Wie können Ärzte in der Einzelpraxis, auf der Ebene eines Arztnetzes oder in anderen Versorgungsmodellen die Qualität ihrer medizinischen Arbeit messen, bewerten und verbessern? Antworten auf diese Frage gibt QISA, das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung. Es beschreibt und begründet eine Vielzahl von Messgrößen und ermöglicht das systematische Erfassen der Qualität in der Breite der ambulanten Versorgung. Im Auftrag des AOK-Bundesverbandes hat das Göttinger „Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen“ (AQUA) die Qualitäts­­indika­toren und das sie leitende System erarbeitet. QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, die thematisch nach wichtigen Versorgungs­bereichen und häufigen Krankheiten sortiert sind. Diese Bände werden nach und nach im Rahmen einer Reihe veröffentlicht. Bislang sind erschienen: Band A: QISA stellt sich vor Band B: Allgemeine Indikatoren für regionale Versorgungsmodelle Band C1: Asthma/COPD Band C2: Diabetes mellitus Typ 2 Band C3: Bluthochdruck Band C4: Rückenschmerz Band C6: Depression Band C7: Koronare Herzkrankheit Band C8: Herzinsuffizienz Band D: Pharmakotherapie Band E1: Prävention Band E2: Krebsfrüherkennung Band F1: Hausärztliche Palliativversorgung Weitere Informationen zu QISA unter www.QISA.de Der Band C6 widmet sich der Behandlung von Patienten mit Depression. Depressive Störungen gehören zu den häufigen Erkrankungen. Sie gehen mit großem Leidensdruck für die Betroffenen und hohen Kosten einher. Die ausgewählten Indikatoren helfen, Patienten mit Behandlungsbedarf zu identifizieren und zu diagnostizieren. Sie geben Kriterien zur Patientenaufklärung und -information, zur psychotherapeutischen Intervention und auch für andere Therapieprozesse wie etwa Medikation an die Hand. Ebenso zielen sie auf die regelmäßige Fortbildung von Hausärzten. Die Indikatoren sind für strukturierte Qualitätszirkel geeignet und ermöglichen eine Evaluation der hausärztlichen Versorgung depressiver Patienten in der Praxis und im Versorgungsnetz. ISBN: 978-3-940172-12-9 www.kompart.de Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock Depression Qualitätsindikatoren für die Versorgung von Patienten mit Depression Autoren: Sven Schulz, Antje Freytag, Regine Chenot, Joachim Szecsenyi, Edith Andres und Jochen Gensichen C6 Band C6 – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung Depression Qualitätsindikatoren für die Versorgung von Patienten mit Depression Sven Schulz, Antje Freytag, Regine Chenot, Joachim Szecsenyi, Edith Andres und Jochen Gensichen AQUA – Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH AOK-Bundesverband QISA – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung www.QISA.de QISA ist ein Gemeinschaftsprodukt des AOK-Bundesverbandes GbR und des AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH „QISA – Das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung“ ist nicht identisch und steht in keinem geschäftlichen Zusammenhang mit der eingetragenen Wortmarke QisA®, die insbesondere für das „Qualitätsmanagement in sächsischen Arztpraxen“ geschützt ist. Herausgeber: Prof. Dr. med. Dipl.-Soz. Joachim Szecsenyi (Universitätsklinikum Heidelberg und AQUA-Institut) [email protected] Björn Broge (AQUA-Institut) [email protected] Johannes Stock [email protected] Autoren des Bandes C6 (Depression): Dr. med. Sven Schulz (Universitätsklinikum Jena), Dr. rer. pol. Antje Freytag (Universitätsklinikum Jena), Dr. rer. pol. Regine Chenot (AQUA-Institut, bis 30.04.2012), Prof. Dr. med. Dipl.-Soz. Joachim Szecsenyi (Universitätsklinikum Heidelberg, AQUA-Institut), Dipl.-Psych. Edith Andres (AQUA-Institut), Prof. Dr. med. Dipl.-Päd. Jochen Gensichen, MPH (Universitätsklinikum Jena) Kontakt: [email protected] Review: Dr. med. Astrid Maroß (AOK-Bundesverband) Adressen: AOK-Bundesverband Rosenthaler Straße 31 10178 Berlin AQUA-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH Maschmühlenweg 8–10 37073 Göttingen Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung Voßstraße 2 69115 Heidelberg © KomPart Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Berlin 2013 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Daten­verarbeitungssystemen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des geltenden Urheberrechtsgesetzes der Bundes­republik Deutschland zulässig. Redaktion: Dr. Beatrice Wolter Korrektorat: Dr. Ines Jape Titelentwurf: Beatrice Hofmann Titelbild: blende 10 - Fotolia.com Grafik: Désirée Gensrich Druck: Richter Druck, Elkenroth Version 1.0; Erstauflage Februar 2013 ISBN: 978-3-940172-12-9 Depression Vorwort Vorwort der Herausgeber Wer Versorgungsqualität messen und steuern will, braucht Qualitätsindikatoren. QISA, das „Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung“, bietet sie an. Verteilt auf über ein Dutzend Einzelbände umfasst QISA insgesamt mehr als 130 Qualitätsindikatoren, die mit System aus der Breite der ambulanten Versorgung ausgewählt sind. Der vorliegende Band enthält die QISA-Indikatoren für Depression. Er umreißt zunächst die Versorgungssituation und fasst zusammen, was hier aktuell als gute Versorgungsqualität für Patienten mit Depression gilt. Aus diesem Qualitätskonzept werden die einzelnen Qualitätsindikatoren abgeleitet und ausführlich beschrieben. Zielgruppe von QISA sind in der Praxis tätige Ärztinnen und Ärzte. Unter ihnen spricht das Qualitätsindikatorensystem insgesamt eher die hausärztlich Tätigen an. Einzelne Bände richten sich aber auch an die fachärztlich Tätigen. QISA ist speziell für ärztliche Kooperationen wie Qualitätszirkel, Arztnetze, medizinische Versorgungszentren oder Hausarztverträge interessant. Besonders dort ist gemeinsame Arbeit an Transparenz und Weiterentwicklung der Versorgungsqualität möglich, was QISA anregen, erleichtern und unterstützen möchte. QISA ist das Ergebnis langjähriger Zusammenarbeit zwischen dem AOK-Bundesverband als Auftraggeber und dem AQUA-Institut, das die wissenschaftliche Erarbeitung der Indikatoren verantwortet. Vorläufer von QISA sind die „Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze“, die schon im Jahr 2002 als interner Prototyp vorgelegt und dann in AOKPilotprojekten mit Arztnetzen praktisch erprobt wurden. Deshalb dienen Arztnetze in den QISA-Bänden häufig als Referenzmodell. QISA baut also auf ein über längere Zeit gereiftes Konzept auf, das sich nun auch der Sachverständigenrat für das Gesundheitswesen zu eigen gemacht hat: „Eine stärkere Kooperation und Koordination in Arztnetzen könnte die Grundlage bilden für eine gemeinsame Qualitätsverantwortung, die dann mit populationsbezogenen Indikatoren gemessen werden kann.“ (Sachverständigenrat, Sondergutachten 2012, S. 227) Solche populationsbezogenen Qualitätsindikatoren stellt QISA zur Verfügung. Ungeachtet des engen Bezugs zu Arztnetzen bei der Entwicklung von QISA möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass das System in allen Bereichen der ambulanten Versorgung einsetzbar ist, ganz unabhängig von Praxisform oder Versorgungsmodell. QISA soll vielmehr alle geeigneten Nutzungsmöglichkeiten von Qualitätsindikatoren unterstützen. In erster Linie denken wir dabei an die gemeinsame interne Arbeit von Ärztinnen und Ärzten mit dem Ziel, sich die Qualität ihrer Versorgung transparent zu machen und anhand der gewonnenen Erkenntnisse weiterzuentwickeln. Für uns ist das der wesentliche erste Schritt, um mit Qualitätsindikatoren vertraut zu werden und gemeinsame Qualitätsverantwortung im Sinne des Sachverständigenrats wahrzunehmen. – Band C6, Version 1.0 3 Depression Vorwort Wer auf diese Weise gute Erfahrungen gesammelt hat, kann offener über weiterreichende Formen der Indikatorennutzung nachdenken, etwa externes Benchmarking oder die Ermittlung qualitätsbezogener Vergütungsanteile (sogenanntes „pay for performance“). QISA unterstützt auch diese Nutzungen, entbindet aber nicht davon, dafür eine eigene Vorstellung von guter „performance“ samt der erforderlichen Spezifikationen zu entwickeln. Interne Vorerfahrungen und Vorarbeiten sind essentiell, wenn solch ambitionierte Nutzungen nicht Gefahr laufen sollen, die Beteiligten zu überfordern und mehr Ängste als Akzeptanz zu erzeugen. QISA will deshalb in erster Linie den Einstieg in das Arbeiten mit Qualitätsindikatoren erleichtern. Und die Neugier der Beteiligten auf das bislang weithin unbekannte Terrain der ambulanten Versorgungsqualität lenken, um es systematisch mit Qualitätsindikatoren auszuleuchten. Wenn Sie mehr über QISA als Indikatorensystem erfahren möchten, laden wir Sie zur Lektüre der Einführung (QISA-Band A) ein. Dort finden sich ein Überblick über die Module von QISA sowie Informationen zur Entstehungsgeschichte, zum Selbstverständnis von QISA als Indikatorensystem und zur Methodik der Indikatorenentwicklung. Daneben regen Thesen zur Umsetzung von Qualitätstransparenz sowie ein Abriss praktischer Einsatzmöglichkeiten für Qualitätsindikatoren zu Vertiefung und Diskussion an. Weiterführende Informationen zu QISA finden Sie daneben auch unter www.qisa.de. Heidelberg/Göttingen/Freiburg, im Februar 2013 Joachim Szecsenyi 4 Björn Broge Johannes Stock – Band C6, Version 1.0 Depression Inhalt Band C6 Depression Qualitätsindikatoren für die Versorgung von Patienten mit Depression Sven Schulz, Antje Freytag, Regine Chenot, Joachim Szecsenyi, Edith Andres und Jochen Gensichen Begründung und Einordnung des Themas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Recherche und Auswahl der Qualitätsindikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Übersicht über die ausgewählten Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Beschreibung der Qualitätsindikatoren für Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Indikator 1: Erfassung von Patienten mit Depression im hausärztlichen Bereich . . . . . . . 21 Indikator 2: Screening auf Depression bei Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz . . 24 Indikator 3: Suizidalitätsabklärung bei Patienten mit Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Indikator 4: Patientenaufklärung/-information zu Selbsthilfe- und Angehörigengruppen bei Patienten mit Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Indikator 5: Patienten mit Depression, die eine antidepressive Pharmakotherapie durch den Hausarzt verordnet bekommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 Indikator 6: Ausreichende Dauer der antidepressiven Pharmakotherapie nach Remission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Indikator 7: Patienten mit Depression, die durch den Hausarzt eine Empfehlung zur psychotherapeutischen Behandlung erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Indikator 8: Patienten mit schwerer depressiver Episode, die durch den Hausarzt die Empfehlung zu einer Kombinationstherapie erhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Indikator 9: Patienten mit anhaltender Depression ohne spezifische Therapie . . . . . . . . 49 Indikator 10: Verschreibung von Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa bei Depression länger als vier Wochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Indikator 11: Hausärzte mit Fortbildung zur Depression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Anhang 1: Teilnehmer am Expertenpanel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 – Band C6, Version 1.0 5 Begründung und Einordnung des Themas Depression Begründung und Einordnung des Themas Depressive Erkrankungen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen und Erkrankungen in der medizinischen Versorgung (Murray et al. 1996). Trotz wesentlicher Fortschritte der medizinischen Versorgung von Patienten mit depressiver Erkrankung gibt es noch deutliche Optimierungspotentiale, insbesondere im Bereich der abgestuften („stepped care“), vernetzten Versorgung („collaborative care“) zwischen hausärztlicher, fachspezifischer und psychotherapeutischer Behandlung sowie der Indikationsstellung für ambulante und stationäre Behandlungsmaßnahmen (NVL Depression 2011). Die Versorgung von Patienten mit depressiver Erkrankung ist eine interdisziplinäre Aufgabe im Gesundheitswesen. Ausdruck dessen ist auch die 2009 erstmals veröffentlichte nationale Versorgungsleitlinie „Unipolare Depression“. 32 Fachgesellschaften, Berufsverbände sowie Patienten- und Angehörigenvertreter legen darin relevante Empfehlungen für die Versorgungskoordination und Evaluierung der Versorgungsqualität vor. Die primärmedizinisch-hausärztliche Ebene wird hier als entscheidend für eine gute Patientenversorgung anerkannt. Begriff Depression Depressionen sind psychische Störungen, die durch einen Zustand deutlich gedrückter Stimmung, Interesselosigkeit und Antriebsminderung über einen längeren Zeitraum gekennzeichnet sind. Damit verbunden treten häufig verschiedenste, auch körperliche Beschwerden auf (Cassano et al. 2002). Menschen mit Depression sind durch ihre Erkrankung meist in ihrer gesamten Lebensführung beeinträchtigt. Es gelingt ihnen nicht oder nur schwer, alltägliche Aufgaben zu bewältigen, sie können unter starken Selbstzweifeln, Konzentrationsstörungen und Grübelneigung leiden. Depressionen gehen also mit einem hohen Leidensdruck einher, da diese Erkrankung in zentraler Weise das Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl von Patienten beeinträchtigt (Wittchen et al. 2000). Klassifikation und Depressive Störungen werden in der internationalen Klassifikation der ICD-10 als psychopathologische Syndrome mit einer Mindestdauer von zwei Wochen definiert und sind in der Hauptkategorie der sogenannten „affektiven Störungen“ abgebildet (siehe Tab. 1). Sie können aus einzelnen, wiederholt auftretenden oder dauerhaften Krankheitsphasen (depressiven Episoden) bestehen. Verlaufsformen der Depression Tabelle 1: Hauptkategorien affektiver Störungen nach ICD-10 6 F 30 Manische Episode F 31 Bipolare affektive Störung F 32 Depressive Episode F 33 Rezidivierende depressive Störung F 34 Anhaltende affektive Störungen F 38 Andere affektive Störungen F 39 Nicht näher bezeichnete affektive Störungen – Band C6, Version 1.0 Depression Begründung und Einordnung des Themas Auf syndromaler Ebene werden unipolare depressive Störungen von bipolaren Störungen bzw. den manischen, gemischten oder hypomanen Episoden und der Zyklothymie abgegrenzt. Bei unipolaren depressiven Störungen kommen somit keine Phasen gehobener Stimmung vor. Die Hauptkriterien unipolarer depressiver Störungen sind depressive, gedrückte Stimmung, Interessenverlust und Freudlosigkeit bzw. Verminderung des Antriebs mit erhöhter Ermüdbarkeit und Aktivitätseinschränkung. Weitere Symptome können vorhanden sein, und die Beurteilung der vorhandenen Symptome ermöglicht eine Klassifikation nach dem Schweregrad der Erkrankung (siehe Diagnostik). Eine weitere Dimension in der Klassifikation erfasst Dauer und Verlauf der Erkrankung. Eine depressive Episode ist in der Regel durch eine Mindestdauer von 14 Tagen gekennzeichnet. Die mittlere Episodendauer behandelter unipolarer depressiver Störungen wird auf 16 Wochen geschätzt, wobei bei ungefähr 90 % der Patienten die depressive Episode als mittel- bis schwergradig eingeschätzt wird (NVL Depression 2011). Die Remission ist durch die Wiederherstellung des ursprünglichen Funktionszustandes bzw. fast vollständiger Symptomfreiheit nach der Akuttherapie gekennzeichnet. Eine unvollständige Remission liegt bei nur teilweise gebesserter Symptomatik vor. Ein erneutes Auftreten depressiver Symptomatik während der ca. vier bis neun Monate anhaltenden Phase mit Erhaltungstherapie kennzeichnet einen Rückfall. Ein Rezidiv, d. h. eine erneute depressive Episode liegt vor, wenn eine erneute depressive Symptomatik nach Beendigung der vierbis neunmonatigen Erhaltungstherapie auftritt (siehe Abb. 1). Abb. 1: Erkrankungsphasen und Behandlungsabschnitte einer depressiven Episode Zunehmender Schweregrad Remission Vollständige Genesung Rückfall Rückfall Rezidiv Symptome Ansprechen auf Therapie Syndrome Behandlungsphasen Akuttherapie Erhaltungstherapie 4–9 Monate Rezidivprophylaxe > 1 Jahr Quelle: NVL Depression, 2011 – Band C6, Version 1.0 7 Depression Begründung und Einordnung des Themas In den Verläufen depressiver Störungen zeigt sich eine hohe interindividuelle Variabilität. Bei mindestens 50 % der Patienten mit Ersterkrankung an einer Depression kommt es zu mindestens einer weiteren depressiven Episode. Bei rezidivierenden depressiven Episoden werden im Mittel vier bis sechs Episoden beobachtet (Angst 1986). Die Wahrscheinlichkeit für eine Wiedererkrankung erhöht sich nach zweimaliger Erkrankung auf 70 % (Kupfer 1991). Bei der Dysthymie zeigt sich eine mindestens zwei Jahre bestehende subsyndromale depressive Symptomatik. Die möglichen Verläufe unipolarer Depressionen sind in Abbildung 2 dargestellt. Abb. 2: Verläufe unipolarer depressiver Störungen a) depressive Episode, vollständige Remission b) depressive Episode, unvollständige Remission c) rezidivierende Depression d) Dysthymie e) depressive Episode mit vorangegangener Dysthymie f) chronifizierte (> 2 Jahre) depressive Episode Quelle: NVL Depression, 2011 Epidemiologie Depressionen zählen zu den häufigsten, aber hinsichtlich ihrer individuellen und gesellschaftlichen Bedeutung meistunterschätzten Erkrankungen (Murray et al. 1996). Die Lebenszeitprävalenz liegt in Deutschland wie international bei 16 bis 20 % (Bijl et al. 1998; Ebmeier et al. 2006). Im Bundesgesundheitssurvey von 1998 zeigten sich eine VierWochen-Prävalenz von 5,6 % und eine Zwölf-Monats-Prävalenz von 10,7 % für die unipolare Depression (Jacobi et al. 2004). Frauen sind häufiger von depressiven Störungen betroffen als Männer (Kahn et al. 2005; Kessler 2003). Ihr Erkrankungsrisiko liegt mit einer Lebenszeitprävalenz von 25 % doppelt so hoch wie bei Männern mit 12,3 % (Jacobi et al. 2004). Depressionen treten in jedem Lebensalter auf. Während früher das Durchschnittsalter für depressive Ersterkrankungen mit 35 bis 45 Jahren angegeben wurde, zeigten sich in einem aktuellen Bundesgesundheitssurvey Hinweise, dass in Deutschland 50 % aller Patienten bereits vor dem 31. Lebensjahr erstmals an einer Depression erkranken 8 – Band C6, Version 1.0 Depression Begründung und Einordnung des Themas (Jacobi et al. 2004). Im Alter ist die depressive Erkrankung die häufigste psychische Störung, wobei eine hohe Komorbidität mit körperlichen Erkrankungen und Funktionseinschränkungen besteht. Die Rate an depressiv erkrankten Patienten, die im Verlauf ihrer Erkrankung Suizidgedanken haben, liegt zwischen 40 bis 80 % (Ahrens 1995). 