Skript Vorlesung zu Physik III - Integrierter Kurs Fachbereich Physik an der Universität Konstanz gelesen von Prof. Dr. Georg Maret und Prof. Dr. Matthias Fuchs bearbeitet von Maximilian Thaller Stand: 15. November 2010 Dieses Skript ist eine Mitschrift der Vorlesung Physik III: Integrierter Kurs an der Universität Konstanz (Wintersemester 2010/2011) gelesen von Prof. G. Maret (Experimentalphysik) und Prof. M. Fuchs (theoretische Physik). Integrierter Kurs Physik III Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis I Optik 3 1 Wiederholung der Elektrodynamik 1.1 Die Maxwell-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Homogene Maxwell-Gleichungen . . . . . . . . 1.1.2 Inhomogene Maxwell-Gleichungen . . . . . . . 1.2 Vakuum-Polarisierbarkeit und Vakuum-Permeabilität . 1.3 Superposition und Komplexifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 3 5 7 7 2 Elektromagnetische Wellengleichung 2.1 Lichtgeschwindigkeit c . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Exkurs zur skalaren Wellengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Transversalität elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Energiedichte elektromagnetischer Felder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Energiedichte und Energiestromdichte ebener elektromagnetischer Wellen 2.6 Polarisation ebener elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 9 9 12 14 15 17 3 Charakteristische Eigenschaften von elektromagnetischer Strahlung 3.1 Der oszillierende Dipol als Quelle elektromagnetischer Strahlung . . . . . . . . . . . . 3.2 Licht besteht aus Photonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 18 19 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Brechungsindex und Dispersion 19 4.1 Maxwell-Gleichungen und elektromagnetische Wellengleichung in dielektrischer Materie 19 4.2 Makroskopische Definition des Brechungsindex n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.3 Lorentz-Modell zur Dispersion n(λ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4.4 Absorbtion und Imaginärteil von n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.5 Brechungsindex für Matrie, n > 1 (nicht n ≈ 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.5.1 Isolatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.5.2 Metalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 5 Lichtausbreitung in optisch anisotropen Medien 5.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Brechungsindexellipsoid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 26 27 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen 6.1 Wiederholung: Feldverhalten an Grenzflächen . . . . . 6.2 Energiefluss durch eine Grenzfläche . . . . . . . . . . . ~=E ~ ×H ~ . . . 6.2.1 Verhalten des Poyntingvektors S 6.2.2 Zeitlich gemittelter Energiefluss . . . . . . . . . 6.3 Brechungs- und Reflexionsgesetze . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Kinematische Einschränkungen . . . . . . . . . 28 29 30 30 31 31 32 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Integrierter Kurs Physik III 6.3.2 6.3.3 Inhaltsverzeichnis Reflexions- und Transmissionkoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzwinkel αT der Totalreflexion am optisch dünnen (d.h. n2 < n, n < 1) Material . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 33 37 Integrierter Kurs Physik III 1 Wiederholung der Elektrodynamik Teil I Optik Dieses Kapitel befasst sich mit Licht als elektromagnetischer Welle. Hierbei werden die MaxwellGleichungen angewendet. Die Erzeugung und Vernichtung (Absorption) des Lichtes wird kaum diskutiert werden, da hierfür Kenntnisse aus dem Bereich der Quantenmechanik nötig sind. Außerdem wird keine Diskussion physiologischer Aspekte, wie beispielsweise des Auges oder des Gehirns stattfinden. Als Literaturhinweis zum theoretischen Anteil dieses Kapitels sei das Buch „Arnold Sommerfeld, Vorlesungen über theoretische Physik“, Band IV: Optik, welches im Verlag Harri Deutsch erschienen ist, empfohlen. 1 Wiederholung der Elektrodynamik 1.1 Die Maxwell-Gleichungen Die Maxwell-Gleichungen sind partielle Differentialgleichungen für Vektorfelder. Sie beschreiben alle elektromagnetischen Phänomene, einschließlich der Optik. In diesem Zusammenhang sind die folgen~ r, t) ist das magnetische Feld, H(~ ~ r, t) ist die magnetische Erregung, den Vektorfelder relevant. B(~ ~ ~ E(~r, t)bezeichnet das elektrische Feld und D(~r, t) ist das elektrische Erregungs- oder Verschiebungsfeld. Der Nabla-Operator fasst die partiellen Ableitungen der einzelnen Komponenten zusammen: ∂ ∂x ∂x ∂ = ∂y . ∇ = ∂y ∂ ∂z ∂z Man kann sagen, dass der Nabla-Operator ein Vektor der partiellen Ableitungen ist. 1.1.1 Homogene Maxwell-Gleichungen Die homogenen Maxwell-Gleichungen beschreiben Bedingungen, die elektromagnetische Felder erfüllen müssen. ~ r, t) ist divergenzfrei. 1. Das Magnetfeld B(~ Dies wird in differentieller Form durch ~ r, t) = ∇ · B(~ ~ r, t) = ∂Bx + ∂By + ∂Bz = 0 divB(~ ∂x ∂y ∂z ausgedrückt. Die integrale Form der Gleichung ist Z I ~ r, t) = ~ r, t) 0 = d3 r∇B(~ d~o · B(~ V ∂V I ˆ · B(~ ~ r, t), = do ~n ∂V 3 (1) (2) Integrierter Kurs Physik III 1 Wiederholung der Elektrodynamik wenn man den magnetischen Fluss durch ein beliebiges Volumen V mit geschlossener Oberfläche ∂V und Normaleneinheitsvektor ~o zur Oberfläche (cf. Abb. 1) betrachtet. Hierbei wurde der Gauß’sche Satz verwendet. Betrachtet man den magnetischen Fluss durch eine Fläche A (cf. Abb 2), so gilt Z Z Z ~ ~ d~o · B(~r, t) = d~r ~n · B(~r, t) = dydy Bz (~r, t) (3) A A Die erste Maxwell-Gleichung besagt also, dass der magnetische Fluss durch eine geschlossene Abbildung 2: Beliebige Fläche A in der x-yEbene, durch die ein magnetischer Fluss betrachtet wird. Abbildung 1: Beliebiges Volumen V , durch welches ein magnetischer Fluss betrachtet wird. ~ Oberfläche ∂V eines beliebigen Volumens V verschwindet, das B-Feld ist also quellenfrei. 