Einführung in die Quantenmechanik Theoretische Chemie 1 http://www.theochem.tu-muenchen.de/theoch1/ © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 1 Inhalt • 0 Einleitung: Experimenteller Hintergrund 1 Grundlagen der Quantenmechanik 2 Lineare Bewegung, Harmonischer Oszillator 3 Rotationsbewegung, Wasserstoffatom 4 Drehimpuls 5 Näherungsmethoden 6 Elektronische Struktur und Spektren von Atomen 7 Einführung in die elektronische Struktur von Molekülen Hinweis Das Skriptum ist nur für den persönlichen Gebrauch der Teilnehmer an der Vorlesung „Einführung in die Quantenmechanik“ (WS 2004/05) bestimmt. Die Verbreitung in jeglicher Form, auch in Auszügen, ist nicht gestattet. © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 2 Literatur • Die Vorlesung folgt dem Buch – P.W. Atkins, R.S. Friedman, "Molecular Quantum Mechanics" 3. Auflage, Oxford University Press, New York, 1996 Paperback, Preis 58 € • Andere empfohlene Lehrbücher – I. N. Levine, "Quantum Chemistry" 5. Auflage, Prentice Hall, Upper Saddle River (New Jersey), 2000 Hardcover, Preis 79 € – F. L. Pilar, "Elementary Quantum Chemistry" 2. Auflage, Dover Publications, New York, Januar 2001, Paperback, Preis 23 € • Besonders empfohlen zur Wiederholung – N. Rösch, "Mathematik für Chemiker" Springer, Berlin, 1993 Paperback, Preis 25 € © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 3 Organisation 1 • Inhalt der Vorlesung, Organisation http://www.theochem.tu-muenchen.de/theoch1/ • Skriptum zum Downloaden (nur für Teilnehmer der Vorlesung) Login: eqm, <Passwort> • Zeit Mo 10-12 Uhr, Hörsaal CH 27 402 Fr 11-13 Uhr, Hörsaal CH 22 210 am 22.10.2004 • Übungen In parallelen Gruppen ab 29.10.2004 Fr 11-13 Uhr, Hörsäle CH 22 210, CH 26411 und CH 63 401 Bitte tragen Sie sich bis Fr 22.10.2004 in die Listen ein, die neben dem Schaukasten im 6. Stock CH3 aushängen. © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 4 Organisation 2 • Hausaufgaben Ausgabe jeweils Do im Internet Abgabe bis zum darauffolgenden Mi 11:15 Uhr im Kasten "Theoretische Chemie" vor dem Hörsaal CH 22 210 Rückgabe in der Übung am Fr, eine Woche später Lösungen im Internet nach Besprechung in den Übungen • Klausur Freitag 11. Februar 2005, 11-13 Uhr • Betreuung Dr. Sven Krüger Tel. 089/289-13619, Raum CH 63 311 [email protected] © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 5 Einleitung 1 Verschiedene experimentelle Hinweise auf Versagen der klassischen Beschreibung der Materie und ihrer Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung • Strahlung eines Schwarzen Körpers (Hohlraumstrahlung) Klassische Beschreibung (Rayleigh-Jeans) der Energiedichte E der elektromagnetischen Strahlung bei Temperatur T als Funktion der Wellenlänge λ : dE = ρcl ( λ ) dλ ρcl = 8π kT λ4 Boltzmann-Kontante k = 1.381×10–23 JK–1 Abweichend vom Experiment, Ultraviolettkatastrophe: lim ρcl ( λ ) = ∞ λ→0 © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 6 Einleitung 2 • Planck (1900) Oszillatoren der Frequenz ν des elektromagnetischen Feldes können ihre Energie nicht kontinuierlich, sondern nur um Quanten hν = hc/λ ändern. Plancksches Wirkungsquantum h = 6.626×10–34 Js Lichtgeschwindigkeit c = λν • Energiedichte E in Übereinstimmung mit Experiment: 8π hc 1 5 exp hc / λkT − 1 ( ) λ ρqm ( λ ) = lim ρ qm ( λ ) = 0, λ →0 lim ρ qm ( λ ) − ρcl ( λ ) = 0 λ →∞ © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 7 Einleitung 3 • Molare Wärmekapazität CV,m bei konstantem Volumen klassisch (Dulong-Petit, Gleichverteilung): CV,m = 3 kNA, NA Avogadro-Zahl • Experiment: CV ,m < 3kN A für niedrige Temperaturen, lim CV ,m = 0 • • T →0 Einstein (1905) Atomare Oszillatoren der Vibrationsfrequenz ν können ihre Energie nur um ein Quantum hν = kθE ändern. – Bei niedrigeren Temperaturen sind weniger Oszillatoren "aktiv" θE Einstein-Temperatur ≅ Übergangstemperatur Debye-Modell Atomare Oszillatoren unterschiedlicher Energie können bis zu einem Maximum hν = kθD aufnehmen können. – θD Debye-Temperatur – gute Übereinstimmung mit Experiment © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 8 Einleitung 4 • • • Photoeffekt (Einstein 1905) Energie der Photoelektronen unabhängig von Lichtstärke, nur abhängig von Frequenz ν. Energiebündel hν des elektromagnetischen Feldes haben Eigenschaften von Teilchen → Photonen. Kinetische Energie T des emittierten Elektrons (Energieerhaltung): T = h ν − ΦΜ ΦΜ Austrittsarbeit des Metalls M – e hν Metall Relativistische Energie E eines Teilchens (Einstein 1905) mit Masse m und Impuls p E = (m2c4 + p2c2 )1/2 Photon m = 0 ⇒ E = hν = pc ⇒ p = hν /c = h / λ Compton-Streuung (1923) Photon-Elektron-Stoß ⇒ Photon ändert Impuls ⇒ Änderung der Wellenlänge δλ = λ f − λ i = 2λ C sin 2 (θ / 2 ) , λC = h = 2.4 × 10 −12 m me c λC Compton-Wellenlänge des Elektron (Masse me) © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 9 Einleitung 5 • Klassisch: Elektronen bewegen sich auf Spiralbahnen um Atomkerne unter Emission von elektromagnetischer Strahlung mit kontinuierlichem Spektrum. Experiment: Atome emittieren Strahlung mit diskreten Frequenzen • Spektrum des Wasserstoffatoms (Balmer 1885) • • • ν 1 1 = RH 2 − 2 , n = 3, 4,… , RH = 1.097 × 105 cm –1 Rydberg-Konstante c 2 n Kombinationsprinzip (Rydberg): Differenz von Energietermen ν = T1 − T2 ν= Postulat: Quantisierung des elektronischen Drehimpulses (Bohr 1913) bedingt die Quantisierung der Energiezustände des Wasserstoffatoms: µ e4 En = − 2 2 2 , 8h ε 0 n n = 1, 2,… 1 µ = 1 1 + me m p Welle-Teilchen-Dualität (Komplementarität) Zu jedem Teilchen mit Impuls p ist eine Welle "assoziiert": λ = h / p (De Broglie) Beugungsmuster beim Durchgang von Elektronen durch einen Kristall (Davisson, Germer 1925) • Quantenmechanik: Matrizenmechanik (Heisenberg 1926), Wellenmechanik (Schrödinger 1926) © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 10 1 Grundlagen der Quantenmechanik Zeitunabhängige Schrödingergleichung als Eigenwertproblem Hψ = Eψ • Observable und Operatoren Observable = meßbare dynamische Variable Klassischen Mechanik: Observable als Funktionen (oder Felder) Quantenmechanik: • Observable als lineare Operatoren Linearer Operator Ω : Ω ( af + bg ) = a Ωf + b Ωg , f , g Funktionen a, b ∈ oder (Menge der komplexen Zahlen) Ω[af ( x ) + bg ( x )] = a Ωf ( x ) + b Ωg ( x ) • Beispiele: Multiplikationsoperator x × x × [af ( x ) + bg ( x )] = a xf ( x ) + b xg ( x ) Differentialoperator d d d af ( x ) + bg ( x )] = a f ( x ) + b g ( x ) [ dx dx dx d / dx © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 11 Linearkombinationen • Die Funktionen { fi, i = 1, ... N} sind linear unabhängig, wenn sie die Nullfunktion nur als triviale Linearkombination darstellen können: N ∑ ci fi = 0 ⇒ c1 = c2 = … = cN = 0 Für beliebige Argumente ! i =1 Andernfalls heißen die Funktionen { fi , i = 1, ... N} linear abhängig. • Eine linear unabhängige Menge {fn} von Funktionen ist vollständig, wenn eine beliebige Funktion g (eventuell mit bestimmten Eigenschaften) als "Linearkombination" dargestellt werden kann: g = ∑ cn f n n • Beispiel (Fourier-Synthese): Die Funktionenmenge 1, cos 2π nx 2π nx , sin , n = 1, 2, 3… L L ist vollständig im Raum der stückweise stetigen, beschränkten Funktionen der Periode L. © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 