Einführung in die QM Addition von Drehimpulsen

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Einführung in die QM
Addition von Drehimpulsen
Armin Scrinzi
February 1, 2016
Contents
1 Der Gesamtdrehimpuls
2
2 Eigenvektoren des Gesamtdrehimpulses
2.1 Notation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Eigenschaften der Clebsch-Gordan Koeffizienten
2.3 Gewöhnlicher Drehimpuls und Spin . . . . . . .
2.4 Warum sich Spin wie ein Drehimpuls verhält . .
2.5 Bosonische und fermionische Systeme:
Atomkerne, Atome, Moleküle, Cooper-Paare,. . .
1
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3
4
5
6
6
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7
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Ein System, das aus mehreren Teilsystem zusammengesetzt ist, hat einen Gesamtdrehimpuls,
der aus den Drehimpulsen (und Spins!) der Teile resultiert. In der klassischen Mechanik addieren
sich die Einzeldrehimpulse vektoriell zu einem eindeutigen Gesamtdrehimpuls. Wegen der NichtVertauschbarkeit der Komponenten des Drehimpulses und der daraus resultierenden Unschärfe kann
man schon des Teilsystemen eines Quantensystems keinen eindeutig bestimmten 3-er Vektor aus
Drehimpulsen zuordnen. Bei der Addition ergibt sich daraus eine Unschärfe, die bewirkt, dass das
Gesamtsystem im Allgemeinen eine Superposition von Drehimpulsen enthält und insbesondere keinen
eindeutigen Gesamtdrehimpuls hat.
Am Beispiel des He-Atoms: hätte man z.B. die 1-Elektron-Drehimpulse l1 , l2 und mit festen zKomponenten m1 = m2 = 0, so kann der Drehimpuls des Gesamtsystems eine Superpostions aus allen
Werten im Bereich L = −l1 − l2 , −l1 − l2 + 1, . . . , l1 + l2 , M = 0 sein. “Addtion von Drehimpulsen”
in der Quantenmechanik bezeichnet das Verfahren, um die Anteile der einzelnen Drehimpulse in der
Superpostion zu berechenen
1
Der Gesamtdrehimpuls
b 0 ist invariant unter Drehungen im
Wir bleiben beim Beispiel des Heliumatoms: der Operator H
b
Raum. Es sei Ui (~
αi ) die Drehung des i-ten Teilchens um einen Winkel |~
αi | bezüglich der Achse α̂i :
bi (~
b αi )~ri ),
U
αi )Φi (~ri ) = Φi (R(~
(1)
b α) wieder die normale Rotation eines 3-dimensionale Vektors ist. Da H
b 0 keine Wechselwirkung
wo R(~
enthält, ist es auch invariant, wenn wir die beiden Elektronen unabhängig von einander rotieren:
α
~ 1 6= α
~ 2 . Für die Wechselwirkung 1/|~r1 − ~r2 gilt das natürlich nicht. Wenn wir aber verlangen
α
~1 = α
~ 2 =: α
~ , also wenn wir die Koordinaten beider Elektronen um den gleichen Winkel rotieren,
dann bleibt natürlich auch der Wechselwirkungsoperator 1/|~r1 − ~r2 | invariant.
b (~
Der Rotationsoperator U
α) für eine beliebige Funktion φm ⊗ φn der Tensor-Produkt Basis in
unserem 2-Teilchenraum ergibt sich, wenn man beide Fakoren um α
~ rotiert:
b (~
b α)~r1 ) ⊗ φn (R(~
b α)~r2 ) = U
b1 (~
b2 (~
U
α)[φm (~r1 ) ⊗ φn (~r2 )] = φm (R(~
α)φm (~r1 ) ⊗ U
α)φn (~r2 )
(2)
oder
b (~
b1 (~
b2 (~
U
α) = U
α) ⊗ U
α).
(3)
Um den Drehimpulsoperator um die z-Achse bestimmen wählen wir α
~ = (0, 0, α). Wir erinnern
uns, dass der z-Drehimpuls gerade jener Operator ist, der Rotationen um die z-Achse erzeugt, also
(1)
(2)
b (0, 0, α) = eiαJbz = eiαLbz ⊗ eiαLbz ,
U
(k)
(4)
bz , k = 1, 2 die Drehimpulse der Teilchen 1 und 2 sind. Zur leichtern Unterscheidung in der
wo L
b Wir können nun Jbz durch die uns schon
Noation bezeichen wir den Gesamtdrehimpuls mit J.
