Depression - Institut für Allgemeinmedizin, Jena

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Wie können Ärzte in der Einzelpraxis, auf der Ebene eines Arztnetzes oder
in anderen Versorgungsmodellen die Qualität ihrer medizinischen Arbeit
messen, bewerten und verbessern? Antworten auf diese Frage gibt QISA,
das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung. Es beschreibt
und begründet eine Vielzahl von Messgrößen und ermöglicht das systematische Erfassen der Qualität in der Breite der ambulanten Versorgung. Im
Auftrag des AOK-Bundesverbandes hat das Göttinger „Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen“ (AQUA)
die Qualitäts­­indika­toren und das sie leitende System erarbeitet.
QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, die thematisch nach wichtigen Versorgungs­bereichen
und häufigen Krankheiten sortiert sind. Diese Bände werden nach und nach
im Rahmen einer Reihe veröffentlicht. Bislang sind erschienen:
Band A: QISA stellt sich vor
Band B: Allgemeine Indikatoren für regionale Versorgungsmodelle
Band C1: Asthma/COPD
Band C2: Diabetes mellitus Typ 2
Band C3: Bluthochdruck
Band C4: Rückenschmerz
Band C6: Depression
Band C7: Koronare Herzkrankheit
Band C8: Herzinsuffizienz
Band D: Pharmakotherapie
Band E1: Prävention
Band E2: Krebsfrüherkennung
Band F1: Hausärztliche Palliativversorgung
Weitere Informationen zu QISA unter www.QISA.de
Der Band C6 widmet sich der Behandlung von Patienten mit Depression.
Depressive Störungen gehören zu den häufigen Erkrankungen. Sie gehen
mit großem Leidensdruck für die Betroffenen und hohen Kosten einher.
Die ausgewählten Indikatoren helfen, Patienten mit Behandlungsbedarf zu
identifizieren und zu diagnostizieren. Sie geben Kriterien zur Patientenaufklärung und -information, zur psychotherapeutischen Intervention und auch
für andere Therapieprozesse wie etwa Medikation an die Hand. Ebenso zielen sie auf die regelmäßige Fortbildung von Hausärzten. Die Indikatoren sind
für strukturierte Qualitätszirkel geeignet und ermöglichen eine Evaluation
der hausärztlichen Versorgung depressiver Patienten in der Praxis und im
Versorgungsnetz.
ISBN: 978-3-940172-12-9
www.kompart.de
Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock
Depression
Qualitätsindikatoren für die
Versorgung von Patienten mit Depression
Autoren: Sven Schulz, Antje Freytag, Regine Chenot, Joachim Szecsenyi,
Edith Andres und Jochen Gensichen
C6
Band C6
– Das Qualitätsindikatorensystem
für die ambulante Versorgung
Depression
Qualitätsindikatoren für die Versorgung
von Patienten mit Depression
Sven Schulz, Antje Freytag, Regine Chenot, Joachim Szecsenyi,
Edith Andres und Jochen Gensichen
AQUA – Institut für angewandte
Qualitätsförderung und Forschung
im Gesundheitswesen GmbH
AOK-Bundesverband
QISA – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung
www.QISA.de
QISA ist ein Gemeinschaftsprodukt des AOK-Bundesverbandes GbR
und des
AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung
im Gesundheitswesen GmbH
„QISA – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung“ ist nicht identisch
und steht in keinem geschäftlichen Zusammenhang mit der eingetragenen Wortmarke QisA®,
die insbesondere für das „Qualitätsmanagement in sächsischen Arztpraxen“ geschützt ist.
Herausgeber:
Prof. Dr. med. Dipl.-Soz. Joachim Szecsenyi (Universitätsklinikum Heidelberg und AQUA-Institut)
[email protected]
Björn Broge (AQUA-Institut)
[email protected]
Johannes Stock
[email protected]
Autoren des Bandes C6 (Depression):
Dr. med. Sven Schulz (Universitätsklinikum Jena),
Dr. rer. pol. Antje Freytag (Universitätsklinikum Jena),
Dr. rer. pol. Regine Chenot (AQUA-Institut, bis 30.04.2012),
Prof. Dr. med. Dipl.-Soz. Joachim Szecsenyi (Universitätsklinikum Heidelberg, AQUA-Institut),
Dipl.-Psych. Edith Andres (AQUA-Institut),
Prof. Dr. med. Dipl.-Päd. Jochen Gensichen, MPH (Universitätsklinikum Jena)
Kontakt: [email protected]
Review:
Dr. med. Astrid Maroß (AOK-Bundesverband)
Adressen:
AOK-Bundesverband
Rosenthaler Straße 31
10178 Berlin
AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung
im Gesundheitswesen GmbH
Maschmühlenweg 8–10
37073 Göttingen
Universitätsklinikum Heidelberg
Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung
Voßstraße 2
69115 Heidelberg
© KomPart Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Berlin 2013
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Redaktion: Dr. Beatrice Wolter
Korrektorat: Dr. Ines Jape
Titelentwurf: Beatrice Hofmann
Titelbild: blende 10 - Fotolia.com
Grafik: Désirée Gensrich
Druck: Richter Druck, Elkenroth
Version 1.0; Erstauflage Februar 2013
ISBN: 978-3-940172-12-9
Depression
Vorwort
Vorwort der Herausgeber
Wer Versorgungsqualität messen und steuern will, braucht Qualitätsindikatoren. QISA,
das „Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung“, bietet sie an. Verteilt
auf über ein Dutzend Einzelbände umfasst QISA insgesamt mehr als 130 Qualitätsindikatoren, die mit System aus der Breite der ambulanten Versorgung ausgewählt sind. Der
vorliegende Band enthält die QISA-Indikatoren für Depression. Er umreißt zunächst die
Versorgungssituation und fasst zusammen, was hier aktuell als gute Versorgungsqualität
für Patienten mit Depression gilt. Aus diesem Qualitätskonzept werden die einzelnen
Qualitätsindikatoren abgeleitet und ausführlich beschrieben.
Zielgruppe von QISA sind in der Praxis tätige Ärztinnen und Ärzte. Unter ihnen spricht
das Qualitätsindikatorensystem insgesamt eher die hausärztlich Tätigen an. Einzelne
Bände richten sich aber auch an die fachärztlich Tätigen. QISA ist speziell für ärztliche
Kooperationen wie Qualitätszirkel, Arztnetze, medizinische Versorgungszentren oder
Hausarztverträge interessant. Besonders dort ist gemeinsame Arbeit an Transparenz und
Weiterentwicklung der Versorgungsqualität möglich, was QISA anregen, erleichtern und
unterstützen möchte.
QISA ist das Ergebnis langjähriger Zusammenarbeit zwischen dem AOK-Bundesverband
als Auftraggeber und dem AQUA-Institut, das die wissenschaftliche Erarbeitung der
Indikatoren verantwortet. Vorläufer von QISA sind die „Qualitätsindikatoren der AOK
für Arztnetze“, die schon im Jahr 2002 als interner Prototyp vorgelegt und dann in AOKPilotprojekten mit Arztnetzen praktisch erprobt wurden. Deshalb dienen Arztnetze in den
QISA-Bänden häufig als Referenzmodell. QISA baut also auf ein über längere Zeit gereiftes Konzept auf, das sich nun auch der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen zu
eigen gemacht hat:
„Eine stärkere Kooperation und Koordination in Arztnetzen könnte die Grundlage bilden für
eine gemeinsame Qualitätsverantwortung, die dann mit populationsbezogenen Indikatoren
gemessen werden kann.“ (Sachverständigenrat, Sondergutachten 2012, S. 227)
Solche populationsbezogenen Qualitätsindikatoren stellt QISA zur Verfügung. Ungeachtet des engen Bezugs zu Arztnetzen bei der Entwicklung von QISA möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass das System in allen Bereichen der ambulanten Versorgung
einsetzbar ist, ganz unabhängig von Praxisform oder Versorgungsmodell. QISA soll vielmehr alle geeigneten Nutzungsmöglichkeiten von Qualitätsindikatoren unterstützen. In
erster Linie denken wir dabei an die gemeinsame interne Arbeit von Ärztinnen und Ärzten mit dem Ziel, sich die Qualität ihrer Versorgung transparent zu machen und anhand
der gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwickeln. Für uns ist das der wesentliche erste
Schritt, um mit Qualitätsindikatoren vertraut zu werden und gemeinsame Qualitätsverantwortung im Sinne des Sachverständigenrats wahrzunehmen.
– Band C6, Version 1.0
3
Depression
Vorwort
Wer auf diese Weise gute Erfahrungen gesammelt hat, kann offener über weiterreichende Formen der Indikatorennutzung nachdenken, etwa externes Benchmarking oder die
Ermittlung qualitätsbezogener Vergütungsanteile (sogenanntes „pay for performance“).
QISA unterstützt auch diese Nutzungen, entbindet aber nicht davon, dafür eine eigene
Vorstellung von guter „performance“ samt der erforderlichen Spezifikationen zu entwickeln. Interne Vorerfahrungen und Vorarbeiten sind essentiell, wenn solch ambitionierte
Nutzungen nicht Gefahr laufen sollen, die Beteiligten zu überfordern und mehr Ängste
als Akzeptanz zu erzeugen.
QISA will deshalb in erster Linie den Einstieg in das Arbeiten mit Qualitätsindikatoren
erleichtern. Und die Neugier der Beteiligten auf das bislang weithin unbekannte Terrain
der ambulanten Versorgungsqualität lenken, um es systematisch mit Qualitätsindikatoren
auszuleuchten.
Wenn Sie mehr über QISA als Indikatorensystem erfahren möchten, laden wir Sie zur
Lektüre der Einführung (QISA-Band A) ein. Dort finden sich ein Überblick über die Module von QISA sowie Informationen zur Entstehungsgeschichte, zum Selbstverständnis von
QISA als Indikatorensystem und zur Methodik der Indikatorenentwicklung. Daneben
regen Thesen zur Umsetzung von Qualitätstransparenz sowie ein Abriss praktischer Einsatzmöglichkeiten für Qualitätsindikatoren zu Vertiefung und Diskussion an. Weiterführende Informationen zu QISA finden Sie daneben auch unter www.qisa.de.
Heidelberg/Göttingen/Freiburg, im Februar 2013
Joachim Szecsenyi
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Björn Broge
Johannes Stock
– Band C6, Version 1.0
Depression
Inhalt
Band C6
Depression
Qualitätsindikatoren für die Versorgung
von Patienten mit Depression
Sven Schulz, Antje Freytag, Regine Chenot, Joachim Szecsenyi,
Edith Andres und Jochen Gensichen
Begründung und Einordnung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Recherche und Auswahl der Qualitätsindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Übersicht über die ausgewählten Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Beschreibung der Qualitätsindikatoren für Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Indikator 1: Erfassung von Patienten mit Depression im hausärztlichen Bereich . . . . . . . 21
Indikator 2: Screening auf Depression bei Patienten mit Diabetes mellitus, KHK,
Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz . . 24
Indikator 3: Suizidalitätsabklärung bei Patienten mit Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Indikator 4: Patientenaufklärung/-information zu Selbsthilfe- und
Angehörigengruppen bei Patienten mit Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Indikator 5: Patienten mit Depression, die eine antidepressive
Pharmakotherapie durch den Hausarzt verordnet bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Indikator 6: Ausreichende Dauer der antidepressiven Pharmakotherapie
nach Remission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Indikator 7: Patienten mit Depression, die durch den Hausarzt eine
Empfehlung zur psychotherapeutischen Behandlung erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Indikator 8: Patienten mit schwerer depressiver Episode, die durch den
Hausarzt die Empfehlung zu einer Kombinationstherapie erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Indikator 9: Patienten mit anhaltender Depression ohne spezifische Therapie . . . . . . . . 49
Indikator 10: Verschreibung von Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa
bei Depression länger als vier Wochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Indikator 11: Hausärzte mit Fortbildung zur Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Anhang 1: Teilnehmer am Expertenpanel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
– Band C6, Version 1.0
5
Begründung und Einordnung des Themas
Depression
Begründung und Einordnung
des Themas
Depressive Erkrankungen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen und Erkrankungen in der medizinischen Versorgung (Murray et al. 1996). Trotz wesentlicher Fortschritte der medizinischen Versorgung von Patienten mit depressiver Erkrankung gibt
es noch deutliche Optimierungspotentiale, insbesondere im Bereich der abgestuften
(„stepped care“), vernetzten Versorgung („collaborative care“) zwischen hausärztlicher,
fachspezifischer und psychotherapeutischer Behandlung sowie der Indikationsstellung
für ambulante und stationäre Behandlungsmaßnahmen (NVL Depression 2011). Die Versorgung von Patienten mit depressiver Erkrankung ist eine interdisziplinäre Aufgabe
im Gesundheitswesen. Ausdruck dessen ist auch die 2009 erstmals veröffentlichte nationale Versorgungsleitlinie „Unipolare Depression“. 32 Fachgesellschaften, Berufsverbände
sowie Patienten- und Angehörigenvertreter legen darin relevante Empfehlungen für die
Versorgungskoordination und Evaluierung der Versorgungsqualität vor. Die primärmedizinisch-hausärztliche Ebene wird hier als entscheidend für eine gute Patientenversorgung
anerkannt.
Begriff Depression
Depressionen sind psychische Störungen, die durch einen Zustand deutlich gedrückter
Stimmung, Interesselosigkeit und Antriebsminderung über einen längeren Zeitraum
gekennzeichnet sind. Damit verbunden treten häufig verschiedenste, auch körperliche
Beschwerden auf (Cassano et al. 2002). Menschen mit Depression sind durch ihre Erkrankung meist in ihrer gesamten Lebensführung beeinträchtigt. Es gelingt ihnen nicht oder
nur schwer, alltägliche Aufgaben zu bewältigen, sie können unter starken Selbstzweifeln,
Konzentrationsstörungen und Grübelneigung leiden. Depressionen gehen also mit einem
hohen Leidensdruck einher, da diese Erkrankung in zentraler Weise das Wohlbefinden
und das Selbstwertgefühl von Patienten beeinträchtigt (Wittchen et al. 2000).
Klassifikation und
Depressive Störungen werden in der internationalen Klassifikation der ICD-10 als psychopathologische Syndrome mit einer Mindestdauer von zwei Wochen definiert und sind
in der Hauptkategorie der sogenannten „affektiven Störungen“ abgebildet (siehe Tab. 1).
Sie können aus einzelnen, wiederholt auftretenden oder dauerhaften Krankheitsphasen
(depressiven Episoden) bestehen.
Verlaufsformen der
Depression
Tabelle 1: Hauptkategorien affektiver Störungen nach ICD-10
6
F 30
Manische Episode
F 31
Bipolare affektive Störung
F 32
Depressive Episode
F 33
Rezidivierende depressive Störung
F 34
Anhaltende affektive Störungen
F 38
Andere affektive Störungen
F 39
Nicht näher bezeichnete affektive Störungen
– Band C6, Version 1.0
Depression
Begründung und Einordnung des Themas
Auf syndromaler Ebene werden unipolare depressive Störungen von bipolaren Störungen
bzw. den manischen, gemischten oder hypomanen Episoden und der Zyklothymie abgegrenzt. Bei unipolaren depressiven Störungen kommen somit keine Phasen gehobener
Stimmung vor.
Die Hauptkriterien unipolarer depressiver Störungen sind depressive, gedrückte Stimmung, Interessenverlust und Freudlosigkeit bzw. Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung. Weitere Symptome können vorhanden
sein, und die Beurteilung der vorhandenen Symptome ermöglicht eine Klassifikation
nach dem Schweregrad der Erkrankung (siehe Diagnostik).
Eine weitere Dimension in der Klassifikation erfasst Dauer und Verlauf der Erkrankung.
Eine depressive Episode ist in der Regel durch eine Mindestdauer von 14 Tagen gekennzeichnet. Die mittlere Episodendauer behandelter unipolarer depressiver Störungen wird
auf 16 Wochen geschätzt, wobei bei ungefähr 90 % der Patienten die depressive Episode als mittel- bis schwergradig eingeschätzt wird (NVL Depression 2011). Die Remission
ist durch die Wiederherstellung des ursprünglichen Funktionszustandes bzw. fast vollständiger Symptomfreiheit nach der Akuttherapie gekennzeichnet. Eine unvollständige
Remission liegt bei nur teilweise gebesserter Symptomatik vor. Ein erneutes Auftreten
depressiver Symptomatik während der ca. vier bis neun Monate anhaltenden Phase mit
Erhaltungstherapie kennzeichnet einen Rückfall. Ein Rezidiv, d. h. eine erneute depressive
Episode liegt vor, wenn eine erneute depressive Symptomatik nach Beendigung der vierbis neunmonatigen Erhaltungstherapie auftritt (siehe Abb. 1).
Abb. 1: Erkrankungsphasen und Behandlungsabschnitte einer depressiven Episode
Zunehmender Schweregrad
Remission
Vollständige Genesung
Rückfall
Rückfall
Rezidiv
Symptome
Ansprechen
auf Therapie
Syndrome
Behandlungsphasen
Akuttherapie
Erhaltungstherapie
4–9 Monate
Rezidivprophylaxe
> 1 Jahr
Quelle: NVL Depression, 2011
– Band C6, Version 1.0
7
Depression
Begründung und Einordnung des Themas
In den Verläufen depressiver Störungen zeigt sich eine hohe interindividuelle Variabilität. Bei mindestens 50 % der Patienten mit Ersterkrankung an einer Depression kommt
es zu mindestens einer weiteren depressiven Episode. Bei rezidivierenden depressiven
Episoden werden im Mittel vier bis sechs Episoden beobachtet (Angst 1986). Die Wahrscheinlichkeit für eine Wiedererkrankung erhöht sich nach zweimaliger Erkrankung auf
70 % (Kupfer 1991). Bei der Dysthymie zeigt sich eine mindestens zwei Jahre bestehende
subsyndromale depressive Symptomatik. Die möglichen Verläufe unipolarer Depressionen sind in Abbildung 2 dargestellt.
Abb. 2: Verläufe unipolarer depressiver Störungen
a)
depressive Episode, vollständige Remission
b)
depressive Episode, unvollständige Remission
c)
rezidivierende Depression
d)
Dysthymie
e)
depressive Episode mit vorangegangener Dysthymie
f)
chronifizierte (> 2 Jahre) depressive Episode
Quelle: NVL Depression, 2011
Epidemiologie
Depressionen zählen zu den häufigsten, aber hinsichtlich ihrer individuellen und gesellschaftlichen Bedeutung meistunterschätzten Erkrankungen (Murray et al. 1996). Die
Lebenszeitprävalenz liegt in Deutschland wie international bei 16 bis 20 % (Bijl et al.