2. Das Faraday’sche Induktionsgesetz ~ Für die differentielle Form überlegt man sich, dass ein zeitlich veränderliches B-Feld ein elektri~ sches E-Feld erzeugt. Es gilt also ~˙ r, t) = − ∂ B(~ ~ r, t) = ∇ × E(~ ~ r, t) = −B(~ ~ r, t). rotE(~ ∂t (4) ~ durch Für die integrale Form betrachtet man einen zeitlich veränderlichen magnetischen Fluss B eine feste Fläche A mit geschlossenem Rand ∂A und Normaleneinheitsvektor ~o. Es gilt Z Z Z d da A fest ~˙ r, t) ~ r, t) (4) d~o · B(~ = d~o · B(~ = − d~o ∇ × E dt A A A I Stokes’scher Satz ~ r, t). = − d~s · E(~ (5) ∂A Man erhält das Linienintegral über den geschlossenen Rand ∂A. 3. Elektromagnetische Potentiale ~ und Die homogenen Maxwell-Gleichungen (1) und (4) sind erfüllt, wenn das elektrische Feld E 4 Integrierter Kurs Physik III 1 Wiederholung der Elektrodynamik ~ durch eine konstante Fläche A mit geschlossenem Abbildung 3: Ein sich zeitlich änderndes Magnetfeld B Rand ∂A. ~ aus einem skalaren (elektrischen) Potential ϕ(~r, t) und einem (magnetidas magnetische Felt B ~ r, t) bestimmt sind über schen) Vektorpotential A(~ ~˙ = −∇ϕ − A ~ = ∇ × A. ~ E ~ B (6) (7) Beweis: ~ = ∇·(∇× A) ~ = 0, sowie dass ∇× E ~ +B ~˙ = Man kann sich komponentenweise überlegen, dass ∇· B ~˙ + ∂t (∇ × A) ~ = 0, da schon ∇ × (−∇ϕ) = 0. ∇ × (−∇ϕ − A) 1.1.2 Inhomogene Maxwell-Gleichungen ~ und D ~ Die inhomogenen Maxwell-Gleichungen beschreiben, wie elektromagnetische Erregungen H aus „externen“ (oder „freien“ oder „experimentell kontrollierbaren“) Ladungsdichten %ext (~r, t) und Stromdichten ~j ext (~r, t) erzeugt werden. 1. Elektrische Ladungen ~ wird durch externe elektrische Ladungen erzeugt. In difDie elektrische Verschiebungsdichte D ferentieller Form ausgedrückt bedeutet dies ~ r, t) = %ext (~r, t). ∇ · D(~ In integraler Form haben wir Z d3 r %ext = V Gauß’scher Satz = Z ~ Qext (t) = d3 r ∇ · D V I ~ r, t). d~o · D(~ ∂V 5 (8) (9) Integrierter Kurs Physik III 1 Wiederholung der Elektrodynamik Abbildung 4: Festes Volumen V , welches elektrische Ladungen beinhalten soll. Dabei betrachten wir ein Volumen V , welches die externe Ladung Qext beinhaltet. Die Ladungen im Volumen V erzeugen einen elektrischen Fluss durch die geschlossene Oberfläche ∂V von V . Ladungen sind also Quellen des elektrischen Feldes. 2. Maxwell’sches Verschiebungsgesetz ~ wird durch externe Stromdichten und Maxwell’schen VerschieDie magnetische Erregung H ~ bungsstrom D erzeugt. In differentieller Form heißt das ~˙ r, t). ~ r, t) = ~j ext (~r, t) + D(~ ∇ × H(~ In der integralen Form haben wir Z Z ~˙ = ~ d~o · (~j ext + D) d~o ∇ × H A A Stockes’scher Satz (10) I = ~ d~s · H. (11) ∂A Hierbei kann man beispielsweise einen Kondensator der Fläche A betrachten, innerhalb dessen ~ herrscht. Dieser Kondensator ist in einen Leiter mit der das elektrische Verschiebungsfeld D ext ~ erzeugt, integriert. Maxwell forderte die ~ Stromdichte j , welche die magnetische Erregung H ~ ~˙ Stetigkeit des H-Feldes und folgerte daraus die Existenz des Verschiebungsstroms D. Bemerkung: • Die Maxwell-Gleichungen sind acht gekoppelte lineare partielle Differentialgleichungen für zwölf Feldkomponenten (Ex , Ey , ...) bei gegebenen Ladungs- und Stromdichten %ext und ~j ext . Die Maxwell-Gleichungen sind also nicht geschlossen, legen die Felder also nicht eindeutig fest. ~ und %, ~j wird später noch behandelt werden. • Der Zusammenhang zwischen ϕ, A 6 Integrierter Kurs Physik III 1 Wiederholung der Elektrodynamik Abbildung 5: In einen Leiter integrierter Kondensator, bei welchem die magnetische Erregnung untersucht wird. 1.2 Vakuum-Polarisierbarkeit und Vakuum-Permeabilität Werden Ladungen oder Ströme im Vakuum betrachtet, so gilt ~ = ε0 · E ~ D und ~ = 1 · B, ~ H µ0 wobei ε0 die Vakuum-Polarisierbarkeit und µ0 die Vakuum-Permeabilität ist. 1.3 Superposition und Komplexifizierung Da die Maxwell-Gleichungen linear sind, ergeben sich nützliche Folgerungen zur Vereinfachung im Vakuum. ~ (n) und B ~ (n) für n = 1, 2, ... Lösungen der Maxwell-Gleichungen zu %(n) und ~j(n) und sind Seien E cn ∈ C Zahlen, so lösen die Superpositionen X ~ = ~ (n) , E cn E (12) n ~ B X = ~ (n) cn B (13) n wieder die Maxwell-Gleichungen mit %= X cn %(n) , (14) n ~j = X cn~j(n) . n 7 (15) Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung Beweis: ~ ∇×B ∇× = X ~ (n) = cn B n M.-G. = µ0 X X ~ (n) ) cn (∇ × B n X X ˙ ~˙ (n) ) = µ0 ~ (n) cn (~j(n) + ε0 E cn~j(n) + µ0 ε0 cn E n = n n ~ µ0~j + µ0 ε0 E Die anderen Maxwell-Gleichungen kann man analog nachrechnen. Bemerkung: ~ = P cn E ~ (n) heißt Superposition. • E n • Das Superpositionsprinzip ist eine Folge aus der Linearität der Maxwell-Gleichungen. ~ (1) und E ~ (2) , sowie B ~ (1) und B ~ (2) Lösungen zu %(1) , %(2) und ~j(1) , ~j(2) . Dann folgt, dass Seien E ~ =E ~ (1) + iE ~ (2) , E ~ =B ~ (1) + iB ~ (2) B (16) (17) (also c1 = 1 und c2 = i) Lösungen der Maxwell-Gleichungen zu % = %(1) + i%(2) und ~j = ~j(1) + i~j(2) sind. Beweis: s.o. ~ r, t) = E ~ 0 · cos(~k · ~r − ωt) an. Man wendet diese Komplexifizierung bei reellen Felder der Gestalt E(~ Sie können auf diese Weise mit komplexen Feldern dargestellt werden. Es gilt ~ (c) (~r, t) = E ~ (c,0) ei(~k·~r−ωt) ∈ C (E ~ (c,0) ∈ C3 ) E wobei da ja allgemein eix + e−ix ~ (c) + E ~ ∗ ) = <{E ~ (c) (~r, t)}, ~ r, t) = 1 (E E(~ (c) 2 = 2 cos(x) gilt. (18) (19) Bemerkung: • Häufig wird es vergessen, <{...} zu schreiben. Nur die reellen Felder sind physikalisch relevant. • Achtung: Bei nichtlinearen Ausdrücken verlangt diese komplexe Betrachtung, dass nur die explizit reellen (physikalischen) Felder eingesetzt werden. 2 Elektromagnetische Wellengleichung Nach Maxwell und Faraday induzieren sich zeitabhängige elektrische und magnetische Felder gegenseitig. 8 Integrierter Kurs Physik III 2.1 2 Elektromagnetische Wellengleichung Lichtgeschwindigkeit c Im ladungsfreien und stromfreien Vakuum gilt das Faraday’sche Gesetz (4), und somit ⇔ ~ + B) ~˙ ∇ × (∇ × E = 0 ˙ 2 ~ + µ0 ~ ~ −∇ E ∇×H = 0 ∇ (∇ · E | {z } | {z } ~˙ ~˙ ~ ∇×H=−ε 0 E+j=0 =0, da %=0) ⇔ ~ + ε0 µ0 E ~¨ −∇2 E = 0. (20) Setzt man die Vakuumlichtgeschwindigkeit c, gegeben durch c= √ 1 m ≈ 3 · 108 , ε0 µ0 s (21) in die obige Gleichung (20) ein, so ergibt sich die homogene Wellengleichung des elektrischen Feldes ∆− 1 c2 ∂ ∂t n ~ r, t) = 0. E(~ (22) Hierbei ist ∆ = ∇2 = ∂x2 + ∂y2 + ∂z2 der Laplace-Operator in kartesischen Koordinaten. Analog ergibt sich aus der Maxwell-Gleichung (10) (22) ⇔ ~˙ ~ − ε0 E) = 0 ∇ × (∇ × H ~ ~ )/µ0 − ∆ B + ε0 B ~¨ = 0 ∇( ∇ ·B } | {z µ0 (23) ~ =0, da B quellenfrei die homogene Wellengleichung des magnetischen Feldes 1 2 ~ ∆ − 2 ∂t B(~r, t) = 0. c (24) Bemerkung: Es ist eine Errungenschaft der Maxwell-Gleichung, dass man die Vakuumlichtgeschwindigkeit c genau berechnen kann und zu zeigen, dass Licht ein Welle ist. 2.2 Exkurs zur skalaren Wellengleichung Die homogene Wellengleichung für ein Skalarfeld ψ(~r, t) lautet 1 2 ∆ − 2 ∂t ψ(~r, t) = 0. v (25) Diese Gleichung kann beispielsweise die Ausbreitung von Schall in Wasser beschreiben. Im folgenden betrachten wir drei verschiedene Lösungen dieser Wellengleichung. 