Sonderdruck aus: Stahlbau 77 (2008), Heft 10, Seite 696 − 707 PalaisQuartier Frankfurt Zeilforum − Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle Autoren: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Richard Stroetmann Geschäftsführender Gesellschafter, Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH Dipl.-Ing. Dieter Hanek Geschaftsführender Gesellschafter, Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH Dipl.-Ing. Roger Istel Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH Überreicht durch: Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH BERLIN • DARMSTADT • DRESDEN • ERFURT • FREIBURG • KARLSRUHE • KOBLENZ • LEIPZIG 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:21 Uhr Seite 696 Fachthemen DOI: 10.1002/stab.200810083 Richard Stroetmann Roger Istel Dieter Hanek PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle In Frankfurt wird zur Zeit in zentraler Innenstadtlage das PalaisQuartier errichtet, ein Gebäudekomplex mit vielfältiger Nutzung. Wesentlicher Bestandteil ist das Zeilforum mit rund 78000 m2 BGF, das durch seine avantgardistische Architektur Akzente setzt. Im Kontext des städtebaulichen Wettbewerbs und der Einbindung in das Gesamtprojekt wird im folgenden Beitrag die Planung und Ausführung des rund 13500 m2 großen Freiformdachs und der Sonderfassaden beschrieben. Dabei wird auf Besonderheiten des Tragwerksentwurfs und der statischen Berechnung, die bauliche Umsetzung und Qualitätssicherung eingegangen. PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – planning and execution of the architectural building shell. Presently in the city centre of Frankfurt there is being built the PalaisQuarter – a complex of buildings for manifold use. An essential part of it is the ‘Zeilforum’ with round about 78000 m2 of gross storey area that sets standards by its vanguard architecture. In view of the urban architecture competition and the overall project the present article describes the planning and execution of the large free formed roof having a size of about 13500 m2 as well as the special façades. Particular attention is paid to the specific features of the structural design and calculations, building execution and quality assurance. ter Rundschaugelände zu beplanen. Im Kürentwurf sollte ein authentischer Wiederaufbau des Palais und dessen Einbindung in das Gesamtkonzept geplant werden. In diesem Gutachterverfahren konnten sich schließlich KSP Engel und Zimmermann (Frankfurt) mit ihrem Entwurf für das Gebäudeensemble gegen die Mitbewerber Mario Bellini (Mailand), Coop Himmelb(l)au (Wien), Christoph Langhof (Berlin), Christian de Portzamparc (Paris), Massimiliano Fuksas (Rom) und Richard Rogers (London) durchsetzen. Das zwölfköpfige Beurteilungsgremium empfahl diesen im Oktober 2002 einstimmig als 1 Einführung 1.1 Architektenwettbewerb Im Juni 2002 wurden im Rahmen eines geladenen Gutachterverfahrens aus mehr als dreihundert Bewerbern sieben international renommierte Architekturbüros ausgewählt und mit der Entwicklung eines Bebauungskonzeptes für das ehemalige Telekomgelände in Frankfurt am Main beauftragt. Das Grundstück in exponierter Innenstadtlage grenzt an die Zeil an, eine der drei umsatzstärksten Einkaufsstraßen Deutschlands. Bereits in den fünfziger Jahren war die Bebauung des Geländes mit dem Fernmeldezentrum der damaligen Deutschen Bundespost die größte innerstädtische Baumaßnahme Frankfurts. Auf Grundlage der in einem städtebaulichen Vertrag definierten Rahmenbedingungen und den Überlegungen des Bauherren sollten die Architekten in einem Pflichtund einem Kürentwurf ein Planungskonzept für ein multifunktionales Stadtquartier erstellen, das damals noch unter der Bezeichnung ‚Zeil Projekt’ firmierte. Im Rahmen des Pflichtentwurfes waren die städtebauliche Anbindung an die benachbarten Gebäude des Kaufhofs und die Zeilgalerie zu prüfen, die denkmalgeschützten Reste des Thurn-und-Taxis-Palais zu integrieren und das Frankfur- 696 Bild 1. PalaisQuartier Frankfurt – Städtebaulicher Entwurf der Architekten KSP Engel und Zimmermann, Frankfurt Fig. 1. PalaisQuartier Frankfurt – Urban design concept of KSP Engel und Zimmermann Architects, Frankfurt Bild 2. Zeilforum – Entwurf M Fuksas Arch Fig. 2. Zeilforum – Design M Fuksas Arch © Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 77 (2008), Heft 10 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:21 Uhr Seite 697 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle städtebauliche Grundlage (Bild 1). Da Massimiliano Fuksas mit seinem avantgardistischen Entwurf des Einzelhandelsgebäudes überzeugen konnte, wurde sein Büro mit der Planung des Zeilforums beauftragt (Bild 2). 1.2 Wettbewerb zur Tragwerksplanung Im Nachgang zum Architektenwettbewerb erfolgte die Auswahl der Fachplaner. Bei der Tragwerksplanung wurden mehrere Ingenieurbüros eingeladen, die über ein breites Erfahrungsspektrum und eine hohe Leistungsfähigkeit verfügten. Gesucht wurde ein Tragwerksplaner, der die vielfältigen Aufgaben von der Planung eines sechsgeschossigen Kellerkastens in Deckelbauweise über die Planung von zwei Hochhäusern bis hin zur Bearbeitung eines Multifunktionsgebäudes an der Zeil mit einem großen Freiformdach zuverlässig aus einer Hand bewältigen konnte, um weitere Schnittstellen zu vermeiden. Letztlich konnte sich die Arbeitsgemeinschaft Krebs und Kiefer mit Weischede, Herrmann und Partner in einem konzeptionellen Ideenwettbewerb behaupten. Sie wurde mit der Bearbeitung der Tragwerksplanung für das gesamte Projekt beauftragt. 