Integrale über Wellenfunktionen und Operatoren • Viele Größen, u.a. Mittelwerte von Meßergebnissen, werden als Integrale über Wellenfunktionen und Operatoren dargestellt: I = ∫ f *Ωg dτ f * Konjugiert-Komplexes von f In einer Dimension kann dτ mit dx identifiziert werden; in drei Dimensionen gilt dτ = dx dy dz . Die Integration erfolgt über den gesamten Raum, der dem System zugänglich ist, in der Regel also – ∞ < x < ∞ bzw. über R3. • Spezialfälle: ∫ f g dτ S = ∫ f * f dτ 1 = ∫ f * f dτ * – Überlappungsintegral (Ω = 1, Einheitsoperator): S = – Normierungsintegral (f = g): Eine Funktion ist (auf Eins) normiert, wenn • Eine Menge von Funktionen {fn} bildet eine Orthonormalsystem, wenn gilt: ∫ fn * 1 n = m fm dτ = δ nm = 0 n ≠ m Kroneckersymbol © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 19 Normieren einer Wellenfunktionen • • In der Regel versuchen wir, normierte Wellenfunktionen zu verwenden. Normieren einer Funktion Ersetze f durch g = Nf (mit der Normierungskonstanten N > 0), so daß gilt ∫g • * g dτ = ∫ N 2 f * f dτ = 1 Beispiel: sin (π x / L ) für 0 < x < L Normiere die Funktionf ( x ) = sonst 0 L * 2 2 ∫ g g dτ = ∫ N sin (π x / L) dx u= 0 = N2 L π π ∫0 sin 2 u du = N 2 L1 π πx L dx = L π du 1/ 2 1 π = 2 N 2L = 1 ⇒ N = ( 2 / L) 2 Die Funktion g ist normiert: ( 2/ L)1/ 2 sin (π x / L) g ( x ) = Nf ( x ) = 0 © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München für 0 < x < L sonst EQM 20 Hermitesche Operatoren 1 Als Ergebnisse einzelner Messungen können nur die Eigenwerte des Operators auftreten, der die Observable darstellt (siehe Seite 28). Daher werden nur hermitesche Operatoren zugelassen, deren Eigenwerte reell sind. • Ein Operator Ω ist hermitesch, wenn für alle Wellenfunktionen ψ und ϕ gilt * ∫ψ Ωϕ dτ = • {∫ ϕ *Ωψ dτ } * * ∫ψ Ωϕ dτ = ∫ ( Ωψ ) ϕ dτ * oder Orts- und Impulsoperatoren sind hermitesch. * ∫ψ * xϕ dx = ∫ ( xψ ) ϕ dx ∫ψ * p xϕ dx = ∫ψ * d ϕ dx = ∫ψ *ϕ 'dx i dx i {ψ ϕ − ∫ (ψ ) 'ϕ dx} i * = * x=∞ x=−∞ ϕ ' Ableitung → partielle Integration = ψ *ϕ i x=∞ x=−∞ − (ψ i ∫−∞ ∞ * ) 'ϕ dx * * d = ∫ ψ ϕ dx = ∫ ( pxψ ) ϕ dx i dx Denn für Integrale über R muß gelten: lim ψ ( x ) = lim ϕ ( x ) = 0 x →±∞ x →±∞ © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 21 Skalarprodukt für Funktionen • Skalarprodukt für Funktionen¶ f g = ∫ f *gdτ • Eigenschaften# – linear f λ 1g1 + λ 2 g2 = λ 1 f g1 + λ 2 f g2 – positiv definit f f ≥ 0, – symmetrisch f g = g f • Normierung • Orthonormierung ¶ f f = 0 ⇒ f = 0 (Nullfunktion !) * f f =1 ψ m ψ n = δ mn siehe Mathematik für Chemiker (MfC), S. 276 © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München # MfC, S. 272 EQM 22 Dirac-Notation • Dirac-Notation (bracket) * m n = ∫ψ m ψ n dτ – das "ket"-Symbol n steht für die Wellenfunktion ψn , für die konjugiert-komplexe Funktion ψm*, – das "bra"-Symbol m – Zusammenfügen von Bra und Ket impliziert die Integration. • Dirac-Notation für Operatoren * = ∫ψ m Ωψ n dτ m Ω n = ψ m Ω ψ n : = ψ m Ωψ n • Für einen hermiteschen Operator Ω gilt: ∫ ⇒ * f *Ωg dτ = ∫ ( Ωf ) g dτ = {∫ g*Ωf dτ } f Ω g = f Ω g = Ωf g = g Ωf * * = gΩ f * ⇒ f Ωg = gΩ f © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München * EQM 23 Hermitesche Operatoren 