NDR-Sinfonieorchester

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- NDR-Sinfonieorchester Live-Übertragung am 14. März 2005
aus dem großen Saal der Laeiszhalle
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Willkommen in Hamburg, liebe Hörerinnen und Hörer zum Konzert des NDRSinfonieorchester im großen Saal der Laeiszhalle. Ein herzliches Willkommen auch unseren
internationalen Gästen: live zugeschaltet heute der norwegische und rumänische Rundfunk,
Norsk Radio und Societatea Romana de Radiodifuziune. Für Sie im Saal Patricia Moreno –
und das sind die Komponisten des Abends: Ludwig van Beethoven, Béla Bartók und Witold
Lutosławski, musikalische Wahlverwandtschaften zwischen Abschiedsstimmung und
Lebensfreude.
Zu Beginn die Trauermusik in memoriam Béla Bartók von Witold Lutosławski.
Mit dieser Musique funèbre für Streichorchester verbeugte sich Lutosławski vor dem Vorbild
seiner jungen Komponistenjahre; Béla Bartóks Umgang mit der volkstümlichen Musik, seine
kreative Beschäftigung mit der Folklore wirkte auf Lutosławski ungemein inspirierend, es
zeigte ihm einen Weg, wie man den künstlerischen Forderungen des Stalinismus nach einer
Volkskunst genügen konnte, ohne Gefahr zu laufen, banale Musik zu schreiben. Die
Trauermusik entstand 13 Jahre nach Bartóks Tod 1958 – ein Abschied in zweifacher
Hinsicht: neben der Erinnerung an Bartók stand für Witold Lutosławski auch die Loslösung
vom verehrten Idol an, ein musikalisches Abdockmanöver, das den Folklorismus eines
Bartók nur noch im Rückspiegel betrachtet und sich vielmehr konsequent der
Zwölftontechnik eines Arnold Schönberg bedient. Die vier Teile gehen nahtlos ineinander
über – Prolog und Epilog umrahmen volksliedhaft anmutende „Metamorphosen“ und einen
mit „Apogäum“ überschriebenen Teil. Es handelt sich dabei um einen Ausdruck aus der
Astronomie, der den entferntesten Punkt eines Planeten in der Umlaufbahn eines Fixsterns
bezeichnet, in diesem Fall ein Zwölftonakkord, mit dem Witold Lutosławski die größte
anzunehmende Entfernung vom einstigen Fixstern Bartók erreichte. Die Trauermusik in
memoriam Béla Bartók, Christoph von Dohnányi leitet die Streicher des NDRSinfonieorchesters.
W. Lutosławski: Trauermusik in memoriam Béla Bartók
[ ca. 17’ ]
Das war die Trauermusik in memoriam Béla Bartók von Witold Lutosławski – Christoph von
Dohnányi dirigierte die Streicher des NDR-Sinfonieorchesters, live auf NDR Kultur, sowie im
Norwegischen und Rumänischen Rundfunk aus dem großen Saal der Laeiszhalle in
Hamburg.
Hinter dieser Abschiedsmusik für Bartók verbergen sich noch einige weitere Aspekte und
musikalische Anspielungen, zum Beispiel die Töne F und H, mit denen das Werk beginnt. Es
wird vermutet, dass sich hinter diesen Tonsymbolen die Begriffe „Funebre“ und „Hungaria“
verstecken, was mit der Entstehungszeit zusammenhängen könnte, zwei Jahre nach dem
blutigen Volksaufstand in Ungarn 1956, und es wäre durchaus denkbar, dass Lutosławski mit
dieser Trauermusik an die Opfer erinnern wollte. Eine Offenlegung dieser Absicht wäre
damals allerdings politisch zu riskant für Lutosławski gewesen, weswegen er es wohl vorzog,
zu schweigen und die Musik für sich sprechen zu lassen.