9 Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung 1. Ebene Wellen Hierbei verwenden wir den Lösungsansatz ψ(~r, t) = f+ (~k · ~r + ωt) + f− (~k · ~r − ωt) mit konstantem Vektor ~k und konstantem ω. Diese Funktion löst die Gleichung (25) für beliebige (zweimal stetig differenzierbare) Funktionen f± genau dann, wenn ω = ω(~k) = v · |~k| (26) gilt. Bemerkung: • ϕ± = ~k · ~r ± ωt heißt Phase. Es gilt ψ(~r, t) = f+ (ϕ+ ) + f− (ϕ− ). Meistens ist aber nur ϕ− interessant. ~ • k heißt Wellenvektor • ω heißt (Kreis-) Frequenz. • Die Beziehung (26) heißt Dispersionsrelation. • ψ heißt ebene Welle, weil für festes t = t0 die Flächen, auf denen ψ(~r, t = t0 ) = const gilt („Wellenfronten“) Ebenen sind, welche durch die Ebenengleichung ~k · ~r = const ⇒ ϕ± (~r, t = t0 ) = konst., bestimmt wird. Daraus folgt direkt, dass die Wellenfronten senkrecht zu ~k stehen (cf. Abb 6). Abbildung 6: ~k steht senkrecht auf den Wellenfronten 10 Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung • Abbildung 7: Mit der Phase ϕ+ liegt eine nach −~k laufende Erregung vor (links), mit der Phase ϕ− läuft die Erregung nach +~k (rechts). Aus den Bedingungen für Punkte gleicher Phase ϕ± (~r + ∆~r, t + ∆t) = ⇔ ~k · ∆~r = ϕ± (~r, t) ∓ω∆t, wobei ~r = ~r0 + ~v · ∆t, folgt, dass sich die Wellenfronten mit konstanter „Phasengeschwindigkeit“ ±v, wobei ω ω ~k (27) ~v = · = 2 ~k, k k k bewegen. • Bei dieser speziellen Lösung handelt es sich um die ebenen Wellen nach D’Alambert. Beweis: Es gilt 0 00 ∇ · ∇f± (~k · ~r ± ωt) = ∇ · ~kf± = k 2 f± , wobei f 00 (ϕ) = ∂ ∂ϕ 2 f (ϕ). Außerdem gilt 0 00 ∂t2 f± (~k · ~r ± ωt) = ∂t (±ω)f± = ω 2 f± . Setzt man diese beiden Gleichungen in (25) ein, so ergibt sich 2 ω2 k − f (~k · ~r ± ωt) = 0. 2 ± | {z v } =0, cf. (26) Bemerkung: Die Dispersionrelation (hier ω = kv) muss erfüllt sein, damit die homogene (d.h. quellenfreie) Wellengleichung nicht triviale (f± 6= 0) Lösungen besitzt. 2. Kugelwellen Kugelwellen sind radialsymmetrische Wellen ψ(~r, t) mit ψ(~r, t) = ψ(r = |~r|, t) = 11 1 (g+ (r + rt) + g− (r − rt)). r (28) Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung Der in (28) gegebene Funktionsterm löst die homogene Wellengleichung für skalare Felder (25). Kugelwellen haben Wellenfronten, welche Kugeloberflächen (|~r| = const) darstellen. Ihre Amplitude variiert mit 1r . Die Richtigkeit der Lösung lässt sich durch Einsetzen beweisen. Abbildung 8: Bei der Ausbreitung von Kugelwellen nimmt die Amplitude proportional zum Radius ab. 3. Ebene monochromatische Wellen Hier wird nun ein sehr wichtiger Spezialfall der ebene Wellen besprochen, bei dem f± periodisch ist. Das heißt f± (ϕ± = ~k · ~r ± ωt) = A± cos(~k · ~r ± ωt + δ± ). (29) Für festes ~r0 ist f± periodisch mit der Zeit, also f± (~r0 , t + mT ) = f (~r0 , t) mit Periode T = 2π ω = 1 ν und Frequenz ν = ω 2π . mit m = 0, ±1, ±2, ... Für festes t0 ist f± periodisch im Raum: f± (~r + ∆~r, t0 ) = f± (~r, t0 ), ˆ mit ∆x = 2π m = wenn ∆~r · ~k = 2πm, mit m = 0, ±1, ±2, .... Zur Vereinfachung setzt man ~k||~x k 2π λm. Die Welle breitet sich also in x-Richtung aus. Hierbei ist λ = k die Wellenlänge. Es folgt 2πv v = ω ν v = λν und vT = λ. λ= ⇔ 2.3 Transversalität elektromagnetischer Wellen Die elektromagnetischen Wellengleichungen (22) und (24) werden also durch ebene monochromatische Wellen ~ r, t) = E(~ ~ r, t) = B(~ ~ 0 · ei(~k·~r−ωt) = E ~ 0 · eiϕ E ~ 0 · ei(~k·~r−ωt) = B ~ 0 · eiϕ B (30) (31) ~ 0, B ~ 0 ∈ C3 . (Eigentlich E(~ ~ r, t) = <{E ~ 0 · ei(~k·~r−ωt) } etc., im folgenden wird <... aber immer gelöst mit E kommentarlos weggelassen werden.) Nun bleibt noch zu klären, warum (30) und (31) die Maxwell-Gleichungen (1), (4), (8) und (10) löst. 12 Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung ~ = 0 ⇒ i~k · E ~ 0 eiϕ = 0. Da eiϕ 6= 0, gilt • (8): ε0 ∇E ~k · E ~ 0 = 0. (32) ~ = 0 ⇒ i~k · B ~ 0 eiϕ = 0. Da eiϕ 6= 0, gilt • (1): ∇B ~k · B ~ 0 = 0. (33) ~˙ = −∇ × E ~ ⇒ (−iω B ~ 0 + i~k × E ~ 0 )eiϕ = 0. Da eiϕ 6= 0, gilt • (4): B ~ 0. ~ 0 = 1 · ~k × E B ω (34) ~ −E ~˙ = 0 ⇒ (ic2~k × B ~ 0 + iω E ~ 0 )eiϕ = 0. Da eiϕ 6= 0, gilt • (10): c2 ∇ × B 2 ~ 0 = − c ~k × B ~ 0. E ω (35) Aus (34) und (35) folgt 2 ~ 0 = − c ~k × (~k × E ~ 0 ) (33) E = ω2 ck ω 2 ~ 0. E Fazit: Ebene, monochromatische Wellen lösen die Maxwell-Gleichungen im Vakuum, sowie die elektromagnetische Wellengleichung. Außerdem sind sie „transversale Wellen“. Wir haben gesehen, dass ~ =E ~ 0 · eiϕ E und ~ =B ~ 0 · eiϕ , B sowie ϕ = ~k · ~r − ωt ω ~k · E ~0 = ck ~0 · B ~0 E ~ 0| |B = (34) = = (Dispersionsrelation) ~ ~0 0=k·B 0 1 ~ |E0 |. c Außerdem ist zu bemerken, dass ~k in Ausbreitungsrichtung zeigt. Bei elektromagnetischen Wellen steht das E-Feld immer senkrecht auf dem B-Feld und das E-Feld und das B-Feld schwingen in Phase. Abbildung 9 veranschaulicht dies grafisch. 13 Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung Abbildung 9: E-und B-Feld einer elektromagnetischen Welle. 2.4 Energiedichte elektromagnetischer Felder Die Energiedichte des elektrischen und des magnetischen Feldes kann durch we (~r, t) = wm (~r, t) = 1 ~ ~ r, t), · E(~r, t) · D(~ 2 1 ~ ~ r, t) · B(~r, t) · H(~ 2 (36) (37) beschreiben. Es gilt ∂we 1 ∂ ~ ~ 1 ~˙ ~ ~˙ ~ · D). ·D+E = (E · D) = (E ∂t 2 ∂t 2 ~˙ · E. ~ Damit haben wir ~˙ · E ~ =D ~˙ 0 εE ~ = ε0 εE ~˙ · D ~ = Eε ~ = εε0 εE ~ folgt E Aus D ∂we ~˙ ~ · D, =E ∂t (38) (39) und ebenso ∂wm ~˙ ~ · H. =B ∂t Nun benutzen wir die Maxwell-Gleichung (4) ~ rotE ~ · rotE ~ H (40) ~˙ = −B ~ |·H ~ ·B ~˙ = − ∂wm , = −H ∂t 14 (41) Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung und die Maxwell-Gleichung (10) ~˙ = ~j + D ~ rotH ~ |·E ~ +E ~ ·D ~˙ = ~j · E ~ + ∂we . = ~j · E ∂t ~ · rotH ~ E (42) Aus (41) und (42) ergibt sich ~ · rotH ~ −H ~ · rotE ~ E Wir nennen we + wm = wem ~ × H) ~ −dic(E ~ + ∂ (we + wm ). = ~j · E ∂t die Gesamtenergiedichte. Es gilt wem = = 1 ~ ~ ~ · H) ~ = ε0 (E 2 + c2 · B 2 ) (E · D + B 2 2 (43) (44) Definiton: Poyntingvektor ~ ist definiert als S ~=E ~ × H. ~ Der Poyntingvektor S ⇒ ∂wem ~ = −~j · E ~ + divS ∂t (45) ~ ist der Vektor der Energiestromdichte. Zur Verdeutlichung sei die obige GleiDer Poyntingvektor S chung in integraler Form dargestellt. Integration über ein Volumen V ergibt Z Z Z d 3 ~ ~ r, t)d3 r. wem (~r, t)d r + S(~r, t) · d~n = − ~j(~r, t) · E(~ (46) dt V ∂V V 2.5 Energiedichte und Energiestromdichte ebener elektromagnetischer Wellen Die Lösungen der homogenen Wellengleichungen (22) und (24) sind die komplexen Felder ~ c (~r, t) E ~ r −ωt) ~ 0 · ei(K·~ = E ~ 0 (cos(~k · ~r − ωt) + i · sin(~k · ~r − ωt)) = E und ~ c (~r, t) B = = ~ 0 · e(i(~k·~r−ωt) B 1~ ~ ~ k × E0 · ei(k·~r−ωt) . ω Mit ~ r, t) E(~ = = 1 ~ ~ ∗) (Ec + E c 2 ~ 0 · cos(~k · ~r − ωt) E ~ c} = <{E 15 Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung haben wir auch ~ r, t) = 1 ~k × E(~ ~ r, t) B(~ (47) ω Hierbei gilt natürlich stets die Dispersionsrelation ω = c·|~k| = 2πν. Es ergibt sich für die Energiedichten we (~r, t) = = ε0 ~ ~ r, t) E(~r, t) · E(~ 2 ε0 ~ c } + |E ~ c |2 ) (<{E 2 und wm (~r, t) = = = 1 ~ ~ r, t) B(~r, t) · B(~ 2µ0 1 1 ~ ~ ~ (k × E) · (~k × E) 2µ0 ω 2 ε0 1 ~2 E = E 2 = we (~r, t). 