1.3 Übersicht über die Gesamtbaumaßnahme Zwei Hochhäuser, drei Plätze, ein Multifunktionsgebäude und der Wiederaufbau des historischen Thurn-und-TaxisPalais kennzeichnen das PalaisQuartier, das derzeit auf dem ehemaligen Telekomgelände zwischen der Zeil und der Großen Eschenheimer Straße entsteht. Auf dem 17400 m2 großen Grundstück werden ab dem kommenden Jahr insgesamt 226000 m2 Bruttogeschossfläche für Einzelhandel und Büronutzung, Gastronomie- und Hotelflächen, Sport und Entertainment sowie Parkraum und Technikflächen zur Verfügung stehen. Der Gebäudekomplex besteht aus vier getrennten Gebäudeteilen A bis D, die auf einem gemeinsamen Kellerkasten stehen (Bild 3). In vier der sechs Untergeschosse befindet sich die Tiefgarage mit 1390 Stellplätzen. Bild 4. Animation des PalaisQuartiers Frankfurt – Blick von der Großen Eschenheimer Straße Fig. 4. Animation of PalaisQuartier Frankfurt – view from Große Eschenheimer Straße a) b) Bild 3. PalaisQuartier Frankfurt – Grundriss mit Gebäudebezeichnungen Fig. 3. PalaisQuartier Frankfurt – plan view with names of buildings Bild 5. Gebäudemodell vom Zeilforum – a) Perspektive von Süden, b) Haupteingang an der Zeil mit Expressway Fig. 5. Building model of Zeilforum – a) perspective view from south, b) main entrance at the Zeil with express way Stahlbau 77 (2008), Heft 10 697 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:21 Uhr Seite 698 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle Als Gebäude A wird die Rekonstruktion des Thurnund-Taxis-Palais bezeichnet, von dem nur noch ein Torbogen vorhanden ist (Bilder 3 und 4). Hier stehen künftig für Einzelhandel, Büro, Gastronomie und kulturelle Veranstaltungen Flächen von insgesamt 11000 m2 zur Verfügung. Unter dem Innenhof befindet sich ein zweigeschossiger Veranstaltungssaal für etwa 1000 Personen, der von Stahlverbundträgern stützenfrei überspannt wird. Das 136 m hohe Bürohochhaus am Thurn-und-TaxisPlatz (Gebäude B) weist 47650 m2 BGF auf 34 Stockwerken auf. Der Baukörper gliedert sich in zwei rechteckige Türme und zwei quadratische ca. 95 m hohe Grundkörper, die über eine gemeinsame Kerngruppe erschlossen werden (Bild 4). Der südlich vom Thurn-und-Taxis-Platz gelegene 99 m hohe Hotelturm (Gebäude C) verfügt über 26 Geschosse und soll als 4- bis 5-Sterne-Hotel von internationalem Publikum genutzt werden. Mit seiner skulpturalen Form korrespondiert das Gebäude mit dem benachbarten Büroturm und steht in reizvollem Kontrast zum historischen Thurn-und-Taxis-Palais. Das Zeilforum ist als Multifunktionsgebäude für Einzelhandel, Sport und Freizeit, Gastronomie und Entertainment konzipiert. Durch den vielseitigen Branchenmix sollen kaufwillige Kunden angezogen und für den gehobenen Einzelhandel interessiert werden. Das Bauwerk besteht aus bis zu acht aufgehenden Geschossen mit einer Dachhöhe von maximal 43 m. Über der Ebene 4 teilt sich das Gebäude auf drei getrennte Bereiche auf, die später als Fitnessstudio, Badelandschaft, Technikflächen und für allgemeine Dienstleistungen genutzt werden. Damit auch eine gute Frequentierung der oberen Geschosse stattfindet, werden die Besucher des Zeilforums vom Erdgeschoss direkt bis zum 4. Obergeschoss über den „Expressway“ – die mit etwa 50 m längste innen liegende freitragende Rolltreppe Europas – gebracht (Bilder 2 und 5). 2.2 Entwurf des Dachtragwerks Die Entwicklung von Dachgeometrie und Tragstruktur war ein interaktiver Prozess, der kontinuierlich auf die Fortschreibung der gestalterischen, funktionalen und technischen Anforderungen abzustimmen war. Die Ausgangstopologie der Freiformfläche wurde durch Erwärmen und plastisches Verformen einer Plexiglasscheibe über dem Gebäudemodell erzeugt, in die anschließend Vertiefungen eingeprägt wurden. Die Geometrie wurde dann digital mit dem 3D-Graphik-Programm „Rhino“ weiterentwickelt. Bei diesem Design-Modellierwerkzeug wird die Freiformfläche durch sogenannte NURBS (Non-Uniform Rational B-Splines) erfasst. Die erforderliche Datenmenge zur Beschreibung der geometrischen Form ist vergleichsweise gering, und der Datenaustausch mit anderen Programmen kann in unterschiedlicher Form erfolgen. Zur Entwicklung eines Tragwerks wurden dem Tragwerksplaner erste Rhinomodelle übergeben (B. 6). Diese noch mit mehreren Trichtern versehenen Modelle wiesen vergleichsweise scharfe Übergänge an den Flanken des Canyons und zu den Trichtern auf. Die Sohle des Canyons war nahezu eben. Wegen der geforderten Stützenfreiheit der Mall konnten die Übergänge zu den hoch gelegenen Dachbereichen nicht unterstützt werden. Gestalterisch war eine filigrane, möglichst homogene Tragstruktur als Stahlgittertragwerk mit dreieckförmigen Maschen vorgesehen. Unterspannungen in den ebenen Bereichen des Canyons sollten, wie auch die Ausbildung kräftigerer Tragglieder, vermieden werden. Diese Randbedingungen erforderten eine Anpassung der Geometrie des Canyons sowie der Übergänge zum später verbleibenden Trichter. 