1998; Ebmeier et al. 2006). Im Bundesgesundheitssurvey von 1998 zeigten sich eine VierWochen-Prävalenz von 5,6 % und eine Zwölf-Monats-Prävalenz von 10,7 % für die unipolare Depression (Jacobi et al. 2004). Frauen sind häufiger von depressiven Störungen
betroffen als Männer (Kahn et al. 2005; Kessler 2003). Ihr Erkrankungsrisiko liegt mit
einer Lebenszeitprävalenz von 25 % doppelt so hoch wie bei Männern mit 12,3 % (Jacobi
et al. 2004).
Depressionen treten in jedem Lebensalter auf. Während früher das Durchschnittsalter
für depressive Ersterkrankungen mit 35 bis 45 Jahren angegeben wurde, zeigten sich
in einem aktuellen Bundesgesundheitssurvey Hinweise, dass in Deutschland 50 %
aller Patienten bereits vor dem 31. Lebensjahr erstmals an einer Depression erkranken
8
– Band C6, Version 1.0
Depression
Begründung und Einordnung des Themas
(Jacobi et al. 2004). Im Alter ist die depressive Erkrankung die häufigste psychische
Störung, wobei eine hohe Komorbidität mit körperlichen Erkrankungen und Funktionseinschränkungen besteht.
Die Rate an depressiv erkrankten Patienten, die im Verlauf ihrer Erkrankung Suizidgedanken haben, liegt zwischen 40 bis 80 % (Ahrens 1995). 10 bis 15 % der Patienten mit
rezidivierender depressiver Erkrankung versterben an Suizid. Die Suizidrate, also der
Anteil der Patienten mit Depression, die sich das Leben nehmen, steigt mit dem Alter
kontinuierlich an und ist bei den Hochbetagten am größten (NVL Depression 2011).
Depressionen treten häufig mit anderen psychischen und somatischen Erkrankungen auf.
Diese Komorbidität kann die Diagnostik erschweren, den Verlauf komplizieren und die
therapeutischen Möglichkeiten einschränken. Die Lebenszeitprävalenz einer Depression
liegt bei Patienten mit körperlichen Erkrankungen bei 42 % (Patten 2001).
Das vorliegende Indikatorenset bezieht sich auf die Diagnose und Behandlung von
erwachsenen Menschen mit unipolarer depressiver Erkrankung im ambulanten Bereich.
Es sind im Folgenden unter dem Begriff „Depression“ die Diagnosen F 32*, F 33* und
F 34.1 nach der ICD-10-Klassifikation eingeschlossen. Im Einzelfall abweichende Inhalte
werden mit den entsprechenden Spezialbegriffen beschrieben.
– Band C6, Version 1.0
Definition
der Zielgruppe
9
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept)
Depression
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung
(Qualitätskonzept)
Im Folgenden werden die Koordination der Versorgung und die aktuell empfohlene Diagnostik und Therapie bei depressiven Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung
der hausärztlichen Perspektive beschrieben.
Koordination der
Versorgung,
Schnittstellen
Zentrale Rolle
des Hausarztes
An der Behandlung depressiv Erkrankter sind Akteure auf unterschiedlichen Versorgungsebenen beteiligt. Insbesondere bei schweren und chronischen Verläufen ist eine
kontinuierliche und abgestimmte medizinische, psychotherapeutische und psychosoziale
Versorgung erforderlich (NVL Depression 2011). Als zentrale Akteure der Versorgung
depressiv Erkrankter gelten entsprechend der Nationalen Versorgungsleitlinie:
Hausärzte (Fachärzte für Allgemeinmedizin bzw. für Innere Medizin, praktische
Ärzte)
Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Nervenheilkunde
Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Ärzte mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie oder Psychoanalyse
Psychologische Psychotherapeuten
weitere Leistungserbringer für psychosoziale Therapien (Ergotherapeuten, Sozialarbeiter und -pädagogen, Soziotherapeuten, häusliche psychiatrische Pflege)
Fachkrankenhäuser und Fachabteilungen in Allgemeinkrankenhäusern für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, einschließlich zugeordneter Instituts- und Hochschulambulanzen und spezifische, z. B.
gerontopsychiatrische Zentren
Rehabilitationseinrichtungen (insbesondere psychosomatische Rehabilitationskliniken)
Die meisten Patienten mit depressiver Erkrankung treten über den Hausarzt in das medizinische System ein (Wittchen et al. 2000). Ein hoher Anteil der Patienten, insbesondere
mit leichter depressiver Episode, verbleibt in der hausärztlichen Behandlung und wird
dort langfristig betreut und therapiert. Darüber hinaus kommt dem Hausarzt eine wichtige Beratungsfunktion zu, u. a. zur Frage, inwieweit Fachärzte spezialisierter Gebiete,
Psychologische und Ärztliche Psychotherapeuten, komplementäre Heilberufe und flankierende Dienste in die Behandlung einbezogen werden sollen (NVL Depression 2011).
Für einen Behandlungsbeginn bei einer sicher diagnostizierten depressiven Episode
bereits im primärärztlichen Bereich sprechen u. a. die Möglichkeit des frühzeitigen
Behandlungsbeginns und die Kenntnis der Lebensumstände der Patienten durch den
Hausarzt. Darüber hinaus ist ein kurzfristiger Behandlungsbeginn durch z. B. Fachpsychiater oder Psychotherapeuten oft mangels Kapazitäten nicht möglich. Die hausärztliche
Ebene ist zumindest zeitweise die einzige sichere Anlaufstelle für diese Patienten. Die
vergleichsweise kurze Konsultationszeit oder ein teilweise begrenztes klinisches Spezialwissen in der hausärztlichen Versorgung sind hingegen einschränkend zu nennen. Eine
10
– Band C6, Version 1.0
Depression
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept)
Kooperationskultur zu den Fachspezialisten, die auf die Unterstützung des Hausarztes
zielt, ist hier wichtig. Überweisungen empfehlen sich bei:
unklaren Diagnosen (vor allem bei unsicherer Abgrenzung zu Psychosen),
Therapieresistenz trotz antidepressiver Medikation,
suizidalem oder fremdaggressivem Verhalten,
Komorbiditäten (wie Drogenabusus oder Essstörungen),
Kindern mit Symptomen einer schweren Depression.
Insbesondere bei schweren und chronischen Formen der Erkrankung ist eine kontinuierliche, abgestimmte, medizinische, psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung
notwendig.
Eine Depression wird häufig durch den Hausarzt – oft im Rahmen einer primär somatischen Konsultation – erstmals erkannt. Insbesondere die „psychosomatische Grundversorgung“ bietet dem Hausarzt das entsprechende Werkzeug für Diagnostik und Therapie
(Gensichen et al. 2011). Sie vermittelt die Grundlagen der Basisdiagnostik und -therapie
sowie die adäquate Kooperation im psychosozialen Versorgungssystem für die psychischen Erkrankungen (Bundesärztekammer 2001).
Diagnostik
Die systematische Diagnostik bei unipolaren depressiven Störungen beruht auf Hauptund Zusatzsymptomen. Je nach Anzahl der vorliegenden Haupt- und Zusatzsymptome
erfolgt eine Einteilung in leichte, mittelgradige und schwere Episoden. Bei einer „leichten“ Episode (ICD-10: F 32.0) müssen mindestens zwei Hauptsymptome und zwei Zusatzsymptome vorliegen. Für eine „mittelgradige“ Episode (ICD-10: F 32.1) sind mindestens
zwei Hauptsymptome und drei Zusatzsymptome erforderlich und bei einer „schweren“
Episode (ICD-10: F 32.2) müssen mindestens drei Hauptsymptome und mehr als drei
Zusatzsymptome vorliegen. Die Symptome müssen jeweils seit mindestens zwei Wochen
vorliegen (siehe Abb. 3).
Abb. 3: Diagnose depressiver Episoden nach ICD-10-Kriterien
Hauptsymptome
gedrückte, depressive Stimmung
Interessenverlust, Freudlosigkeit
Antriebsmangel, erhöhte Ermüdbarkeit
2
2
3
+
+
+
2
3–4
≥4
Zusatzsymptome
verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
Suizidgedanken/-handlungen
Schlafstörungen
verminderter Appetit
Symptome ≥ 2 Wochen
leichte
mittelgradige
schwere
depressive Episode
Quelle: NVL Depression, 2011
– Band C6, Version 1.0
11
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept)
Depression
Die Diagnostik ist anspruchsvoll, da die Patienten sich meistens mit „unspezifischen
Symptomen“ vorstellen und selten spontan Kernsymptome einer Depression berichten.
Häufige „unspezifische Symptome“, die auf eine mögliche Depression hinweisen können,
sind (Schauenburg et al. 2011):
Magendruck
Druckgefühl in Brust und Hals, Globusgefühl
Schwindelgefühle
Erschöpfung
Spannungsbedingte Muskelschmerzen
Verdauungsbeschwerden
Subjektive Gedächtnisstörungen
Libidoverlust
Besteht aufgrund der vom Patienten geäußerten „unspezifischen Symptome“ der Verdacht auf eine Depression, sollten zunächst folgende zwei Suchfragen zum Screening
gestellt werden (Whooley et al. 1997):
1. Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder
hoffnungslos?
2. Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie
sonst gerne tun?
Die Sensitivität dieser Fragen ist hoch (96 %, bei niedriger Spezifität: 57 %). Verneinen
Patienten beide Fragen und liegen keine anderen erkennbaren Risiken vor, kann mit
hoher Wahrscheinlichkeit eine Depression ausgeschlossen werden. Werden eine oder
zwei Fragen positiv beantwortet, sollten gezielt die Haupt- und Zusatzsymptome entsprechend der ICD-10-Kriterien abgeklärt werden. Die Dauer der Symptome ist jeweils mit zu
erfragen.
Spricht der Patient bereits von allein depressionsspezifische Symptome an, sollte auf die
oben genannten zwei Eingangsfragen verzichtet und sofort die ICD-10-Diagnosekriterien
gezielt vollständig erfragt werden. Wichtig ist die aktive Exploration aller Kriterien, da
depressive Patienten spontan häufig nur Teilaspekte schildern.
Fragebogeninstrumente wie z. B. der PHQ-9 (Patient-Health-Questionaire) (Löwe et al.
2002) oder die GDS (Geriatric Depression Scale) (Fischer 1988) dienen dem gezielten
Screening. Mit dem PHQ-9 ist eine dimensionale Messung, also eine Schweregradmessung
(0 bis 27 Punkte) der Depression, möglich. Das routinemäßige Screening oder „Durchsieben“ mit einem Fragebogen aller Patienten in einer Praxis wird nicht empfohlen (NVL
Depression 2011). Die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer depressiven Episode
ist bei fehlender spezifischer Symptomatik im unausgelesenen Patientengut der hausärztlichen Praxis gering. Entsprechend niedrige positive Vorhersagewerte führen zu
falschpositiven Befunden. Die Fragebogeninstrumente erlauben jedoch bei hohen negativen Vorhersagewerten den weitgehend sicheren Ausschluss einer depressiven Episode
(Schneider et al. 2011).
12
– Band C6, Version 1.0
Depression
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept)
Depressionen zeichnen sich typischerweise durch einen episodischen Verlauf aus. Vor
Einführung der Psychopharmaka wurde eine durchschnittliche Episodendauer von sechs
bis neun Monaten für die unipolare Depression angenommen (Berger et al. 2004). Gleichzeitig gibt es eine große interindividuelle Variabilität im Krankheitsverlauf.
Der Arzt muss davon ausgehen, dass jeder Patient mit depressiver Episode suizidgefährdet sein kann. Suizidalität sollte bei depressiven Patienten stets direkt angesprochen
werden, präzise, detailliert und konkret erfragt und vor dem Hintergrund vorhandener
Ressourcen beurteilt werden. Das alleinige Ansprechen der Suizidalität durch Ärzte oder
andere verstärkt diese besondere klinische Situation nicht.
Suizidalitätsabklärung
Für die Beurteilung der Suizidalität ist die Erfassung der aktuellen klinischen Symptomatik sowie möglicher psychotischer Symptome erforderlich. Die Suizidalität sollte auch im
hausärztlichen Setting zu Beginn einer depressiven Episode, bei Veränderung der Therapie, nach Krankenhausentlassung, nach kritischen Lebensereignissen und im weiteren
Verlauf abhängig von der klinischen Symptomatik aktiv erfragt werden.
Unter Berücksichtigung der Ausprägung bzw. der Dringlichkeit der Suizidalität, der
Umgebungsfaktoren, der Bündnisfähigkeit des Patienten und der eigenen Ressourcen
ist das weitere Betreuungsangebot festzulegen. Bei einer ambulanten Betreuung sollten
regelmäßige zusätzliche Kontakte (telefonisch oder direkt) vereinbart werden. Ggf. kann
mit dem Patienten ein Antisuizidvertrag über einen Zeitraum von bis zu zwei Tagen vereinbart werden. Eine pharmakotherapeutische Behandlung mit Benzodiazepinen sollte in
Anbetracht des hohen Suchtpotentials 14 Tage nicht überschreiten.
Um die Besserung oder Verschlechterung der Depressionssymptome sicher, zeitnah und
im Verlauf vergleichbar zu beobachten, ist das regelmäßige Abfragen der Symptome
erforderlich. Diese Verlaufsbeobachtung sollte mit Fragebogeninstrumenten, wie z. B. mit
dem PHQ-9, durchgeführt werden. Der Symptomverlauf wird damit für Arzt und Patient
konkret abgebildet. In der Akutbehandlung der Depression sollte spätestens zwei Wochen
nach Behandlungsbeginn mit der Verlaufsbeobachtung begonnen und in allen weiteren
Kontakten fortgeführt werden. Die Abstände der Folgekontakte sind entsprechend der
klinischen Situation individuell anzupassen. Nach dem Start einer Pharmakotherapie
werden während der ersten vier Behandlungswochen zunächst wöchentliche Verlaufsbeobachtungen, anschließend alle zwei bis vier Wochen und nach drei Monaten individuell angemessene Intervalle empfohlen (NVL Depression 2011). Durchschnittlich sollten
monatliche Kontakte bis zur Remission sichergestellt werden.
Verlaufsbeobachtung
Die wichtigsten evidenzbasierten Therapiestrategien in der Behandlung von Patienten
mit depressiver Episode sind die „aktiv abwartende Begleitung“, „psychotherapeutische
Verfahren“ und die „Pharmakotherapie“. Psycho- und pharmakotherapeutische Behandlungen können auch in Kombination angewandt werden. Zusätzliche, aber seltener angewandte Strategien sind u. a. Schlafentzugstherapie, Lichttherapie, Elektrokrampftherapie,
Entspannungsverfahren, Kunsttherapie, Ergotherapie, Soziotherapie.
Therapie
– Band C6, Version 1.0
13
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept)
Depression
Im hausärztlichen Bereich werden in der Regel die aktiv abwartende Begleitung und die
Pharmakotherapie angewendet. Weitere Basiselemente sind die „Psychoedukation“ und
die „Partizipative Entscheidungsfindung“.
Aktiv abwartende
Begleitung
Bei leichter und in Ausnahmefällen bei mittelgradiger depressiver Episode sollte zunächst
die „aktiv abwartende Begleitung“ angeboten werden. Wichtige Bestandteile dieser Strategie sind die Psychoedukation, regelmäßige Konsultationen und die strukturierte Verlaufsbeobachtung. Die Entbindung von den beruflichen Verpflichtungen (Krankschreibung)
sollte stets zurückhaltend angeboten werden, da die Berufstätigkeit eine wirkungsvolle
Strukturgebung des Alltags für diese Patienten sicherstellt. Bei ausbleibender Verbesserung der Symptome innerhalb von zwei Wochen sollte eine intensivere depressionsspezifische Therapie eingeleitet werden (National Institute for Health and Clinical Excellence
2004), da zu langes Warten die Prognose der depressiven Episode verschlechtert und die
Chronifizierung der Depression begünstigt.
Die Aktivierung des Patienten durch gemeinsam mit ihm abgestimmte, erreichbare Alltagsziele ist wesentlich für den Behandlungserfolg. Diese Ziele können sich beispielsweise
auf die Tagesstrukturierung, die Genussförderung oder die vorsichtige Aufhebung des
sozialen Rückzugs beziehen.
Zusätzlich zur ärztlichen Konsultation durchgeführte regelmäßige telefonische Patientenkontakte zur Verlaufsbeobachtung und Patientenaktivierung unterstützen den Patienten.
Der zusätzliche Einsatz einer strukturierten Beobachtungs-Checkliste (Depressions-Monitoring-Liste – DEMOL) zur Erhebung der Symptome und der Patientenaktivität durch
medizinische Fachangestellte erreicht eine Adherence- und Symptomverbesserung. Weiterhin trägt sie zu einem besseren Informationsfluss zum behandelnden Hausarzt bei
(Gensichen et al. 2009).
Psychotherapie
Psychotherapie ist sowohl bei der leichten, mittelgradigen als auch bei der schwergradigen depressiven Episode eine Therapieoption. Bei Vorliegen einer leichten depressiven
Episode wird neben der abwartenden Begleitung die Psychotherapie empfohlen. Bei mittelschweren depressiven Episoden geht man davon aus, dass Psycho- und Pharmakotherapie gleich wirksam sind (Hollon et al. 2002; Wampold 2001). Für die schwere Depression
liegen bezüglich der Effekte von Psychotherapie uneinheitliche Empfehlungen vor. Die
Kombination aus Psychotherapie und Pharmakotherapie ist bei schweren depressiven
Episoden (Schramm et al. 2007; Thase e al. 1997), bei chronisch depressiven Patienten
(Keller et al. 2000) und bei rezidivierenden Depressionen (Sutej et al. 2006; Reynolds et al.
1999) der alleinigen Pharmakotherapie überlegen und daher indiziert.
Im Rahmen der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung sind die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie anerkannt. Die
kognitive Verhaltenstherapie (KVT) sowie die interpersonelle Psychotherapie (IPT) sind
am besten in ihrer Wirksamkeit belegt (de Mello et al. 2005; Gloaguen et al. 1998).
14
– Band C6, Version 1.0
Depression
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept)
Diese psychotherapeutischen Verfahren erfordern, wenn nicht eine entsprechende Zusatzqualifikation des Hausarztes vorliegt, die Überweisung zu psychiatrischen oder psychotherapeutischen Fachspezialisten. Je nach Region ist von bis zu mehrwöchigen Wartezeiten auszugehen. Die zu überbrückende Zeit sollte nicht ohne therapeutische Maßnahmen
verstreichen, um die Symptomverschlechterung bzw. die Chronifizierung der Depression
zu verhindern.