(1)
(2)
bz und L
bz ausdrücken, indem wir nach α ableiten. Das ist einfach, da für die Ableitung
bekannten L
2
von Tensorprodukten die Produktregel gilt, wie wir gleich sehen werden:
i
−i h iαLbz
iαJbz
−i∂α e (φm ⊗ φn ) = lim
e
(φm ⊗ φn ) − φm ⊗ φn
α→0 α
h
i
−i
b (1)
b (2)
b (2)
b (2)
iαL
iαL
iαL
iαL
z
z
z
z
= lim
e
φm ⊗ e
φn − φm ⊗ e
φn + φm ⊗ e
φn − φm ⊗ φn
α→0 α
h
i
−i
b (1)
b (2)
b (2)
= lim
eiαLz φm − φm ⊗ eiαLz φn + φm ⊗ eiαLz φn − φn
α→0 α
b(1) φm ⊗ φn + φm ⊗ L
b(2) φn = L
b(1) ⊗ 1 + 1 ⊗ L
b(2) (φm ⊗ φn )
= L
∀φm , φn .
z
z
z
z
(5)
(6)
(7)
(8)
bx und L
by -Komponenten des Gesamtdrehimpulses argumentieren, und
Genauso kann man für die L
man erhält für das Quadrat des Gesamtdrehimpulses
(1)
(2)
X (1)
~b ~b
2
2
b
b
b2
b ⊗L
b(2) =: L
b2 ⊗ 1 + 1 ⊗ L
b 2 + 2L
J = L
⊗1+1⊗ L
+2
L
⊗ L.
(9)
k
k
k=x,y,z
Zuletzt haben wir die Teilchen-Indizes (1) und (2) weggelassen, da sie ja schon durch die Position im
Tensorprodukt festgelegt sind.
Damit findet man für ein System, das aus 2 Subsystemen zusammengesetzt ist, die
Operatoren des Gesamtdrehimpulses
Jbx
Jby
Jbz
Jb2
bx ⊗ 1 + 1 ⊗ L
bx
=L
by ⊗ 1 + 1 ⊗ L
by
=L
bz ⊗ 1 + 1 ⊗ L
bz
=L
~b ~b
b2 ⊗ 1 + 1 ⊗ L
b 2 + 2L
=L
⊗L
(10)
Das Produkt im letzten Term ist zu verstehen als
~b ~b
bx ⊗ L
bx + L
by ⊗ L
by + L
bz ⊗ L
bz )
2L
⊗ L = 2(L
2
(11)
Eigenvektoren des Gesamtdrehimpulses
Es ist eine einfache Übung zu zeigen, dass die (Jbx , Jby , Jbz ) =: (Jb1 , Jb2 , Jb3 ) die Vertauschungsrelationen des Drehimpulses erfüllen. Wir kennen daher die möglichen Spektralwerte von σ(Jb2 ) =
{j(j + 1)| j = 0, 1/2, 1, 3/2, . . .} und σ(Jbz ) = {jz |jz = −j, −j + 1, . . . , j}. Wir wissen auch, dass wir
b der mit dem Drehimpuls kommutiert [H,
b L
bi ] = 0, in unabängige Blöcke mit festen
jeden Operator H
j, jz zerlegen können.
Wir wollen nun die allgemeine Form von Eigenvektoren eines Gesamtdrehmpulses Jb2 , Jbz , der
b2 , L
bz zusammensetzt, bestimmen. Wir haben die beiden
sich aus 2 Teildrehimpulsen Sb2 , Sbz und L
b bezeichnet (anstelle von L
b1 , L
b2 ). Dies dient zunächst der VereEinzeldrehimpulse nun mit Sb und L
infachung der Notation. Es verweist aber auch auf einen häufigen Fall, wo ein Spin Sb sich mit einem
b zu einem Gesamtspin Jb zusammensetzt.
Bahndrehimpuls L
3
Formal ist diese Aufgabe rasch erledigt: Der Raum des Gesamtspins ist das Tensorprodukt aus
den Räumen der Teilsysteme Hj = Hs ⊗ Hl . Es seien |s, sz i Eigenvektoren von Sb2 , Sbz zu den
b2 , L
bz . Die Tensorprodukte |s, sz i ⊗ |l, lz i bilden eine
Eigenwerten s(s + 1), sz und analog |l, lz i für L
Basis in HJ . Ein Eigenvektor |j, jz i von Jb2 , Jbz zu den Eigenwerten j(j + 1), Jz ist in H und lässt sich
daher darstellen als
X
j,jz
.
(12)
|j, jz i =
|s, sz i ⊗ |l, lz iCs,s
z ,l,lz
s,sz ,l,lz
j,jz
heissen Clebsch-Gordan Koeffizienten. Ihre Bestimmung
Die Entwicklungskoeffizienten Cs,s
z ,l,lz
erfordert einigen Aufwand, die Resultate sind aber tabelliert bzw. in Subroutinen für Computerprogramme verfügbar.