2 Entwurf der Gebäudehülle 2.1 Gestalterische Anforderungen und architektonischer Entwurf Um Aufmerksamkeit und Interesse an einem Besuch des Zeilforums bereits durch die besondere Architektur zu wecken, formulierte der Bauherr in der Ausschreibung des Wettbewerbs den Wunsch nach einer ausdrucksstarken Gestaltung des Gebäudes. Es sollte sich durch besondere Akzente deutlich von der umliegenden Bebauung abheben und wie ein Magnet für die Besucher der Frankfurter Innenstadt wirken. Beim Entwurf des Architekturbüros M Fuksas Arch wurde für die Gebäudeüberdachung die Idee eines Canyons verfolgt, der sich wie ein Flussbett zwischen den drei Gebäudebereichen Nord, West und Ost zieht (Bild 5a). Mit einem Trichter im Zentrum der frei geformten Dachlandschaft werden natürliches Licht bis in das Erdgeschoss des Gebäudes transportiert und Blickbeziehungen nach oben geschaffen. Im Bereich der Durchdringung werden die Gebäudedecken mit organisch geformten Öffnungen versehen und an die Trichtergeometrie angepasst. Oberhalb der 4. Ebene folgen die Konturen der Geschossdecken dem Verlauf des Canyons. 698 Stahlbau 77 (2008), Heft 10 Bild 6. Rhinomodell aus dem frühen Entwurfsstadium Fig. 6 Rhino model of an early design stage Das Tragwerk des Canyons wurde in Form einer Hängelinie mit einem im Wesentlichen durch Zugkräfte beanspruchten System entwickelt. Der Übergang zwischen dem Canyon und dem Trichter wurde kontinuierlich gestaltet, so dass der Trichter wie eine große Stütze wirkt, die die Lasten aus den umliegenden Dachbereichen über Druckkräfte zum Massivbau abträgt (Bild 7). Über den Gebäudeteilen Ost, West und Nord wirkt die Tragstruktur des Daches wie ein Trägerrost. Dort werden Pendelstützen angeordnet, die an die Systemknoten des Stahlgittertragwerks anschließen. Wegen der allge- 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 699 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle a) b) gang vom Canyon und mündet trichterförmig in die Zeilfassade. Sie stellt damit eine Blickbeziehung von der Zeil zum Freiformdach her (Bilder 5 und 7). Über die Integration der gestalterischen Elemente Canyon, Trichter und Trompete hinaus war die Dachtopologie an die Massivbaukonstruktionen und Technikaufbauten anzupassen und mit einem ausreichenden Gefälle für die Entwässerung zu versehen. Die Festlegung der Netzstruktur des Stahlgittertragwerkes erfolgte unter Berücksichtigung einer durchgehenden Linienführung und einer kontinuierlichen Abfolge von Dreiecken, die in ihrer Größe und den Winkeln zwischen den Stabachsen der Topologie des Daches anzupassen waren. So wurden in den stark gekrümmten Bereichen von Trichter und Trompete Maschengrößen von unter 1 m2, in den ebenen Dachbereichen jedoch auch Flächen von über 3 m2 generiert. Die Stablängen variieren von 1 bis zu 3 m, liegen im Mittel bei etwa 2,15 m. Bei der Gestaltung der Netzstruktur waren verschiedene Bedingungen zu beachten (Bild 8). Hierzu gehören – die Anordnung von Netzknoten oberhalb der Pfosten der vertikalen Fassaden a) c) b) Bild 7. Weiterentwickelte Dachgeometrie – a) Gebäudemodell, b) Ansicht Dach und Zeilfassade, c) Draufsicht Fig. 7. Further developed roof geometry – a) Model building, b) view of roof and Zeil façade, c) top view mein nicht deckungsgleichen Lage mit den darunter liegenden Massivbaustützen übernimmt die jeweils oberste Geschossdecke den Transfer der Stützenlasten in die Gebäudeachsen. Zur Aufnahme der Horizontallasten aus den hängenden Canyonbereichen sowie der Wind- und Stabilisierungslasten sind Kreuzverbände vorgesehen, die jeweils zwischen zwei Pendelstützen angeordnet und zum Canyon hin ausgerichtet sind. Später wurde noch eine Verbindung zwischen dem Freiformdach und der rautenförmigen Zeilfassade durch die Anordnung einer sogenannten Trompete geplant. Diese entwickelt sich aus einem kontinuierlichen Über- Bild 8. Erfassung geometrischer Randbedingungen bei der Netzentwicklung – a) Anschluss der Trompete an die Zeilfassade, b) Integration des Stützenrasters Figure 8: Record of geometric boundary conditions in grid design – a) connection of trumpet to Zeil façade, b) integration of column grid Stahlbau 77 (2008), Heft 10 699 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 700 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle – der Anschluss der Trompete an die Netzknoten der Rautenfassade an der Zeil – die Anordnung eines Stabzuges entlang der Sohle des Canyons, so dass dort die Entwässerung funktioniert und sich eine gestalterisch ansprechende Linienführung ergibt – die Integration der Linienführung der Führungsschiene für das Dachreinigungsgerät und der Schneefangeinrichtung an den Übergängen der Technikdächer zum Canyon – die Ausbildung von Dreiecken auch an den Dachrändern – die Gestaltung der Linienführungen unter Beachtung der Perspektive des Gebäudenutzers. In einem ersten Schritt wurde mit Hilfe des Netzgenerators vom Programmpaket ANSYS ein Dreieckmaschennetz nach definierten Vorgaben automatisch erzeugt (Bild 9a). Dieses wurde für die Vordimensionierung der Tragstruktur und die Feststellung der zu erwartenden Profilgrößen verwendet. Dabei zeigten sich auch die Auswirkungen der geometrischen Vorgaben in den Bauteildimensionen und dem Stahlbedarf. Nach einer Optimierung der Dachtopologie wurde dann im nächsten Schritt das Netz nach den gestalterischen a) Vorgaben des Architekten mit Hilfe eines oberflächenorientierten CAD-Programms entwickelt (Bild 9b). Da sich die Netzstruktur auf die Oberfläche des Daches bezieht und damit die Fugen zwischen den Dachelementen abbildet, war hieraus noch die Stabstruktur für die Berechnung abzuleiten. Die Querschnittsachsen der Stäbe sind nach der Winkelhalbierenden der angrenzenden Dreieckflächen ausgerichtet. Die Lage der Stablängsachsen ergibt sich aus deren Abstand zur Oberfläche. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde die Netzgeometrie nach Bild 9b unter Berücksichtigung der Planungsfortschreibungen gegenüber der Bauantragsplanung und der Genehmigungsstatik weiter optimiert. Die Fläche des Daches wird mit unterschiedlichen Materialien eingedeckt (Bild 10). Oberhalb der Mall in den Bereichen von Canyon und Trichter werden Isolierglasscheiben (Sonnen- und Wärmeschutzverglasung) verwendet. Deren Aufbau besteht von außen nach innen aus Einscheibensicherheitsglas (Regeldicke 8 mm), einem 18 mm breiten Zwischenraum sowie Verbundsicherheitsglas aus TVG mit einer PVB-Folie (Regeldicke 2 ¥ 8 mm). Bei größeren Winkelunterschieden zwischen benachbarten Scheiben werden Stufengläser eingesetzt, mit denen für ausreichenden Glaseinstand auf den Stahlprofilen gesorgt bzw. die Fugenbreite zwischen den außen liegenden ESG-Scheiben begrenzt wird. Die Übergangsbereiche zwischen der Mall und den Gebäudeteilen Nord, West und Ost erhalten eine Eindeckung aus dreieckförmigen wärmegedämmten Aluminiumpaneelen. Oberhalb der sogenannten Technikdächer der Gebäudeteile werden wegen der geringeren gestalterischen Anforderungen Trapezblecheindeckungen ausgeführt. Die Abdeckung an den Dachrändern erfolgt mit Gitterrosten, über die der Luftaustausch mit der Klimatechnik des Gebäudes stattfindet. b) Bild 9. Entwicklung der Netzstruktur – a) automatisch generiertes Netz, b) mit CAD-Programm entwickelte Netzstruktur Fig. 9. Development of grid design – a) automatically generated grid, b) grid developed with CAD programme 700 Stahlbau 77 (2008), Heft 10 Bild 10. Bezeichnung der Dachbereiche und Zuordnung der Materialien für die Verkleidung Fig. 10. Declaration of roof regions and allocation of cladding materials 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 701 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle 2.3 Sonderfassaden und Wintergarten Die rautenförmige Stahl-Glas-Fassade an der Zeil erstreckt sich von den Ebenen 1 bis 3 über eine Höhe von 15 m. Das Tragwerk besteht aus geschweißten Rechteckprofilen mit Querschnittsabmessungen von ca. 160 ¥ 80 mm. Die Fassade wird an der Deckenkante oberhalb der Ebene 3 aufgehängt und leitet dort die Vertikallasten ein. Sie ist horizontal verschieblich gelagert und in den darunter liegenden Geschossen jeweils in den Knotenpunkten gegen die Deckenkanten gestützt (Bild 11). Oberhalb des Haupteingangs ist die Fassade über die Trompete ohne Fuge an die Dachkonstruktion angeschlossen (Bilder 5, 7 und 8). a) Ebenfalls an der Südseite des Zeilforums befindet sich in der Ebene 4 der Wintergarten (Bilder 5a, 7a und 10). Oberhalb der Rautenfassade schließen Pfosten an, die den vorderen Dachrand unterstützen. Die zurückgesetzte Fassade am hinteren Dachrand des westlich gelegenen Gebäudeteils wird über dem Wintergarten von der Massivbaukonstruktion des Fitnessbereiches durchdrungen (Bilder 2, 5a und 7a). Darüber unterstützt sie den Rand des Freiformdaches. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden gegenüber der Bauantragsplanung noch verschiedene Änderungen vorgenommen: Das Dach des Wintergartens wurde in Anpassung an das Hauptdach mit einem Stahlgittertragwerk mit dreieckförmigen Maschen versehen. Darüber hinaus wurde das Hauptdach von der MusicHall des östlichen Gebäudeteils nahtlos zum Wintergarten heruntergezogen. Die zum Thurn-und-Taxis-Palais gerichtete Fassade wird im Bereich der Ebenen 1 bis 3 baugleich mit der Rautenfassade an der Zeil ausgeführt. Darüber, wie auch an der Ostseite des Gebäudes, sind Pfosten-Riegel-Fassaden vorgesehen (Bild 13b). 3 Statische Berechnung 3.1 Einwirkungen b) c) Bild 11. Rautenfassade an der Zeil – a) Ansicht der Tragkonstruktion, b) Schweißen der Knotenverbindungen, c) Montage der Verglasung Fig. 11. Lozenge shaped façade at the Zeil – a) view of supporting structure, b) welding of connections, c) glazing works Aufgrund der komplexen Geometrie der Freiformdachfläche wurden für die Schnee- und Windlasten jeweils Gutachten eingeholt. Frankfurt liegt auf der deutschen Windzonenkarte in der Zone 1 (vref = 22,5 m/s, qref = 0,32 kN/m2). Für die Referenzhöhe von ca. 40 m wird ein Böenstaudruck von 0,94 kN/m2 zugrunde gelegt. Die Bestimmung der Winddruckverteilungen erfolgte im Grenzschichtwindkanal des Instituts für Industrieaerodynamik in Aachen. Dabei wurde für das Gesamtprojekt PalaisQuartier und die benachbarte Bebauung ein Modell im Maßstab 1:500 erstellt. Zur Untersuchung unterschiedlicher Windrichtungen wurde das Modell auf einer Drehplatte angebracht (Bild 12). Wegen der Interferenzwirkung mit den beiden Hochhäusern für Büro und Hotel erfolgte die Untersuchung des Zeilforums im Gebäudeensemble. Durch die Aufstauwirkung vor den Hochhäusern und die Düsenwirkung bei