Für die Pharmakotherapie der depressiven Episode stehen die folgenden Substanzklassen
zur Verfügung:
Tri- und tetrazyklische Antidepressiva
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI)
Monoaminoxidase-Inhibitoren (MAOI)
Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSNRI)
Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SNRI)
Alpha-2-Rezeptor-Antagonisten
Selektive Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (Buproprion)
Melatonin-Rezeptor-Agonist und Serotonin 5-HT2C-Rezeptorantagonist (Agomelatin)
Pharmakotherapie
Zunächst sollte eine Pharmakotherapie bei leichter depressiver Episode nur begonnen
werden, wenn entsprechende Vorbehandlungen des Patienten effektiv waren und/oder es
der Patient ausdrücklich wünscht. Bei mittelschwerer depressiver Episode haben Psychotherapie und Pharmakotherapie die gleiche Wirksamkeit. Bei einer schweren depressiven
Episode wird in der Regel die pharmakotherapeutische mit der psychotherapeutischen
Behandlung kombiniert (NVL Depression 2011).
Bei erforderlicher Pharmakotherapie sollte mit einer niedrigen „Anfangsdosis“ begonnen
werden und bei ausbleibender Verbesserung zeitnah die Aufdosierung bis zur Maximaldosis erfolgen (NVL Depression 2011). Zu Beginn einer Pharmakotherapie ist eine
sorgfältige Aufklärung über die Medikamente erforderlich. Insbesondere sind die zeitlich verschobenen Wirkungseintritte von Symptombesserung und Nebenwirkungen zu
vermitteln.
Für die Wahl des Antidepressivums gibt es keine umfassende und einheitliche Empfehlung. Auswahlkriterien sind u. a. die Vorerfahrungen des Patienten, die Erfahrungen und
Kenntnisse des Behandlers mit speziellen Präparaten, die Komorbiditäten und die Nebenwirkungsprofile.
In den ersten vier Behandlungswochen wird eine wöchentliche Verlaufsbeobachtung,
anschließend alle zwei bis vier Wochen und nach drei Monaten individuell angepasste
Intervalle empfohlen (NVL Depression 2011).
– Band C6, Version 1.0
15
Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept)
Depression
Die Wirklatenz bis zu den ersten Effekten liegt bei den modernen Antidepressiva
(z. B. SSRI, SSNRI) bei unter einer Woche. Da nach drei Wochen Behandlung ohne
erkennbare Verbesserung der Symptome die Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolges auf unter 20 % sinkt, sollte spätestens dann die Intensivierung der Therapie bzw. der
Wechsel des Medikamentes erfolgen (Schauenburg et al. 2011).
Antidepressiva sollen mindestens vier bis neun Monate über die Besserung der Symptome (Remission) hinaus eingenommen werden. Bei rezidivierenden Episoden wird eine
Einnahme von mindestens zwei Jahren zur Langzeitprophylaxe empfohlen (NVL Depression 2011).
Eine antidepressive Pharmakotherapie sollte schrittweise über einen Zeitraum von vier
Wochen beendet werden.
16
– Band C6, Version 1.0
Depression
Recherche und Auswahl der Qualitätsindikatoren
Recherche und Auswahl der
Qualitätsindikatoren
Die systematische Recherche der national und international vorhandenen Qualitätsindikatoren zu Depression wurde von zwei Fachärzten für Allgemeinmedizin im Herbst 2011
durchgeführt. Zunächst wurde in Pubmed anhand der MeSH-Terms „depression“ „depressive disorder“, „quality indicator“, „quality indicators“ und „mental health“ nach Artikeln
mit Qualitätsindikatoren gesucht.
Im Weiteren wurden internationale spezifische Datenbanken für Qualitätsindikatorensysteme (z. B. National Quality Measures ClearinghouseTM) recherchiert. Schließlich wurden
mittels Handsuche nationale und internationale Leitlinien auf entsprechende Qualitätsindikatoren hin analysiert.
Es wurden insgesamt 80 Indikatoren gefunden, die den genannten Suchkriterien entsprachen.
Im nächsten Schritt wurden Indikatoren, die sich auf den stationären Bereich beziehen,
sowie Indikatoren, die Patienten unter 18 Jahren einbeziehen, ausgeschlossen. Die identifizierten Indikatoren wurden ggf. ins Deutsche übersetzt. Weiterhin wurden, basierend
auf den Empfehlungen der NVL Depression (2011), zehn Indikatoren neu entwickelt.
So entstand schließlich eine Liste, die insgesamt 65 Qualitätsindikatoren umfasste.
(s. Anhang 2). Die Indikatorliste wurde einem Expertenpanel zur Bewertung vorgelegt.
Die Teilnehmer des Expertenpanels (s. Anhang 1) wurden vom wissenschaftlichen Autorenteam bestellt. Sie bewerteten die Indikatoren in einem sogenannten „Delphi-Verfahren“. Die RAND/UCLA Appropriateness Method, die vor etwa 30 Jahren von der RAND
Corporation, Kalifornien, in Zusammenarbeit mit der School of Medicine der University of California, Los Angeles (UCLA), entwickelt wurde, ist international erprobt. Sie
kombiniert systematisch die Recherche der verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz mit
mehrstufigen strukturierten Bewertungsschritten durch Experten (Fitch et al. 2001). Nach
Abschluss dieses Bewertungsverfahrens wurden elf Indikatoren durch das Expertenpanel
als relevant und praktikabel bewertet (s. Anhang 2).
Anschließend unterzog das wissenschaftliche Autorenteam diese Indikatorenliste einer
eingehenden Zweitprüfung. Aufgrund unklarer wissenschaftlicher Evidenz musste ein
Indikator zum Thema „Neuroleptikaverschreibung bei depressiver Erkrankung“ (s. Nr. 64,
Anhang 2) vom Autorenteam zurückgezogen werden. In zwei Fällen (Indikator 1 und 4)
wurden zwei der ursprünglichen Indikatoren zu einem zusammengefasst. Darüber hinaus wurde eine unbalancierte Verteilung der von den Indikatoren erfassten Qualitätsdimensionen (Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität) festgestellt. Schließlich wurden die
spezifischen Datenquellen der Indikatoren geprüft und festgestellt, dass Routinedaten als
Datenquelle bislang wenig genutzt wurden.
– Band C6, Version 1.0
17
Recherche und Auswahl der Qualitätsindikatoren
Depression
Um eine bessere Ausgewogenheit des resultierenden Indikatorensets zu erzielen, wurde
vom wissenschaftlichen Autorenteam im Einvernehmen mit den QISA-Herausgebern von
der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Indikatorenset letztmalig zu modifizieren.
In einem abschließenden Schritt wurden je ein Indikator zu den Themenbereichen „Antidepressive Pharmakotherapie“ sowie „Psychotherapie“ hinzugenommen (Indikator 5, 7).
Beide Indikatoren wurden im Expertenpanel in der Kategorie „Relevanz“ mit mindestens
„7“ bewertet. Sie wurden entsprechend den Ergebnissen der Paneldiskussion umformuliert (z.B. Wegfall der Schweregradeinteilung). Um im hausärztlichen Setting eine mangelnde Versorgung abzubilden und zu vermeiden („avoiding poor control“), wurde der
Indikator 9 in das finale Indikatorenset aufgenommen, der in der ursprünglichen Formulierung in der Kategorie „Relevanz“ eine Bewertung von „6“ hatte. Der Indikator wurde im
Sinne der Paneldiskussion umformuliert (ohne Schweregraddifferenzierung, Erfassung
des Fehlens jeglicher therapeutischer Maßnahmen).
Den Indikatoren Nr. 5, 6, 7 und 8 wurden darüber hinaus sogenannte „Modifikationen“
hinzugefügt. Diese Erweiterungen des jeweiligen Hauptindikators ermöglichen unter Nutzung der Routinedaten der Krankenkasse zusätzliche populationsbezogene Analysen der
Versorgung von Patienten mit Depression in der deutschen Primärversorgung. Ihr Fokus
ist die sogenannte „Responsiveness“ des Gesundheitssystems, in dem die hausärztliche
Ebene eine zentrale (koordinierende) Funktion einnimmt. Die Modifikationen werden
von den Autoren zunächst als Diskussionsbeitrag zur generellen Indikatorentwicklung
für Depression verstanden.
Das entstandene finale Indikatorenset stellt eine Mischung aus Struktur-, Prozess- und
Ergebnisindikatoren dar. Es umfasst die folgenden Versorgungsbereiche der Depression:
systematische Erfassung der Patientengruppe (Register), Diagnostik, Therapie, Suizidalität, Patientenaufklärung und -beratung in der Hausarztpraxis sowie Fortbildung von
Hausärzten. Es bezieht sich auf erwachsene Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*,
F 33*, und F 34.1) im Sinne einer „unipolaren Depression“ im primären Geltungsbereich
der Hausarztpraxis. Grundsätzlich ist die Anwendung der Indikatoren in Arztnetzen, Qualitätszirkeln, in KV-Bezirken etc. denkbar.
Die vorliegenden QISA-Indikatoren unterstützen die Qualitätsbeurteilung der hausärztlichen Versorgung von Patienten mit Depressionen aus klinisch-hausärztlicher Perspektive. Im Sinne des QISA-Ansatzes reicht die hausärztliche Qualitätsbeurteilung der
Versorgung über den direkten Abgleich mit evidenzbasierten Leitlinien (sog. Leitliniengerechtigkeit) hinaus. Praxisnetze, Qualitätszirkel sollen so zur Qualitätsbeurteilung ihrer
eigenen Arbeit im Sinne einer formativen Evaluation angehalten werden.
18
– Band C6, Version 1.0
Depression
Fazit
Als Datenquellen werden vorausgesetzt:
a) Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte der Hausarztpraxis, also
die für die Abrechnung mit der GKV erstellten Daten
b) Klinische Dokumentation in der elektronischen Patientenakte der Hausarztpraxis,
also die über die in a) erfasste hinausgehende klinische Dokumentation der Praxis
Darüber hinaus lassen sich insbesondere für die Modifikationen Abrechnungsdaten der
Kostenträger heranziehen.
Das Erheben von Daten für die Qualitätssicherung in der Hausarztpraxis birgt zwei Herausforderungen:
Die Datenqualität hängt entscheidend von der Qualität der Dokumentation in den
Hausarztpraxen ab. Dies wird insbesondere relevant, wenn es sich um spezifische
(praxisinterne) klinische Dokumentationen handelt.
Über die bisherige Routinedokumentation hinaus fällt zusätzlicher Dokumentationsaufwand an. So ist zum Beispiel für die Anwendung bestimmter Indikatoren die
systematische Dokumentation inzidenter oder prävalenter Patienten unabdingbar.
Fazit
Die vorliegenden Indikatoren beziehen sich auf die Diagnose und Therapie bei Patienten
mit „unipolarer“ depressiver Erkrankung, d. h. depressive Episoden (ICD-10: F 32*), rezidivierende depressive Störungen (ICD-10: F 33*) und Dysthymie als anhaltende affektive
Störung (ICD-10: F 34.1) in der hausärztlichen Versorgung.
Sie sollen entsprechend der Zielsetzung des QISA-Systems sowohl von interessierten Ärzten in der Praxis, Ärztenetzen oder Qualitätszirkeln als auch in Teilen von Krankenkassen
genutzt werden und helfen, die Qualität der Versorgung von Menschen mit Depression
zu beschreiben.
Eine angemessene Darstellung der Versorgungssituation bietet die notwendige Grundlage, um Maßnahmen zur Verbesserung von Diagnose und Behandlung für Patienten mit
Depression in Deutschland nachhaltig zu planen und umzusetzen.
– Band C6, Version 1.0
19
Depression
Übersicht über die ausgewählten Indikatoren
Übersicht über die ausgewählten
Indikatoren
Nr.
(Nr.
Anhang 2)
indikator
Fragestellung
Fokus
1
Erfassung von Patienten mit
Depression im hausärztlichen Bereich
Besteht eine systematische Erfassung
aller Patienten mit diagnostizierter
depressiver Erkrankung in der Praxis?
Prozessqualität
8/60
2
Screening auf Depression bei
Patienten mit Diabetes mellitus,
KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw.
Herzinsuffizienz
Erfolgt bei Patienten mit Diabetes
mellitus, KHK, Demenz, chronischem
Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung oder Herzinsuffizienz ein
Screening auf Depression?
Prozessqualität
61
3
Suizidalitätsabklärung bei Patienten
mit Depression
Werden alle Patienten mit Depression
initial auf Suizidalität untersucht?
Prozessqualität
20
4
Patientenaufklärung/-information zu
Selbsthilfe- und Angehörigengruppen
bei Patienten mit Depression
Werden die Patienten über ihre
Erkrankung aufgeklärt und erhalten
Informationen zu Selbsthilfegruppen
bzw. Angehörigengruppen?
Prozessqualität
42/43
5
Patienten mit Depression, die eine
antidepressive Pharmakotherapie
durch den Hausarzt verordnet
bekommen
Wie viele Patienten mit Depression
erhalten eine antidepressive Pharmakotherapie durch den Hausarzt?
Prozessqualität
15
6
Ausreichende Dauer der antidepressiven Pharmakotherapie nach
Remission
Werden Patienten mit medikamentöser Behandlung ausreichend lange
behandelt?
Prozessqualität
6
7
Patienten mit Depression, die durch
den Hausarzt eine Empfehlung zur
psychotherapeutischen Behandlung
erhalten
Wie viele Patienten mit Depression
erhalten eine Empfehlung zur Psychotherapie durch den Hausarzt?
Prozessqualität
47
8
Patienten mit schwerer depressiver
Episode, die durch den Hausarzt die
Empfehlung zu einer Kombinationstherapie erhalten
Wie viele Patienten mit schwerer
depressiver Episode erhalten eine
Empfehlung zu einer Kombinationstherapie durch den Hausarzt?
Prozessqualität
45
9
Patienten mit anhaltender Depression
ohne spezifische Therapie
Wie viele Patienten mit anhaltender
Depression erhalten keine depressionsspezifische Therapie und sind als
unterversorgt zu beurteilen?
Ergebnisqualität*
16
10
Verschreibung von Anxiolytika,
Hypnotika bzw. Sedativa bei
Depression länger als vier Wochen
Ist die Verordnung von Anxiolytika,
Hypnotika bzw. Sedativa zeitlich
begrenzt?
Prozessqualität
62
11
Hausärzte mit Fortbildung zur
Depression
Wie viele Hausärzte haben sich regelmäßig zum Thema Depression fortgebildet?
Strukturqualität
58
* In der klassischen Qualitätslehre bzw. der Indikatorentwicklung wird zwischen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität unterschieden.
Diese Bezeichnungen weichen zunehmend Differenzierungen, die die Verknüpfung insbesondere von Ergebnisgrößen mit Prozessgrößen
als einen gemeinsamen Indikator erfassen (Connected Clinical Indicators oder intermediäre Indikatoren). In diesem Sinn könnte der Indikator 9 auch als intermediärer Indikator klassifiziert werden.
20
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 1
Beschreibung der Qualitätsindikatoren
für Depression
Indikator 1: Erfassung von Patienten mit Depression im hausärztlichen Bereich
(I) Beschreibung
Aussage: Der Indikator misst die Anzahl der Patienten mit diagnostizierter Depression
innerhalb eines definierten Zeitraumes in einer hausärztlichen Praxis.
Begründung:
Depressionen zählen zu den häufigsten und gleichzeitig am meisten unterschätzten Erkrankungen. Die Krankheitskosten bei Patienten mit depressiver Erkrankung
sind doppelt so hoch wie bei vergleichbaren Patienten ohne depressive Erkrankung
(Seelig et al. 2008). Die Behandlung der Mehrzahl der Patienten erfolgt im hausärztlichen Setting (Fernandez et al. 2007). Aufgrund der hohen Prävalenz, der hohen
Kosten und der Behandelbarkeit dieser Patienten im hausärztlichen Setting sollten
die Patienten mit depressiver Erkrankung einer Arztpraxis bzw. eines Arztnetzes
systematisch erfasst werden. Der Aufbau eines Registers in Hausarztpraxen oder
Arztnetzen dient der systematischen Erfassung dieser Patienten. Die Identifikation
der Zielpopulation (Patienten mit Depression) in einem praxisbasierten Register ist
ferner die Voraussetzung für die Erhebung weiterer Indikatoren zur Qualitätserfassung.
Zielstellung:Erstellung eines praxisbezogenen Registers, somit die vollständige Erfassung aller
Patienten mit diagnostizierter Depression
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Bereich nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte
Voraussetzungen:
Vollständige Dokumentation der Diagnosen (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in
der elektronischen Patientenakte. Der Hausarzt muss jeweils dokumentieren, ob
es sich um einen praxisinzidenten Fall oder einen Patienten handelt, bei dem die
Depression von einem anderen Arzt diagnostiziert wurde.
Ausblick:Eine systematische Erfassung von Patienten mit Depression in einer Hausarztpraxis kann zu einer optimierten Behandlung dieser Patienten beitragen. Eine detaillierte Auswertung der vorhandenen Patienten kann perspektivisch zu spezifischen
Aussagen beitragen und es können zielgruppenspezifische Versorgungsangebote
etabliert werden.
– Band C6, Version 1.0
21
Depression
Indikator 1
(II) Erstellung
Zähler:
Anzahl der Patienten mit diagnostizierter Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und
F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in einer Hausarztpraxis
Nenner:Anzahl aller Patienten innerhalb der letzten zwölf Monate in einer Hausarztpraxis
Formel: Anzahl der Patienten mit diagnostizierter Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und
F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in einer Hausarztpraxis
22
Anzahl aller Patienten innerhalb der letzten zwölf Monate
in einer Hausarztpraxis
Referenzwert: 10,9 % betrug die Punktprävalenz von Patienten mit Depressionen in einer Untersuchung in deutschen Hausarztpraxen (Wittchen et al. 2002). Internationale Studien ergaben ebenfalls Punktprävalenzen von ca. 10 % (Simon et al. 1995, Goldman
et al. 1999). In einer Studie von Gensichen und Kollegen sank die Prävalenz bei
wiederholter Messung nach zwei Wochen auf 7 % (Gensichen et al. 2009). Unter
Berücksichtigung der komplexen Diagnostik- und Therapiesituation im hausärztlichen Setting wird als Referenz zunächst ein Wert von ca. 7 % vorgeschlagen.
Abweichungen sind zu analysieren und mit aktuellen Forschungsergebnissen zu
vergleichen.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Die Validität dieses Indikators ist hoch. Der Indikator macht eine Aussage über die
Anzahl der Patienten mit diagnostizierter Depression in der Hausarztpraxis.
Reliabilität: Die Zuverlässigkeit der Erfassung der Patienten mit Depression hängt von einer
konsequenten Dokumentation ab.
Sensitivität:
Die Veränderungssensitivität ist unter Berücksichtigung der Reliabilität hoch.