2 • H1: Die Eigenwerte ω eines hermiteschen Operators Ω sind reell. ¶ Der Ket ω bezeichne eine normierte Eigenfunktion zum Eigenwert ω : Ω ω = ω ω Wir bilden das Skalarprodukt auf beiden Seiten dieser Gleichung mit dem Bra ω ω Ω ω =ω ω ω =ω • * ⇒ ω* = ω Ω ω = ω Ω ω = ω H2: Eigenfunktionen zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal. ¶ Angenommen, für zwei Eigenwerte ω ≠ ρ gilt: Ω ω = ω ω , Ω ρ =ρ ρ Wir "multiplizieren" die erste Gleichung mit ρ und die zweite mit ρ Ω ω =ω ρ ω und ω ω Ω ρ =ρ ω ρ Wir subtrahieren das Konjugiert-Komplexe der zweite Gleichung von der ersten ρ Ωω − ω Ω ρ * =ω ρ ω −ρ ω ρ * Da Ω hermitesch ist, ist die linke Seite null; auf der rechten Seite nutzen wir die Symmetrie des Skalarprodukts und erhalten 0 = (ω − ρ ) ρ ω oder © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München ρ ω = 0 weil ω ≠ ρ ¶ MfC, S. 326 EQM 24 Hermitesche Operatoren 3 • Wegen H2 kann das System von Eigenfunktionen n , n = 1, 2, … eines hermiteschen Operators Ω orthonomiert gewählt werden. Ω n = ωn n • und m n = δ mn Annahme: Das System aller Eigenfunktionen eines hermiteschen Operators Ω, der eine Observable darstellt, ist vollständig, d.h. für alle Wellenfunktionen ϕ gilt ϕ = ∑ cn n = ∑ cnψ n n n Wir multiplizieren von links mit dem Bra m • * ψ n dτ = ∑ cnδ mn = cm m ϕ = ∫ψ m* ϕ dτ = ∫ψ m* ∑ cnψ n dτ = ∑ cn ∫ψ m n n n Wir bilden * * * * * cn ∫ψ m ω nψ n dτ ϕ Ω ϕ = ∫ ∑ cmψ m Ω ∑ cnψ n dτ = ∑ cm cn ∫ψ m Ωψ n dτ = ∑ cm m n m, n m, n * * = ∑ cm cnωn m n = ∑ cm cnωnδ mn = ∑ cn ω n = ∑ cn pn 2 2 m,n • m,n Für Ω = 1 ist ωn = 1: ϕ ϕ = ∑ cn n n 2 = 1 ⇒ pn = cn n 2 Wahrscheinlichkeits⇒ interpretation (siehe Seite 28) © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 25 Postulate der Quantenmechanik 1 • Postulat 1 Der Zustand eines Systems wird durch eine Wellenfunktion Ψ( r1, r2, ... , t ) vollständig beschrieben. – r1, r2, ... räumliche Koordinaten der Teilchen 1, 2, ... des Systems – t Zeit – Weitere "interne" Variable der Teilchen sind möglicherweise erforderlich, z.B. solche, die Spinzustand charakterisieren. – Oft kann man den Zustand eines Systems durch Angabe eines Satzes von Quantenzahlen a, b, ... eindeutig charakterisieren, z. B. a, b,… . © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 26 Postulate der Quantenmechanik 2 • Postulat 2 Observable werden durch hermitesche Operatoren dargestellt. Die grundlegenden Operatoren für kartesische Koordinaten und die zugehörigen Impulse erfüllen folgende Kommutatorrelationen q, pq′ = i δ qq′ , – [ q, q′] = 0, pq , pq′ = 0 q und q' bezeichnen kartesische Koordinaten (x, y, z), pq und pq' die entsprechenden Komponenten des Impulses. – Operatoren anderer Observabler werden dadurch gewonnen, daß man diese Variablen in den entsprechenden klassischen Ausdrücken ersetzt. © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 27 Postulate der Quantenmechanik 3 • Wir betrachten eine Observable, die durch den hermiteschen Operator Ω dargestellt wird: Ω n = ωn n cn n mit cn = n ϕ und ein System mit der normierten Wellenfunktion ϕ : ϕ = ∑ n • Postulat 3 Wenn die Wellenfunktion ϕ eines Systems eine Eigenfunktion ϕn von Ω ist, dann ergibt sich bei jeder Messung dieser Observablen