einer Windströmung zwischen den Hochhäusern war global und lokal mit größeren Druck- und Soglasten gegenüber der freien Umströmung des Zeilforums zu rechnen. Dies zeigte sich auch in den Ergebnissen der Druckmessungen. Zur Erfassung der Winddruckverteilung wurde das Dach mit 230 Druckmessstellen ausgestattet. Die Druckverteilung wurde in 30°-Schritten für 12 Windrichtungen gemessen. Die Auswertung führte zu Windlastkarten für die globale Windwirkung bei unterschiedlichen Strömungsrichtungen sowie jeweils „einhüllenden“ Druckund Sogverteilungen für die lokale Bemessung der Dacheindeckung. Entsprechende Untersuchungen wurden auch für die Fassaden des Gebäudes durchgeführt. Ergänzend und in Überlagerung mit den Windlasten auf der Gebäudeaußenseite wurden auch positive und negative Drücke im Gebäudeinneren berücksichtigt. Bei der Festlegung der Bemessungsschneelasten war insbesondere die Möglichkeit der Schneeanhäufungen in den Bereichen von Canyon und Trichter zu beachten. Durch Verwehungen und das Abrutschen des Schnees Stahlbau 77 (2008), Heft 10 701 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 702 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle von den geneigten Flächen treten Lastkonzentrationen und dynamische Effekte auf, die für die Bemessung der Tragstruktur und der Glasscheiben maßgebend sind. Im Bereich des Canyons sind charakteristische Werte der Schneelasten bis zu 2,6 kN/m2 zu berücksichtigen. Als konstruktive Maßnahmen werden Schneefangeinrichtungen am Übergang von den Gebäudeteilen Nord, West, Ost zum Canyon sowie am Übergang vom Canyon zur Trompete angeordnet. Letztere verhindern ein Abrutschen des Schnees zum Haupteingang an der Zeil. Darüber hinaus werden Heizvorrichtungen beim Trichter angeordnet, um dort Schneeansammlung durch kontinuierliches Abschmelzen zu reduzieren bzw. zu vermeiden. Bei der fugenlos ausgebildeten Tragkonstruktion des Daches waren wegen der Verformungen und möglicher Zwängungen Temperaturunterschiede zur Aufstelltemperatur der Tragkonstruktion zu untersuchen. Die auf den Grundriss projizierten Abmessungen des Daches betragen ca. 134 m in Nord-Süd-Richtung, 120 m in West-Ost-Richtung und 155 m in Richtung der Diagonalen Nordwest – Südost. Bei der Bestimmung der Temperaturdifferenzen für den Sommer- und Winterfall war zu unterscheiden zwischen außen und innen liegender Tragkonstruktion sowie zwischen transparenter und opaker Dacheindeckung. Der Berechnung wurden maximale Differenzen von +40 K (Sommerfall, innen, verglaster Dachbereich) und –39 K (Winterfall, Außenbereich) zugrunde gelegt. Als weitere Einwirkungen wurden neben den Eigengewichtslasten von Tragkonstruktion und Bekleidung noch die Verformungen der unterstützenden Massivbaukonstruktionen, Verkehrslasten aus Reinigungsgeräten und angehängten Werbeträgern, Wasseransammlungen in der Auffangwanne am Trichterfuß sowie der Lastfall Erdbeben berücksichtigt. 3.2 Berechnung und Bemessung der Tragkonstruktion Zur Berechnung des Tragwerkes wurde ein räumliches Stabwerkmodell entwickelt, das die Sonderfassaden mit ihrer Wechselwirkung zum Dach abbildet. Das auf der Basis der Bauantragspläne erstellte Modell enthält ca. 8250 Stäbe (Bild 13). Die Stabanschlüsse an den Knoten des Dachtragwerkes wurden als starr und volltragfähig im Sinne von DIN EN 1993-1-8, Abschnitt 5.2 [1] klassifiziert, so dass die Berechnung der Zustandsgrößen ohne Einbeziehung von Knotennachgiebigkeiten und die Stabbemessung ohne Berücksichtigung der Abminderungen durch teiltragfähige Anschlüsse erfolgen konnte. Die Lagerung der Stahltragkonstruktion durch den Massivbau erfolgt im Bereich der Technikdächer über Pendelstützen und Verbände, am Trichterfuß über die An- a) a) b) b) Bild 12. Untersuchungen im Windkanal – a) Modell vom PalaisQuartier mit umliegender Bebauung, b) Perspektive Fig. 12. Wind tunnel investigation – a) model of PalaisQuartier with adjacent building area, b) perspective view 702 Stahlbau 77 (2008), Heft 10 Bild 13. Gebäudemodell mit Tragkonstruktionen von Dach und Sonderfassaden Fig. 13 Building model with supporting structure of roof and special façades 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 703 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle schlüsse des Stahlfachwerkrings an das Zwischengeschoss (zwischen EG und 1. UG) und bei den Fassaden durch den Anschluss an die Geschossdecken. Die Verformungen an den Lagerpunkten sind nur teilweise abhängig von der Größe der abzutragenden Dachlasten, in höherem Maße jedoch von der Zeit (Kriechen und Schwinden der Stahlbetonkonstruktion, Bauwerkssetzungen) und der Belastung der Massivbaukonstruktionen. Aus diesem Grunde wurden – mit Ausnahme des Trichterfußes – in den Richtungen der Kraftübertragung starre Lagerungsbedingungen angenommen. Die am Massivbau berechneten Verformungen der Lagerpunkte wurden durch Lastfälle mit eingeprägten Deformationen berücksichtigt. Die Berechnung der Tragstruktur für die relevanten Einwirkungskombinationen erfolgte nach Theorie II. Ordnung unter Ansatz geometrischer Ersatzimperfektionen. Die Verläufe der Imperfektionen wurden in Anlehnung an DIN 18800-2, Element 202, durch Skalieren der Eigenformen einer Modalanalyse festgelegt. Bei großen, vielfach statisch unbestimmten Tragwerken