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien und Evidenz:
Die Lebenszeitprävalenz für depressive Erkrankungen liegt national wie international bei 16 bis 20 % (Bijl et al. 1998; Ebmeier et al. 2006). Im Bundesgesundheitssurvey von 1998 zeigte sich eine 4-Wochen-Prävalenz von 5,6 % (Jacobi et al. 2004).
Die Prävalenz von depressiven Erkrankungen in deutschen Hausarztpraxen lag in
einer epidemiologischen Studie bei 10,9 % (Wittchen et al. 2002). Frauen sind häufiger betroffen als Männer (NVL Depression 2011).
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikatorensysteme: Indikator 1
Ähnliche Qualitätsindikatoren zur Erfassung von Patienten mit Depression werden
aufgeführt von:
AQUA-Institut 2002: Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze. Teil C7
Depression
The NHS Information Centre for Health and Social Care. National Quality and
Outcomes Framework Achievement Data 2009/10, October 2010
AQUIK, Kassenärztliche Bundesvereinigung 2010
RAND Health Programm (Kerr et al. 2000)
ACOVE Quality Indicators des American College of Physicians – American
Society of Internal Medicine (ACOVE 2001)
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Der Anteil der Patienten mit Depression in einer Praxispopulation kann aus mehreren Gründen, wie z. B. der Lage oder der medizinischen Ausrichtung der Praxis,
verschieden hoch sein. Weitere Faktoren sind die Altersstruktur der Patienten
einer Praxis, die Geschlechterverteilung und das Inanspruchnahmeverhalten der
Patienten. Eine zuverlässige Dokumentation ist erforderlich.
Mögliche Handlungs-
konsequenz:
Überprüfung der Dokumentationsqualität
Einführung einer strukturierten Diagnostik anhand der ICD-10-Kriterien
Steuerung finanzieller Anreize
Einbindung der
Die Ergebnisse können zum Vergleich in Hausarztpraxen, in Arztnetzen, QualiErgebnisse in die
tätszirkeln oder auch in KV-Bezirken genutzt werden. Gründe für unterschiedliche
Qualitätszirkelarbeit: Werte sollten diskutiert und in der weiteren Arbeit überprüft werden. Darüber
hinaus kann der Fortbildungsbedarf identifiziert werden.
Einbindung in das
Es sollte evaluiert werden, inwieweit die Ergebnisse des Indikators den statistiQualitätsmanagement: schen Erwartungen entsprechen. Auf Ebene der einzelnen Praxis sollte die strukturiert durchgeführte Diagnostik nach den ICD-10-Kriterien angewendet werden.
Die aktive Explorierung von Symptomen einer Depression sollte bei allen Patienten mit unspezifischen Beschwerden (Schlafstörungen mit morgendlichem Früherwachen, Appetitminderung, allgemeine Kraftlosigkeit, anhaltende Schmerzen
und/oder körperliche Beschwerden) sowie bei Patienten aus Risikogruppen, z. B.
frühere Depression oder komorbide somatische Erkrankung (NVL Depression
2011), bzw. bei Patienten in sogenannten Signalsituationen erfolgen. In die Maßnahmen zur Identifikation von Patienten mit Depression kann das Praxisteam
aktiv eingebunden werden.
Kosteneffektivität: – Band C6, Version 1.0
Die Kosten der Analyse von Patienten mit Depression in einer Praxis sind als
gering einzustufen. Die erhöhte Anzahl von zu behandelnden Patienten kann
zunächst zu erhöhten Kosten für die Praxis bzw. das Gesundheitswesen führen.
Die mittleren Gesamtbehandlungskosten für die GKV wurden in einer Studie aus
dem Bezugsjahr 2003 auf 3.900 € beziffert (Salize et al. 2004). Davon entfielen
ca. 2.000 € auf die spezifische Depressionsbehandlung mit einem Anteil von 43 %
23
Depression
Indikator 2
für den ambulanten Sektor. Die durch Depressionen verursachten indirekten Kosten, vor allem durch Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, übersteigen die direkten
Kosten und wurden in einer amerikanischen Studie auf 69 % der Gesamtkosten
beziffert (Greenberg et al. 2003). Positive Effekte auf die Kosten zeigten sich durch
die qualifizierte, leitlinienorientierte Behandlung der Depression (Sanderson et al.
2003; Revicki et al. 1998). Durch die Anwendung dieses Registers ist eine höhere
Qualität der Erkennung zu erwarten. Die resultierende adäquate Versorgung der
Patienten kann zu einer Kostenreduzierung im Gesundheitswesen führen.
Indikator 2: Screening auf Depression bei Patienten mit Diabetes mellitus, KHK,
Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten in einer Hausarztpraxis mit den
neu aufgetretenen Diagnosen: Diabetes mellitus (ICD-10: E 10–14), Koronare
Herzkrankheit (KHK) (ICD-10: I 20–25), Demenz (ICD-10: F 00–03), chronisches
Schmerzsyndrom (ICD-10: F 45.41), maligne Erkrankung (ICD-10: C 00–C 97) oder
Herzinsuffizienz (ICD-10: I 50), die ein Screening auf Depression innerhalb von
zwölf Monaten nach Diagnosestellung erhalten haben.
Begründung:Der Indikator soll den Fokus der Hausärzte auf die zunehmende Bedeutung von
Depression als modulierende Komorbidität von somatischen Erkrankungen lenken. Das Routinescreening auf Depression aller Patienten in einer Praxis bzw.
einem Praxisnetz wird nicht empfohlen, da es zu viele Patienten mit einem falschpositiven Ergebnis verunsichert. Dahingehend ist ein Screening auf Depression
bei Patienten mit den folgenden Erkrankungen indiziert: Diabetes mellitus, KHK,
Demenz, chronisches Schmerzsyndrom, maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz. Diese weisen eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Komorbidität Depression
auf (Pouwer et al. 2010; Katon et al. 2003, Härter et al. 2007a, Stoppe 2006). Hier
kann eine frühzeitig erkannte und behandelte Depression als Komorbidität auch
den Verlauf der genannten somatischen Ko-Erkrankungen positiv beeinflussen.
Zielstellung:Eine hohe Anzahl an Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem
Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz sollte auf Depression untersucht werden.
24
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:
Routinedokumentation und klinische Dokumentation in der elektronischen Patientenakte
– Band C6, Version 1.0
Depression
Voraussetzungen:
Indikator 2
Vollständige Dokumentation der neu aufgetretenen o. g. Diagnosen und des Screenings auf Depression in der Patientenakte. Die Erfassung und Extraktion der Diagnosen ist Routine in der Praxisdokumentation. Für die einfache Extraktion der
Dokumentation des Screenings ist ein entsprechendes Procedere (ggf. eine eigene
Kodierungsziffer) festzulegen.
Ausblick:Das Screening aller Patienten in einer Praxis bzw. in einem Praxisnetz mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung
bzw. Herzinsuffizienz auf Depression kann die Rate der erkannten Depressionen
erhöhen. Eine leitliniengerechte weitere Diagnostik und Therapie verbessert auch
die Versorgung der somatischen Ko-Erkrankungen.
(II) Erstellung
Zähler:Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit den neu aufgetretenen Diagnosen:
Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom, maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz, die ein Screening auf Depression innerhalb von zwölf
Monaten nach Diagnosestellung der somatischen Ko-Erkrankung erhalten haben
Nenner:Alle Patienten einer Hausarztpraxis mit den neu aufgetretenen Diagnosen: Diabetes
mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom, maligne Erkrankung bzw.
Herzinsuffizienz
Formel: Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit den neu aufgetretenen Diagnosen:
Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom,
maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz, die ein Screening auf Depression
innerhalb von zwölf Monaten nach Diagnosestellung der somatischen
Ko-Erkrankung erhalten haben
Alle Patienten einer Hausarztpraxis mit neu aufgetretenem Diabetes mellitus,
KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw.
Herzinsuffizienz
Referenz: – Band C6, Version 1.0
Es liegen keine Untersuchungen vor, bei wie vielen Patienten mit neu aufgetretenen Diagnosen Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom,
maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz ein Screening auf Depression in Hausarztpraxen durchgeführt wird. Der analoge Indikator des NHS Information Centre
for Health and Social Care beinhaltet einen Referenzwert von 40 bis 90 % für Diabetes/KHK (British Medical Association 2009). Daher wird ein Referenzwert für die
deutschen Hausarztpraxen von 50 % vorgeschlagen.
25
Depression
Indikator 2
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation ist die Validität der Daten hoch.
Reliabilität:Die Reliabilität des Indikators ist von der Dokumentation abhängig.
Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität hoch.
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz: Bei ca. 15 % der Patienten mit chronischer Herzkrankheit (Myokardinfarkt, KHK,
Aortenklappenkrankheit) liegt eine Depression vor (Jacobi 2007). Eine Depression
gilt als Risikofaktor für eine erhöhte Mortalität bei Patienten mit Myokardinfarkt,
mit einem um den Faktor 2,4 erhöhten Mortalitätsrisiko (Barth et al. 2004).
Das Risiko für Patienten mit Diabetes mellitus für eine Depression ist ca. doppelt so
hoch wie für Stoffwechselgesunde. In Studien zeigten sich Prävalenzen bis zu 30
% (Härter et al. 2007a; Anderson et al. 2001). Patienten mit Diabetes und Depression haben eine schlechtere Stoffwechsellage und häufiger Komplikationen (de
Groot et al. 2001; Lustman et al. 2000).
Das Screening kann zunächst gestuft anhand der zwei Fragen und ggf. eines validierten Fragebogens durchgeführt werden (Details im Abschnitt Diagnostik).
Indikatorensysteme: Ein ähnlicher Qualitätsindikator zur Erfassung depressiver Erkrankungen bei Patienten mit Diabetes und/oder KHK wurde vorgeschlagen von:
The NHS Information Centre for Health and Social Care. National Quality and
Outcomes Framework Achievement Data 2009/10, October 2010
AQUIK, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2010
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Mit diesem Indikator wird das gezielte Screening auf Depression bei bestimmten
Erkrankungen in der Hausarztpraxis erfasst. Ist ein Screening bereits während
einer stationären Behandlung bzw. bei mitbehandelnden Kollegen erfolgt, so ist
dieses durch den Hausarzt nicht mehr erforderlich.
Mögliche Handlungs-
konsequenz:
26
Überprüfung der Dokumentationsvollständigkeit
Verbesserung der Dokumentationsqualität
Etablierung von Patientenregistern für Patienten mit Diabetes mellitus, Patienten mit KHK etc.
Etablierung von Remindersystemen
Überprüfung der eigenen Behandlungsstrategien bei Depression und Multimorbidität
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 3
Einbindung der
Die Ergebnisse können zum Vergleich innerhalb von Praxen, Arztnetzen oder
Ergebnisse in die
Qualitätszirkeln genutzt werden. Gründe für unterschiedliche Werte können disQualitätszirkelarbeit: kutiert und in der weiteren Arbeit überprüft werden. Verbesserungsvorschläge
können erarbeitet und eingeführt werden, um die Erkennung und Behandlung von
Patienten mit depressiver Erkrankung und komorbider somatischer Erkrankung
zu verbessern.
Einbindung in das
Es wird evaluiert, inwieweit die Ergebnisse des Indikators statistischen ErwartunQualitätsmanagement: gen entsprechen. Auf Ebene der einzelnen Praxis sollten Maßnahmen implementiert werden, die zur Erhöhung der Rate auf Depression gescreenter Patienten
mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner
Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz führen.
Kosteneffektivität: Die Kosten einer Analyse der Patienten mit Depression als Komorbidität sind als
gering einzuschätzen, sofern die Screeningergebnisse in der elektronischen Patientenakte dokumentiert sind. Durch die adäquate Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz und komorbider Depression ist zu erwarten, dass sich
auch die Behandlungskosten der somatischen Ko-Erkrankungen reduzieren.
Indikator 3: Suizidalitätsabklärung bei Patienten mit Depression
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den prozentualen Anteil der Patienten in der Hausarztpraxis
mit depressiver Episode, bei denen initial die Suizidalität aktiv exploriert wurde.
Begründung:
Depressionen sind mit einem erhöhten Risiko für Suizidalität verbunden. Durch
eine aktive Abklärung von Suizidalität können suizidale Patienten frühzeitig
erkannt und geeignete Therapiemaßnahmen eingeleitet werden. Die vollständig
durchgeführte Anamnese zur Depression beinhaltet die aktive Exploration der Suizidalität.
Zielstellung:Ziel ist eine hohe Rate an Patienten mit Depression, die auf Suizidalität untersucht
wurden.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte
– Band C6, Version 1.0
27
Depression
Indikator 3
Voraussetzungen:
Vollständige Dokumentation der Diagnosen in der Patientenakte und Dokumentation der Suizidabklärung in der Patientenakte. Die Erfassung und Extraktion der
Diagnosen ist Routine in der Praxisdokumentation. Für die einfache Extraktion der
Dokumentation der Suizidabklärung ist ein entsprechendes Procedere (ggf. eine
eigene Kodierungsziffer) festzulegen.
Ausblick:Die systematische Erfassung von Suizidalität bei Patienten mit Episode einer unipolaren depressiven Erkrankung erhöht die Rate erkannter suizidaler Patienten.
Grundsätzlich kann dieser Indikator künftig dahingehend fortentwickelt werden,
dass neben der klinischen Situation auch Versorgungsereignisse zur Suizidabklärung genutzt werden können: Krankenhausentlassung, Veränderung der Therapie,
kritische Lebensereignisse etc.
(II) Erstellung
Zähler:Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und
F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in der Hausarztpraxis, bei denen initial
das Suizidalitätsrisiko erfragt und dokumentiert wurde
Nenner:
Alle Patienten mit neu aufgetretener Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1)
innerhalb der letzten zwölf Monate in der Hausarztpraxis
Formel: Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und
F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in der Hausarztpraxis,
bei denen initial das Suizidalitätsrisiko erfragt und dokumentiert wurde
Alle Patienten mit neu aufgetretener Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1)
innerhalb der letzten zwölf Monate in der Hausarztpraxis
Referenzwert: Ziel ist eine hohe Rate an Patienten mit Depression, bei denen initial Suizidalität
aktiv exploriert wurde. Der Wert sollte > 90 % bei Patienten mit Depression betragen.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation kann von hoher Validität der
Daten ausgegangen werden.
Reliabilität:Die Reliabilität des Indikators ist von der Dokumentation abhängig.
Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität hoch.
28
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 3
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz: Die hohe Mortalität von Patienten mit Depression beruht u. a. auf der Suizidalität.
Die Suizidrate bei Patienten mit depressiver Episode ist ca. 30-mal höher als in der
Durchschnittsbevölkerung (Harris et al. 1997). 60 bis 70 % der Patienten haben
während einer aktuellen depressiven Episode auch Suizidgedanken (NVL Depression 2011). Die Nationale Versorgungsleitlinie Depression empfiehlt, bei jedem Patienten mit einer depressiven Episode die Suizidalität bei jedem Patientenkontakt
klinisch einzuschätzen und gegebenenfalls zu explorieren. Weitere Informationen
zum Vorgehen bei der Suizidalitätsabklärung siehe Seite 13.
Indikatorensysteme: Die Nationale Versorgungsleitlinie Depression empfiehlt als klinischen Konsensuspunkt, dass bei jedem Patienten mit einer depressiven Störung Suizidalität
regelmäßig, bei jedem Patientenkontakt klinisch eingeschätzt und gegebenenfalls
exploriert werden sollte.
Ähnliche Qualitätsindikatoren zur Erfassung depressiv Erkrankter wurden vorgeschlagen von:
STABLE (STandards for BipoLar Excellence) Performance Measures. Boston
(MA): Center for Quality Assessment and Improvement in Mental Health;
2007. Various p.
AQUIK, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2010
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Alle Patienten mit Depression sollten initial auf Suizidalität untersucht werden,
unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder anderen Faktoren. Eine niedrige
Rate des Indikators spricht somit für eine unvollständige Anamnese.
Mögliche Handlungs-
konsequenz:
Überprüfung der Dokumentationsvollständigkeit
Verbesserung der Dokumentationsqualität
Einführung von diagnostischen Routinen
Einbindung der
Die Ergebnisse können zum internen Vergleich innerhalb von Hausarztpraxen, in
Ergebnisse in die
Arztnetzen, Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken genutzt werden. Der IndiQualitätszirkelarbeit: kator kann den Fortbildungsbedarf aufzeigen.
Einbindung in das
Mögliche Gründe für das Nichterfragen von Suizidalität sollten erörtert werden.
Qualitätsmanagement: Verbesserungsvorschläge können erarbeitet, in die Arbeit integriert und überprüft
werden.
Kosteneffektivität: – Band C6, Version 1.0
Durch die frühzeitige Abklärung der Suizidalität können Maßnahmen zur Suizidprävention eingeleitet werden. Außerdem ist eine strukturierte Erfassung von
Suizidalität in der Hausarztpraxis zeitökonomischer als eine unstrukturierte Erfassung. Studien, die eine durch frühzeitige Suizidalitätsabklärung bewirkte Einsparung von Folgekosten belegen, sind nicht bekannt.
29
Depression
Indikator 4
Indikator 4: Patientenaufklärung/-information zu Selbsthilfe- und
Angehörigengruppen bei Patienten mit Depression
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten mit Depression, die in der
Hausarztpraxis Informationen zu Symptomatik, Verlauf und Behandlung (einschließlich Nebenwirkung und Patientenselbstsorge) sowie zu Selbsthilfegruppen/
Angehörigengruppen/weiteren supportiven Angeboten ihrer Depression erhalten
haben.
Begründung:
Die Aufklärung und Informationsvermittlung sind essentielle Bestandteile der
Behandlung von Patienten mit Depression. Sie verbessern die Therapieadherence
und die Patientenaktivierung. Somit unterstützen sie die Genesung und Vorbeugung von Rückfällen. Die Aufklärung von Patienten mit Depression ist grundsätzlich eine Aufgabe des gesamten Praxisteams.
Zielstellung:
Ziel ist eine hohe Anzahl von Patienten mit Depression, die Informationen zu ihrer
Erkrankung einschließlich zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen erhalten.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Klinische Dokumentation in der elektronischen Patientenakte
30
Voraussetzungen:
Vollständige Dokumentation der Diagnosen und Dokumentation der Patientenaufklärung in der Patientenakte. Die Erfassung und Extraktion der Diagnosen ist Routine in der Praxisdokumentation. Für die einfache Extraktion der Dokumentation
der Patientenaufklärung und Informationsvermittlung ist ein entsprechendes Procedere (ggf. eine eigene Kodierungsziffer) festzulegen. Die Inhalte der Patientenaufklärung und Informationsvermittlung sind umfassend. Für die entsprechende
Dokumentation wird eine Aggregation der Daten empfohlen.