2µ0 c2 2 Die elektrische und die magnetische Energiedichte sind stets gleich groß. Die totale Energiedichte wem ist die Summe dieser beiden Energiedichten, also wem = we + wm = ε0 E 2 . (48) Mittelt man die totale Energiedichte über die Zeit (geschrieben als hwem iZeit ), so erhält man hwem iZeit ~ ⇒ S ε0 ~ 2 ε0 2 E = |E 0| 2 0 2 ~ ×H ~ = 1E ~ ×B ~ = 1 1E ~ × (~k × E) ~ = E µ0 µ0 ω ~k 1 = E 2 · ~k = ε0 E 2 c µ0 ω |~k| ~k = wem c . |~k| = (49) (50) Der Poyntingvektor beschriebt also den Fluss der elektromagnetischen Energiedichte entlang des Vektors ~k. Im zeitlichen Mittel folgt aus (50) ~ Zeit = hSi ε0 2 ~k E c . 2 |~k| (51) Am Ende dieses Abschnittes betrachten wir in Abbildung 10 einen abstrahlenden Dipol. Man sieht, dass die meiste Energie senkrecht zur z-Achse abgesendet wird. 16 Integrierter Kurs Physik III 2 Elektromagnetische Wellengleichung Abbildung 10: Leistungsabstrahlung eines oszillierenden Dipols. 2.6 Polarisation ebener elektromagnetischer Wellen 1. Lineare Plarisation: ~ 0 der Welle E ~ =E ~ 0 · ei(~k·~r−ωt) = E ~ 0 · ei(kz−ωt) zeigt immer in die gleiche Richtung Der Vektor E (mit positivem oder negativem Betrag), senkrecht zu ~eˆz (was hier auch die Ausbreitungsrichtung ist. Daher gilt auch ~k · ~r = kz). Wir haben also ~ = E0x~eˆx + E ~ 0y ~eˆy . E Beide Komponenten Ex = E0x · ei(kz−ωt) und Ey = E0y · ei(kz−ωt) sind immer in Phase. Man spricht dann von einer linear polarisierten Wellen. Die Abbildung 11 veranschaulicht dies. Abbildung 11: Linear polarisierte elektromagnetische Welle. 2. Zirkuläre Polarisation: Beträge von Ex und Ey sind gleich (E0x = E0y ) und beide Wellen sind um 90◦ phasenverschoben, 17 Integrierter Kurs Physik III 3 Charakteristische Eigenschaften von elektromagnetischer Strahlung ~ 0 dreht sich also. d.h. Ex = E0x · ei(kz−ωt) ; Ey = E0y · ei(kz−ωt+π/2) . Der summierte Vektor E Es gibt natürlich zwei Richtungen (rechtszirkular und linkszirkular). Dies wird in Abbildung 12 veranschaulicht (roter Pfeil). Abbildung 12: Linkszirkular polarisierte elektromagnetische Welle. 3. Elliptische Polarisation: Allgemeiner Fall, in dem die Beträge von Ex und Ey gleich sind (E0x = E0y ), beide Wellen aber um eine beliebige Phase ϕ verschoben sind, d.h. Ex = E0x · ei(kz−ωt) ; Ey = E0y · ei(kz−ωt+ϕ) . 3 3.1 Charakteristische Eigenschaften von elektromagnetischer Strahlung Der oszillierende Dipol als Quelle elektromagnetischer Strahlung ~ und des B-Feldes ~ Es werden aus dem Nahfeld Feldlinien des Eabgeschnürt, was zu Strahlung führt. Der Poyntingvektor zeigt in die Richtung dieser Abstrahlung und ist ein Maß für die Energiedichte. Beim Übergang von Nahfeld ins Fernfeld findet eine Phasenverschiebung um 90◦ statt. Das abgestrahlte Feld kann man durch r 2 ~k · ~r − ωt) P̈ t − sin(θ) P ω sin(θ) cos( 0 c ~ = |E| . = (52) 2 2 4πε0 c r 4πε0 c r | {z } allg. Darst. Das Dipolmoment ist dann gegeben durch p(t) = P0 cos(ωt) = qd0 cos(ωt), (53) wobei q die Ladung ist und d0 der maximal Abstand der schwingenden Ladungen. Wir erhalten für die winkelabhängige Energiedichte q 2 d20 omega4 sin2 (θ) r 2 S(t) = sin ω t − . (54) 16π 2 ε0 c3 r2 c 18 Integrierter Kurs Physik III 4 Brechungsindex und Dispersion Hierbei kommt r im Nenner quadratisch vor, weil die gesamte abgestrahlte Energie konstant ist. Durch jede Kugelschale, die man um den Dipol legt, dringt also gleich viel Feldenergie. Diese Kugelschalen wachsen aber proportional zu r2 . Schließlich kann man noch die über die Zeit t und θ gemittelte abgestrahlte Leistung P02 ω 4 (55) hPem it,θ = 12πε0 c3 angeben. 3.2 Licht besteht aus Photonen Besonders im höherenergetischen Bereich ist es nötig bei der Betrachtung der Erzeugung und Detektion von Licht Photonen einzuführen. Ein Photon hat die Energie E = hν mit dem Planck’schen h . Wirkungsquantum h = 6, 626 · 10−34 Js und dem Impuls p = h̄k = λh mit h̄ = 2π 4 4.1 Brechungsindex und Dispersion Maxwell-Gleichungen und elektromagnetische Wellengleichung in dielektrischer Materie Im Vakuum gelten bekanntlich die vier Maxwell-Gleichungen ~ rotE ~ rotB ~ divE ~ divB = − ~ ∂B ∂t ~ ∂E = µ0~j + ε0 µ0 ∂t % = 0 = 0 mit c0 = √ε10 µ0 . In Materie muss ε und µ noch beachtet werden. Folglich gilt c = gilt immer ε > 0, µ > 0. 4.2 √ 1 εε0 µµ0 = √c0 . εµ Es Makroskopische Definition des Brechungsindex n √ Der Brechungsindex n ist durch n = εµ oder alternativ auch (wie in vielen Büchern) durch n = cc0 definiert. Dringt licht in verschiedene dielektrische Medien ein, so ändert sich seine Frequenz nicht, die Wellenlänge aber schon, gemäß λMedium = λVakuum ; n kMedium = n · kVakuum . Bei der Wellenbetrachtung des Lichtes ist c0 , c die Phasengeschwindigkeit c = k ω , c0 = k ω . Mat. Vak. Anschaulich kann man sich den Vorgang, wenn eine elektromagnetische Welle in ein dielektrisches 19 Integrierter Kurs Physik III 4 Brechungsindex und Dispersion Medium eindringt, ungefähr folgendermaßen vorstellen. Die Welle trifft auf die erste Atomschicht, was dazu führt, dass sich kleine Dipole bilden. (Die Elektronenwolken werden etwas gegen den Kern ausgelenkt.) Es werden eigene Schwingungen erzeugt, was dazu führt, dass diese neu entstandenen Dipole eine Sekundärwelle abstrahlen. Diese Sekundärwelle überlagert sich mit der ursprünglichen Welle. Auf diese Weise entsteht eine Phasenverschiebung. Die elektrische Polarisation eines Mediums P~ kann beschrieben werden durch ~ P~ (t) = αE(t), (56) wobei α die Polarisierbarkeit (also eine Zahl) des Mediums ist. Die oben schon erwähnten Dipole (P~ ) erzeugen eine Sekundärwelle in gleicher Richtung wie die Primärwelle. Hierbei ist festzuhalten: • Die Sekundärwelle (im Fernfeld) eilt der Primärwelle um 90◦ voraus, weil ∆ϕ = 90◦ bei einer Dipolstrahlung, wie in Abschnitt 