in der vorliegenden Form ist zu beachten, dass sich skalierte Eigenformen häufig nur bei Teilen der Tragstruktur auf das Bemessungsergebnis auswirken. Bei einem in den Bauteildimensionen abgestuften Tragwerk sind daher – im Sinne der „10-%-Regel“ nach DIN 18800-1, Element 739 – alle Eigenformen in Betracht zu ziehen, deren zugehöriger kritischer Lastfaktor hKi unterhalb von 10 liegt. Als Querschnitte für die Dach- und Fassadenkonstruktionen wurden im Wesentlichen Rechteckhohlprofile der Festigkeitsklasse S355 gewählt. Bei den Stützen auf den Technikdächern kommen Kreishohlprofile zum Einsatz. Der hoch belastete und später nicht mehr sichtbare Fachwerkring unter dem Trichter besteht aus geschweißten Hohlprofilen, I-Profilen für die Füllstäbe und Flachstählen für Knoten- und Verbindungselemente (Bild 14). Die Begrenzung der Verformungen der Tragstruktur ergibt sich aus statischen und funktionalen Notwendigkeiten. Verformungen aus ständigen Lasten werden durch Überhöhungen ausgeglichen. Bei den Stäben unter den Glasscheiben war die Durchbiegung wegen der hieraus resultierenden Zwängungen für das Glas auf 1/200 der Stablänge zu begrenzen. Ein ausreichendes Gefälle zur Dachentwässerung ist auch unter Einbeziehung der Verformungen einzuhalten. Unter veränderlichen Einwirkungen liegen Größtwerte der Verformungen an den Dachrändern in horizontaler und vertikaler Richtung jeweils im Bereich von 60 bis 70 mm. 4 Dachentwässerung und Reinigung a) b) Bild 14. a) Fachwerkring unter dem Trichter, b) Stahltragwerk des Trichters Fig. 14. a) Framework ring under the funnel, b) steel construction of the funnel Die Entwässerung der komplexen Dachfläche erfolgt in unterschiedlicher Weise. Die Dachbereiche oberhalb der Technikdächer Nord, West und Ost sowie der Wintergarten an der Südseite und der offene Dachbereich zum Thurn-und-Taxis-Palais werden nach außen über Regenrinnen bzw. die darunter liegenden Massivbaudecken entwässert. Das Wasser im Canyon wird überwiegend zum Trichter, teilweise auch zur Trompete abgeführt. Am Fuße des Trichters ist eine ringförmige beheizte Edelstahlwanne vorgesehen, aus der das Wasser dann innerhalb des Gebäudes abgeführt wird. Zu gleichem Zwecke dienen Einlauföffnungen in der Mündung zur Trompete, die ein Abfließen des Wassers vom Canyon auf die Zeil verhindern. Zur teilautomatischen Reinigung der großen Dachflächen sind entsprechend den unterschiedlichen Bereichen verschiedene Systeme geplant. Für die bis zu 30° geneigten Dachflächen ist ein Reinigungsfahrzeug „cat-wash“, für die steilen Flanken des Canyons ein „Vertikalliner“ und zur Reinigung des Trichters ein sogenannter „Airbeam“ vorgesehen. Das Trägerfahrzeug des Vertikalliners transportiert den Reinigungskopf entlang der Führungsschienen der oberen Ränder des Canyons. Dabei werden Seitenfläche und Sohle des Canyons bahnenweise durch rotierende Bürsten gereinigt. Beim Airbeam handelt es sich um ein stabförmiges Luftkissen, das am Fuße des Trichters gelagert und an der Spitze von vier Seilen geführt wird. Gegenläufig rotierende, den Airbeam ringförmig umschließende Bürsten wandern entlang der Stabachse und reinigen dabei die Flanken des Trichters. Nach der Reinigung und dem Herauslassen der Luft wird der Airbeam zusammengefaltet unter der Abdeckung der Edelstahlwanne am Fuße des Trichters geparkt (Bild 15). Stahlbau 77 (2008), Heft 10 703 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 704 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle 5.2 Fertigung und Montage a) Die werkseitige Vorfertigung des Stahltragwerks von Dach und Rautenfassaden erfolgt in Leitern und losen Stäben. Die geschweißten Rechteckprofile werden mit durchlaufenden Schweißnähten, unter der Verglasung als HYNähte, und zur Gebäudeinnenseite gerichtet als Kehlnähte ausgeführt. Profil- und Knotengeometrie sind so gewählt, dass die notwendigen Technikleitungen (Sprinklerund Energieversorgung) integriert und mit einer Abdeckung versehen werden können. a) b) b) Bild 15. Airbeam zur Trichterreinigung – a) Funktionsmodell, b) Parkposition am Trichterfuß Fig. 15. Airbeam to clean the funnel – a) operating model, b) parking position at the funnel base 5 Vergabe, Ausführung und Qualitätssicherung der Bauleistungen 5.1 Bieterverfahren Ende 2004 wurden die Bauleistungen für Dachtragwerk und Sonderfassaden ausgeschrieben. Zunächst fand eine Präqualifikation statt, an der sich Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz beteiligten. Anhand von Referenzen zu vergleichbaren Projekten, der technischen Ausstattung und fachlichen Qualifikation, der personellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie Eigen- und Nachunternehmerleistungen wurde eine Vorauswahl für die weitere Ausarbeitung eines Angebotes getroffen. Nachdem das Projekt durch Bauherrn und Planungsteam mit seinen technischen und gestalterischen Anforderungen vorgestellt wurde, erhielten die präqualifizierten Unternehmen die Möglichkeit, sich in Bezug auf die konstruktive Gestaltung sowie Fertigungs- und Montagetechnologie einzubringen. Es wurden ausdrücklich Vorschläge zur Ausbildung der Knotenpunkte und Montagekonzepte erbeten. Nach eingehender Würdigung der Angebote erhielt schließlich die Firma Waagner Biro aus Österreich den Zuschlag für die Ausführung. 