Man kann die Argumentation auch umkehren: wir wissen, dass die Eigenfunktionen des Gesamtdrehimpulses eine Basis in HJ bilden. Allerdings sind die Eigenwerte j(j + 1) und jz entartet: die
b2 mit Jb2 und Jbz
Entartung kommt daher, dass die Drehimpulsquadrate der Teilsysteme Sb2 und L
kommutieren:
[Jb2 , Sb2 ⊗ 1] = 0,
b2 ] = 0,
[Jb2 , 1 ⊗ L
[Jbz , Sb2 ⊗ 1] = 0
b2 ] = 0.
[Jbz , 1 ⊗ L
(13)
(14)
Das ist leicht zu verstehen, denn natürlich ist das Betragsquadrat des Drehimpulsvektors in einem
Teilsystem invariant unter beliebigen Rotationen des Gesamtsystems. Man kann die Eigenfunktionen
b2 der Teilvon Jb2 , Jbz so wählen, dass sie auch Eigenfunktionen der beide Drehimpulsquadrate Sb2 , L
systeme sind. Die so gewählten Eigenvektoren |j, jz , s, li sind eindeutig und keine weitere Entartung
liegt mehr vor.
Wir haben dann eine Basis {|j, jz , s, li} für Hs = Hs ⊗ Hl , also
X
j,jz
(15)
|s, sz i ⊗ |l, lz i =
|j, jz , s, liCs,s
z ,l,lz
j,jz
Hier müssen wir nicht über s und l summieren, da in der Summe keine anderen Eigenfunktionen
als jene zu s und l vorkommen können. Nicht zufällig haben wir in Glg. (12) und (15) die gleichen
J,Jz
reell und
Symbole C gewählt: bei geeigneter Wahl der Phasen der Eigenfunktionen, sind die Cs,s
z ,l,lz
haben den gleichen Zahlenwert in beiden Ausdrücken.
2.1
Notation
Man schreibt die Produktbasis auch gerne als
|s, sz i ⊗ |l, lz i =: |s, sz , l, lz i
(16)
und die Clebsch-Gordan Koeffizenten dann als das Skalarprodukt
j,jz
Cs,s
= hj, jz , s, l|s, sz , l, lz i =: hj, jz |s, sz , l, lz i :
z ,l,lz
4
(17)
der Konvention nach lässt man im Skalarprodukt die s, l bei der Spezifikation des Gesamtdrehimpulsvektors weg. Das geht, da die Vektoren als Eigenvektoren der hermitischen Operatoren Sb2 und
b2 orthognal sind, wenn sie zu unterschiedliche Eigenwerte haben:
L
hj, jz , s, l|s0 , sz , l0 , lz i = 0 für s 6= s0 oder l 6= l0
(18)
Damit schreibt man die Umrechung zwischen Produktbasis und Basis von Eigenvektoren des Gesamtdrehimpulses als
P
|j, jz , s, li = sz ,lz |s, sz , l, lz ihs, sz , l, lz |J, Jz i
P
(19)
|s, sz , l, lz i = j,jz |J, Jz , s, lihj, jz |s, sz , l, lz i
2.2
Eigenschaften der Clebsch-Gordan Koeffizienten
1. Natürlich ist, wie bei der verktoriellen Addition der Drehimpulse in der klassichen Mechanik,
der Gesamtdrehimpuls durch die Einzeldrehimpulse beschränkt (Dreiecksungleichung):
hj, jz |s, sz , l, lz i = 0 für j < |s − l| oder j > s + l
(20)
bz sind die Eigenwerte von Jbz die Summe der Eigenwerte von Sbz
2. Da Jbz = Sbz ⊗ 1 + 1 ⊗ L
bz . Daher muss gelten
und L
hj, jz |s, sz , l, lz i = 0 für jz 6= sz + lz
(21)
b2 . Als Eigenfunktionen
3. Sowohl |j, jz , s, li als auch |s, sz , l, lz i sind Eigenfunktionen von Sb2 und L
0
0
von hermitischen Operatoren sind sie orthogonal für l 6= l und s 6= s :
hj, jz , s0 , l0 |s, sz , l, lz i = 0 für s 6= s0 or l 6= l0 .
