Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at BORDERLINE Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Persönlichkeitsstörungen allgemein Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Persönlichkeit Summe aller psychischen Eigenschaften und Verhaltensbereitschaften, die dem einzelnen seine eigentümliche, unverwechselbare Individualität verleihen. Die dauerhaften Eigenschaften eines Menschen betreffen Wahrnehmen, Denken, Fühlen und interpersonelle Beziehungsgestaltung. Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Persönlichkeit Ergebnis einer einzigartigen Geschichte von Wechselwirkungen zwischen konstitutionellen (genetische Ausstattung) und biographischen Faktoren (Beziehungs- und Lerngeschichte). ! “NATURE AND NURTURE” Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG -ICD-10 Klassifikation, F60.-¨ ¨ ¨ Nur dann, wenn Persönlichkeitszüge unflexibel und unangepasst sind und zu wesentlichen Funktionsbeeinträchtigungen (z.B. sozial, Scheitern bei den alltäglichen Aufgaben des Lebens) oder zu subjektivem Leid führen, manchmal erst im späteren Verlauf und oft nur durch Probleme, die mit anderen Menschen entstehen (ich-synton). „Persönlichkeitsstörungen sind Beziehungsstörungen“ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at ICD-10 Klassifikation ¨ ¨ ¨ Das abnorme Verhaltensmuster ist andauernd und nicht auf Episoden psychischer Krankheit begrenzt. Das abnorme Verhaltensmuster ist tiefgreifend und in vielen persönlichen und sozialen Situationen eindeutig unpassend. Die Störungen beginnen immer in der Kindheit oder Jugend und manifestieren sich auf Dauer im Erwachsenenalter. Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Leitlinien Persönlichkeitsstörung (Tress et al., 2002) ¨ tief verwurzelte stabile Verhaltensmuster mit starren Reaktionen auf unterschiedliche persönlich-soziale Lebensbedingungen –Auffälligkeiten im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und in der Beziehungsgestaltung –Subjektives Leiden des Betroffenen und/oder seiner Umwelt –durch keine andere psychische oder hirnorganische Störung bedingt –Beginn in Kindheit oder Adoleszenz, Andauern bis ins Erwachsenenalter Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at ICD-10 Klassifikation Biographische Anamnese, Fremdanamnese, Verhaltensbeobachtung, International Personality Disorder Examination (IPDE, Loranger et al., 1996) ¨ SKID-II: Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV Achse II: Persönlichkeitsstörungen ¨ Strukturiertes Interview nach Kernberg ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at CLUSTER A (DSM IV) -deskriptive Ähnlichkeiten sonderbar,exzentrisch Paranoid ! Ausgeprägtes Misstrauen und Argwohn Schizoid ! Distanziert, Sonderling Schizotypisch ! “Verdünnungsform” schizophrener Erkrankungen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at CLUSTER B (DSM IV) -deskriptive ÄhnlichkeitenEmotional instabil, launisch, dramatisch Antisozial, dissozial Delinquentes, deviantes Verhalten Borderline Störung der Affektregulation, mangelhafte Impulskontrolle, Identitätsstörung, Dissoziation Histrionisch Abhängigkeit von äußerer Aufmerksamkeit, oberflächlicher Gefühlsausdruck, Suggestibilität Narzisstisch Selbstbezogenheit, mangelnde Empathie, Egoismus Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at CLUSTER C (DSM IV) -deskriptive Ähnlichkeiten Ängstlich, furchtsam, asthenisch Vermeidend-selbstunsicher Große Angst vor Zurückweisung und Ablehnung Dependent, abhängig Überzeugung, das eigene Leben nicht selbständig führen zu können Zwanghaft, anankastisch Gewissenhaftigkeit, Perfektionismus, Inflexibilität, Normentreue Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Prävalenz Pers st KJ ¨ KJ Braun-Scharm 1991 in KJP: 5% Pers.st. Libal et al 2004: 28.8% in KJP Ulm (n=132) Bernstein 1993: 17% der Jugendlichen erfüllen die DSM-IV-Kriterien f Pers.st. in der Lenzenweger (1997): 11% wahrscheinliche und 6.7% manifeste Pers.st. Unter College-Studenten Tress et al. 2002: 10% Prävalenz unter Erwachsenen Durchschnittsbevölkerung Loranger et al. 1999: stationäre Psychiatriepatienten: Prävalenz 40%, darunter 14, 9 % Borderline Pers.st. ¨ Retrospektiv berichtet die Mehrheit der Borderline-Patienten über einen Beginn während der Jugend. ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Jerschke et al. (1998) beschreibt zwei Kohorten: ¤ die einen beginnen mit einem Alter von 14-15.Lj. mit selbstverletzendem Verhalten, Eßst, suizidalen Tendenzen, affektiver Störung, Störung des Sozialverhaltens mit stationär-psychiatrischer Aufnahme ¤ Die anderen werden erstmals in einem Durchschnittsalter von 24 Jahren auf einer Psychaitrie behandelt Bernstein D., Cohen P., Velez N., Schwab-Stone M., Siever, L., Shinsato L. (1993): Prevalence and stability of the DSM-III personality disorders in a community-based survey of adolescents. American J. Psychiatry 150:1237-1243 Braun-Scharm H., Räder, K, Martinius, J. (1991): Die stationäre Versorgung kinder- und jugendpsychiatrischer Patienten. Eine Stichtagsuntersuchung. Zeitschrift für Kinder – und Jugendpsychiatrie.. 19: 70-77. Jerschke S., Meixner K., Richter H., & Bohus M. (1998): Zur Behandlungsgeschichte und Versorgungssituation von Patientinnen mit Borderline Persönlichkeitsstörung in der Bundesrepublik Deutschland. Fortschritte der der Neurologie-Psychiatrie 66 (12)545-552 Katz L.Y. ,Cox B. J.,Shiny G., Miller A. L. (2004): Feasibility of Dialectical Behavior Therapie for suicidal Adolescent Inpatients. Journal of the American Academy of Child and Adolescent Psychiatry. 43 (3) pp 276-83. Lenzenweger M., Loranger A. W. ,Korfine L. & Neff C.(1997): Detecting personality disorders in a nonclincal population application of a 2-stage procedure for case identification. Archives of General Psychiatry. 54, pp 345-351 Loranger A.W.(1999): IPDE.DSM-IV and ICD-10 modules. Odessa. Fl. Psychological Assessment Ressources. Schmeck, K & Resch F.(2003): Persönlichkeitsstörungen. In. Eggers Ch., Fegert J. M., Resch F. Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Heidelberg. Springer. Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Pers.st. auf KJP Libal G., Schmid M., Plener P., Zander A., Schmeck K., Fegert J.M. 2004 Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Prävalenz bei psychiatrischen PatientInnen (WHO, 1988-90) Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Diagnose oder Stigma Pro: Contra: Suffiziente symptomspezifische Behandlung kann nur mit richtiger Diagnose eingeleitet werden Identitätsdiffusion und Beziehungsinstabilität sind in der Adoleszenz weit verbreitet Sinnvolles Erklärungsmodell auch für Patienten Empirie (vgl. z.B. Jerschke et al. 1998) Forschung Dr. Christoph Göttl Gefahr des Festschreibens von Symptomen (Labeling) Große Bedeutung des pathologischen Umfeldes und der psychosozialen Belastungen www.kinder-jugendpsychiatrie.at Persönlicher Stil vs. Persönlichkeitsstörung ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ wachsam vs. paranoid unabhängig vs. schizoid empfindsam vs. schizotyp emotional vs. histrionisch spontan vs. Borderline abenteuerlustig vs. antisozial ehrgeizig vs. narzisistisch vorsichtig vs. Vermeidend genau vs. zwanghaft verbunden vs. dependent Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Persönlichkeitsmerkmale haben eine Heredität von 50%. Daher haben auch Persönlichkeitsstörungen eine Heredität. Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Stigma Diagnose als Reflex bei einzelnen Symptomen ¨ Diagnose als Waffe gegen den Patienten im Sinne unkontrollierter Gegenübertragungsgefühle ¨ Diagnose als Entschuldigung für das eigene Therapieversagen ¨ →Nicht die Person ist das Problem, sondern einzelne Verhaltens- und Erlebensweisen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Paulina Kernberg „Wenn Kinder eine Persönlichkeit haben, können sie auch eine Persönlichkeitsstörung haben.“ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Kategorialer vs dimensionaler Ansatz ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Umfrage unter den Mitgliedern der International Society for the Study of Personality Disorders (2003) 1. Persönlichkeitsstörungen sind diskrete Kategorien: 28 % 2. Persönlichkeitsstörungen reflektieren Krankheits-Entitäten: 30 % 3. Persönlichkeitsstörungsdiagnose haben schlechte Validität: 76 % 4. Persönlichkeitsstörungen am besten konzeptualisiert als dimensionale Störungen: 86 % 5. Persönlichkeitsstörungen kann man am ehestens verstehen als Varianten der normalen Persönlichkeit: 84 % Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Schmeck, Kernberg Das zentrale Merkmal von Persönlichkeitsstörungen liegt in der Identitätsdiffusion, der Unfähigkeit, sich und den Anderen wahrzunehmen Eine Persönlichkeitsstörung ist eine Beziehungsstörung Pathologische Bindungen sind häufig die, die am Besten zu kleben scheinen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Therapie ¨ ¨ Die Beziehung zwischen Therapeut und Klient ist das zentrale Thema, Ziel ist Vertrauen Das Hier und Jetzt zum Thema machen; die Vergangenheit kann als Erklärung dafür herangezogen werden. Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Objektbeziehungstheorie ¨ Psychotisches Strukturniveau ¤ ¨ Niedriges Strukturniveau/Borderline ¤ ¨ Ich bin o.k., Du bist o.k.- Selbstwert und Anerkennung Hohes Strukturniveau: Neurose ¤ ¨ Ich kann mich bewahren, ich kann ich bleiben, wenn ich mit dir oder ohne dich bin, Wir können mit und ohne einander existierenAutonome Existenz, Impulskontrolle Mittleres Strukturniveau: Narzissmus ¤ ¨ Wer und was bin ich, wer und was bist du?- Grenze zwischen Innen und Außen Ich kann mich bewahren, selbst wenn… Erkennen, Erinnern, Durcharbeiten – die Befreiung aus der Wiederholung Gesund/Integriert: Es ist, was es ist Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Eysenck: Big Five I Extroversion (kontaktfreudig- zurückhaltend) ¨ Verträglichkeit (friedfertig- streitsüchtig) ¨ Gewissenhaftigkeit (gründlich- nachlässig) ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Eysenck: Big Five II Neurotizismus (entspannt- überempfindlich) ¨ Offenheit (kreativ- phantasielos) ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Cloninger´s psychobiologisches Persönlichkeitsmodell -1- Grundlegende Annahme: –phänotypische und genotypische Strukturen der Persönlichkeit sind unterschiedlich –Eysenck´s Modell und die Big Five sind abgeleitet aus Faktorenanalysen und erfassen den Phänotyp –Temperamentsdimensionen des TCI sollen den Genotyp erfassen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Cloninger´s psychobiologisches Persönlichkeitsmodell -2- Temperament – automatische Reaktionen auf emotionale Stimuli – neurobiologische Systeme sollen Aktivierung, Inhibition und Aufrechterhaltung von Verhalten modulieren Charakter – Selbstkonzepte und individuelle Unterschiede in Zielen und Werten, die Auswahl und Bedeutung dessen lenken, was im Leben erfahren wird. Bewusst reflektierbare Eigenschaft einer stabilen Identität Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Cloninger´s psychobiologisches Persönlichkeitsmodell - 3 - Temperamentsdimensionen Neugierverhalten (Novelty Seeking) Schadensvermeidung (Harm Avoidance) Belohnungsabhängigkeit (Reward Dependence) Beharrungsvermögen (Persistence) Charakterdimensionen Selbstlenkungsfähigkeit (Self directedness) Kooperativität (Cooperativeness) Selbsttranszendenz (Self Transcendence) Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Psychobiologische Grundlagen des Temperamentsmodells Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Neugierverhalten Verhaltensaktivierung Explorative Erregbarkeit vs. Stoische