3.1 auf Seite 18 diskutiert. • Die Sekundärwelle hat eine sehr kleine Amplitude Ek , weil α 1. Bei der komplexen Betrachtung der E-Felder kann man dann die Primärwelle und die Sekundärwelle einfach addieren. Es gilt also für die Gesamtwelle X ~ res = E ~ prim + ~k. E E (57) k Im Weiteren Gilt für die resultierende Welle E0 E E = Eres · ei(ωt−kz) ∆t z = E · eiω(t− c0 −(n−1) c0 ) ∆z = E · eiϕ = E · eiω(n−1) c0 Bei der zweiten, der obigen Gleichungen kann man im Exponenten der e-Funktion noch gut den Teil des ungestörten Feldes t − cz0 und den Einfluss des Mediums (n − 1) ∆z c0 sehen. Für sehr kleine Phasenverschiebungen ϕ 1 kann man die Näherung e−iϕ = 1 − iϕ + ... anwenden. Damit bekommen wir “ ” iω t− cz E(z) = E0 · e | {z =Eprim 0 −iω(n − 1) } ∆z iω E0 · e c0 “ t− zz 0 ” . (58) Man sieht, dass in der Näherung vom Ursprünglichen Feld ein zweites (sekundäres) Feld abgezogen wird. Diese Näherung lässt sich beispielsweise bei Gasen gut anwenden, weil der Brechungsindex dort in der Regel sehr klein ist. 20 Integrierter Kurs Physik III 4.3 4 Brechungsindex und Dispersion Lorentz-Modell zur Dispersion n(λ) Dispersion bedeutet, dass der Brechungsindex n von der Wellenlänge λ des Lichtes abhängt. Im Lorentz-Modell werden einzelne Atome als Oszillator betrachtet. Im einfallenden elektrischen Feld werden die Atome zu Dipolen mit Dipolmoment p = −ex(t). Hierbei ist e natürlich die Elementarladung. (Um Verwirrungen zu vermeiden ist die Exponentialfnktion ex in diesem Abschnitt immer mit exp() notiert.) Man erhält die Bewegungsgleichung mẍ + bẋ + Dx = −eE0 exp(i(ωt − kz)). Mit der Substitution γ = b m (59) erhält man ẍ + γ ẋ + ω02 x = − e E0 exp(i(ωt − kz)) m (60) Wir erhalten die Differentialgleichung, die eine harmonische Oszillation unter äußerer Krafteinwirkung beschreibt. Ein solches Modell kann angewendet werden, da bei genügend kleinen Auslenkungen quasi alle Schwingungen näherungsweise harmonisch sind. Als Lösung für die Gleichung erhalten wir x(t) = x0 exp(iωt) am Ort z = 0 (Position des schwingenden Atoms) mit x0 = √ x(t) = − p e Em0 (ω02 − ω 2 )2 + γ 2 ω2 exp(i(ωt + ϕ)); (61) eE0 /m , ω02 −ω 2 )+iγω also insgesamt tγϕ = − γω . ω02 − ω 2 (62) Hierbei ist ϕ dann der Phasenunterschied zwischen E und P . Vergleiche hierzu auch Abschnitt 3.1. Das Fernfeld des abstrahlenden Dipols p = −ex(t) im Abstand r ist eω 2 x0 r E0 = − exp iω . (63) 2 4πε0 c0 r c0 Nun wollen wir die soeben angestellten Betrachtungen auf viele Dipole ausweiten. Deshalb untersuchen R wir jetzt alle Dipole in der Scheibe ∆z N dA. Vergleiche auch Abbildung 13. Für das Gesamtfeld E(z) gilt (im Schritt von der ersten zur zweiten Zeile wird genutzt, dass %d% = rdr, siehe Abb. 13) Z ∞ exp −iω r 2 c0 eω x0 exp(iωt) E(z) = − ∆z N 2π%d% 4πε0 c20 r 0 Z ∞ eω 2 x0 exp(iωt) r = − ∆z N exp −iω dr 2 2ε0 c0 c 0 r=z ∞ eω 2 x0 exp(iωt) r c0 = − ∆z B exp −iω 2ε0 c20 iω c0 z iωex0 N ∆z z = exp iω t − . 2ε0 c0 c0 21 Integrierter Kurs Physik III 4 Brechungsindex und Dispersion Abbildung 13: Schicht der Dicke ∆z des Mediums mit Dipolen. 0 /m Jetzt wird noch x0 = − (ω2 eE aus dem Lorentz-Modell eingesetzt. Beachte, dass jetzt r = z. −ω 2 )+iγω 0 E(z) = −iω ∆z r N e2 E exp iω t − . 0 c0 2ε0 m((ω02 − ω 2 ) + iγω) c0 (64) Wir setzten jetzt die Gleichungen (58) und (64) gleich. Damit erhalten wir n=1+ N e2 = n(ω) − ω 2 ) + iγω (65) 2ε0 m((ω02 Hierbei ist m nach wie vor die Masse eines Elektrons. Das Lorentz-Modell geht von genau einer Resonanzfrequenz aus. In Wirklichkeit haben Atome aber viele Resonanzfrequenzen. Hierin liegt eine Schwäche des Modells. 4.4 Absorbtion und Imaginärteil von n Gemäß der soeben gefunden Beziehung (65) gilt auch n(ω) = 1 + N e2 ((ω02 − ω 2 ) − iωγ) = n0 − iκ = <(n) − i(−=(n)) 2ε0 m((ω02 − ω 2 )2 + ω 2 γ 2 ) Daraus folgt ∆z ∆z exp iω(n0 − 1) exp(i(ωt − k0 z)) . E(z) = E0 exp −ωκ c0 c0 | {z }| {z } Dämpfung (66) Welle c0 Man kann die Absorbtionsläne ωκ = k01κ sehen. Über diese Länge fällt die Welle auf das (Hier ist e schon die Euler’sche Zahl). Die Intensität einer Welle ist ja gegeben durch I = c0 ε0 |E|2 . 22 1 e fache ab Integrierter Kurs Physik III 4 Brechungsindex und Dispersion Mit dem Absorbtionskoeffizienten α gilt I(z) = I0 exp(−αz). Daraus folgt α= 4π κ = 2k0 κ. λ0 (67) Nun haben wir auch die Dispersionrelation n0 = κ = 4.5 N e2 ω02 − ω 2 2 2ε0 m (ω0 − ω 2 ) + γ 2 ω 2 2 Ne jω 2ε0 m (ω02 − ω 2 ) + γ 2 ω 2 1+ (68) (69) Brechungsindex für Matrie, n > 1 (nicht n ≈ 1) In deisem Abschnitt wollen wir also etwas dichtere Matrie betrachten. Wir beginnen mit der Materialgleichung ~ = ε0 εE ~ = ε0 E ~ + P~ . D (70) Bisher haben wir die elektrische Polarisation P~ als sehr klein betrachtet. Das machen wir jetzt nicht mehr. Wir setzen außerdem µ = 1, betrachten also ein nicht magnetisches Material. Wir setzen also die Maxwell-Gleichungen ~ rotE ~ rotB = − ~ ∂B ∂t (71) ~ ~ ∂D = µ0 j + ∂t |{z} (72) = % (73) = (74) neu ~ div D |{z} neu ~ divB 0 mit den gekennzeichneten neuen Termen voraus. Damit taucht P~ in der Wellengleichung auf. 4.5.1 Isolatoren ~ Aus Bei Isolatoren gilt ~j = 0, % = 0, da σ = 0. (Zur Erinnerung: σ ist die Leitfähigkeit mit ~j = σ E.) (70) und (72) folgt ~ ~ ~ ~ = µ0 ∂ D = µ0 ε0 ∂ E + µ0 ∂ P rotB (75) ∂t ∂d ∂t 23 Integrierter Kurs Physik III 4 Brechungsindex und Dispersion und wir erhalten jetzt die Wellengleichung ~ = µ0 ε0 ∆E ~ ~ ∂2D ∂2E + µ 0 ∂t2 ∂t2 (76) ~ wobei α wieder die elektrische Polarisierbarkeit ist. Wir diskutieren die spezielle mit P~ = N αE, ~ = (Ex , 0, 0) ist. Dann ist Lösung dieser Gleichung, die eine ebene Welle mit ~k = (0, 0, kz ) und E ~ P = (Px , 0, 0), mit Px = N αEx = N αE0 ei(ωt−kz) , wobei N die Anzahl der Dipole pro Volumen ist. Wir setzen E−x und Px in die Wellengleichung (76) ein und erhalten −k 2 Ex = k2 = ⇒ Mit n = c0 k ω ω2 N α ω2 Ex − Ex 2 c0 ε0 c20 Nα ω2 1 + . c20 ε0 − erhalten wir n2 = 1 + Nα . ε0 (77) Im Lorentz-Modell hatten wir gefunden p= e2 E , m(ω02 − ω 2 + iγω) wobei sich p immer nur auf ein Atom bezieht, wegen p = αE. Es folgt α= ⇒ e2 m(ω02 − ω 2 + iγω) n2 = 1 + ε0 m(ω02 e2 N − ω 2 + iγω) (78) Für n → 1 geht dies in den Fall eines verdünnten Mediums über, der in Abschnitt 4.3 diskutiert wurde. 