10 bis 15 % der Patienten mit rezidivierender depressiver Erkrankung versterben an Suizid. Die Suizidrate, also der Anteil der Patienten mit Depression, die sich das Leben nehmen, steigt mit dem Alter kontinuierlich an und ist bei den Hochbetagten am größten (NVL Depression 2011). Depressionen treten häufig mit anderen psychischen und somatischen Erkrankungen auf. Diese Komorbidität kann die Diagnostik erschweren, den Verlauf komplizieren und die therapeutischen Möglichkeiten einschränken. Die Lebenszeitprävalenz einer Depression liegt bei Patienten mit körperlichen Erkrankungen bei 42 % (Patten 2001). Das vorliegende Indikatorenset bezieht sich auf die Diagnose und Behandlung von erwachsenen Menschen mit unipolarer depressiver Erkrankung im ambulanten Bereich. Es sind im Folgenden unter dem Begriff „Depression“ die Diagnosen F 32*, F 33* und F 34.1 nach der ICD-10-Klassifikation eingeschlossen. Im Einzelfall abweichende Inhalte werden mit den entsprechenden Spezialbegriffen beschrieben. – Band C6, Version 1.0 Definition der Zielgruppe 9 Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) Depression Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) Im Folgenden werden die Koordination der Versorgung und die aktuell empfohlene Diagnostik und Therapie bei depressiven Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung der hausärztlichen Perspektive beschrieben. Koordination der Versorgung, Schnittstellen Zentrale Rolle des Hausarztes An der Behandlung depressiv Erkrankter sind Akteure auf unterschiedlichen Versorgungsebenen beteiligt. Insbesondere bei schweren und chronischen Verläufen ist eine kontinuierliche und abgestimmte medizinische, psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung erforderlich (NVL Depression 2011). Als zentrale Akteure der Versorgung depressiv Erkrankter gelten entsprechend der Nationalen Versorgungsleitlinie: Hausärzte (Fachärzte für Allgemeinmedizin bzw. für Innere Medizin, praktische Ärzte) Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Nervenheilkunde Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Ärzte mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie oder Psychoanalyse Psychologische Psychotherapeuten weitere Leistungserbringer für psychosoziale Therapien (Ergotherapeuten, Sozialarbeiter und -pädagogen, Soziotherapeuten, häusliche psychiatrische Pflege) Fachkrankenhäuser und Fachabteilungen in Allgemeinkrankenhäusern für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, einschließlich zugeordneter Instituts- und Hochschulambulanzen und spezifische, z. B. gerontopsychiatrische Zentren Rehabilitationseinrichtungen (insbesondere psychosomatische Rehabilitationskliniken) Die meisten Patienten mit depressiver Erkrankung treten über den Hausarzt in das medizinische System ein (Wittchen et al. 2000). Ein hoher Anteil der Patienten, insbesondere mit leichter depressiver Episode, verbleibt in der hausärztlichen Behandlung und wird dort langfristig betreut und therapiert. Darüber hinaus kommt dem Hausarzt eine wichtige Beratungsfunktion zu, u. a. zur Frage, inwieweit Fachärzte spezialisierter Gebiete, Psychologische und Ärztliche Psychotherapeuten, komplementäre Heilberufe und flankierende Dienste in die Behandlung einbezogen werden sollen (NVL Depression 2011). Für einen Behandlungsbeginn bei einer sicher diagnostizierten depressiven Episode bereits im primärärztlichen Bereich sprechen u. a. die Möglichkeit des frühzeitigen Behandlungsbeginns und die Kenntnis der Lebensumstände der Patienten durch den Hausarzt. Darüber hinaus ist ein kurzfristiger Behandlungsbeginn durch z. B. Fachpsychiater oder Psychotherapeuten oft mangels Kapazitäten nicht möglich. Die hausärztliche Ebene ist zumindest zeitweise die einzige sichere Anlaufstelle für diese Patienten. Die vergleichsweise kurze Konsultationszeit oder ein teilweise begrenztes klinisches Spezialwissen in der hausärztlichen Versorgung sind hingegen einschränkend zu nennen. Eine 10 – Band C6, Version 1.0 Depression Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) Kooperationskultur zu den Fachspezialisten, die auf die Unterstützung des Hausarztes zielt, ist hier wichtig. Überweisungen empfehlen sich bei: unklaren Diagnosen (vor allem bei unsicherer Abgrenzung zu Psychosen), Therapieresistenz trotz antidepressiver Medikation, suizidalem oder fremdaggressivem Verhalten, Komorbiditäten (wie Drogenabusus oder Essstörungen), Kindern mit Symptomen einer schweren Depression. Insbesondere bei schweren und chronischen Formen der Erkrankung ist eine kontinuierliche, abgestimmte, medizinische, psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung notwendig. Eine Depression wird häufig durch den Hausarzt – oft im Rahmen einer primär somatischen Konsultation – erstmals erkannt. Insbesondere die „psychosomatische Grundversorgung“ bietet dem Hausarzt das entsprechende Werkzeug für Diagnostik und Therapie (Gensichen et al. 2011). Sie vermittelt die Grundlagen der Basisdiagnostik und -therapie sowie die adäquate Kooperation im psychosozialen Versorgungssystem für die psychischen Erkrankungen (Bundesärztekammer 2001). Diagnostik Die systematische Diagnostik bei unipolaren depressiven Störungen beruht auf Hauptund Zusatzsymptomen. Je nach Anzahl der vorliegenden Haupt- und Zusatzsymptome erfolgt eine Einteilung in leichte, mittelgradige und schwere Episoden. Bei einer „leichten“ Episode (ICD-10: F 32.0) müssen mindestens zwei Hauptsymptome und zwei Zusatzsymptome vorliegen. Für eine „mittelgradige“ Episode (ICD-10: F 32.1) sind mindestens zwei Hauptsymptome und drei Zusatzsymptome erforderlich und bei einer „schweren“ Episode (ICD-10: F 32.2) müssen mindestens drei Hauptsymptome und mehr als drei Zusatzsymptome vorliegen. Die Symptome müssen jeweils seit mindestens zwei Wochen vorliegen (siehe Abb. 3). Abb. 3: Diagnose depressiver Episoden nach ICD-10-Kriterien Hauptsymptome gedrückte, depressive Stimmung Interessenverlust, Freudlosigkeit Antriebsmangel, erhöhte Ermüdbarkeit 2 2 3 + + + 2 3–4 ≥4 Zusatzsymptome verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit negative und pessimistische Zukunftsperspektiven Suizidgedanken/-handlungen Schlafstörungen verminderter Appetit Symptome ≥ 2 Wochen leichte mittelgradige schwere depressive Episode Quelle: NVL Depression, 2011 – Band C6, Version 1.0 11 Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) Depression Die Diagnostik ist anspruchsvoll, da die Patienten sich meistens mit „unspezifischen Symptomen“ vorstellen und selten spontan Kernsymptome einer Depression berichten. Häufige „unspezifische Symptome“, die auf eine mögliche Depression hinweisen können, sind (Schauenburg et al. 2011): Magendruck Druckgefühl in Brust und Hals, Globusgefühl Schwindelgefühle Erschöpfung Spannungsbedingte Muskelschmerzen Verdauungsbeschwerden Subjektive Gedächtnisstörungen Libidoverlust Besteht aufgrund der vom Patienten geäußerten „unspezifischen Symptome“ der Verdacht auf eine Depression, sollten zunächst folgende zwei Suchfragen zum Screening gestellt werden (Whooley et al. 1997): 1. Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos? 2. Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun? Die Sensitivität dieser Fragen ist hoch (96 %, bei niedriger Spezifität: 57 %). Verneinen Patienten beide Fragen und liegen keine anderen erkennbaren Risiken vor, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Depression ausgeschlossen werden. Werden eine oder zwei Fragen positiv beantwortet, sollten gezielt die Haupt- und Zusatzsymptome entsprechend der ICD-10-Kriterien abgeklärt werden. Die Dauer der Symptome ist jeweils mit zu erfragen. Spricht der Patient bereits von allein depressionsspezifische Symptome an, sollte auf die oben genannten zwei Eingangsfragen verzichtet und sofort die ICD-10-Diagnosekriterien gezielt vollständig erfragt werden. Wichtig ist die aktive Exploration aller Kriterien, da depressive Patienten spontan häufig nur Teilaspekte schildern. Fragebogeninstrumente wie z. B. der PHQ-9 (Patient-Health-Questionaire) (Löwe et al. 2002) oder die GDS (Geriatric Depression Scale) (Fischer 1988) dienen dem gezielten Screening. Mit dem PHQ-9 ist eine dimensionale Messung, also eine Schweregradmessung (0 bis 27 Punkte) der Depression, möglich. Das routinemäßige Screening oder „Durchsieben“ mit einem Fragebogen aller Patienten in einer Praxis wird nicht empfohlen (NVL Depression 2011). Die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer depressiven Episode ist bei fehlender spezifischer Symptomatik im unausgelesenen Patientengut der hausärztlichen Praxis gering. Entsprechend niedrige positive Vorhersagewerte führen zu falschpositiven Befunden. Die Fragebogeninstrumente erlauben jedoch bei hohen negativen Vorhersagewerten den weitgehend sicheren Ausschluss einer depressiven Episode (Schneider et al. 2011). 12 – Band C6, Version 1.0 Depression Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) Depressionen zeichnen sich typischerweise durch einen episodischen Verlauf aus. Vor Einführung der Psychopharmaka wurde eine durchschnittliche Episodendauer von sechs bis neun Monaten für die unipolare Depression angenommen (Berger et al. 2004). Gleichzeitig gibt es eine große interindividuelle Variabilität im Krankheitsverlauf. Der Arzt muss davon ausgehen, dass jeder Patient mit depressiver Episode suizidgefährdet sein kann. Suizidalität sollte bei depressiven Patienten stets direkt angesprochen werden, präzise, detailliert und konkret erfragt und vor dem Hintergrund vorhandener Ressourcen beurteilt werden. Das alleinige Ansprechen der Suizidalität durch Ärzte oder andere verstärkt diese besondere klinische Situation nicht. Suizidalitätsabklärung Für die Beurteilung der Suizidalität ist die Erfassung der aktuellen klinischen Symptomatik sowie möglicher psychotischer Symptome erforderlich. Die Suizidalität sollte auch im hausärztlichen Setting zu Beginn einer depressiven Episode, bei Veränderung der Therapie, nach Krankenhausentlassung, nach kritischen Lebensereignissen und im weiteren Verlauf abhängig von der klinischen Symptomatik aktiv erfragt werden. Unter Berücksichtigung der Ausprägung bzw. der Dringlichkeit der Suizidalität, der Umgebungsfaktoren, der Bündnisfähigkeit des Patienten und der eigenen Ressourcen ist das weitere Betreuungsangebot festzulegen. Bei einer ambulanten Betreuung sollten regelmäßige zusätzliche Kontakte (telefonisch oder direkt) vereinbart werden. Ggf. kann mit dem Patienten ein Antisuizidvertrag über einen Zeitraum von bis zu zwei Tagen vereinbart werden. Eine pharmakotherapeutische Behandlung mit Benzodiazepinen sollte in Anbetracht des hohen Suchtpotentials 14 Tage nicht überschreiten. Um die Besserung oder Verschlechterung der Depressionssymptome sicher, zeitnah und im Verlauf vergleichbar zu beobachten, ist das regelmäßige Abfragen der Symptome erforderlich. Diese Verlaufsbeobachtung sollte mit Fragebogeninstrumenten, wie z. B. mit dem PHQ-9, durchgeführt werden. Der Symptomverlauf wird damit für Arzt und Patient konkret abgebildet. In der Akutbehandlung der Depression sollte spätestens zwei Wochen nach Behandlungsbeginn mit der Verlaufsbeobachtung begonnen und in allen weiteren Kontakten fortgeführt werden. Die Abstände der Folgekontakte sind entsprechend der klinischen Situation individuell anzupassen. Nach dem Start einer Pharmakotherapie werden während der ersten vier Behandlungswochen zunächst wöchentliche Verlaufsbeobachtungen, anschließend alle zwei bis vier Wochen und nach drei Monaten individuell angemessene Intervalle empfohlen (NVL Depression 2011). Durchschnittlich sollten monatliche Kontakte bis zur Remission sichergestellt werden. Verlaufsbeobachtung Die wichtigsten evidenzbasierten Therapiestrategien in der Behandlung von Patienten mit depressiver Episode sind die „aktiv abwartende Begleitung“, „psychotherapeutische Verfahren“ und die „Pharmakotherapie“. Psycho- und pharmakotherapeutische Behandlungen können auch in Kombination angewandt werden. Zusätzliche, aber seltener angewandte Strategien sind u. a. Schlafentzugstherapie, Lichttherapie, Elektrokrampftherapie, Entspannungsverfahren, Kunsttherapie, Ergotherapie, Soziotherapie. Therapie – Band C6, Version 1.0 13 Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) Depression Im hausärztlichen Bereich werden in der Regel die aktiv abwartende Begleitung und die Pharmakotherapie angewendet. Weitere Basiselemente sind die „Psychoedukation“ und die „Partizipative Entscheidungsfindung“. Aktiv abwartende Begleitung Bei leichter und in Ausnahmefällen bei mittelgradiger depressiver Episode sollte zunächst die „aktiv abwartende Begleitung“ angeboten werden. Wichtige Bestandteile dieser Strategie sind die Psychoedukation, regelmäßige Konsultationen und die strukturierte Verlaufsbeobachtung. Die Entbindung von den beruflichen Verpflichtungen (Krankschreibung) sollte stets zurückhaltend angeboten werden, da die Berufstätigkeit eine wirkungsvolle Strukturgebung des Alltags für diese Patienten sicherstellt. Bei ausbleibender Verbesserung der Symptome innerhalb von zwei Wochen sollte eine intensivere depressionsspezifische Therapie eingeleitet werden (National Institute for Health and Clinical Excellence 2004), da zu langes Warten die Prognose der depressiven Episode verschlechtert und die Chronifizierung der Depression begünstigt. Die Aktivierung des Patienten durch gemeinsam mit ihm abgestimmte, erreichbare Alltagsziele ist wesentlich für den Behandlungserfolg. Diese Ziele können sich beispielsweise auf die Tagesstrukturierung, die Genussförderung oder die vorsichtige Aufhebung des sozialen Rückzugs beziehen. Zusätzlich zur ärztlichen Konsultation durchgeführte regelmäßige telefonische Patientenkontakte zur Verlaufsbeobachtung und Patientenaktivierung unterstützen den Patienten. Der zusätzliche Einsatz einer strukturierten Beobachtungs-Checkliste (Depressions-Monitoring-Liste – DEMOL) zur Erhebung der Symptome und der Patientenaktivität durch medizinische Fachangestellte erreicht eine Adherence- und Symptomverbesserung. Weiterhin trägt sie zu einem besseren Informationsfluss zum behandelnden Hausarzt bei (Gensichen et al. 2009). Psychotherapie Psychotherapie ist sowohl bei der leichten, mittelgradigen als auch bei der schwergradigen depressiven Episode eine Therapieoption. Bei Vorliegen einer leichten depressiven Episode wird neben der abwartenden Begleitung die Psychotherapie empfohlen. Bei mittelschweren depressiven Episoden geht man davon aus, dass Psycho- und Pharmakotherapie gleich wirksam sind (Hollon et al. 2002; Wampold 2001). Für die schwere Depression liegen bezüglich der Effekte von Psychotherapie uneinheitliche Empfehlungen vor. Die Kombination aus Psychotherapie und Pharmakotherapie ist bei schweren depressiven Episoden (Schramm et al. 2007; Thase e al. 1997), bei chronisch depressiven Patienten (Keller et al. 2000) und bei rezidivierenden Depressionen (Sutej et al. 2006; Reynolds et al. 1999) der alleinigen Pharmakotherapie überlegen und daher indiziert. Im Rahmen der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung sind die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie anerkannt. Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) sowie die interpersonelle Psychotherapie (IPT) sind am besten in ihrer Wirksamkeit belegt (de Mello et al. 2005; Gloaguen et al. 1998). 14 – Band C6, Version 1.0 Depression Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) Diese psychotherapeutischen Verfahren erfordern, wenn nicht eine entsprechende Zusatzqualifikation des Hausarztes vorliegt, die Überweisung zu psychiatrischen oder psychotherapeutischen Fachspezialisten. Je nach Region ist von bis zu mehrwöchigen Wartezeiten auszugehen. Die zu überbrückende Zeit sollte nicht ohne therapeutische Maßnahmen verstreichen, um die Symptomverschlechterung bzw. die Chronifizierung der Depression zu verhindern. Für die Pharmakotherapie der depressiven Episode stehen die folgenden Substanzklassen zur Verfügung: Tri- und tetrazyklische Antidepressiva Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSRI) Monoaminoxidase-Inhibitoren (MAOI) Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SSNRI) Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (SNRI) Alpha-2-Rezeptor-Antagonisten Selektive Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (Buproprion) Melatonin-Rezeptor-Agonist und Serotonin 5-HT2C-Rezeptorantagonist (Agomelatin) Pharmakotherapie Zunächst sollte eine Pharmakotherapie bei leichter depressiver Episode nur begonnen werden, wenn entsprechende Vorbehandlungen des Patienten effektiv waren und/oder es der Patient ausdrücklich wünscht. Bei mittelschwerer depressiver Episode haben Psychotherapie und Pharmakotherapie die gleiche Wirksamkeit. Bei einer schweren depressiven Episode wird in der Regel die pharmakotherapeutische mit der psychotherapeutischen Behandlung kombiniert (NVL Depression 2011). Bei erforderlicher Pharmakotherapie sollte mit einer niedrigen „Anfangsdosis“ begonnen werden und bei ausbleibender Verbesserung zeitnah die Aufdosierung bis zur Maximaldosis erfolgen (NVL Depression 2011). Zu Beginn einer Pharmakotherapie ist eine sorgfältige Aufklärung über die Medikamente erforderlich. Insbesondere sind die zeitlich verschobenen Wirkungseintritte von Symptombesserung und Nebenwirkungen zu vermitteln. Für die Wahl des Antidepressivums gibt es keine umfassende und einheitliche Empfehlung. Auswahlkriterien sind u. a. die Vorerfahrungen des Patienten, die Erfahrungen und Kenntnisse des Behandlers mit speziellen Präparaten, die Komorbiditäten und die Nebenwirkungsprofile. In den ersten vier Behandlungswochen wird eine wöchentliche Verlaufsbeobachtung, anschließend alle zwei bis vier Wochen und nach drei Monaten individuell angepasste Intervalle empfohlen (NVL Depression 2011). – Band C6, Version 1.0 15 Ansatzpunkte für eine gute Versorgung (Qualitätskonzept) Depression Die Wirklatenz bis zu den ersten Effekten liegt bei den modernen Antidepressiva (z. B. SSRI, SSNRI) bei unter einer Woche. Da nach drei Wochen Behandlung ohne erkennbare Verbesserung der Symptome die Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolges auf unter 20 % sinkt, sollte spätestens dann die Intensivierung der Therapie bzw. der Wechsel des Medikamentes erfolgen (Schauenburg et al. 2011). Antidepressiva sollen mindestens vier bis neun Monate über die Besserung der Symptome (Remission) hinaus eingenommen werden. Bei rezidivierenden Episoden wird eine Einnahme von mindestens zwei Jahren zur Langzeitprophylaxe empfohlen (NVL Depression 2011). Eine antidepressive Pharmakotherapie sollte schrittweise über einen Zeitraum von vier Wochen beendet werden. 