(22)
Dies rechtfertigt nochmals die Notation hj, jz , s0 , l0 |s, sz , l, lz i =: hj, jz |s, sz , l, lz i
4. Sowohl die |j, jz , s, li als auch die |s, sz , l, lz i bilden eine vollständige Basis. Daher gilt
XX
1=
|j, jz , s0 , l0 ihj, jz , s0 , l0 |
j,jz
(23)
l0 ,s0
Unter Verwendung von Punkt 3 folgen daher (beachte Notation hj, jz , s, l|s, sz , l, lz i =: hj, jz |s, sz , l, lz i)
die Orthogonalitätsrelationen
X
δsz s0s δlz lz0 = hs, sz , l, lz |s, s0z , l, lz0 i =
hs, sz , l, lz |jjz ihjjz |s, s0z , l, lz0 i
(24)
jjz
sowie
δjj 0 δjz jz0 = hj, jz , s, l|j 0 , jz0 , s, li =
X
hj, jz |s, sz , l, lz ihs, sz , l, lz |j 0 , jz0 i
(25)
sz lz
Es gibt noch einige weitere nützliche Eigenschaften, die Sie bei gegebenem Anlass studieren sollten.
5
2.3
Gewöhnlicher Drehimpuls und Spin
Alle oben diskutierten Additionsregeln und auch die gesamte zu Grunde liegende Mathematik ist
gleichermassen für den gewöhnlichen Drehimpuls im Raum wie auch für den Spin anwendbar. Obwohl jedenfalls dem 1/2-zahligen Spin keine Rotation im Raum zugeordnet werden kann, so kann
man doch einen unitären Operator durch Exponentiation der Spinoperatoren defininiern. Wir betrachten als Beispiel wieder die z-Komponente eines Spinoperators Sbz und erzeugen daraus eine unitäre
Transformation:
bs (α) = exp(iαSbz ).
U
(26)
Dies hat fast die Form einer Rotation im Raum, aber doch nicht ganz. Um das zu sehen gehen wir
bs (wir
in eine Spektraldarstellung, wo Sbz die eine Diagonalmatrix ist und schreiben auch gleich U
nehmen als Beispiel den Unterraum mit s = 3/2):



 −iα3/2
e
0
0
0
−3/2
0
0
0
 0

−1/2 0
0 
e−iα1/2
0
0 
bs (α) =  0

,
Sbz = 
(27)
U
 0
 0
0
1/2 0 
0
eiα1/2
0 
0
0
0 3/2
0
0
0
eiα3/2
bs (2π) = −1! D.h., man “dreht” einen Vektor um 2π,
Wegen der 1/2-Zahligkeit der Eigenwerte gilt U
und er wechselt dabei sein Vorzeichen!
Abgesehen von dieser Absonderlichkeit, die wir hier nicht weiter studieren, bleibt aber alles Obige
bs ersetzen. Insbesondere Addieren sich Spin
unverändert, wenn wir gewöhnliche Rotationen durch U
und gewöhnlicher Drehimpuls zu einem “Gesamtspin”, der bestimmt, ob ein Teilchen ein Fermion
oder in Boson ist.
2.4
Warum sich Spin wie ein Drehimpuls verhält
Wir hatten den Spin zunächst als Label eingeführt, das verschiedene “Varianten” eines Teilchens
unterscheidet. Diese Labels haben wir dann aber als Eigenwerte eines Spinoperators Sbz identifiziert.
Ob dies sinnvoll ist, ist eine empirische Frage, die man einem experimentellen Test unterwerfen muss.
Angenommen, unsere neuen Labels entsprechen tatsächlich den Eigenwerten eine Spin-Operators.
Hat man einmal alle 2s+1 Eigenvektoren von Sbz , dann folgt, dass man daraus auch alle Eigenvektoren
von Sbx oder Sby durch Superposition bilden kann. Man sagt, die durch Sbx , Sby , Sbz gebildete Algebra
wird im Spin-Raum dargestellt.
Wir können uns also aussuchen, auf welche Raumrichtung wir die Eigenschaft “Spin” projezieren
wollen. Definiert man â als einen beliebigen Einheitsvektor im Raum so können wir
~ := ax Sbx + ay Sby + az Sbz
Sbâ = â · S
(28)
an Stelle von Sbz wählen, um Superpositionen unserer verschieden gelabelten Teilchen zu kennzeichnen.
~ ⊗1+1⊗S
~ eine Drehimpulsalgebra bilden
Da aber auch die Operatoren J~ = L
[Jbj , Jbk ] = i~Jbl
6
(29)
(leicht zu überprüfen), kann man den Hilbertraum aus Spin- und Drehimpulsfreiheitsgraden nach
Eigenfunktionen von Jbz , Jb2 zerlegen, wenn nichts im Raum die Symmetrie der Achsen x, y, z bricht.