Ausblick:
Der Patient hat im Behandlungsprozess die Schlüsselposition inne und sollte über
die verschiedenen Aspekte der Erkrankung und Behandlung ausreichend aufgeklärt werden. In die Aufklärung der Patienten und die Informationsvermittlung
sollte das Praxisteam einbezogen werden. Die Konzepte für eine effiziente Aufklärung und Informationsvermittlung können in Zukunft weiterentwickelt werden.
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 4
(II) Erstellung
Zähler:
Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in einer
Hausarztpraxis innerhalb der letzten zwölf Monate, die über Symptomatik, Verlauf und Behandlung der Depression aufgeklärt wurden sowie Informationen zu
Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen
erhalten haben.
Nenner:
Alle Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb der letzten zwölf Monate
Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in einer
Hausarztpraxis innerhalb der letzten zwölf Monate, die über Symptomatik,
Verlauf und Behandlung der Depression aufgeklärt wurden sowie Informationen
zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen erhalten haben
Alle Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in einer
Hausarztpraxis innerhalb der letzten zwölf Monate
Referenzwert: Aufgrund der Neuentwicklung des Indikators liegen bisher noch keine Referenzwerte vor. Es wird zunächst ein Referenzwert von 70 % vorgeschlagen.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation kann von der Validität der
Daten ausgegangen werden.
Reliabilität:Die Reliabilität des Indikators ist von der Dokumentation abhängig.
Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität hoch.
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz: Patienten gewinnen u. a. durch die Annahme eines adäquaten Krankheitsmodells,
Psychoedukation, Informationen über die Behandlungsmaßnahmen, die Behandlungsdauer und den eigenen aktiven Einbezug in die medizinische Entscheidungsfindung ein verbessertes Verständnis über ihre Krankheit (NVL Depression 2011).
Für die Beratung der Patienten im Rahmen der Psychoedukation liegen evidenzbasierte Patienteninformationen vor (Härter et al. 2007b). Eine entsprechende Patienteninformation ist die Voraussetzung dafür, dass sich Patienten an der therapeutischen Entscheidungsfindung im ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Gespräch
beteiligen können. Inhalte der Patienteninformation sind laut NVL/S3-Leitlinie
Depression:
– Band C6, Version 1.0
31
Depression
Indikator 4
Aufklärung über das Krankheitsbild einer Depression einschließlich Merkmalen, an denen Betroffene ihre Erkrankung erkennen können (bereits durch
die Einordnung einer depressiven Störung als schwere Erkrankung kann ein
Patient deutliche Unterstützung und Entlastung erfahren)
Aufklärung über die Ursachen und die biopsychosoziale Eingebundenheit
einer depressiven Störung nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Aufklärung über die Behandlungsoptionen (Pharmakotherapie, Psychotherapie, Kombinationstherapie, nichtmedikamentöse somatische Therapien) und
den Behandlungsablauf, Wirklatenzen und mögliche Nebenwirkungen der
Behandlung, Thematisierung der Behandlungsdauer und aktiver Einbezug des
Patienten in die Entscheidungsfindung und Selbstsorge
Aufklärung über die Prognose einer depressiven Störung
Darüber hinaus sollten Inhalte der Patienteninformation sein:
Vereinbarung konkreter Therapieziele, bezogen auf die Depressionssymptome, innerhalb eines definierten Zeitraums
Vereinbarung von konkreten Patientenaktivitäten (u. a. Genussziele, wie lebensfreudige Alltagsaktivitäten)
Vereinbarung der regelmäßigen Verlaufsbeobachtung der Therapieeffekte
In einer Befragung von psychisch erkrankten Selbsthilfegruppenmitgliedern gaben
88 % „viel“ oder „etwas“ Symptomverbesserung an. Davon waren 29 % „absolut“,
34 % „sehr“ und 29 % „ziemlich zufrieden“ mit ihrer Selbsthilfegruppe (Hartmann
2006). Diese Werte entsprachen fast denen einer Vergleichsgruppe von Patienten,
die sich in psychotherapeutischer Behandlung befanden. In einem Review von
zwölf eingeschlossenen Effektivitätsstudien wurde Evidenz dafür gefunden, dass
Patienten von Selbsthilfegruppen profitieren (Pistrang et al. 2008).
Indikatorensysteme: Der Indikator beruht auf den Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie
Depression 2011. Es liegt eine Empfehlung der Stärke A der Nationalen Versorgungsleitlinie vor.
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf die umfassende Behandlungsqualität in den Arztpraxen bzw. Arztnetzen. Eine niedrige Anzahl an Patienten, bei denen eine Aufklärung über Symptomatik, Verlauf und Behandlung der Depression sowie Informationsvermittlung zu Selbsthilfe- und Angehörigengruppen erfolgte, ist ein Hinweis
auf ein verbesserungsbedürftiges Beratungsangebot.
Mögliche Handlungs-
konsequenz:
32
Verbesserung der Dokumentationsqualität
Erarbeitung eines strukturierten Beratungsmoduls
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 5
Einbindung der
Die Ergebnisse dieses Indikators können innerhalb einer Hausarztpraxis ausgewerErgebnisse in die
tet werden. Gründe für eine unvollständige Rate an aufgeklärten Patienten können
Qualitätszirkelarbeit: diskutiert und Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Grundlage der Patientenaufklärung sind ausreichendes Fachwissen und Gesprächskompetenz. Diese
Aspekte können in Qualitätszirkeln aufgegriffen werden.
Einbindung in das
Möglichst viele Patienten mit Depression sollten über ihre Erkrankung aufgeklärt
Qualitätsmanagement: werden und Informationen zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen erhalten haben. Durch die Anwendung des Indikators können Standardwerte zur Ausprägung des Indikators ermittelt werden.
Kosteneffektivität: Eine adäquate Aufklärung von Patienten mit Depression verbessert die Adherence
zu einer leitlinienorientierten Behandlung. Positive Effekte hinsichtlich der Kosteneffektivität bei qualifizierter, leitlinienorientierter Behandlung sind zu erwarten
(Sanderson et al. 2003; Revicki et al. 1998).
Durch die Vermittlung von Informationen zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen ist zu erwarten, dass mehr Patienten diese Angebote wahrnehmen. Krankheitslast und Behandlungskosten sollten sinken.
Indikator 5: Patienten mit Depression, die eine antidepressive Pharmakotherapie
durch den Hausarzt verordnet bekommen
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den prozentualen Anteil der Patienten mit Depression in
einer Hausarztpraxis, die eine durch den Hausarzt verordnete antidepressive Pharmakotherapie erhalten haben.
Begründung:
Die antidepressive Pharmakotherapie ist eine Säule der Behandlung von Patienten
mit Depression. Gleichzeitig ist jede Pharmakotherapie mit Risiken verbunden.
Aus diesem Grund sollten Ärzte genaue Kenntnis über ihr Verordnungsverhalten
bei der antidepressiven Pharmakotherapie haben. Hier soll nicht die Qualität der
individuellen Patientenverordnung im Sinne einer Leitliniengerechtigkeit, sondern
das heterogene Verordnungsverhalten des Hausarztes im Sinne einer Über- oder
Unterverordnung abgebildet werden.
Zielstellung:Dieser Indikator soll die Anzahl der Patienten mit Depression einer Hausarztpraxis
ermitteln, die eine hausärztlich verordnete Pharmakotherapie erhalten.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
– Band C6, Version 1.0
33
Depression
Indikator 5
Datenquelle:
Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten
der Kostenträger
Voraussetzungen:
Vollständige Dokumentation der Diagnosen und Verordnungen in der elektronischen Patientenakte
Ausblick:
Es besteht die Möglichkeit, den Indikator anhand der Erfahrungen in seiner
Anwendung weiter zu spezifizieren. Wesentliche Punkte sind hierbei der Zeitraum
der Diagnosendokumentation, die Erfassung des Schweregrades einer Depression,
die Erfassung des Verlaufs mit validierten Instrumenten und die Differenzierung
des Zeitpunktes der therapeutischen Intervention.
(II) Erstellung
Zähler:
Anzahl der Patienten mit Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis, die eine antidepressive Pharmakotherapie (N06AA Nichtselektive MonoaminWiederaufnahmehemmer; N06AB Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer;
N06AF Monoaminoxidasehemmer, nichtselektiv; N06AG Monoaminoxidase-AHemmer; N06AX andere Antidepressiva; N05AN01 Lithium)1 durch den Hausarzt
verordnet bekommen
Nenner:
Alle Patienten mit Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis
Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) in einer
Hausarztpraxis, die eine antidepressive Pharmakotherapie durch den Hausarzt
verordnet bekommen
Alle Patienten mit Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis
Referenzwert:
Dieser Indikator dient zur Abbildung der Versorgung von Patienten mit Depression, bezogen auf die antidepressive Pharmakotherapie. Ein Zielwert kann und soll
nicht vorgegeben werden, da die medikamentöse Therapie in Abhängigkeit vom
Schweregrad der Erkrankung indiziert ist.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Die Validität ist hoch.
Reliabilität: Die Reliabilität ist dokumentationsabhängig.
Sensitivität:Die Sensitivität ist hoch.
1 Bei den genannten ATC-Codes handelt es sich lediglich um Vorschläge. Vor einer konkreten Berechnung sollte von den Anwendern überprüft werden, welche ATC-Codes nach der aktuellen Evidenzlage und dem aktuellen Präparateangebot auf dem Pharmamarkt für die Erfüllung des Indikators relevant sind.
34
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 5
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz: Zur Wirksamkeit von Antidepressiva liegen zahlreiche randomisierte und placebokontrollierte klinische Studien sowie Metaanalysen vor (NVL Depression 2011). Bei
leichten Depressionen ist in klinischen Studien ein Unterschied zwischen Placebo
und Antidepressiva nicht nachweisbar.
Indikatorensysteme:
Ähnliche Indikatoren werden aufgeführt von:
Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze (AQUA-Institut 2002)
HDC Topics: Depression [Internet]. Rockville (MD): HRSA Health Disparities
Collaboratives 2005
Es erfolgte eine Umformulierung entsprechend den Ergebnissen der Paneldiskussion mit Bezug auf Hausärzte und ohne Schweregradeinteilung. In der Modifikation
des Indikators, vgl. unten, ist die Eingrenzung auf den Hausarzt aufgehoben.
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Der Indikator bezieht sich auf alle Patienten in der Hausarztpraxis mit einer
Depression, unabhängig vom Schweregrad. In die Analyse des Indikators sind
somit auch Patienten eingeschlossen, die laut Leitlinie keine klare Indikation für
eine medikamentöse antidepressive Therapie haben. Der Indikator dient somit zur
Deskription des Anteils der Patienten mit Depression und pharmakotherapeutischer Versorgung unabhängig davon, ob sie indiziert ist oder nicht. Der Indikator
ist demnach nicht in der Lage, die Leitliniengerechtigkeit der Versorgung direkt zu
bewerten.
Mögliche Handlungskonsequenz:
Überprüfung der angewendeten Therapien bei depressiven Erkrankungen
Einbindung der
Die Ergebnisse können zum Vergleich zwischen verschiedenen Hausarztpraxen
Ergebnisse in die
genutzt werden. Gründe für unterschiedliche Werte können diskutiert und in der
Qualitätszirkelarbeit: weiteren Arbeit überprüft werden. Darüber hinaus kann ein formativer Fortbildungsbedarf identifiziert werden.
Kosteneffektivität: Zur Kosteneffektivität kann keine Aussage getroffen werden.
Modifikation des Indikators 5: Patienten mit Depression, die eine
antidepressive Pharmakotherapie unabhängig vom Verordner erhalten
(I) Beschreibung
Aussage: Mit dieser Modifikation des Indikators soll ermöglicht werden, die Situation aus
der Perspektive der betroffenen Patienten unabhängig vom behandelnden Arzt
zu beschreiben. Unter Nutzung der Abrechnungsdaten der Kostenträger kann
– Band C6, Version 1.0
35
Depression
Indikator 5
beschrieben werden, ob diese Patienten mit einer Pharmakotherapie versorgt sind.
Die hausärztliche Ebene kann dabei die Patientensituation sowohl direkt – indem
sie selbst verordnet – oder indirekt vermittelnd – indem sie angemessen überweist –
verbessern.
(II) Erstellung
Zähler:
Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33*)
innerhalb eines Jahres in einer Hausarztpraxis, bei denen eine ambulante antidepressive Pharmakotherapie (mindestens eine Verordnung; ATC-Codes s. Indikator 5), unabhängig vom Verordner, besteht
Nenner:
Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (Diagnosen F 32*, F 33*)
innerhalb eines Jahres in einer Hausarztpraxis
Formel: Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33*)
innerhalb eines Jahres in einer Hausarztpraxis, bei denen eine ambulante
antidepressive Pharmakotherapie (mindestens eine Verordnung),
unabhängig vom Verordner, besteht
Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (Diagnosen F 32*,
F 33*) innerhalb eines Jahres in einer Hausarztpraxis
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Der Indikator bezieht sich auf die Population von Hausärzten und hausärztlich tätigen Internisten. In die Analyse gehen auch Verordnungsstatistiken von weiteren
Fachgebieten ein, die an der medizinischen Versorgung depressiv erkrankter Patienten beteiligt sind (z. B. Fachärzte für Neurologie, für Psychiatrie und Psychotherapie, für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie).
Datenquelle:
Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten
der Kostenträger
36
Messgüte:
Aufgrund der Modifikation werden keine Angaben zur Messgüte gemacht.
Interpretation:
Der Indikator bezieht sich auf alle Patienten mit einer Diagnose F 32*, F 33*, unabhängig vom Schweregrad. In die Analyse des Indikators sind somit auch Patienten
eingeschlossen, die laut Leitlinie keine klare Indikation für eine medikamentöse
antidepressive Therapie haben. Der Indikator dient somit zur Abbildung der Versorgung von Patienten mit Depression mit ambulanter antidepressiver medikamentöser Therapie, insbesondere in Zusammenhang mit der Information über die
anhand von Indikator 6 ermittelte Dauer der Therapie.
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 6
Indikator 6: Ausreichende Dauer der antidepressiven Pharmakotherapie nach Remission
(I) Beschreibung
Aussage: Der Indikator misst den Anteil der Patienten mit einer Depression, die eine Mindesteinnahmezeit ihrer antidepressiven Medikation von 16 Wochen nach Remission hatten.
Begründung:
Antidepressiva sollen mindestens vier bis neun Monate über die Remission einer
depressiven Episode hinaus eingenommen werden, weil sich hierdurch das Risiko eines Rückfalls erheblich vermindern lässt. In dieser Erhaltungsphase soll die
gleiche Dosierung wie in der Akutphase fortgeführt werden. Der Hausarzt ist auch
für die Exploration der Effekte der durch ihn oder andere initiierten Pharmakotherapie verantwortlich. Mit einer regelmäßigen Verlaufsbeobachtung kann der
Remissionszeitpunkt erfasst werden.
Zielstellung:Ziel ist die Remissionserhaltung mittels fortgesetzter antidepressiver Pharmakotherapie nach erfolgreicher Akutbehandlung.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate (inkl. einer ausreichenden Nachbeobachtungszeit).
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Bereich nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Klinische Dokumentation in der elektronischen Patientenakte
Voraussetzungen:
Es ist eine vollständige Dokumentation der Diagnosen, der verordneten Medikation und der empfohlenen Therapiedauer erforderlich. Weiterhin müssen regelmäßige Verlaufskontrollen erfolgen und dokumentiert (ggf. durch eine eigene
Kodierungsziffer) sein, um den Zeitpunkt der Remission zu erfassen.
Ausblick:
Die Anwendung des Indikators hilft, die Behandlungsqualität zu verbessern. Durch
die erforderlichen Verlaufskontrollen und Überprüfung der Mindesteinnahmezeit
der Erhaltungstherapie können die Leitlinienempfehlungen flächendeckend implementiert werden.
(II) Erstellung
Zähler:
Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis mit antidepressiver Pharmakotherapie (ATC-Codes
s. Indikator 5) und erreichter Remission, die ihre Medikation über mindestens vier
weitere Monate in der gleichen Dosierung erhalten
Nenner:
Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis mit antidepressiver Pharmakotherapie und erreichter
Remission
– Band C6, Version 1.0
37
Depression
Indikator 6
Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb von
24 Monaten in einer Hausarztpraxis mit antidepressiver Pharmakotherapie
und erreichter Remission, die ihre Medikation über mindestens vier weitere
Monate in der gleichen Dosierung erhalten
Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb von
24 Monaten in einer Hausarztpraxis mit antidepressiver Pharmakotherapie
und erreichter Remission
Referenzwert: Ein möglichst hoher Anteil der Patienten mit begonnener antidepressiver Pharmakotherapie sollte diese über mindestens vier Monate nach erfolgter Remission in
gleicher Dosierung einnehmen. In bestehenden Indikatoren wird als Referenz ein
Wert von > 70 % angegeben. Aufgrund der Komplexität des Patientenkollektivs in
der Hausarztpraxis wird als Referenz ein Wert von > 60 % vorgeschlagen.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Die Validität ist hoch. Der Indikator macht eine definitive Aussage über die ausreichend lange mit Antidepressiva behandelten Patienten.
Reliabilität:Nur die mit den ICD-10-Codes klassifizierten Patienten werden vom Indikator
erfasst. Die Nachvollziehbarkeit der Medikation, einschließlich der Defined Daily
Dose (DDD), ist von der vollständigen Dokumentation abhängig. Patienten, die eine
antidepressive Therapie neben dem Hausarzt von anderen Ärzten erhalten haben,
werden mit diesem Indikator nicht systematisch erfasst.
Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität für Veränderungen hoch.
38
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz:
Das Ziel der Erhaltungstherapie ist die Stabilisierung des Patienten, um einen
Rückfall zu vermeiden. Eine vorzeitige Beendigung der Behandlung ist mit einer
hohen Rückfallgefahr verbunden. So kann das Rückfallrisiko um bis zu 70 % durch
eine Erhaltungstherapie gesenkt werden (Geddes et al. 2003). In dem Review von
Geddes und Kollegen zeigte sich eine deutliche Überlegenheit der Antidepressiva
gegenüber Placebo in der Erhaltungstherapie (Geddes et al. 2003). Die Guidelines
des National Institute for Health and Clinical Excellence, der American Psychiatric
Association und der Canadian Psychiatric Association empfehlen eine Dauer der
Erhaltungstherapie von 4 bis 9 Monaten (National Institute for Health and Clinical
Excellence 2004; American Psychiatric Association 2000, Canadian Psychiatric Association 2001). Eine ausreichend lange und ausreichend hohe Dosierung ist wichtiger als die Auswahl eines bestimmten Antidepressivums.
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 6
Indikatorensysteme: Der Indikator beruht auf den Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie
Depression 2011. Es liegt eine Empfehlung der Stärke A der Nationalen Versorgungsleitlinie vor.