704 Stahlbau 77 (2008), Heft 10 c) Bild 16. Knotenausbildung – a) Sternknoten vom Dach, b) gefräster Knoten, c) Knoten der Fassade Fig. 16. Construction of the nodes – a) star shaped node of the roof, b) milled node, c) node of the façade 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 705 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle a) b) c) Die Nähte sind teilweise eben und glatt zu verschleifen. Dies gilt insbesondere bei den Knoten, die von der Shoppingmall aus zu sehen sind. Bei nachzuweisender Nahtgüte sind die Kriterien der Bewertungsgruppe B nach DIN EN ISO 5817 ([2]) einzuhalten. Als Vorleistungen für die Stahlbaumontage waren die Verankerungselemente für die Stützen und Verbände sowie Fassadenanschlüsse in die Massivdecken zu integrieren. Darüber hinaus wurde der Stahlfachwerkring zum Anschluss des Trichters montiert, der in drei Teilen an die Baustelle geliefert wurde. Da die Herstellung der Untergeschosse des PalaisQuartiers im Los 1 erfolgte und die Dachmontage mit dem Trichterfuß begann, lagen Lieferung und Montage des Fachwerkrings und der zugehörigen Stahleinbauteile für den Massivbau auf dem kritischen Weg. Die drei Ringsegmente wurden zunächst miteinander verschweißt und dann an die Stahleinbauteile angeschossen (Bild 14). Zur Montage des Dachtragwerkes werden Raumgerüste verwendet, die kontinuierlich dem Montagefortschritt anzupassen sind. Die Stützpunkte für die Systemknoten werden unter Einbeziehung der Verformungen aus ständigen Einwirkungen in überhöhter Lage eingemessen, so dass nach der Ablastung die Einhaltung der Sollgeometrie des Dachtragwerks zu erwarten ist. Die Hubmontage erfolgt mit den bauseits vorhandenen Turmdrehkränen. Für den Zugang des Montagepersonals werden Hubsteiger, Scherenbühnen und Fahrgerüste eingesetzt. Beim Dach wird die Montage nach folgendem Schema durchgeführt (Bild 17): – Auflegen und Ausrichten der Leitern – Einbau der losen Stäbe zwischen den Leitern, Heften und Verschweißen – Ausbessern, Aufbringen und Ergänzen der Korrosionsschutzbeschichtung – Montage der Isolierglasscheiben, Dachpaneele, Trapezbleche und der Gitterroste – Ablasten vom Hilfsgerüst durch Absenken der Auflagerpunkte und anschließende Demontage des Gerüstes – weitere Korrosionsschutzarbeiten, insbesondere bei den Stützen, die im Zuge des Baufortschritts ggf. noch Beschädigungen durch Nachfolgegewerke erfahren können. 5.3 Korrosionsschutz Bild 17. Stahlbaumontage – a) Ausrichten der Leitern auf dem Gerüst, b) Übergang vom Trichter zum Canyon, c) Blick durch den Canyon nach Süden Fig. 17. Erection face of steelwork – a) adjusting of the ladders, b) transition from funnel to canyon, c) view southwards through the canyon Die Stäbe werden in den Knoten mit Stumpfnähten als HV-, K-, HY- und DHY-Nähte, teilweise in Kombination mit aufgesetzten Kehlnähten angeschlossen. Für die bauseits auszuführenden Schweißverbindungen werden die geometrischen Anpassungen und Schweißnahtvorbereitungen von Stabenden und Knoten werkseitig angebracht. Zur Herstellung der Verbindungen werden gefräste Massivknoten, aus Vollmaterial hergestellte Sternelemente und Stoßbleche eingesetzt (Bild 16). Für den Korrosionsschutz werden im Wesentlichen Beschichtungssysteme nach DIN EN ISO 12944 [3] eingesetzt. In Bezug auf den korrosiven Angriff wird zwischen Bauteilen im Innenraum (geheiztes Gebäude mit neutraler Atmosphäre: Korrosivitätskategorie C1 „unbedeutend“) sowie Bauteilen, die mit der Außenluft in Verbindung stehen (Stadt- und Industrieatmosphäre, mäßige Verunreinigungen durch Schwefeldioxid: Korrosivitätskategorie C3), unterschieden. Entsprechend kommen zweiund dreilagige Beschichtungssysteme mit Trockenschichtdicken von 160 mm bzw. 240 mm zum Einsatz (Bild 18). Es sind in allen Schichten Reaktionsbeschichtungsstoffe mit Stamm- und Härterkomponenten (2K) spezifiziert. Als Bindemittel für Grund- und Zwischenbeschichtung ist Epoxydharz (EP), für die Deckbeschichtung Polyurethan (PUR) vorgesehen. Um Farb- und Glanzhaltung zu sichern und eine hohe Beständigkeit zu erzielen, Stahlbau 77 (2008), Heft 10 705 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 706 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle 1. Eigenüberwachung durch das ausführende Unternehmen 2. externe Prüfung der Ausführungspläne einschließlich der Werkstattpläne und qualitätssichernde Überwachung der Bauausführung 3. schweißtechnische Überwachung der Werks- und Montagefertigung in Abstimmung mit 2. 