Rigidität Impulsivität vs. Nachdenklichkeit Überspanntheit vs. Zurückhaltung Unordentlichkeit vs. Organisiertheit Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Schadensvermeidung Verhaltenshemmung Pessimismus vs. Optimismus Angst vor Ungewissem vs. Zuversicht Schüchternheit vs. Geselligkeit Ermüdbarkeit vs. Vitalität Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Belohnungsabhängigkeit Aufrechterhaltung von Verhalten durch soziale Verstärkung Empfindsamkeit vs. Unempfindlichkeit Bindung vs. Bindungslosigkeit Abhängigkeit vs. Unabhängigkeit Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Beharrungsvermögen Aufrechterhaltung von Verhalten durch intrinsische Motivation – ehrgeizig, leistungsorientiert – bereit, große Opfer für einen Erfolg zu bringen – Perfektionisten, Workaholics – geben nicht leicht auf Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Selbstlenkungsfähigkeit verantwortliches und reifes Verhalten, Selbstakzeptanz Verantwortlichkeit vs. Schuldzuweisung Zielbewußtheit vs. Ziellosigkeit Beweglichkeit vs.Trägheit Selbstakzeptanz vs. Selbstunzufriedenheit Selbstkongruenz vs. Inkongruenz von Fähigkeiten und Zielen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Kooperativität hilfsbereites, tolerantes, einfühlendes Verhalten Soziale Akzeptanz vs. Intoleranz Empathie vs. Desinteresse Hilfsbereitschaft vs. Ungefälligkeit Mitleid vs. Rachsucht Redlichkeit vs. Streben nach eigenen Vorteilen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Selbsttranszendenz Bewußtheit von spirituellen Werten Selbstvergessenheit vs. Phantasielosigkeit Transpersonelle Identifikation vs. Selbstisolation Spirituelle Akzeptanz vs. rationaler Materialismus Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Störung der Persönlichkeitsentwicklung Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Temperamentswürfel von Cloninger Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Temperamentswürfel von Cloninger Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Temperamentstypen und Persönlichkeitsstörungen Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Veränderung von Persönlichkeitsstörungen (nach Verheul, 2003) Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Störung der Persönlichkeitsentwicklung Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Borderline Persönlichkeitsstörung Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at Begriff Borderline ¨ ¨ ¨ Begriff 1938 von Adolf Stern geprägt rührt von tiefenpsychologischen Einordnung zw. Neurose und Psychose her vermeintlich „berühmte Borderliner“: Psychosoziale Faktoren bei Borderline ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Gewalterfahrungen im Erwachsenenalter, körperliche Gewalt & Vernachlässigung durch primäre Bezugspersonen, sehr früh beginnende sexuelle Gewalt sind Risikofaktoren für eine Borderlinestörung belegt (Zanerini et al. 1993,1997) 60 %-80% der Borderlinepatienten erfahren sexuelle und körperliche Gewalt in ihrer Kindheit (Paris et al. 1997, Dulz 1995) schwerwiegende Vernachlässigung (40%) Häufiger massive Konflikte in der Familie (James et al. 1996) Fehlende zweite emotional bedeutende Bezugsperson (Heffernan & Cloitre 2000) Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Sexueller Mißbrauch ¨ 12% der Kinder sind 0-4 Jahre alt ¨ 30% der Kinder sind 4-10 Jahre alt ¨ 58% sind 10-16 Jahre alt Höllwarth M.E.: Gewalt und Missbrauch an Kindern. Österreichische Ärztezeitung (2004); 17: 26-36 Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Folgen ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Prävalenz ca. 2 % der Allgemeinbevölkerung. 