Politische Anfeindung, diese Erfahrung war für Béla Bartók trauriger Lebensalltag, in den
Zwanziger und Dreißiger Jahren wurde er immer wieder von der rechtsnationalen Presse
angegriffen, 1940 schließlich emigrierte er in die USA. Unbehelligtes Arbeiten war in den
Jahren zuvor allenfalls in der Schweiz möglich, von hier erreichten Bartók einige wichtige
Kompositionsaufträge. Für den Mäzen und Dirigenten Paul Sacher und sein Basler
Kammerorchester schrieb Bartók 1936 seine nun folgende Musik für Saiteninstrumente,
Schlagzeug und Celesta – ein ungewöhnliche musikalische Architekturarbeit, antiphonal
besetzt: das zweigeteilte Streichorchester ist auf entgegengesetzten Seiten der Bühne postiert,
der Schlagzeug-Apparat reich bestückt, mit zwei kleinen Trommeln, Becken, Tamtam, großer
Trommel, Pauken und Xylophon, dazu Celesta, und als zusätzliche Saiteninstrumente Harfe
und Klavier, zwei- und vierhändig bespielt. Der antiphonale Wechselsang bezieht sich auch
auf die Stimmung des Werkes: der herb-klagende Ton wird immer wieder durch unvermittelt
hereinbrechende Heiterkeitsausbrüche aufgelockert. Bartóks typische Anklänge an die
Folklore äußern sich vor allem in einer fast schon irrwitzigen Rhythmik, in 7/8, 8/8 oder
9/8-Takten, in einigen Passagen wechseln das Metrum gar von Takt zu Takt.
Die Uraufführung am 21. Januar 1937 in Basel war ein triumphaler Erfolg für Béla Bartók, er
hatte seinen Ton gefunden, eine anschauliche, sich ohne dissonante Knalleffekte an eine
breite Hörerschaft wendende Musiksprache.
Die ungarische Erstaufführung fand im Jahr darauf, 1938, in Budapest statt. Sie wurde von
Ernst von Dohnányi dirigiert, dem Großvater des heutigen Dirigenten Christoph von
Dohnányi.
Unter seiner Leitung hören wir das NDR-Sinfonieorchester jetzt mit der Musik für
Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta von Béla Bartók.
B. Bartók: Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta
[ c.25’ ]
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NDR Kultur – live aus dem großen Saal der Laeiszhalle in Hamburg. Das NDRSinfonieorchester unter der Leitung von Christoph von Dohnányi mit der Musik für
Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta von Béla Bartók. Live heute auch im estnischen
und norwegischen Rundfunk.
Im zweiten Teil des Konzerts erwartet Sie die siebte Sinfonie von Ludwig van Beethoven,
zuvor die Pause von rund 20 Minuten, die wir für ein Gespräch mit Christoph von Dohnányi
über das heutige Programm nutzen wollen. Corinna Hesse hat den Chefdirigenten des NDRSinfonieorchesters zum Interview getroffen.
Pausenbeitrag: Corinna Hesse im Gespräch mit Chr. v. Dohnányi
[ ......... ]
Anfang: „...“
Ende: „...“
Christoph von Dohnányi, Chefdirigenten des NDR-Sinfonieorchesters, befragt von Corinna
Hesse fürs heutige Pausengespräch. Eben diese Pause ist soeben vorbei, wir sind wieder live
im großen Saal der Laeiszhalle in Hamburg auf NDR Kultur, sowie heute auch im
norwegischen und rumänischen Rundfunk.
Zum Ausklang des heutigen Konzertabends – die siebte Sinfonie von Ludwig van Beethoven.