4.5.2 Metalle Bei Metallen gilt σ 6= 0, wegen der freien Elektronen. Jetzt ergibt sich aus (72) und dem Ohm’schen ~ als Wellengleichung Gesetz ~j = σ E ~ = ∆E ~ 1 ∂2E + c2 ∂t2 ~ ∂E µ0 σ | {z∂t} Dämpfungsterm 24 . (79) Integrierter Kurs Physik III 4 Brechungsindex und Dispersion An dieser Stelle wollen wir nicht diskutieren, welcher Teil der elektromagnetischen Welle tatsächlich in das Metalle indringt (das machen wir später), sondern nur, wie die Welle im Medium gedämpft wird. Wir betrachten also den Ansatz einer gedämpften Welle ~ t) = E0 e−α/2z ei(ωt−kz) . E(z, Hierbei ist α der Absorbtionskoeffizient. Es ist zu bemerken, dass die freien Elektronen im Metall keine Rückstellkraft spüren, d.h. die Resonanzfrequenz ω0 = 0. Unter Betrachtung von (78) folgt n2 = 1 − N e2 . ε0 m(ω 2 − iγω) (80) Die Dämpfung der Welle erfolgt weder der Stöße der Elektronenmit Gitterfehlstellen bzw. Gitterschwingungen (Drude-Modell). Die mittelere freie Weglänge werde hierbei mit l bezeichnet, die Geschwindigkeit der Elektronen sei ve und die Stoßzeit τ = vle = γ1 . Im Drude-Modell (hier ohne tiedere Begründung) gilt ⇒ σ = n2 (σ) = N e2 N e2 τ= m mγ σ/ε0 . 1+ iω(1 + iωτ ) (81) Diese Geleichung wollen wir nun für zwei Fälle diskutieren. 1. Hohe Frequenzen ωτ 1. Dann gilt n2 ≈ 1 − mit der Plasmafrequenz ωp = q σ ε0 τ 16 = q ωp2 σ/ε0 = 1 − ω2 τ ω2 N e2 ε0 m . A , Bei Kupfer gilt beispielsweise σ = 6 · 104 Vm τ = 2, 7 · 10−14 s und ωp = 1, 6 · 10 s. Die Plasmafrequenz ist die Frequenz, mit der das freie Elektronengas gegen die Ionenrümpfe schwingt (siehe Festkörperphysik). 2. Niedrige Frequenz und große Dämpfung ωτ 1. Es gilt r σ n ≈ (1 − i) = n0 − iκ 2ε0 ω r σ mit κ = . 2ε0 ω q 2σω Es gilt für den Absorbtionskoeffizienten α = 2k0 κ = mit k0 = ωc00 . Die Welle wird auf ε0 c20 q ε0 c20 einer Strecke δ = α1 = 2σω auf ihr 1/e-Faches abgeschwächt. Die Absorbtionslänge beträgt in Metallen typischerweise einige 10 nm. 25 Integrierter Kurs Physik III 5 5 Lichtausbreitung in optisch anisotropen Medien Lichtausbreitung in optisch anisotropen Medien 5.1 Überblick Bisher wurde in der Diskussion der Vektorcharakter der elektromagnetischen Welle vernachlässigt, da n isotrop war. Im allge~ Vektors ab, es ist meinen hängt aber n von der Richtung des Ealso n eine Funktion des Polarisationszustandes. Im folgenden breite sich die Welle (abweichend von früheren Diskussionen) in y-Richtung aus. Wie wir im Abschnitt 2.6 gesehen haben, lässt sich die Polarisation einer ebenen elektromagnetischen Welle wie in nebenstehender Abbildung darstellen. Hierbei definiert α die Orientierung der Ellipse in der Polarisationsebene (x,z). Die Bauchigkeit der Ellipse repräsentiert den Phasenwinkel ∆ϕ zwischen Ex und Ez . Es gilt also: Ex = Ex0 ei(ky y−ωt) , (82) i(ky y−ωt) (83) Ez = Ez0 e . Außerdem gilt tan(2α) = 2Ez0 Ex0 cos(∆ϕ) . 2 − E2 Ex0 z0 (84) Die vier Parameter Ex0 , Ez0 , α und ∆ϕ beschreiben den Polarisationszustand vollständig. Bemerkung: Im isotropen Medium wird k → nk, es ändert sich nichts am Polarisationszustand beim Durchgang durch das Medium. Es kann aber <(n) anisotrop sein, dann kann gelten 1. nx = ny 6= nz ⇒ uniaxiale Doppelbrechung 2. nx 6= ny 6= nz ⇒ 3. nrechts 6= nlinks ⇒ biaxiale Doppelbrechung zirkuläre Doppelbrechung, optische Aktivität. Auch =(n) = ˆ κ kann anisotrop sein, d.h. es kommt zu anisotroper Absorption. Hierbei kann gelten: 1. κx = κy 6= κz ⇒ linearer Dichroismus 2. κx 6= κy 6= κz ⇒ biaxialer Dichroismus 3. κrechts = κlinks ⇒ zirkularer Dichroismus Bemerkung: In all diesen Fällen ändert sich der Polarisationszustand der elektromagnetischen Welle beim Durchgang (bis auf Spezialfälle!). 26 Integrierter Kurs Physik III 5 Lichtausbreitung in optisch anisotropen Medien Abbildung 15: Bestandteile der em. Welle im isotropen Medium. Abbildung 14: Bestandteile der em. Welle im Vakuum. 5.2 Abbildung 16: Bestandteile der em. Welle im optisch anisotropen Medium ohne Ladung. Brechungsindexellipsoid Zunächst überlegen wir uns, wie die elektromagnetische Welle aussieht. Wir starten mit unseren Überlegungen bei den Maxwell-Gleichungen für elektromagnetische Wellen (im k-Raum). ~ ∇·B ~ ∇·D ~ i~k × H ~ i~k × E ~ =0⇒B ~ ⊥ ~k i~k · B ~ =0⇒D ~ ⊥ ~k = 0 ⇒ i~k · D ~ = −iω D ~ = iω B = 0 ⇒ (85) (86) (87) (88) Für µ = 1 folgt ~ =B ~ µ0 H ⇒ ~ k B. ~ H ~k × (~k × E) ~ = ~ µ0 ω~k × H Aus (88) folgt (87) = ~ −µ0 ω 2 D (89) Es gilt hierbei ~ = k 2 E cos(ϑ) = µ0 ω 2 D. |~k × (~k × E)| (90) Im allgemeinen ist ϑ 6= 0, damit die obige Gleichheit erfüllt ist. Man hat die Phasengeschwindigkeit 2 ~ kH ~ folgt die in Abbildung 16 eingezeichnete v = ωk und somit v 2 = ωk2 = E µcos(ϑ) . Mit vecB ⊥ ~k und B 0D ~ Somit ist der Poyntingvektor S ~=E ~ ×H ~ gegenüber ~k um den Winkel ϕ gekippt, Orientierung von H. also im allgemeinen nicht mehr parallel zur Ausbreitungsrichtung. Die Energie der Welle fließt also in eine andere Richtung als ~k! ~ = ε0 εE ~ ist ε also jetzt ein Tensor ε = ε̂, (da D ~ nicht parallel zu E). ~ Wir In der Beziehung D 27 Integrierter Kurs Physik III 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen betrachten also jetzt den Dielektrischen Tensor ε11 ε̂ = ε21 ε31 welcher diagonalisiert werden kann zu ε1 0 0 ε̂ = 0 ε2 0 0 0 ε3 ε13 ε23 , ε33 ε12 ε22 ε32 (91) ε−1 1 = 0 0 mit ε̂−1 0 ε−1 2 0 0 0 ε−1 3 (92) Gilt ε1 6= ε2 6= ε3 , so ist er biaxial, und bei ε1 = ε2 6= ε3 bzw. ε1 6= ε2 = ε3 bzw. ε1 = ε3 6= ε2 uniaxial. ~ ·D ~ = Aus der Forderung, dass die Energiedichte der Welle im Medium konstant sein soll, d.h. E konst. ≡ 1 folgt durch Einsetzen ~ · ε̂−1 · D ~ D oder ~ · ε−1/2 · D 0 ⇒ ε−1 1 0 0 0 ε−1 2 0 Dx2 ε−1 0 + ε1 0 0 ~ · ε−1/2 = 1 ·D 0 ε−1 3 Dy2 ε−1 0 ε2 = ε0 + Dz2 ε−1 0 = 1. ε3 (93) Wir haben also eine Ellipsoidengleichung für D erhalten. Die Axenlängen dieses Ellipsoiden (cf. Abbil√ √ √ dung 17) sind ε1 ε0 , ε2 ε0 und ε3 ε0 , d.h. n1 , n2 und n3 . Der Brechungsindex eines biaxial optisch anisotropen Mediums hat die Form eines Ellipsoiden mit den Hauptachsenwerten n1 , n2 und n3 . Nun gilt v2 ⇒ ⇒ n n2y n2x n2 + + z ε1 ε1 ε1 c2 wie oben E cos(ϑ) ED cos(ϑ) = = n2 µ0 D µ0 D2 D √ = c0 µ0 D = sqrtε0 = = 1= ~ D=1 ~ E· = 1 µ0 D2 n2y n2x n2 + + z . n1 n2 n3 (94) Wir sehen, dass auch der Brechungsindex ein Ellipsoid ist. Dieser Ellipsoid ist in Abbildung 18 veranschaulicht. 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen In den bisherigen Abschnitten wurde das Verhalten von elektromagnetischen Wellen in unendlich ausgedehnten Medien diskutiert. Nun soll der Übergang elektromagnetischer Wellen zwischen Materialien mit unterschiedlichen Material-Parametern betrachtet werden. 