12 Eigenfunktionen und Eigenwerte • Eigenwertgleichung für einen Operator Ω: Ωf = ω f ω Eigenwert, f Eigenfunktion • Beispiele d exp ( ax ) = a exp ( ax ) ⇒ eax Eigenfunktion des Differentialoperators, Eigenwert a dx 2 d exp ax 2 = 2ax exp ax 2 ⇒ eax keine Eigenfktn. des Differentialopertrs. dx ( ) • ( ) Wenn die Menge {fn} der Eigenfunktionen eines Operators Ω vollständig ist, dann gilt: Ωfn = ωn fn g = ∑cn fn n Ωg = Ω ∑ cn f n = ∑ cn Ωf n = ∑ cnω n f n • n n n Jede Linearkombination von entarteten Eigenfunktionen (ωk = λ, k = 1, ... m), ist eine Eigenfunktion mit demselben Eigenwert λ : m m m m Ωg = Ω ∑ ck f k = ∑ ck Ωf k = ∑ ck λ f k = λ ∑ ck f k = λ g k =1 k =1 k =1 k =1 © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 13 Darstellungen • Für praktische Rechnungen ist es vielfach nützlich, Operatoren in bestimmten Koordinatensystem "darzustellen". • Die wichtigste Darstellung ist die Ortsdarstellung. Für die kartesische Koordinate x und den entsprechenden kartesischen Impuls px gilt: x → xˆ = x × • ∂ i ∂x = h 2π Impulsdarstellung xˆ = − • p x → pˆ x = ∂ i ∂p x pˆ x = p x × Ortsdarstellung für die Bewegung im Raum x xˆ r = y → r = r × = yˆ × z zˆ © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München ∂ ∂x px ∂ p = py → p = = ∇ i ∂y i p z ∂ ∂z ∇ Nabla-Operator EQM 14 Kommutatoren • ˆ ˆ ≠ BA ˆˆ Operatoren kommutieren im allgemeinen nicht: AB Daher ist die Reihenfolge, in der Operatoren auf eine Funktion angewendet werden, wichtig. • Kommutator: • Beispiel: Berechne [x, px] in der Ortsdarstellung. Wir wählen eine beliebige Funktion f und lassen den Kommutator auf sie wirken: ˆ ˆ − BA ˆˆ Aˆ , Bˆ = AB [ x, p x ] f = ( xpx − px x ) f = x × =x ∂ ∂ f − ( xf ) i ∂x i ∂x ∂f ∂f − f −x =i × f i ∂x i i ∂x Dies gilt für jede (differenzierbare) Funktion f , daher folgt: [ x, px ] = i © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 15 Konstruktion von Operatoren 1 • • Operatoren werden aus Orts- und Impulsoperatoren konstruiert. Beispiel: Operator der kinetische Energie T eines Teilchens der Masse m in der Ortsdarstellung 2 2 2 px2 1 ∂ d T= = im Fall einer eindimensionalen Bewegung =− 2m 2m i ∂x 2m dx2 • Kinetische Energie T für die Bewegung im Raum in der Ortsdarstellung ( 1 2 1 T= p = px2 + p 2y + pz2 2m 2m ) 2 2 2 1 ∂ ∂ ∂ = + + 2m i ∂x i ∂y i ∂z 2 ∂2 ∂2 ∂2 =− ∇2 2 + 2 + 2=− 2 m ∂x 2m ∂y ∂z 2 • Operator der potentiellen Energie V(x) eines Teilchens, das sich in einer Dimension x bewegt, in der Ortsdarstellung: V → V (x) × Multiplikation mit der Funktion V(x). © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 16 Konstruktion von Operatoren 2 • Ortsdarstellung des Operators der potentiellen Energie eines Elektrons im Coulombfeld eines Kerns mit der Ordnungszahl Z: Ze2 V =− × 4πε0r r Abstand des Elektrons vom Kern • Operator der Gesamtenergie = Hamiltonoperator H = T + V • Hamiltonoperator eines Teilchens der Masse m, das sich in einer Dimension im Potential V(x) bewegt: H =− • 2 d2 2m dx 2 +V ( x) Hamiltonoperator eines Elektrons der Masse me in einem Wasserstoffatom: H =− 2 2me 2 ∇ − e2 4πε 0 r © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 17 Konstruktion von Operatoren 3 • Allgemeine Vorschrift zur Konstruktion von Operatoren in der Ortsdarstellung : – Den klassischen Ausdruck für die Observable in kartesischen Koordinaten und den entsprechenden Impulskomponenten anschreiben. – Dann folgende Ersetzung durchführen: • x durch Multiplikation mit x, • px durch den Differentialoperator ∂ , i ∂x • entsprechend für die anderen Koordinaten bzw. für andere Teilchen. © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 18