der Eigenwert ωn als Meßergebnis. Für einen anderen Zustand liefern wiederholte Messungen unterschiedliche 2 Eigenwerte ωn, und zwar mit den Wahrscheinlichkeiten (Häufigkeiten) pn = cn . • Mittelwert über viele Messungen Ω = ∑ pnωn = ∑ cn n • • −1/2 ωn = ϕ Ω ϕ (Seite 25) n Für nicht normierte Wellenfunktionen ψ gilt : Ω = Zuerst normieren: ϕ = Nψ mit N = ψ ψ 2 ψ Ωψ ψψ ⇒ Erwartungswert der Observablen Ω Für eine Eigenfunktion ϕ = m gilt cn = n m = δ mn ⇒ pn = δ mn . Es tritt also nur der Meßwert ωm auf, entsprechend Postulat 3. © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 28 Postulate der Quantenmechanik 4 • Postulat 4 (Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Wellenfunktion nach Born) Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Teilchen im Volumenelement dτ am Punkt r 2 gefunden wird, ist proportional zu ψ (r ) dτ . – ψ (r) – ψ (r) 2 Wahrscheinlichkeitsdichte Wahrscheinlichkeitsamplitude – Konsequenz der Born-Interpretation Eine Wellenfunktion muß quadratintegrierbar sein: ∫ ψ (r) 2 dτ < ∞ Daher ψ ( x ) → 0 für x → ±∞ © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 29 Postulate der Quantenmechanik 5 • Postulat 5 (Zeitabhängige Schrödingergleichung, 1926) Die Wellenfunktion Ψ( r1, r2, ... , t ) entwickelt sich in der Zeit gemäß i ∂Ψ ˆ = HΨ ∂t – Eindimensionale Bewegung eines Teilchens der Masse m im Potential V(x): 2 2 ∂Ψ ∂ Ψ i =− + V ( x) Ψ 2m ∂x 2 ∂t © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 30 Separation der Schrödingergleichung • Die zeitabhängige Schrödingergleichung kann vereinfacht werden, wenn die Wechselwirkung (das Potential) unabhängig von der Zeit t ist. Als Beispiel: 2 ∂ 2Ψ ∂Ψ HΨ = − + V ( x) Ψ = i 2 2m ∂x ∂t • Separation der Variablen durch den Ansatz Ψ ( x, t ) = ψ ( x )θ ( t ) − • 2 d2ψ dθ + = V x ψθ i ψ ( ) 2m dx2 dt θ × 1 θψ ⇒ 2 1 d 2ψ 1 dθ − + = V x i ( ) 2m ψ dx 2 θ dt Resultat: die linke Seite der Gleichung hängt nur von x ab, die rechte nur von t . Daher müssen beide gleich einer Konstanten E sein (Dimension: Energie). − 2 d 2ψ + V ( x )ψ = Eψ 2m dx 2 und i • Lösung • Zeitunabhängige Schrödingergleichung dθ = Eθ (t ) ⇒ θ (t ) = C exp ( −iEt / dt ) Ψ ( x, t ) = ψ ( x ) e−iEt / Hψ ( x ) = Eψ ( x ) © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München EQM 31 Stationäre Zustände • Die zeitunabhängige Schrödingergleichung ist eine – im allgemeinen partielle – lineare homogene Differentialgleichung zweiter Ordnung. Im Fall einer eindimensionalen Bewegung ergibt sich eine gewöhnliche lineare homogene Differentialgleichung zweiter Ordnung 2 d 2ψ + V ( x )ψ = Eψ Hψ = − 2 m dx 2 • Jede ihrer Lösungen ψ kann durch Multiplikation mit dem Exponentialfaktor exp ( −iEt / ) zu einer Lösung der zeitabhängigen Schrödingergleichung erweitert werden. • Die Zeitabhängigkeit einer solchen Wellenfunktion Ψ ( x, t ) = ψ ( x ) e−iEt / ändert nur die Phase in periodischer Form: e−iEt / = cos ( Et / • ) − i sin ( Et / ) Die zugehörige Wahrscheinlichkeitsdichte ist unabhängig von der Zeit. Es handelt sich um einen stationären Zustand. ( Ψ* ( x, t ) Ψ ( x, t ) = ψ * ( x ) eiEt / © 2004, N. Rösch, Theoretische Chemie, TU München ) (ψ ( x) e−iEt / ) = ψ * ( x )ψ ( x ) = ψ ( x ) 2 EQM 32