28 Integrierter Kurs Physik III 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen Abbildung 17: Ellipsoid der elektrischen Verschiebungsdichte Abbildung 18: a) Brechugsindexellipsoid, b) Schnitt durch den Brechungsindexellipsoid 6.1 Wiederholung: Feldverhalten an Grenzflächen Die Maxwell-Gleichungen gelten für Bereiche, in denen die Materialparameter ε, µ, σ etc. stetig sind. Material 1 und 2 seien beschrieben durch unterschiedliche Materialgleichungen. Eine Grenzfläche wird durch Grenzschicht mit Dicke dh, wo µ, σ, ... stetig sind, genähert. Annahme: Für dh → 0 bleiben die Felder und ihre zeitliche Ableitung endlich. • 1. Maxwell-Gleichung: ˆ · (B ~ = ~0 ⇒ ~n ~ (2) − B ~ (1) ) = ~0 ∇·B (95) ~ (2) := B(z ~ & 0, x, y). Die Normalkomponente von B ~ ist immer stetig Hierbei ist B • 2. Maxwell-Gleichung: ˆ × (E ~ +B ~˙ = ~0 ⇒ ~n ~ (2) − E ~ (1) ) = ~0 ∇×E (96) ~ sind immer stetig. Die Tangentialkomponenten von E • 3. Maxwell-Gleichung: ˆ · (D ~ = %ext ⇒ ~n ~ (2) − D ~ (1) ) = %F ∇·D (97) ~ ist stetig, oder falls dies keine Lösung der Materialgleichungen erlaubt, Die Normalkomponente D R springt sie um eine Oberflächenladung %F = limdh→0 A1 dV d3 r%ext . 29 Integrierter Kurs Physik III 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen • 4. Maxwell-Gleichung: ˆ × (H ~ = jext ~˙ ⇒ ~n ~ (2) − H ~ (1) ) = ~jF ~ +D ∇×H (98) ~ ist stetig, oder falls dies keine Lösung der Maxwell-Gleichungen Die Tangentialkomponente von H R und Materialgleichungen erlaubt, springt sie um den Oberflächenstrom ~jF = limdh→0 L1 dA d~o·~j. 6.2 6.2.1 Energiefluss durch eine Grenzfläche ~=E ~ ×H ~ Verhalten des Poyntingvektors S Abbildung 19: Energiefluss durch eine Grenzfläche. Wir betrachten den in Abbildung 19 dargestellten Zylinder an der Grenzfläche. Es gilt im Zylinder Energieerhaltung und somit Z I ~ ~ d3 r(∂t u + ~jext · E) = − d~o · S d V ∂ dV | {z } | {z } Energieänderung Energiefluss durch geschl. Oberfl. Z = ~− d~o · S − Mantel d→0 −→ Z Z ˆ) · S ~− do(−~n A1 ˆ · (S ~ (1) − S ~ (2) ) do ~n A Nun treffen wir die folgenden Annahmen. R dh→0 • u̇ ist endlich ⇒ dV d3 u̇ −→ 0. 30 Z ˆ·S ~ do ~n A2 (99) Integrierter Kurs Physik III ~ ist endlich ⇒ • S R Mantel 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen h→0 ~ d−→ d~o · S 0. • Für die Oberflächenstromdichte entlang der Oberfläche gilt Z Z dh→0 ~ k 3 ~ ~ d rjext · E −→ E d~o · ~jext . dV A Da A beliebig ist, folgt ˆ (S ~ (2) − S ~ (1) ) = −~jF · E ~ k. ~n ~ ist stetig oder springt um Joule’sche Wärme des Oberflächenstroms Dir Normalkomponente von S ~ mit jF . 6.2.2 Zeitlich gemittelter Energiefluss ~ B, ~ H ~ ∝ eiωt . Ist T = Bei einer monochromatischen elektromagnetischen Welle gilt E, der Schwingung, dann gilt Z T 2 ~ × <(H) ~ ~ dt<(E) hSi = = T 0 Z T ~ H/µ ~ 1 B= 0 ~ +E ~ ∗ ) × (B ~ +B ~ ∗ ). = dt(E 4T µ0 0 2π ω die Periode (100) ~ ×B ~ ∝ e2iωt , E ~∗ × B ~ ∗ ∝ e−2iωt und Da E Z T dte±2iωt = e±iωt − 1 = 0 0 folgt ε0 c2 ~ ∗ ~ <(E × B), (101) 2 ~ B ~ ∝ eiωt . Für transversale monochromatische Welle mit ~k · E ~ 0 = ~k · B ~0 ~ 0 = 0 und B ~ 0 = 1 ~k × E wenn E, ω folgt ! 2 ~k ε c 0 2 ~ = ~ < hSi |E| . (102) 2 ω ~ = hSi 6.3 Brechungs- und Reflexionsgesetze Wir betrachten eine ebene Grenzfläche zwischen zwei Medien 1 und 2, sowie eine einfallende elektromagnetische Welle, (welche im folgenden mit I für engl. „incoming“ indiziert werden wird). Es gehört ~ I und die Phase ϕI , zur reflektierten Welle E ~ R und die Phase ϕR und also zur einfallenden Welle E ~ zur transmittierten Welle ET und ϕT . Die Indizes werden auch in Abbildung 20 eingeführt. Das Material 1 (bei z < 0) sei o.B.d.A. ein ideales Dielektrikum. Die Felder in 1 und 2 müssen die Maxwell-Gleichungen und die Materialgleichungen lösen, sowie die in Abschnitt 6.1 diskutierten Stetigkeitsbedingungen erfüllen. Zur Vereinfachung betrachten wir eine ebene monochromatische Welle mit ϕi = ωi t − ~ki · ~r, i ∈ {I, R, T }. 31 Integrierter Kurs Physik III 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen Abbildung 20: Einfallende, reflektierte und transmittierte em. Welle. 6.3.1 Kinematische Einschränkungen Wegen der Stetigkeitsbedingungen müssen die Phasen an der Grenzfläche, also bei z = 0 gleich sein. (Es treten also etwaige Konstanten in den E-Vektoren auf.) ! ! ωI t − ~kI · ~r = ωR t − ~kR · ~r = ωT t − ~kT · ~rT (103) z=0 z=0 Die Gleichung (103) wenn das Licht „die selbe Farbe hat“, also ωI = ωR = ωT gilt. Wir sehen also, dass die Dispersionsrelationen ω = ω(k) in Material 1 und 2 zur Definition von Brechungsindizes ni (ω) verwendet werden können: ω ki (ω) = ni (ω), (104) c wobei für Medium 1 i ∈ {I, R} und für Medium 2 i = T . (A) Reflexion Die Gleichung (103) ist nur erfüllt für alle ~r|z=0 = (x, y, z = 0)T = ~rk , also Abbildung 21: Einfallende und reflektierte em. Welle. 32 Integrierter Kurs Physik III 6 ~kI · ~rk I k kI = ! Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen kIx x + kIy y = ~kR · ~rk k = kR . Die Tangentialkomponenten von ~kI ud ~kR müssen also gleich sein. Daraus kann man Aussagen über den Einfallswinkel α der Welle und ihren Ausfallswinkel α0 treffen. Es gilt ω k |~kI | = |~kI | · sin(α) = n · sin(α) c ω k 0 ~ ~ |kR | = |kR | · sin(α ) = n · sin(α0 ), c und smit folgt sofort α = α0 , bei der Reflexion gilt also „Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel“. (B) Brechung k k k Analog zum oberen Fall ist (103) nur erfüllt für alle ~r|z=0 , falls ~kI = ~kT mit Winkel |~kT | = Abbildung 22: Einfallende und transmittierte em. Welle. |~kT | sin(β). Wenn (zur Vereinfachung) das Medium 2 ein ideales Dielektrikum ist, d.h. |~kT | = ω c n2 , dann folgt das Brechungsgesetz nach Snellius n1 sin(α) ⇔ sin(α) = n2 sin(β) = n2 n sin(β) (mit) n = . n1 (105) Für n > 1 ist β < α, es findet also eine Brechung zum Lot hin statt, für n < 1 gilt β > α, die Welle wird also vom Lot weg gebrochen. 6.3.2 Reflexions- und Transmissionkoeffizienten In diesem Unterabschnitt wird es um die Frage gehen, wie viel von der einfallenden elektromagnetischen Welle durch eine Grenzfläche hindurch geht und wie viel zurück kommt. (A) Zunächst betrachten wir den Sachverhalt allgemein bei (zur Vereinfachung) senkrechtem Einfall k (⇒ α = 0) der Welle. Es folgt β = 0 und ~ki = 0. 