Ähnliche Indikatoren werden in folgenden Systemen angegeben:
AQUA-Institut 2002: Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze. Teil C7
Depression
AQUIK, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2010
Physician Consortium for Performance Improvement®. Major depressive disorder physician performance measurement set. Chicago (IL): American Medical Association (AMA); 2006 Mar. 27 p.
American Psychiatric Association (APA). Practice guideline for the treatment
of patients with major depressive disorder (revision). American Psychiatric
Association. Am J Psychiatry 2000 Apr:157 (4 Suppl):1–45.
National Committee for Quality Assurance (NCQA). NCQA quality divided calculator: Hedis scores page. Washington (DC): National Committee for Quality
Assurance (NCQA), [assessed 2008 Sep 22]
RAND Health Program (Kerr EA 2000)
ACOVE Quality Indicators des American College of Physicians – American
Society of Internal Medicine (Acove 2001)
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf die leitliniengerechte Therapieumsetzung in den
Arztpraxen bzw. Arztnetzen. Eine niedrige Anzahl an Patienten, die ihre antidepressive Medikation über mindestens vier Monate nach Remission einnehmen,
kann ein Hinweis auf unzureichende Umsetzung der Leitlinienempfehlung sein.
Weitere – vom behandelnden Arzt nicht beeinflussbare – Gründe, z. B. Therapieabbruch durch den Patienten, sind ebenfalls möglich und müssen erörtert werden.
Als Limitation ist zu beachten, dass die vier Monate über die Remission hinausreichende Verordnung der antidepressiven Pharmakotherapie im klinischen Alltag
umstritten ist. Sie ersetzt keine strukturierte psychoedukative Intervention zur
nachhaltigen Rückfallprophylaxe.
Mögliche Handlungs- Verbesserung der Dokumentationsqualität (Dokumentation von empfohlener
konsequenz:Therapiedauer, Dokumentation der Remission, Dokumentation von Therapieabbrüchen)
Maßnahmen zur Verbesserung der Adherence etablieren (z. B. Aufklärung
über Behandlungsverlauf)
Aktive Exploration der Remission
– Band C6, Version 1.0
39
Depression
Indikator 6
Einbindung der
Die Ergebnisse dieses Indikators können innerhalb einer Hausarztpraxis, in ArztErgebnisse in die
netzen, Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken ausgewertet werden. Die LeitQualitätszirkelarbeit: linienempfehlungen können diskutiert und Gründe für vorzeitige Therapieabbrüche erörtert werden. Maßnahmen zur Erhöhung der Rate sollten besprochen und
umgesetzt werden. Maßnahmen zur Verbesserung der aktiven Exploration der
Remission können eingeführt werden.
Einbindung in das
Es wird evaluiert, inwiefern die Ergebnisse des Indikators den Referenzwerten
Qualitätsmanagement: entsprechen. Ziel ist eine möglichst hohe Rate an Patienten mit depressiver
Erkrankung und Indikation zur antidepressiven Pharmakotherapie, die ihre antidepressive Therapie mindestens vier Monate nach Remission erhalten. Geeignete
Maßnahmen zur Erhöhung der Rate sollten unter den beteiligten Ärzten vereinbart werden. Durch die zu erwartende Steigerung der Rate an Patienten, die ihre
Erhaltungstherapie für den Mindestzeitraum in ausreichender Dosierung erhalten,
sollten die Patienten von der Anwendung des Indikators profitieren.
Kosteneffektivität: Kurzfristig ist zu erwarten, dass eine bessere Behandlung depressiver Patienten die
direkten Kosten erhöht (Lave et al. 1998; Schoenbaum et al. 2001). Eine Kosteneffektivität ist längerfristig zu erwarten, wenn die Anzahl der Patienten mit Rückfall
sinkt und wenn indirekte Kosten, z. B. Krankheitstage, berücksichtigt werden.
Modifikation des Indikators 6: Dauer der antidepressiven
Pharmakotherapie – Routinedatenanalyse
40
(I) Beschreibung
Aussage: Mit dieser Modifikation des Indikators soll anhand von Routinedaten beschrieben
werden, ob Patienten mit Depression und neu begonnener antidepressiver Pharmakotherapie eine ausreichend lange antidepressive Pharmakotherapie erhalten
haben.
(II) Erstellung
Zähler: Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33*) und neu begonnener antidepressiver Pharmakotherapie (ATC-Codes s. Indikator 5) innerhalb von 24 Monaten, die diese für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten verordnet bekamen. (Als Schätzwert für eine ausreichend lange Pharmakotherapie werden sechs
Monate angesetzt. Diese setzen sich zusammen aus einem „unteren“ Wert für eine
mindestens sechswöchige Akuttherapie und eine mindestens viermonatige Erhaltungstherapie.)
Nenner: Alle Patienten mit Depression (F 32*, F 33*) und neu begonnener medikamentöser
antidepressiver Therapie innerhalb von 24 Monaten
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 7
Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33*) und neu begonnener
medikamentöser antidepressiver Therapie innerhalb von 24 Monaten, die diese
für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten verordnet bekamen
Alle Patienten mit Depression (F 32*, F 33*) und neu begonnener medikamentöser antidepressiver Therapie innerhalb von 24 Monaten
Voraussetzungen:
Es ist eine vollständige Dokumentation der Diagnosen und die Erfassung der Defined Daily Dose der antidepressiven Medikation erforderlich.
Eine Therapie gilt als neu begonnen, wenn innerhalb der letzten sechs Monate vor
der ersten Verordnung im Rahmen der neu begonnenen Therapie keine Verordnung und kein Krankenhausaufenthalt erfolgt waren.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate (inkl. einer ausreichend langen Vor- und
Nachbeobachtungszeit).
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten, Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und
Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Datenquelle:
Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten
der Kostenträger
Messgüte:
Aufgrund der Modifikation werden keine Angaben zur Messgüte gemacht.
Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf die Dauer einer antidepressiven Pharmakotherapie bei Patienten mit Depression. Durch die Auswertung der Daten der Kostenträger kann eine populationsbezogene Analyse im medizinischen Versorgungssystem
erfolgen. Relevant für die Beurteilung sind insbesondere die Patienten, bei denen
eine antidepressive Pharmakotherapie begonnen wurde, diese jedoch kürzer als
sechs Monate dauerte. Gründe hierfür (z. B. Abbruch durch Therapienebenwirkung) können in Hausarztpraxen, in Arztnetzen, Qualitätszirkeln oder auch in KVBezirken analysiert und diskutiert werden.
Indikator 7: Patienten mit Depression, die durch den Hausarzt
eine Empfehlung zur psychotherapeutischen Behandlung erhalten
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den prozentualen Anteil der Patienten mit Depression in
hausärztlicher Behandlung, die durch den Hausarzt eine Empfehlung zur Psychotherapie erhalten haben.
Begründung:
In der Behandlung von Patienten mit Depression ist Psychotherapie im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich etabliert. Die psychotherapeutische
Behandlung der Depression ist als wirksam nachgewiesen, wobei die Effektivität
– Band C6, Version 1.0
41
Depression
Indikator 7
mit Schweregrad, Chronizität und Symptomausgestaltung der Depression variiert
(NVL Depression 2011). Für das hausärztliche Feld ist auch schon die Empfehlung
unabhängig vom tatsächlichen Starttermin der Psychotherapie von Bedeutung.
Zielstellung:
Dieser Indikator soll die Anzahl der Patienten mit Depression einer Hausarztpraxis, in Arztnetzen, Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken ermitteln, die eine
Empfehlung zu einer psychotherapeutischen Behandlung erhalten.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte
Voraussetzungen:
Vollständige Dokumentation der Diagnosen (F 32*, F 33* und F 34.1) in der elektronischen Patientenakte und ggf. eine eigene Kodierungsziffer für die ausgesprochene Empfehlung
Ausblick:
Es besteht die Möglichkeit, den Indikator anhand der Erfahrungen aus der Anwendung zu spezifizieren. Wesentliche Punkte sind hierbei der Zeitraum der Diagnosendokumentation, die Erfassung des Schweregrades einer Depression und die
Differenzierung des Zeitpunktes der therapeutischen Intervention. Perspektivisch
könnte auch mit der tatsächlich ausgestellten Überweisung zur Psychotherapie als
Grundlage der Indikatorenerstellung gearbeitet werden.
(II) Erstellung
Zähler:
Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*
bzw. F 34.1) innerhalb von zwölf Monaten, die durch den Hausarzt eine Empfehlung zur Psychotherapie erhalten haben
Nenner:
Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*
bzw. F 34.1) innerhalb von zwölf Monaten
Formel: Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit Depression
(ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von zwölf Monaten, die durch den
Hausarzt eine Empfehlung zur Psychotherapie erhalten haben
Referenzwert:
42
Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit Depression
(ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von zwölf Monaten
Dieser Indikator dient zur Abbildung des Versorgungsverhaltens von Patienten
mit Depression, bezogen auf die psychotherapeutische Behandlung. Ein Zielwert
kann und soll nicht vorgegeben werden.
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 7
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Die Validität ist hoch.
Reliabilität: Die Reliabilität ist dokumentationsabhängig.
Sensitivität:Die Sensitivität ist hoch.
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz:
In Reviews wurden psychotherapeutische Behandlungsverfahren, die speziell auf
die Therapie der Depression abgestimmt sind (z. B. kognitive Verhaltenstherapie,
psychodynamische Psychotherapie), als gleich wirksam wie Antidepressiva
beschrieben. Die Studien zur alleinigen Behandlung mit Psychotherapie wurden
vorwiegend im ambulanten Rahmen bei nichtpsychotischen und nichtsuizidalen
Patienten durchgeführt (NVL Depression 2011). Zur Behandlung einer akut leichten
bis mittelschweren Depression soll eine Psychotherapie angeboten werden (NVL
Depression 2011). Bei einer schweren depressiven Episode soll eine Kombinationsbehandlung aus Psychotherapie und medikamentöser Therapie angeboten werden.
Indikatorensysteme:Der Indikator in seiner ursprünglichen Formulierung beruhte auf den Empfehlungen der NVL Depression 2011 und bezog sich auf das Angebot einer Psychotherapie bei akuter leichter bis mittelschwerer Depression. Er wurde im Sinne der
geführten Diskussion im Expertenpanel umformuliert (Bezug auf den Hausarzt,
ohne Schweregraddifferenzierung).
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Der Indikator kann aufzeigen, wie viele Patienten mit Depression durch den Hausarzt eine Empfehlung zur psychotherapeutischen Behandlung erhalten. Er bezieht
sich auf alle Patienten in der Hausarztpraxis mit einer Diagnose F 32*, F 33* oder
F 34.1, unabhängig vom Schweregrad. Es sind verschiedene Limitationen für die
Interpretation des Indikators zu berücksichtigen:
Patienten lehnen eine psychotherapeutische Behandlung ab.
Patienten haben bereits früher eine psychotherapeutische Behandlung erhalten und eine neue ist nicht indiziert.
Es erfolgte bereits eine Überweisung durch Klinik, psychiatrische Institutsambulanz oder Facharzt.
Mögliche Handlungs- Überprüfung der angewendeten Therapien bei Depressionen, Intensivierung der
konsequenz:
Kooperation zwischen hausärztlichen und psychotherapeutischen Kollegen
– Band C6, Version 1.0
43
Depression
Indikator 7
Einbindung der
Die Ergebnisse können zum Vergleich in Hausarztpraxen, in Arztnetzen, QualiErgebnisse in die
tätszirkeln oder auch in KV-Bezirken genutzt werden. Gründe für unterschiedliche
Qualitätszirkelarbeit: Werte können diskutiert und in der weiteren Arbeit überprüft werden. Darüber
hinaus kann ein formativer Fortbildungsbedarf identifiziert werden.
Kosteneffektivität: Zur Kosteneffektivität kann keine Aussage getroffen werden.
Modifikation des Indikators 7: Patienten mit Depression, die eine
psychotherapeutische Behandlung erhalten, unabhängig vom Verordner
(I) Beschreibung
Aussage: Mit dieser Modifikation des Indikators soll ermöglicht werden, anhand von Routinedaten zu analysieren, wie viele Patienten mit depressiver Erkrankung in hausärztlicher Behandlung eine Psychotherapie erhalten.
(II) Erstellung
Zähler:
Anzahl der Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*,
F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis, die eine
psychotherapeutische Behandlung erhalten haben
Nenner:
Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33*
bzw. F 34.1) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis
Formel: Anzahl der Patienten mit mindestens einer kodierten Depression
(ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis, die eine psychotherapeutische Behandlung erhalten haben
Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression
(ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von 24 Monaten
in einer Hausarztpraxis
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate (inkl. einer ausreichend langen Nachbeobachtungszeit).
Einbezogene
Fachgruppen: Der Indikator bezieht sich auf Hausärzte und hausärztlich tätige Internisten. In
die Analyse gehen auch die abgerechneten Leistungen von psychotherapeutisch
tätigen Fachgebieten ein.
Datenquelle:
Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten
der Kostenträger
Messgüte:Aufgrund der Neuentwicklung werden keine Angaben zur Messgüte gemacht.
44
– Band C6, Version 1.0
Depression
Interpretation: Indikator 8
Der Indikator kann aufzeigen, wie viele Patienten einer Hausarztpraxis, in Arztnetzen, Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken mit Depression eine psychotherapeutische Behandlung erhalten haben.
Indikator 8: Patienten mit schwerer depressiver Episode, die durch
den Hausarzt die Empfehlung zu einer Kombinationstherapie erhalten
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten mit schwergradiger depressiver
Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) in der Hausarztpraxis, für die dokumentiert
ist, dass ihnen eine Kombinationsbehandlung, bestehend aus antidepressiver Pharmakotherapie und Psychotherapie, empfohlen wurde.
Begründung:
Patienten mit schwerer depressiver Episode stellen besondere Herausforderungen
(komplexer Versorgungsbedarf) an die beteiligten Akteure der medizinischen Versorgung. Aufgrund der hohen Symptombelastung für die Patienten, der erhöhten
Suizidgefahr und der entstehenden Kosten (u. a. durch Krankheitstage, Krankenhausaufenthalte) besteht ein erhöhter Handlungsbedarf. Die optimale Versorgung
für diese Patientengruppe erfordert Interdisziplinarität und eine gute Kooperation
auch der beteiligten Ärzte. Hausärzte haben hier eine besondere koordinierende Funktion. In der Therapie ist die Wirksamkeit der Kombinationsbehandlung
(Pharmako- und Psychotherapie) nachgewiesen (NVL Depression 2011). Patienten
mit schwergradiger depressiver Episode sollen von Hausärzten die Kombinationstherapie empfohlen bekommen.
Zielstellung:
Möglichst vielen Patienten mit schwergradiger depressiver Episode sollte eine
Kombinationsbehandlung mit antidepressiver Pharmakotherapie und Psychotherapie angeboten werden.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Klinische Dokumentation und Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte
Voraussetzungen:
– Band C6, Version 1.0
Eine vollständige Dokumentation der Diagnosen einschließlich der Schweregradeinteilung entsprechend der ICD-10-Klassifikation in der Patientenakte und die
Dokumentation der Empfehlung einer Kombinationstherapie in der Patientenakte
sind erforderlich. Die Erfassung und Extraktion der Diagnosen ist Routine in der
Praxisdokumentation. Für die einfache Extraktion der Dokumentation der Information ist ein entsprechendes Procedere (ggf. eine eigene Kodierungsziffer) festzulegen.
45
Depression
Indikator 8
Ausblick:
Die Jahresprävalenz von Patienten mit schwerer depressiver Episode in einer hausärztlichen Praxis ist gering einzuschätzen. Durch Anwendung des Indikators sollte
perspektivisch erreicht werden, dass alle Patienten mit schwerer depressiver Episode das Angebot einer Kombinationstherapie erhalten.
(II) Erstellung
Zähler:Anzahl der Patienten mit schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2)
innerhalb von zwölf Monaten in hausärztlicher Behandlung, für die dokumentiert
ist, dass ihnen eine Kombinationsbehandlung mit antidepressiver Pharmakotherapie (ATC-Codes s. Indikator 5) und Psychotherapie durch den Hausarzt empfohlen
wurde
Nenner:Alle Patienten mit schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von zwölf Monaten in hausärztlicher Behandlung
Formel: Anzahl der Patienten mit schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und
F 33.2) innerhalb von zwölf Monaten in hausärztlicher Behandlung, für die
dokumentiert ist, dass ihnen eine Kombinationsbehandlung mit antidepressiver
Pharmakotherapie und Psychotherapie durch den Hausarzt empfohlen wurde
Anzahl der Patienten mit schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und
F 33.2) innerhalb von zwölf Monaten in hausärztlicher Behandlung
Referenzwert: Dieser Indikator wurde basierend auf der Empfehlung der Nationalen Versorgungleitlinie Depression entwickelt. Danach soll allen Patienten mit schwerer
depressiver Episode eine Kombinationstherapie aus Pharmakotherapie und Psychotherapie angeboten werden. Referenzwerte liegen bisher nicht vor. Als Referenz wird ein Wert > 90 % vorgeschlagen.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Die Validität ist hoch. Der Indikator macht eine Aussage über die Häufigkeit
des Angebots einer Kombinationstherapie bei Patienten mit schwerer depressiver
Episode.
Reliabilität:Die Reliabilität ist hoch, wenn die ICD-10-Kriterien in der Diagnostik konsequent
angewendet werden und somit eine adäquate Einschätzung der Schwere der
Erkrankung erfolgt.
Sensitivität:
46
Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität der Indikators hoch.
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 8
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz: Für die Kombinationstherapie bei Patienten mit schwerer depressiver Episode
konnten signifikante additive Effekte gegenüber einer alleinigen Pharmakotherapie
und gegenüber einer alleinigen Psychotherapie nachgewiesen werden (Schramm et
al. 2007; Thase et al. 1997). Demgegenüber zeigten entsprechende Studien bei
leicht- bis mittelgradiger depressiver Episode keine klaren Überlegenheitseffekte
einer Kombinationstherapie.
Indikatorensysteme: Der Indikator wird bisher noch nicht in anderen Systemen angewendet. Er beruht
auf den Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie Depression 2011. Es
liegt eine Empfehlung der Stärke A der Nationalen Versorgungsleitlinie vor.
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf den Umfang der Therapieplanung bei Patienten
mit schwerer depressiver Episode. Niedrige Werte des Indikators können auch ein
Hinweis auf ein unzureichendes Behandlungsangebot sein. Ein weiterer Grund für
niedrige Werte kann eine fehlende Dokumentation sein.