4. bautechnische Prüfung der Tragwerksplanung und Bauausführung in bauaufsichtlichem Umfang. Die umfangreichen Schweißarbeiten im Werk und auf der Baustelle, die komplexe Geometrie der Tragstruktur, die z. T. hohen Beanspruchungen der Bauteile sowie die gestalterischen Anforderungen, die eine einwandfreie Ausführung der Knotenpunkte, der Bauteiloberflächen und des Korrosionsschutzes vorsehen, unterstreichen die Notwendigkeit der vorgesehenen Maßnahmen. a) b) 6 Schlussbemerkungen Die Ausführungsarbeiten am Freiformdach und den Sonderfassaden des Zeilforums werden derzeit unter hohem Einsatz vorangebracht. Die Fertigstellung dieser Leistungen ist für November 2008 vorgesehen. Zur Herstellung des Daches werden rd. 600 t Stahl, 6000 m2 Verglasung, 4100 m2 opake Fläche aus Aluminiumpaneelen sowie 3400 m2 aus Trapezprofilblechen und Gitterrostlaufstegen eingesetzt. Mit der Fertigstellung des Bauvorhabens im Frühjahr 2009 wird die Innenstadt Frankfurts um ein Bauwerk bereichert, das in seiner Gestaltung und Funktionalität Akzente setzt. Bild 18. Endbeschichtete Stahlkonstruktion – a) Dachtragwerk, b) Rautenfachwerk Zeil Fig. 18. Final coating of the steel structure – a) roof structure, b) Lozenge shaped façade at the Zeil werden als Härterkomponenten aliphatische Polyisocyanate mit einer darauf abgestimmten Stammkomponente spezifiziert. Die Pigmentierung erfolgt mit Zinkphosphat (Zwischenbeschichtungen und werkseitige Grundbeschichtung) sowie Eisenglimmer und Aluminium (oberflächentolerante bauseitige Grundbeschichtung). Als Farbton wurde papyrusweiß (RAL 9018) gewählt. 5.4 Qualitätssicherung Zur Qualitätssicherung bei den Dach- und Fassadenkonstruktionen wurden verschiedene aufeinander abgestimmte Maßnahmen vorgesehen: 706 Stahlbau 77 (2008), Heft 10 Am Bau Beteiligte: Bauherr PalaisQuartier GmbH & Co. KG, vertreten durch die Bouwfonds MAB PalaisQuartier GmbH, Frankfurt Architekten KSP Engel und Zimmermann GmbH, Frankfurt Massimiliano Fuksas Architekten, Frankfurt/Rom (Zeilforum) Tragwerksplanung – Bauteile A, B, C, D, T Arbeitsgemeinschaft Krebs und Kiefer sowie Weischede, Herrmann und Partner − Bauteil D: Dachtragwerk und Sonderfassaden Krebs und Kiefer GmbH, Darmstadt sowie Knippers und Helbig Beratende Ingenieure, Stuttgart Projektsteuerung Drees & Sommer GmbH, Frankfurt Fassadenplanung IFFT – Institut für Fassadentechnik, Frankfurt Bauphysik Ingenieurbüro für Bauphysik von Rekowski und Partner, Weinheim Brandschutz HHP Berlin, Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Berlin Gutachten für Wind- und Schneelasten: I.F.I. Institut für Industrieaerodynamik GmbH, Institut an der Fachhochschule Aachen 696-707_Stroetmann (1164) 26.09.2008 9:22 Uhr Seite 707 R. Stroetmann/R. Istel/D. Hanek · PalaisQuartier Frankfurt: Zeilforum – Planung und Ausführung der architektonischen Gebäudehülle Dachreinigung Bauteil D: TAW Thomas A. Weisse + Partner, Hamburg Schweißtechnische Überwachung ISIB – Institut für Schweißtechnik und Ingenieurbüro Dr. Möll GmbH, Darmstadt Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Carl Alexander Graubner, Frankfurt Bauausführung Dach und Sonderfassaden Waagner Biro Stahlbau AG, Wien/Österreich Abbildungen und Fotos Bilder 1, 2, 3, 4 – Bouwfonds MAB Development GmbH Bilder 5, 7, 8, 9, 10, 11, 13, 14, 15b, 16, 17, 18 – Krebs und Kiefer, Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Darmstadt Bild 6 – M Fuksas Arch, Frankfurt, Rom Bild 12 – I.F.I. Institut für Industrieaerodynamik GmbH, Institut an der Fachhochschule Aachen Bild 15a – TAW Thomas A. Weisse + Partner, Hamburg Literatur [1] DIN EN 1993: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1–8: Bemessung von Anschlüssen (Ausgabe Juli 2005) [2] DIN EN ISO 5817: Schmelzschweißverbindungen an Stahl, Nickel, Titan und deren Legierungen (ohne Strahlschweißen) – Bewertungsgruppen von Unregelmäßigkeiten (Ausgabe Oktober 2006) [3] DIN EN ISO 12944: Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme (Ausgabe Juli 1998) Autoren dieses Beitrages: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Richard Stroetmann, Institut für Stahl- und Holzbau, Technische Universität Dresden. Geschäftsführer der Krebs und Kiefer GmbH, Darmstadt. Projektleiter für Dachtragwerk und Sonderfassaden; Dipl.-Ing. Roger Istel, Leitender Ingenieur der Krebs und Kiefer GmbH, Darmstadt. Tragwerksplaner beim PalaisQuartier; Dipl.-Ing. Dieter Hanek. Geschäftsführer der Krebs und Kiefer GmbH, Darmstadt. Gesamtprojektleiter für die Tragwerksplanung beim PalaisQuartier Stahlbau 77 (2008), Heft 10 707 Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Berlin Rudi-Dutschke-Straße 9 10969 Berlin Telefon (030) 21 73 42-0 Telefax (030) 21 73 42-11 E-Mail: [email protected] Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Darmstadt Hilpertstraße 20 64295 Darmstadt Telefon (0 61 51) 885-0 Telefax (0 61 51) 885-150 E-Mail: [email protected] Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Erfurt Am Seegraben 2 99099 Erfurt Telefon (03 61) 4 20 64-0 Telefax (03 61) 4 20 64-12 E-Mail: [email protected] Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Freiburg i. Br. Habsburgerstraße 125 79104 Freiburg i. Br. Telefon (07 61) 2 96 66-0 Telefax (07 61) 2 96 66-50 E-Mail: [email protected] Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure Niederlassung Dresden Karcherallee 25 01277 Dresden Telefon (03 51) 25 09 68-0 Telefax (03 51) 25 09 68-29 E-Mail: [email protected] Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure Niederlassung Koblenz Roonstraße 49 − 51 56068 Koblenz Telefon (02 61) 2 93 56-10 Telefax (02 61) 2 93 56-08 E-Mail: [email protected] Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure Niederlassung Leipzig Trufanowstraße 2 04105 Leipzig Telefon (03 41) 5 83 04-30 Telefax (03 41) 5 83 04-55 E-Mail: [email protected] Besuchen Sie uns auch im Internet unter www.kuk.de Krebs und Kiefer Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Karlsruhe Karlstraße 46 76133 Karlsruhe Telefon (07 21) 35 08-0 Telefax (07 21) 35 08-211 E-Mail: [email protected]