33 Integrierter Kurs Physik III 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen ˆ = ~eˆz . Die Dispersionsrelation liefert Sei im folgenden ~n ˆ = ω n1~n ˆ = k1~n ˆ ~kI = kI ~n c ˆ = − ω n1~n ˆ = −k1~n ˆ, ~kR = −kR~n c ˆ = ω n2 (ω)~n ˆ = k2 (ω)~n ˆ. ~kT = kT ~n c in Medium 1: in Medium 2: Wir verwenden den Ansatz transversaler ebener monochromatischer Wellen. (1) z < 0: iωt ~ t) = e E(z, EIx EIy eik1 z 0 | {z } nach rechts laufende Welle cf. d’Alambert in 2.2 + ERx ERy eik1 z 0 | {z } (106) nach links laufende Welle Wir haben also ein Superposition von einer nach rechts laufenden und einer nach links laufenden Welle. Dies erfüllt die Maxwell-Gleichungen im idealen Dielektrikum 1, wenn ~ = 1 ~k × E ~ B ω −EIy ERy n 1 ~ t) = ⇒ B(z, eiωt EIx e−ik1 z + ERx eik1 z . (107) v 0 0 (2) z > 0: Für die nach rechts laufende Welle läuft die Diskussion im Wesentlichen analog. Es gilt ET x ~ t) = eiωt ET y e−ik2 z . (108) E(z, 0 Wir haben also eine transversale Welle −ET y n (ω) 1 2 ~ t) = ~k2 × E ~ = B(z, eiωt ET x e−ik2 z . ω c 0 (109) Damit sind die Maxwell-Gleichungen im Medium 2 erfüllt. Diese Ansätze sind so gewählt, dass die Stetigkeitsbedingungen bei z = 0 erfüllt werden können. Dies führen wir uns nochmal kurz vor Augen. ˆ·E ~ normal ist stetig, da ~n ~ i = 0 für i ∈ {I, R, T }. • D ˆ·B ~ normal ist stetig, da ~n ~ i = 0 für i ∈ {I, R, T }. • B 34 Integrierter Kurs Physik III 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen ~ tangential ist stetig, da EIx/y + ERx/y = ET x/y . • E ~ tangential ist stetig, da n1 (EI − ER ) = n2 ET . • H Man kann die Amplitudenfaktoren R = T = ER n1 − n2 1−n = = EI n1 + n2 1+n ET 2n1 2 = = EI n1 + n2 1+n (110) (111) ableiten, (wobei wieder n = n2 /n1 ist). Hierbei ist R die Reflexionsamplitude (Achtung: man verwendet auch häufig r!) und T die Transmissionsamplitude. ~ der einzelnen diskutierten Nun betrachten wir noch den über die Zeit gemittelten Energiefluss hSi Wellen. Es gilt ~I i = hS ~R i = hS ε0 ωc ~ 2 ˆ |EI | n1~n, 2 ε0 ωc ~ 2 2 ˆ |EI | |R| n1~n, − 2 | {z } (112) (113) ~ R |2 =|E ~T i = hS ε0 ωc ~ 2 2 ˆ. |EI | |T | <(n2 ) ~n {z } 2 | (114) ~ T |2 n2 ) =<(|E Hieraus kann man den Reflexionskoeffizienten r und den Transmissionskoeffizienten t folgern. r := t := ˆi ~R · ~n −hS = |R|2 ˆ ~ hSI · ~ni (115) ˆi ~T · ~n hS n + n∗ = |T |2 ˆi 2 hSI · ~n (116) Anschaulich ist der Reflexionskoeffizient r der relative Anteil des Energieflusses, der reflektiert wird und entsprechend ist t der relative Anteil des Energieflusses, der durch die Grenzfläche geht. Da (ohne ~jF (cf. hierzu Abschnitt 6.1)) S stetig ist, gilt r + t = 1 . (B) Anwendung: Sei Material 2 ein ideales Dielektrikum (d.h. n ∈ R). In der Abbildung 23 wird die Refelxionsamplitude, und in Abbildung 24 die Transmissionsamplitude, sowie der Regfelxionskoeffizient und der Transmissionskoeffizient qualitativ veranschaulicht. Man sieht einen Phasensprung (R < 0) der reflektierten Welle bei n > 1. Zahlenbeispiel: Luft-Glas: n ≈ 1, 5, r = 4%. Es liegt also eine geringe Reflexion vor. Für die Anwendung benötigt man oft den umgekehrten Fall. (Vergleiche Abbildung 25). Bei 35 Integrierter Kurs Physik III 6 Reflexion und Brechung elektromagnetischer Wellen Abbildung 24: Reflexionskoeffizient r und Transmissionskoeffizient t aufgetragen über n. Abbildung 23: Reflexionsamplitude R und Transmissionsamplitude T aufgetragen über n. Abbildung 25: Umgekehrt: Em. Welle vom dickeren ins dünnere Medium. 36 Integrierter Kurs Physik III Abbildungsverzeichnis vertauschter Rolle der Materialien folgt R0 T0 6.3.3 ⇒ r0 ⇒ t0 n2 − n1 = −R n1 + n2 2n2 n2 = = T n1 + n2 n1 = |R0 |2 = r 2 n1 n2 =t = T n2 n1 = Grenzwinkel αT der Totalreflexion am optisch dünnen (d.h. n2 < n, n < 1) Material k k Bei diesem Grenzwinkel αT müssen die Bedingungen ~kI = ~kT und ωI = ωT erfüllt sein, wobei ˆ + ~k k . Der senkrechte Anteil der transmittierten Welle ~kI = ~k ⊥ + ~k k und ~kT = ~k ⊥ + ~k k = k ⊥~n t I T T I T = = k |~kT |2 − |~kT | = (~kT⊥ )2 ω 2 ω 2 ω 2 k n22 − |kI |2 = n22 − n21 sin2 (α) c c c |~kI |2 (n2 − sin2 (α)) kann negativ werden, weil nach Annahme n < 1. Also gilt für α > αT (mit dem Grenzwinkel αT : ˆ mit Eindringtiefe l ∈ R, so dass die Felder in Material 2 sin(αT ) = n = n2 /n1 < 1), dass ~kT⊥ = −i n l ~ exponentiell abfallen. Es gilt dann ⊥ z E ∝ e−ikT z ∝ e− l . Bemerkung: • Die mathematische Lösung ∝ ez/l ist unphysikalisch, weil ja sonst das Feld im Medium exponentiell anwachsen würde. • Alle Energie wird reflektiert r(α > αT ) = 1, t(α > αT ) = 0. Abbildungsverzeichnis 1 2 3 4 5 6 7 Beliebiges Volumen V , durch welches ein magnetischer Fluss betrachtet wird. . . Beliebige Fläche A in der x-y-Ebene, durch die ein magnetischer Fluss betrachtet ~ durch Fläche A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnetfeld B Festes Volumen V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In einen Leiter integrierter Kondensator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~k steht senkrecht auf den Wellenfronten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewegung von Wellenfronten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 . . . wird. . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 5 6 7 10 11 Integrierter Kurs Physik III 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Abbildungsverzeichnis Kugelwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E-und B-Feld einer elektromagnetischen Welle. . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungsabstrahlung eines oszillierenden Dipols. . . . . . . . . . . . . . . . Linear polarisierte elektromagnetische Welle. . . . . . . . . . . . . . . . . . Linkszirkular polarisierte elektromagnetische Welle. . . . . . . . . . . . . . Schicht der Dicke ∆z des Mediums mit Dipolen. . . . . . . . . . . . . . . . Bestandteile der em. Welle im Vakuum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestandteile der em. Welle im isotropen Medium. . . . . . . . . . . . . . . . Bestandteile der em. Welle im optisch anisotropen Medium ohne Ladung. . Ellipsoid der elektrischen Verschiebungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . a) Brechugsindexellipsoid, b) Schnitt durch den Brechungsindexellipsoid . . Energiefluss durch eine Grenzfläche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfallende, reflektierte und transmittierte em. Welle. . . . . . . . . . . . . Einfallende und reflektierte em. Welle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einfallende und transmittierte em. Welle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reflexionsamplitude R und Transmissionsamplitude T aufgetragen über n. . Reflexionskoeffizient r und Transmissionskoeffizient t aufgetragen über n. . Umgekehrt: Em. Welle vom dickeren ins dünnere Medium. . . . . . . . . . 38 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 14 17 17 18 22 27 27 27 29 29 30 32 32 33 36 36 36