Mögliche Handlungs-
konsequenz:
Verbesserung der Dokumentationsqualität
Umsetzung der Leitlinienempfehlung
Vernetzung mit Psychotherapeuten
Einbindung der
Alle Patienten mit schwerer depressiver Episode sollten eine Kombinationstherapie
Ergebnisse in die
angeboten bekommen. Ein Großteil wird an Fachspezialisten überwiesen. NichtsQualitätszirkelarbeit: destotrotz sollte eine Kombinationstherapie vom Hausarzt empfohlen werden. Die
Erfassung des prozentualen Anteils der Patienten anhand dieses Indikators, denen
eine Kombinationstherapie empfohlen wurde, ermöglicht einen Soll-/Ist-Vergleich
für die Hausarztpraxen, Arztnetze, Qualitätszirkel oder auch KV-Bezirke, in denen
der Indikator angewendet wird. Begründungen, warum keine Kombinationstherapie angeboten wurde, sollten dokumentiert und nachvollziehbar sein. Diese
können in Qualitätszirkeln bzw. einrichtungsinternen Besprechungen diskutiert
werden.
Einbindung in dasDurch Anwendung des Indikators ist perspektivisch die Ermittlung von ReferenzQualitätsmanagement: werten möglich. Auf Ebene der einzelnen Praxis sollten Maßnahmen implementiert werden, die zur Erhöhung der Rate an Patienten führen, die eine Kombinationstherapie angeboten bekommen. In der Folge kann die Vernetzung in den
Versorgungsstrukturen und die Kooperation der verschiedenen Akteure in der
Behandlung verbessert werden.
Kosteneffektivität: – Band C6, Version 1.0
Untersuchungen zur Kosteneffektivität liegen nicht vor. Patienten, die eine Kombinationstherapie in Anspruch nehmen, können von einer verkürzten Krankheitsdauer und verminderter Symptomatik profitieren. Somit ist eine indirekte Kosteneffektivität möglich.
47
Depression
Indikator 8
Modifikation des Indikators 8: Durchführung einer adäquaten antidepressiven Therapie
bei schwergradiger depressiver Episode unabhängig vom Verordner
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten in der Hausarztpraxis mit neu aufgetretener schwergradiger depressiver Episode, die eine adäquate antidepressive
Therapie, unabhängig vom Verordner, erhalten. Die nach Einleitung einer adäquaten Therapie bei Patienten mit schwerer depressiver Episode erfolgte Versorgung
soll mit dieser Modifikation erfasst werden. Es sollten alle Patienten mit einer neu
aufgetretenen schwergradigen depressiven Episode eine adäquate Therapie spätestens nach drei Monaten erhalten.
(II) Erstellung
Zähler:Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener (d. h. ohne entsprechende Diagnose
im vorherigen Quartal) schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2)
innerhalb von 24 Monaten in der Hausarztpraxis, die innerhalb der folgenden zwei
Quartale nach Diagnosestellung eine adäquate antidepressive Therapie (ambulante
antidepressive Pharmakotherapie [ATC-Codes s. Indikator 5], eine Psychotherapie
und/oder eine stationäre Behandlung) erhalten haben.
Nenner:
Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener (d. h. ohne entsprechende Diagnose
im vorherigen Quartal) schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2)
innerhalb von 24 Monaten in der Hausarztpraxis
Formel: Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener (d. h. ohne entsprechende Diagnose
im vorherigen Quartal) schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2)
innerhalb von 24 Monaten in der Hausarztpraxis, die innerhalb der
folgenden zwei Quartale nach Diagnosestellung eine adäquate antidepressive
Therapie (ambulante antidepressive Pharmakotherapie, eine Psychotherapie
und/oder eine stationäre Behandlung) erhalten haben
48
Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener (d. h. ohne entsprechende Diagnose
im vorherigen Quartal) schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2)
innerhalb von 24 Monaten in der Hausarztpraxis
Referenzwert: Dieser Indikator wurde neu entwickelt. Referenzwerte liegen bisher nicht vor. Als
Referenz wird ein Wert > 60 % vorgeschlagen.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate.
– Band C6, Version 1.0
Depression
Einbezogene
Fachgruppen:
Indikator 9
Der Indikator bezieht sich auf die Population von Hausärzten und hausärztlich
tätigen Internisten. In die Analyse gehen auch Daten von weiteren Fachgebieten,
die an der medizinischen Versorgung depressiv erkrankter Patienten beteiligt sind,
ein (z. B. Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie).
Datenquelle:
Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten
der Kostenträger
Messgüte:
Aufgrund der Neuentwicklung werden keine Angaben zur Messgüte gemacht.
Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf die Durchführung einer adäquaten Therapie bei
Patienten mit schwerer depressiver Episode. Es sollten insbesondere die Patienten
in den Fokus kommen, die keine adäquate Therapie erhalten haben. Hierfür kommen unterschiedliche Gründe in Frage:
Fehlende Therapieeinleitung
Unzureichendes Angebot an zur Verfügung stehenden Therapieplätzen
Unzureichende Kooperation zwischen den beteiligten Fachgruppen (Fachärzte
für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatische Medizin, Hausärzte)
Therapieablehnung durch den Patienten
Versorgung erfolgt im Bezugszeitraum stationär, tagesklinisch oder in einer
psychiatrischen Institutsambulanz, daher ist eine Kombinationstherapie nicht
aus ambulanten Abrechnungsdaten ersichtlich
Indikator 9: Patienten mit anhaltender Depression ohne spezifische Therapie
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den prozentualen Anteil der Patienten mit anhaltender neu
aufgetretener depressiver Episode in der Hausarztpraxis, bei denen innerhalb eines
definierten Zeitraumes keine depressionsspezifische Therapie eingeleitet wurde.
Er soll also auf eine schlechte Versorgung aufmerksam machen, die es zu vermeiden gilt („avoiding poor control“).
Begründung:Depressionen zählen zu den häufigsten und gleichzeitig am meisten unterschätzten Erkrankungen. Die Krankheitskosten bei Patienten mit depressiver Erkrankung sind doppelt so hoch wie bei vergleichbaren Patienten ohne Depression (Seelig et al. 2008). Ein frühzeitiger Therapiebeginn und eine Therapieumstellung bei
fehlender Besserung bessert die Prognose und ist Empfehlung der Leitlinie (NVL
Depression 2011). Das Ausbleiben oder die starke Verzögerung einer spezifischen
Versorgung ist mit einem schlechteren Krankheitsverlauf und letztlich höheren
Kosten (Krankheitstage, stationäre Aufenthalte) verbunden. Es ist hausärztliche
Aufgabe, dazu beizutragen, die Zahl der unterversorgten Patienten zu reduzieren.
– Band C6, Version 1.0
49
Depression
Indikator 9
Zielstellung:
Mit diesem Indikator soll ermöglicht werden, Patienten zu identifizieren, die trotz
anhaltender Depression keine depressionsspezifische Therapie erhalten und somit
als unterversorgt gelten.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate.
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte
Voraussetzungen:
Vollständige Dokumentation der Diagnosen F 32*, F 33* in der elektronischen Patientenakte
Ausblick:
Es besteht die Möglichkeit, den Indikator anhand der Erfahrungen aus der Anwendung weiterzuentwickeln und zu spezifizieren.
(II) Erstellung
Zähler:
Alle Patienten mit neu aufgetretener depressiver Episode (ICD-10: F 32*, F 33*) in
einer Hausarztpraxis mit innerhalb von 24 Monaten in vier aufeinanderfolgenden
Quartalen dokumentierter Diagnose, bei denen keine Therapie (psychosomatische
Grundversorgung, Medikation [ATC-Codes s. Indikator 5], Überweisung zur ambulanten Psychotherapie bzw. anderweitigen fachspezifischen Mitbehandlung) eingeleitet wurde
Nenner:
Alle Patienten mit neu aufgetretener depressiver Episode (ICD-10: F 32*, F 33*) in
einer Hausarztpraxis mit innerhalb von 24 Monaten in vier aufeinanderfolgenden
Quartalen dokumentierter Diagnose Depression
Formel: Alle Patienten mit neu aufgetretener depressiver Episode (ICD-10: F 32*, F 33*)
in einer Hausarztpraxis mit innerhalb von 24 Monaten in vier aufeinanderfolgenden Quartalen dokumentierter Diagnose, bei denen keine Therapie (psychosomatische Grundversorgung, Medikation, Überweisung zur ambulanten Psychotherapie bzw. anderweitigen fachspezifischen Mitbehandlung) eingeleitet wurde
Alle Patienten mit neu aufgetretener depressiver Episode (ICD-10: F 32*, F 33*)
in einer Hausarztpraxis mit innerhalb von 24 Monaten in vier aufeinanderfolgenden Quartalen dokumentierter Diagnose Depression
Referenzwert:
Der prozentuale Anteil der Patienten ohne eingeleitete Therapie sollte gering sein.
Es wird ein Zielwert < 10 % vorgeschlagen.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:Die Validität des Indikators ist hoch.
50
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 9
Reliabilität: Die Reliabilität ist von der Dokumentationsqualität abhängig.
Sensitivität:Die Sensitivität des Indikators ist hoch
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz: Die Behandlung der Mehrzahl der Patienten mit Depression erfolgt im hausärztlichen Setting (Fernandez et al. 2007). Als Behandlungsoptionen im hausärztlichen
Bereich stehen vor allem die „aktiv-abwartende Begleitung“, die „Pharmakotherapie“ und die „Psychotherapie“ zur Verfügung. Ein frühzeitiger Therapiebeginn und
eine Therapieumstellung bei ausbleibender Besserung bessert das Outcome bzw.
vermindert das Risiko einer Chronifizierung und ist Empfehlung der Leitlinie (NVL
Depression 2011).
Indikatorensysteme: Ein ähnlicher Indikator, bezogen auf Patienten ohne medikamentöse antidepressive Therapie, wurde durch das US Department of Health and Human Services
entwickelt:
HDC Topics: Depression [Internet]. Rockville (MD): HRSA Health Disparities
Collaboratives 2005. Dieser Ursprungsindikator wurde entsprechend der
Paneldiskussion ohne Schweregraddifferenzierung umformuliert und zielt
nun hinsichtlich seiner Messausrichtung auf das Fehlen jeglicher therapeutischer Maßnahmen.
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Patienten, die über einen längeren Zeitraum die Diagnose einer Depression haben
und keine spezifische Therapie erhalten, sind als unterversorgt hinsichtlich der
Behandlung ihrer depressiven Erkrankung anzusehen. Limitationen des Indikators
sind:
Eine mögliche heterogene Kodierqualität in den Hausarztpraxen, z. B. eine fortlaufende Diagnosenkodierung einer depressiven Erkrankung bei nicht mehr
bestehender Erkrankung
Es werden nur Patienten mit gesicherter Diagnose eingeschlossen
Die Erfassung der psychosomatischen Grundversorgung ist eine qualifikationsgebundene Leistung, die nur von einem Teil der versorgenden Ärzte
abgerechnet werden kann
Das Ablehnen einer Behandlung durch den Patienten muss separat erfasst
werden
– Band C6, Version 1.0
51
Depression
Indikator 10
Mögliche Handlungs-
konsequenz:
Überprüfung der Dokumentationsqualität
Fortbildung der Hausärzte
Überprüfung der Behandlungsintensität
Einbindung der
Ergebnisse in die
Qualitätszirkelarbeit/
das Qualitäts- management
Die Ergebnisse können zum Vergleich genutzt werden. Gründe für nicht oder zu
spät eingeleitete depresssionspezifische Therapiemaßnahmen können diskutiert und in der weiteren Arbeit berücksichtig werden. Darüber hinaus kann ein
Fortbildungsbedarf identifiziert werden.
Kosteneffektivität: Zur Kosteneffektivität kann keine Aussage getroffen werden.
Indikator 10: Verschreibung von Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa
bei Depression länger als vier Wochen
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten mit Depression in einer Hausarztpraxis, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von mehr als vier Wochen ausreicht.
Begründung:
Bei Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa handelt es sich im Wesentlichen um
Benzodiazepine und Benzodiazepin-verwandte Wirkstoffe wie Zaleplon, Zolpidem
und Zopiclon. Die genannten Wirkstoffe sind mit dem Risiko der Toleranzentwicklung bzw. des Entzugssyndroms behaftet und können zur Abhängigkeit führen.
In angepasster Dosierung und zur kurzfristigen Behandlung sind die genannten
Wirkstoffe zwar nach wie vor oft unverzichtbar, ihre therapeutische Bedeutung
ist aber durch die zeitlich begrenzte Anwendungsdauer beschränkt. Eine Zusatzmedikation bei Patienten mit Depression erfolgt oft in der Absicht, die Wirklatenz
von Antidepressiva bei Vorhandensein von Angst, Unruhe oder Schlaflosigkeit
zu überbrücken, mit der Gefahr einer inadäquaten Verschreibung. Die Indikation
von Benzodiazepinen muss im Individualfall geprüft und hinsichtlich möglicher
Risiken (z. B. Sedierung, psychomotorische und kognitive Beeinträchtigung, Komedikation, Abhängigkeitspotential) diskutiert werden.
Bei Patienten, die mit diesen Wirkstoffen über vier Wochen behandelt werden, ist
jedoch davon auszugehen, dass sie bereits potenziell abhängigkeitsgefährdet sind
(Bundesärztekammer 2007; Glaeske et al. 2007). Daher sollten Langzeitverordnungen vermieden werden. Gemäß den Arzneimittelrichtlinien bedarf die längerfristige Anwendung (> vier Wochen) einer besonderen Begründung in der ärztlichen
Dokumentation.
52
Zielstellung:
Eine möglichst niedrige Anzahl an Patienten mit Depression sollte Anxiolytika,
Hypnotika bzw. Sedativa länger als vier Wochen erhalten.
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate.
– Band C6, Version 1.0
Depression
Einbezogene
Fachgruppen: Indikator 10
Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Dokumentation in der elektronischen Patientenakte
Voraussetzungen:
Es ist eine vollständige Dokumentation der Diagnosen und der verordneten Medikation erforderlich. Anxiolytika, Sedativa und Hypnotika werden über die ATC-Codes
N05BA (Anxiolytika) sowie N05CD und N05CF (Sedativa, Hypnotika) erfasst. Benzodiazepine, die als Antiepileptika Verwendung finden und einen anderen ATCCode aufweisen, werden somit nicht erfasst. Eine länger andauernde Behandlung
mit dieser Substanzklasse ist aufgrund der Indikation nicht als „missbräuchlich“ zu
interpretieren. Die Berechnung der Behandlungsdauer setzt voraus, dass die elektronische Patientenakte Informationen über die Reichweite der Verordnung (z. B.
Packungsgröße N1, N2 oder N3) enthält. Der Arzneimittelverbrauch wird aus dem
Wirkstoffgehalt der per Definition für den betreffenden Wirkstoff durch die von
der WHO festgelegten und vom WIdO für deutsche Verhältnisse adaptierten Tagesdosis (DDD) und der Reichweite des verordneten Präparates berechnet. Beispiel:
Die definierte Tagesdosis für Zopiclon ist auf 7,5 mg festgelegt. Die Verordnung
von Zopiclon 7,5 mg 20 Stück entspricht daher 20 DDD. Die Verordnung von zwei
Packungen mit je 20 Filmtabletten Zopiclon zu 7,5 mg (d. h. 40 DDD) an einen Patienten pro Quartal würde den Schwellenwert von 28 DDD deutlich überschreiten.
Ausblick:
Mit der Anwendung des Indikators kann die Rate an Patienten, bei denen Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa längerfristig verordnet werden, gesenkt werden.
Eine Analyse von Subgruppen, z. B. Ältere oder Frauen, kann in Zukunft angestrebt werden.
(II) Erstellung
Zähler:Alle Patienten mit Depression (F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis
innerhalb von zwölf Monaten, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa (N05BA,
N05CD, N05CF)2 in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von mehr als vier Wochen ausreicht.
Nenner:
Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb von zwölf Monaten
Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33* und F 34.1) in einer
Hausarztpraxis innerhalb von zwölf Monaten, die Anxiolytika, Hypnotika bzw.
Sedativa in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer
von mehr als vier Wochen ausreicht
Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33* und F 34.1) in einer
Hausarztpraxis innerhalb von zwölf Monaten
2 Bei den genannten ATC-Codes handelt es sich lediglich um Vorschläge. Vor einer konkreten Berechnung sollte von den Anwendern überprüft werden, welche ATC-Codes nach der aktuellen Evidenzlage und dem aktuellen Präparateangebot auf dem Pharmamarkt für die Erfüllung des Indikators relevant sind.
– Band C6, Version 1.0
53
Depression
Indikator 10
Referenzwert:
Es liegen keine Referenzwerte für diesen Indikator vor. Die Rate an Patienten
mit depressiver Erkrankung, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa in einer
Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von mehr als vier
Wochen ausreicht, sollte niedrig sein. Als Referenz wird ein Wert von < 20 % vorgeschlagen.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Die Validität ist hoch. Der Indikator macht eine definitive Aussage über die verschriebene Menge an Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa.
Reliabilität:
Der Indikator kann nur eine Aussage bezogen auf die Arztpraxis bzw. das Arztnetz
treffen, da auf Patientenebene Verordnungen von unterschiedlichen Behandlern
möglich sind.
Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität für Veränderungen hoch.
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz: Die Gesamtzahl der Arzneimittelabhängigen wird in Deutschland auf ca. ein bis
zwei Millionen Versicherte geschätzt, wobei diese Zahl allerdings auch andere
Wirkstoffgruppen wie z. B. Analgetika einbezieht (Hüllinghorst et al. 2007). Da
Benzodiazepine häufig auf Privatrezepten verordnet werden und diese nicht in den
GKV-Routinedaten erfasst werden, ist allerdings von einer noch höheren Dunkelziffer auszugehen (Hüllinghorst et al. 2007; Glaeske et al. 2007). Es wird geschätzt,
dass in der Bundesrepublik etwa ein Drittel der psychotropen Medikamente nicht
wegen akuter Probleme, sondern zur Vermeidung von Entzugserscheinungen verordnet wird (Hüllinghorst et al. 2007).
Die Nationale Versorgungsleitlinie Depression empfiehlt die individuelle Indikationsüberprüfung für Benzodiazepine und eine Anwendungsdauer von maximal
vier Wochen (NVL Depression 2011).
Indikatorensysteme: Der Indikator wird, bezogen auf alle Patienten mit medikamentöser Therapie,
in dem QISA Band D „Pharmakotherapie“ empfohlen. Weiterhin ist der Indikator Bestandteil der Qualitätsindikatoren für Qualitätszirkel des AQUA-Institutes
(AQUA-Institut 2011).