Mag dieses Werk auch von einer grundsätzlich positiven Stimmung durchdrungen sein, die
Sinfonie ist mit ihren wilden und schwungvollen Rhythmen nicht frei von politischer
Motivation – ein Manifest der Befreiung, das Anlass zu vielen Deutungen gegeben hat. Die
Entstehungszeit 1811 / 1812 war die Zeit der Befreiungskriege, Europa schüttelte die
jahrelange Vorherrschaft Napoleons ab – und dies freute niemanden mehr als Beethoven, der
in Napoleon einen Verräter der freiheitlichen Ideale der französischen Revolution sah. Der
Erlös der Uraufführung kam Kriegsverwundeten zugute und es war aufgrund der
außergewöhnlich hochkarätigen Besetzung einer der glänzendsten Erfolge in Beethovens
öffentlicher Laufbahn: im Orchester saßen prominente Musiker wie Antonio Salieri, Louis
Spohr, Johann Nepomuk Hummel, Giacomo Meyerbeer, Ignaz Moscheles und der gefeierte
Geiger Ignaz Schuppanzigh als Konzertmeister. Angesichts des bleibenden Erfolges dieser
Sinfonie – immer wieder gern zitiert Richard Wagners Einschätzung als „Apotheose des
Tanzes“ – verwundert eine Rezension wie die folgende. Sie erschien 1827, fast 15 Jahre nach
der Premiere und zeigt, dass Beethoven doch nicht der von allen Seiten verehrte Großmeister
der Gattung Sinfonie war. Der Kritiker einer Frankfurter Zeitung mit dem Titel „Allgemeine
Musikzeitung zur Beförderung der theoretischen und praktischen Tonkunst, für Musiker und
Freunde der Musik überhaupt“ gefiel sich vielmehr in der Rolle des Opponenten. Dieser
Rezensent, seinen Namen nannte er nicht, fühlte sich 1827 bemüßigt, über das nach seiner
Aussage „musikalische Ungeheuer“ zu schreiben: „Dass Beethoven ein großes, ein
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außerordentliches Talent besaß, ist nicht zu bezweifeln.“ Frühere Arbeiten , in Mozarts Geist
geschrieben, habe er mit soviel Vergnügen als Bewunderung gehört. „Aber was ist aus
diesem guten Manne in späteren Zeiten geworden? Ist er nicht ganz in eine Art von
Verrücktheit geraten?“ Die Sinfonie sei ein Beweis dafür, aus vier bestehend, mit einer
Dreiviertelstunde Dauer viel zu lang, und „ein wahres Quodlibet von tragischen, komischen,
ernsten und trivialen Ideen, welche ohne allen Zusammenhang vom hundersten ins
tausendste springen, sich zum Überdruss wiederholen, und durch den unmäßigen Lärm das
Trommelfell fast sprengen. Wie ist es möglich, an einer solchen Rhapsodie Vergnügen zu
finden? Haben Haydn und Mozart so geschrieben? „Die Kunst macht noch immer
Fortschritte“, sagt man. Bald aber muss man glauben, dass diese Schritte krebsartig sind
und uns in den Abgrund der Barbarei führen werden...“ Eine einsame Gegenstimme im
Meer des Zuspruches diese Einschätzung der Sinfonie Nr.7 in A-Dur op.92 von Ludwig van
Beethoven, die wir jetzt hören. Es spielt das NDR-Sinfonieorchester unter der Leitung von
Christoph von Dohnányi.
L. v. Beethoven: Sinfonie Nr.7 A-Dur op.92
[ ca. 42’ ]
Moderne, Klassische Moderne und Wiener Klassik im heutigen Konzert live aus der
Hamburger Laeiszhalle mit Werken von Witold Lutosławski, Béla Bartók und zuletzt Ludwig
van Beethoven. Die Sinfonie Nr.7 in A-Dur gespielt vom NDR-Sinfonieorchester unter der
Leitung von Christoph von Dohnányi. Damit geht die Liveübertragung aus Hamburg zu Ende
– auf NDR Kultur, und heute via Europäische Rundfunkunion EBU auch im norwegischen
und rumänischen Rundfunk. Wir wünschen Ihnen allen noch einen schönen Abend und
sagen Tschüß aus Hamburg: .............................., Tonmeister, .........................., Toningenieur
..............................., Tontechnik und Patricia Moreno am Mikrophon.
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