18 % aller Ausgaben für Psychotherapie/Psychiatrie für Patienten/innen mit Borderlinestörungen (5,3 Milliarden DM) (Jerschke et al. 1998) 80% der Betroffenen in psychiatrischer/psychotherapeutischer Behandlung 50-80 % brechen ambulante Psychotherapien vorzeitig ab, bei spezifischer Behandlung 20% Häufige stationäre Aufenthalte (bis zu 25 % der stationär behandelten Patienten) Suizidrate bei 7 – 10 % (Frances 1986,Stone et al.1993) trotz Psychotherapie (50fach höher als Durchschnittsbevölkerung) 70 % der Betroffenen zeigen selbstverletzendes Verhalten 70% der Betroffenen in Therapie sind weiblich, weil die männlichen in Gefängnissen landen Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Neurobiologie Trauma Drei Streßreaktionen: 1.) erste Abwehrreaktion: Acetylcholin 2.) Flight or Fight: (Nor-)Adrenalin 3.) Freeze: Cortison Sequentielle Traumatisierung führt zur schnellen Bahnung dieser Reaktionen Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Dr. Christoph Göttl www.kinder-jugendpsychiatrie.at 1. Impulsive Verhaltensweisen ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Suizidales Verhalten Suizidphantasien Hochrisikoverhalten Selbstverletzung Essanfälle Episodischer Alkohol- Drogenmissbrauch Medikamentenmissbrauch Pathologisches Kaufen, Spielen Promiskuität Rücksichtsloses Autofahren Instabile persönliche Beziehungen Wutausbrüche, körperliche Auseinandersetzungen Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Ziel der Selbstverletzung Reduktion der inneren Anspannung ¨ um sich zu spüren bei Dissoziation (wissen, ob man noch lebt) ¨ Selbstbestrafung bei Schuldgefühlen ¨ Wut – Autoaggression ¨ Aufmerksamkeit ¨ Glücksgefühl ¨ Innere Klarheit ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at 2. Störung der Affektregulation -Diagnostisches LeitsymptomEinschießende, starke Spannung, die als äußerst aversiv erlebt wird und keiner klaren, handlungsweisenden Emotion zugeordnet werden kann. Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Affektregulation ¤ ¤ ¤ ¤ ¤ ¤ niedrige Reizschwellen, hohes Erregungsniveau starke aversive Spannungszustände „Gefühlswirrwar“, überflutende und gleichzeitig widersprüchliche Emotionen dissoziative Symptome dysfunktionale Verhaltensmuster emotionale Taubheitsgefühle 2. Störung der Affektregulation Psychophysiologisches Defizit der Affektregulation (Linehan, 1993) ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ hohe Sensitivität gegenüber schon niedrigschwelligen Reizen (“emotionale Empfindlichkeit”, “auf rohen Eiern gehen”) Hohe Affektintensität Prolongiertes Abklingen der affektiven Erregung Schnelle Affektwechsel starke aversive Spannungszustände „Gefühlswirrwar“, überflutende und gleichzeitig widersprüchliche Emotionen dissoziative Symptome dysfunktionale Verhaltensmuster emotionale Taubheitsgefühle Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Zusammenhang zwischen Störungen der Affektregulation und der Impulskontrolle Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at 3. Beziehungsprobleme ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Schwierigkeiten in der Regulation von Nähe und Distanz Schlecht ausgeprägte intrapsychische Repräsentanz wichtiger Bezugspersonen (Abwesenheit = Verlassen werden) Passive Aktivität: Demonstration von Hilflosigkeit und Leid -> Überlastung der Sozialkontakte Dependenz psychosoziale Integration: ¤ ¤ Gefühl „isoliert, abgeschnitten und anders zu sein“ Schwierigkeiten mit Regulation von Nähe & Distanz Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Beziehungsprobleme -typische Pläne und Schemata- Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at Therapeutische Beziehung Radikale Akzeptanz ¨ Geduld zu haben mit dem oft unerträglich langsamen Fortschritt und den massiven Schwierigkeiten in der therapeutischen Beziehung. ¨ Stellvertretende Hoffnung und Mut zu vertrauen. ¨ Hohes Maß an Toleranz gegenüber Zurückweisungen, Kritik und feindseligen Gefühlen. Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at 4. Identitätsstörung ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung: Unsicherheit der eigenen Identität & Integrität Mangelnde Zukunftsorientierung und Lebensplanung Wahllose Kontakte zu unterschiedlichen Peer Groups Instabile sexuelle Orientierung tiefgreifendes Gefühl „Anders“ zu sein tiefgreifendes Gefühl der Insuffizienz Gefühl des „hohlen Kerns“ Störung des Körper-Selbst Störung des Körper-Bildes: starke neg. Einschätzung des eigenen Körperbildes Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at 5. Dissoziative und (pseudo)psychotische Symptome Vorübergehende, durch Belastung ausgelöste paranoide Vorstellungen (”Minipsychose”, Pseudohalluzinationen ¨ Dissoziative Amnesie ¨ Depersonalisation, Derealisation ¨ Bewegungslosigkeit – Freezing (diss. Stupor) ¨ Dissoziative Phänomene treten vor allem bei traumatisierten Pat. auf. ¨ Dr. Christoph Göttl www.kinderjugendpsychiatrie.at 3. Kriterien: DSM-IV • 1. 2. 3. 4. mind. 5 müssen erfüllt sein: verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen 3. Kriterien: DSM-IV 5. 6. 7. 8. 9. wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen oder Selbstverletzungsverhalten affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung chronische Gefühle von Leere unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome 3. Kriterien: ICD-10 ¨ Ø Ø Ø Ø Ø 3 der folgenden Merkmale müssen vorliegen: deutliche Tendenz, unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen, vor allem dann, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt mit Unfähigkeit zur Kontrolle explosiven Verhaltens Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden unbeständige und unberechenbare Stimmungen 3. Kriterien: ICD-10 ¨ Ø Ø Ø Ø Ø zusätzlich müssen mindestens 2 der folgenden Merkmale vorliegen: Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und "inneren Präferenzen„ Neigung, sich in intensive aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der folge von emotionalen Krisen übertriebenes Bemühen, das Verlassenwerden zu vermeiden wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstschädigung anhaltende Gefühle von Leere 5. Epidemiologie ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Punktprävalenz in Allgemeinbevölkerung: 0,8 - 2 % 70 % der Patienten sind Frauen Alter bei Erstmanifestation um 14 oder 24 Jahren Suizidrate ohne Behandlung zwischen 7 - 10 % Wiederaufnahmewahrscheinlichkeit bei 80 % 7. Diagnostik DSM- IV bzw. ICD-10 ¨ Einige Symptome können auch bei anderen Störungsbildern auftreten ¨ Diagnose erfordert sorgfältige Abklärung (Diffentialdiagnostik) ¨ IPDE ¨ "Diagnostisches Interview für BorderlinePatienten" (DIB) ¨ "Borderline- Syndrom- Index" (BSI) ¨ 8. Therapie Medikamentös ¨ Antidepressiva ¨ Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ¨ Neuroleptika ¨ 8. Therapie übertragungsfokussierte (psychodynamische) Psychotherapie ¨ traumazentrierte Psychotherapie ¨ dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) ¨ Familientherapie ¨ Fertigkeitstraining ¨ Stationäre Behandlung ¨ 9. Verlauf ¨ Positive Einflussfaktoren: ¤ hohes Maß an Selbstdisziplin, künstlerisches Talent und bei weiblichen Patienten hohe Attraktivität ¨ Negative Einflussfaktoren: ¤ weibliches Geschlecht, (inkonsequent behandelte) Sucht, magische Denkweisen, schlechtere Aggressionskontrolle, geringere intellektuelle Leistungsfähigkeit, längere Klinikaufenthalte, mehr und/oder schwerere Komorbiditäten, problematischere familiäre Situationen, Armut und körperliche Krankheiten Quellen ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ ¨ Bohus, M. (2002): Borderline-Störung. Fortschritte der Psychotherapie. Hogrefe-Verlag, Göttingen. Rohde-Dachser, C. (2004): Das Borderline- Syndrom. Huber Verlag, Bern. Wittchen, H. U., & Hoyer, J. H. (2006). Klinische Psychologie und Psychotherapie. . Berlin: Berlin: Springer. Bandelow, B. (2006): Celebrities. Vom schwierigen Glück, berühmt zu sein. Rowohlt Verlag, Reinbek. http://www.borderlinekunst.de/ http://de.wikipedia.org/wiki/Borderline-Pers%C3%B6nlichkeitsst %C3%B6rung