54
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Dieser Indikator gibt Hinweise darauf, wie hoch der Anteil an Patienten mit
depressiver Erkrankung ist, die im Laufe eines Quartals Anxiolytika, Hypnotika
bzw. Sedativa in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer
von vier Wochen und mehr ausreicht. Die Indikation ist für die genannten Wirk-
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 11
stoffe besonders kritisch zu stellen und die Verordnung sollte nur zeitlich begrenzt
erfolgen. Das gilt unabhängig davon, ob die Verordnung zu Lasten der Krankenkasse oder auf Privatrezept erfolgt.
Mögliche Handlungs-
konsequenz:
Dokumentation der Verordnungsbegründung
Überprüfung der Indikationsstellung
Patientengespräche über Einnahmeverhalten hinsichtlich der Medikation
Gegebenenfalls Entwöhnungsmaßnahmen einleiten
Einbindung der
Die Ergebnisse der Indikatormessung können in Hausarztpraxen, in Arztnetzen,
Ergebnisse in die
Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken analysiert und verglichen werden. In
Qualitätszirkelarbeit: Hinblick auf die angestrebten Ziele/Zielerreichung sollten Gründe und Handlungsoptionen diskutiert werden.
Einbindung in das
Es wird evaluiert, inwiefern die Ergebnisse des Indikators den Referenzwerten
Qualitätsmanagement: entsprechen. Ziel ist eine möglichst niedrige Rate an Patienten mit depressiver
Erkrankung, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa in einer Dosis erhalten, die
theoretisch für eine Behandlungsdauer von vier Wochen und mehr ausreicht. Dieser Indikator ist zu einem nicht unerheblichen Teil abhängig von der Compliance
der Patienten. Er wird daher für negative monetäre Anreize nicht empfohlen.
Kosteneffektivität: Eine Analyse zur Kosteneffektivität liegt bisher nicht vor. Eine Kostenreduktion
ist durch Reduzierung der verordneten Medikation und durch Reduzierung der
Krankheitslast der Patienten möglich.
Indikator 11: Hausärzte mit Fortbildung zur Depression
(I) Beschreibung
Aussage: Dieser Indikator beschreibt, wie viele Hausärzte eines Arztnetzes, eines Qualitätszirkels oder einer KV-Region sich für die Behandlung der Depression fortgebildet
und qualifiziert haben. Die Fortbildung sollte innerhalb der letzten drei Jahre stattgefunden haben und von einer Landesärztekammer zertifiziert worden sein.
Begründung:
Depressionen haben im hausärztlichen Bereich eine hohe Prävalenz, erfordern ein
umfassendes diagnostisches und therapeutisches Wissen, und der Innovationsgrad in der Behandlung im hausärztlichen Setting ist hoch. Aus diesen Gründen
lässt sich ein hoher Fortbildungsbedarf ableiten. In Studien konnte bereits belegt
werden, dass die pharmakologische und Beratungskompetenz der Hausärzte durch
entsprechende (regelmäßig wiederholte) Schulungsmaßnahmen deutlich verbessert werden kann (Kroenke et al. 2000; Van Os et al. 1999).
Zielstellung:
Erhöhung der Behandlungskompetenz der Hausärzte und somit bessere Umsetzung der angestrebten Ziele bei der Behandlung depressiver Patienten
Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt drei Jahre.
– Band C6, Version 1.0
55
Depression
Indikator 11
Einbezogene
Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten
Datenquelle:Dokumentation des Arztnetzes
Voraussetzungen:
Die Fortbildung sollte möglichst in ein Fortbildungskonzept für Netzärzte in Qualitätszirkeln integriert sein, um die Ärzte nicht mit einer Vielfalt von Zusatzqualifikationen zu überfordern.
Ausblick:
Die Behandlungskompetenz der Hausärzte wird sich durch eine regelmäßige Teilnahme an durch die Landesärztekammer akkreditierten Fortbildungsveranstaltungen verbessern. Parallel können die Fortbildungen anhand der Rückmeldung der
teilnehmenden Hausärzte weiterentwickelt werden.
(II) Erstellung
Zähler:Anzahl der Hausärzte eines Arztnetzes mit Teilnahme an einer von einer Landesärztekammer zertifizierten Fortbildung zur Behandlung der Depression innerhalb
von drei Jahren
Nenner:Gesamtzahl der Hausärzte eines Netzes
Formel:Anzahl der Hausärzte eines Arztnetzes mit Teilnahme an einer von einer Landesärztekammer zertifizierten Fortbildung zur Behandlung der Depression innerhalb
von drei Jahren
Gesamtzahl der Hausärzte eines Netzes
Referenzwert: Bisher liegen keine Referenzwerte vor. Es sollte eine möglichst hohe Rate an Ärzten mit Fortbildung zur Behandlung der Depression erreicht werden. Als Referenz
wird ein Wert > 80 % vorgeschlagen.
(III) Anmerkungen zur Messgüte
Validität:
Die Validität des Indikators ist von der Qualität der Fortbildungsmaßnahmen
abhängig. Allgemeine Standards zur Qualität von Fortbildungsstandards sind bisher nicht vorhanden. Vorerst ist die Validität daher gering.
Reliabilität:Die Reliabilität des Indikators ist hoch, wenn es klare Vereinbarungen zu Art und
Inhalt der im Netz anerkannten Fortbildungen gibt.
Sensitivität:Der Indikator gibt mit zu berücksichtigender Latenz im zeitlichen Verlauf direkt
Auskunft über den entsprechenden Fortbildungsstand im Arztnetz.
56
– Band C6, Version 1.0
Depression
Indikator 11
(IV) Bisherige Anwendung und Evidenz
Praxisstudien
und Evidenz: Der Indikator sollte im Rahmen von Modellversuchen seinen Wert nachweisen.
Bisherige Studien weisen auf eine (zeitlich begrenzte) Verbesserung der Diagnose- und Therapiequalität durch Fortbildungsmaßnahmen hin (Kroenke et al. 2000;
Van Os et al. 1999).
Indikatorensysteme: Der Indikator ist in ähnlicher Formulierung in den 2002 vom AOK-Bundesverband
herausgegebenen Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze enthalten (AQUAInstitut 2002).
(V) Einbindung in das Qualitätsmanagement
Interpretation: Dieser Indikator gibt Hinweise darauf, wie hoch der Anteil an Ärzten ist, die innerhalb von drei Jahren an zertifizierten Fortbildungen zu depressiven Erkrankungen
teilgenommen haben. Ein hoher Wert des Indikators signalisiert einen hohen Fortbildungsstand der eingeschlossenen Ärzte hinsichtlich der Behandlung von Patienten mit Depressionen. Der Indikator fördert die Etablierung von systematischen
und regelmäßigen Fortbildungsmaßnahmen.
Mögliche Handlungs-
konsequenz:
Etablierung von Qualitätsstandards in Fortbildungen
Etablierung eines Fortbildungscurriculums mit systematischen und regelmäßigen Fortbildungen
Einbindung der
Die Ergebnisse der Indikatormessung können in einrichtungsinternen BesprechunErgebnisse in die
gen analysiert werden. In Hinblick auf die angestrebten Ziele/Zielerreichung
Qualitätszirkelarbeit: sollten Gründe und Handlungsoptionen diskutiert werden.
Einbindung in das
Durch die Anwendung des Indikators kann evaluiert werden, inwiefern die ErgebQualitätsmanagement: nisse des Indikators den Zielwerten entsprechen. Ziel ist eine möglichst hohe Rate
an Ärzten mit regelmäßiger Fortbildung zu depressiven Erkrankungen. Das Angebot und die Qualität von Fortbildungsveranstaltungen kann analysiert und ggf.
verbessert werden.
Kosteneffektivität: – Band C6, Version 1.0
Eine Analyse zur Kosteneffektivität liegt bisher nicht vor. Eine kontinuierliche
Fortbildung in der Behandlung der Depression ist Bedingung für eine wirkungsvolle Behandlung und Verminderung des Rückfallrisikos.
Kosteneffektivität ist längerfristig möglich, wenn die diagnostizierten Patienten
auch behandelt werden und die Prävalenz sinkt und wenn man gesellschaftliche
Kosten wie Krankheitstage berücksichtigt. Kurzfristig ist eher zu erwarten, dass
eine bessere Diagnostik und Behandlung von Patienten mit Depression infolge
einer besseren Schulung der Hausärzte die Kosten erhöht, nach manchen Untersuchungen bis zum Doppelten bzw. Dreifachen (Lave et al. 1998; Schoenbaum et al.
2001).
57
Depression
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– Band C6, Version 1.0
61
Depression
Abkürzungen / Anhang 1: Teilnehmer am Expertenpanel
Abkürzungen
BAnzBundes-Anzeiger
DEMOL Depressions-Monitoring Liste
DSM-IV Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen, 4. Ausgabe
G-BA
Gemeinsamer Bundesausschuss
ICD
International Classification of Diseases
IPT
Intrapersonelle Psychotherapie
KHK
Koronare Herzkrankheit
KVT
Kognitive Verhaltenstherapie
NVL
Nationale Versorgungsleitlinie
MAOIMonoaminoxidase-Inhibitoren
OTC
Over the counter – nicht rezeptpflichtige Medikamente
PHQPatient-Health-Questionaire
PVSPraxisverwaltungssoftware
SGB V
Sozialgesetzbuch 5. Band
SNRI
Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren
SSRI
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren
SSNRI Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren
WIdO
Wissenschaftliches Institut der AOK
Anhang 1: Teilnehmer am Expertenpanel
Dr. med. Thomas Fischer, Facharzt für Allgemeinmedizin, Phlebologie, Notfallmedizin,
Göttingen
Dr. med. André Haas, Facharzt für Allgemeinmedizin, Palliativmedizin, Notfallmedizin,
Manuelle Medizin, ärztliches Qualitätsmanagement, Neustadt/Südharz
Prof. Dr. Dr. Martin Härter, Arzt und psychologischer Psychotherapeut,
Direktor des Instituts und der Poliklinik für Medizinische Psychologie,
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Erika Hoppe, Dipl.-Pädagogin, Schwerpunkt Psycho-Soziales,
Unabhängige Patientenberatung Göttingen
Dr. med. Rainer Kittel, Facharzt für Allgemeinmedizin, Burgwald
Dr. med. Astrid Maroß, FÄ für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie,
AOK-Bundesverband Berlin
Jens Parpart, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie (TP, VT), Betriebsmedizin,
Einbeck, Lehrbeauftragter der Universitätsmedizin Göttingen
Dipl.-Psych. Sabine Schäfer, Psychologische Psychotherapeutin, Weilheim/Teck,
Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) Berlin
Dr. med. Georg Bernhard Wüstenfeld, Facharzt für Allgemeinmedizin,
Hannoversch Münden
62
– Band C6, Version 1.0
Depression
Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren
Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren
Erläuterung: Hervorgehoben sind Indikatoren, die auf einer neunstufigen Skala (1 = überhaupt nicht relevant bzw. praktikabel bis 9 = sehr relevant bzw. praktikabel) als relevant
(Median 7–9) und praktikabel (Median 7–9) bewertet wurden. Für das Kriterium Relevanz
gilt weiterhin, dass im Panel Konsens (K) bestand, d. h., maximal zwei der Bewertungen
lagen außerhalb der Kategorie, in der sich der Median befand.
Nr.
Name
Relevanz
Praktikabilität
1
Erkennen depressiver Störungen
9
5
2
Diagnosekriterien für Depression
8
4
3
Einschätzung der Fallschwere mit Hilfsmitteln bei Patienten mit Depression
9
5
4
Screening auf Depression bei Patienten mit KHK bzw. Diabetes
7
4
5
Screening auf Depression bei Patienten mit Demenz
7
6
6
Dauer der antidepressiven medikamentösen Behandlung
7K
7
7
Symptomverbesserung unter Medikation und Dauermedikation
6
7
8
Patientenregister Depression
8K
7
9
Depressionssuizidrisiko
9
6
10
PHQ-Reevaluation nach vier bis acht Wochen
7
7
11
PHQ-Messung nach sechs Monaten
6
4
12
PHQ-Reevaluation innerhalb von ein bis drei Wochen
5
4
13
50 % Reduktion der Depression nach vier Monaten
6
4
14
Depressionstherapieerfolg PHQ < 5 nach vier Monaten
6
5
15
Vorhandensein medikamentöser antidepressiver Therapie
7
6
16
Anteil depressiver Patienten ohne medikamentöse antidepressive Therapie
6
7
17
Funktionsverbesserung depressiver Patienten
6
5
18
Einnahmedauer Antidepressiva über sechs Monate
5
7
19
1-Monats-Prävalenz medikamentöser oder psychotherapeutischer Therapie
5
5
20
Suizidalitätsabklärung bei unipolarer Depression
9K
7
21
Alkohol- und Substanzmissbrauchsabklärung bei unipolarer Depression
8
6
22
Suizidalitätsabklärung bei Majordepression
8
7
23
Schweregradeinteilung bei Majordepression
6
6
24
Adäquate Therapie bei Majordepression
6
5
25
Depressionsscreening
4
6
5
5
2
3
26
27
Screening auf Suizidalität depressiv Erkrankter mit posttraumatischer
Belastungsstörung
Dokumentation der DSM-IV-Kriterien bei Patienten mit Majordepression
spätestens drei Monate nach Episodenbeginn
28
3-Monats-Kontakt bei Patienten mit Majordepression
6
6
29
Reassessment nach drei Monaten mit validiertem Instrument bei Patienten
mit Majordepression
7
5
– Band C6, Version 1.0
63
Depression
Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren
Nr.
Relevanz
Praktikabilität
30
Abklärung einer Hypomanie/Manie bei depressiven Patienten
8
4
31
Symptomreduktion nach sechs Monaten bei Majordepression
7
7
32
Remission nach sechs Monaten bei Majordepression
8
4
33
Suizidrate bei Patienten mit Majordepression
8
6
5
5
6
6
34
35
64
Name
Dauer der antidepressiven medikamentösen Therapie von drei Monaten
bei Majordepression
Dauer der antidepressiven medikamentösen Therapie von sechs Monaten
bei Majordepression
36
Dauer der antidepressiven medikamentösen Therapie von drei Monaten
5
6
37
Dokumentation der DSM-IV-Kriterien bei Patienten mit Majordepression
bei Diagnosestellung
3
4
38
Dokumentierte Selbstmanagementziele innerhalb zwölf Monaten bei Depression
7
2
39
Symptomreduktion > 5 PHQ-Punkte nach 6 Monaten
6
6
40
Symptomverbesserung von 50 % des PHQ-Wertes
7
6
41
Psychiatrische Behandlung bei Suizidalität
9
8
42
Information zu Selbsthilfe- und Angehörigengruppen
8K
7
43
Patientenaufklärung
9K
7
44
Dokumentation des Angebots an medikamentöser Therapie
6
6
45
Dokumentation des Angebots einer Kombinationstherapie bei schwergradiger
Episode
9K
7
46
Erhaltungstherapie über mindestens vier bis neun Monate nach Remission
6
5
47
Angebot einer Psychotherapie bei akuter leichter bis mittelschwerer Depression
8
4
48
Dokumentation Angebot angemessener psychotherapeutischer Nachbehandlung
5
4
49
Angebot einer längerfristigen stabilisierenden Psychotherapie (Rezidivprophylaxe)
5
3
50
Suizidprävention durch Nachsorge und Kontaktangebote
8
2
51
Patienten mit diagnostizierter Depression
9
6
52
Depressive Patienten mit Beratung durch den Hausarzt
4
3
53
Depressive Patienten mit Antidepressiva
5
5
54
Verwendung von Antidepressiva länger als sechs Monate
5
6
55
Antidepressiva länger als sechs Monate in der geeigneten Dosierung
5
7
56
Wechsel der Medikation
6
6
57
Überweisungsrate
6
3
58
Hausärzte mit Fortbildung in der Behandlung der Depression
7K
7
59
Bestimmung der Depressionsschwere zu Therapiebeginn
8
6
60
Erfassung depressiver Patienten im hausärztlichen Bereich
9K
7
61
Depressionsscreening bei Patienten mit Diabetes bzw. KHK
8K
8
62
Verschreibung von Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa länger als vier Wochen
8K
8
63
Patienten mit mindestens zwei verschiedenen serotonergen Wirkstoffen
7
6
64
Verschreibung von Neuroleptika bei Depression ohne Wahnsymptomatik
8K
7
65
Shared Decision Making
9
2
– Band C6, Version 1.0
Wie können Ärzte in der Einzelpraxis, auf der Ebene eines Arztnetzes oder
in anderen Versorgungsmodellen die Qualität ihrer medizinischen Arbeit
messen, bewerten und verbessern? Antworten auf diese Frage gibt QISA,
das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung. Es beschreibt
und begründet eine Vielzahl von Messgrößen und ermöglicht das systematische Erfassen der Qualität in der Breite der ambulanten Versorgung. Im
Auftrag des AOK-Bundesverbandes hat das Göttinger „Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen“ (AQUA)
die Qualitäts­­indika­toren und das sie leitende System erarbeitet.
QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, die thematisch nach wichtigen Versorgungs­bereichen
und häufigen Krankheiten sortiert sind. Diese Bände werden nach und nach
im Rahmen einer Reihe veröffentlicht. Bislang sind erschienen:
Band A: QISA stellt sich vor
Band B: Allgemeine Indikatoren für regionale Versorgungsmodelle
Band C1: Asthma/COPD
Band C2: Diabetes mellitus Typ 2
Band C3: Bluthochdruck
Band C4: Rückenschmerz
Band C6: Depression
Band C7: Koronare Herzkrankheit
Band C8: Herzinsuffizienz
Band D: Pharmakotherapie
Band E1: Prävention
Band E2: Krebsfrüherkennung
Band F1: Hausärztliche Palliativversorgung
Weitere Informationen zu QISA unter www.QISA.de
Der Band C6 widmet sich der Behandlung von Patienten mit Depression.
Depressive Störungen gehören zu den häufigen Erkrankungen. Sie gehen
mit großem Leidensdruck für die Betroffenen und hohen Kosten einher.
Die ausgewählten Indikatoren helfen, Patienten mit Behandlungsbedarf zu
identifizieren und zu diagnostizieren. Sie geben Kriterien zur Patientenaufklärung und -information, zur psychotherapeutischen Intervention und auch
für andere Therapieprozesse wie etwa Medikation an die Hand. Ebenso zielen sie auf die regelmäßige Fortbildung von Hausärzten. Die Indikatoren sind
für strukturierte Qualitätszirkel geeignet und ermöglichen eine Evaluation
der hausärztlichen Versorgung depressiver Patienten in der Praxis und im
Versorgungsnetz.
ISBN: 978-3-940172-12-9
www.kompart.de
Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock
Depression
Qualitätsindikatoren für die
Versorgung von Patienten mit Depression
Autoren: Sven Schulz, Antje Freytag, Regine Chenot, Joachim Szecsenyi,
Edith Andres und Jochen Gensichen
C6
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