Alternativ können wir gemäss einer beliebigen Achse â nach Eigenfunktionen von Jbâ , Jb2 zerlegen.
Die Transformation zwischen verschiedenen Achsen â und â0 erfolgt nach den Regeln der Rotation
im gewöhnlichen Raum R3 .
Der empirische Nachweis der Spin-Eigenschaft erfordert es zu verfizieren, dass die gemessene
Eigenschaft sich nach den obigen Regeln transformiert, wenn wir die Achse â rotieren, d.h. unseren
Messapparat im Labor drehen. Ein Beispiel dafür wäre der zum Beginn der Vorlesung kurz erwähnte
Stern-Gerlach Versuch zum magnetischen Moment des Silberatoms: aus heutiger Sicht fand man
dort, dass das magnetische Moment (a) nur in diskreten Quanten vorkommt (sehr seltsam!) und (b)
gerade nur zwei mögliche Zustände bezüglich der jeweils gewählten Achse hat, also Spin s = 1/2
(auch sehr seltsam. . . ). Es gibt 2 stabile Isotope des Silberatoms Z=47 mit Massenzahl 107 bzw 109,
also beide mit 1/2-zahligem Kernspin. Im Allgemeinen verfiziert man, dass die Wahrscheinlichkeiten
Eigenwerte von Jbâ zu Messen, in wohldefinierter Weise von der Wahl von â abhängen. Dies findet
man auch im Experiment.
2.5
Bosonische und fermionische Systeme:
Atomkerne, Atome, Moleküle, Cooper-Paare,. . .
Bei zusammengesetzen Systemen addieren sich die Spins und Drehimpulse. Welcher Gesamtdrehimpuls genau realisiert wird, hängt von den möglichen Bindungszuständen ab. In jedem Fall ist es aber
leicht zu bestimmen, ob das zusammengestetzte System ganz- oder halb-zahligen Spin hat, ob es also
Boson oder Fermion ist. Wegen der Eigenschaft jz = sz + lz bei der Addition der Drehimpulse, Addieren sich 2 ganzzahlige Drehimpulse/Spins immer zu einem Ganzzahligen, 2 halb-zahlige ebenso,
doch ein halb- und ein ganz-zahliger Spin addieren sich zu einem halbzahligen. Wir hatten schon
festgestellt, dass sich halb- und ganz-zahlige Lz Werte nicht beim gleichen System vorkommen, daher
kann man aus einem einzigen halb- oder ganz-zahligen sz -Wert auf die fermionische bzw. bosonische
Natur des Systems schliessen.
Ausgehend von den wichtigsten Bausteinen der Materie — Protonen, Neutronen, Elektronen —,
die alle s = 1/2 sind, kann man daher den Spin-Zustand von zusammengesetzten Systemen aus der
Anzahl der Protonen p, Neutronen n und Elektronen e ermittlen
gerade: Boson
p+n+e=
(30)
ungerade: Fermion
Das Wasserstoffatom ist also ein Boson, allerdings ist sein erstes Isotop Deuterium, wo zum
Proton im Kern noch ein Neutron hinzukommt, ein Fermion, das 3-fach schwere Wasserstoffatom
“Tritium” (Grundlage der Wasserstoffbombe!), ist wieder ein Boson.
Das Heliumatom, dessen Kern normalerweise aus einem α-Teilchen (2n+2p) besteht (4 He), ist
ein Boson. Dies erlaubt einem Heliumgas, bei tiefen Temperaturen “superfluid” zu werden, einen
reibungsfreihen, perfekt wärmeleitenden Zustand anzunehmen. Das Isotop 3 He, dem ein Neutron
fehlt, entwickelt keinen solchen Zustand.
In Festkörpern können indirekt auch 2 Elektronen aneinander gebunden werden: sie bilden
7
bosonische “Cooper-Paare”, die nach der gängigen Theorie für Supraleitung verantwortlich sind,
sich wie eine reibungsfreie Flüssigkeit durch den Festkörper bewegen können.
Sowohl bei Superfluidität als auch bei Supraleitung ist die Fähigkeit von Bosonen, alle den gleichen Energiezustand einzunehmen, für die ungewöhnlichen Eigenschaften verantwortlich. BoseEinsteinkondensate (BEC) sind stark verdünnte Gase, wo alle Atome des Gases den gleichen,
energetisch tiefsten Zustand einnehmen. Dies ist nur für Bosonische Atome (oder Moleküle) möglich,
daher können BECs nur mit den bosoischen Isotopen der jeweiligen Systeme realisiert werden, z.B:
1
H,7 Li,23 N a,85 Rb,87 Rb etc. .
8
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