16 – Band C6, Version 1.0 Depression Recherche und Auswahl der Qualitätsindikatoren Recherche und Auswahl der Qualitätsindikatoren Die systematische Recherche der national und international vorhandenen Qualitätsindikatoren zu Depression wurde von zwei Fachärzten für Allgemeinmedizin im Herbst 2011 durchgeführt. Zunächst wurde in Pubmed anhand der MeSH-Terms „depression“ „depressive disorder“, „quality indicator“, „quality indicators“ und „mental health“ nach Artikeln mit Qualitätsindikatoren gesucht. Im Weiteren wurden internationale spezifische Datenbanken für Qualitätsindikatorensysteme (z. B. National Quality Measures ClearinghouseTM) recherchiert. Schließlich wurden mittels Handsuche nationale und internationale Leitlinien auf entsprechende Qualitätsindikatoren hin analysiert. Es wurden insgesamt 80 Indikatoren gefunden, die den genannten Suchkriterien entsprachen. Im nächsten Schritt wurden Indikatoren, die sich auf den stationären Bereich beziehen, sowie Indikatoren, die Patienten unter 18 Jahren einbeziehen, ausgeschlossen. Die identifizierten Indikatoren wurden ggf. ins Deutsche übersetzt. Weiterhin wurden, basierend auf den Empfehlungen der NVL Depression (2011), zehn Indikatoren neu entwickelt. So entstand schließlich eine Liste, die insgesamt 65 Qualitätsindikatoren umfasste. (s. Anhang 2). Die Indikatorliste wurde einem Expertenpanel zur Bewertung vorgelegt. Die Teilnehmer des Expertenpanels (s. Anhang 1) wurden vom wissenschaftlichen Autorenteam bestellt. Sie bewerteten die Indikatoren in einem sogenannten „Delphi-Verfahren“. Die RAND/UCLA Appropriateness Method, die vor etwa 30 Jahren von der RAND Corporation, Kalifornien, in Zusammenarbeit mit der School of Medicine der University of California, Los Angeles (UCLA), entwickelt wurde, ist international erprobt. Sie kombiniert systematisch die Recherche der verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz mit mehrstufigen strukturierten Bewertungsschritten durch Experten (Fitch et al. 2001). Nach Abschluss dieses Bewertungsverfahrens wurden elf Indikatoren durch das Expertenpanel als relevant und praktikabel bewertet (s. Anhang 2). Anschließend unterzog das wissenschaftliche Autorenteam diese Indikatorenliste einer eingehenden Zweitprüfung. Aufgrund unklarer wissenschaftlicher Evidenz musste ein Indikator zum Thema „Neuroleptikaverschreibung bei depressiver Erkrankung“ (s. Nr. 64, Anhang 2) vom Autorenteam zurückgezogen werden. In zwei Fällen (Indikator 1 und 4) wurden zwei der ursprünglichen Indikatoren zu einem zusammengefasst. Darüber hinaus wurde eine unbalancierte Verteilung der von den Indikatoren erfassten Qualitätsdimensionen (Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität) festgestellt. Schließlich wurden die spezifischen Datenquellen der Indikatoren geprüft und festgestellt, dass Routinedaten als Datenquelle bislang wenig genutzt wurden. – Band C6, Version 1.0 17 Recherche und Auswahl der Qualitätsindikatoren Depression Um eine bessere Ausgewogenheit des resultierenden Indikatorensets zu erzielen, wurde vom wissenschaftlichen Autorenteam im Einvernehmen mit den QISA-Herausgebern von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Indikatorenset letztmalig zu modifizieren. In einem abschließenden Schritt wurden je ein Indikator zu den Themenbereichen „Antidepressive Pharmakotherapie“ sowie „Psychotherapie“ hinzugenommen (Indikator 5, 7). Beide Indikatoren wurden im Expertenpanel in der Kategorie „Relevanz“ mit mindestens „7“ bewertet. Sie wurden entsprechend den Ergebnissen der Paneldiskussion umformuliert (z.B. Wegfall der Schweregradeinteilung). Um im hausärztlichen Setting eine mangelnde Versorgung abzubilden und zu vermeiden („avoiding poor control“), wurde der Indikator 9 in das finale Indikatorenset aufgenommen, der in der ursprünglichen Formulierung in der Kategorie „Relevanz“ eine Bewertung von „6“ hatte. Der Indikator wurde im Sinne der Paneldiskussion umformuliert (ohne Schweregraddifferenzierung, Erfassung des Fehlens jeglicher therapeutischer Maßnahmen). Den Indikatoren Nr. 5, 6, 7 und 8 wurden darüber hinaus sogenannte „Modifikationen“ hinzugefügt. Diese Erweiterungen des jeweiligen Hauptindikators ermöglichen unter Nutzung der Routinedaten der Krankenkasse zusätzliche populationsbezogene Analysen der Versorgung von Patienten mit Depression in der deutschen Primärversorgung. Ihr Fokus ist die sogenannte „Responsiveness“ des Gesundheitssystems, in dem die hausärztliche Ebene eine zentrale (koordinierende) Funktion einnimmt. Die Modifikationen werden von den Autoren zunächst als Diskussionsbeitrag zur generellen Indikatorentwicklung für Depression verstanden. Das entstandene finale Indikatorenset stellt eine Mischung aus Struktur-, Prozess- und Ergebnisindikatoren dar. Es umfasst die folgenden Versorgungsbereiche der Depression: systematische Erfassung der Patientengruppe (Register), Diagnostik, Therapie, Suizidalität, Patientenaufklärung und -beratung in der Hausarztpraxis sowie Fortbildung von Hausärzten. Es bezieht sich auf erwachsene Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*, und F 34.1) im Sinne einer „unipolaren Depression“ im primären Geltungsbereich der Hausarztpraxis. Grundsätzlich ist die Anwendung der Indikatoren in Arztnetzen, Qualitätszirkeln, in KV-Bezirken etc. denkbar. Die vorliegenden QISA-Indikatoren unterstützen die Qualitätsbeurteilung der hausärztlichen Versorgung von Patienten mit Depressionen aus klinisch-hausärztlicher Perspektive. Im Sinne des QISA-Ansatzes reicht die hausärztliche Qualitätsbeurteilung der Versorgung über den direkten Abgleich mit evidenzbasierten Leitlinien (sog. Leitliniengerechtigkeit) hinaus. Praxisnetze, Qualitätszirkel sollen so zur Qualitätsbeurteilung ihrer eigenen Arbeit im Sinne einer formativen Evaluation angehalten werden. 18 – Band C6, Version 1.0 Depression Fazit Als Datenquellen werden vorausgesetzt: a) Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte der Hausarztpraxis, also die für die Abrechnung mit der GKV erstellten Daten b) Klinische Dokumentation in der elektronischen Patientenakte der Hausarztpraxis, also die über die in a) erfasste hinausgehende klinische Dokumentation der Praxis Darüber hinaus lassen sich insbesondere für die Modifikationen Abrechnungsdaten der Kostenträger heranziehen. Das Erheben von Daten für die Qualitätssicherung in der Hausarztpraxis birgt zwei Herausforderungen: Die Datenqualität hängt entscheidend von der Qualität der Dokumentation in den Hausarztpraxen ab. Dies wird insbesondere relevant, wenn es sich um spezifische (praxisinterne) klinische Dokumentationen handelt. Über die bisherige Routinedokumentation hinaus fällt zusätzlicher Dokumentationsaufwand an. So ist zum Beispiel für die Anwendung bestimmter Indikatoren die systematische Dokumentation inzidenter oder prävalenter Patienten unabdingbar. Fazit Die vorliegenden Indikatoren beziehen sich auf die Diagnose und Therapie bei Patienten mit „unipolarer“ depressiver Erkrankung, d. h. depressive Episoden (ICD-10: F 32*), rezidivierende depressive Störungen (ICD-10: F 33*) und Dysthymie als anhaltende affektive Störung (ICD-10: F 34.1) in der hausärztlichen Versorgung. Sie sollen entsprechend der Zielsetzung des QISA-Systems sowohl von interessierten Ärzten in der Praxis, Ärztenetzen oder Qualitätszirkeln als auch in Teilen von Krankenkassen genutzt werden und helfen, die Qualität der Versorgung von Menschen mit Depression zu beschreiben. Eine angemessene Darstellung der Versorgungssituation bietet die notwendige Grundlage, um Maßnahmen zur Verbesserung von Diagnose und Behandlung für Patienten mit Depression in Deutschland nachhaltig zu planen und umzusetzen. – Band C6, Version 1.0 19 Depression Übersicht über die ausgewählten Indikatoren Übersicht über die ausgewählten Indikatoren Nr. (Nr. Anhang 2) indikator Fragestellung Fokus 1 Erfassung von Patienten mit Depression im hausärztlichen Bereich Besteht eine systematische Erfassung aller Patienten mit diagnostizierter depressiver Erkrankung in der Praxis? Prozessqualität 8/60 2 Screening auf Depression bei Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz Erfolgt bei Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung oder Herzinsuffizienz ein Screening auf Depression? Prozessqualität 61 3 Suizidalitätsabklärung bei Patienten mit Depression Werden alle Patienten mit Depression initial auf Suizidalität untersucht? Prozessqualität 20 4 Patientenaufklärung/-information zu Selbsthilfe- und Angehörigengruppen bei Patienten mit Depression Werden die Patienten über ihre Erkrankung aufgeklärt und erhalten Informationen zu Selbsthilfegruppen bzw. Angehörigengruppen? Prozessqualität 42/43 5 Patienten mit Depression, die eine antidepressive Pharmakotherapie durch den Hausarzt verordnet bekommen Wie viele Patienten mit Depression erhalten eine antidepressive Pharmakotherapie durch den Hausarzt? Prozessqualität 15 6 Ausreichende Dauer der antidepressiven Pharmakotherapie nach Remission Werden Patienten mit medikamentöser Behandlung ausreichend lange behandelt? Prozessqualität 6 7 Patienten mit Depression, die durch den Hausarzt eine Empfehlung zur psychotherapeutischen Behandlung erhalten Wie viele Patienten mit Depression erhalten eine Empfehlung zur Psychotherapie durch den Hausarzt? Prozessqualität 47 8 Patienten mit schwerer depressiver Episode, die durch den Hausarzt die Empfehlung zu einer Kombinationstherapie erhalten Wie viele Patienten mit schwerer depressiver Episode erhalten eine Empfehlung zu einer Kombinationstherapie durch den Hausarzt? Prozessqualität 45 9 Patienten mit anhaltender Depression ohne spezifische Therapie Wie viele Patienten mit anhaltender Depression erhalten keine depressionsspezifische Therapie und sind als unterversorgt zu beurteilen? Ergebnisqualität* 16 10 Verschreibung von Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa bei Depression länger als vier Wochen Ist die Verordnung von Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa zeitlich begrenzt? Prozessqualität 62 11 Hausärzte mit Fortbildung zur Depression Wie viele Hausärzte haben sich regelmäßig zum Thema Depression fortgebildet? Strukturqualität 58 * In der klassischen Qualitätslehre bzw. der Indikatorentwicklung wird zwischen Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität unterschieden. Diese Bezeichnungen weichen zunehmend Differenzierungen, die die Verknüpfung insbesondere von Ergebnisgrößen mit Prozessgrößen als einen gemeinsamen Indikator erfassen (Connected Clinical Indicators oder intermediäre Indikatoren). In diesem Sinn könnte der Indikator 9 auch als intermediärer Indikator klassifiziert werden. 20 – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 1 Beschreibung der Qualitätsindikatoren für Depression Indikator 1: Erfassung von Patienten mit Depression im hausärztlichen Bereich (I) Beschreibung Aussage: Der Indikator misst die Anzahl der Patienten mit diagnostizierter Depression innerhalb eines definierten Zeitraumes in einer hausärztlichen Praxis. Begründung: Depressionen zählen zu den häufigsten und gleichzeitig am meisten unterschätzten Erkrankungen. Die Krankheitskosten bei Patienten mit depressiver Erkrankung sind doppelt so hoch wie bei vergleichbaren Patienten ohne depressive Erkrankung (Seelig et al. 2008). Die Behandlung der Mehrzahl der Patienten erfolgt im hausärztlichen Setting (Fernandez et al. 2007). Aufgrund der hohen Prävalenz, der hohen Kosten und der Behandelbarkeit dieser Patienten im hausärztlichen Setting sollten die Patienten mit depressiver Erkrankung einer Arztpraxis bzw. eines Arztnetzes systematisch erfasst werden. Der Aufbau eines Registers in Hausarztpraxen oder Arztnetzen dient der systematischen Erfassung dieser Patienten. Die Identifikation der Zielpopulation (Patienten mit Depression) in einem praxisbasierten Register ist ferner die Voraussetzung für die Erhebung weiterer Indikatoren zur Qualitätserfassung. Zielstellung:Erstellung eines praxisbezogenen Registers, somit die vollständige Erfassung aller Patienten mit diagnostizierter Depression Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Bereich nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte Voraussetzungen: Vollständige Dokumentation der Diagnosen (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in der elektronischen Patientenakte. Der Hausarzt muss jeweils dokumentieren, ob es sich um einen praxisinzidenten Fall oder einen Patienten handelt, bei dem die Depression von einem anderen Arzt diagnostiziert wurde. Ausblick:Eine systematische Erfassung von Patienten mit Depression in einer Hausarztpraxis kann zu einer optimierten Behandlung dieser Patienten beitragen. Eine detaillierte Auswertung der vorhandenen Patienten kann perspektivisch zu spezifischen Aussagen beitragen und es können zielgruppenspezifische Versorgungsangebote etabliert werden. – Band C6, Version 1.0 21 Depression Indikator 1 (II) Erstellung Zähler: Anzahl der Patienten mit diagnostizierter Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in einer Hausarztpraxis Nenner:Anzahl aller Patienten innerhalb der letzten zwölf Monate in einer Hausarztpraxis Formel: Anzahl der Patienten mit diagnostizierter Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in einer Hausarztpraxis 22 Anzahl aller Patienten innerhalb der letzten zwölf Monate in einer Hausarztpraxis Referenzwert: 10,9 % betrug die Punktprävalenz von Patienten mit Depressionen in einer Untersuchung in deutschen Hausarztpraxen (Wittchen et al. 2002). Internationale Studien ergaben ebenfalls Punktprävalenzen von ca. 10 % (Simon et al. 1995, Goldman et al. 1999). In einer Studie von Gensichen und Kollegen sank die Prävalenz bei wiederholter Messung nach zwei Wochen auf 7 % (Gensichen et al. 2009). Unter Berücksichtigung der komplexen Diagnostik- und Therapiesituation im hausärztlichen Setting wird als Referenz zunächst ein Wert von ca. 7 % vorgeschlagen. Abweichungen sind zu analysieren und mit aktuellen Forschungsergebnissen zu vergleichen. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Die Validität dieses Indikators ist hoch. Der Indikator macht eine Aussage über die Anzahl der Patienten mit diagnostizierter Depression in der Hausarztpraxis. Reliabilität: Die Zuverlässigkeit der Erfassung der Patienten mit Depression hängt von einer konsequenten Dokumentation ab. Sensitivität: Die Veränderungssensitivität ist unter Berücksichtigung der Reliabilität hoch. (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Die Lebenszeitprävalenz für depressive Erkrankungen liegt national wie international bei 16 bis 20 % (Bijl et al. 1998; Ebmeier et al. 2006). Im Bundesgesundheitssurvey von 1998 zeigte sich eine 4-Wochen-Prävalenz von 5,6 % (Jacobi et al. 2004). Die Prävalenz von depressiven Erkrankungen in deutschen Hausarztpraxen lag in einer epidemiologischen Studie bei 10,9 % (Wittchen et al. 2002). Frauen sind häufiger betroffen als Männer (NVL Depression 2011). – Band C6, Version 1.0 Depression Indikatorensysteme: Indikator 1 Ähnliche Qualitätsindikatoren zur Erfassung von Patienten mit Depression werden aufgeführt von: AQUA-Institut 2002: Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze. Teil C7 Depression The NHS Information Centre for Health and Social Care. National Quality and Outcomes Framework Achievement Data 2009/10, October 2010 AQUIK, Kassenärztliche Bundesvereinigung 2010 RAND Health Programm (Kerr et al. 2000) ACOVE Quality Indicators des American College of Physicians – American Society of Internal Medicine (ACOVE 2001) (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Der Anteil der Patienten mit Depression in einer Praxispopulation kann aus mehreren Gründen, wie z. B. der Lage oder der medizinischen Ausrichtung der Praxis, verschieden hoch sein. Weitere Faktoren sind die Altersstruktur der Patienten einer Praxis, die Geschlechterverteilung und das Inanspruchnahmeverhalten der Patienten. Eine zuverlässige Dokumentation ist erforderlich. Mögliche Handlungs- konsequenz: Überprüfung der Dokumentationsqualität Einführung einer strukturierten Diagnostik anhand der ICD-10-Kriterien Steuerung finanzieller Anreize Einbindung der Die Ergebnisse können zum Vergleich in Hausarztpraxen, in Arztnetzen, QualiErgebnisse in die tätszirkeln oder auch in KV-Bezirken genutzt werden. Gründe für unterschiedliche Qualitätszirkelarbeit: Werte sollten diskutiert und in der weiteren Arbeit überprüft werden. Darüber hinaus kann der Fortbildungsbedarf identifiziert werden. Einbindung in das Es sollte evaluiert werden, inwieweit die Ergebnisse des Indikators den statistiQualitätsmanagement: schen Erwartungen entsprechen. Auf Ebene der einzelnen Praxis sollte die strukturiert durchgeführte Diagnostik nach den ICD-10-Kriterien angewendet werden. Die aktive Explorierung von Symptomen einer Depression sollte bei allen Patienten mit unspezifischen Beschwerden (Schlafstörungen mit morgendlichem Früherwachen, Appetitminderung, allgemeine Kraftlosigkeit, anhaltende Schmerzen und/oder körperliche Beschwerden) sowie bei Patienten aus Risikogruppen, z. B. frühere Depression oder komorbide somatische Erkrankung (NVL Depression 2011), bzw. bei Patienten in sogenannten Signalsituationen erfolgen. In die Maßnahmen zur Identifikation von Patienten mit Depression kann das Praxisteam aktiv eingebunden werden. Kosteneffektivität: – Band C6, Version 1.0 Die Kosten der Analyse von Patienten mit Depression in einer Praxis sind als gering einzustufen. Die erhöhte Anzahl von zu behandelnden Patienten kann zunächst zu erhöhten Kosten für die Praxis bzw. das Gesundheitswesen führen. Die mittleren Gesamtbehandlungskosten für die GKV wurden in einer Studie aus dem Bezugsjahr 2003 auf 3.900 € beziffert (Salize et al. 2004). Davon entfielen ca. 2.000 € auf die spezifische Depressionsbehandlung mit einem Anteil von 43 % 23 Depression Indikator 2 für den ambulanten Sektor. Die durch Depressionen verursachten indirekten Kosten, vor allem durch Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, übersteigen die direkten Kosten und wurden in einer amerikanischen Studie auf 69 % der Gesamtkosten beziffert (Greenberg et al. 2003). Positive Effekte auf die Kosten zeigten sich durch die qualifizierte, leitlinienorientierte Behandlung der Depression (Sanderson et al. 2003; Revicki et al. 1998). Durch die Anwendung dieses Registers ist eine höhere Qualität der Erkennung zu erwarten. Die resultierende adäquate Versorgung der Patienten kann zu einer Kostenreduzierung im Gesundheitswesen führen. Indikator 2: Screening auf Depression bei Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten in einer Hausarztpraxis mit den neu aufgetretenen Diagnosen: Diabetes mellitus (ICD-10: E 10–14), Koronare Herzkrankheit (KHK) (ICD-10: I 20–25), Demenz (ICD-10: F 00–03), chronisches Schmerzsyndrom (ICD-10: F 45.41), maligne Erkrankung (ICD-10: C 00–C 97) oder Herzinsuffizienz (ICD-10: I 50), die ein Screening auf Depression innerhalb von zwölf Monaten nach Diagnosestellung erhalten haben. Begründung:Der Indikator soll den Fokus der Hausärzte auf die zunehmende Bedeutung von Depression als modulierende Komorbidität von somatischen Erkrankungen lenken. Das Routinescreening auf Depression aller Patienten in einer Praxis bzw. einem Praxisnetz wird nicht empfohlen, da es zu viele Patienten mit einem falschpositiven Ergebnis verunsichert. Dahingehend ist ein Screening auf Depression bei Patienten mit den folgenden Erkrankungen indiziert: Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom, maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz. Diese weisen eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Komorbidität Depression auf (Pouwer et al. 2010; Katon et al. 2003, Härter et al. 2007a, Stoppe 2006). Hier kann eine frühzeitig erkannte und behandelte Depression als Komorbidität auch den Verlauf der genannten somatischen Ko-Erkrankungen positiv beeinflussen. Zielstellung:Eine hohe Anzahl an Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz sollte auf Depression untersucht werden. 24 Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle: Routinedokumentation und klinische Dokumentation in der elektronischen Patientenakte – Band C6, Version 1.0 Depression Voraussetzungen: Indikator 2 Vollständige Dokumentation der neu aufgetretenen o. g. Diagnosen und des Screenings auf Depression in der Patientenakte. Die Erfassung und Extraktion der Diagnosen ist Routine in der Praxisdokumentation. Für die einfache Extraktion der Dokumentation des Screenings ist ein entsprechendes Procedere (ggf. eine eigene Kodierungsziffer) festzulegen. Ausblick:Das Screening aller Patienten in einer Praxis bzw. in einem Praxisnetz mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz auf Depression kann die Rate der erkannten Depressionen erhöhen. Eine leitliniengerechte weitere Diagnostik und Therapie verbessert auch die Versorgung der somatischen Ko-Erkrankungen. (II) Erstellung Zähler:Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit den neu aufgetretenen Diagnosen: Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom, maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz, die ein Screening auf Depression innerhalb von zwölf Monaten nach Diagnosestellung der somatischen Ko-Erkrankung erhalten haben Nenner:Alle Patienten einer Hausarztpraxis mit den neu aufgetretenen Diagnosen: Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom, maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz Formel: Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit den neu aufgetretenen Diagnosen: Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom, maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz, die ein Screening auf Depression innerhalb von zwölf Monaten nach Diagnosestellung der somatischen Ko-Erkrankung erhalten haben Alle Patienten einer Hausarztpraxis mit neu aufgetretenem Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz Referenz: – Band C6, Version 1.0 Es liegen keine Untersuchungen vor, bei wie vielen Patienten mit neu aufgetretenen Diagnosen Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronisches Schmerzsyndrom, maligne Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz ein Screening auf Depression in Hausarztpraxen durchgeführt wird. Der analoge Indikator des NHS Information Centre for Health and Social Care beinhaltet einen Referenzwert von 40 bis 90 % für Diabetes/KHK (British Medical Association 2009). Daher wird ein Referenzwert für die deutschen Hausarztpraxen von 50 % vorgeschlagen. 25 Depression Indikator 2 (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation ist die Validität der Daten hoch. Reliabilität:Die Reliabilität des Indikators ist von der Dokumentation abhängig. Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität hoch. (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Bei ca. 15 % der Patienten mit chronischer Herzkrankheit (Myokardinfarkt, KHK, Aortenklappenkrankheit) liegt eine Depression vor (Jacobi 2007). Eine Depression gilt als Risikofaktor für eine erhöhte Mortalität bei Patienten mit Myokardinfarkt, mit einem um den Faktor 2,4 erhöhten Mortalitätsrisiko (Barth et al. 2004). Das Risiko für Patienten mit Diabetes mellitus für eine Depression ist ca. doppelt so hoch wie für Stoffwechselgesunde. In Studien zeigten sich Prävalenzen bis zu 30 % (Härter et al. 2007a; Anderson et al. 2001). Patienten mit Diabetes und Depression haben eine schlechtere Stoffwechsellage und häufiger Komplikationen (de Groot et al. 2001; Lustman et al. 2000). Das Screening kann zunächst gestuft anhand der zwei Fragen und ggf. eines validierten Fragebogens durchgeführt werden (Details im Abschnitt Diagnostik). Indikatorensysteme: Ein ähnlicher Qualitätsindikator zur Erfassung depressiver Erkrankungen bei Patienten mit Diabetes und/oder KHK wurde vorgeschlagen von: The NHS Information Centre for Health and Social Care. National Quality and Outcomes Framework Achievement Data 2009/10, October 2010 AQUIK, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2010 (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Mit diesem Indikator wird das gezielte Screening auf Depression bei bestimmten Erkrankungen in der Hausarztpraxis erfasst. Ist ein Screening bereits während einer stationären Behandlung bzw. bei mitbehandelnden Kollegen erfolgt, so ist dieses durch den Hausarzt nicht mehr erforderlich. Mögliche Handlungs- konsequenz: 26 Überprüfung der Dokumentationsvollständigkeit Verbesserung der Dokumentationsqualität Etablierung von Patientenregistern für Patienten mit Diabetes mellitus, Patienten mit KHK etc. Etablierung von Remindersystemen Überprüfung der eigenen Behandlungsstrategien bei Depression und Multimorbidität – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 3 Einbindung der Die Ergebnisse können zum Vergleich innerhalb von Praxen, Arztnetzen oder Ergebnisse in die Qualitätszirkeln genutzt werden. Gründe für unterschiedliche Werte können disQualitätszirkelarbeit: kutiert und in der weiteren Arbeit überprüft werden. Verbesserungsvorschläge können erarbeitet und eingeführt werden, um die Erkennung und Behandlung von Patienten mit depressiver Erkrankung und komorbider somatischer Erkrankung zu verbessern. Einbindung in das Es wird evaluiert, inwieweit die Ergebnisse des Indikators statistischen ErwartunQualitätsmanagement: gen entsprechen. Auf Ebene der einzelnen Praxis sollten Maßnahmen implementiert werden, die zur Erhöhung der Rate auf Depression gescreenter Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz führen. Kosteneffektivität: Die Kosten einer Analyse der Patienten mit Depression als Komorbidität sind als gering einzuschätzen, sofern die Screeningergebnisse in der elektronischen Patientenakte dokumentiert sind. Durch die adäquate Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus, KHK, Demenz, chronischem Schmerzsyndrom, maligner Erkrankung bzw. Herzinsuffizienz und komorbider Depression ist zu erwarten, dass sich auch die Behandlungskosten der somatischen Ko-Erkrankungen reduzieren. Indikator 3: Suizidalitätsabklärung bei Patienten mit Depression (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den prozentualen Anteil der Patienten in der Hausarztpraxis mit depressiver Episode, bei denen initial die Suizidalität aktiv exploriert wurde. Begründung: Depressionen sind mit einem erhöhten Risiko für Suizidalität verbunden. Durch eine aktive Abklärung von Suizidalität können suizidale Patienten frühzeitig erkannt und geeignete Therapiemaßnahmen eingeleitet werden. Die vollständig durchgeführte Anamnese zur Depression beinhaltet die aktive Exploration der Suizidalität. Zielstellung:Ziel ist eine hohe Rate an Patienten mit Depression, die auf Suizidalität untersucht wurden. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte – Band C6, Version 1.0 27 Depression Indikator 3 Voraussetzungen: Vollständige Dokumentation der Diagnosen in der Patientenakte und Dokumentation der Suizidabklärung in der Patientenakte. Die Erfassung und Extraktion der Diagnosen ist Routine in der Praxisdokumentation. Für die einfache Extraktion der Dokumentation der Suizidabklärung ist ein entsprechendes Procedere (ggf. eine eigene Kodierungsziffer) festzulegen. Ausblick:Die systematische Erfassung von Suizidalität bei Patienten mit Episode einer unipolaren depressiven Erkrankung erhöht die Rate erkannter suizidaler Patienten. Grundsätzlich kann dieser Indikator künftig dahingehend fortentwickelt werden, dass neben der klinischen Situation auch Versorgungsereignisse zur Suizidabklärung genutzt werden können: Krankenhausentlassung, Veränderung der Therapie, kritische Lebensereignisse etc. (II) Erstellung Zähler:Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in der Hausarztpraxis, bei denen initial das Suizidalitätsrisiko erfragt und dokumentiert wurde Nenner: Alle Patienten mit neu aufgetretener Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in der Hausarztpraxis Formel: Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in der Hausarztpraxis, bei denen initial das Suizidalitätsrisiko erfragt und dokumentiert wurde Alle Patienten mit neu aufgetretener Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) innerhalb der letzten zwölf Monate in der Hausarztpraxis Referenzwert: Ziel ist eine hohe Rate an Patienten mit Depression, bei denen initial Suizidalität aktiv exploriert wurde. Der Wert sollte > 90 % bei Patienten mit Depression betragen. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation kann von hoher Validität der Daten ausgegangen werden. Reliabilität:Die Reliabilität des Indikators ist von der Dokumentation abhängig. Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität hoch. 28 – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 3 (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Die hohe Mortalität von Patienten mit Depression beruht u. a. auf der Suizidalität. Die Suizidrate bei Patienten mit depressiver Episode ist ca. 30-mal höher als in der Durchschnittsbevölkerung (Harris et al. 1997). 60 bis 70 % der Patienten haben während einer aktuellen depressiven Episode auch Suizidgedanken (NVL Depression 2011). Die Nationale Versorgungsleitlinie Depression empfiehlt, bei jedem Patienten mit einer depressiven Episode die Suizidalität bei jedem Patientenkontakt klinisch einzuschätzen und gegebenenfalls zu explorieren. Weitere Informationen zum Vorgehen bei der Suizidalitätsabklärung siehe Seite 13. Indikatorensysteme: Die Nationale Versorgungsleitlinie Depression empfiehlt als klinischen Konsensuspunkt, dass bei jedem Patienten mit einer depressiven Störung Suizidalität regelmäßig, bei jedem Patientenkontakt klinisch eingeschätzt und gegebenenfalls exploriert werden sollte. Ähnliche Qualitätsindikatoren zur Erfassung depressiv Erkrankter wurden vorgeschlagen von: STABLE (STandards for BipoLar Excellence) Performance Measures. Boston (MA): Center for Quality Assessment and Improvement in Mental Health; 2007. Various p. AQUIK, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2010 (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Alle Patienten mit Depression sollten initial auf Suizidalität untersucht werden, unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft oder anderen Faktoren. Eine niedrige Rate des Indikators spricht somit für eine unvollständige Anamnese. Mögliche Handlungs- konsequenz: Überprüfung der Dokumentationsvollständigkeit Verbesserung der Dokumentationsqualität Einführung von diagnostischen Routinen Einbindung der Die Ergebnisse können zum internen Vergleich innerhalb von Hausarztpraxen, in Ergebnisse in die Arztnetzen, Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken genutzt werden. Der IndiQualitätszirkelarbeit: kator kann den Fortbildungsbedarf aufzeigen. Einbindung in das Mögliche Gründe für das Nichterfragen von Suizidalität sollten erörtert werden. Qualitätsmanagement: Verbesserungsvorschläge können erarbeitet, in die Arbeit integriert und überprüft werden. Kosteneffektivität: – Band C6, Version 1.0 Durch die frühzeitige Abklärung der Suizidalität können Maßnahmen zur Suizidprävention eingeleitet werden. Außerdem ist eine strukturierte Erfassung von Suizidalität in der Hausarztpraxis zeitökonomischer als eine unstrukturierte Erfassung. Studien, die eine durch frühzeitige Suizidalitätsabklärung bewirkte Einsparung von Folgekosten belegen, sind nicht bekannt. 29 Depression Indikator 4 Indikator 4: Patientenaufklärung/-information zu Selbsthilfe- und Angehörigengruppen bei Patienten mit Depression (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten mit Depression, die in der Hausarztpraxis Informationen zu Symptomatik, Verlauf und Behandlung (einschließlich Nebenwirkung und Patientenselbstsorge) sowie zu Selbsthilfegruppen/ Angehörigengruppen/weiteren supportiven Angeboten ihrer Depression erhalten haben. Begründung: Die Aufklärung und Informationsvermittlung sind essentielle Bestandteile der Behandlung von Patienten mit Depression. Sie verbessern die Therapieadherence und die Patientenaktivierung. Somit unterstützen sie die Genesung und Vorbeugung von Rückfällen. Die Aufklärung von Patienten mit Depression ist grundsätzlich eine Aufgabe des gesamten Praxisteams. Zielstellung: Ziel ist eine hohe Anzahl von Patienten mit Depression, die Informationen zu ihrer Erkrankung einschließlich zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen erhalten. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Klinische Dokumentation in der elektronischen Patientenakte 30 Voraussetzungen: Vollständige Dokumentation der Diagnosen und Dokumentation der Patientenaufklärung in der Patientenakte. Die Erfassung und Extraktion der Diagnosen ist Routine in der Praxisdokumentation. Für die einfache Extraktion der Dokumentation der Patientenaufklärung und Informationsvermittlung ist ein entsprechendes Procedere (ggf. eine eigene Kodierungsziffer) festzulegen. Die Inhalte der Patientenaufklärung und Informationsvermittlung sind umfassend. Für die entsprechende Dokumentation wird eine Aggregation der Daten empfohlen. Ausblick: Der Patient hat im Behandlungsprozess die Schlüsselposition inne und sollte über die verschiedenen Aspekte der Erkrankung und Behandlung ausreichend aufgeklärt werden. In die Aufklärung der Patienten und die Informationsvermittlung sollte das Praxisteam einbezogen werden. Die Konzepte für eine effiziente Aufklärung und Informationsvermittlung können in Zukunft weiterentwickelt werden. – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 4 (II) Erstellung Zähler: Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb der letzten zwölf Monate, die über Symptomatik, Verlauf und Behandlung der Depression aufgeklärt wurden sowie Informationen zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen erhalten haben. Nenner: Alle Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb der letzten zwölf Monate Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb der letzten zwölf Monate, die über Symptomatik, Verlauf und Behandlung der Depression aufgeklärt wurden sowie Informationen zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen erhalten haben Alle Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb der letzten zwölf Monate Referenzwert: Aufgrund der Neuentwicklung des Indikators liegen bisher noch keine Referenzwerte vor. Es wird zunächst ein Referenzwert von 70 % vorgeschlagen. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Bei vollständiger und einheitlicher Dokumentation kann von der Validität der Daten ausgegangen werden. Reliabilität:Die Reliabilität des Indikators ist von der Dokumentation abhängig. Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität hoch. (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Patienten gewinnen u. a. durch die Annahme eines adäquaten Krankheitsmodells, Psychoedukation, Informationen über die Behandlungsmaßnahmen, die Behandlungsdauer und den eigenen aktiven Einbezug in die medizinische Entscheidungsfindung ein verbessertes Verständnis über ihre Krankheit (NVL Depression 2011). Für die Beratung der Patienten im Rahmen der Psychoedukation liegen evidenzbasierte Patienteninformationen vor (Härter et al. 2007b). Eine entsprechende Patienteninformation ist die Voraussetzung dafür, dass sich Patienten an der therapeutischen Entscheidungsfindung im ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Gespräch beteiligen können. Inhalte der Patienteninformation sind laut NVL/S3-Leitlinie Depression: – Band C6, Version 1.0 31 Depression Indikator 4 Aufklärung über das Krankheitsbild einer Depression einschließlich Merkmalen, an denen Betroffene ihre Erkrankung erkennen können (bereits durch die Einordnung einer depressiven Störung als schwere Erkrankung kann ein Patient deutliche Unterstützung und Entlastung erfahren) Aufklärung über die Ursachen und die biopsychosoziale Eingebundenheit einer depressiven Störung nach dem Vulnerabilitäts-Stress-Modell Aufklärung über die Behandlungsoptionen (Pharmakotherapie, Psychotherapie, Kombinationstherapie, nichtmedikamentöse somatische Therapien) und den Behandlungsablauf, Wirklatenzen und mögliche Nebenwirkungen der Behandlung, Thematisierung der Behandlungsdauer und aktiver Einbezug des Patienten in die Entscheidungsfindung und Selbstsorge Aufklärung über die Prognose einer depressiven Störung Darüber hinaus sollten Inhalte der Patienteninformation sein: Vereinbarung konkreter Therapieziele, bezogen auf die Depressionssymptome, innerhalb eines definierten Zeitraums Vereinbarung von konkreten Patientenaktivitäten (u. a. Genussziele, wie lebensfreudige Alltagsaktivitäten) Vereinbarung der regelmäßigen Verlaufsbeobachtung der Therapieeffekte In einer Befragung von psychisch erkrankten Selbsthilfegruppenmitgliedern gaben 88 % „viel“ oder „etwas“ Symptomverbesserung an. Davon waren 29 % „absolut“, 34 % „sehr“ und 29 % „ziemlich zufrieden“ mit ihrer Selbsthilfegruppe (Hartmann 2006). Diese Werte entsprachen fast denen einer Vergleichsgruppe von Patienten, die sich in psychotherapeutischer Behandlung befanden. In einem Review von zwölf eingeschlossenen Effektivitätsstudien wurde Evidenz dafür gefunden, dass Patienten von Selbsthilfegruppen profitieren (Pistrang et al. 2008). Indikatorensysteme: Der Indikator beruht auf den Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie Depression 2011. Es liegt eine Empfehlung der Stärke A der Nationalen Versorgungsleitlinie vor. (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf die umfassende Behandlungsqualität in den Arztpraxen bzw. Arztnetzen. Eine niedrige Anzahl an Patienten, bei denen eine Aufklärung über Symptomatik, Verlauf und Behandlung der Depression sowie Informationsvermittlung zu Selbsthilfe- und Angehörigengruppen erfolgte, ist ein Hinweis auf ein verbesserungsbedürftiges Beratungsangebot. Mögliche Handlungs- konsequenz: 32 Verbesserung der Dokumentationsqualität Erarbeitung eines strukturierten Beratungsmoduls – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 5 Einbindung der Die Ergebnisse dieses Indikators können innerhalb einer Hausarztpraxis ausgewerErgebnisse in die tet werden. Gründe für eine unvollständige Rate an aufgeklärten Patienten können Qualitätszirkelarbeit: diskutiert und Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden. Grundlage der Patientenaufklärung sind ausreichendes Fachwissen und Gesprächskompetenz. Diese Aspekte können in Qualitätszirkeln aufgegriffen werden. Einbindung in das Möglichst viele Patienten mit Depression sollten über ihre Erkrankung aufgeklärt Qualitätsmanagement: werden und Informationen zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen erhalten haben. Durch die Anwendung des Indikators können Standardwerte zur Ausprägung des Indikators ermittelt werden. Kosteneffektivität: Eine adäquate Aufklärung von Patienten mit Depression verbessert die Adherence zu einer leitlinienorientierten Behandlung. Positive Effekte hinsichtlich der Kosteneffektivität bei qualifizierter, leitlinienorientierter Behandlung sind zu erwarten (Sanderson et al. 2003; Revicki et al. 1998). Durch die Vermittlung von Informationen zu Selbsthilfegruppen, Angehörigengruppen bzw. weiteren supportiven Maßnahmen ist zu erwarten, dass mehr Patienten diese Angebote wahrnehmen. Krankheitslast und Behandlungskosten sollten sinken. Indikator 5: Patienten mit Depression, die eine antidepressive Pharmakotherapie durch den Hausarzt verordnet bekommen (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den prozentualen Anteil der Patienten mit Depression in einer Hausarztpraxis, die eine durch den Hausarzt verordnete antidepressive Pharmakotherapie erhalten haben. Begründung: Die antidepressive Pharmakotherapie ist eine Säule der Behandlung von Patienten mit Depression. Gleichzeitig ist jede Pharmakotherapie mit Risiken verbunden. Aus diesem Grund sollten Ärzte genaue Kenntnis über ihr Verordnungsverhalten bei der antidepressiven Pharmakotherapie haben. Hier soll nicht die Qualität der individuellen Patientenverordnung im Sinne einer Leitliniengerechtigkeit, sondern das heterogene Verordnungsverhalten des Hausarztes im Sinne einer Über- oder Unterverordnung abgebildet werden. Zielstellung:Dieser Indikator soll die Anzahl der Patienten mit Depression einer Hausarztpraxis ermitteln, die eine hausärztlich verordnete Pharmakotherapie erhalten. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten – Band C6, Version 1.0 33 Depression Indikator 5 Datenquelle: Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten der Kostenträger Voraussetzungen: Vollständige Dokumentation der Diagnosen und Verordnungen in der elektronischen Patientenakte Ausblick: Es besteht die Möglichkeit, den Indikator anhand der Erfahrungen in seiner Anwendung weiter zu spezifizieren. Wesentliche Punkte sind hierbei der Zeitraum der Diagnosendokumentation, die Erfassung des Schweregrades einer Depression, die Erfassung des Verlaufs mit validierten Instrumenten und die Differenzierung des Zeitpunktes der therapeutischen Intervention. (II) Erstellung Zähler: Anzahl der Patienten mit Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis, die eine antidepressive Pharmakotherapie (N06AA Nichtselektive MonoaminWiederaufnahmehemmer; N06AB Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer; N06AF Monoaminoxidasehemmer, nichtselektiv; N06AG Monoaminoxidase-AHemmer; N06AX andere Antidepressiva; N05AN01 Lithium)1 durch den Hausarzt verordnet bekommen Nenner: Alle Patienten mit Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis, die eine antidepressive Pharmakotherapie durch den Hausarzt verordnet bekommen Alle Patienten mit Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis Referenzwert: Dieser Indikator dient zur Abbildung der Versorgung von Patienten mit Depression, bezogen auf die antidepressive Pharmakotherapie. Ein Zielwert kann und soll nicht vorgegeben werden, da die medikamentöse Therapie in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung indiziert ist. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Die Validität ist hoch. Reliabilität: Die Reliabilität ist dokumentationsabhängig. Sensitivität:Die Sensitivität ist hoch. 1 Bei den genannten ATC-Codes handelt es sich lediglich um Vorschläge. Vor einer konkreten Berechnung sollte von den Anwendern überprüft werden, welche ATC-Codes nach der aktuellen Evidenzlage und dem aktuellen Präparateangebot auf dem Pharmamarkt für die Erfüllung des Indikators relevant sind. 34 – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 5 (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Zur Wirksamkeit von Antidepressiva liegen zahlreiche randomisierte und placebokontrollierte klinische Studien sowie Metaanalysen vor (NVL Depression 2011). Bei leichten Depressionen ist in klinischen Studien ein Unterschied zwischen Placebo und Antidepressiva nicht nachweisbar. Indikatorensysteme: Ähnliche Indikatoren werden aufgeführt von: Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze (AQUA-Institut 2002) HDC Topics: Depression [Internet]. Rockville (MD): HRSA Health Disparities Collaboratives 2005 Es erfolgte eine Umformulierung entsprechend den Ergebnissen der Paneldiskussion mit Bezug auf Hausärzte und ohne Schweregradeinteilung. In der Modifikation des Indikators, vgl. unten, ist die Eingrenzung auf den Hausarzt aufgehoben. (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Der Indikator bezieht sich auf alle Patienten in der Hausarztpraxis mit einer Depression, unabhängig vom Schweregrad. In die Analyse des Indikators sind somit auch Patienten eingeschlossen, die laut Leitlinie keine klare Indikation für eine medikamentöse antidepressive Therapie haben. Der Indikator dient somit zur Deskription des Anteils der Patienten mit Depression und pharmakotherapeutischer Versorgung unabhängig davon, ob sie indiziert ist oder nicht. Der Indikator ist demnach nicht in der Lage, die Leitliniengerechtigkeit der Versorgung direkt zu bewerten. Mögliche Handlungskonsequenz: Überprüfung der angewendeten Therapien bei depressiven Erkrankungen Einbindung der Die Ergebnisse können zum Vergleich zwischen verschiedenen Hausarztpraxen Ergebnisse in die genutzt werden. Gründe für unterschiedliche Werte können diskutiert und in der Qualitätszirkelarbeit: weiteren Arbeit überprüft werden. Darüber hinaus kann ein formativer Fortbildungsbedarf identifiziert werden. Kosteneffektivität: Zur Kosteneffektivität kann keine Aussage getroffen werden. Modifikation des Indikators 5: Patienten mit Depression, die eine antidepressive Pharmakotherapie unabhängig vom Verordner erhalten (I) Beschreibung Aussage: Mit dieser Modifikation des Indikators soll ermöglicht werden, die Situation aus der Perspektive der betroffenen Patienten unabhängig vom behandelnden Arzt zu beschreiben. Unter Nutzung der Abrechnungsdaten der Kostenträger kann – Band C6, Version 1.0 35 Depression Indikator 5 beschrieben werden, ob diese Patienten mit einer Pharmakotherapie versorgt sind. Die hausärztliche Ebene kann dabei die Patientensituation sowohl direkt – indem sie selbst verordnet – oder indirekt vermittelnd – indem sie angemessen überweist – verbessern. (II) Erstellung Zähler: Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb eines Jahres in einer Hausarztpraxis, bei denen eine ambulante antidepressive Pharmakotherapie (mindestens eine Verordnung; ATC-Codes s. Indikator 5), unabhängig vom Verordner, besteht Nenner: Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) innerhalb eines Jahres in einer Hausarztpraxis Formel: Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb eines Jahres in einer Hausarztpraxis, bei denen eine ambulante antidepressive Pharmakotherapie (mindestens eine Verordnung), unabhängig vom Verordner, besteht Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (Diagnosen F 32*, F 33*) innerhalb eines Jahres in einer Hausarztpraxis Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. Einbezogene Fachgruppen: Der Indikator bezieht sich auf die Population von Hausärzten und hausärztlich tätigen Internisten. In die Analyse gehen auch Verordnungsstatistiken von weiteren Fachgebieten ein, die an der medizinischen Versorgung depressiv erkrankter Patienten beteiligt sind (z. B. Fachärzte für Neurologie, für Psychiatrie und Psychotherapie, für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie). Datenquelle: Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten der Kostenträger 36 Messgüte: Aufgrund der Modifikation werden keine Angaben zur Messgüte gemacht. Interpretation: Der Indikator bezieht sich auf alle Patienten mit einer Diagnose F 32*, F 33*, unabhängig vom Schweregrad. In die Analyse des Indikators sind somit auch Patienten eingeschlossen, die laut Leitlinie keine klare Indikation für eine medikamentöse antidepressive Therapie haben. Der Indikator dient somit zur Abbildung der Versorgung von Patienten mit Depression mit ambulanter antidepressiver medikamentöser Therapie, insbesondere in Zusammenhang mit der Information über die anhand von Indikator 6 ermittelte Dauer der Therapie. – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 6 Indikator 6: Ausreichende Dauer der antidepressiven Pharmakotherapie nach Remission (I) Beschreibung Aussage: Der Indikator misst den Anteil der Patienten mit einer Depression, die eine Mindesteinnahmezeit ihrer antidepressiven Medikation von 16 Wochen nach Remission hatten. Begründung: Antidepressiva sollen mindestens vier bis neun Monate über die Remission einer depressiven Episode hinaus eingenommen werden, weil sich hierdurch das Risiko eines Rückfalls erheblich vermindern lässt. In dieser Erhaltungsphase soll die gleiche Dosierung wie in der Akutphase fortgeführt werden. Der Hausarzt ist auch für die Exploration der Effekte der durch ihn oder andere initiierten Pharmakotherapie verantwortlich. Mit einer regelmäßigen Verlaufsbeobachtung kann der Remissionszeitpunkt erfasst werden. Zielstellung:Ziel ist die Remissionserhaltung mittels fortgesetzter antidepressiver Pharmakotherapie nach erfolgreicher Akutbehandlung. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate (inkl. einer ausreichenden Nachbeobachtungszeit). Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Bereich nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Klinische Dokumentation in der elektronischen Patientenakte Voraussetzungen: Es ist eine vollständige Dokumentation der Diagnosen, der verordneten Medikation und der empfohlenen Therapiedauer erforderlich. Weiterhin müssen regelmäßige Verlaufskontrollen erfolgen und dokumentiert (ggf. durch eine eigene Kodierungsziffer) sein, um den Zeitpunkt der Remission zu erfassen. Ausblick: Die Anwendung des Indikators hilft, die Behandlungsqualität zu verbessern. Durch die erforderlichen Verlaufskontrollen und Überprüfung der Mindesteinnahmezeit der Erhaltungstherapie können die Leitlinienempfehlungen flächendeckend implementiert werden. (II) Erstellung Zähler: Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis mit antidepressiver Pharmakotherapie (ATC-Codes s. Indikator 5) und erreichter Remission, die ihre Medikation über mindestens vier weitere Monate in der gleichen Dosierung erhalten Nenner: Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis mit antidepressiver Pharmakotherapie und erreichter Remission – Band C6, Version 1.0 37 Depression Indikator 6 Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis mit antidepressiver Pharmakotherapie und erreichter Remission, die ihre Medikation über mindestens vier weitere Monate in der gleichen Dosierung erhalten Anzahl der Patienten mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33*) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis mit antidepressiver Pharmakotherapie und erreichter Remission Referenzwert: Ein möglichst hoher Anteil der Patienten mit begonnener antidepressiver Pharmakotherapie sollte diese über mindestens vier Monate nach erfolgter Remission in gleicher Dosierung einnehmen. In bestehenden Indikatoren wird als Referenz ein Wert von > 70 % angegeben. Aufgrund der Komplexität des Patientenkollektivs in der Hausarztpraxis wird als Referenz ein Wert von > 60 % vorgeschlagen. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Die Validität ist hoch. Der Indikator macht eine definitive Aussage über die ausreichend lange mit Antidepressiva behandelten Patienten. Reliabilität:Nur die mit den ICD-10-Codes klassifizierten Patienten werden vom Indikator erfasst. Die Nachvollziehbarkeit der Medikation, einschließlich der Defined Daily Dose (DDD), ist von der vollständigen Dokumentation abhängig. Patienten, die eine antidepressive Therapie neben dem Hausarzt von anderen Ärzten erhalten haben, werden mit diesem Indikator nicht systematisch erfasst. Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität für Veränderungen hoch. 38 (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Das Ziel der Erhaltungstherapie ist die Stabilisierung des Patienten, um einen Rückfall zu vermeiden. Eine vorzeitige Beendigung der Behandlung ist mit einer hohen Rückfallgefahr verbunden. So kann das Rückfallrisiko um bis zu 70 % durch eine Erhaltungstherapie gesenkt werden (Geddes et al. 2003). In dem Review von Geddes und Kollegen zeigte sich eine deutliche Überlegenheit der Antidepressiva gegenüber Placebo in der Erhaltungstherapie (Geddes et al. 2003). Die Guidelines des National Institute for Health and Clinical Excellence, der American Psychiatric Association und der Canadian Psychiatric Association empfehlen eine Dauer der Erhaltungstherapie von 4 bis 9 Monaten (National Institute for Health and Clinical Excellence 2004; American Psychiatric Association 2000, Canadian Psychiatric Association 2001). Eine ausreichend lange und ausreichend hohe Dosierung ist wichtiger als die Auswahl eines bestimmten Antidepressivums. – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 6 Indikatorensysteme: Der Indikator beruht auf den Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie Depression 2011. Es liegt eine Empfehlung der Stärke A der Nationalen Versorgungsleitlinie vor. Ähnliche Indikatoren werden in folgenden Systemen angegeben: AQUA-Institut 2002: Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze. Teil C7 Depression AQUIK, Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2010 Physician Consortium for Performance Improvement®. Major depressive disorder physician performance measurement set. Chicago (IL): American Medical Association (AMA); 2006 Mar. 27 p. American Psychiatric Association (APA). Practice guideline for the treatment of patients with major depressive disorder (revision). American Psychiatric Association. Am J Psychiatry 2000 Apr:157 (4 Suppl):1–45. National Committee for Quality Assurance (NCQA). NCQA quality divided calculator: Hedis scores page. Washington (DC): National Committee for Quality Assurance (NCQA), [assessed 2008 Sep 22] RAND Health Program (Kerr EA 2000) ACOVE Quality Indicators des American College of Physicians – American Society of Internal Medicine (Acove 2001) (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf die leitliniengerechte Therapieumsetzung in den Arztpraxen bzw. Arztnetzen. Eine niedrige Anzahl an Patienten, die ihre antidepressive Medikation über mindestens vier Monate nach Remission einnehmen, kann ein Hinweis auf unzureichende Umsetzung der Leitlinienempfehlung sein. Weitere – vom behandelnden Arzt nicht beeinflussbare – Gründe, z. B. Therapieabbruch durch den Patienten, sind ebenfalls möglich und müssen erörtert werden. Als Limitation ist zu beachten, dass die vier Monate über die Remission hinausreichende Verordnung der antidepressiven Pharmakotherapie im klinischen Alltag umstritten ist. Sie ersetzt keine strukturierte psychoedukative Intervention zur nachhaltigen Rückfallprophylaxe. Mögliche Handlungs- Verbesserung der Dokumentationsqualität (Dokumentation von empfohlener konsequenz:Therapiedauer, Dokumentation der Remission, Dokumentation von Therapieabbrüchen) Maßnahmen zur Verbesserung der Adherence etablieren (z. B. Aufklärung über Behandlungsverlauf) Aktive Exploration der Remission – Band C6, Version 1.0 39 Depression Indikator 6 Einbindung der Die Ergebnisse dieses Indikators können innerhalb einer Hausarztpraxis, in ArztErgebnisse in die netzen, Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken ausgewertet werden. Die LeitQualitätszirkelarbeit: linienempfehlungen können diskutiert und Gründe für vorzeitige Therapieabbrüche erörtert werden. Maßnahmen zur Erhöhung der Rate sollten besprochen und umgesetzt werden. Maßnahmen zur Verbesserung der aktiven Exploration der Remission können eingeführt werden. Einbindung in das Es wird evaluiert, inwiefern die Ergebnisse des Indikators den Referenzwerten Qualitätsmanagement: entsprechen. Ziel ist eine möglichst hohe Rate an Patienten mit depressiver Erkrankung und Indikation zur antidepressiven Pharmakotherapie, die ihre antidepressive Therapie mindestens vier Monate nach Remission erhalten. Geeignete Maßnahmen zur Erhöhung der Rate sollten unter den beteiligten Ärzten vereinbart werden. Durch die zu erwartende Steigerung der Rate an Patienten, die ihre Erhaltungstherapie für den Mindestzeitraum in ausreichender Dosierung erhalten, sollten die Patienten von der Anwendung des Indikators profitieren. Kosteneffektivität: Kurzfristig ist zu erwarten, dass eine bessere Behandlung depressiver Patienten die direkten Kosten erhöht (Lave et al. 1998; Schoenbaum et al. 2001). Eine Kosteneffektivität ist längerfristig zu erwarten, wenn die Anzahl der Patienten mit Rückfall sinkt und wenn indirekte Kosten, z. B. Krankheitstage, berücksichtigt werden. Modifikation des Indikators 6: Dauer der antidepressiven Pharmakotherapie – Routinedatenanalyse 40 (I) Beschreibung Aussage: Mit dieser Modifikation des Indikators soll anhand von Routinedaten beschrieben werden, ob Patienten mit Depression und neu begonnener antidepressiver Pharmakotherapie eine ausreichend lange antidepressive Pharmakotherapie erhalten haben. (II) Erstellung Zähler: Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33*) und neu begonnener antidepressiver Pharmakotherapie (ATC-Codes s. Indikator 5) innerhalb von 24 Monaten, die diese für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten verordnet bekamen. (Als Schätzwert für eine ausreichend lange Pharmakotherapie werden sechs Monate angesetzt. Diese setzen sich zusammen aus einem „unteren“ Wert für eine mindestens sechswöchige Akuttherapie und eine mindestens viermonatige Erhaltungstherapie.) Nenner: Alle Patienten mit Depression (F 32*, F 33*) und neu begonnener medikamentöser antidepressiver Therapie innerhalb von 24 Monaten – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 7 Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33*) und neu begonnener medikamentöser antidepressiver Therapie innerhalb von 24 Monaten, die diese für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten verordnet bekamen Alle Patienten mit Depression (F 32*, F 33*) und neu begonnener medikamentöser antidepressiver Therapie innerhalb von 24 Monaten Voraussetzungen: Es ist eine vollständige Dokumentation der Diagnosen und die Erfassung der Defined Daily Dose der antidepressiven Medikation erforderlich. Eine Therapie gilt als neu begonnen, wenn innerhalb der letzten sechs Monate vor der ersten Verordnung im Rahmen der neu begonnenen Therapie keine Verordnung und kein Krankenhausaufenthalt erfolgt waren. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate (inkl. einer ausreichend langen Vor- und Nachbeobachtungszeit). Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten, Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Datenquelle: Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten der Kostenträger Messgüte: Aufgrund der Modifikation werden keine Angaben zur Messgüte gemacht. Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf die Dauer einer antidepressiven Pharmakotherapie bei Patienten mit Depression. Durch die Auswertung der Daten der Kostenträger kann eine populationsbezogene Analyse im medizinischen Versorgungssystem erfolgen. Relevant für die Beurteilung sind insbesondere die Patienten, bei denen eine antidepressive Pharmakotherapie begonnen wurde, diese jedoch kürzer als sechs Monate dauerte. Gründe hierfür (z. B. Abbruch durch Therapienebenwirkung) können in Hausarztpraxen, in Arztnetzen, Qualitätszirkeln oder auch in KVBezirken analysiert und diskutiert werden. Indikator 7: Patienten mit Depression, die durch den Hausarzt eine Empfehlung zur psychotherapeutischen Behandlung erhalten (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den prozentualen Anteil der Patienten mit Depression in hausärztlicher Behandlung, die durch den Hausarzt eine Empfehlung zur Psychotherapie erhalten haben. Begründung: In der Behandlung von Patienten mit Depression ist Psychotherapie im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich etabliert. Die psychotherapeutische Behandlung der Depression ist als wirksam nachgewiesen, wobei die Effektivität – Band C6, Version 1.0 41 Depression Indikator 7 mit Schweregrad, Chronizität und Symptomausgestaltung der Depression variiert (NVL Depression 2011). Für das hausärztliche Feld ist auch schon die Empfehlung unabhängig vom tatsächlichen Starttermin der Psychotherapie von Bedeutung. Zielstellung: Dieser Indikator soll die Anzahl der Patienten mit Depression einer Hausarztpraxis, in Arztnetzen, Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken ermitteln, die eine Empfehlung zu einer psychotherapeutischen Behandlung erhalten. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte Voraussetzungen: Vollständige Dokumentation der Diagnosen (F 32*, F 33* und F 34.1) in der elektronischen Patientenakte und ggf. eine eigene Kodierungsziffer für die ausgesprochene Empfehlung Ausblick: Es besteht die Möglichkeit, den Indikator anhand der Erfahrungen aus der Anwendung zu spezifizieren. Wesentliche Punkte sind hierbei der Zeitraum der Diagnosendokumentation, die Erfassung des Schweregrades einer Depression und die Differenzierung des Zeitpunktes der therapeutischen Intervention. Perspektivisch könnte auch mit der tatsächlich ausgestellten Überweisung zur Psychotherapie als Grundlage der Indikatorenerstellung gearbeitet werden. (II) Erstellung Zähler: Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von zwölf Monaten, die durch den Hausarzt eine Empfehlung zur Psychotherapie erhalten haben Nenner: Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von zwölf Monaten Formel: Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von zwölf Monaten, die durch den Hausarzt eine Empfehlung zur Psychotherapie erhalten haben Referenzwert: 42 Anzahl der Patienten einer Hausarztpraxis mit Depression (ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von zwölf Monaten Dieser Indikator dient zur Abbildung des Versorgungsverhaltens von Patienten mit Depression, bezogen auf die psychotherapeutische Behandlung. Ein Zielwert kann und soll nicht vorgegeben werden. – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 7 (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Die Validität ist hoch. Reliabilität: Die Reliabilität ist dokumentationsabhängig. Sensitivität:Die Sensitivität ist hoch. (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: In Reviews wurden psychotherapeutische Behandlungsverfahren, die speziell auf die Therapie der Depression abgestimmt sind (z. B. kognitive Verhaltenstherapie, psychodynamische Psychotherapie), als gleich wirksam wie Antidepressiva beschrieben. Die Studien zur alleinigen Behandlung mit Psychotherapie wurden vorwiegend im ambulanten Rahmen bei nichtpsychotischen und nichtsuizidalen Patienten durchgeführt (NVL Depression 2011). Zur Behandlung einer akut leichten bis mittelschweren Depression soll eine Psychotherapie angeboten werden (NVL Depression 2011). Bei einer schweren depressiven Episode soll eine Kombinationsbehandlung aus Psychotherapie und medikamentöser Therapie angeboten werden. Indikatorensysteme:Der Indikator in seiner ursprünglichen Formulierung beruhte auf den Empfehlungen der NVL Depression 2011 und bezog sich auf das Angebot einer Psychotherapie bei akuter leichter bis mittelschwerer Depression. Er wurde im Sinne der geführten Diskussion im Expertenpanel umformuliert (Bezug auf den Hausarzt, ohne Schweregraddifferenzierung). (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Der Indikator kann aufzeigen, wie viele Patienten mit Depression durch den Hausarzt eine Empfehlung zur psychotherapeutischen Behandlung erhalten. Er bezieht sich auf alle Patienten in der Hausarztpraxis mit einer Diagnose F 32*, F 33* oder F 34.1, unabhängig vom Schweregrad. Es sind verschiedene Limitationen für die Interpretation des Indikators zu berücksichtigen: Patienten lehnen eine psychotherapeutische Behandlung ab. Patienten haben bereits früher eine psychotherapeutische Behandlung erhalten und eine neue ist nicht indiziert. Es erfolgte bereits eine Überweisung durch Klinik, psychiatrische Institutsambulanz oder Facharzt. Mögliche Handlungs- Überprüfung der angewendeten Therapien bei Depressionen, Intensivierung der konsequenz: Kooperation zwischen hausärztlichen und psychotherapeutischen Kollegen – Band C6, Version 1.0 43 Depression Indikator 7 Einbindung der Die Ergebnisse können zum Vergleich in Hausarztpraxen, in Arztnetzen, QualiErgebnisse in die tätszirkeln oder auch in KV-Bezirken genutzt werden. Gründe für unterschiedliche Qualitätszirkelarbeit: Werte können diskutiert und in der weiteren Arbeit überprüft werden. Darüber hinaus kann ein formativer Fortbildungsbedarf identifiziert werden. Kosteneffektivität: Zur Kosteneffektivität kann keine Aussage getroffen werden. Modifikation des Indikators 7: Patienten mit Depression, die eine psychotherapeutische Behandlung erhalten, unabhängig vom Verordner (I) Beschreibung Aussage: Mit dieser Modifikation des Indikators soll ermöglicht werden, anhand von Routinedaten zu analysieren, wie viele Patienten mit depressiver Erkrankung in hausärztlicher Behandlung eine Psychotherapie erhalten. (II) Erstellung Zähler: Anzahl der Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis, die eine psychotherapeutische Behandlung erhalten haben Nenner: Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis Formel: Anzahl der Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis, die eine psychotherapeutische Behandlung erhalten haben Alle Patienten mit mindestens einer kodierten Depression (ICD-10: F 32*, F 33* bzw. F 34.1) innerhalb von 24 Monaten in einer Hausarztpraxis Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate (inkl. einer ausreichend langen Nachbeobachtungszeit). Einbezogene Fachgruppen: Der Indikator bezieht sich auf Hausärzte und hausärztlich tätige Internisten. In die Analyse gehen auch die abgerechneten Leistungen von psychotherapeutisch tätigen Fachgebieten ein. Datenquelle: Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten der Kostenträger Messgüte:Aufgrund der Neuentwicklung werden keine Angaben zur Messgüte gemacht. 44 – Band C6, Version 1.0 Depression Interpretation: Indikator 8 Der Indikator kann aufzeigen, wie viele Patienten einer Hausarztpraxis, in Arztnetzen, Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken mit Depression eine psychotherapeutische Behandlung erhalten haben. Indikator 8: Patienten mit schwerer depressiver Episode, die durch den Hausarzt die Empfehlung zu einer Kombinationstherapie erhalten (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten mit schwergradiger depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) in der Hausarztpraxis, für die dokumentiert ist, dass ihnen eine Kombinationsbehandlung, bestehend aus antidepressiver Pharmakotherapie und Psychotherapie, empfohlen wurde. Begründung: Patienten mit schwerer depressiver Episode stellen besondere Herausforderungen (komplexer Versorgungsbedarf) an die beteiligten Akteure der medizinischen Versorgung. Aufgrund der hohen Symptombelastung für die Patienten, der erhöhten Suizidgefahr und der entstehenden Kosten (u. a. durch Krankheitstage, Krankenhausaufenthalte) besteht ein erhöhter Handlungsbedarf. Die optimale Versorgung für diese Patientengruppe erfordert Interdisziplinarität und eine gute Kooperation auch der beteiligten Ärzte. Hausärzte haben hier eine besondere koordinierende Funktion. In der Therapie ist die Wirksamkeit der Kombinationsbehandlung (Pharmako- und Psychotherapie) nachgewiesen (NVL Depression 2011). Patienten mit schwergradiger depressiver Episode sollen von Hausärzten die Kombinationstherapie empfohlen bekommen. Zielstellung: Möglichst vielen Patienten mit schwergradiger depressiver Episode sollte eine Kombinationsbehandlung mit antidepressiver Pharmakotherapie und Psychotherapie angeboten werden. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Klinische Dokumentation und Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte Voraussetzungen: – Band C6, Version 1.0 Eine vollständige Dokumentation der Diagnosen einschließlich der Schweregradeinteilung entsprechend der ICD-10-Klassifikation in der Patientenakte und die Dokumentation der Empfehlung einer Kombinationstherapie in der Patientenakte sind erforderlich. Die Erfassung und Extraktion der Diagnosen ist Routine in der Praxisdokumentation. Für die einfache Extraktion der Dokumentation der Information ist ein entsprechendes Procedere (ggf. eine eigene Kodierungsziffer) festzulegen. 45 Depression Indikator 8 Ausblick: Die Jahresprävalenz von Patienten mit schwerer depressiver Episode in einer hausärztlichen Praxis ist gering einzuschätzen. Durch Anwendung des Indikators sollte perspektivisch erreicht werden, dass alle Patienten mit schwerer depressiver Episode das Angebot einer Kombinationstherapie erhalten. (II) Erstellung Zähler:Anzahl der Patienten mit schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von zwölf Monaten in hausärztlicher Behandlung, für die dokumentiert ist, dass ihnen eine Kombinationsbehandlung mit antidepressiver Pharmakotherapie (ATC-Codes s. Indikator 5) und Psychotherapie durch den Hausarzt empfohlen wurde Nenner:Alle Patienten mit schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von zwölf Monaten in hausärztlicher Behandlung Formel: Anzahl der Patienten mit schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von zwölf Monaten in hausärztlicher Behandlung, für die dokumentiert ist, dass ihnen eine Kombinationsbehandlung mit antidepressiver Pharmakotherapie und Psychotherapie durch den Hausarzt empfohlen wurde Anzahl der Patienten mit schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von zwölf Monaten in hausärztlicher Behandlung Referenzwert: Dieser Indikator wurde basierend auf der Empfehlung der Nationalen Versorgungleitlinie Depression entwickelt. Danach soll allen Patienten mit schwerer depressiver Episode eine Kombinationstherapie aus Pharmakotherapie und Psychotherapie angeboten werden. Referenzwerte liegen bisher nicht vor. Als Referenz wird ein Wert > 90 % vorgeschlagen. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Die Validität ist hoch. Der Indikator macht eine Aussage über die Häufigkeit des Angebots einer Kombinationstherapie bei Patienten mit schwerer depressiver Episode. Reliabilität:Die Reliabilität ist hoch, wenn die ICD-10-Kriterien in der Diagnostik konsequent angewendet werden und somit eine adäquate Einschätzung der Schwere der Erkrankung erfolgt. Sensitivität: 46 Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität der Indikators hoch. – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 8 (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Für die Kombinationstherapie bei Patienten mit schwerer depressiver Episode konnten signifikante additive Effekte gegenüber einer alleinigen Pharmakotherapie und gegenüber einer alleinigen Psychotherapie nachgewiesen werden (Schramm et al. 2007; Thase et al. 1997). Demgegenüber zeigten entsprechende Studien bei leicht- bis mittelgradiger depressiver Episode keine klaren Überlegenheitseffekte einer Kombinationstherapie. Indikatorensysteme: Der Indikator wird bisher noch nicht in anderen Systemen angewendet. Er beruht auf den Empfehlungen der Nationalen Versorgungsleitlinie Depression 2011. Es liegt eine Empfehlung der Stärke A der Nationalen Versorgungsleitlinie vor. (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf den Umfang der Therapieplanung bei Patienten mit schwerer depressiver Episode. Niedrige Werte des Indikators können auch ein Hinweis auf ein unzureichendes Behandlungsangebot sein. Ein weiterer Grund für niedrige Werte kann eine fehlende Dokumentation sein. Mögliche Handlungs- konsequenz: Verbesserung der Dokumentationsqualität Umsetzung der Leitlinienempfehlung Vernetzung mit Psychotherapeuten Einbindung der Alle Patienten mit schwerer depressiver Episode sollten eine Kombinationstherapie Ergebnisse in die angeboten bekommen. Ein Großteil wird an Fachspezialisten überwiesen. NichtsQualitätszirkelarbeit: destotrotz sollte eine Kombinationstherapie vom Hausarzt empfohlen werden. Die Erfassung des prozentualen Anteils der Patienten anhand dieses Indikators, denen eine Kombinationstherapie empfohlen wurde, ermöglicht einen Soll-/Ist-Vergleich für die Hausarztpraxen, Arztnetze, Qualitätszirkel oder auch KV-Bezirke, in denen der Indikator angewendet wird. Begründungen, warum keine Kombinationstherapie angeboten wurde, sollten dokumentiert und nachvollziehbar sein. Diese können in Qualitätszirkeln bzw. einrichtungsinternen Besprechungen diskutiert werden. Einbindung in dasDurch Anwendung des Indikators ist perspektivisch die Ermittlung von ReferenzQualitätsmanagement: werten möglich. Auf Ebene der einzelnen Praxis sollten Maßnahmen implementiert werden, die zur Erhöhung der Rate an Patienten führen, die eine Kombinationstherapie angeboten bekommen. In der Folge kann die Vernetzung in den Versorgungsstrukturen und die Kooperation der verschiedenen Akteure in der Behandlung verbessert werden. Kosteneffektivität: – Band C6, Version 1.0 Untersuchungen zur Kosteneffektivität liegen nicht vor. Patienten, die eine Kombinationstherapie in Anspruch nehmen, können von einer verkürzten Krankheitsdauer und verminderter Symptomatik profitieren. Somit ist eine indirekte Kosteneffektivität möglich. 47 Depression Indikator 8 Modifikation des Indikators 8: Durchführung einer adäquaten antidepressiven Therapie bei schwergradiger depressiver Episode unabhängig vom Verordner (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten in der Hausarztpraxis mit neu aufgetretener schwergradiger depressiver Episode, die eine adäquate antidepressive Therapie, unabhängig vom Verordner, erhalten. Die nach Einleitung einer adäquaten Therapie bei Patienten mit schwerer depressiver Episode erfolgte Versorgung soll mit dieser Modifikation erfasst werden. Es sollten alle Patienten mit einer neu aufgetretenen schwergradigen depressiven Episode eine adäquate Therapie spätestens nach drei Monaten erhalten. (II) Erstellung Zähler:Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener (d. h. ohne entsprechende Diagnose im vorherigen Quartal) schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von 24 Monaten in der Hausarztpraxis, die innerhalb der folgenden zwei Quartale nach Diagnosestellung eine adäquate antidepressive Therapie (ambulante antidepressive Pharmakotherapie [ATC-Codes s. Indikator 5], eine Psychotherapie und/oder eine stationäre Behandlung) erhalten haben. Nenner: Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener (d. h. ohne entsprechende Diagnose im vorherigen Quartal) schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von 24 Monaten in der Hausarztpraxis Formel: Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener (d. h. ohne entsprechende Diagnose im vorherigen Quartal) schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von 24 Monaten in der Hausarztpraxis, die innerhalb der folgenden zwei Quartale nach Diagnosestellung eine adäquate antidepressive Therapie (ambulante antidepressive Pharmakotherapie, eine Psychotherapie und/oder eine stationäre Behandlung) erhalten haben 48 Anzahl der Patienten mit neu aufgetretener (d. h. ohne entsprechende Diagnose im vorherigen Quartal) schwerer depressiver Episode (ICD-10: F 32.2 und F 33.2) innerhalb von 24 Monaten in der Hausarztpraxis Referenzwert: Dieser Indikator wurde neu entwickelt. Referenzwerte liegen bisher nicht vor. Als Referenz wird ein Wert > 60 % vorgeschlagen. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate. – Band C6, Version 1.0 Depression Einbezogene Fachgruppen: Indikator 9 Der Indikator bezieht sich auf die Population von Hausärzten und hausärztlich tätigen Internisten. In die Analyse gehen auch Daten von weiteren Fachgebieten, die an der medizinischen Versorgung depressiv erkrankter Patienten beteiligt sind, ein (z. B. Fachärzte für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie). Datenquelle: Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte, Abrechnungsdaten der Kostenträger Messgüte: Aufgrund der Neuentwicklung werden keine Angaben zur Messgüte gemacht. Interpretation: Der Indikator gibt Hinweise auf die Durchführung einer adäquaten Therapie bei Patienten mit schwerer depressiver Episode. Es sollten insbesondere die Patienten in den Fokus kommen, die keine adäquate Therapie erhalten haben. Hierfür kommen unterschiedliche Gründe in Frage: Fehlende Therapieeinleitung Unzureichendes Angebot an zur Verfügung stehenden Therapieplätzen Unzureichende Kooperation zwischen den beteiligten Fachgruppen (Fachärzte für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatische Medizin, Hausärzte) Therapieablehnung durch den Patienten Versorgung erfolgt im Bezugszeitraum stationär, tagesklinisch oder in einer psychiatrischen Institutsambulanz, daher ist eine Kombinationstherapie nicht aus ambulanten Abrechnungsdaten ersichtlich Indikator 9: Patienten mit anhaltender Depression ohne spezifische Therapie (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den prozentualen Anteil der Patienten mit anhaltender neu aufgetretener depressiver Episode in der Hausarztpraxis, bei denen innerhalb eines definierten Zeitraumes keine depressionsspezifische Therapie eingeleitet wurde. Er soll also auf eine schlechte Versorgung aufmerksam machen, die es zu vermeiden gilt („avoiding poor control“). Begründung:Depressionen zählen zu den häufigsten und gleichzeitig am meisten unterschätzten Erkrankungen. Die Krankheitskosten bei Patienten mit depressiver Erkrankung sind doppelt so hoch wie bei vergleichbaren Patienten ohne Depression (Seelig et al. 2008). Ein frühzeitiger Therapiebeginn und eine Therapieumstellung bei fehlender Besserung bessert die Prognose und ist Empfehlung der Leitlinie (NVL Depression 2011). Das Ausbleiben oder die starke Verzögerung einer spezifischen Versorgung ist mit einem schlechteren Krankheitsverlauf und letztlich höheren Kosten (Krankheitstage, stationäre Aufenthalte) verbunden. Es ist hausärztliche Aufgabe, dazu beizutragen, die Zahl der unterversorgten Patienten zu reduzieren. – Band C6, Version 1.0 49 Depression Indikator 9 Zielstellung: Mit diesem Indikator soll ermöglicht werden, Patienten zu identifizieren, die trotz anhaltender Depression keine depressionsspezifische Therapie erhalten und somit als unterversorgt gelten. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt 24 Monate. Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Routinedokumentation in der elektronischen Patientenakte Voraussetzungen: Vollständige Dokumentation der Diagnosen F 32*, F 33* in der elektronischen Patientenakte Ausblick: Es besteht die Möglichkeit, den Indikator anhand der Erfahrungen aus der Anwendung weiterzuentwickeln und zu spezifizieren. (II) Erstellung Zähler: Alle Patienten mit neu aufgetretener depressiver Episode (ICD-10: F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis mit innerhalb von 24 Monaten in vier aufeinanderfolgenden Quartalen dokumentierter Diagnose, bei denen keine Therapie (psychosomatische Grundversorgung, Medikation [ATC-Codes s. Indikator 5], Überweisung zur ambulanten Psychotherapie bzw. anderweitigen fachspezifischen Mitbehandlung) eingeleitet wurde Nenner: Alle Patienten mit neu aufgetretener depressiver Episode (ICD-10: F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis mit innerhalb von 24 Monaten in vier aufeinanderfolgenden Quartalen dokumentierter Diagnose Depression Formel: Alle Patienten mit neu aufgetretener depressiver Episode (ICD-10: F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis mit innerhalb von 24 Monaten in vier aufeinanderfolgenden Quartalen dokumentierter Diagnose, bei denen keine Therapie (psychosomatische Grundversorgung, Medikation, Überweisung zur ambulanten Psychotherapie bzw. anderweitigen fachspezifischen Mitbehandlung) eingeleitet wurde Alle Patienten mit neu aufgetretener depressiver Episode (ICD-10: F 32*, F 33*) in einer Hausarztpraxis mit innerhalb von 24 Monaten in vier aufeinanderfolgenden Quartalen dokumentierter Diagnose Depression Referenzwert: Der prozentuale Anteil der Patienten ohne eingeleitete Therapie sollte gering sein. Es wird ein Zielwert < 10 % vorgeschlagen. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität:Die Validität des Indikators ist hoch. 50 – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 9 Reliabilität: Die Reliabilität ist von der Dokumentationsqualität abhängig. Sensitivität:Die Sensitivität des Indikators ist hoch (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Die Behandlung der Mehrzahl der Patienten mit Depression erfolgt im hausärztlichen Setting (Fernandez et al. 2007). Als Behandlungsoptionen im hausärztlichen Bereich stehen vor allem die „aktiv-abwartende Begleitung“, die „Pharmakotherapie“ und die „Psychotherapie“ zur Verfügung. Ein frühzeitiger Therapiebeginn und eine Therapieumstellung bei ausbleibender Besserung bessert das Outcome bzw. vermindert das Risiko einer Chronifizierung und ist Empfehlung der Leitlinie (NVL Depression 2011). Indikatorensysteme: Ein ähnlicher Indikator, bezogen auf Patienten ohne medikamentöse antidepressive Therapie, wurde durch das US Department of Health and Human Services entwickelt: HDC Topics: Depression [Internet]. Rockville (MD): HRSA Health Disparities Collaboratives 2005. Dieser Ursprungsindikator wurde entsprechend der Paneldiskussion ohne Schweregraddifferenzierung umformuliert und zielt nun hinsichtlich seiner Messausrichtung auf das Fehlen jeglicher therapeutischer Maßnahmen. (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Patienten, die über einen längeren Zeitraum die Diagnose einer Depression haben und keine spezifische Therapie erhalten, sind als unterversorgt hinsichtlich der Behandlung ihrer depressiven Erkrankung anzusehen. Limitationen des Indikators sind: Eine mögliche heterogene Kodierqualität in den Hausarztpraxen, z. B. eine fortlaufende Diagnosenkodierung einer depressiven Erkrankung bei nicht mehr bestehender Erkrankung Es werden nur Patienten mit gesicherter Diagnose eingeschlossen Die Erfassung der psychosomatischen Grundversorgung ist eine qualifikationsgebundene Leistung, die nur von einem Teil der versorgenden Ärzte abgerechnet werden kann Das Ablehnen einer Behandlung durch den Patienten muss separat erfasst werden – Band C6, Version 1.0 51 Depression Indikator 10 Mögliche Handlungs- konsequenz: Überprüfung der Dokumentationsqualität Fortbildung der Hausärzte Überprüfung der Behandlungsintensität Einbindung der Ergebnisse in die Qualitätszirkelarbeit/ das Qualitäts- management Die Ergebnisse können zum Vergleich genutzt werden. Gründe für nicht oder zu spät eingeleitete depresssionspezifische Therapiemaßnahmen können diskutiert und in der weiteren Arbeit berücksichtig werden. Darüber hinaus kann ein Fortbildungsbedarf identifiziert werden. Kosteneffektivität: Zur Kosteneffektivität kann keine Aussage getroffen werden. Indikator 10: Verschreibung von Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa bei Depression länger als vier Wochen (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator misst den Anteil der Patienten mit Depression in einer Hausarztpraxis, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von mehr als vier Wochen ausreicht. Begründung: Bei Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa handelt es sich im Wesentlichen um Benzodiazepine und Benzodiazepin-verwandte Wirkstoffe wie Zaleplon, Zolpidem und Zopiclon. Die genannten Wirkstoffe sind mit dem Risiko der Toleranzentwicklung bzw. des Entzugssyndroms behaftet und können zur Abhängigkeit führen. In angepasster Dosierung und zur kurzfristigen Behandlung sind die genannten Wirkstoffe zwar nach wie vor oft unverzichtbar, ihre therapeutische Bedeutung ist aber durch die zeitlich begrenzte Anwendungsdauer beschränkt. Eine Zusatzmedikation bei Patienten mit Depression erfolgt oft in der Absicht, die Wirklatenz von Antidepressiva bei Vorhandensein von Angst, Unruhe oder Schlaflosigkeit zu überbrücken, mit der Gefahr einer inadäquaten Verschreibung. Die Indikation von Benzodiazepinen muss im Individualfall geprüft und hinsichtlich möglicher Risiken (z. B. Sedierung, psychomotorische und kognitive Beeinträchtigung, Komedikation, Abhängigkeitspotential) diskutiert werden. Bei Patienten, die mit diesen Wirkstoffen über vier Wochen behandelt werden, ist jedoch davon auszugehen, dass sie bereits potenziell abhängigkeitsgefährdet sind (Bundesärztekammer 2007; Glaeske et al. 2007). Daher sollten Langzeitverordnungen vermieden werden. Gemäß den Arzneimittelrichtlinien bedarf die längerfristige Anwendung (> vier Wochen) einer besonderen Begründung in der ärztlichen Dokumentation. 52 Zielstellung: Eine möglichst niedrige Anzahl an Patienten mit Depression sollte Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa länger als vier Wochen erhalten. Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt zwölf Monate. – Band C6, Version 1.0 Depression Einbezogene Fachgruppen: Indikator 10 Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Dokumentation in der elektronischen Patientenakte Voraussetzungen: Es ist eine vollständige Dokumentation der Diagnosen und der verordneten Medikation erforderlich. Anxiolytika, Sedativa und Hypnotika werden über die ATC-Codes N05BA (Anxiolytika) sowie N05CD und N05CF (Sedativa, Hypnotika) erfasst. Benzodiazepine, die als Antiepileptika Verwendung finden und einen anderen ATCCode aufweisen, werden somit nicht erfasst. Eine länger andauernde Behandlung mit dieser Substanzklasse ist aufgrund der Indikation nicht als „missbräuchlich“ zu interpretieren. Die Berechnung der Behandlungsdauer setzt voraus, dass die elektronische Patientenakte Informationen über die Reichweite der Verordnung (z. B. Packungsgröße N1, N2 oder N3) enthält. Der Arzneimittelverbrauch wird aus dem Wirkstoffgehalt der per Definition für den betreffenden Wirkstoff durch die von der WHO festgelegten und vom WIdO für deutsche Verhältnisse adaptierten Tagesdosis (DDD) und der Reichweite des verordneten Präparates berechnet. Beispiel: Die definierte Tagesdosis für Zopiclon ist auf 7,5 mg festgelegt. Die Verordnung von Zopiclon 7,5 mg 20 Stück entspricht daher 20 DDD. Die Verordnung von zwei Packungen mit je 20 Filmtabletten Zopiclon zu 7,5 mg (d. h. 40 DDD) an einen Patienten pro Quartal würde den Schwellenwert von 28 DDD deutlich überschreiten. Ausblick: Mit der Anwendung des Indikators kann die Rate an Patienten, bei denen Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa längerfristig verordnet werden, gesenkt werden. Eine Analyse von Subgruppen, z. B. Ältere oder Frauen, kann in Zukunft angestrebt werden. (II) Erstellung Zähler:Alle Patienten mit Depression (F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb von zwölf Monaten, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa (N05BA, N05CD, N05CF)2 in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von mehr als vier Wochen ausreicht. Nenner: Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb von zwölf Monaten Formel: Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb von zwölf Monaten, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von mehr als vier Wochen ausreicht Anzahl der Patienten mit Depression (F 32*, F 33* und F 34.1) in einer Hausarztpraxis innerhalb von zwölf Monaten 2 Bei den genannten ATC-Codes handelt es sich lediglich um Vorschläge. Vor einer konkreten Berechnung sollte von den Anwendern überprüft werden, welche ATC-Codes nach der aktuellen Evidenzlage und dem aktuellen Präparateangebot auf dem Pharmamarkt für die Erfüllung des Indikators relevant sind. – Band C6, Version 1.0 53 Depression Indikator 10 Referenzwert: Es liegen keine Referenzwerte für diesen Indikator vor. Die Rate an Patienten mit depressiver Erkrankung, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von mehr als vier Wochen ausreicht, sollte niedrig sein. Als Referenz wird ein Wert von < 20 % vorgeschlagen. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Die Validität ist hoch. Der Indikator macht eine definitive Aussage über die verschriebene Menge an Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa. Reliabilität: Der Indikator kann nur eine Aussage bezogen auf die Arztpraxis bzw. das Arztnetz treffen, da auf Patientenebene Verordnungen von unterschiedlichen Behandlern möglich sind. Sensitivität:Bei vollständiger Dokumentation ist die Sensitivität für Veränderungen hoch. (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Die Gesamtzahl der Arzneimittelabhängigen wird in Deutschland auf ca. ein bis zwei Millionen Versicherte geschätzt, wobei diese Zahl allerdings auch andere Wirkstoffgruppen wie z. B. Analgetika einbezieht (Hüllinghorst et al. 2007). Da Benzodiazepine häufig auf Privatrezepten verordnet werden und diese nicht in den GKV-Routinedaten erfasst werden, ist allerdings von einer noch höheren Dunkelziffer auszugehen (Hüllinghorst et al. 2007; Glaeske et al. 2007). Es wird geschätzt, dass in der Bundesrepublik etwa ein Drittel der psychotropen Medikamente nicht wegen akuter Probleme, sondern zur Vermeidung von Entzugserscheinungen verordnet wird (Hüllinghorst et al. 2007). Die Nationale Versorgungsleitlinie Depression empfiehlt die individuelle Indikationsüberprüfung für Benzodiazepine und eine Anwendungsdauer von maximal vier Wochen (NVL Depression 2011). Indikatorensysteme: Der Indikator wird, bezogen auf alle Patienten mit medikamentöser Therapie, in dem QISA Band D „Pharmakotherapie“ empfohlen. Weiterhin ist der Indikator Bestandteil der Qualitätsindikatoren für Qualitätszirkel des AQUA-Institutes (AQUA-Institut 2011). 54 (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Dieser Indikator gibt Hinweise darauf, wie hoch der Anteil an Patienten mit depressiver Erkrankung ist, die im Laufe eines Quartals Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von vier Wochen und mehr ausreicht. Die Indikation ist für die genannten Wirk- – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 11 stoffe besonders kritisch zu stellen und die Verordnung sollte nur zeitlich begrenzt erfolgen. Das gilt unabhängig davon, ob die Verordnung zu Lasten der Krankenkasse oder auf Privatrezept erfolgt. Mögliche Handlungs- konsequenz: Dokumentation der Verordnungsbegründung Überprüfung der Indikationsstellung Patientengespräche über Einnahmeverhalten hinsichtlich der Medikation Gegebenenfalls Entwöhnungsmaßnahmen einleiten Einbindung der Die Ergebnisse der Indikatormessung können in Hausarztpraxen, in Arztnetzen, Ergebnisse in die Qualitätszirkeln oder auch in KV-Bezirken analysiert und verglichen werden. In Qualitätszirkelarbeit: Hinblick auf die angestrebten Ziele/Zielerreichung sollten Gründe und Handlungsoptionen diskutiert werden. Einbindung in das Es wird evaluiert, inwiefern die Ergebnisse des Indikators den Referenzwerten Qualitätsmanagement: entsprechen. Ziel ist eine möglichst niedrige Rate an Patienten mit depressiver Erkrankung, die Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa in einer Dosis erhalten, die theoretisch für eine Behandlungsdauer von vier Wochen und mehr ausreicht. Dieser Indikator ist zu einem nicht unerheblichen Teil abhängig von der Compliance der Patienten. Er wird daher für negative monetäre Anreize nicht empfohlen. Kosteneffektivität: Eine Analyse zur Kosteneffektivität liegt bisher nicht vor. Eine Kostenreduktion ist durch Reduzierung der verordneten Medikation und durch Reduzierung der Krankheitslast der Patienten möglich. Indikator 11: Hausärzte mit Fortbildung zur Depression (I) Beschreibung Aussage: Dieser Indikator beschreibt, wie viele Hausärzte eines Arztnetzes, eines Qualitätszirkels oder einer KV-Region sich für die Behandlung der Depression fortgebildet und qualifiziert haben. Die Fortbildung sollte innerhalb der letzten drei Jahre stattgefunden haben und von einer Landesärztekammer zertifiziert worden sein. Begründung: Depressionen haben im hausärztlichen Bereich eine hohe Prävalenz, erfordern ein umfassendes diagnostisches und therapeutisches Wissen, und der Innovationsgrad in der Behandlung im hausärztlichen Setting ist hoch. Aus diesen Gründen lässt sich ein hoher Fortbildungsbedarf ableiten. In Studien konnte bereits belegt werden, dass die pharmakologische und Beratungskompetenz der Hausärzte durch entsprechende (regelmäßig wiederholte) Schulungsmaßnahmen deutlich verbessert werden kann (Kroenke et al. 2000; Van Os et al. 1999). Zielstellung: Erhöhung der Behandlungskompetenz der Hausärzte und somit bessere Umsetzung der angestrebten Ziele bei der Behandlung depressiver Patienten Bezugszeitraum: Der Bezugszeitraum beträgt drei Jahre. – Band C6, Version 1.0 55 Depression Indikator 11 Einbezogene Fachgruppen: Im hausärztlichen Sektor nach SGB V tätige Allgemeinmediziner, Diplommediziner, praktische Ärzte und Internisten Datenquelle:Dokumentation des Arztnetzes Voraussetzungen: Die Fortbildung sollte möglichst in ein Fortbildungskonzept für Netzärzte in Qualitätszirkeln integriert sein, um die Ärzte nicht mit einer Vielfalt von Zusatzqualifikationen zu überfordern. Ausblick: Die Behandlungskompetenz der Hausärzte wird sich durch eine regelmäßige Teilnahme an durch die Landesärztekammer akkreditierten Fortbildungsveranstaltungen verbessern. Parallel können die Fortbildungen anhand der Rückmeldung der teilnehmenden Hausärzte weiterentwickelt werden. (II) Erstellung Zähler:Anzahl der Hausärzte eines Arztnetzes mit Teilnahme an einer von einer Landesärztekammer zertifizierten Fortbildung zur Behandlung der Depression innerhalb von drei Jahren Nenner:Gesamtzahl der Hausärzte eines Netzes Formel:Anzahl der Hausärzte eines Arztnetzes mit Teilnahme an einer von einer Landesärztekammer zertifizierten Fortbildung zur Behandlung der Depression innerhalb von drei Jahren Gesamtzahl der Hausärzte eines Netzes Referenzwert: Bisher liegen keine Referenzwerte vor. Es sollte eine möglichst hohe Rate an Ärzten mit Fortbildung zur Behandlung der Depression erreicht werden. Als Referenz wird ein Wert > 80 % vorgeschlagen. (III) Anmerkungen zur Messgüte Validität: Die Validität des Indikators ist von der Qualität der Fortbildungsmaßnahmen abhängig. Allgemeine Standards zur Qualität von Fortbildungsstandards sind bisher nicht vorhanden. Vorerst ist die Validität daher gering. Reliabilität:Die Reliabilität des Indikators ist hoch, wenn es klare Vereinbarungen zu Art und Inhalt der im Netz anerkannten Fortbildungen gibt. Sensitivität:Der Indikator gibt mit zu berücksichtigender Latenz im zeitlichen Verlauf direkt Auskunft über den entsprechenden Fortbildungsstand im Arztnetz. 56 – Band C6, Version 1.0 Depression Indikator 11 (IV) Bisherige Anwendung und Evidenz Praxisstudien und Evidenz: Der Indikator sollte im Rahmen von Modellversuchen seinen Wert nachweisen. Bisherige Studien weisen auf eine (zeitlich begrenzte) Verbesserung der Diagnose- und Therapiequalität durch Fortbildungsmaßnahmen hin (Kroenke et al. 2000; Van Os et al. 1999). Indikatorensysteme: Der Indikator ist in ähnlicher Formulierung in den 2002 vom AOK-Bundesverband herausgegebenen Qualitätsindikatoren der AOK für Arztnetze enthalten (AQUAInstitut 2002). (V) Einbindung in das Qualitätsmanagement Interpretation: Dieser Indikator gibt Hinweise darauf, wie hoch der Anteil an Ärzten ist, die innerhalb von drei Jahren an zertifizierten Fortbildungen zu depressiven Erkrankungen teilgenommen haben. Ein hoher Wert des Indikators signalisiert einen hohen Fortbildungsstand der eingeschlossenen Ärzte hinsichtlich der Behandlung von Patienten mit Depressionen. Der Indikator fördert die Etablierung von systematischen und regelmäßigen Fortbildungsmaßnahmen. Mögliche Handlungs- konsequenz: Etablierung von Qualitätsstandards in Fortbildungen Etablierung eines Fortbildungscurriculums mit systematischen und regelmäßigen Fortbildungen Einbindung der Die Ergebnisse der Indikatormessung können in einrichtungsinternen BesprechunErgebnisse in die gen analysiert werden. In Hinblick auf die angestrebten Ziele/Zielerreichung Qualitätszirkelarbeit: sollten Gründe und Handlungsoptionen diskutiert werden. Einbindung in das Durch die Anwendung des Indikators kann evaluiert werden, inwiefern die ErgebQualitätsmanagement: nisse des Indikators den Zielwerten entsprechen. Ziel ist eine möglichst hohe Rate an Ärzten mit regelmäßiger Fortbildung zu depressiven Erkrankungen. Das Angebot und die Qualität von Fortbildungsveranstaltungen kann analysiert und ggf. verbessert werden. Kosteneffektivität: – Band C6, Version 1.0 Eine Analyse zur Kosteneffektivität liegt bisher nicht vor. Eine kontinuierliche Fortbildung in der Behandlung der Depression ist Bedingung für eine wirkungsvolle Behandlung und Verminderung des Rückfallrisikos. Kosteneffektivität ist längerfristig möglich, wenn die diagnostizierten Patienten auch behandelt werden und die Prävalenz sinkt und wenn man gesellschaftliche Kosten wie Krankheitstage berücksichtigt. Kurzfristig ist eher zu erwarten, dass eine bessere Diagnostik und Behandlung von Patienten mit Depression infolge einer besseren Schulung der Hausärzte die Kosten erhöht, nach manchen Untersuchungen bis zum Doppelten bzw. Dreifachen (Lave et al. 1998; Schoenbaum et al. 2001). 57 Depression Literatur Literatur ACOVE. Quality Indicators. Ann Intern Med 2001; 135(8): 653–667. Ahrens B. Lithium treatment and suicide prevention in affective disorders. Eur Neuropsychopharmacol 1995; 5(3): 301. American Psychiatric Association (APA). Practice guideline for the treatment of patients with major depressive disorder. In: American Psychiatric Association (APA), ed. Practice guidelines for the treatment of people with psychiatric disorders. Washington: APA; 2000. p. 413–496. Anderson RJ, Freedland KE, Clouse RE, Lustman PJ. The prevalence of comorbid depression in adults with diabetes: a metaanalysis. Diabetes Care 2001; 24(6): 1069–1078. Angst J. The course of affective disorders. 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Band SNRI Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren SSRI Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren SSNRI Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren WIdO Wissenschaftliches Institut der AOK Anhang 1: Teilnehmer am Expertenpanel Dr. med. Thomas Fischer, Facharzt für Allgemeinmedizin, Phlebologie, Notfallmedizin, Göttingen Dr. med. André Haas, Facharzt für Allgemeinmedizin, Palliativmedizin, Notfallmedizin, Manuelle Medizin, ärztliches Qualitätsmanagement, Neustadt/Südharz Prof. Dr. Dr. Martin Härter, Arzt und psychologischer Psychotherapeut, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Erika Hoppe, Dipl.-Pädagogin, Schwerpunkt Psycho-Soziales, Unabhängige Patientenberatung Göttingen Dr. med. Rainer Kittel, Facharzt für Allgemeinmedizin, Burgwald Dr. med. Astrid Maroß, FÄ für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, AOK-Bundesverband Berlin Jens Parpart, Facharzt für Allgemeinmedizin, Psychotherapie (TP, VT), Betriebsmedizin, Einbeck, Lehrbeauftragter der Universitätsmedizin Göttingen Dipl.-Psych. Sabine Schäfer, Psychologische Psychotherapeutin, Weilheim/Teck, Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) Berlin Dr. med. Georg Bernhard Wüstenfeld, Facharzt für Allgemeinmedizin, Hannoversch Münden 62 – Band C6, Version 1.0 Depression Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren Erläuterung: Hervorgehoben sind Indikatoren, die auf einer neunstufigen Skala (1 = überhaupt nicht relevant bzw. praktikabel bis 9 = sehr relevant bzw. praktikabel) als relevant (Median 7–9) und praktikabel (Median 7–9) bewertet wurden. Für das Kriterium Relevanz gilt weiterhin, dass im Panel Konsens (K) bestand, d. h., maximal zwei der Bewertungen lagen außerhalb der Kategorie, in der sich der Median befand. Nr. Name Relevanz Praktikabilität 1 Erkennen depressiver Störungen 9 5 2 Diagnosekriterien für Depression 8 4 3 Einschätzung der Fallschwere mit Hilfsmitteln bei Patienten mit Depression 9 5 4 Screening auf Depression bei Patienten mit KHK bzw. Diabetes 7 4 5 Screening auf Depression bei Patienten mit Demenz 7 6 6 Dauer der antidepressiven medikamentösen Behandlung 7K 7 7 Symptomverbesserung unter Medikation und Dauermedikation 6 7 8 Patientenregister Depression 8K 7 9 Depressionssuizidrisiko 9 6 10 PHQ-Reevaluation nach vier bis acht Wochen 7 7 11 PHQ-Messung nach sechs Monaten 6 4 12 PHQ-Reevaluation innerhalb von ein bis drei Wochen 5 4 13 50 % Reduktion der Depression nach vier Monaten 6 4 14 Depressionstherapieerfolg PHQ < 5 nach vier Monaten 6 5 15 Vorhandensein medikamentöser antidepressiver Therapie 7 6 16 Anteil depressiver Patienten ohne medikamentöse antidepressive Therapie 6 7 17 Funktionsverbesserung depressiver Patienten 6 5 18 Einnahmedauer Antidepressiva über sechs Monate 5 7 19 1-Monats-Prävalenz medikamentöser oder psychotherapeutischer Therapie 5 5 20 Suizidalitätsabklärung bei unipolarer Depression 9K 7 21 Alkohol- und Substanzmissbrauchsabklärung bei unipolarer Depression 8 6 22 Suizidalitätsabklärung bei Majordepression 8 7 23 Schweregradeinteilung bei Majordepression 6 6 24 Adäquate Therapie bei Majordepression 6 5 25 Depressionsscreening 4 6 5 5 2 3 26 27 Screening auf Suizidalität depressiv Erkrankter mit posttraumatischer Belastungsstörung Dokumentation der DSM-IV-Kriterien bei Patienten mit Majordepression spätestens drei Monate nach Episodenbeginn 28 3-Monats-Kontakt bei Patienten mit Majordepression 6 6 29 Reassessment nach drei Monaten mit validiertem Instrument bei Patienten mit Majordepression 7 5 – Band C6, Version 1.0 63 Depression Anhang 2: Register der bewerteten Indikatoren Nr. Relevanz Praktikabilität 30 Abklärung einer Hypomanie/Manie bei depressiven Patienten 8 4 31 Symptomreduktion nach sechs Monaten bei Majordepression 7 7 32 Remission nach sechs Monaten bei Majordepression 8 4 33 Suizidrate bei Patienten mit Majordepression 8 6 5 5 6 6 34 35 64 Name Dauer der antidepressiven medikamentösen Therapie von drei Monaten bei Majordepression Dauer der antidepressiven medikamentösen Therapie von sechs Monaten bei Majordepression 36 Dauer der antidepressiven medikamentösen Therapie von drei Monaten 5 6 37 Dokumentation der DSM-IV-Kriterien bei Patienten mit Majordepression bei Diagnosestellung 3 4 38 Dokumentierte Selbstmanagementziele innerhalb zwölf Monaten bei Depression 7 2 39 Symptomreduktion > 5 PHQ-Punkte nach 6 Monaten 6 6 40 Symptomverbesserung von 50 % des PHQ-Wertes 7 6 41 Psychiatrische Behandlung bei Suizidalität 9 8 42 Information zu Selbsthilfe- und Angehörigengruppen 8K 7 43 Patientenaufklärung 9K 7 44 Dokumentation des Angebots an medikamentöser Therapie 6 6 45 Dokumentation des Angebots einer Kombinationstherapie bei schwergradiger Episode 9K 7 46 Erhaltungstherapie über mindestens vier bis neun Monate nach Remission 6 5 47 Angebot einer Psychotherapie bei akuter leichter bis mittelschwerer Depression 8 4 48 Dokumentation Angebot angemessener psychotherapeutischer Nachbehandlung 5 4 49 Angebot einer längerfristigen stabilisierenden Psychotherapie (Rezidivprophylaxe) 5 3 50 Suizidprävention durch Nachsorge und Kontaktangebote 8 2 51 Patienten mit diagnostizierter Depression 9 6 52 Depressive Patienten mit Beratung durch den Hausarzt 4 3 53 Depressive Patienten mit Antidepressiva 5 5 54 Verwendung von Antidepressiva länger als sechs Monate 5 6 55 Antidepressiva länger als sechs Monate in der geeigneten Dosierung 5 7 56 Wechsel der Medikation 6 6 57 Überweisungsrate 6 3 58 Hausärzte mit Fortbildung in der Behandlung der Depression 7K 7 59 Bestimmung der Depressionsschwere zu Therapiebeginn 8 6 60 Erfassung depressiver Patienten im hausärztlichen Bereich 9K 7 61 Depressionsscreening bei Patienten mit Diabetes bzw. KHK 8K 8 62 Verschreibung von Anxiolytika, Hypnotika bzw. Sedativa länger als vier Wochen 8K 8 63 Patienten mit mindestens zwei verschiedenen serotonergen Wirkstoffen 7 6 64 Verschreibung von Neuroleptika bei Depression ohne Wahnsymptomatik 8K 7 65 Shared Decision Making 9 2 – Band C6, Version 1.0 Wie können Ärzte in der Einzelpraxis, auf der Ebene eines Arztnetzes oder in anderen Versorgungsmodellen die Qualität ihrer medizinischen Arbeit messen, bewerten und verbessern? Antworten auf diese Frage gibt QISA, das Qualitätsindikatorensystem für die ambulante Versorgung. Es beschreibt und begründet eine Vielzahl von Messgrößen und ermöglicht das systematische Erfassen der Qualität in der Breite der ambulanten Versorgung. Im Auftrag des AOK-Bundesverbandes hat das Göttinger „Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen“ (AQUA) die Qualitäts­­indika­toren und das sie leitende System erarbeitet. QISA ist als Handbuch mit einem flexiblen und erweiterbaren Bestand an Einzelbänden konzipiert, die thematisch nach wichtigen Versorgungs­bereichen und häufigen Krankheiten sortiert sind. Diese Bände werden nach und nach im Rahmen einer Reihe veröffentlicht. Bislang sind erschienen: Band A: QISA stellt sich vor Band B: Allgemeine Indikatoren für regionale Versorgungsmodelle Band C1: Asthma/COPD Band C2: Diabetes mellitus Typ 2 Band C3: Bluthochdruck Band C4: Rückenschmerz Band C6: Depression Band C7: Koronare Herzkrankheit Band C8: Herzinsuffizienz Band D: Pharmakotherapie Band E1: Prävention Band E2: Krebsfrüherkennung Band F1: Hausärztliche Palliativversorgung Weitere Informationen zu QISA unter www.QISA.de Der Band C6 widmet sich der Behandlung von Patienten mit Depression. Depressive Störungen gehören zu den häufigen Erkrankungen. Sie gehen mit großem Leidensdruck für die Betroffenen und hohen Kosten einher. Die ausgewählten Indikatoren helfen, Patienten mit Behandlungsbedarf zu identifizieren und zu diagnostizieren. Sie geben Kriterien zur Patientenaufklärung und -information, zur psychotherapeutischen Intervention und auch für andere Therapieprozesse wie etwa Medikation an die Hand. Ebenso zielen sie auf die regelmäßige Fortbildung von Hausärzten. Die Indikatoren sind für strukturierte Qualitätszirkel geeignet und ermöglichen eine Evaluation der hausärztlichen Versorgung depressiver Patienten in der Praxis und im Versorgungsnetz. ISBN: 978-3-940172-12-9 www.kompart.de Herausgeber: Joachim Szecsenyi, Björn Broge, Johannes Stock Depression Qualitätsindikatoren für die Versorgung von Patienten mit Depression Autoren: Sven Schulz, Antje Freytag, Regine Chenot, Joachim Szecsenyi, Edith Andres und Jochen Gensichen C6