in diesen Fällen ein HIVirus mit Resistenzen übertragen wurde. Daher empfiehlt sich eine Resistenztestung nicht erst bei Auftreten eines Therapieversagens, sondern direkt bei therapienaiven Patienten vor Beginn einer HAART. Die Viruslast sollte über 1000 Kopien/ml betragen. Bei niedrigerer Kopienzahl sind Resistenztestungen weniger zuverlässig. Bitte stets angeben: die möglichst aktuelle HI-Virus-Kopienzahl und der aktuelle Therapiestatus. ■ Kontakt Dr. rer. nat. Andreas Lindauer · synlab Weiden Tel. 0961/309-0 · E-Mail: [email protected] Dr. rer. nat. Jacqueline Schmitte · synlab Köln Tel. 0221/94 05 64-0 E-Mail: [email protected]